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Auf zur Apotheke! - Hanfjournal

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4<br />

news<br />

Das Eckthema<br />

Nebensätze<br />

Diesmal statt eines Vorsatzes,<br />

einfach mal ein<br />

Nebensatz für das neue<br />

Jahr planen.<br />

USA: Irvin Rosenfeld<br />

Am 20. November 2007 waren 25 Jahre<br />

vergangen, seit Irvin Rosenfeld, der an<br />

einer seltenen Knochenerkrankung leidet,<br />

von der US Bundesegierung die Erlaubnis<br />

<strong>zur</strong> Verwendung von Cannabis erhielt. Er<br />

ist der am längsten lebende Empfänger<br />

von von der US Bundesregierung abgegebenem<br />

Cannabis. Früher waren es einmal 13 in diesem<br />

exklusiven Klub. Es sind nur noch fünf übrig geblieben.<br />

Seit 1992 wurden keine neuen Teilnehmer für dieses<br />

Programm zugelassen, aber die, die bereits teilnahmen,<br />

werden weiterhin mit Cannabis, das an der Universität<br />

von Mississippi angebaut und in Nordkarolina zu Zigaretten<br />

gerollt wird, versorgt. Rosenfeld war die zweite<br />

Person in den USA, die eine bundesbehördliche Lizenz<br />

zum Rauchen von Cannabis erhalten hatte. Der erste,<br />

Robert Randall, ein Glaukom- und später ein Aids-Patient,<br />

starb im Jahre 2001.<br />

Quellen: Virginian-Pilot<br />

IACM, www.cannabis-med.org<br />

USA:<br />

Klinische Studie mit dem<br />

Cannabisextrakt Sativex ...<br />

... hat bei Krebspatienten begonnen. Die fünfwöchige<br />

Phase-III-Studie mit 336 Patienten soll untersuchen, ob<br />

das Medikament Schmerzen von Patienten mit fortgeschrittenem<br />

Krebs lindert, die nicht auf Opiate ansprechen.<br />

Der Leiter der Studie ist Dr. Russell K. Portenoy,<br />

Leiter der Klinik für Schmerztherapie und Palliativmedizin<br />

des Beth-Israel-Medizinzentrums der Stadt<br />

New York. Die Studie wird an etwa 40 Zentren überwiegend<br />

in den USA durchgeführt. Das wichtigste Ziel<br />

der Studie ist die Beurteilung der möglichen Rolle und<br />

der Dosierung von Sativex bei diesen Patienten als Zusatzmedikation<br />

zu ihren bereits verwendeten Schmerzmedikamenten.<br />

Das britische Unternehmen GW Pharmaceuticals<br />

plant, erste Ergebnisse dieser Studie im<br />

nächsten Jahr vorzustellen, und erwartet, im Jahre 2011<br />

eine arzneimittelrechtliche Zulassung in den USA zu erhalten.<br />

Sein japanischer Partner Otsuka Pharmaceutical<br />

besitzt die exklusiven Rechte für die Entwicklung und<br />

Vermarktung von Sativex in den USA. GW Pharmaceuticals<br />

schätzt, dass etwa 40 Prozent aller Krebspatienten<br />

so starke Schmerzen haben, dass diese mit Opiaten behandelt<br />

werden müssen. Sativex ist bereits in Kanada<br />

für die Schmerzlinderung bei fortgeschrittenem Krebs<br />

und multipler Sklerose zugelassen.<br />

Quellen: www.gwpharm.com,<br />

IACM, www.cannabis-med.org<br />

Die Entwicklung einer Toleranz, das heißt die Abnahme der Wirksamkeit<br />

eines Medikamentes, die immer stärkere Dosen erforderlich macht, stellt<br />

ein ernsthaftes Problem bei der Dauerbehandlung mit bestimmten Medikamenten<br />

dar. Auch bei Cannabis und THC nehmen bestimmte Wirkungen in ihrer Intensität<br />

ab, wenn sie auf Dauer und in hohen Dosen eingenommen werden.<br />

Freizeitkonsumenten wissen, dass beim täglichen Konsum<br />

von Cannabisprodukten die psychischen Wirkungen abnehmen,<br />

aber auch beispielsweise die Wirkungen auf den<br />

Kreislauf. So steigert Cannabis die Herzfrequenz. Bei Langzeitkonsumenten<br />

nimmt dieser Effekt jedoch ab.<br />

Die Entwicklung einer Toleranz basiert im Falle von THC auf<br />

einer Veränderung der Cannabinoidrezeptoren, an die THC<br />

andockt und so bestimmte Reaktionen in den Zellen auslöst.<br />

Bei Mäusen, die mehrere Tage lang THC erhielten, nahm die<br />

Zahl der Cannabinoidrezeptoren im Gehirn deutlich ab, indem<br />

die Rezeptoren von der Außenwand der Zellen in das Zellinnere<br />

aufgenommen wurden - in der Fachsprache spricht man von<br />

„internalisieren“. Die Ansprechtbarkeit der auf der Zelloberfläche<br />

verbliebenen Rezeptoren nahm zudem ab, reagierten also<br />

schwächer auf einen Kontakt mit THC. Diese Veränderungen<br />

bei chronischer THC-Gabe sind jedoch nicht in allen Hirnregionen<br />

gleich stark ausgeprägt. Dies kann erklären, warum bestimmte<br />

THC-Wirkungen einer stärkeren Toleranzentwicklung<br />

unterliegen als andere Effekte.<br />

Ob die gewünschten medizinischen Wirkungen der Entwicklung<br />

einer Toleranz unterliegen, kann letztlich nur in Studien<br />

mit Patienten festgestellt werden, die über mehrere Monate<br />

oder gar Jahre ein Cannabispräparat erhalten. Es wurden vor<br />

allem in den letzten Jahren einige solcher Langzeitstudien<br />

durchgeführt.<br />

Bei einer jüngst veröffentlichten, in Großbritannien mit an<br />

starken Schmerzen leidenden Multiple-Sklerose-Patienten<br />

durchgeführten Untersuchung, betrug die Studiendauer über<br />

zwei Jahre. 64 Patienten hatten zunächst unter der Leitung von<br />

Ärzten an einem Zentrum für Neurologie in Liverpool an einer<br />

mehrwöchigen Plazebo-kontrollierten Akutstudie teilgenommen.<br />

Die eine Hälfte der Patienten hatte einen Cannabisspray<br />

und die andere Hälfte einen gleichartig schmeckenden Plazebo-Spray,<br />

der frei von Cannabinoiden war, erhalten. In der<br />

Gruppe, die Cannabis erhalten hatte, nahm die durchschnittliche<br />

Schmerzintensität auf einer Skala von 0 bis 10 von 6,6 auf<br />

3,8 ab. Nach Beendigung dieser Studie wurde den Teilnehmern<br />

angeboten, den Cannabisextrakt in einer offenen Studie weiterzunehmen.<br />

„Offen“ bedeutet in diesem Fall, dass alle Patienten<br />

ein wirksames Präparat erhielten und dies auch wussten.<br />

63 Patienten nahmen dieses Angebot wahr, von denen 28 Pa-<br />

Zur Erleichterung der medizinischen<br />

Verwendung von Cannabis ...<br />

tienten an der vollständigen Langzeitstudien teilnahmen, die<br />

zweieinhalb Jahre dauerte. Diese 28 Patienten wiesen am Ende<br />

der Langzeitstudie eine mittlere Schmerzintensität von 2,9 auf.<br />

Die Leiter der Studie folgerten daraus, dass der Cannabisextrakt<br />

über den gesamten Zeitraum seine Wirksamkeit behielt,<br />

ohne Zeichen einer Toleranzentwicklung.<br />

Ob sich eine Toleranz entwickelt, hängt nicht nur von der untersuchten<br />

Art der Wirkung, in diesem Fall die Schmerzlinderung,<br />

und von der Dauer der Cannabisgabe, sondern auch von<br />

der Dosis ab. Werden nur geringe Dosen verwendet, so ist die<br />

Toleranzentwicklung geringer als bei höheren Dosen. Wird<br />

Cannabis therapeutisch verwendet, so werden meistens vergleichsweise<br />

geringe Dosen verabreicht.<br />

In einer Studie aus dem Jahre 2006 mit einem anderen Cannabisextrakt<br />

wurde die Langzeitwirksamkeit bei der Spastik von<br />

über 500 Multiple-Sklerose-Patienten über zwölf Monate untersucht.<br />

Überraschenderweise hatte die Wirkung des Cannabisextraktes<br />

nach zwölf Monaten nicht nur nicht abgenommen,<br />

sondern war im Vergleich <strong>zur</strong> 15-wöchigen Akutstudie sogar<br />

stärker. Nach zwölf Monaten war die Spastik im Vergleich zum<br />

Zeitpunkt vor der Behandlung noch stärker reduziert als nach<br />

15-wöchiger Therapie. Die Autoren dieser Studie vermuten,<br />

dass Cannabis bei einer Dauertherapie möglicherweise den<br />

Verlauf der multiplen Sklerose günstig beeinflussen kann, was<br />

das überraschende Ergebnis erklären könnte.<br />

Eine Langzeitstudie aus den 90er Jahren mit HIV-positiven<br />

Patienten, die an Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust litten,<br />

hatte ergeben, dass kleine THC-Dosen (2 mal 2,5 mg täglich)<br />

mindestens sechs Monate lang eine Steigerung des Appetits<br />

bewirkten. Bei der Behandlung verschiedener Symptome mit<br />

Cannabisprodukten nimmt deren Wirkung über eine lange<br />

Zeit also nur gering oder gar nicht ab, so dass eine Dosissteigerung<br />

im Allgemeinen nicht oder nur in geringem Umfang<br />

erforderlich ist.<br />

... erklärt der sucht- und drogenpolitische Sprecher Harald Terpe zum Antrag der Grünen, deren Engagement<br />

in der Opposition ja immer etwas vorbildlicher ist:<br />

„Wir wollen die medizinische Verwendung von Cannabis erleichtern. Vielen Patientinnen und Patienten<br />

überall auf der Welt hilft Cannabis unter anderem bei der Schmerzbehandlung. Im Gegensatz zu Spanien,<br />

Kanada, den Niederlanden und einigen Bundesstaaten der USA sind bedürftige Patientinnen und Patienten<br />

in Deutschland auf ein monatlich bis zu 600 EURO teures Medikament (Dronabinol) oder ein kompliziertes und in den<br />

meisten Fällen aussichtsloses Antragsverfahren angewiesen. Von 75 seit Mai 2005 gestellten Anträgen <strong>zur</strong> medizinischen<br />

Verwendung von Cannabis wurden bis heute erst vier genehmigt. Patientinnen und Patienten, deren Anträge abgelehnt<br />

wurden oder die sich die Behandlung mit Dronabinol nicht leisten können, müssten sich Cannabis auf illegalem Wege<br />

beschaffen. Mit unserem Antrag wollen wir erreichen, dass Patientinnen und Patienten, die Cannabis aufgrund einer<br />

nachzuweisenden ärztlichen Empfehlung nutzen, künftig keine Strafverfolgung fürchten müssen. Zudem fordern wir<br />

die Bundesregierung auf, sobald ein in Deutschland arzneimittelrechtlich zugelassenes Medikament verfügbar ist, die<br />

betäubungsmittelrechtlichen Voraussetzungen zu schaffen, damit dieses ärztlich verschrieben werden kann. Im Jahre 2000<br />

hatte das Bundesverfassungsgericht Patientinnen und Patienten auf die Möglichkeit von Ausnahmeanträgen <strong>zur</strong> medizinischen<br />

Verwendung von Cannabis verwiesen. Dennoch lehnte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte<br />

(BfArM) bis 2005 alle Anträge <strong>zur</strong> medizinischen Verwendung von Cannabis pauschal und ohne Einzelfallprüfung ab. Erst<br />

ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes von 2005 beendete diese zynische Praxis. Wissenschaftliche Untersuchungen<br />

belegen, dass Cannabis bei schweren Erkrankungen wie HIV, Multipler Sklerose, chronischen Schmerzen, Epilepsie und<br />

Krebs Linderung bewirken kann. So ist ein therapeutischer Effekt im Hinblick auf Übelkeit, Erbrechen und Appetitlosigkeit<br />

bei Tumorpatientinnen und -patienten belegt. Gut abgesicherte Erkenntnisse <strong>zur</strong> Wirksamkeit gibt es auch bei der<br />

Spastik von Multiple-Sklerose-Patienten, erhöhtem Augeninnendruck, Tourette-Syndrom und bei starken Schmerzen unterschiedlicher<br />

Ursache. Die Behauptung der Bundesregierung, Cannabis hätte bislang keinen eindeutig nachgewiesenen<br />

therapeutischen Nutzen, ist zumindest für diese Indikationen nicht zutreffend.“<br />

www.harald-terpe.de, www.gruene-bundestag.de<br />

#78<br />

Dr. med. Franjo Grotenhermen<br />

Nimmt die Wirksamkeit von Cannabis<br />

bei einer Langzeittherapie ab?<br />

Dr. med. Franjo Grotenhermen<br />

Mitarbeiter des nova Institutes in Hürth bei Köln und Vorsitzender<br />

der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin (ACM).

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