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SPRACHE BILDUNG INTEGRATION - Vorarlberg Online

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Quelle: ernst.6900<br />

Sprache als Schlüssel<br />

zur Integration<br />

Gesamtkonzept für<br />

frühe Sprachförderung<br />

im Vorschulalter<br />

<strong>SPRACHE</strong><br />

<strong>BILDUNG</strong><br />

<strong>INTEGRATION</strong>


2<br />

Impressum<br />

MEDIENINHABER UND HERAUSGEBER:<br />

<strong>Vorarlberg</strong>er Freiheitliche<br />

Römerstraße 2/3<br />

6900 Bregenz<br />

T 05574/464450<br />

F 05574/46445-75<br />

E geschaeftsstelle@vfreiheitliche.at<br />

I www.vfreiheitliche.at<br />

Inhaltliche Zusammenarbeit mit OBHUT-<br />

Beratungsservice für Kinderbetreuung<br />

Mähdlestraße 31a<br />

6922 Wolfurt<br />

T +43(0)650/6416211<br />

E buero@obhut.at<br />

I www.obhut.at


Wenn die Sprache nicht stimmt,<br />

so ist das, was gesagt wird,<br />

nicht das, was gemeint ist.<br />

(Konfuzius, chin. Philosoph 551- 479 v. Chr.)<br />

Frühe Sprachförderung in <strong>Vorarlberg</strong><br />

Mit dem Gesamtkonzept zur „Frühen Sprachförderung“ wollen<br />

wir unser klar definiertes Ziel „Alle Kinder sollen bei Eintritt in<br />

die Schule die Unterrichtssprache beherrschen“ erreichen.<br />

Mit dem Weg des „Fördern und Fordern“ – für alle Betroffenen<br />

- und den entsprechenden Maßnahmen ist dieses Ziel in<br />

wenigen Jahren realiserbar.<br />

<strong>INTEGRATION</strong> - <strong>BILDUNG</strong> - <strong>SPRACHE</strong><br />

Sprache ist nicht nur Medium der alltäglichen Kommunikation,<br />

sondern auch eine Ressource, insbesondere bei der Bildung und<br />

auf dem Arbeitsmarkt.<br />

Wer die Landessprache nicht ausreichend beherrscht, kann<br />

durchaus vorhandene wertvolle eigene Kenntnisse kaum nutzen.<br />

Ungefähr jeder zehnte Erstklässler hat Probleme, dem Unterricht<br />

zu folgen bzw. kann dem Unterricht nicht folgen, weil er<br />

bei Schuleintritt die Unterrichtssprache nicht beherrscht.<br />

Spracherwerb spielt im vorschulischen Bereich eine zentrale<br />

Rolle, da der Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund und<br />

mit Sprachschwierigkeiten in unserem Bundesland <strong>Vorarlberg</strong><br />

bei rund 20 % liegt.<br />

Sprachförderung muss einem Ziel dienen: Allen Kindern optimale<br />

Chancen für einen erfolgreichen Schulstart zu eröffnen<br />

und problematische Bildungsbiographien zu verhindern.<br />

3<br />

Daher haben wir uns an die Entwicklung eines Gesamtkonzeptes<br />

gemacht. Es zeigt auf, wie ein fairer Start in das Bildungswesen<br />

für alle Kinder ermöglicht wird. Ein Start bei dem alle<br />

Kinder mit genügend Deutschkenntnissen in die Schule eintreten<br />

und dem Unterricht folgen können.<br />

Das vorliegende Gesamtkonzept „Frühe Sprachförderung“ umfasst<br />

sowohl die sozialpolitische Präventionsebene, wie auch die<br />

bildungspolitische Ebene.<br />

Bei der Erstellung haben wir besonderes Augenmerk auf einen<br />

starken Praxisbezug der Modelle gelegt und konkrete Vorschläge<br />

zur Anwendung in <strong>Vorarlberg</strong> angeführt.<br />

Ein weiterer wichtiger Inhaltspunkt unseres Gesamtkonzeptes<br />

besteht darin, dass bereits bestehende Aktivitäten zu einem<br />

schlüssigen Gesamten zusammen geführt werden und bestehende<br />

Ressourcen optimiert werden.<br />

Kinder sind nicht nur unsere Zukunft, sondern auch unsere Gegenwart.<br />

Daher haben wir alles zu tun, um ihnen die bestmöglichsten<br />

Chancen in der Gegenwart zu bieten, damit sie alles<br />

lernen können, was sie für ihre Zukunft brauchen – dazu gehört<br />

auch das Erlernen und Beherrschen der jeweiligen Landessprache.<br />

Landtagsabgeordnete Silvia Benzer<br />

<strong>Vorarlberg</strong>, Juni 2007<br />

Landesrat Dieter Egger


Frühe Sprachförderung im Vorschulalter<br />

Gesamtkonzept für <strong>Vorarlberg</strong><br />

Inhaltsübersicht:<br />

1. Kapitel: GRUNDLAGEN - EINFÜHRUNG<br />

Zusammenfassung von 1. Kapitel<br />

1.1 SPRACH<strong>BILDUNG</strong> - <strong>BILDUNG</strong> - <strong>INTEGRATION</strong><br />

1.1.1 Sprache als Schlüssel zur Integration<br />

1.1.2 Sprache als Schlüssel zum Bildungserfolg<br />

1.1.3 Sprache und Bildungserfolg als Schlüssel für<br />

berufliche Chancen<br />

1.2 <strong>SPRACHE</strong>RWERB – GRUNDSÄTZE<br />

1.2.1 Wie funktioniert Spracherwerb normalerweise?<br />

1.2.2 In welchem Alter passiert dabei was?<br />

1.2.3 Rolle der Muttersprache<br />

1.2.4 Erlernen der Zweitsprache<br />

1.2.5 Mehrsprachigkeit – Chance für alle Kinder<br />

1.2.6 Rolle der Eltern beim (Zweit-) Spracherwerb<br />

1.3 MANNHEIMER ERKLÄRUNG – 11 THESEN<br />

2. Kapitel: „IST-STAND-BEWERTUNG“<br />

Zusammenfassung von 2. Kapitel<br />

2.1 ALLGEMEINE BETRACHTUNG<br />

2.1.1 Grunddaten<br />

2.1.2 Studie zum Thema Mehrsprachigkeit im Kindergarten<br />

2.2 SPRACHTICKETS<br />

2.2.1 Allgemeine Beschreibung des Projekts<br />

2.2.2 Fragen zum Sprachticket und deren Antworten<br />

2.2.3 Bisherige Erfahrungen<br />

2.2.4 Auffälligkeiten<br />

2.2.5 Fazit<br />

2.3. GEMEINDEINITIATIVEN IN SACHEN<br />

SPRACHFÖRDERUNG<br />

2.4 ANDERE PROJEKTE<br />

2.5 BEMERKENSWERTES<br />

3. Kapitel: „FÖRDERN UND FORDERN“<br />

3.1 KINDER MIT NICHTDEUTSCHER MUTTER-<br />

<strong>SPRACHE</strong><br />

3.1.1 Kinder von 0 bis 3 Jahren<br />

3.1.2 Kinder von 3 bis 6 Jahren<br />

3.2 ELTERN MIT MIGRANTISCHEM HINTERGRUND<br />

3.3 PÄDAGOGINNEN UND PÄDAGOGEN<br />

3.3.1 PädagogInnen in Kleinkindbetreuungen und<br />

Spielgruppen<br />

3.3.2 PädagogInnen in Kindergärten<br />

3.4 EINRICHTUNGEN UND INSTITUTIONEN<br />

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4. Kapitel: INHALTSÜBERSICHT<br />

ÜBER “GUTE PRAXISMODELLE”:<br />

4.1 SPRACHFÖRDERMETHODEN<br />

4.1.1 “Würzburger Koffer” - “Hören, lauschen, lernen<br />

mit dem Würzburger Trainingsprogrammen”<br />

4.1.2 Projekt “Frühstart” und “Wir verstehen uns<br />

gut”, Gießen, D<br />

4.1.3 “Sprache und frühkindliche Bildung”; Kon-Lab, CH<br />

4.1.4 “SpiKi” - Spracherziehung und Sprachförderung<br />

in Kindertagesstätten; Nürnberg , D<br />

4.1.5 Sprachförderkoffer für Kindertagesstätten;<br />

Ministerium, Berlin, D<br />

4.1.6 Hokus und Lotus - Wie kleine Kinder eine zweite<br />

Sprache lernen können; RAA, Essen NRW, D<br />

4.1.7 Andere Sprachförderprogramme<br />

4.2 SPRACHSTANDSFESTSTELLUNG<br />

4.2.1 Grundsätzliches<br />

4.2.2 Übersicht verschiedener Produkte<br />

4.2.3 Sprachstandsbeobachtung mit SISMIK<br />

4.2.4 Muttersprachliche Sprachstandsfeststellung<br />

4.3 SPRACHFÖRDERMODELLE<br />

4.3.1 IPE - Projekte, Mainz, Rheinlandpfalz, D<br />

4.3.2 “Pfiffikus”, Bad Friedrichshall,<br />

Baden Württenberg, D<br />

4.3.3 Stadt Linz; Magistratskindergärten mit<br />

Interkulturellem Schwerpunkt<br />

4.3.4 Sprachfördermodell Recklingshausen -<br />

Qualitätsstandards-Checkliste, D<br />

4.3.5 Projekt “HAVAS 5”; Hamburg, D<br />

4.3.6 Projekt - Detmold; Nordrhein Westfahlen, D<br />

4.3.7 Kindergarten Scherzhausen, Stadt Salzburg, A<br />

4.3.8 “Sesam öffne dich”; Gemeindekinderg. Mäder, A<br />

4.4 SPEZIELLE FORT<strong>BILDUNG</strong><br />

4.4.1 Projekt “Frühstart” und “Wir verstehen uns<br />

gut”; Gießen, D (siehe 4.1.2)<br />

4.4.2 “SpiKi” - Spracherziehung und Sprachförderung<br />

in Kindertagesstätten; Nürnberg, D (siehe 4.1.4)<br />

4.4.3 Intensivweiterbildung: “Sprachförderung im<br />

Elementarbereich” Fachhochschule Köln, D<br />

4.4.4 Fortbildungsprogramm von Kon - Lab; CH (s. 4.1.3)<br />

4.4.5 AIM-Fachkraft für frühkindl. Pädagogik; Heilbronn, D<br />

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4.5 LEHRGANGSMODELLE FÜR<br />

„SPRACHFÖRDERSPEZIALISTINNEN“<br />

4.5.1. Zertifikatslehrgänge in Niederösterreich<br />

4.5.1.1 Lehrgang zur „Interkulturellen Fachpädagogin“<br />

4.5.1.2 Zertifikatslehrgang „Interkulturelle Pädagogik“<br />

4.5.2 „Multiplikator/in für Sprachförderung“ in<br />

Kindertageseinrichtungen; Hamburg, D<br />

4.5.3 „ErzieherInnenfortbildungen zur Sprachför<br />

derung für Vorschulkinder”; Uni-Mannheim, D<br />

4.5.4 InkuTra – interkulturelle Trainings;<br />

AWO (Arbeitswohlfahrt) Nürnberg, D<br />

4.5.5 „Muntual – EU-Projekt für eine Ausbildung<br />

zur Interkulturellen Kinderpädagogin“<br />

Kooperationslehrgang, Graz, A<br />

4.5.6 Lehrgang “Interkulturelle Pädagogik”,<br />

Landesregierung; Steiermark, A<br />

4.5.7 Zertifikatslehrgang „Fachkraft für Sprach<br />

kompetenzförderung und Sprachentwicklung<br />

in der Kindertagesstätte (VHS); Lüneburg, D<br />

4.5.8 “Universitätslehrgang für Interkulturelle<br />

Kompetenz”; Uni-Salzburg, A<br />

4.5.9 Zertifikatskurs „Interkulturelle Kompetenz“;<br />

RAA Nordrheinwestfalen, D<br />

4.6 ELTERNBETEILIGUNGSMODELLE<br />

4.6.1 Eltern übernehmen Aufgaben bei ihrem<br />

eigenen Kind<br />

4.6.1.1 Elternkontrakt; Recklinghausen, A<br />

4.6.1.2 Kooperationsmöglichkeiten Nordrhein-Westfalen<br />

4.6.1.3 Möglichkeiten Kopiervorlagen; Tirol, A<br />

4.6.1.4 Kindergartenfortbildungsstelle Lustenau –<br />

Elternansprache<br />

4.6.2 Eltern übernehmen Aufgaben mit anderen Kindern<br />

4.6.2.1Eltern als Sprachhelfer<br />

4.6.2.2Studierende als Sprachhelfer<br />

4.6.3 Eltern übernehmen Aufgaben in der Gruppe<br />

4.6.3.1Projekt “Lesefreude”; SpiKi-Nürnberg, D<br />

4.6.3.2Kindergarten Scherzhausen; Salzburg, A<br />

4.6.3.3Mitarbeit von Migranteneltern; IPE Mainz, D<br />

4.6.4 Eltern übernehmen Aufgaben mit anderen Eltern<br />

4.6.4.1Rucksackgruppen, RAA-Nordrhein-<br />

Westfalen, D<br />

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4.7 STADTTEILMÜTTER UND<br />

BRÜCKENBAUERINNEN<br />

4.7.1 Stadtteilmütter; Essen, D<br />

4.7.2 Stadtteilmütterprojekt; Augsburg, A<br />

4.7.3 BrückenbauerInnen, okay. zusammen leben, Vbg<br />

4.7.4 Projekt „Frühstart“, Elternbegleiterinnen<br />

4.8 ELTERNSCHULUNGSMODELLE<br />

4.8.1 „Engagierte Eltern“, Zertifikatslehrgang,<br />

ZEBRA; Graz, A<br />

4.8.2 „Aktive Eltern“, Lehrgang vom Kulturzentrum<br />

Schlachthof; Kassel, D<br />

4.8.3 Qualifizierungsmaßnahmen für<br />

Stadtteilmütter; Recklinghausen, D<br />

4.9 KOOPERATION SCHULE – KINDERGARTEN<br />

4.9.1 Studie der Uni-Oldenburg, D<br />

4.9.2 Projekt – “Schultüte”; SpiKi-Nürnberg, D<br />

4.10 GESAMTPROJEKTE<br />

4.10.1 Recklinghausen, D<br />

4.10.2 Spiki Nürnberg, D<br />

4.10.3 RAA – Essen, Nordrhein-Westfalen, D<br />

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1.Kapitel:<br />

“Grundlagen und Einführung”<br />

Zusammenfassung<br />

<strong>SPRACHE</strong> – <strong>BILDUNG</strong> – <strong>INTEGRATION</strong><br />

Diese drei Themenfelder bedingen und fördern sich gegenseitig.<br />

Grundsätzlich hängt der Erwerb einer neuen Sprache von vier<br />

Faktoren ab:<br />

Motivation (z.B. Aussicht auf ein höheres Einkommen)<br />

Zugang (z.B. Kontaktmöglichkeiten oder Kursangebote)<br />

Fähigkeiten (z.B. Intelligenz oder die bereits erfahrene<br />

Lernfähigkeit von Sprachen) und<br />

Kosten des Lernens (z. B. Zeitaufwand, Angleichungsstress, Geld)<br />

Diese vier Faktoren stellen für Kinder beim Erwerb von Deutsch<br />

als Zweitsprache keine unüberwindbaren Hindernisse dar und<br />

sind eigentlich leicht erfüllbar. Aber der Blick auf den Bildungsund<br />

Berufsbereich spricht eine deutlich andere Sprache. Laut der<br />

PISA-Untersuchung von 2003 beträgt der Unterschied im Bildungsniveau<br />

zwischen Einheimischen und Migranten dem Lehrstoff<br />

von eineinhalb Jahren, wobei es kaum einen Unterschied<br />

macht, ob die migrantischen Jugendlichen in Österreich geboren<br />

wurden oder erst später nach Österreich kamen.<br />

Wenn wir die Belegungszahlen in den verschiedenen Schultypen<br />

ansehen, kann zusammengefasst festgestellt werden (siehe Tab.<br />

1; 7a; 7b):<br />

Viele SchülerInnen mit nichtdeutscher Muttersprache schaffen<br />

den Weg in eine weiterführende berufliche Ausbildung nicht.<br />

Beträgt der Anteil in den Volksschulen 21%, in den Hauptschulen<br />

19%, nimmt er danach rapide ab: Poly 16%, berufsbildende mittlere<br />

Schulen 15%, berufsbildende Pflichtschulen 9%, Berufsbildende<br />

höhere Schulen (BHS) 7%, Allgemeinbildende höhere<br />

Schulen (AHS) 4%.<br />

Schon der Einstieg in das Regelschulwesen scheint für SchülerInnen<br />

mit nichtdeutscher Muttersprache schwieriger zu sein.<br />

Ihr Anteil an den Allgemeinen Sonderschulen (ASO) ist mit 32%<br />

besonders hoch.<br />

Es gibt einen besonders deutlichen Unterschied in der Bildungslaufbahn<br />

zwischen SchülerInnen mit türkischer Muttersprache<br />

und jenen aus den ehemaligen Jugoslawischen Staaten.<br />

Dieses frühe „Steckenbleiben“ auf der Bildungsleiter hat direkt<br />

erkennbare Folgen, was die beruflichen Chancen von jugendlichen<br />

Migranten anbelangt. In <strong>Vorarlberg</strong> waren Ende Jänner<br />

2007 444 Jungendliche (unter 25 Jahren) aus Staaten mit nichtdeutscher<br />

Muttersprache arbeitslos oder in einer AMS-<br />

Schulungsmaßnahme. Das entspricht einem Anteil von 17, 3 %.<br />

Wobei von diesen 444 Jugendlichen 105 keinen positiven<br />

Pflichtschulabschluss haben und 259 den Pflichtschulabschluss<br />

als höchstes Ausbildungsniveau vorweisen können.<br />

Bei einer 2002 in Dornbirn durchgeführten Befragung wurde<br />

erhoben, dass nur 19% der Migranten eine höhere Schule oder<br />

eine abgeschlossene Lehre haben. Dementsprechend versteht<br />

sich, dass nur 12 % der Migranten Angestellte sind, hingegen<br />

44% Hilfsarbeiter oder angelernte Arbeiter.<br />

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6<br />

GRUNDSÄTZE DES <strong>SPRACHE</strong>RWERBS<br />

Wolfgang Wendlandt hat die Sprachentwicklung eines Menschen<br />

in das Bild eines Baumes eingebaut und diese wie folgt beschrieben:<br />

Die Wurzeln beinhalten notwendige Entwicklungen, die ein<br />

Kind erfolgreich durchlaufen muss, um sprechen zu lernen.<br />

Dies sind im Normalfall völlig selbstverständliche Entwicklungen,<br />

die es lediglich zu beachten und zu beobachten gilt.<br />

Der Stamm beschreibt das Entstehen von Sprechfreude und<br />

Sprachverständnis. Hier wird die aktive Haltung der Bezugspersonen<br />

gefordert.<br />

Die Baumkrone beschreibt die ausgebildete Sprache mit ihren<br />

Aspekten Artikulation, Wortschatz und Grammatik.<br />

Die Sonne verkörpert die emotionale Umgebung des Kindes,<br />

welches direkten Einfluss auf seine Sprachentwicklung nimmt.<br />

Die Gießkanne beschreibt das unmittelbare sprachfördernde<br />

Verhalten der Eltern.<br />

Die Erde beschreibt das soziale und kulturelle Umfeld eines<br />

Kindes, welches natürlich wesentlich dazu beiträgt, wie eine<br />

Sprachentwicklung aus diesem Nährboden heraus möglich ist.<br />

Wichtige Grundlagen des Spracherwerbes werden in den ersten<br />

drei Lebensjahren gelegt. Der weitere Sprach-Lernprozess erstreckt<br />

sich bis in das Schulalter hinein. Aus diesem Grund ist es<br />

nachvollziehbar,<br />

dass die Muttersprache das Fundament für jede weitere Sprache<br />

im Leben des Kindes darstellt<br />

dass eine frühe Sprachförderung einer Zweitsprache, die Entwicklung<br />

der Muttersprache nicht stören oder ersetzen darf.<br />

Förderliche Faktoren für das Erlernen von Deutsch als Zweitsprache<br />

sind:<br />

die Kontaktmöglichkeiten zu deutsch sprechenden Kindern oder<br />

Erwachsenen sowie die Art der Beziehungen in der deutschsprachigen<br />

Umgebung<br />

der gute Entwicklungsstand in der Erstsprache<br />

die gute Motivation, sich auf die neue sprachliche Umgebung<br />

einzulassen<br />

das Alter des Kindes<br />

die Vorbildwirkung der Eltern<br />

Hinderliche Faktoren für das Erlernen von Deutsch als Zweitsprache<br />

sind:<br />

Angst vor Fehlern<br />

Schlechtes Image von Deutsch in der Herkunftsfamilie<br />

Schlechtes Image der Muttersprache in der deutschsprachigen<br />

Umgebung<br />

Mehrsprachigkeit ist in unserer Zeit und in unseren Breiten ein<br />

Gewinn und eine Chance für alle Kinder. Eine Atmosphäre der<br />

Mehrsprachigkeit ist bereits alltäglich vorhanden. Sie gezielt<br />

und qualitätsvoll zu gestalten ist die gemeinsame Aufgabe von<br />

den Eltern, wie auch von pädagogischen Einrichtungen.


-<br />

-<br />

Immer wieder wird die Wichtigkeit der Eltern beim Erwerb der<br />

Zweitsprache hervorgehoben. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse<br />

sehen für sie zusammengefasst zwei Aufgaben:<br />

Die Hauptaufgabe der Eltern liegt darin, dass sie die Grundlagen<br />

für den generellen Spracherwerb und den guten Aufbau<br />

der muttersprachlichen Fähigkeiten des Kindes unterstützen und<br />

fördern.<br />

Ihre zweite wichtige Aufgabe ist die Vorbildwirkung im Zugang<br />

auf die deutsche Sprache im alltäglichen Leben. Bei der konkreten<br />

Förderung des Kindes im Alter von 3 bis 6 Jahren können<br />

die Eltern in der Zusammenarbeit mit den Pädagoginnen des<br />

Kindergartens Unterstützung bieten.<br />

Es ist nachweislich ungünstig, wenn Eltern mit mäßig guten<br />

Deutschkenntnissen zuhause eine „Mischung“ zwischen Deutsch<br />

und Muttersprache anbieten. Das Kind entwickelt schnell eine<br />

Wahrnehmung dafür, in welcher Situation welche Personen welche<br />

Sprache sprechen. Das familiäre Umfeld soll der Ort für die<br />

Muttersprache und deren Weiterentwicklung sein.<br />

Die „Mannheimer Erklärung“ fasst in ihren 11 Thesen sehr klar<br />

zusammen, welche Grundsätze zum Thema „Frühe Mehrsprachigkeit“<br />

gelten:<br />

1. Die Fähigkeit, mehr als eine Sprache zu erwerben, beruht auf einer<br />

natürlichen Begabung des Menschen. Mehrsprachigkeit ist eine<br />

Chance!<br />

2. Kinder werden durch das Erlernen einer zweiten oder weiteren Sprache<br />

nicht überfordert. Sie können von Geburt an mit mehr als einer<br />

Sprache aufwachsen.<br />

3. Die erfolgreiche Entfaltung von sprachlichen Kompetenzen ist auf günstige<br />

Rahmenbedingungen angewiesen. Kinder brauchen ein adäquates<br />

zielsprachliches Vorbild. Dies setzt eine entsprechende Qualifikation<br />

aller am Bildungsprozess Beteiligten voraus.<br />

4. Frühzeitige Begleitung und Unterstützung des Spracherwerbs, Dokumentation<br />

und wissenschaftlich fundierte Sprachdiagnostik sind wichtige<br />

Voraussetzungen für eine individuelle Förderung.<br />

5. Wir können ein Leben lang neue Sprachen lernen. Am Besten geschieht<br />

dies im frühen Kindesalter. Intensive sprachliche Förderung<br />

sollte daher möglichst früh beginnen.<br />

6. Alle Sprachen sind es wert, geschätzt und gefördert zu werden. Eltern<br />

mit nichtdeutscher Familiensprache sind wichtige Partner in Bildungsprozessen.<br />

Sie sollen in ihrer Kompetenz gestärkt werden, die Kinder<br />

in der Erstsprache zu sozialisieren.<br />

7. Auch Kinder mit deutscher Muttersprache profitieren vom frühen<br />

Kontakt mit weiteren Sprachen und Kulturen.<br />

8. Effektive Sprachförderung setzt voraus, dass die Erkenntnisse der<br />

Spracherwerbsforschung in die Praxis umgesetzt und kontinuierlich<br />

wissenschaftsbasiert und praxisnah evaluiert werden.<br />

9. Die sprachliche Kreativität von Kindern ist eine wichtige Ressource,<br />

die es zu nutzen und zu fördern gilt. Kommunikation mit Kindern<br />

macht Spaß!<br />

10. Investitionen in frühe Sprachförderung zahlen sich aus. Die Gesellschaft<br />

muss diese Investition leisten.<br />

11. Sprachförderung darf nicht an Fragen der Zuständigkeit scheitern. Wir<br />

alle – vor allem Politik, Wissenschaft, Tageseinrichtungen für Kinder,<br />

Eltern, Schule, Therapeuten – sind gefordert zu handeln und zusammenzuarbeiten<br />

– im Interesse des Kindes.<br />

Mannheim, 6. Oktober 2006<br />

7<br />

<strong>SPRACHE</strong><br />

<strong>BILDUNG</strong><br />

<strong>INTEGRATION</strong>


1 Kapitel:<br />

Grundlagen – Einführung<br />

1.1<br />

<strong>SPRACHE</strong> - <strong>BILDUNG</strong> - <strong>INTEGRATION</strong><br />

1.1.1<br />

Sprache als Schlüssel zur Integration 1<br />

Sprache brauche ich, um mich selbst besser zu verstehen und um<br />

mich darstellen zu können. Sprache brauche ich, um Abläufe besser<br />

zu verstehen und erklären zu können. Sprache brauche ich,<br />

um den Kontakt mit anderen Menschen besser zu verstehen und<br />

um mich als soziales Wesen zu erleben. 2 Sobald Sprache als<br />

Mittel der Verständigung zwischen mindestens zwei Menschen<br />

dient, ist eine gemeinsame Sprache von großem Nutzen.<br />

In unserem Kontext des gesellschaftlichen Tuns ist Sprache sowohl<br />

Medium der alltäglichen Kommunikation als auch Ressource,<br />

insbesondere bei der Bildung und auf dem Arbeitsmarkt.<br />

Sprache oder Akzente dienen auch als Zeichen der Zusammengehörigkeit<br />

oder auch Fremdheit. Beides hat emotional erkennbare<br />

Auswirkungen.<br />

In alltäglichen Beobachtungen ist leicht festzustellen, wie sich<br />

das Verhalten von Menschen verändert, wenn sie die geläufige<br />

Sprache der anderen Leute beherrschen oder eben nicht. Die Entscheidung,<br />

wo ich einkaufe, wo ich meine Freizeit verbringe, ob<br />

ich an kulturellen Ereignissen teilnehme, wird direkt davon beeinflusst.<br />

Besonders beeinflussend scheint eine gemeinsame Sprache,<br />

wenn es gilt betriebliche Abläufe sicher zu stellen, Vereinbarungen<br />

zu treffen und Notsituationen meistern zu können.<br />

Für Menschen, die von einer Sprachwelt in eine andere einwandern,<br />

ist der Erwerb der Sprache des Einwanderungslandes<br />

gleichsam von Bedeutung, sowie die Beibehaltung der Herkunftssprache<br />

(oder eben deren Aufgabe). Der Spracherwerb der<br />

neuen Sprache hängt von mehreren Faktoren ab:<br />

- Motivation (z.B. Aussicht auf ein höheres Einkommen)<br />

- Zugang (z.B. Kontaktmöglichkeiten oder Kursangebote)<br />

- Fähigkeiten (z.B. Intelligenz oder die bereits erfahrene<br />

Lernfähigkeit von Sprachen) und<br />

-<br />

Kosten des Lernens (z. B. Zeitaufwand, Angleichungsstress,<br />

Geld)<br />

Diese Form der Sprachaneignung ist besonders relevant für Einwanderer<br />

im Jugendlichen- oder Erwachsenenalter. Für Kinder,<br />

welche in diesem Einwanderungsland bereits geboren sind oder<br />

in sehr jungen Jahren eingereist sind, sind die oben genannten<br />

Faktoren insofern bedeutsam, da sie von Seiten der Erwachsenen<br />

beeinflussbar sind.<br />

1<br />

Aus Migration, Sprache und Integration: Die AKI-Forschungsbilanz 4 kurz gefasst<br />

von Hartmut Esser, Jänner 2006, Arbeitsstelle Interkulturelle Konflikte und gesellschaftliche<br />

Integration (AKI) und Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung<br />

(WZB)<br />

2<br />

Gösse, Rose: Sprache und Spielförderung in Kindergarten und Schule.<br />

8<br />

Dieses hier vorliegende Gesamtkonzept richtet den Blick vor<br />

allem auf diese Gruppe von Menschen. Kindern mit nichtdeutscher<br />

Muttersprache, welche in Österreich aufwachsen, soll es im<br />

Vorschulalter ermöglicht werden, die Deutsche Sprache so gut zu<br />

erlernen, dass sie eine faire und hoffnungsvolle Chance für ihr<br />

weiteres Leben hier in Österreich bekommen.<br />

1.1.2 Sprache als Schlüssel zum Bildungserfolg<br />

Schulische Leistungen sind sowohl direkt als auch indirekt an<br />

sprachliche Kompetenzen gebunden. Entscheidend sind dabei<br />

heute fast ausschließlich Kompetenzen in der Landes- und<br />

Unterrichtssprache. Dass Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache<br />

nach dem Pflichtschulbesuch von österreichischen Schulen<br />

einem hohen Bildungsunterschied unterworfen sind, zeigt sich in<br />

mehrfacher Weise. Zum einen haben die Ergebnisse von PISA<br />

2003 aufgezeigt und bestätigt, dass Kinder/Jugendliche mit Migrationshintergrund<br />

(Jugendliche der 1. Generation = im Inland<br />

geborene Kinder von im Ausland geborenen Eltern und Jugendliche,<br />

die wie ihre Eltern im Ausland geboren wurden) deutlich<br />

schwächer abschneiden als einheimische Kinder (Kinder, die in<br />

Österreich geboren wurden und von denen zumindest ein Elternteil<br />

in Österreich geboren wurde). Und zum anderen zeigt ein<br />

Vergleich der Präsenz von Jugendlichen mit Migrationshintergrund<br />

in den Schulen nach der Pflichtschulzeit, wie deutlich niedriger<br />

ihr Anteil ist – oder anders formuliert, wie selten es Jugendlichen<br />

mit Migrationshintergrund gelingt, eine höhere bzw.<br />

weiterführende Schule zu besuchen und dadurch eine zukunftsträchtige<br />

Bildung zu erlangen. Dieser Umstand ist umso bedeutsamer,<br />

wenn aus Sicht der einheimischen Wirtschaftsbetriebe ein<br />

akuter Facharbeitermangel vorherrscht und dieser in den nächsten<br />

Jahren sich noch deutlicher verschärfen wird.<br />

1.1.2.1<br />

Pisa 2003 3<br />

Im internationalen Vergleich belegt Österreich mit einem Mittelwert<br />

von 506 Punkten den 15. Rang und liegt somit im OECD-<br />

Durchschnitt (ähnlich wie Frankreich (511), Schweden (509),<br />

Deutschland (503), Slowakei (498) oder Norwegen (495).<br />

Allerdings ist der Abstand zu den Spitzenländern beträchtlich<br />

und signifikant. Hongkong (550), Finnland (544) und Korea<br />

(542) sind Österreich weit voraus. Besonders interessant ist der<br />

Vergleich mit den Niederlanden (538), Belgien (529) und der<br />

Schweiz (527), da diese Länder vergleichbare Strukturen im Bildungswesen<br />

betreiben.<br />

Faktor Migration<br />

Mathematik Lesen Naturwissenschaft<br />

Einheimische Jungendliche<br />

(86,7 %) 515 501 502<br />

1. Generation (4,1 %) 459 428 435<br />

Im Ausland geborene<br />

SchülerInnen 452 425 422<br />

3<br />

aus Zusammenfassung wichtiger Ergebnisse der internationalen Bildungsstudie<br />

PISA 2003 – mit dem Fokus auf das Abschneiden der SchülerInnen migrantischer<br />

Herkunft von Simon Burtscher, okay.zusammenleben


-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

Der Unterschied zu den Einheimischen beträgt somit in allen<br />

Vergleichsgruppen mit Migrationshintergrund um die 60 Punkte,<br />

was ungefähr dem Lernstoff von eineinhalb Jahren entspricht<br />

(Abstände zwischen 35 und 41 Punkten können etwa in ein<br />

Schuljahr umgerechnet werden.)<br />

Gleichzeitig fällt auf, dass der Unterschied zwischen Migrantenjugendlichen,<br />

die in Österreich geboren wurden, und denjenigen,<br />

die im Ausland geboren wurden, überraschend klein ist.<br />

1.1.2.2<br />

Schuljahr 2005/06 – SchülerInnen mit nichtdeutscher<br />

Muttersprache an <strong>Vorarlberg</strong>s Schulen<br />

Anteil an Schulen (Besonderheiten) 4<br />

Vergleicht man den Anteil von SchülerInnen mit nichtdeutscher<br />

Muttersprache in den verschiedenen Schultypen in <strong>Vorarlberg</strong><br />

werden einige Besonderheit sehr deutlich.<br />

Viele SchülerInnen mit nichtdeutscher Muttersprache schaffen<br />

den Weg in eine weiterführende berufliche Ausbildung nicht.<br />

Beträgt der Anteil in den Volksschulen 21%, in den Hauptschulen<br />

19%, nimmt er danach rapide ab: Poly 16%, berufsbildende mittlere<br />

Schulen 15%, berufsbildende Pflichtschulen 9%, Berufsbildende<br />

höhere Schulen (BHS) 7%, Allgemeinbildende höhere<br />

Schulen (AHS) 4%.<br />

Schon der Einstieg in das Regelschulwesen scheint für<br />

SchülerInnen mit nichtdeutscher Muttersprache schwieriger zu<br />

sein. Ihr Anteil an den Allgemeinen Sonderschulen (ASO) ist mit<br />

32% besonders hoch.<br />

Die Anteile von SchülerInnen mit nichtdeutscher Muttersprache<br />

an den verschiedenen Schulen sind in den verschiedenen Regionen<br />

stark unterschiedlich. Einzelne Gemeinden und Städte stechen<br />

besonders heraus.<br />

Es gibt einen besonders deutlichen Unterschied in der<br />

Bildungslaufbahn zwischen SchülerInnen mit türkischer Muttersprache<br />

und jenen aus den ehemaligen Jugoslawischen Staaten.<br />

Betrachtung der verschiedenen Schultypen auf Besonderheiten<br />

(der Bereich Kindergarten wird im Kapitel Ist-Stand Sprachförderung<br />

genauer betrachtet)<br />

4 Zahlenmaterial stammt aus der Kindergarten- und Schulstatistik des Jahres<br />

2005/06. Auf der Pflichtschulebene wurden Werte bezogen auf die Muttersprache<br />

und auf die Staatsbürgerschaft erhoben, in den Schulen nach dem<br />

Pflichtschulbereich nur mehr die Staatsbürgerschaft. Damit die Werte durchgängig<br />

vergleichbar bleiben, wurden die Summenzahlen der Staatsbürgerschaften mit<br />

nichtdeutscher Muttersprache mit dem Faktor 1,45 multipliziert. Diese somit erhaltenen<br />

Werte sind für eine Vergleichsbetrachtung geeignet. Die erhobenen Zahlen<br />

der Staatsbürgerschaften und der Kinder mit nichtdeutschen Muttersprachen sind<br />

in den Volksschulen mit dem Faktor 1,9 und in den Hauptschulen mit dem Faktor<br />

1,45 unterschiedlich.<br />

9<br />

Tabelle 1<br />

Staatsbürgerschaften der Schülerinnen und Schüler in vorarlbergs Schulen, Schuljahr 2005/06<br />

nach Pflichtschule Prozent<br />

nach Pflichtschule<br />

Pflichtschulalter Prozent<br />

Pflichtschulealter<br />

BHS Prozent<br />

BHS<br />

AHS Prozent<br />

AHS<br />

ber.bild.mittlere Schulen Proz<br />

ber.bild.mittlere Schulen<br />

Berufsschulen Prozent<br />

Berufsschulen<br />

Poly Prozent<br />

Polytechnische<br />

Sonderschule Prozent<br />

Sonderschule<br />

Hauptschule Prozent<br />

Hauptschule<br />

Volksschule Prozent<br />

Volksschule<br />

Österreich 16.165 87% 12.745 86% 819 74% 1.211 90% 6.148 91% 2.380 89% 7.405 94% 5.443 93% 30.940 86% 21.376 92%<br />

D, CH, FL 325 2% 180 1% 22 2% 19 2% 233 3% 65 2% 236 3% 102 2% 546 1,5% 636 3%<br />

Kro., Bos., Serb. 631 3% 583 4% 57 5% 42 3% 136 2% 89 3% 82 1% 113 2% 1.313 4% 420 2%<br />

Türkei 1.134 6% 1.150 8% 185 17% 53 4% 194 3% 117 5% 58 1% 95 2% 2.522 7% 464 2%<br />

andere 316 2% 219 1% 23 2% 18 1% 76 1% 37 1% 69 1% 55 1% 576 1,5% 237 1%<br />

Gesamt 18.571 100% 14.877 100% 1.106 100% 1.343 100% 6.787 100% 2.688 100% 7.850 100% 5.808 100% 35.897 100% 23.133 100%


a) Volksschule<br />

Es gibt 15 Volksschulen in <strong>Vorarlberg</strong> mit einem Anteil von über<br />

35% SchülerInnen mit nichtdeutscher Muttersprache. (siehe Tab.<br />

2) Den höchsten Anteil hat die Volksschule Feldkirch Stadt mit<br />

49%. Der Bezirk Dornbirn liegt mit einem Schnitt von 27 %<br />

deutlich über dem Landesschnitt (21%).<br />

Tabelle 2<br />

Volksschulen in <strong>Vorarlberg</strong> (Kinder mit nichtdeutscher<br />

Muttersprache) mit über 35%-Anteilen Schuljahr 2005/06<br />

Schüler nichtdeutsche Schule<br />

Gesamt Muttersprache Prozent<br />

Feldkirch Stadt 144 71 49%<br />

Bregenz-Rieden 272 127 47%<br />

Rankweil Brederis 112 51 46%<br />

Bregenz-Augasse 275 123 44%<br />

Hard-Markt 331 137 41%<br />

Dornbirn-Markt 180 74 41%<br />

Bludenz-Mitte 260 105 40%<br />

Dornbirn-Oberdorf 236 94 39%<br />

Lustenau Rheindorf 231 90 39%<br />

Dornbirn-Edlach 225 86 38%<br />

Lustenau Kirchdorf 302 111 37%<br />

Bludenz-St.Peter 165 60 36%<br />

Bregenz-Schendlingen 350 129 36%<br />

Frastanz 217 75 35%<br />

Götzis Markt 306 106 35%<br />

Bezirk Dornbirn 3.965 1.068 27%<br />

Bezirk Bregenz 6.444 1.350 21%<br />

Bezirk Feldkirch 5.183 1.033 20%<br />

Bezirk Bludenz 2.979 459 15%<br />

Landessumme Volksschulen 18.571 3.910* 21%<br />

* Die Anzahl von Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache ist kontinuierlich<br />

ansteigend. Im Schuljahr 2000/01 waren es 3086 Kinder – im vorliegenden<br />

Schuljahr 3.910 Kinder. Das ist ein Plus von über 26% in fünf Jahren. Wenn man<br />

die sinkende Gesamtschülerzahl in Verhältnis setzt, (2000/01: 19.956 Kinder – im<br />

vorliegenden Jahr 18.571 Kinder; das ist ein Minus von 7,5 %) bedeutet dies, dass<br />

der durchschnittliche Anteil von Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache sich in<br />

ernst.6900<br />

den letzten 5 Jahren von 15 % auf 21 % erhöht hat.<br />

(siehe auch Tabellen 1; 7a; 7b) Quelle:<br />

10<br />

b) Hauptschule<br />

Es gibt 6 Hauptschulen in <strong>Vorarlberg</strong> mit einem Anteil von über<br />

35% SchülerInnen mit nichtdeutscher Muttersprache. (siehe Tab.<br />

3) Den höchsten Anteil hat die Hauptschule Bregenz-Rieden mit<br />

54%. Wieder ist der Bezirk Dornbirn mit einem Schnitt von 29%<br />

deutlich über dem Landesschnitt (19%). Der Landesschnitt von<br />

19% verwundert ein wenig, da langläufig die Meinung vertreten<br />

wird, dass die Hauptschule als Auffangbecken für die „Übriggebliebenen“<br />

darstellt und eben jene Kinder dort einschulen, welche<br />

die Aufnahme in ein Gymnasium nicht schaffen. Aufgrund der<br />

erhobenen Schülerzahlen ist diese Betrachtung nicht nachvollziehbar.<br />

Tabelle 3<br />

Hauptschulen in <strong>Vorarlberg</strong> (Kinder mit nichtdeutscher<br />

Muttersprache) mit über 35%-Anteilen Schuljahr 2005/06<br />

Bregenz-Rieden 274 149 54%<br />

Lustenau Kirchdorf 339 142 42%<br />

Hard Markt 253 100 40%<br />

Lochau 106 38 36%<br />

Dornbirn Markt 278 100 36%<br />

Bludenz-West 187 65 35%<br />

Bezirk Dornbirn 2.863 836 29%<br />

Bezirk Bregenz 5.216 1.021 20%<br />

Bezirk Feldkirch 4.103 647 16%<br />

Bezirk Bludenz 2.695 365 14%<br />

Landessumme Hauptschulen 14.877 2.869 19%<br />

(siehe auch Tabellen 1; 7a; 7b)


c) Allgemeine Sonderschule (ASO)<br />

Fast alle ASO´s in <strong>Vorarlberg</strong> haben einen Anteil von über 35%<br />

SchülerInnen mit nichtdeutscher Muttersprache (siehe Tab. 4).<br />

Die ASO Fußach hat mit 68% den mit Abstand höchsten Anteil.<br />

Bei den Bezirken liegen Bregenz mit 41% und abermals<br />

Dornbirn mit 44% deutlich über dem Landesschnitt (32%).<br />

Der Anteil der SchülerInnen mit nichtdeutscher Muttersprache in<br />

allen Bezirken liegt im Schnitt mit 50 % über dem Anteil von<br />

Volks- und Hauptschulen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass aufgrund<br />

mangelnder Deutschkenntnisse, die Schulreife vielen dieser<br />

Kinder nicht zugesprochen wird. Besonders auffallend ist der<br />

Anteil von SchülerInnen mit türkischer Muttersprache, der mit<br />

etwa 22 % zirka doppelt so hoch ist, als der Anteil von Volks- und<br />

Hauptschulen. Bei Kindern mit Muttersprachen aus den ehemaligen<br />

Jugoslawischen Staaten ist dies nicht feststellbar. Ihr Anteil<br />

liegt nur 15% über dem Schnitt von Volks- und Hauptschulen.<br />

Der Anteil von Buben (2/3) und Mädchen (1/3) mit nichtdeutscher<br />

Muttersprache in den ASO´s liegt genau im Schnitt der<br />

ASO´s im Allgemeinen.<br />

Tabelle 4<br />

Sonderschulen in <strong>Vorarlberg</strong> (Kinder mit nichtdeutscher<br />

Muttersprache) mit über 35%-Anteilen Schuljahr 2005/06<br />

Fußach 22 15 68%<br />

Lauterach 38 20 53%<br />

Dornbirn 118 61 52%<br />

Dornbirn-Gehörlose 42 19 45%<br />

Bregenz 61 25 41%<br />

Lochau 37 15 40%<br />

Hohenems 67 26 39%<br />

Feldkirch 102 39 38%<br />

Bludenz 113 40 35%<br />

Lustenau<br />

Tabelle 5<br />

72 25 35%<br />

Bezirk Dornbirn 299 131 44%<br />

Bezirk Bregenz 205 84 41%<br />

Bezirk Bludenz 184 47 26%<br />

Bezirk Feldkirch 418 97 23%<br />

Landessumme Sonderschulen 1.106 359 32%<br />

(siehe auch Tabellen 1; 7a; 7b)<br />

11<br />

d) Polytechnische Schule<br />

Der Landesschnitt liegt mit 16% SchülerInnen mit nichtdeutscher<br />

Muttersprache schon merklich unter dem Anteil von Volksund<br />

Hauptschulen (siehe Tab. 6). Keine der 11 Schulen in<br />

<strong>Vorarlberg</strong> hat nur annähernd einen 35% igen Anteil. Dieser relativ<br />

niedrige Anteil deutet darauf hin, dass zahlreiche<br />

SchülerInnen mit nichtdeutscher Muttersprache ihr 9.<br />

Pflichtschuljahr in der Hauptschule absolvieren. Auch hier sind<br />

Schüler mit türkischer Muttersprache deutlich mehr betroffen als<br />

Kinder mit anderen nichtdeutschen Muttersprachen. Ihr Anteil<br />

liegt etwa 40% unter dem Schnitt von Volks- und Hauptschulen.<br />

Tabelle 6<br />

Polytechnische Schulen in <strong>Vorarlberg</strong> (Kinder mit nichtdeutscher<br />

Muttersprache) mit über 35%-Anteilen Schuljahr 2005/06<br />

Keine der 11 Polytechnischen Schulen in <strong>Vorarlberg</strong> hat annähernd<br />

einen 35 % igen Anteil.<br />

Bezirk Dornbirn 280 53 19%<br />

Bezirk Bregenz 439 81 18%<br />

Bezirk Feldkirch 332 48 14%<br />

Bezirk Bludenz 292 30 10%<br />

Landessumme Poly 1.343 212 16%<br />

(siehe auch Tabellen 1; 7a; 7b)<br />

e) Berufsbildende Pflichtschulen (Berufsschulen)<br />

Der Anteil von SchülerInnen mit nichtdeutscher Muttersprache<br />

an den Berufsschulen in <strong>Vorarlberg</strong> ist mit 9% deutlich unter dem<br />

Schnitt von Volks- und Hauptschulen. Dies deutet darauf hin,<br />

dass nur etwa die Hälfte der SchülerInnen mit migrantischem<br />

Hintergrund eine Lehre absolviert.<br />

(siehe auch Tabellen 1; 7a; 7b)<br />

f) Berufsbildende mittlere Schulen<br />

(z.B. Handelsschulen)<br />

Der Anteil von SchülerInnen mit nichtdeutscher Muttersprache<br />

an berufsbildenden mittleren Schulen ist mit 15 % deutlich höher<br />

als in den berufsbildenden Pflichtschulen. Hier ist besonders auffallend,<br />

dass die Handelsschulen in Bludenz, Bregenz, Lustenau<br />

und Feldkirch sowie die Höhere technische Bundeslehr- und<br />

Versuchsanstalt in Dornbirn besonders hoch frequentiert sind<br />

(mit über 25%). Dieses Schulangebot ist für die meisten<br />

SchülerInnen mit nichtdeutscher Muttersprache das derzeit höchste<br />

Bildungsniveau.<br />

(siehe auch Tabellen 1; 7a; 7b)


g) Berufsbildende höhere Schulen<br />

Die BHS weisen einen Anteil von 7% SchülerInnen mit nichtdeutscher<br />

Muttersprache auf, wobei auch hier besonders die<br />

Handelsakademien (~ 11%) in Bludenz, Bregenz, Lustenau und<br />

Feldkirch sowie die Höhere technische Bundeslehr- und<br />

Versuchsanstalt in Dornbirn und die Höhere gewerbliche<br />

Bundeslehranstalt für Tourismus in Bludenz besonders begehrt<br />

sind (7%). Der Anteil von Jugendlichen mit türkischer Muttersprache<br />

ist um 70% niedriger als in Volks- und Hauptschulen. Bei<br />

Jugendlichen mit einer Muttersprache aus den ehemaligen<br />

Jugoslawischen Staaten ist er um etwa 50% niedriger.<br />

(siehe auch Tabellen 1; 7a; 7b)<br />

h) Allgemeinbildende höhere Schulen<br />

Der Anteil von SchülerInnen mit nichtdeutscher Muttersprache in<br />

den AHS liegt bei knapp 4%. Das Bundesgymnasium Bregenz<br />

Blumenstraße (7%) und das Bundesoberstufenrealgymnasium<br />

Lauterach (9%) liegen hier deutlich über dem Schnitt.<br />

Dieser Bildungszweig scheint für Jugendliche mit migrantischem<br />

Hintergrund keine große Anziehungskraft zu haben. Möglicherweise<br />

hängt dies auch damit zusammen, dass eine AHS-Matura<br />

alleine noch recht wenig Berufschancen mit sich bringt und eine<br />

weitere Ausbildung (z.B. Studium an einer Fachhochschule oder<br />

Universität) nicht ins Auge gefasst wird (oder nicht leistbar ist<br />

oder nicht in die Lebensplanungsüblichkeiten von migrantischen<br />

Familien hinein fällt).<br />

(siehe auch Tabellen 1; 7a; 7b)<br />

Quelle: ernst.6900<br />

-<br />

-<br />

12<br />

1.1.2.3<br />

Besonderheit bei den verschiedenen<br />

Muttersprachen<br />

Wenn der Vergleich der verschiedenen Muttersprachen bezogen<br />

auf die Staatsbürgerschaft angestellt wird, fällt auf, dass die türkische<br />

Sprachgruppe sich sehr stark von jenen der ehem. Jugoslawischen<br />

Staaten unterscheidet.<br />

Zwei Umstände fallen besonders auf:<br />

In den Schultypen, welche eine höhere berufliche Qualifikation<br />

zum Ziele haben (Berufsschulen, BHS und AHS), beträgt der<br />

Anteil der türkischen Staatsbürgerschaften 1 % bis 3 % (gegenüber<br />

etwa 7 % im Pflichtschulbereich), der Anteil der ehem. Jugoslawischen<br />

Staaten in diesen berufsqualifizierenden Schulen ist<br />

etwa gleich groß (gegenüber etwa 4 % in den Pflichtschulen).<br />

Diese Betrachtung deutet darauf hin, dass die Jugendlichen mit<br />

türkischmigrantischem Hintergrund im Vergleich mit Jugendlichen<br />

mit anderen nichtdeutschen Muttersprachen doppelt so stark<br />

betroffen sind, sich beruflich nicht gut qualifizieren zu können.<br />

(siehe Tabellen 7a und 7b)<br />

In den Sonderschulen liegt der Anteil der Kinder mit der der türkischen<br />

Staatsbürgerschaft mit 17 % um das 2,5 fache höher als<br />

der sonstige Schnitt in den Pflichtschulen. Der Anteil jener<br />

Kinder mit anderen Staatsbürgerschaften aus Ländern mit nichtdeutscher<br />

Muttersprache liegt mit 5 % nur knapp über deren<br />

Schnitt in den Pflichtschulen. (siehe Tabellen 7a und 7b)<br />

Tabelle 7a<br />

Staatsbürgerschaften nach Schultypen<br />

Schultyp Türkisch ehem.Jug. andere ndMspr.<br />

Volksschulen 6,0% 3,0% 2,0%<br />

Hauptschulen 8,0% 4,0% 1,0%<br />

Sonderschulen 17,0% 5,0% 2,0%<br />

Polytechnische Schulen 4,0% 3,0% 1,0%<br />

Berufschulen 3,0% 2,0% 1,0%<br />

ber.bild.mittlere Schulen 5,0% 3,0% 1,0%<br />

BHS 2,0% 2,0% 1,0%<br />

AHS 1,0% 1,0% 1,0%<br />

<strong>SPRACHE</strong><br />

<strong>BILDUNG</strong><br />

<strong>INTEGRATION</strong>


Tabelle 7b<br />

Staatsbürgerschaften mit nichtdeutscher Muttersprache in<br />

<strong>Vorarlberg</strong>sschulen 2005/6<br />

Türkei<br />

18%<br />

Kro., Bosn., Serb.<br />

16%<br />

andere<br />

14%<br />

12%<br />

10%<br />

8%<br />

6%<br />

4%<br />

2%<br />

0%<br />

BHS-Prozent<br />

AHS-Prozent<br />

ber.bild.mittlere<br />

Schule Prozent<br />

Berufsschule<br />

Prozent<br />

Poly Prozent<br />

Sonderschzule<br />

Prozent<br />

Hauptschule<br />

Prozent<br />

Volksschule<br />

1.1.2.4<br />

Fazit<br />

Sprachkompetenz in der Landes- und Unterrichtssprache stehen<br />

nachweislich in einem direkten Verhältnis zum Bildungserfolg.<br />

Diese besonders deutlichen Unterschiede in der Erreichung von<br />

Bildungsqualifikation zwischen „Einheimischen Kindern“ und<br />

Kindern aus Familien mit migrantischem Hintergrund ist nicht<br />

nur eine strategische Betrachtung über das Erreichen von<br />

Bildungsaufgaben öffentlicher Einrichtungen. Er zeigt auf, dass<br />

viele Kinder in unserem Land von Anfang an, sehr ungünstige<br />

Voraussetzungen haben. Hinter diesem Umstand stehen ganz persönliche<br />

Schicksale. Sie entscheiden wesentlich über Lebensperspektiven<br />

und legen fest, welche Lebenshoffnungen und<br />

Lebensträume junge Menschen hegen dürfen. Positive und optimistische<br />

Menschen tragen direkt zum Wohlbefinden in unserer<br />

Gesellschaft bei.<br />

13<br />

1.1.3<br />

Sprache und Bildungserfolg als Schlüssel für<br />

berufliche Chancen<br />

Für die Integration von MigrantInnen auf dem Arbeitsmarkt stehen<br />

die beiden Faktoren Bildung und Sprache in einer Wechselwirkung<br />

und sind sehr entscheidend. Das Bildungsniveau, die<br />

beruflichen Erfahrungen und die umfassenden Kompetenzen in<br />

der Landessprache sind von überragender Bedeutung. Defizitäre<br />

Ausprägungen dieser beiden Faktoren vermindern die Chance,<br />

überhaupt eine Beschäftigung zu finden ungemein.<br />

Tabelle 8<br />

Jugendliche (unter 25 Jahre) nach Staatszugehörigkeit<br />

vorgemerkt oder in Schulungsmaßnahmen<br />

Stichtag: Ende Jänner 2007<br />

Summe<br />

A -Österreich 2072<br />

D -Deutschland 35<br />

CH -Schweiz 4<br />

deutschsprachige Jugendliche 2111<br />

TR -Türkei 272<br />

ehemaliges Jugoslawien 135<br />

XXB-Konventionsflüchtling 5<br />

BR -Brasilien 4<br />

RU -Russland 3<br />

I -Italien 2<br />

PI -Philippinen 2<br />

PL -Polen 2<br />

USA-Vereinigte Staaten von Amerika 2<br />

B -Belgien 1<br />

EC -Ecuador 1<br />

E-Spanien 1<br />

F -Frankreich 1<br />

GB -Großbritannien und Nordirland 1<br />

LAO-Laos 1<br />

LTU-Litauen 1<br />

MA -Marokko 1<br />

MAZ-Mazedonien 1<br />

R -Rumänien 1<br />

RSL-Slowakei 1<br />

SP -Somalia 1<br />

THA-Thailand 1<br />

WAN-Nigeria 1<br />

XXA-Staatenlos 1<br />

XXX-Unbekannt 1<br />

YV -Venezuela 1<br />

Jugendliche mit nichtdeutscher Muttersprache 444<br />

INSGESAMT 2555<br />

Quelle: AMS-<strong>Vorarlberg</strong>, Statistik<br />

Bezogen auf das Bildungsniveau waren mit Stichtag Ende Jänner<br />

2007 folgende Jugendliche (bis 25 Jahre) arbeitslos vorgemerkt<br />

oder in einer AMS – Schulungsmaßnahme:<br />

(wobei bei den Ausländern 34 Personen aus Deutschland und 5<br />

aus der Schweiz dabei sind und somit möglicherweise Deutsch<br />

als Muttersprache führen):


Tabelle 9<br />

Jugendliche (unter 25 Jahre) nach Staatszugehörigkeit und<br />

Ausbildungsgrad<br />

vorgemerkt oder in Schulungsmaßnahmen<br />

Stichtag: Ende Jänner 2007<br />

Insg. davon daraus<br />

Österr. Ausl. Türkei<br />

PO - Keine abgeschl. Pflichtschule 264 159 105 72<br />

PS - Pflichtschule 1.129 870 259 157<br />

LE - Lehre 862 780 82 28<br />

LM - Lehre und Meisterprüfung 18 16 2 0<br />

MS - Sonstige mittlere Schule 63 54 9 1<br />

MK - Mittlere kaufm. Schule 56 48 8 6<br />

MT - Mittlere technische Schule 23 22 1 0<br />

HA - Allgemeinbild.höh. Schule 31 31 0 0<br />

HT - Höhere technische Schule 32 30 2 0<br />

HK - Höhere kaufm. Schule 26 23 3 1<br />

HS - Höhere sonstige Schule 31 30 1 0<br />

UV - Universität 4 4 0 0<br />

FH - Fachhochschule 4 4 0 0<br />

XX - ungeklärt 12 1 11 7<br />

INSGESAMT 2.555 2.072 483 272<br />

Quelle: AMS-<strong>Vorarlberg</strong>, Statistik<br />

Diese Zahlen belegen konkret, dass wenig ausgebildete Jugendliche<br />

wesentlich mehr von Arbeitslosigkeit betroffen sind als besser<br />

ausgebildete – ganz generell. 54% (1393 Personen) aller betroffenen<br />

Jugendlichen haben gerade einmal einen Pflichtschulabschluss<br />

oder keinen positiven Pflichtschulabschluss.<br />

Jugendliche Migranten sind aber hiervon übermäßig betroffen.<br />

Beträgt der Gesamtanteil der Jugendlichen mit nicht österreichischer<br />

Staatsbürgerschaft 19% (483 von 2555 Personen), so ist ihr<br />

Anteil bei den Jugendlichen mit Pflichtschulabschluss als höchster<br />

Ausbildungsgrad bei 23 % (259 von 1129 Personen).<br />

Noch deutlicher wird diese Situation bei den Jugendlichen ohne<br />

positiven Pflichtschulabschluss. Da beträgt der Migrantenanteil<br />

40 % (105 von 264 Personen). Alleine 27% (72 Personen) davon<br />

haben die türkische Staatsbürgerschaft. Wenn man davon ausgeht,<br />

dass auch hier Jugendliche mit nichtdeutscher Muttersprache<br />

die österreichische Staatsbürgerschaft haben (im gleichen<br />

Verhältnis wie in der Hauptschule), erhöht sich der Anteil der<br />

Migranten in auf 58%.<br />

Quelle: ernst.6900<br />

14


Bei der Erstellung des Integrationsleitbildes der Stadt Dornbirn<br />

wurden unter anderem folgende Befragungsergebnisse festgestellt:<br />

Tabelle 10<br />

Bildungsvergleich<br />

Was ist ihr höchster Schulabschluss?<br />

(Auszug aus repräsentativer Umfrage mit 800 Personen, Dornbirn 2002<br />

Tabelle 11<br />

Fachschule<br />

Abgeschlossene Lehre<br />

Hauptschule<br />

Volksschule<br />

Gar kein Abschluss<br />

Noch Schüler<br />

Welche berufliche Stellung haben Sie?<br />

(Auszug aus repräsentativer Umfrage mit 800 Personen, Dornbirn 2002<br />

Angestellter<br />

angelernter<br />

Angestellter<br />

Hilfsarbeiter<br />

0% 5% 10% 15% 20% 25%<br />

0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35%<br />

Sicher erscheint: Wer die Landessprache nicht umfassend beherrscht,<br />

kann auch durchaus vorhandene und wertvolle eigene<br />

Kenntnisse und Berufserfahrungen kaum nutzen.<br />

Es ist als gesichert anzusehen, dass ein Kind, welches in Österreich<br />

die deutsche Sprache nicht genügend gut beherrscht, einen<br />

sehr ungünstigen Start in das öffentliche Bildungssystem hat. Es<br />

wird demzufolge eine mäßig gute Voraussetzung entwickeln,<br />

eine fundierte berufliche Basis zu erarbeiten, welches ihm eine<br />

materiell gesicherte Zukunft ermöglicht. Es wird höchstwahrscheinlich<br />

eine wenig zufrieden stellende Lebensqualität und<br />

soziale- und gesundheitliche Sicherheit erreichen.<br />

Genau so gesichert ist anzusehen, dass jedes Kind prinzipiell jede<br />

Sprache und auch jede Zweitsprache erwerben kann. Dabei gibt<br />

es eigentlich nur zwei Bedingungen: Das Kind muss systematisch<br />

und reichhaltigen Kontakt mit der Umgebungssprache ha-<br />

15<br />

Migrant<br />

Österreicher<br />

ben, und es muss durch soziale Bezüge ein nachhaltiges soziales<br />

Interesse an diesem Kontakt bestehen. Mangelnde Sprachkenntnisse<br />

können also keine prinzipiellen Ursachen haben.<br />

„Sprache als Tor zur Integration“ lässt die Umkehrformulierung<br />

auch zu - „Integration als Tor zur Sprache“.<br />

Daraus ergeben sich automatisch zwei Aktivitätsfelder, die eine<br />

gesellschaftsprägende Wirkung haben können: Zum einen gilt es<br />

den direkten und persönlichen Kontakt in möglichst vielen<br />

Lebensbereichen zwischen Menschen mit nichtdeutscher<br />

Muttersprache und Menschen mit der Umgebungssprache zu verstärken<br />

(Einkaufen, kulturelle Veranstaltungen, Freizeitgestaltung,<br />

Vereinswesen, etc) und zum anderen gilt es den gesicherten<br />

„systematischen und reichhaltigen Kontakt mit der<br />

Umgebungssprache“ zu organisieren. Dieses Gesamtkonzept<br />

widmet sich vor allem dem zweiten Bereich.


1.2<br />

<strong>SPRACHE</strong>RWERB – GRUNDSÄTZE<br />

1.2.1<br />

1 2 3<br />

Wie funktioniert Spracherwerb normalerweise?<br />

1.2.1.1<br />

Grundsätzliches<br />

Spracherwerb ist universal. Jedes Kind ist prinzipiell in der Lage,<br />

jede Sprache als Erstsprache zu erwerben. Kinder erwerben diese<br />

Erstsprache fast wie von selbst und brauchen dazu keine „professionelle“<br />

Begleitung. Und trotzdem ist es von Vorteil zu verstehen,<br />

wie Spracherwerb normalerweise funktioniert.<br />

Sprachforscher haben unterschiedliche Theorien zum Spracherwerb<br />

des Kindes:<br />

Die Imitationstheorie, die Induktionstheorie und die Reifungstheorie.<br />

Ein Kind lernt sprechen weil es nachahmt was es bei<br />

Erwachsenen hört oder weil es „Erfahrungswerte“ sammelt und<br />

auswertet und es lernt sprechen, weil es einen Grundimpuls in<br />

sich trägt, sprechen zu wollen.<br />

Wie im vorherigen Kapitel schon erwähnt, gibt es für ein Kind<br />

drei relevante Ziele, die mit Sprache erreicht werden:<br />

- das Kind lernt, mit Sachen und Sachverhalten zurechtzukommen<br />

- das Kind lernt, mit sich selbst zurechtzukommen<br />

- das Kind lernt, mit anderen Menschen zurechtzukommen<br />

Wieder zeigt sich, dass es bedeutsam ist, welche anregende<br />

Umgebung das Kind vorfindet und welche Aufmerksamkeitsimpulse<br />

es erfährt.<br />

1.2.1.2<br />

Sprachbaum nach Wendlandt<br />

Natürlich gibt es einige Entwicklungsvoraussetzungen, damit ein<br />

Kind sprechen lernen kann. Wolfgang Wendlandt beschreibt in<br />

seinem Buch „Sprachstörungen im Kindesalter“ 1992, erschienen<br />

im Thieme Verlag Stuttgart, sehr anschaulich, wie Sprache erlernt<br />

wird und welche positive Gesamtentwicklung Sprache im<br />

Normalfall nimmt.<br />

siehe Bild rechts<br />

1 aus „Integration in Bildung und Erziehung“ Unterlagen und Material zu Sprache<br />

und interkultureller Pädagogik, erstellt von verschiedenen Abteilungen der<br />

Landesregierung Tirol und der Stadtgemeinde Innsbruck<br />

2 aus „Kompetent mehrsprachig“ Sprachförderung und interkulturelle Erziehung<br />

im Kindergarten, Brandes & Apsel, 2004,vom Verband binationaler Familien und<br />

Partnerschaften<br />

3 aus einem Fachreferat von Dietrich Delekat mit dem Titel „Zur gesundheitlichen<br />

Lage von Kindern in Berlin“ bei den 2. Berliner Fachtage zu Deutsch als<br />

Zweitsprache, Veranstalter: Gewerkschaft für Erziehung uns Wissenschaft,<br />

Landesverband Berlin, Feb. 2005<br />

16<br />

Erklärung zum Sprachbaum nach Wendtlandt 4<br />

Quelle: Wendlandt: Sprachstörungen im Kindesalter, 5/e ThiemeVerlag, Stuttgart 2996<br />

Voraussetzungen für den Spracherwerb:<br />

- Die Wurzeln beinhalten notwendige Entwicklungen, die ein Kind<br />

erfolgreich durchlaufen muss, um sprechen zu lernen. Dies sind<br />

im Normalfall völlig selbstverständliche Entwicklungen, die es<br />

lediglich zu beachten und zu beobachten gilt.<br />

- Der Stamm beschreibt das Entstehen von Sprechfreude und<br />

Sprachverständnis. Hier wird die aktive Haltung der Bezugspersonen<br />

gefordert.<br />

- Die Baumkrone beschreibt die ausgebildete Sprache mit ihren<br />

Aspekten Artikulation, Wortschatz und Grammatik.<br />

- Die Sonne verkörpert die emotionale Umgebung des Kindes,<br />

welches direkten Einfluss auf seine Sprachentwicklung nimmt<br />

- Die Gießkanne beschreibt das unmittelbare sprachfördernde Verhalten<br />

der Eltern<br />

-<br />

Die Erde beschreibt das soziale und kulturelle Umfeld eines Kindes,<br />

welches natürlich wesentlich dazu beiträgt, wie eine<br />

Sprachentwicklung aus diesem Nährboden heraus möglich ist.<br />

4 aus “Integration in Bildung und Erziehung” Unterlagen und Material zu Sprache<br />

und interkultureller Pädagogik, erstellt von verschiedenen Abteilungen der<br />

Landesregierung Tirol und der Stadtgemeinde Innsbruck


Im Detail:<br />

(a) Die Wurzel<br />

Die Wurzeln des Sprachbaums geben Halt und Standfestigkeit<br />

und beinhalten unterschiedliche Entwicklungsprozesse, die ein<br />

Kind erfolgreich durchlaufen muss, um sprechen zu lernen<br />

1. Sensomotorische Entwicklung<br />

2. Sozialemotionale Entwicklung<br />

3. Geistige Entwicklung<br />

zu 1.) Sensomotorische Entwicklung:<br />

Bei der Geburt sind alle für die Sprache wichtigen Organe und<br />

Muskeln ausgebildet: das Zwerchfell, der Rachen, die Stimmbänder,<br />

die Lippen, die Zunge und das Gehör. Über das Ohr<br />

nimmt das Kind Schalleindrücke und Sprachlaute auf. Diese akustischen<br />

Signale der Umwelt werden von den Gehörnerven zur<br />

Entschlüsselung dem Hör- und Sprechzentrum zugeleitet. Das<br />

Gehör ist die Voraussetzung für die Entwicklung von Sprache.<br />

Die Augen: Viele Eindrücke erhält das Kind über das visuelle<br />

System, über das Auge. Mit Hilfe der Augen nimmt es optische<br />

Eindrücke auf und verarbeitet sie, d.h. es lernt Formen und<br />

Farben zu erkennen, Muster zu unterscheiden, nimmt Infos z.B.<br />

über Räume und bewegliche Objekte auf. Für die Sprachentwicklung<br />

ist das Sehen deshalb von Bedeutung, weil Kinder auf<br />

den Mund des Erwachsenen, auf seine Lippenbewegungen achten<br />

und versuchen diese nachzuahmen. Das „Ablesen-Können“<br />

der richtigen Mundstellung ist notwendig, um eine altersgemäße<br />

Artikulation entwickeln zu können.<br />

Die Haut: Von Zimmer, 1995 kommt dieser Satz: „Die taktile<br />

Kommunikation ist die erste Sprache des Kindes, auf der die verbale<br />

Sprache aufbaut.“ (Zimmer, Dieter E; 1986: So kommt der<br />

Mensch zur Sprache. Über Spracherwerb, Sprachentstehung.<br />

Sprache & Denken. Zürich 1998)<br />

Für den Säugling ist die Haut ein wichtiges Kommunikationsmittel.<br />

Über sie nimmt er Kontakt zu seiner Umwelt auf. So<br />

erfährt er z.B. über die Art wie er gestreichelt oder gehalten wird,<br />

ob er angenommen ist oder eher auf Ablehnung stößt. Über den<br />

Tastsinn lernt das Kind zunehmend den Berührungen durch andere<br />

Menschen eine Bedeutung zuzuordnen, z.B. die Bedeutung<br />

von Wärme, Trost, Nähe oder Zuversicht, aber auch von Unangenehmem<br />

und Schmerzhaftem. Taktile Berührungen sind „eine<br />

Grundlage der sozialen Existenz“ das heißt, sie sind für die<br />

Entwicklung lebensnotwendig.<br />

Mund und Zunge: Um sprechen zu können, muss das Kind<br />

bestimmte Mund- und Zungenbewegungen ausführen, was eine<br />

Feinabstimmung unterschiedlicher Muskelgruppen verlangt. Das<br />

Kind lernt allmählich, seinen Sprechapparat zu steuern und zu<br />

koordinieren.<br />

Lange bevor Kinder ihr erstes Wort sprechen, krabbeln sie, richten<br />

sich auf, machen Gehversuche, d.h. sie trainieren ihre<br />

gesamte Muskulatur und die Beweglichkeit der Gelenke.<br />

Zunehmende Koordination der Tast-, Muskel- und<br />

Gelenkwahrnehmungen sowie des Sehens führen dazu, dass<br />

Kinder gezielt nach Gegenständen greifen, d.h. hier entwickelt<br />

sich die Feinmotorik.<br />

Aber nicht nur mit ihren Händen erforschen sie ihre Umwelt,<br />

17<br />

sondern auch, indem sie Gegenstände in den Mund stecken, sie<br />

mit dem Mund „begreifen“. Sie lernen immer mehr, Bewegungen<br />

fein aufeinander abzustimmen, die Kraft, die für Bewegungen<br />

notwendig sind, richtig zu dosieren und die für die Aussprache<br />

richtigen Mundstellungen und Spannungszustände der Mundmuskulatur<br />

herzustellen.<br />

zu 2.) Sozialemotionale Entwicklung:<br />

Die Art und Weise wie der Säugling gepflegt wird, wie sein<br />

Bedürfnisse aufgegriffen und erfüllt werden, wie befriedigend<br />

die Beziehungen zwischen ihm und seinen Bezugspersonen sind,<br />

sind mitentscheidend über seine Grundhaltung zu Menschen und<br />

Umwelt. Sprechen heißt in Beziehung zu anderen Menschen zu<br />

treten und sich aktiv der Umwelt zuzuwenden. Kinder, die nicht<br />

ausreichend mitmenschliche Zuwendung erfahren, bleiben in<br />

ihrer sprachlichen Entwicklung zurück, da ihnen Anregungen<br />

und Motivation fehlen, sich sprachlich auszudrücken.<br />

zu 3.) Geistige Entwicklung:<br />

In den ersten Wochen nach der Geburt wächst das Gehirn des<br />

Säuglings weiter und es vollziehen sich noch wichtige<br />

Reifungsprozesse in den entsprechenden Hirnzentren sowie in<br />

den die Sprachwerkzeuge betätigenden und steuernden Nervenbahnen.<br />

Das Gehirn besitzt unterschiedliche Areale, denen bestimmte<br />

Funktionen zukommen. So gib es „motorische Zentren“<br />

mit deren Hilfe alle Bewegungen gesteuert werden.<br />

Über die „sensorischen Zentren“ werden Berührungsreize der<br />

Haut sowie die Stellungsreize aus den Gelenken und der<br />

Muskulatur wahrgenommen.<br />

Darüber hinaus gibt es „Seh- und Hörzentren“. Bei 90-95 % der<br />

Menschen liegen das „aktive Sprachzentrum“ in der linken Hirnhälfte<br />

und das „passive Sprachzentrum“ in der rechten.<br />

Mit dem Wachstum des Gehirns entfalten sich die geistigen<br />

Fähigkeiten des Kindes. Es lernt, wahrgenommene Dinge wieder<br />

zu erkennen oder zu unterscheiden, bestimmten Begriffen<br />

bestimmte Dinge zuzuordnen, Bedeutungen zu erfassen.<br />

Während der Spracherwerb zunächst relativ unabhängig von der<br />

kognitiven Entwicklung zu verlaufen scheint, treffen sich die<br />

Entwicklungslinien für das Denken und die Sprache nach dem<br />

ersten Lebensjahr. In dieser Zeit bemerkt das Kind, dass ein<br />

Gegenstand, z.B. eine Puppe, auch dann existiert, wenn es sie<br />

nicht mehr sehen kann (Objektpermanenz). Das Kind erkennt<br />

nun, dass jedes Ding einen Namen hat. Der enge Zusammenhang<br />

zwischen geistiger und sprachlicher Entwicklung wird im so<br />

genannten Fragealter besonders deutlich, wenn sich das Kind<br />

seine Umwelt mit ihren vielfältigen Erscheinungen über Sprache<br />

erschließt.<br />

Schreien und Lallen:<br />

In den ersten Lebenstagen und Wochen kann sich der Säugling<br />

nur über das Schreien artikulieren. Schon bald lassen sich jedoch<br />

Unterschiede beim Schreien feststellen. Das Schreien gewinnt an<br />

Informationsgehalt für die Bezugspersonen des Kindes. Sie<br />

erkennen, ob der Säugling Hunger hat, ob ihn Bauchschmerzen<br />

quälen oder ob er schreit, weil er alleine ist. Der Säugling wiederum<br />

lernt, dass sein Schreien bestimmte Reaktionen in seiner<br />

Umwelt auslöst, dass z.B. die Mutter kommt, ihn hochhebt, strei-


chelt, stillt, zu ihm spricht. Hier entwickelt sich zwischen beiden<br />

eine erste stimmliche Kommunikation und damit einhergehend<br />

die zwischenmenschliche Beziehung. Etwa vom zweiten bis dritten<br />

Monat fängt das Kind, das sich wohl fühlt, an zu lallen.<br />

Lalläußerungen sind rhythmische Lautketten, die unterschiedlich<br />

lang sein können: „mamama, dada, gegege...“<br />

(b) Der Stamm -<br />

des Sprachbaums gibt dem Baum Standfestigkeit.<br />

Sprechfreude und Sprechverständnis:<br />

Kinder sind neugierig und wollen ihre Umwelt entdecken. Der<br />

Säugling plaudert viel und gern, ahmt einzelne Laute und Geräusche<br />

nach, zunächst noch ohne den Sinn zu verstehen. Es<br />

macht dem Kind Freude sich anderen „mitteilen“ zu können. Die<br />

Kommunikationsfähigkeiten entwickeln sich zunehmend, wenn<br />

sich die Bezugspersonen auf die „Sprechabsichten“ des Kindes<br />

einlassen und freudig aufgreifen, d.h. in einen Dialog mit dem<br />

Kind eintreten.<br />

(c) Die Krone<br />

des Sprachbaums beschreibt immer feiner werdenden Unterteilung<br />

von Ästen und Zweigen, einem dichten Blattwerk und<br />

schließlich aus Knospen und Früchten, die ausgebildete Sprache<br />

mit ihren Aspekten Artikulation, Wortschatz und Grammatik.<br />

Diese drei Aspekte entfalten sich nebeneinander und meist in<br />

einem beachtlichen Tempo. In seiner Artikulation gelingt es dem<br />

Kind immer besser die verschiedenen Laute richtig zu bilden.<br />

Beim Erwerb von Lauten scheint es eine bestimmte Reihenfolge<br />

zu geben. So werden zuerst die Laute erworben, die im vorderen<br />

Mundbereich gebildet werden, wie „m, a, b“, danach folgen diejenigen,<br />

die im mittleren, wie „l, n, t“ und schließlich diejenigen,<br />

die im hinteren Mund- und Rachenbereich entstehen, wie „kr,<br />

gl“. Im Wortschatz des Kindes sind zunächst Begriffe für solche<br />

Dinge vorzufinden, die das Kind anfassen kann und täglich<br />

wahrnimmt. Es schließt sich in der Regel Begriffe für Dinge an,<br />

die sich außerhalb seiner unmittelbaren Umgebung befinden, die<br />

es nicht anfassen kann oder abstrakte Bezeichnungen sind. Die<br />

Entwicklung der grammatikalischen Strukturen erfolgt von der<br />

Einwortphase über die Zweiwortphase zu komplexen Sätzen mit<br />

Nebensatzkonstruktionen.<br />

(d) Die Sonne<br />

Die Sonne bedeutet Zuneigung und Wertschätzung als<br />

Voraussetzung<br />

Um sich entwickeln zu können, braucht das Kind Liebe und<br />

Zuneigung. Bei Störungen in der sprachlichen Entwicklung gilt<br />

es herauszufinden, „welches Klima“ in der Familie bzw. in der<br />

Kindertageseinrichtung vorherrscht: z.B. „verhangener<br />

Himmel“, oder bei Überbehütung „zuviel Sonne“.<br />

(e) Die Gießkanne<br />

Die Gießkanne steht für das sprachfördernde Verhalten der<br />

Eltern. Um die Sprechfreude der Kinder zu erhalten und zu<br />

unterstützen, sind folgende Aspekte zu berücksichtigen:<br />

18<br />

Fördernde Aspekte beim Sprechen lernen:<br />

Blickkontakt: Dadurch kann emotionale Nähe und Zuwendung<br />

entstehen. Das Kind kann auf die Lippenbewegungen achten und<br />

erhält dadurch Anregungen für die eigene Lautbildung.<br />

Nicht nachsprechen lassen: Lässt man Kinder bei Fehlern oder<br />

Abweichungen von der Normsprache der Erwachsenen „richtig“<br />

nachsprechen, können die Sprechfreude der Kinder gemindert<br />

und Hemmungen aufgebaut werden.<br />

Zuhören: Man sollte sich immer Zeit nehmen, wenn das Kind<br />

einem etwas mitteilen möchte.<br />

Aussprechen lassen: Wichtig ist es, Kindern zuzuhören und sie<br />

aussprechen zu lassen und nicht Verständnis signalisieren, bevor<br />

die Kinder ihre Mitteilung beendet haben.<br />

Sprachanregungen: Man sollte deutlich und verständlich mit<br />

Kindern sprechen, in einer Art, die ihnen signalisiert, dass sie<br />

ernst genommen werden.<br />

(e) Die Erde<br />

Das Kind ist in seine soziale Umgebung eingebettet. Über die<br />

Erziehung werden dem Kind kulturelle und gesellschaftliche<br />

Aspekte vermittelt, findet es seinen Standort, von dem aus es die<br />

Welt wahrnimmt und sich in ihr zurechtfindet. Einflüsse aus der<br />

sozialen Umgebung wirken sich also auch auf den Gebrauch der<br />

Sprache – als Teil der Kultur – und ihre Ausgestaltung durch das<br />

Kind aus. So wie kein Baum dem anderen gleicht, sind auch in<br />

der sprachlichen Entwicklung von Kindern Unterschiede feststellbar.<br />

Obwohl die Abläufe in der sprachlichen Entwicklung<br />

ähnlich sind, lassen sich große individuelle Unterschiede beobachten.<br />

1.2.2 In welchem Alter passiert dabei was?<br />

angelehnt an „Muttersprache.de“, Autor: Franz Reimann und Sprachpyramide nach<br />

Wendtlandt<br />

Der folgende Teil soll einen Überblick geben, wie Sprachentwicklung<br />

bei einem Kind in aller Welt normalerweise abläuft. Es<br />

gilt dabei aber zu bedenken, dass der Mensch sich in<br />

Entwicklungsphasen selten an normierte statistische Werte hält.<br />

Abweichungen sind genauso normal, wie deren Einhaltung.<br />

Trotzdem ist es hilfreich zu betrachten nach welchem Schema<br />

Mensch schon seit Jahrtausenden die Sprache entdeckt.<br />

Geburt:<br />

Es wird angenommen, dass das Kind bei der Geburt über die universelle<br />

Fähigkeit verfügt, wesentlich mehr Phoneme (etwa 70)<br />

unterscheiden zu können, als die, die für die eigene<br />

Muttersprache typisch sind (im Deutschen etwa 40). Nach der<br />

Geburt beginnt eine rege kommunikative Interaktion unter<br />

Einbeziehung aller Sinne. Eltern verändern intuitiv ihre<br />

Zusprache. Sie nutzen Wachzeiten für „Gespräche”, zum<br />

Spielen, Schmusen und Umwelterkunden. Über das “bloße”<br />

Hören der Sprache der Mutter erhält das Kind grundlegende<br />

Informationen über den Aufbau seiner Muttersprache.


Einhör- und Selektionsphase: Spracherfahrungssammlung<br />

im Dialog<br />

Regelmäßigkeiten aus den permanent wahrgenommenen Lautstrukturen<br />

der Muttersprache werden „herausgefiltert”. Laute<br />

werden nach Häufigkeit und Ähnlichkeit gespeichert. Das Kind<br />

ist in der Lage, Assoziationen zwischen melodisch-rhythmischen<br />

Strukturen und kommunikativen Sprachfunktionen auf der Basis<br />

der „Säuglingsgerichteten Sprache” (IDS = Infant-Directed-<br />

Speech) zu bilden.<br />

6.-9. Lebensmonat:<br />

Das muttersprachliche Lautinventar ist im Sprachgedächtnis gespeichert.<br />

Als Folge reagieren Säuglinge auch nur auf die bisher<br />

in der Muttersprache wahrgenommenen Lautkontraste. Englischsprachig<br />

aufgewachsene Säuglinge können z.B. das im Deutschen,<br />

aber nicht im Englischen vorkommende lange „ü” vom<br />

in beiden Sprachen vorkommenden langen „u” nicht unterscheiden.<br />

Sie „wissen” nun auch, dass unterschiedliche Tonhöhenverlaufsformen<br />

in der mütterlichen Sprache (z.B. schimpfendes,<br />

bestätigendes, bittendes Sprechen) eine unterschiedliche Bedeutung<br />

haben.<br />

Einheitenbildung im Wahrnehmen und Erkennen<br />

Das Kind weiß zunächst noch nichts von den Gegenständen seiner<br />

Umgebung. Es muss diese als „Erkenntniseinheiten” in seinem<br />

Gedächtnis speichern, damit sich später Wörter darauf<br />

beziehen können. Man nennt dies den Aufbau der Objektkonstanz.<br />

Als Folge werden z.B. Spielgegenstände als dieselben im<br />

unmittelbaren Wahrnehmungsraum wieder erkannt. Aber es gibt<br />

noch kein raum- und zeitunabhängiges Existenzbewusstsein von<br />

diesen Gegenständen. Aus der wahrgenommen Sprache werden<br />

betonte und/oder am Ende stehende Äußerungseinheiten<br />

(Wortteile, Wörter und Wortverbindungen) „herausgehört” und<br />

oft nachgeahmt. Diese sind auch häufig diejenigen Einheiten, die<br />

den Mitteilungsschwerpunkt tragen.<br />

Ab 11.-13. Lebensmonat:<br />

Erste Wörter erscheinen. Das Kind beginnt, eine Beziehung zwischen<br />

den Wörtern und der Gegenstandswelt aufzubauen. In der<br />

Mitte des 2. Lebensjahres sind sog. Übergeneralisierungen<br />

(Bedeutungsüberdehnungen) zu beobachten („Ado” steht z.B.<br />

für Autos, Rasenmäher, lose Räder, Ente mit Rädern, Computertisch<br />

mit Rädern). Aktionswörter stehen für verschiedene Effekte<br />

(„alle alle” wird z.B. gebraucht, wenn eine Tasse leer getrunken<br />

wurde, ein Gegenstand gesucht wird oder das Kind feststellt,<br />

dass sich ein Spielzeugrad nicht mehr dreht).<br />

18. - 20. Lebensmonat: Der Objektbegriff ist vorhanden<br />

Die Gegenstandswelt wird als unabhängig vom Selbst und dem<br />

Wahrnehmungsraum erkannt. Es erscheinen erste bedeutungsstabile<br />

Wort-Objekt-Zuordnungen, die späteren Substantive; aus<br />

Aktionswörtern entstehen erste Verben; das Kind beginnt, in elementaren<br />

Formen auf räumlich-zeitlich nicht Präsentes zu verweisen;<br />

erste „Ich-Verweise” mit Eigennamen erscheinen. Das<br />

Kind initiiert auch nun verstärkt Dialoge und analysiert aufmerksam<br />

die im Dialog gehörte Elternsprache.<br />

19<br />

Grammatische Strukturbildung, lautliche Präzisierungen<br />

und Bedeutungsaufbau im Hauptanwendungsfeld der<br />

Sprache: dem Dialog<br />

Mütter stimmen den Inhalt ihrer Dialogbeiträge sehr fein auf das<br />

momentane Fassungsvermögen ihres Kindes ab, und sie haben<br />

ein Gespür für die nächste Entwicklungsphase. Sie (natürlich<br />

auch Väter) vermitteln implizit feingefächertes Elementarwissen<br />

über die Welt, über den Aufbau der Muttersprache und über die<br />

Anwendung der Sprache im Dialog.<br />

20.-24. Lebensmonat:<br />

Ideen, Wünsche und Erlebnisse werden in Sätzen übermittelt.<br />

Die ersten grammatischen Morpheme (Flexive) und Funktionswörter<br />

erscheinen als satzbildende Elemente. Aber: Jemand, der<br />

in der Sprechsituation des Kindes nicht dabei war oder kein<br />

Vorwissen über den Inhalt der kindlichen Äußerung hat, kann oft<br />

noch nicht das Mitgeteilte verstehen. Die Mutter ist jedoch der<br />

perfekte Kenner und deshalb ein wichtiger Promotor der kindlichen<br />

Sprachentwicklung.<br />

Ab 28.-30. Lebensmonat:<br />

Die ersten grammatischen Kategorien (Subjekt, Prädikat) sind<br />

entwickelt. Die ersten Kasusflexive erscheinen (Besitzermarkierung:<br />

„Annes Buch”). Die Dialoge werden umfangreicher, die<br />

Themen vielfältiger. Die Mutter greift kindliche Kommunikationsinitiativen<br />

auf, reagiert überwiegend bestätigend und geht<br />

sparsam mit expliziten Korrekturen um. In der kindlichen<br />

Sprache sind noch interessante Assoziationen zu lautlich ähnlichen<br />

Wörtern zu beobachten.<br />

36.-40. Lebensmonat:<br />

Das Kind hat die elementaren Grundstrukturen seiner Muttersprache<br />

erworben. Es spricht und versteht die Sprache im Rahmen<br />

seiner näheren Erfahrungswelt. Schwierige Lautbildungen<br />

in der Wortartikulation werden nun fast problemlos bewältigt. In<br />

Sätzen geformte Mitteilungen sind weitgehend verständlich,<br />

auch wenn der Kommunikationspartner kein Vorwissen vom<br />

Mitteilungsinhalt hat. Das Wissensbedürfnis des Kindes will im<br />

Dialog erfüllt werden. Seine „Werkzeuge” sind nun die Warum-<br />

Fragen. Die Entwicklung sprachlicher Formen und Gebrauchsweisen<br />

ist noch nicht abgeschlossen. Obwohl das Kind über<br />

einen grundlegenden lexikalischen und grammatischen Bestand<br />

seiner Muttersprache verfügt, muss es noch zahlreiche Mittel<br />

erwerben, um in verschiedensten Anforderungssituationen seiner<br />

Lebenswelt schnell und sicher z.B. Mitteilungen über Ereignisse<br />

und Erlebnisse zu formulieren. Dazu zählen u.a. lexikalische und<br />

grammatische Mittel für die Darstellung eines Ereignisses in der<br />

Vergangenheit und Zukunft, für die Wiedergabe einer Beziehung<br />

der Ursache, der Folge, des Zweckes und des Vergleiches durch<br />

den Gebrauch von Neben- und Passivsätzen. Der weitere Erwerb<br />

dieser Mittel ist jedoch nicht Selbstzweck, sondern er ergibt sich<br />

aus der Notwendigkeit, sich in der Kommunikation verständlich<br />

auszudrücken. Da die Sprache grundlegendes Mittel bei der Gestaltung<br />

der sozialen Beziehungen ist, muss das Kind auch weitere<br />

Regeln der Sprachanwendung lernen. Dazu gehören u.a.<br />

Anredeformen, institutionelle Gebrauchsweisen, Äußerungen,<br />

die Höflichkeit ausdrücken und indirekte sprachliche Handlungen.<br />

Der weitere Sprach-Lern-Prozess erstreckt sich bis in das<br />

Schulalter hinein.


1.2.3<br />

Rolle der Muttersprache (oder Erstsprache) 1<br />

Passiert der Erwerb der Muttersprache unter normalen Umständen<br />

völlig automatisch, wirkt sich diese doch prägend in ihrer<br />

Lautgestaltung und grammatikalischen Struktur so tief in das<br />

Bewusstsein des Kindes ein, dass im Allgemeinen etwa ab der<br />

Pubertät keine andere Sprache mehr diesen Platz einnehmen<br />

kann.<br />

Durch die Muttersprache erwirbt das Kind wichtige soziale,<br />

kommunikative, kognitive und emotionale Fähigkeiten. Mit Hilfe<br />

der Sprache entdeckt das Kind seine Welt. Über die<br />

Muttersprache ist das Kind aber auch mit seinen Eltern,<br />

Geschwistern und Verwandten verbunden und damit mit den<br />

Menschen, denen es am nächsten steht. Noch bevor das Kind<br />

selbst sprechen kann, hört es die Muttersprache, die ihm die<br />

Erfahrung von Zuwendung und Angenommensein ermöglicht<br />

und über die seine Beziehungen gestaltet werden. Gerade weil<br />

die Muttersprache eine so zentrale Rolle beim Heranwachsen des<br />

Kindes spielt, besteht auch ein enger Zusammenhang mit der<br />

Entwicklung seiner Identität. Das Selbstbild des Kindes<br />

bestimmt sich wesentlich über die Muttersprache. Zusammen mit<br />

dem Erwerb der Muttersprache erlernt das Kind außerdem<br />

Mimik, Gestik, Sprechrhythmus, Intonation und Körperbewegung.<br />

Und schließlich wird dem Kind durch die Muttersprache<br />

gesellschaftliches Wissen vermittelt. (Man begrüßt und verabschiedet<br />

sich, sagt “bitte” und “danke” etc.) Durch das Zusammenwirken<br />

all dieser Aspekte wird die Muttersprache für das<br />

Kind zu einem Stück Heimat. Sie gibt ihm Sicherheit und<br />

Orientierung. Festzuhalten bleibt also: Die Muttersprache ist von<br />

zentraler Bedeutung, weil das heranwachsende Kind durch sie<br />

alles Notwendige erlernt, um sich in dieser Welt zurechtzufinden.<br />

Es besteht ein direkter Zusammenhang zwischen der Sprachentwicklung<br />

in der Muttersprache und dem Erlernen einer Zweitsprache.<br />

In dem Bild des Sprachbaumes von Wendtlandt gesprochen,<br />

bedeutet es, dass die Wurzeln und der Stamm stark ausgeprägt<br />

sind und sich deshalb eine zweite Baumkrone entwickeln kann.<br />

In Bezug auf das Erlernen einer Zweitsprache ist ein besonderer<br />

Aspekt zu beachten: die „Interdependenz-Hypothese“ besagt,<br />

dass eine gute muttersprachliche Kompetenz förderlich für den<br />

Erwerb einer Zweitsprache ist. Bei Kindern, deren muttersprachliche<br />

Fähigkeiten weniger gut entwickelt sind, kann ein intensives<br />

Angebot in der Zweitsprache in den ersten Schuljahren zu<br />

einer Störung der Entwicklung der Muttersprache und in deren<br />

Folge auch der Zweitsprache führen. Laut Fthenakis besteht die<br />

Abhängigkeit der Zweitsprache von der Muttersprache nicht in<br />

der allgemeinen Kommunikationsfähigkeit (gängiger Wortschatz,<br />

einfache Grammatik, Aussprache), sondern im Hinblick<br />

auf die so genannte kognitv-akademische Sprachfähigkeit. Diese<br />

kognitiv-akademische Sprachfähigkeit ist nicht nur akademisch<br />

gebildeten Menschen vorbehalten. Sie bedeutet, dass die<br />

Fähigkeit entwickelt ist, Sprache als Denkinstrument zu benützen.<br />

Das Erlernen der Muttersprache prägt ein inneres Vorwissen<br />

in Bezug auf Sprache. Dieses Vorwissen scheint laut Fthenakis<br />

eine Art „vorsprachliche Denkbasis“ darzustellen, die dann für<br />

1 auszugsweise aus der Diplomarbeit “Bestandsaufnahme der aktuellen Situation<br />

von Volksschulkindern mit nichtdeutscher Muttersprache im Bundesland<br />

<strong>Vorarlberg</strong>” von Nathalie Pallavicine, 2004<br />

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20<br />

die Zweitsprache zur Verfügung. Bei schlechter muttersprachlicher<br />

Kompetenz ist sie unterentwickelt. Wenn aber die<br />

Muttersprache gut entwickelt ist, lässt sich auf diesem Vorwissen<br />

eine Zweit- oder Drittsprache besser aufbauen.<br />

Es ist also festzuhalten, dass gute Kenntnisse in der Muttersprache<br />

das Lernen einer Zweitsprache erleichtern. Eine positive<br />

Einstellung gegenüber der Muttersprache des Kindes wirkt sich<br />

gut auf dessen Entwicklung und auf dessen Selbstwertgefühl aus.<br />

Die Förderung beider Sprachen wirkt sich somit auch direkt auf<br />

den Erfolg in der Schule aus. Dieser Umstand stellt eine<br />

Verpflichtung dar, Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache<br />

neben dem frühen Zugang zur deutschen Sprache auch die kontinuierliche<br />

Entwicklung ihrer Muttersprache zu ermöglichen.<br />

1.2.4<br />

Erlernen einer Zweitsprache 2<br />

Das Erlernen einer Zweitsprache kann unter sehr verschiedenen<br />

Voraussetzungen geschehen, die den jeweiligen Verlauf stark<br />

beeinflussen können.<br />

Solche verschiedenen Formen können zum Beispiel sein:<br />

Eltern mit verschiedenen Muttersprachen sprechen jeweils ihre<br />

Sprache mit dem Kind, die Elternpartner verstehen die Sprache<br />

des anderen (Vater und Mutter verkörpern jeweils ihre<br />

Muttersprache à das Kind wächst zweisprachig auf)<br />

ein Elternteil ist mit der deutschen Muttersprache aufgewachsen,<br />

ein Elternteil mit einer nichtdeutschen Muttersprache und versteht<br />

Deutsch nicht. Die gemeinsame Familiensprache ist die<br />

nichtdeutsche Sprache.<br />

beide Eltern sind mit der gleichen nichtdeutschen Muttersprache<br />

aufgewachsen und sprechen diese auch zuhause mit den Kindern<br />

beide Eltern sind mit der gleichen nichtdeutschen Muttersprache<br />

aufgewachsen, mindestens ein Elternteil kann Deutsch. Es werden<br />

beide Sprachen mit dem Kind gesprochen<br />

es besteht die Möglichkeit zwischen Sprachen hin- und her zu<br />

wechseln und beide Elternteile verstehen diese gleich gut.<br />

Für dieses Gesamtkonzept ist speziell die Gruppe besonders von<br />

Interesse, bei der beide Elternteile eine gemeinsame nichtdeutsche<br />

Muttersprache haben und diese zuhause mit den Kindern<br />

sprechen. Das heißt, man kann davon ausgehen, dass diese<br />

Kinder nicht zweisprachig aufwachsen (keine zwei gleichberechtigten<br />

Sprachen in ihrer Familie erleben und erlernen). Dadurch<br />

entsteht die klassische Situation, die ein Zweitspracherwerb notwendig<br />

macht.<br />

<strong>SPRACHE</strong><br />

<strong>BILDUNG</strong><br />

<strong>INTEGRATION</strong><br />

2 nach Heuchert 1994, zitiert in Böhm & Böhm 1999 S 167


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Einflussgrößen für einen Zweitspracherwerb<br />

eines Kindes<br />

die Kontaktmöglichkeiten zu deutsch sprechenden Kindern oder<br />

Erwachsenen sowie die Art der Beziehungen in der deutschsprachigen<br />

Umgebung<br />

der Entwicklungsstand in der Erstsprache<br />

die Motivation, sich auf die neue sprachliche Umgebung einzulassen<br />

das Alter des Kindes<br />

die Vorbildwirkung der Eltern (siehe 1.2.6 Rolle der Eltern)<br />

Feststellungen:<br />

Kinder haben die Fähigkeit, mehr als eine Sprache zu erwerben.<br />

Dies ist eine natürliche Begabung des Menschen und deshalb für<br />

alle Kinder möglich.<br />

Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache profitieren vom frühen<br />

Kontakt mit weiteren Sprachen und Kulturen.<br />

Wenn ein Kind mit nichtdeutscher Muttersprache erst ab dem<br />

Alter von zwei bis drei Jahren intensiveren Kontakt mit der deutschen<br />

Sprache bekommt, erwirbt es eine Zweitsprache. Demzufolge<br />

sind auch die bekannten Grundlagen und Gesetzmäßigkeiten<br />

des Zweitspracherwerbes zu beachten:<br />

die Zweitsprache kann additiv erworben werden (als Ergänzung<br />

und Bereicherung zur Muttersprache = die Muttersprache entwickelt<br />

sich weiter und eine zweite Sprache kommt dazu)<br />

die Zweitsprache kann subtraktiv erworben werden (auf Kosten<br />

der Muttersprache = Gefahr des „Semilingualismus“ = beide<br />

Sprachen sind nur teilweise entwickelt)<br />

die Zweitsprache kann natürlich und ungesteuert erlernt werden<br />

(durch Kontakte auf dem Spielplatz oder in Kleingruppen) oder<br />

sie kann gesteuert erlernt werden (fachlich gesteuerter<br />

„Unterricht“). Beide Formen sind möglich und können sich gut<br />

ergänzen.<br />

Phasen des Zweitspracherwerbs<br />

Nach Böhm & Böhm & Dies-Niethammer im „Handbuch Interkulturelle<br />

Lernen“ (Herder, 1999, S 167) durchläuft ein Kind im<br />

Erwerb einer Zweitsprache drei verschiedene Phasen:<br />

Erste Phase: Es überwiegen die so genannten Kopulasätze.<br />

Damit ist gemeint, dass das Kind die Sätze vorwiegende mit dem<br />

Hilfsverb „sein“ bildet: „Ich sein Mädchen“, Du sein Junge“ usw.<br />

Einfachste Sätze stehen im Vordergrund.<br />

Zweite Phase: Hier beginnt das Kind Sätze mit Voll- und<br />

Modalverben zu bilden. Der Satzbau nimmt an Komplexität zu,<br />

und das Kind bekommt das Bewusstsein von unterschiedlichen<br />

Verbformen.<br />

Dritte Phase: Das Kind ist nun in der Lage, schwierige Sätze zu<br />

konstruieren und sich so schon auf einem recht umfassenden<br />

Niveau zu verständigen.<br />

21<br />

Je jünger ein Kind beim Erwerb der Zweitsprache ist,<br />

ähneln diese Phasen jener des Doppelspracherwerbes<br />

Hier verfügt das Kind in der ersten Phase über einen nicht sehr<br />

umfangreichen Wortschatz. Es kann zum Beispiel einen Gegenstand<br />

nur in einer Sprache benennen, aber versteht die Bedeutung<br />

in beiden Sprachen. Es entwickelt in dieser Phase eine<br />

Mischsprache. Es lebt im Glauben, dass beide Sprachen zu einem<br />

gemeinsamen Sprachsystem gehören. Egal wo es ist, verwendet<br />

es Wörter aus beiden Sprachen. Es lernt es später zuzuordnen,<br />

wer für welche Sprache steht. Am Ende dieser Phase beginnt das<br />

Kind, für einen Begriff die Worte aus beiden Sprachen zu benennen.<br />

In der zweiten Phase fängt das Kind an, die Personen und Situationen<br />

immer mehr der jeweiligen Sprache zuzuordnen. Der<br />

größere Wortschatz in beiden Sprachen nützt es, um Gegenstände,<br />

Situationen, Handlungen und Funktionen zu beschreiben. Vor<br />

allem bei emotional erregenden Situationen kommt es vor, dass<br />

das Kind die Wörter aus beiden Sprachen verwendet. Mit diesen<br />

Doppelungen möchte es Wichtigkeit unterstreichen oder seinem<br />

Anliegen Nachdruck verleihen. Die Häufigkeit der jeweiligen<br />

Sprachnutzung kann hier die Entwicklung in einer Sprache stärker<br />

fördern, als in der anderen.<br />

In der dritten Phase gelingt es dem Kind in kleinen Schritten<br />

Übertragungen von einer Sprache in die andere vorzunehmen. Es<br />

spricht Personen in der jeweils richtigen Sprache an.<br />

Zum Alter des Kindes:<br />

Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass der Zweitspracherwerb<br />

besonders erfolgreich ist, wenn er vor dem 11. Lebensjahr<br />

abgeschlossen ist. Diese Kinder beherrschen die Zweitsprache<br />

ähnlich gut wie die Muttersprache (vgl. Rieck, 1989, S 171).<br />

“Die Spracherwerbsforschung hat gezeigt, dass es für das<br />

Erlernen einer zweiten Sprache kein `zu früh´ gibt” Zitat von<br />

Prof. Dr. Rosemarie Tracy von der Universität Mannheim.<br />

Hinderliche Faktoren beim Erwerb einer Zweitsprache können<br />

sein:<br />

Neben der nicht ausreichenden Wirkung der oben genannten<br />

Voraussetzungen für eine normale Entwicklung der Zweitsprache,<br />

gibt es zwei Faktoren die sich als ausgesprochen hemmend<br />

auf den Lernerfolg auswirken:<br />

- Angst vor Fehler (dies kann besonders in Kindergruppen relevant<br />

sein, in denen richtiges Sprechen bemerkt wird oder eben fehlerhaftes<br />

Verwenden von Sprache ebenso. Von Eltern und Pädagog-<br />

Innen in Kindergarten und Schule ist dies besonders zu beachten)<br />

-<br />

Schlechtes Image der jeweiligen Sprache (dies kann auf beide<br />

Sprachen bezogen werden. Wenn das Kind seine Muttersprache<br />

zum Beispiel in der Kindergruppe nicht wertgeschätzt sieht, verzichtet<br />

es auf deren Verwendung und reduziert dementsprechend<br />

deren Entwicklung.


-<br />

Genauso kann es vorkommen, dass in der Herkunftsfamilie, die<br />

Verwendung der deutschen Sprache nicht gern gesehen wird<br />

(vielleicht aus Angst vor dem Verlust der Muttersprache) und<br />

damit dem Kind signalisiert wird, das es diese Sprache hier besser<br />

nicht spricht.<br />

1.2.5<br />

Mehrsprachigkeit – Chance für alle Kinder<br />

Die Mehrsprachigkeit ist bei uns und in weiten Teilen der Erde<br />

eigentlich schon lange der Normalfall. Nicht erst seit Europa mit<br />

sehr vielen verschiedenen Sprachen näher zusammen rückt, wird<br />

die Fähigkeit, mehrere Sprachen zu sprechen hoch eingeschätzt.<br />

Diese Fähigkeit ermöglicht ein Mehr an privaten und beruflichen<br />

Möglichkeiten für den einzelnen Menschen und ist gesellschaftlich<br />

und wirtschaftlich von größter Bedeutung.<br />

In Deutschland, welches die frühe Sprachförderung seit PISA 1<br />

(im Jahr 2000) besonders stark forciert, zeigt sich ein eindeutiger<br />

Trend in Richtung Mehrsprachigkeit in pädagogischen Einrichtungen.<br />

Es geht nicht mehr so sehr darum ein „Bildungsdefizit“<br />

auszumerzen, sondern vielmehr darum eine neue Bildungsqualität<br />

im Bereich der Sprachentwicklung und Sprachförderung zu<br />

erarbeiten. Große Kongresse mit wissenschaftlich hochkarätig<br />

besetzten ReferentInnenlisten (z.B. Kongress „Frühe Mehrsprachigkeit:<br />

Mythen – Risken – Chancen“ am 5./6. Oktober 2006 in<br />

Mannheim oder der geplante internationale Fachkongress<br />

„Frühkindliche Mehrsprachigkeit als Baustein einer gelungenen<br />

Bildungsbiographie“) stellen sich dieser Thematik sehr offensiv.<br />

Mit diesen neuen Impulsen auf fachlicher Ebene lässt sich in der<br />

Praxis sehr schnell etwas anfangen, wenn deren Ergebnisse<br />

bewusst wahrgenommen werden und rasch kommuniziert werden.<br />

Die Mehrsprachigkeit unserer Kinder als Chance zu begreifen,<br />

macht das Thema Sprachförderung schnell zu einem reizvollen<br />

und zukunftsträchtigen Thema.<br />

Der Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg, Günther<br />

H. Oettinger, verwies auf die Bedeutung früher Sprachförderung<br />

für Wirtschaft und Gesellschaft. “Mehrsprachigkeit ist ein<br />

Mehrwert für ein Land, für seine soziale Kompetenz, seine ökonomische<br />

Kompetenz und seine Welt-Integration. Deshalb ist<br />

frühe Sprachförderung eine große Chance”, so der<br />

Ministerpräsident. “Dank der kindlichen Begabung und Neugier<br />

ist frühkindliche Bildung möglich, und hier gehört Sprache in<br />

den Mittelpunkt.”<br />

(gesprochen beim Mannheimer Kongress Okt. 2006)<br />

Quelle: ernst.6900<br />

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22<br />

1.2.6<br />

Rolle der Eltern beim (Zweit-)Spracherwerb<br />

Die Rolle der Eltern im Spracherwerb ihrer Kinder ist eine aktive<br />

und ist besonders im Erwerb der Grundfähigkeiten des<br />

Sprechens und im Erwerb der Muttersprache besonders wichtig.<br />

Wenn man davon ausgeht, dass ein Kind bis 3 Jahre vor allem im<br />

Kreis der Familie lebt und wir das vorher erwähnte Wissen über<br />

den Spracherwerb heran ziehen, lassen sich schlüssig die<br />

Aufgaben für die Eltern ableiten (und zwar für alle Eltern, egal<br />

welche Erstsprache sie in ihrer Familie sprechen):<br />

Ab der Geburt:<br />

Eltern sorgen dafür, dass die medizinische Vorsorge für ihr Kind<br />

stattfindet und eine normale Entwicklung des Körpers und der<br />

Sinnesorgane sicher gestellt ist<br />

Eltern sorgen dafür, dass das Kind eine Atmosphäre der Liebe,<br />

Zuneigung und Akzeptanz erlebt.<br />

Eltern reden, singen, lachen, kommunizieren auf verschiedenste<br />

Weise mit dem Kind<br />

bis drei Jahre:<br />

Eltern tragen dazu bei, dass das Kind Lust auf Sprache entwickelt<br />

(siehe Sprachbaumgießkanne)<br />

Eltern gestalten das Umfeld des Kindes sinnesanregend und<br />

interessant.<br />

Eltern nähren ihr Kind mit Sprache (Geschichten erzählen,<br />

Bücher vorlesen, pädagogisch wertvolle Spiele spielen)<br />

speziell für migrantische Eltern:<br />

Eltern sind besonders bemüht, dass ihr Kind einen positiven<br />

Bezug zu seiner Muttersprache bekommt und diese altersgemäß<br />

erlernt und weiter entwickelt<br />

Eltern sind für ihre Kinder Vorbild im Umgang mit der<br />

Umgebungssprache (ihr Verhalten im Alltag ist Beispielgebend<br />

für die Grundeinstellung ihres Kindes zur deutschen Sprache)<br />

Eltern achten darauf, dass ihr Kind schon frühzeitig<br />

Berührungskontakte mit der Umgebungssprache bekommt<br />

(Spielplatz, Eltern-Kind-Zentren, Bücherei, deutschsprachige<br />

Geschichten, Hörspiele, kindgerechte Fernsehsendungen)<br />

Eltern achten darauf, dass sie nicht willkürlich Muttersprache<br />

und Deutsch vermischen<br />

ab drei Jahren:<br />

Eltern tragen aktiv dazu bei, dass ihr Kind Kontakt zur deutschen<br />

Sprache bekommt<br />

Eltern unterstützen ihr Kind aktiv im Erlernen der deutschen<br />

Sprache und zeigen Interesse am Erlernten und Erlebten ihres<br />

Kindes<br />

Eltern arbeiten aktiv mit pädagogisch tätigen Menschen zusammen<br />

(in Spielgruppe, Kinderbetreuung, Kindergarten, Schule,<br />

etc.) und übernehmen Übungsaufgaben, welche zuhause mit dem<br />

Kind gemacht werden<br />

Eltern tragen dazu bei, dass ihr Kind freundschaftliche Kontakte<br />

zu Kindern mit deutscher Muttersprache haben können.


1.3<br />

MANNHEIMER ERKLÄRUNG<br />

Die Landesstiftung Baden-Württemberg veranstaltete am 5./6.<br />

Oktober 2006 in Mannheim einen Kongress zum Thema “Frühe<br />

Mehrsprachigkeit: Mythen – Risiken – Chancen”, der gemeinsam<br />

mit der Universität Mannheim veranstaltet wurde. Die über 300<br />

teilnehmenden Experten aus Forschung und Praxis sprachen sich<br />

dort für eine möglichst frühe und gezielte Sprachförderung aus<br />

und verfassten mit der “Mannheimer Erklärung zur frühen<br />

Mehrsprachigkeit” ein sehr klares und fachlich fundiertes<br />

Thesenblatt:<br />

Kongress „Frühe Mehrsprachigkeit: Mythen –<br />

Risiken – Chancen“<br />

Mannheimer Erklärung zur frühen Mehrsprachigkeit –<br />

11 Thesen<br />

- Die Fähigkeit, mehr als eine Sprache zu erwerben, beruht auf<br />

einer natürlichen Begabung des Menschen. Mehrsprachigkeit ist<br />

eine Chance!<br />

- Kinder werden durch das Erlernen einer zweiten oder weiteren<br />

Sprache nicht überfordert. Sie können von Geburt an mit mehr<br />

als einer Sprache aufwachsen.<br />

- Die erfolgreiche Entfaltung von sprachlichen Kompetenzen ist<br />

auf günstige Rahmenbedingungen angewiesen. Kinder brauchen<br />

ein adäquates zielsprachliches Vorbild. Dies setzt eine entsprechende<br />

Qualifikation aller am Bildungsprozess Beteiligten voraus.<br />

- Frühzeitige Begleitung und Unterstützung des Spracherwerbs,<br />

Dokumentation und wissenschaftlich fundierte Sprachdiagnostik<br />

sind wichtige Voraussetzungen für eine individuelle Förderung.<br />

- Wir können ein Leben lang neue Sprachen lernen. Am Besten<br />

geschieht dies im frühen Kindesalter. Intensive sprachliche<br />

Förderung sollte daher möglichst früh beginnen.<br />

- Alle Sprachen sind es wert, geschätzt und gefördert zu werden.<br />

Eltern mit nichtdeutscher Familiensprache sind wichtige Partner<br />

in Bildungsprozessen. Sie sollen in ihrer Kompetenz gestärkt<br />

werden, die Kinder in der Erstsprache zu sozialisieren.<br />

- Auch Kinder mit deutscher Muttersprache profitieren vom frühen<br />

Kontakt mit weiteren Sprachen und Kulturen.<br />

- Effektive Sprachförderung setzt voraus, dass die Erkenntnisse<br />

der Spracherwerbsforschung in die Praxis umgesetzt und kontinuierlich,<br />

wissenschaftsbasiert und praxisnah evaluiert werden.<br />

- Die sprachliche Kreativität von Kindern ist eine wichtige<br />

Ressource, die es zu nutzen und zu fördern gilt. Kommunikation<br />

mit Kindern macht Spaß!<br />

- Investitionen in frühe Sprachförderung zahlen sich aus. Die<br />

Gesellschaft muss diese Investition leisten.<br />

- Sprachförderung darf nicht an Fragen der Zuständigkeit schei- <strong>SPRACHE</strong><br />

tern. Wir alle – vor allem Politik, Wissenschaft, Tageseinrichtungen<br />

für Kinder, Eltern, Schule, Therapeuten – sind gefordert zu <strong>BILDUNG</strong><br />

handeln und zusammenzuarbeiten – im Interesse des Kindes.<br />

Mannheim, 6. Oktober 2006<br />

23<br />

<strong>INTEGRATION</strong>


2. Kapitel<br />

„IST-Stand-Bewertung“<br />

Zusammenfassung<br />

2.1<br />

ALLGEMEINE BETRACHTUNG<br />

Grunddaten<br />

Die Aufstellung von Tabelle 12 zeigt, dass Kinder mit nichtdeutscher<br />

Muttersprache anteilsmäßig erst im Kindergarten voll vertreten<br />

sind. Im Vergleich zu anderen Bundesländern, welche<br />

Kinder generell ab 3 Jahre in die Kindergärten aufnehmen, heißt<br />

dies, dass eine verbindliche und pädagogisch zielgerichtete<br />

Sprachförderung hin zur deutschen Sprache in <strong>Vorarlberg</strong> generell<br />

erst ab 4 Jahren möglich ist. Es sei denn, dass entweder die<br />

Spielgruppen – oder Kleinkindbetreuungseinrichtungen für Kinder<br />

mit nichtdeutscher Muttersprache interessanter werden oder<br />

das Kindergartenalter generell auf 3 Jahre gesenkt wird.<br />

Studie zum Thema Mehrsprachigkeit im Kindergarten<br />

In dieser Studie wurden nicht nur Qualitätsstandards für eine gute<br />

Entwicklung hin zur Mehrsprachigkeit in Kindergärten definiert,<br />

sondern auch eine Befragungsstudie über die Grundvoraussetzungen<br />

innerhalb des pädagogischen Personals erstellt.<br />

Diese Befragung hat gezeigt, dass es unterschiedliche Voraussetzungen<br />

bei den Pädagoginnen gibt, sowohl was ihre Grundeinstellung<br />

anbelangt, wie auch ihr fachliches Wissen.<br />

2.2<br />

SPRACHTICKET<br />

2.2.1<br />

Allgemeine Beschreibung des Projektes<br />

Anhand eines Rundschreibens des <strong>Vorarlberg</strong>er Gemeindeverbandes<br />

wird die Handhabe dieses Projektes beschrieben.<br />

2.2.2<br />

Fragen zum Sprachticket und deren Antworten<br />

Grundlage dieses Kapitels ist eine Dringliche Anfrage der <strong>Vorarlberg</strong>er<br />

Freiheitlichen im <strong>Vorarlberg</strong>er Landtag an den zuständigen<br />

Landesrat Mag. Stemer.<br />

2.2.3<br />

Bisherige Erfahrungen<br />

Eine Stichprobenbefragung durch OBHUT-Beratungsservice für<br />

Kinderbetreuung bei Kindergärtnerinnen und Volksschuldirektoren<br />

ist durchgeführt worden. Über 100 Kindergartenpädagoginnen<br />

und ein Dutzend Volksschulen nahmen daran teil. Das<br />

Ergebnis: Die positive Grundeinstellung zum Projekt des<br />

Sprachtickets ist ausgesprochen groß, der Wille zur Verbesserung<br />

auch, aber es braucht dringende strukturelle Unterstützung. Mehr<br />

an fachlichem Wissen, mehr Unterstützung von außen, mehr<br />

Kooperation mit den Eltern und mehr an Informationen zwischen<br />

Schule und Kindergarten. Die bisher gemachten Erfahrungen und<br />

Ergebnisse zeigen, dass ein Trend zu „wir machen das gleiche<br />

wie bisher nur eben ein bisschen mehr“ vorherrscht. Sprachförderung<br />

wird mit Wortschatzarbeit verwechselt.<br />

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24<br />

Im Zuge der Interviews und Gespräche mit Fachkräften aus<br />

Verwaltung und Pädagogik haben sich einige Eindrücke verdichtet,<br />

die hier angeführt werden.<br />

Im Auftrag der Arbeiterkammer Österreich wurde eine Studie<br />

erstellt, die die bisherige Wirkung des Sprachtickets erfasst hat.<br />

Die Studie wurde anfang Juni 2007 präsentiert und kam zu folgendem<br />

Ergebnis: Praktisch keinen Effekt hatte bisher das so<br />

genannte Sprachticket, ein 80-Euro-Gutschein für 120 Stunden<br />

(rund 4 Monate) freiwillige Sprachförderung, wenn sich die<br />

sprachlichen Fähigkeiten der Kinder bei der Schuleinschreibung<br />

als nicht ausreichend herausstellen.<br />

Quelle: Presseunterlage AD Wien vom 5. Juni 2007<br />

2.2.4<br />

Auffälligkeiten<br />

das Sprachticket setzt zu spät an. Besonders betroffene Gemeinden<br />

haben selbständig reagiert und beziehen die 4-jährigen auch<br />

mit ein. Allerdings zeigt sich, dass die besonders engagierten<br />

Gemeinden, entweder besonders engagierte Einzelpersonen haben,<br />

oder aber eine dafür zuständige Verwaltungsperson.<br />

Es gibt keine landesweit gültigen Leitlinien, Qualitätsstandards,<br />

Zielformulierungen oder Dokumentationen usw.. Es gibt keinen<br />

organisierten fachlichen Austausch oder Kooperationen zwischen<br />

den beteiligten Einrichtungen oder Fachpersonen.<br />

Beim Sprachticket und der angewendeten Sprachförderung gibt<br />

es keine vergleichbare oder auswertbare Dokumentation<br />

90 % aller 5jährigen Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache<br />

im Kindergarten haben ein Sprachticket ausgestellt bekommen.<br />

Demzufolge ist das erste Kindergartenjahr in Sachen Sprachförderung<br />

wenig effektiv oder aber die Art der Sprachstandfeststellung<br />

nicht sehr aussagekräftig.<br />

2.2.5<br />

Fazit<br />

Es gibt zahlreiche Fragen, die geklärt werden müssen, wenn das<br />

Instrument des Sprachtickets nachhaltig Wirkung zeigen soll<br />

Die grundsätzlich positive Einstellung aller Beteiligten zu diesem<br />

Thema ist ein großer Vorteil, wenn es gilt das Verfahren zu<br />

optimieren<br />

Das Definieren von klaren Zielen (inklusive klaren Standards)<br />

bedeutet auch, dass die Strukturhilfen (personelle, fachliche und<br />

materielle) konsequent und flächendeckend angepasst und aufgebaut<br />

werden müssen.


2.3<br />

GEMEINDEINITIATIVEN<br />

in Sachen Sprachförderung<br />

In einigen Gemeinden (knapp über 5) gibt es seit einigen Jahren<br />

schon Pilotprojekte in Sachen Sprachförderung, die sich zum Teil<br />

auch an migrantische Mütter und deren Kinder richten und auch<br />

an Kinder vor dem Kindergarten richten.<br />

in Sachen Elternarbeit<br />

Jüngste Entwicklungen in diesen engagierten Pilotgemeinden<br />

zeigen den dringlichen Bedarf, die Kooperationsachse zu den<br />

Eltern stärker aufzubauen.<br />

2.4<br />

ANDERE PROJEKTE<br />

Eltern.chats – Katholisches Bildungswerk<br />

Lernhilfe Mütter – Ausländerreferat der Diözese Feldkirch<br />

INKA – Lernhilfeprojekte<br />

Lernhilfeprojekte durch türkische „Selbsthilfeorganisationen“<br />

Lehrgang „Interkulturelle Kompetenz“ – Bildungshaus<br />

Batschuns<br />

„Brückenbauerinnen“ – okay.zusammen – leben<br />

2.5<br />

BEMERKENSWERTES<br />

- Sprachförderung vor Schuleintritt findet als pädagogische Aufgabe<br />

nur im Kindergarten statt. In Spielgruppen und Kleinkindbetreuungen<br />

sind Bildungsaufträge im klassischen Sinn<br />

nicht vorgesehen.<br />

- Eine muttersprachliche Sprachstandsfeststellung gibt es in <strong>Vorarlberg</strong><br />

nicht.<br />

- Muttersprachlicher Unterricht ist in den Volksschulen selbstverständlich<br />

und wichtig. Im Vorschulbereich ist dieser genauso<br />

wichtig – aber derzeit nirgends angeboten.<br />

- Die fachliche Unterstützung des Personals in allen Einrichtungsebenen<br />

ist in <strong>Vorarlberg</strong> dringlich notwendig. Fortbildungen<br />

im Grundlagenwissen, Lehrgänge für Spezialwissen (in besonders<br />

betroffenen Gruppen) und Lehrgänge für Spezialist-<br />

Innen (als mobile Unterstützung in Sachen Sprachförderung,<br />

Brückenbauerinnen, Elternarbeit, usw.) sind dringlich.<br />

- Die Fortbildungsstruktur ist im Kindergartenbereich abgesichert.<br />

- In den anderen Einrichtungsbereichen ist dringlicher Nachholbedarf.<br />

- Klare Ziele, was in Sachen Sprachförderung in welcher Einrichtungsebene<br />

geschehen bzw. erreicht werden soll, fehlen weitgehend.<br />

Die Stadtvertretung Hohenems hat in einem Beschluss im<br />

Juni 2006 dies erreicht, in dem sie den Ausbau der Sprachförderung<br />

im Kindergarten beschlossen hat und dabei klar das Ziel<br />

formuliert hat, dass Kinder der deutschen Sprache so weit<br />

mächtig sein sollen, dass sie dem Unterricht in der Schule von<br />

Anfang an folgen sollen können. Diese „Formulierungsausnahme”<br />

soll die Regel werden.<br />

- Eine Aneinanderkettung von Insellösungen kann niemals erfolgsversprechend<br />

sein. Eine landesweit gesamthafte Entwicklung<br />

mit gemeinsamen Qualitätsstandards braucht eine Landeskoordinationsstelle.<br />

- Engagierte Institutionen von Migranten setzen ihre Energie erst<br />

im Schulalter ein. Diese sollten ihre Aktivitäten schon im<br />

Kleinkindalter setzen. Dies soll unterstützt und fachlich begleitet<br />

werden.<br />

25<br />

Quelle: ernst.6900


Spielgruppen:<br />

- meist ein oder zwei Halbtage in der Woche mit 3 bis 4 Öffnungsstunden,<br />

Öffnung während des Schuljahres<br />

- Kinder meist im Alter von 3 Jahren<br />

- Trägerschaften von 76 Spielgruppen (71 Vereine od. privat, 5<br />

Gemeinden)<br />

- Landeszuständigkeit: Familienreferat (teilweise Verantwortlichkeit<br />

ausgelagert an die Servicestelle für Spielgruppen)<br />

-<br />

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-<br />

2. Kapitel:<br />

„IST-Stand-Bewertung“<br />

2.1<br />

ALLGEMEINE BETRACHTUNG<br />

2.1.1<br />

Grunddaten (bezogen auf das Schuljahr 2005/06)<br />

In <strong>Vorarlberg</strong> können Kinder mit migrantischem Hintergrund in<br />

drei verschiedenen Einrichtungsformen Kontakt zu gleichaltrigen<br />

Kindern mit deutscher Muttersprache bekommen und erfahren<br />

dort ein kindgerechtes und pädagogisch bewusstes Umfeld.<br />

Kleinkindbetreuungen:<br />

Öffnungszeiten mindestens 5 Stunden pro Tag, 5 Tage die Woche,<br />

ganzjährige Öffnung mit meist 5 Wochen Unterbrechung<br />

Kinder im Alter von 1 bis 4 Jahren<br />

Konzeption für berufstätige Mütter<br />

Trägerschaften von 49 Kleinkindbetreuungen (41 Vereine oder<br />

sonstige Erhaltere, 8 Gemeinden, 1 Land)<br />

Landeszuständigkeit: Abt. IVa, Jugendwohlfahrt, Fachstelle:<br />

Familypoint<br />

Kindergärten:<br />

Öffnungszeiten: sowohl in der Tages – , Wochen – und Jahresöffnungszeit<br />

sehr verschieden,<br />

Kinder meist im Alter von 4 bis 5 Jahren, Anteil der Gemeinden,<br />

welche 3jährige Kinder (meist von berufstätigen Müttern)<br />

aufnehmen, ist im Steigen begriffen. Im Betrachtungsjahr waren<br />

von 8779 Kinder 808 jünger als 4 Jahre.<br />

Trägerschaften von 231 Kindergärten ( 17 Kirche, Vereine oder<br />

sonst. Träger; 212 Gemeinden, 2 Land)<br />

Landeszuständigkeit: Abt. IIa, Kindergarteninspektorat<br />

Vergleich im Anteil von Kindern mit nichtdeutscher<br />

Muttersprache: 1<br />

Tabelle 12<br />

Einrichtungen<br />

Spielgruppen 1476 91,4% 140 8,6% 1616<br />

Kinderbetreuungseinrichtungen 1243 86,0% 207 14,0% 1450<br />

Kindergärten 6811 77,6% 1968 22,4% 8779<br />

Etwa die Hälfte aller Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache<br />

sprechen türkisch.<br />

Muttersprachliche Deutsch<br />

Prozent<br />

nichtdeutsche Muttersprache<br />

Prozent<br />

Gesamt<br />

26<br />

Ausbildungsgrad der Mitarbeiterinnen: 1<br />

Tabelle 13<br />

Einrichtungen<br />

Spielgruppen 64 (34%) 25 98 187<br />

Kinderbetreuungseinrichtungen 75 (38%) 32 87 194<br />

Kindergärten 686 (73%) 216 30 932<br />

1 Zahlen entnommen aus der Kindertagesheimstatistik 2005/06, Landesstelle für<br />

Statistik Kindergartenzahlen<br />

Im Schuljahr 2005/06 gab es in 31 Kindergärten in <strong>Vorarlberg</strong><br />

einen Anteil von 35 oder mehr Prozent. Weitere 35 Kindergärten<br />

haben einen Anteil von 25 bis 34% Kinder mit nichtdeutscher<br />

Muttersprache<br />

Tabelle 14<br />

Kindergarten Bezeichnung Ort Straße, Nr. % n.d.M<br />

Igel Gtk Bludenz Unterfeldstr. 25 89,5% 34<br />

Nofels - Gtk Feldkirch 75,0% 15<br />

Blumenegg Bregenz Heldendankstr. 4 73,4% 47<br />

H. Grabher Lustenau H. Grabherstr.6 61,4% 35<br />

Strohdorf Wolfurt Schulstraße 2 58,3% 14<br />

Schwefel Dornbirn Schwefelquelle 3 57,6% 19<br />

Augarten Lustenau Rheinstraße 23 56,2% 27<br />

An der Ach Bregenz Achsiedlungsstr.73 53,4% 47<br />

Am Wall Dornbirn Am Wall 9 51,1% 23<br />

Niederbahn Dornbirn Niederbahn 37 50,0% 13<br />

Weiler Lustenau Reichshofstr. 5b 48,8% 21<br />

Brederis Rankweil Madlenerweg 36 45,6% 26<br />

Mariahilf Bregenz Mariahilferstr.54a 44,2% 23<br />

Wallstraße Hard Wallstraße 5 43,0% 28<br />

Einlis Frastanz Einliserfeldweg 5 42,5% 17<br />

St. Peter Bludenz St. Peter-Str.45 41,3% 19<br />

Sonderberg Götzis Sonderberg 67 41,1% 7<br />

Levis Feldkirch Vogelweiderpl. 9 40,7% 11<br />

See Hard Seestraße 35 40,0% 26<br />

Rotkreuz Lustenau Rotkreuzstr. 31 40,0% 24<br />

Oberdorf Höchst Schützenstr. 7 39,2% 31<br />

Unterfeld Lauterach Unterfeldstr. 44 39,0% 18<br />

Hl. Kreuz Bludenz Schulgasse 2 38,5% 20<br />

Motten Frastanz Äuleweg 6 38,1% 8<br />

Rheindorf Lustenau Montfortstraße 7 37,2% 16<br />

Kennelbach Kennelbach St. Antoniusw. 19 36,4% 16<br />

Fußach Fußach Wiesenstr. 12 36,0% 31<br />

Oberau Feldkirch Hämmerlestr. 2 35,8% 24<br />

Rosenlärcherstr. .Lustenau Rosenlärcherstr.15 35,5% 22<br />

Pfarrkinderg. Schruns Kirchplatz 12 35,3% 6<br />

Dorf Lauterach Hofsteigstraße 5 35,0% 14<br />

anerkannte päd. Ausbildung<br />

(KindergärtneriIn, SonderkindergärtnerIn,<br />

HorterzieherIn, SozialpädagogIn, LehrerIn,<br />

ErzieherIn, FrüherzieherIn<br />

unterstüthende(r) helfer(in)<br />

sonst. einschlägige Ausbidung (zB<br />

Spielgrupptenbetreuerinnenausbildung)<br />

Gesamt


-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

2.1.2<br />

Studie zum Thema Mehrsprachigkeit im Kindergarten<br />

im Internet zu finden unter:<br />

http://www.verwaltung.steiermark.at/cms/dokumente/<br />

10183665_5045344/6ad604b4/Vorschulische%20Erziehung.pdf<br />

Unter der Leitung von Dr. Susanne Buttaroni vom „Projekt-<br />

Integrationshaus“ in Wien wurde durch das BMfBWK eine<br />

Projektstudie zum Thema Mehrsprachigkeit im Kindergarten<br />

durchgeführt.<br />

Neben grundsätzlichen Betrachtungen des Zusammenhanges<br />

zwischen Integration und Sprache und der thematischen<br />

Einführung in das Gebiet des Spracherwerbes und des „interkulturellen<br />

Lernens“ werden sehr prägnante und praxisnahe Kapitel<br />

zu folgenden Themen eröffnet:<br />

Qualitätskriterien für die Sprachvermittlung im Kindergarten<br />

(anhand von oft gestellten Fragen werden wichtige<br />

Themenfelder in Qualitätsfragen kurz und klar beantwortet)<br />

Fragebogenerhebung zur Einstellung von Pädagoginnen im<br />

Kindergarten zu Einsprachigkeit und Mehrsprachigkeit (eine<br />

Befragung von 817 PädagogInnen aus 7 Bundesländern im Jahr<br />

2001 zu deren allgemeinen Einstellung und zu deren pädagogischen<br />

Haltungen und Reaktionen in Bezug auf<br />

Mehrsprachigkeit im Kindergarten) (siehe nachfolgende<br />

Detailergebnisse)<br />

Zwei- oder mehrsprachige Kindergärten in Kärnten. Arbeitsbedingungen<br />

und Konzepte aus der Sicht des Betreuungspersonals<br />

(Auswertung der Ergebnisse aus einer Diplomarbeit)<br />

Unterrichtsmodule für den Didaktik- und Praxisunterricht an<br />

den BAKIP´s (Marianne Erasimus, Christina Haberleitner, Ute<br />

Weigl-Brabec und Claudia Wimmer stellten zu relevanten Fachgebieten<br />

Vorschläge für Fortbildungen oder Praxiseinheiten<br />

zusammen)<br />

Zahlreiche praxisorientierte Material- und Buchtipps<br />

Einige Detailergebnisse der oben erwähnten Befragung:<br />

An der Befragung teilgenommen haben 817 Personen aus 7 Bundesländern.<br />

91 % der Befragten sind einsprachig mit deutscher<br />

Muttersprache.<br />

Die Fragen zur allgemeinen Einstellung des pädagogischen<br />

Personals in den Kindergärten gegenüber Ein- und Mehrsprachigkeit<br />

lässt sich wie folgt zusammenfassen:<br />

Die frühe Fremdsprachenförderung wird sehr begrüßt. (90% ja<br />

oder eher ja)<br />

Die Kinder sind grundsätzlich mit einer Zweitsprache nicht überfordert<br />

(81 % ja oder eher ja)<br />

Die grundsätzliche Neugierde für neue Sprachen ist groß (70% ja<br />

oder eher ja)<br />

Grundsätzlich wird es als Aufgabe des Kindergartens angesehen,<br />

sich um den Erwerb der Deutschen Sprache zu kümmern. Die<br />

Weiterentwicklung in der Muttersprache wird als „Privatsache“<br />

der Familie angesehen. (75% ja oder eher ja)<br />

Die Pflege der Muttersprache im Kindergarten wird vom Personal<br />

eher skeptisch eingeschätzt. (unter 50 % ja oder eher ja)<br />

Eine beachtliche Zahl des Kiga Personals glaubt, dass es wichtigeres<br />

zu finanzieren gibt als die frühe Fremdsprachförderung<br />

(40% ja oder eher ja)<br />

27<br />

Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass PädagogInnen, die selbst<br />

mehrere Sprachen sprechen oder sich besonders für Länder mit<br />

anderen Muttersprachen interessieren, sich für das Thema Mehrsprachigkeit<br />

im Kindergarten offener und interessierter zeigen.<br />

Die pädagogische Haltung und Reaktionen im Alltag beantworten<br />

die PädagogInnen so:<br />

- „Damit Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache vernünftig<br />

Deutsch lernen, sollte im Kindergarten nur deutsch gesprochen<br />

werden“ (63% ja oder eher ja)<br />

- „Wenn Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache zuhause<br />

Deutsch sprechen würden und nicht ihre Erstsprache, hätten sie<br />

schulisch weniger Schwierigkeiten. (58% ja oder eher ja)<br />

- Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache werden nur von wenigen<br />

Pädagoginnen ermutigt, sich in ihrer Muttersprache auszudrücken<br />

(20% ja oder eher ja)<br />

- Kinder mit deutscher Muttersprache werden nur von wenigen<br />

Pädagoginnen ermutigt, Begriffe von anderen in der Gruppe<br />

befindlichen Sprachen aktiv zu verwenden (32% ja oder eher ja)<br />

- Migrantische Eltern werden nur von sehr wenigen<br />

Pädagoginnen zur Unterstützung in den Kindergarten eingeladen<br />

(22% ja oder eher ja)<br />

- „Werden in Ihrem Kindergarten Feste gefeiert, die aus anderen<br />

Ländern stammen? (30% ja oder eher ja)<br />

-<br />

Mehrsprachige pädagogische Angebote (Lieder, Gedichte, etc)<br />

werden von 55 % unterstützt und 52% ermutigen Kindern mit<br />

nichtdeutscher Muttersprache solche in ihrer Erstsprache zu präsentieren.<br />

Bei einigen dieser Grundhaltungen und Reaktionen sind zum Teil<br />

große Unterschiede zu den wissenschaftlichen Erkenntnissen erkennbar.<br />

Pädagogisch gesehen sind sich aber alle einig:<br />

Frage: Welche Form der sprachlichen Umgebung ist für Kinder<br />

mit nichtdeutscher Muttersprache im Kindergarten optimal?<br />

Antwort: 37 % sagen „ausschließlich Deutsch“, 62 % „beide<br />

Sprachen“, 1% „nur Erstsprache“<br />

2.2<br />

SPRACHTICKET<br />

2.2.1<br />

Allgemeine Beschreibung des Projektes<br />

Frühe Sprachförderung im Kindergarten (aus einem<br />

Schreiben den Vlbg. Gemeindeverbandes an alle Gemeinden Juli 2005)<br />

„Kinder, welche die Unterrichtssprache nicht beherrschen, sollen<br />

bereits vor dem Schuleintritt eine sprachliche Frühförderung<br />

erhalten. Als erster Schritt soll bereits ein Jahr vor dem Schuleintritt,<br />

also im Kindergarten, eine frühe Diagnose der Sprachfähigkeit<br />

der Kinder durchgeführt werden. Diese “Sprachstandsfeststellung”<br />

wird vom Schulleiter auf Grund der Wahrnehmungen<br />

der Kindergärtnerinnen im Rahmen der “Kindergartenvorsorge-<br />

Neu” durchgeführt. Ist zu erwarten, dass das Kind dem Unterricht<br />

nicht folgen können wird, empfiehlt der Schulleiter


-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

entsprechende spezielle Fördermaßnahmen. Die Förderung im<br />

Ausmaß von 120 Stunden soll im Kindergarten durchgeführt<br />

werden. Hiefür stellt der Bund 80 Euro pro Kind zur Verfügung.<br />

Die Sprachförderung soll im Rahmen des Kindergartenbetriebes<br />

stattfinden. Je nach Anzahl der förderungswürdigen Kinder<br />

erfolgt die Sprachförderung durch die Kindergärtnerin selbst oder<br />

durch eine Beiziehung einer zweiten Kindergärtnerin in Form<br />

eines befristeten Beschäftigungsausmaßes für den Zeitraum<br />

November bis Juni (30 Wochen). Das Ausmaß der Anstellung<br />

hängt von der Anzahl der zu betreuenden Kinder ab.<br />

Bei einer Anzahl von ein bis drei Kindern pro Gruppe soll die<br />

Sprachförderung durch die Kindergärtnerin im Rahmen des<br />

Kindergartenbetriebes stattfinden. Bei einer Anzahl von vier bis<br />

sieben Kindern soll die Sprachförderung von einer extern zugezogenen<br />

Kindergärtnerin im Ausmaß von zwei bis drei Stunden<br />

pro Woche durchgeführt werden. Ab einer Anzahl von acht bis<br />

zwölf Kindern pro Gruppe erhöht sich der Arbeitsaufwand für die<br />

beizuziehende Kindergärtnerin um weitere zwei Wochenstunden.<br />

Für die Mehrkosten aus der zusätzlichen Anstellung von<br />

Kindergärtnerinnen (der Aufwand wird sich in der Regel im<br />

Rahmen der Geringfügigkeitsgrenze bewegen), sowie allfälligen<br />

Belohnungen für Kindergärtnerinnen, die die Sprachförderung<br />

ohne externe Unterstützung durchführen (Anm.: € 150,- pro<br />

Gruppe und Jahr), gewährt das Land die übliche Personalkostenförderungen<br />

in Höhe von 50 %. Hinzu kommt zumindest die<br />

Hälfte des Förderbetrages des Bundes.“<br />

2.2.2<br />

Fragen zum Sprachticket und deren Antworten<br />

(aus einer dringlichen Anfrage der <strong>Vorarlberg</strong>er Freiheitlichen an<br />

LR Stemer; Anfrage Nr.: 2007 29.01.194)<br />

Daten aus <strong>Vorarlberg</strong>:<br />

Im Oktober 2006 wurden 793 Sprachtickets ausgegeben (das<br />

sind über 90% aller Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache<br />

im Alter von 5 Jahren), 732 Sprachtickets wurden eingelöst<br />

(= 61 Tickets nicht eingelöst)<br />

Die Zunahme von 245 Sprachtickets (von 548 auf 793) ist bemerkenswert<br />

(+ 45%) und ist auch darauf zurück zu führen,<br />

dass im letzten Kiga- Jahr die „überhastete“ Einführung der<br />

Sprachtickets nicht überall wahrgenommen wurde. Das scheint<br />

in diesem Jahr nicht mehr der Fall zu sein.<br />

51 Gruppen haben mehr als drei Kinder mit Sprachtickets (letztes<br />

Jahr 74 ?!?) und somit Anspruch auf eine externe Unterstützung<br />

in der Sprachförderung<br />

Es sind aber 101 Gruppen, die tatsächlich eine externe Unterstützung<br />

bekommen. Dieser deutliche Unterschied ist auf das<br />

zusätzliche Engagement von einzelnen Gemeinden zurückzuführen,<br />

die über das Sprachticketangebot hinaus, Unterstützung<br />

für die Gruppenpädagoginnen anbieten.<br />

11 Vollzeitanstellungen in 8 Gemeinden kümmern sich spezialisiert<br />

um Sprachförderung. In diesen Gemeinden werden auch<br />

Kinder mit 4 Jahren in die Sprachförderaktivitäten gezielt miteingebunden.<br />

mindestens weitere 3 Gemeinden haben einen Kindergartenversuch<br />

beantragt. Es ist möglich, dass auch sie die 4jährigen Kinder<br />

bewusst mit ansprechen.<br />

Vom letzten Kindergartenjahr gibt es keine gesamthafte Erhebung<br />

der Erfahrungswerte im Umgang mit Sprachtickets.<br />

-<br />

-<br />

-<br />

28<br />

2.2.3<br />

Bisherige Erfahrungen<br />

2.2.3.1<br />

Österreichweite Eindrücke und Erfahrungen mit dem<br />

Sprachticket<br />

Im Rahmen der Erstellung dieses Gesamtkonzeptes sind zahlreiche<br />

Gespräche mit pädagogisch leitend verantwortlichen<br />

Menschen und mit leitenden Verwaltungspersonen in verschiedenen<br />

Bundesländern geführt worden. Auf die Frage „Welche<br />

Erfahrungen haben Sie mit der Einführung des Sprachtickets bisher<br />

gemacht?“ haben sich Eindrücke verdeutlicht, die sich wie<br />

folgt zusammenfassen lassen:<br />

Die sehr schnelle Einführung des Sprachtickets hat in vielen<br />

Fällen Irritationen ausgelöst, die in der praktischen Umsetzungsphase<br />

einen sehr ungünstigen Start mit verursachten. Vage Zielformulierungen,<br />

ungenaue Aufgabenzuteilungen, Zeitdruck, Informationsfluss<br />

mit groben Lücken und Unterbrüchen, haben<br />

dazu geführt, dass sich private Träger, Gemeinden und pädagogisch<br />

tätige Personen überrumpelt vorkamen. Die vorgezogene<br />

Schuleinschreibung, die mit der Einführung des Sprachtickets<br />

vorgeschrieben wurde und die im Verfahren vorgesehene Sprachstandfeststellung<br />

trugen wenig zur Besänftigung der Irritationen<br />

bei. Dieser doch etwas verunglückte Start soll nicht zur generellen<br />

Verurteilung des Projekts Sprachticket führen. Deshalb ist bei<br />

der Betrachtung stets darauf zu achten, was „Kinderkrankheiten“<br />

sind und welche neuralgischen Punkte sich aus den Erfahrungen<br />

trotzdem ableiten lassen:<br />

Sprachstandfeststellung:<br />

Die Sprachstandsfeststellung wurde zu einem Unsicherheitsfaktor.<br />

Es war völlig unterschiedlich, wer schlussendlich den entscheidenden<br />

Impuls gab, ob für ein Kind das Sprachticket empfohlen<br />

wurde oder nicht. Die Schulleitung, die Kindergartenpädagogen<br />

oder die Eltern waren die möglichen Entscheidungsgeber.<br />

Die Kriterien, ob ein Sprachticket ausgestellt wurde oder nicht,<br />

waren öfters nicht wirklich nachvollziehbar. Die konkrete<br />

Anwendung der vorgeschlagenen Sprachstandfeststellung wurde<br />

allgemein als sehr unbefriedigend empfunden (schlechte Vorlage,<br />

schlechte Handhabe, etc.) Die Dokumentation dieses Ereignisses<br />

hatte keine wesentliche Bedeutung mehr – geschweige einen<br />

Nutzen.<br />

Personalunterstützung:<br />

Die verschiedenen Bundesländer haben in diesem Bereich sehr<br />

unterschiedlich reagiert. Jene Länder, die bereits spezielle Lehrgänge<br />

oder Fachausbildungen angeboten haben (Niederösterreich,<br />

Salzburg, Steiermark) hatten hier einen guten Boden bereitet.<br />

Zusammengefasst kann gesagt werden, dass sich das Kindergartenpersonal<br />

von seiner Grundtätigkeit her kompetent fühlt und<br />

so der Trend erkennbar ist, vom Gleichen einfach noch mehr zu<br />

tun. Fachlich fundierte Neuorientierung blieb am Anfang eher die<br />

Ausnahme. Die Einschulungsveranstaltungen für die Sprach-tikkets<br />

wurden häufig als provokant wenig hilfreich empfunden.<br />

Reaktion der Eltern:<br />

Obwohl die Grundinformation der Eltern (verheißungsvolle<br />

Ankündigung, 120 Stunden Extraangebot = Extra Deutschkurs,<br />

Garantie des Erlernens etc.) für diese eher verwirrend schien, war<br />

der Grundtenor der Eltern ein ausgesprochen positiver und dankbarer.<br />

Auch Ansätze der Zusammenarbeit wurden grundsätzlich<br />

positiv aufgenommen. Welche Rollen und welche Aufgaben<br />

diese Eltern dann übernehmen sollen, ist allerdings meist unklar.<br />

Noch immer gibt es zahlreiche PädagogInnen oder Verwaltungs-


tätige, die der Meinung sind, dass migrantische Eltern die<br />

Hauptverantwortung haben, dass ihr Kind Deutsch lernt. Die<br />

Stärkung der muttersprachlichen Kompetenz durch die Eltern<br />

wird nicht so stark betont. Die Forderung nach Elternbildung als<br />

Ergänzung der pädagogischen Arbeit in den Einrichtungen ist oftmals<br />

artikuliert worden.<br />

Im Auftrag der Österreichischen Arbeiterkammer wurde eine<br />

Evaluation der „Frühen Sprachförderung“ in Österreich durchgeführt.<br />

Das Ergebnis wurde anfang Juni 2007 präsentiert.<br />

2.2.3.2<br />

Stichprobenbefragungen aus dem Bereich Kindergarten<br />

und Volksschulen in <strong>Vorarlberg</strong><br />

Im Zeitraum Jänner 2007 bis Februar 2007 wurden Fragebogen<br />

an Kindergärten und Volksschulen via Gemeinden versendet, mit<br />

der Bitte, einen Beitrag zu leisten, wie in Sachen Sprachticket ein<br />

momentanes „Stimmungsbarometer“ ausschauen würde. Aufgrund<br />

der bisher gemachten Erfahrungen, soll ein Eindruck<br />

gewonnen werden, welche nächste Qualitäten in diesem (doch<br />

sehr aufwendigen) System stecken und auch welche Verbesserungsmöglichkeiten<br />

es gibt.<br />

Die Befragung wurde ganz gezielt vor allem an Gemeinden<br />

geschickt, die sich in Sachen Sprachförderung besonders engagieren,<br />

da dort am ehesten Wirkungen und breite Erfahrungen in<br />

Sachen Sprachförderung zu erwarten waren. Der Rücklauf war<br />

beachtlich hoch und ist sehr aussagekräftig: einiges über 100<br />

Kindergartenpädagoginnen aus zahlreichen Gemeinden und etwa<br />

ein Dutzend Volksschulen gaben ihre Meinung kund. Die ausdrückliche<br />

Bitte der Beteiligten nach Anonymität wird selbstverständlich<br />

erfüllt und lässt deshalb nicht zu, dass Zuordnungsdaten<br />

detaillierter angeführt werden. Diese Befragung soll wie gesagt,<br />

nicht den Anschein einer wissenschaftlichen Basisarbeit erwekken.<br />

Sie soll wirklich nur ein Stimmungsbild wieder geben, das<br />

fundierte Rückschlüsse zulässt.<br />

a) Kindergartenstimmungsbild<br />

Gruppenkonstellationsdaten:<br />

Anteil von Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache: 35%<br />

(Wobei der Anteil sehr stark unterschiedlich ist. Der höchste Anteil lag bei 64%, der<br />

niedrigste bei 6%.)<br />

Von den Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache sind 44 % im<br />

nächsten Jahr schulpflichtig. Von diesen haben 80% ein<br />

Sprachticket (10% unter Landesschnitt).<br />

personelle externe Unterstützung:<br />

Aufgrund der ausgewählten Gemeinden (mit hohem Engagement<br />

in Sachen Sprachförderung) ist der Anteil der Gruppen (mit<br />

80%), die eine externe personelle Unterstützung bekommen, sehr<br />

hoch. Aber dies ist differenziert betrachtet im Zeitausmaß doch<br />

sehr unterschiedlich:<br />

29<br />

34% der Gruppen 1 Stunde pro Woche<br />

26% der Gruppen 2 Stunden pro Woche<br />

17% der Gruppen 3 Stunden pro Woche<br />

15% der Gruppen 4 Stunden pro Woche<br />

6% der Gruppen 5 Stunden pro Woche<br />

2% der Gruppen 8 Stunden pro Woche<br />

speziellen Methoden der Sprachförderung:<br />

17 % der Pädagoginnen geben an, keine speziellen Methoden in<br />

Sachen Sprachförderung anzuwenden, oder haben keine<br />

Angaben gemacht.<br />

83 % der Pädagoginnen geben an, dass sie eine spezielle Methode<br />

in Sachen Sprachförderung anwenden und erklären dies vor<br />

allem damit, dass alle im Kindergarten angewendeten Aktionen,<br />

Angebote und Bildungsarbeiten ja auch mit Sprachförderung<br />

kombinierbar sind.<br />

15% der Pädagoginnen geben an, dass sie ein gezieltes Programm<br />

nach bestehenden Vorlagen und methodisch geplanten<br />

Arbeitsweisen anwenden. Erwähnt wurden hier das Programm<br />

von Zvi Penner, der Würzburger Koffer und 2 Programme vom<br />

Finken-Verlag.<br />

Fortbildungen:<br />

Es gibt sehr große Unterschiede in der Wahrnehmung von<br />

Fortbildungen:<br />

12 % der Pädagoginnen haben in den letzten drei Jahren keine<br />

Fortbildung zum Thema Sprachförderung oder Interkulturelle<br />

Pädagogik besucht.<br />

22% haben 1 Fortbildung á 3 Stunden besucht<br />

17% haben 1 Fortbildung á 10 Stunden besucht<br />

37% haben 2 Fortbildungen mit gesamt 23 Stunden besucht<br />

(im Durchschnitt)<br />

5% haben 3 Fortbildungen mit gesamt 41 Stunden besucht<br />

(im Durchschnitt)<br />

3% haben 4 Fortbildungen mit gesamt 60 Stunden besucht<br />

(im Durchschnitt)<br />

3% haben 5 Fortbildungen mit gesamt 65 Stunden besucht<br />

(im Durchschnitt)


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Fortbildungswünsche:<br />

zusätzliche Fortbildungen wurden zu folgenden Themen<br />

gewünscht:<br />

55 % wollen mehr über gezielte Sprachförderung wissen (fachliche<br />

Vertiefung, Brückensätze, interkulturelles Wissen, Praxistipps<br />

und Praxisbeispiele auch aus anderen Ländern)<br />

18 % möchten neue und bessere Methoden in der Sprachförderung<br />

kennen lernen<br />

18% wollen die Elternarbeit weiterentwickeln und deshalb<br />

Unterstützung bekommen<br />

6 % wollen regelmäßigen Erfahrungsaustausch und eine fachliche<br />

Ansprechperson in der Region<br />

3 % eine bessere Form der Dokumentation kennen lernen<br />

Sinnvolle Einführung des Sprachtickets:<br />

98 % (!!!) der Pädagoginnen sind der Meinung, dass die Einführung<br />

des Sprachtickets prinzipiell gut ist. Sie begründen dies<br />

zusammen gefasst so:<br />

44% der Rückmeldungen sind der Meinung, dass die Sprachförderung<br />

dadurch fachlich besser geworden ist, dass bessere<br />

Methoden und besseres Material zugänglich wurden, dass kleinere<br />

Übungsgruppen für die Kinder gut sind oder dass eine<br />

externe Person dadurch möglich wurde.<br />

33% der Rückmeldungen geben an, dass durch die Einführung<br />

des Sprachtickets die Bewusstheit für die Wichtigkeit der Sprachförderung<br />

(im speziellen für Deutsch als Zweitsprache bei migrantischen<br />

Kindern) erhöht wurde. Diese Erhöhung der Bewusstheit<br />

wurde größer bei Eltern, Pädagoginnen und Politikern.<br />

9 % der Rückmeldungen sehen das Sprachticket als Mittel zur<br />

Chancengleichheit aller Kinder und als Mittel zur guten<br />

Integration von Migranten.<br />

8 % erleben, dass der Kindergarten und auch die PädagogInnen<br />

seit der Einführung des Sprachtickets mehr unterstützt wird als<br />

früher.<br />

6 % der Rückmeldungen heben hervor, dass durch die Kostenbeteilung<br />

von Bund und Land eine Wertschätzung der Tätigkeit<br />

passiert ist.<br />

Einzelmeinungen sind über die Einführung des Sprachtickets<br />

nicht glücklich, weil:<br />

- zusätzlicher Büroaufwand entstanden sei<br />

- die Förderung auch schon vorher gut genug gewesen sei<br />

- die Politik dieses Feld für ihre Interessen missbrauche<br />

Unterstützung:<br />

Auf die Frage „Fühlen Sie sich in Sachen Sprachförderung ausreichend<br />

unterstützt?“ gab es ein sehr differenziertes Bild.<br />

51 % der PädagogInnen haben diese Frage mit „Ja“ beantwortet,<br />

49 % mit „Nein“.<br />

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30<br />

Etwas mehr als die Hälfte haben dies wie folgt begründet:<br />

Ja – weil:<br />

44 % der Ja-Rückmeldungen sehen sich durch die externe<br />

Fachperson unterstützt<br />

37 % der Ja-Rückmeldungen sehen sich durch das besondere<br />

Engagement der Gemeinde unterstützt<br />

19 % der Ja-Rückmeldungen sehen sich durch gutes Material<br />

und Unterlagen, welches ihnen zur Verfügung gestellt wurde,<br />

ausreichend unterstützt.<br />

Nein – weil:<br />

38 % der Nein-Rückmeldungen vermissen eine externe fachliche<br />

Unterstützung<br />

25 % der Nein-Rückmeldungen haben die Einführung des<br />

Sprachtickets als schlecht empfunden und führen dabei an:<br />

Zeitlicher Druck, unzureichende Ablaufplanung, Info-Veranstaltung<br />

war schlecht, Informationen sind viel zu zögerlich und<br />

zu spät gekommen<br />

20 % der Nein-Rückmeldungen bemerken das fehlende Fortbildungsangebot<br />

und mangelnde Möglichkeiten des regelmäßigen<br />

Erfahrungsaustausches<br />

17 % der Nein-Rückmeldungen sind der Meinung, dass sie zuwenig<br />

Unterstützung mit Hilfsmitteln und Materialien erhalten<br />

Unterstützungswünsche:<br />

73 % der PädagogInnen brachten konkrete Vorschläge, welche<br />

Unterstützung ihnen in der Zukunft helfen könnte. Diese<br />

Vorschläge lassen sich wie folgt zusammenfassen:<br />

31 % wollen eine externe Fachkraft oder zusätzliches Personal,<br />

oder mehr Zeitkontingent für die Sprachförderung (etliche davon<br />

äußern den Wunsch nach zweisprachigem Personal)<br />

25 % wünschen sich zusätzliche Angebote außerhalb des Kindergartens<br />

und erklären dazu, dass diese Angebote schon vor<br />

dem Kiga-Eintritt stattfinden können, dass Mütter und Kinder<br />

angesprochen werden sollen, dass diese Angebote verpflichtend<br />

sein sollen (z.B. über Mutter-Kind-Pass).<br />

17 % wollen besseres Material und Praxismappen (gratis) und<br />

neue Formen der Dokumentation<br />

14 % wollen ein besseres oder besonderes Angebot an Fortbildungen<br />

zu den Themen Sprachförderung, Interkulturelle Pädagogik,<br />

Brückensätzen, allgemeine Grundlagen und auch der<br />

Wunsch nach regelmäßigem Erfahrungsaustausch und Supervision<br />

ist artikuliert<br />

7 % wollen kleinere Gruppen bzw. einen niedrigen Anteil von<br />

Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache (Zählfaktor wie früher<br />

in der Schule wurde vorgeschlagen)<br />

6 % möchten einen klaren Auftrag und eine klare Zielsetzung in<br />

Verbindung mit dem Sprachticket und eine bessere Elterninformation


-<br />

-<br />

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-<br />

Sprachticket auch für 4 jährige<br />

Auf die Frage „Würden Sie die Ausweitung des Sprachtickets<br />

auch auf 4 jährige Kinder im Kindergarten begrüßen?“ kam eine<br />

deutliche Rückmeldung:<br />

97 % sagten dazu „Ja“ – 71% begründeten dies in ihrer Rückmeldung.<br />

Diese Begründungen zeigen sich wie folgt:<br />

58 % sagen „Je früher – umso besser!“<br />

25 % sagen ja, wenn genügend Personal und externe<br />

Unterstützung (auch zweisprachige Mütter werden angeführt)<br />

vorhanden ist.<br />

7 % sind der Meinung, dass dadurch der Leistungsdruck weniger<br />

wird.<br />

6 % wollen die Sprachförderung noch früher angesetzt sehen<br />

(Mutter-Kind-Pass)<br />

2 % wollen die Verpflichtung zur Sprachförderung auch erhöht<br />

wissen<br />

2 % sehen die 4 jährigen derzeit benachteiligt an.<br />

b) Rückmeldungen aus den Volksschulen<br />

Eine mögliche Form, die bisherige Wirkung des Sprachförderschwerpunktes<br />

zu betrachten, ist die, in den Volksschulen zu<br />

erfragen, welche Veränderungen sie wahrgenommen haben. Vor<br />

allem dann, wenn das Ziel der Sprachförderung das sein soll, dass<br />

Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache einen besseren<br />

Schulstart bekommen sollen.<br />

Die Rückmeldungen von etwa einem Dutzend Volksschulleitern<br />

ist sicher zu wenig repräsentativ, als das hier gesicherte Schlüsse<br />

gezogen werden könnten. Allerdings lassen sich schon besonders<br />

starke Übereinstimmungen herauslesen.<br />

Sprachstand beim Schuleintritt<br />

Nach Erkundung der Schulleitung konnten weniger als die Hälfte<br />

der Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache (die im Herbst 2006<br />

eingeschult sind) von Anfang an dem Unterricht gut folgen.<br />

Speziell bei den türkisch muttersprachlichen Kindern liegt dieser<br />

Anteil in allen Schulen unter einem Drittel.<br />

Sprachstand heute<br />

Nach einem Semester können über 30 % dieser Kinder dem<br />

Unterricht aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse nur unzureichend<br />

folgen.<br />

Zusammenarbeit mit Kindergarten<br />

Die Zusammenarbeit mit dem Kindergarten wird bis auf zwei<br />

Ausnahmen als kaum bis gar nicht vorhanden bezeichnet.<br />

Lediglich die Vorinformation, welche Kinder für die Ausstellung<br />

eines Sprachtickets empfohlen werden, ist fast überall gegeben.<br />

Es wird mehrfach bemerkt, dass trotz direkter Nachfrage nur allgemeine<br />

und pauschale Auskünfte zu bekommen waren.<br />

Veränderungen durch die Einführung der Sprachtickets<br />

Einige Schulleiter bemerken, dass sich der „Wortschatz“ der<br />

Kinder in gängigen Themen verbreitert hat (Farben, Zahlen,<br />

-<br />

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-<br />

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-<br />

-<br />

-<br />

31<br />

Gegenstände, etc.), allerdings das gesamte Sprachkönnen nicht<br />

wirklich verbessert ist (längere Sätze, Geschichten erzählen, sich<br />

ausdrücken, etc. ist wenig entwickelt).<br />

Wünsche und Anregungen von Seiten der Volksschule<br />

Überzeugungsarbeit bei den Eltern für die Wichtigkeit der Sprache<br />

Früherer Start des Zweitspracherwerbs (ab 2 – 3 Jahre).<br />

Sprachticket soll ab 4 Jahren gelten. Bei Schuleintritt sollen alle<br />

Kinder Deutsch können.<br />

Noch mehr Wortschatzübungen, Grammatikalische Übungen<br />

verstärken (besonders bei serbo-kroatischen Kindern)<br />

Vorerhebung des tatsächlichen Sprachstandes im Kindergarten<br />

nach anerkannten Modellen<br />

Führen eines Lerntagebuches (auch als Grundlage zur Übergabe<br />

an die Schule)<br />

nochmalige Sprachstandfeststellung vor Schuleintritt<br />

wissenschaftliche Begleitung über einen gewissen Zeitraum<br />

konsequente Einbindung der Eltern<br />

2.2.4<br />

Auffälligkeiten in der <strong>Vorarlberg</strong>betrachtung<br />

- Die 8 Gemeinden, welche 11 Vollzeitanstellungen für die<br />

Sprachförderung haben, haben einen sehr hohen Anteil an<br />

Bewohnern mit nichtdeutscher Muttersprache. Sie haben aber<br />

auch in ihrer Gemeindeverwaltung jemanden spezialisiert für<br />

den Bereich Kindergärten oder gar eine eigene Verwaltungsstelle<br />

für Integrationsfragen. Das große Engagement auf Gemeindeverwaltungsebene<br />

ist offensichtlich notwendig, damit besondere<br />

Aktivitäten im Bereich Sprachförderung in den Kindergärten<br />

entstehen können. Dieses Engagement findet auf Landesebene<br />

finanzielle Unterstützung.<br />

- Zahlreiche Gemeinden, die vor der gleichen Situation stehen,<br />

aber keine Verwaltungskapazität für die Entwicklung von besonderen<br />

Konzepten oder Anträgen haben, würde professionelle<br />

Unterstützung von außen gut tun.<br />

- Jede Gemeinde mit zusätzlichem Engagement in Sachen früher<br />

Sprachförderung muss jeweils separat einen Antrag auf Kindergartenversuch<br />

stellen und dies pädagogisch hintergründig belegen.<br />

Die zusätzlichen fachlichen Ressourcen (z.B. geeignetes<br />

Personal) müssen dann auch selbst organisiert und bereitgestellt<br />

werden. Meistens müssen sich dann die betroffenen Personen<br />

im „Selbststudium“ ihr eigenes Praxisumfeld erarbeiten.<br />

- Es gibt keine landesweiten fachliche Leitlinien, Qualitätsstandards,<br />

Zielformulierungen und das dazu gehörige Handwerkszeug<br />

(z.B. Dokumentationshilfen).<br />

- Es gibt keinen organisierten Austausch an Erfahrungen und<br />

Informationen (z.B. regelmäßige Koordinatorinnengruppen,<br />

Netzwerkgruppen, Selbsthilfegruppen)<br />

- Es gibt keine vergleichbare und auswertbare Dokumentation der<br />

Sprachticketaktivitäten (weder in der Methodenwahl, noch in<br />

der alltäglichen Praxis, noch in den Ergebnissen).<br />

-<br />

Die hohe Anzahl von Sprachtickets (über 90% der Kinder mit nichtdeutscher<br />

Muttersprache mit 5 Jahren) ist ein Indiz dafür, dass diese<br />

Kinder bis dahin nur wenig Deutsch gelernt haben.


2.2.5<br />

Fazit<br />

Grundsätzlich wird diese Mehrbeachtung der Sprachförderung<br />

von allen Beteiligten als besonders wichtig und richtig betrachtet.<br />

Defizite erkennen und durch Förderung antworten ist ein wichtiger<br />

und kluger Weg. Der Kindergarten kommt durch das Thema<br />

der Sprachförderung in eine neue Rolle. Früher im Bereich des<br />

Bildungsweges eher wenig beachtet, rückt diese Einrichtungsebene<br />

immer mehr in den Mittelpunkt der öffentlichen Wahrnehmung.<br />

Diese neue Sensibilität ist eine große Chance für die Kiga-<br />

Einrichtungen – aber auch eine Verantwortung.<br />

Für die Weiterentwicklung des Sprachtickets oder der Sprachförderung<br />

sollten folgende Fragen geklärt werden:<br />

die Sprachstandfeststellungen sind sehr wesentlich<br />

- Wer soll sie durchführen? (Schulleitung, Kiga-Personal)<br />

- Ist eine Objektivierung der Entscheidung möglich?<br />

- Ist eine fachlich fundiertere Form notwendig?<br />

- Wer braucht die Informationen und die daraus ableitbaren<br />

Schlüsse?<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

Ist die Inanspruchnahme des Sprachtickets tatsächlich freiwillig<br />

zu halten?<br />

die Notwendigkeit einer Sprachförderung ist ein zu wesentliches<br />

Ereignis, als dass eventuelle Unachtsamkeiten oder subjektiv<br />

anders eingeschätzte Fähigkeiten des Kindes durch die<br />

Eltern blockiert werden können. (in <strong>Vorarlberg</strong> 2006/07 wurden<br />

60 ausgestellte Sprachtickets nicht eingelöst)<br />

Unterstützung durch externe Personen<br />

Wer sind die externen Personen? Welche Befähigungen bringen<br />

sie mit? Welche Befähigung sollen sie bekommen?<br />

Zusammenarbeit mit den Stammpersonal der Gruppe und klarer<br />

Auftrag, wer welche Rolle inne hat<br />

Hilft diese externe Person den betroffenen Kindern oder verunsichert<br />

es sie?<br />

Wird die Methode der Sprachförderung dadurch automatisch<br />

verschult und defizitorientiert?<br />

Wie können die Informationen zum Sprachticket und zur<br />

Sprachförderung treffsicherer werden?<br />

- Infos an die Gemeinden<br />

- an die Eltern<br />

- zwischen Schule und Kiga<br />

-<br />

-<br />

Wie gehen wir mit dem entstehenden Erwartungsdruck um?<br />

die Erwartungshaltung der Eltern wurde durch die Form des<br />

Tickets enorm hoch geschraubt. Was ist real machbar? Wer sind<br />

die Beteiligten in diesem Programm?<br />

Gibt es Erwartungen von der Schule an den Kindergarten?<br />

Finanzprobleme und monetäre Bewertung der Sprachförderung<br />

die Euro 80,- pro Kind sind als symbolische Größe anzusehen.<br />

Manche Träger sehen dies als Provokation an. Das Land Salzburg<br />

hat eine interne Berechnung angestellt und kommt dabei<br />

auf Euro 400,- pro Kind. Die Stadt Recklinghausen ist unabhängig<br />

in ihrer Kalkulation auf Euro 430,- pro Kind und Jahr gekommen.<br />

Das Bundesland Nordrhein-Westfalen hat angekündigt, den<br />

Aufwand mit Euro 350,- pro Kind und Jahr bedecken zu wollen.<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

32<br />

Die Ausstellung des Sprachtickets (durch ein Sprachstandsfeststellungsverfahren)<br />

ist von der Anzahl her mit sehr unterschiedlichen<br />

Kosten für die Träger verbunden. Ob externe<br />

Unterstützungskräfte gebraucht werden oder nicht, ist mit direkten<br />

zusätzlichen Kosten verbunden, die meist nicht eingeplant<br />

und budgetiert wurden.<br />

Zeitpunkt des Sprachtickets<br />

das Ticket schon für 3 jährige Kinder zu ermöglichen, ist fachlich<br />

gesehen als unbedingte Verbesserung anzusehen und<br />

erleichtert die stressfreie Handhabe des Sprachtickets<br />

Rahmenbedingungen in den Gruppen<br />

Gruppengröße<br />

Anteil von Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache in der<br />

Gruppe<br />

Personalschlüssel und deren Qualifikation<br />

Vorhandensein einer externen Fachkraft<br />

muttersprachliche Unterstützung<br />

Fachliche Voraussetzungen des pädagogischen Personals<br />

je nach Grad der Betroffenheit soll eine stetige Weiterqualifizierung<br />

stattfinden<br />

das Kennenlernen von neuen Methoden, Materialien und<br />

Dokumentationsmitteln ist als Grundstandard zu definieren<br />

deren Anwendung als pädagogischer Standard zu verstehen<br />

auch einheimische Kinder sollen gefördert werden<br />

-<br />

die Kombination vom VBB (<strong>Vorarlberg</strong>er Beobachtungsbogen)<br />

und Sprachförderung ab 4 Jahre bietet sich an, dass alle Kinder<br />

auch die mit deutscher Muttersprache aufmerksam und bewusst<br />

mit eingebunden werden.<br />

2.3<br />

GEMEINDEINITIATIVEN<br />

In Sachen Sprachförderungen<br />

Schon lange vor dem vom Bund installierten „Sprachticket“ haben<br />

einige Kommunen in <strong>Vorarlberg</strong> sich dem Thema Sprachförderung<br />

für Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache intensiv<br />

zugewandt. Einige solcher Projekte sollen hier kurz erwähnt werden<br />

(ohne Anspruch auf Vollständigkeit):<br />

Dornbirn hat schon im Oktober 2002 in Zusammenarbeit mit<br />

„b a s e“ (Büro für angewandte Sozialforschung Basel) ein<br />

Integrationsleitbild mit Maßnahmenkatalog erstellt. Einer von<br />

drei Leitsätzen lautet: „Integrationspolitik setzt nicht symptomorientiert<br />

oder defizitverwaltend, sondern präventiv, ursachenbezogen<br />

sowie „fördernd und fordernd“ im Sinne der Entfaltung<br />

des menschlichen Potentials an.“ Logisch abgeleitet ergibt dies<br />

ein bewusstes Zugehen auf Sprachfördermaßnahmen: „Der<br />

Erwerb und die Förderung von Sprachkompetenzen (fundierte<br />

Mehrsprachigkeit) ist ein wichtiger Pfeiler für die schulische<br />

Integration, da durch die Aufwertung von Mehrsprachigkeit das<br />

bestehende Potenzial genutzt, der Deutscherwerb erleichtert und<br />

gleichzeitig die soziale Integration sowie das paritätische<br />

Zusammenleben gefördert wird.“


Eine Sammlung von Zielen und Maßnahmen zum Thema<br />

Bildung finden sich ab Seite 21 des Integrationsleitbildes:<br />

http://www.okay-line.at/php/downloads/media/files/<br />

integrationsleitbilddornbirn.pdf<br />

Ein Pilotprojekt welches in der Öffentlichkeit besondere Aufmerksamkeit<br />

erreichte, war ein Sprachkurs für migrantische Mütter<br />

und deren Kinder im Vorkindergartenalter, die in 10 Wochen<br />

á 3 Einheiten. Zwei mehrsprachige Fachpersonen versuchen in<br />

diesem Kurs zum einen den Kindern den Zugang zur deutschen<br />

Sprache zu erleichtern und den Müttern die Wichtigkeit ihrer<br />

Rolle beim Spracherwerb ihrer Kinder zu vermitteln. Die Wirkung<br />

dieser Kurse wurde nicht fundiert erhoben. Einige Rückmeldungen<br />

und Beobachtungen lassen aber Rückschlüsse zu.<br />

Die Anmeldezahlen sind sehr hoch, was darauf hindeutet, dass<br />

zum einen das Angebot gut ankommt und zum anderen auch in<br />

migrantischen Familien die Sensibilität in diesem Thema sehr<br />

hoch ist. Eltern und Kinder bekommen einen frühen Einblick in<br />

pädagogische Einrichtungen und verringern dadurch die Schwellenangst<br />

zum Kindergarten. Sie bekommen einen Einblick in<br />

pädagogisch gutes Spielmaterial und lernen den Umgang mit<br />

Kinderbüchern kennen. Welche Lernwirkung diese Kurse auf den<br />

frühen Erwerb von Deutsch als Zweitsprache hat, ist nicht<br />

bekannt. Laut Rückmeldungen hält sich dieser in Grenzen. Einwenig<br />

irritierend ist bei dieser Konzeption, dass der Eindruck<br />

vermittelt wird, dass die migrantischen Eltern durch diesen Kurs<br />

befähigt werden sollen, dass sie die Verantwortung für den<br />

Deutscherwerb ihrer Kinder übernehmen sollen, was durch die<br />

neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht als empfehlenswert<br />

gilt.<br />

In den Gemeinden Lustenau und Rankweil (Gemeinwesenstelle<br />

Miteinander) haben diese Grundkonzeption übernommen und<br />

weiter entwickelt. So wird zum Beispiel in Lustenau die Zeit dieser<br />

Kurseinheiten genutzt, um Eltern auch Fragen zum Bereich<br />

Gesundheit und Erziehung zu beantworten.<br />

Weitere besondere Angebote im Bereich vorschulische Sprachförderung<br />

für Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache werden<br />

u.a. in Feldkirch, Mäder und Frastanz angeboten.<br />

Nähere Informationen finden sich dazu auf der Homepage von<br />

„okay – zusammen leben“ unter www.okay-line.at unter „Initiativen“<br />

bei den jeweiligen Gemeinden als download.<br />

In Sachen Elternarbeit<br />

Die Erfahrungen aus den oben genannten Projekten mit Eltern-<br />

Kind-Gruppen und die Erfahrungen aus der Umsetzung des<br />

Sprachtickets haben gezeigt, dass es unumgänglich ist, migrantische<br />

Eltern zur aktiven Mitarbeit zu animieren. So wurden zum<br />

Beispiel in Lustenau und Bregenz große Elterninformationsabende<br />

abgehalten (mit Übersetzung), und die Eltern über die<br />

geplanten Sprachfördermaßnahmen in den Einrichtungen informiert<br />

und ihnen nahe gelegt, wie sie diesen Sprachförderprozess<br />

ihres Kindes unterstützen können. Zum Teil wurden ihnen kon-<br />

33<br />

krete Aufgaben übertragen (z.B. bekommen sie Arbeitsblätter<br />

aus den Kindergärten nachhause, anhand denen sie mit ihrem<br />

Kind üben können und immer informiert sind, was im Kindi<br />

gerade läuft.). Es hat sich gezeigt, dass die erste Hürde – nämlich<br />

das Teilnehmen an diesem Abend – für manche Eltern Überwindung<br />

kostet, aber die regelmäßige Unterstützung der Kinder relativ<br />

gut klappt.<br />

2.4<br />

ANDERE PROJEKTE<br />

Neben den oben erwähnten speziellen Initiativen, die sich der<br />

Sprachförderung im Speziellen widmen, gibt es in <strong>Vorarlberg</strong><br />

auch noch einige sehr interessante Projekte, die sich auf<br />

Schülerebene oder auf Erwachsenen Ebene engagieren. Gemeinsam<br />

ist diesen Projekten, dass sie ohne weiteres ihren Nutzen in<br />

der Unterstützung auch auf Kinder im Vorschulalter ausdehnen<br />

könnten und dabei ihr bisher erworbenes Know-How breiter<br />

anwenden könnten:<br />

„eltern.chats“<br />

Anbieter: Verein Katholisches Bildungswerk <strong>Vorarlberg</strong> – Elternbildung<br />

„eltern.chats“ sind Fachgespräche von Eltern für Eltern und<br />

funktionieren nach dem Prinzip einer „Tupperparty“: eine<br />

Moderatorin sucht/findet eine Gastgeberin. Die Gastgeberin lädt<br />

4 – 8 Mütter oder Väter zu sich nach Hause ein. Die Moderatorin<br />

zeigt einen kurzen Film zu einem Thema aus dem Familienalltag<br />

(z. B. Grenzen setzen, Fernsehen, Schule, usw.). Anschließend<br />

diskutieren die Teilnehmerinnen über das Thema und tauschen<br />

ihre Erfahrungen dazu aus.<br />

Derzeit ist ein Pilotprojekt in Dornbirn im Aufbau. Von 8 ModeratorInnen<br />

sind 4 Frauen mit migrantischem Hintergrund. Dieses<br />

sehr niederschwellige Projekt würde sich ausgezeichnet dafür<br />

eignen, dass migrantische Eltern in der frühkindlichen Sprachförderung<br />

(vor allem muttersprachlich) Unterstützung finden.<br />

Kontakt: Frau Wilma Loitz<br />

Quelle: ernst.6900


„Lernhilfe Mütter“<br />

Träger: Ausländerreferat der Diözese Feldkirch<br />

Schon seit fast 15 Jahren besteht dieses Projekt. Im Rahmen einer<br />

Art „nachbarschaftlicher Unterstützung“ geben Privatpersonen<br />

ihre ehrenamtliche Unterstützung an Kinder mit nichtdeutscher<br />

Muttersprache weiter, indem sie sie ein oder zweimal in der<br />

Woche zu sich nachhause einladen, um mit ihnen zu lernen, zu<br />

lesen oder die Hausübungen zu machen. Dieses Projekt funktioniert<br />

nur in Zusammenarbeit mit der Schule und einem „hauptverantwortlichen“<br />

Elternteil (meist Elternverein). Meist haben<br />

die Lernhilfemütter ein eigenes Kind in der gleichen Klasse, wie<br />

das Lernhilfekind, was sich als sehr positiv heraus gestellt habe.<br />

Diese Lernhilfeaktion ist folgenden Grundsätzen verpflichtet: sie<br />

wird ehrenamtlich geleistet und ist für das Lernkind kostenlos.<br />

Das Ausmaß der Lernhilfe wird von den Lernhilfemamas selbst<br />

bestimmt. Die Mitarbeit ist unverbindlich und bringt keine dauernden<br />

Verpflichtungen mit sich.<br />

Derzeit findet dieses Projekt in 7 Gemeinden an 9 Volksschulen<br />

statt. 105 Lernhilfemütter bzw. –väter begleiten 110 Kinder. Die<br />

gesamte Aktion wird vom Land <strong>Vorarlberg</strong> gefördert. Kosten entstehen<br />

für ein Landestreffen pro Jahr (mit Essen) und für ein<br />

Gutscheingeschenk zu Weihnachten für alle HelferInnen.<br />

Die konkreten Ergebnisse und Wirkungen dieser Unterstützung<br />

wurden nie genauer evaluiert. Was sich aber mit großer Sicherheit<br />

sagen lässt, ist, dass durch diese Lernhilfeaktion dauerhafte<br />

soziale Kontakte entstehen – und zwar auf Erwachsenenebene<br />

wie auch auf Kinderebene. Einladungen zu Taufen oder anderen<br />

Familienfesten kommen dadurch zustande.<br />

Dieses Projekt stagniert schon seit einigen Jahren, da von Seiten<br />

der Diözese keine Personalressourcen mehr frei sind, die ein weiteres<br />

Ausbauen ermöglichen würde. Eine finanzielle oder personelle<br />

Unterstützung würde einen weiteren Ausbau in <strong>Vorarlberg</strong><br />

möglich machen. Auch die Idee der „Kinder-Eltern-Patenschaft“<br />

ist auf das Vorschulalter anwendbar.<br />

Kontakt: Paul Nikolic, Diözesanhaus, Feldkirch<br />

INKA – Institut für Interkulturelle Angelegenheiten<br />

– Lernhilfeprojekt<br />

Seit 2004 führt der Verein INKA in verschiedenen Gemeinden<br />

ein weit professionelleres Lernhilfeangebot durch. Dieses wird<br />

vom Land, von den jeweiligen Gemeinden und durch Elternbeiträge<br />

finanziert. Okay-zusammen leben hat die Wirkung dieser<br />

Arbeit evaluiert und für positiv befunden. INKA hat auch bei<br />

zahlreichen vorschulischen Sprachförderprojekten „Starthilfe“<br />

gegeben.<br />

Kontakt: Attila Dincer, INKA, Dornbirn<br />

<strong>SPRACHE</strong><br />

<strong>BILDUNG</strong><br />

<strong>INTEGRATION</strong><br />

34<br />

Lernhilfeprojekte durch türkische<br />

„Selbsthilfeorganisationen“<br />

In verschiedenen Gemeinden bieten inzwischen schon einige<br />

migrantische Selbsthilfeorganisationen Lernhilfe oder andere<br />

Unterstützungen in diesem Bereich an: das Institut Galileo in<br />

mehreren Städten, das Institut Cagri in Hard, der türkische Elternverein<br />

VOTEV mit Sitz in Hohenems. Die Islamischen<br />

Kulturzentren führen in Dornbirn und Hohenems Internate.<br />

In Projekte zur vorschulischen Sprachförderung sind sie bisher<br />

noch nicht eingebunden wurden. Dieses Potential an engagierten<br />

Personen, die natürlich besonders gute Kenntnisse in der türkischen<br />

Muttersprache haben, wäre in der vorschulischen Sprachförderung<br />

vielseitig einsetzbar.<br />

Lehrgang: Interkulturelle Kompetenz,<br />

Bildungshaus Batschuns<br />

Dieser Lehrgang, der schon einige male stattgefunden hat, zielt<br />

auf eine breite Kompetenzentwicklung für interkulturelles<br />

Zusammenleben bei den TeilnehmerInnen ab und widmet sich<br />

sehr intensiv den verschiedenen Themengebieten (z.B.: Dialogfähigkeit<br />

und Konfliktlösungskompetenz, Rassismus und<br />

Antidiskriminierung, Religion, Integrationsmanagement) zu. Der<br />

Lehrgang dauert 8 volle Tage und 4 Abendeinheiten und wird<br />

von allseits anerkannten FachreferentInnen inhaltlich begleitet.<br />

Bisher wurde dieser Lehrgang von Pädagoginnen für Kinder im<br />

Vorschulalter kaum wahrgenommen. Er würde sich besonders<br />

gut als Grundlagenkurs eignen und könnte mit fachspezifischen<br />

Modulen für die jeweilige Anwendungsebene (Kindergarten,<br />

Kleinkindbetreuung, Spielgruppe, etc) noch vertiefend wirken.<br />

Kontakt: Bildungshaus Batschuns, DSA Katharina Unterrainer<br />

„Brückenbauerinnen“: Migrantinnen im Einsatz<br />

für Integration<br />

Es soll ein Pool von Personen aufgebaut werden, die interkulturelle<br />

Dolmetschung leisten können. In der ersten Aufbaustufe<br />

soll dieses Angebot Kinder- und Spielgruppen, Kindergärten und<br />

Volksschulen für deren Elternarbeit mit Eltern migrantischer<br />

Herkunft, die einer Übersetzung der Informationen bedürfen,<br />

angeboten werden. Diese Personen werden für diese Verwendungsgebiete<br />

speziell geschult und müssen folgende Kompetenzen<br />

und Fähigkeiten mitbringen: gute Deutschkenntnisse und<br />

eine für <strong>Vorarlberg</strong> relevante Migrantensprache, gute Systemkenntnisse<br />

<strong>Vorarlberg</strong>s, Kenntnisse der Herkunftskultur von in<br />

<strong>Vorarlberg</strong> lebenden Migrantengruppen, Erfahrung mit Dolmetschung,<br />

etc. Derzeit sind in Pool folgende Sprachen vertreten:<br />

Türkisch, Russisch und Tschetschenisch.<br />

In den weiteren Ausbauschritten des Programms ist geplant, die<br />

Brückenbauerinnen auch für den Aufbau von Beratungsräumen<br />

für Migrantinnen in den Gemeinden einzusetzen, sowie als<br />

Beraterinnen in Sachen frühkindlicher Spracherwerb für Eltern<br />

mit Migrationshintergrund.<br />

Kontakt: okay.zusammen leben; Elizabet Hintner


2.5<br />

BEMERKENSWERTES:<br />

Die Aufstellung von Tabelle 12 zeigt, dass Kinder mit nichtdeutscher<br />

Muttersprache anteilsmäßig erst im Kindergarten voll vertreten<br />

sind. Im Vergleich zu anderen Bundesländern, welche Kinder<br />

generell ab 3 Jahre in die Kindergärten aufnehmen, heißt<br />

dies, dass eine verbindliche und pädagogisch zielgerichtete<br />

Sprachförderung hin zur deutschen Sprache in <strong>Vorarlberg</strong> generell<br />

erst ab 4 Jahren möglich ist. Es sei denn, dass entweder die<br />

Spielgruppen – oder Kleinkindbetreuungseinrichtungen für Kinder<br />

mit nichtdeutscher Muttersprache interessanter werden oder<br />

das Kindergartenalter generell auf 3 Jahre gesenkt wird.<br />

Eine fachliche Betrachtung wie weit die Kinder mit nichtdeutscher<br />

Muttersprache in ihrer Erstsprache entwickelt sind, findet<br />

in der Regel nicht statt.<br />

Derzeit wird die Sprachförderung von Kindern mit nicht deutscher<br />

Muttersprache in den verschiedenen Einrichtungsebenen<br />

stark unterschiedlich gewichtet. Im Kindergarten ist sie spätestens<br />

seit Einführung des Sprachtickets wirklich als alltägliches<br />

Thema präsent. Der pädagogische Fachauftrag zur Sprachförderung<br />

ist dort auch eindeutig gegeben (Bildungs- und Erziehungsplan<br />

des Landes), auch wenn nicht definitiv vorgegeben ist,<br />

welche Intensität dieses Anliegen erhalten soll und mit welchen<br />

Mitteln, welches Ziel erreicht werden soll. Im Bereich der<br />

Spielgruppen und der Kleinkindbetreuungseinrichtungen sind<br />

Bildungsaufträge im klassischen Sinne nicht vorgesehen.<br />

Sprachentwicklung und Sprachförderung nach den neusten wissenschaftlichen<br />

Erkenntnissen wurde in dieser Form in den pädagogischen<br />

Ausbildungen nicht in der Art gelehrt, wie es die jetzige<br />

Situation erforderlich macht. Es ist aber davon auszugehen,<br />

dass pädagogisch gut ausgebildete Personen (z.B. KindergärtnerInnen,<br />

LehrerInnen, ErzieherInnen) auf diesem Grundstock<br />

des pädagogischen Fachwissens leichter dieses Spezialwissen<br />

aufbauen können. Deshalb ist der Umstand, dass in den Einrichtungen<br />

der Spielgruppen und der Kleinkindbetreuungen der<br />

Anteil der anerkannt pädagogisch ausgebildeten Personen lediglich<br />

knapp über einem Drittel liegt. (siehe Tabelle 13) bedeutsam<br />

für die weitere Vorgangsweise – je nachdem welche Rolle diese<br />

Einrichtungsebene spielen soll.<br />

Die Fortbildungsstruktur für das pädagogische Personal ist stark<br />

auf das Engagement des Landes ausgerichtet. Das Kindergarteninspektorat<br />

ist von gesetzeswegen zu Fortbildungsangeboten an<br />

die Kindergärtnerinnen verpflichtet. Die Träger der Kindergärten<br />

haben zusätzlich meistens ein eigenes Fortbildungsbudget für ihr<br />

Personal. Die Fortbildungsressourcen sind im Bereich Spielgruppen<br />

und Kleinkindbetreuung bei weitem nicht so vorhanden.<br />

Obwohl das Budget des Kindergarteninspektorats für Fortbildungen<br />

auch einer gewissen Beschränkung unterliegt, ist es<br />

immer noch weit höher als das für den Bereich der Spielgruppen.<br />

Der Bereich der Kinderbetreuung ist kaum mit direkten Fortbildungsangeboten<br />

versorgt. Die Träger dieser Einrichtungen (meist<br />

kleine Vereine) haben sehr selten ein brauchbares Fortbildungsbudget<br />

für ihre MitarbeiterInnen.<br />

Klare Ziele, was in Sachen Sprachförderung in welcher Einrichtungsebene<br />

geschehen bzw. erreicht werden soll, fehlen weitgehend.<br />

Die Stadtvertretung Hohenems hat in einem Beschluss im<br />

Juni 2006 dies erreicht, in dem sie den Ausbau der Sprachförderung<br />

im Kindergarten beschlossen hat und dabei klar das Ziel<br />

35<br />

formuliert hat, dass Kinder der deutschen Sprache so weit mächtig<br />

sein sollen, dass sie dem Unterricht in der Schule von Anfang<br />

an folgen sollen können.<br />

Engagierte Projekte auf kommunaler Ebene sind seit längerer<br />

Zeit schon vorhanden. Sie entstehen vor allem in Gemeinden und<br />

Städten mit einem großen „Leidensdruck“. Zu deren Konzeption<br />

und dauerhaften Durchführung braucht es offensichtlich eine<br />

engagierte politische Zuständigkeit und genügend Kapazität in<br />

der Verwaltungsebene oder hoch motivierte Personen, die ihr<br />

Projekt aus starkem Eigenantrieb vorantreiben. Auf das ganze<br />

Bundesland <strong>Vorarlberg</strong> bezogen sind dies eher Insellösungen.<br />

Eine gesamthafte Entwicklung auf einem gemeinsam festgehaltenen<br />

Qualitätsstandard ist nicht erkennbar.<br />

Ist der Muttersprachliche Unterricht für Kinder mit nichtdeutscher<br />

Muttersprache in den Schulen seit vielen Jahren ein fester<br />

Bestandteil, so ist dies im Vorschulalter derzeit nicht angeboten.<br />

Quelle: ernst.6900


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3. Kapitel<br />

„Fördern und Fordern“<br />

Das Gesamtkonzept zur Frühen Sprachförderung im Vorschulalter<br />

hat ein klares Ziel. Auch Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache<br />

sollen bis zum Zeitpunkt der Einschulung die deutsche<br />

Sprache so gut beherrschen, dass sie dem Unterricht von Anfang<br />

an gut folgen können. Außerdem soll betont werden, dass die<br />

pädagogische Ausrichtung zur Mehrsprachigkeit in den pädagogischen<br />

Einrichtungen eine wünschenswerte Entwicklung ist.<br />

Wenn das Ziel erreicht werden soll, dass alle Kinder mit nichtdeutscher<br />

Muttersprache genügend Deutschkenntnisse in die<br />

Schule mitbringen, dass sie den deutschsprachigen Unterricht<br />

verstehen, müssen klare und verbindliche Vereinbarungen getroffen<br />

werden. Vereinbarungen an denen alle Betroffenen beteiligt<br />

sind.<br />

Verbindlichkeit in den Vereinbarungen bedeutet auch, dass sich<br />

die Beteiligten gegenseitig unterstützen und Vertragstreue mit<br />

einbringen – ein ausgewogenes Geben und Nehmen ist selbstverständlich.<br />

Ein gezieltes Betrachten, welche Wirkung die gesetzten<br />

Maßnahmen gezeigt haben, ist wünschenswert und notwendig.<br />

So kann eine selbstlernende Bewegung entstehen.<br />

Beteiligte dieses Kontraktes sind<br />

KINDER – ELTERN – PÄDAGOGINNEN –<br />

EINRICHTUNGEN<br />

Bei jeder dieser Beteiligtengruppen soll nun im nachfolgenden<br />

Teil festgehalten werden, welche Vereinbarungen und<br />

Zielsetzung notwendig sind, dass das oben genannte Ziel erreicht<br />

werden kann. Dabei werden zwei Kategorien unterschieden:<br />

„Was ist wünschenswert?“ und „Was ist notwendig?“. Weiters<br />

sollen Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie diese gesetzten<br />

Ziele strukturell unterstützt werden können.<br />

3.1<br />

KINDER MIT NICHTDEUTSCHER<br />

MUTTER<strong>SPRACHE</strong><br />

Ziel: Alle Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache können bis<br />

zum regulären Schuleintritt so gut Deutsch, dass sie dem Unterricht<br />

in der deutschen Sprache problemlos folgen können und<br />

somit ihrer Begabung entsprechen einen erfolgreichen Bildungsweg<br />

vor sich haben.<br />

3.1.1<br />

Kinder von 0 bis 3 Jahre:<br />

Wünschenswert:<br />

Kinder finden von Geburt an ein sprachanregendes Umfeld vor.<br />

Die Eltern sind sich ihrer Aufgabe bewusst, wie wichtig eine<br />

gesicherte Erstsprache für den Erwerb einer Zweitsprache ist.<br />

Kinder erleben es als selbstverständlich, dass sie in einer mehrsprachigen<br />

Gesellschaft aufwachsen und erleben es als positiv,<br />

die Muttersprache und Deutsch als Zweitsprache zu beherrschen.<br />

Kinder bekommen schon in frühen Jahren (1 bis 3 Jahre) alltäglichen<br />

Kontakt zu Kindern mit deutscher Muttersprache.<br />

Kinder bekommen die Möglichkeit noch vor dem Kindergarten<br />

Gruppenerfahrungen zu machen und erleben in diesen Gruppen<br />

eine pädagogisch bewusst gelebte Mehrsprachigkeit.<br />

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36<br />

Notwendig:<br />

Kinder werden vor allem medizinisch darauf hin untersucht,<br />

dass alle Sinnesorgane und sonstigen körperlichen Entwicklungen,<br />

die für einen normalen Spracherwerb notwendig sind, sich<br />

altersgemäß entwickeln<br />

Eine gesicherte Sprachentwicklung in der Muttersprache wird<br />

von einer Fachperson von außen wahrgenommen – falls notwendig,<br />

bekommen die Eltern Unterstützung<br />

strukturelle Unterstützung:<br />

Die bewusste und gezielte Unterstützung der Eltern erfolgt auf<br />

Basis einer verbindlichen Kontaktaufnahme durch dafür geschulte<br />

Personen. „Brückenbauerinnen“ nehmen von sich aus<br />

Kontakt zu den jeweiligen Familien auf. Eine Verknüpfung mit<br />

den medizinisch ausgerichteten Mutter-Kind-Pass Terminen ist<br />

gut vorstellbar.<br />

Damit Kinder in diesem Alter vermehrt Gruppenerfahrungen<br />

machen können, ist es notwendig, dass bestehende Einrichtungen<br />

(Spielgruppen und Kleinkindbetreuungen) sich bewusster<br />

auf diese Nutzergruppe vorbereiten und ihr Angebot in diese<br />

Richtung weiter entwickeln. Dies soll von kompetenter Landesstelle<br />

begleitet und forciert werden.<br />

Die Gründung von muttersprachlich ausgerichteten Spielgruppen<br />

mit einem gezielten Angebot für Deutsch als Zweitsprache<br />

ist wünschenwert.<br />

3.1.2<br />

Kinder von 3 bis 6 Jahren:<br />

Wünschenswert:<br />

Kinder knüpfen alltägliche Kontakte (in Gruppen und privat)<br />

mit Kindern deutscher Muttersprache<br />

Kinder erleben sich in einer Atmosphäre, die eine gesicherte<br />

Entwicklung ihrer Erst- und Zweitsprache zulassen<br />

Notwendig:<br />

Kinder erfahren eine verbindliche und regelmäßige<br />

Sprachförderung in einer dafür ausgebildeten und ausgestatteten<br />

pädagogischen Einrichtung. (Die Träger von Kindergärten achten<br />

darauf, dass Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache sicher<br />

den Kindergarten besuchen).<br />

Kinder nehmen verbindlich an den angebotenen<br />

Sprachfördermaßnahmen teil.<br />

Kinder erleben eine aktive Zusammenarbeit von Kindergarten<br />

und Elternhaus in dem es sieht, dass Informationen ausgetauscht<br />

werden und die Eltern sich aktiv in den<br />

Sprachförderprozess einbringen.<br />

Eine muttersprachliche Sprachstandfeststellung erfolgt verbindlich<br />

beim Eintritt in den Kindergarten und wird den Eltern rükkgemeldet.<br />

Falls notwendig, wird ihnen Unterstützung in der<br />

gezielten Weiterentwicklung der muttersprach-lichen Fähigkeit<br />

ihres Kindes gegeben.<br />

Eine Sprachstandbeobachtung in Bezug auf die<br />

Sprachentwicklung in der deutschen Sprache wird vom<br />

Kindergartenpersonal zweimal pro Jahr durchgeführt.<br />

Wenn es notwendig erscheint, soll eine externe spezialisierte<br />

Förderung einmal pro Woche dem Kind Unterstützung bieten.<br />

Strukturelle Unterstützung:<br />

siehe Eltern und Pädagogik.


-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

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-<br />

-<br />

-<br />

3.2<br />

ELTERN MIT MIGRANTISCHEM HINTERGRUND<br />

Ziel: Eltern sind sich ihrer begleitenden Rolle im Spracherwerb<br />

ihres Kindes bewusst. Vor allem der gesicherte Erwerb der Muttersprache<br />

ist für sie ein Anliegen und auch beim Erwerb der<br />

deutschen Sprache als Zweitsprache für ihr Kind sind sie sich<br />

ihrer Vorbildrolle klar und tragen aktiv zur Unterstützung dieses<br />

Zweitspracherwerbes bei.<br />

Wünschenswertes:<br />

Die Eltern interessieren sich von sich aus für die Möglichkeiten<br />

zur Unterstützung des Spracherwerbes (sowohl muttersprachlich<br />

wie auch in Deutsch als Zweitsprache)<br />

Sie wissen, dass sie wesentlich dazu beitragen können, welche<br />

Grundlagen zum Spracherwerb ihr Kind in sich entwickelt<br />

(siehe Modell – Sprachbaum)<br />

Sprachlustförderung, Bilderbücher, Geschichten erzählen und<br />

vorlesen sind für sie bewusste und alltägliche Bestandteile in<br />

der Familie<br />

Ihr Vorbild im Umgang mit der deutschen Sprache führt auch<br />

bei ihnen zu einem Interesse am Erwerb dieser Sprache<br />

Sie trachten danach, dass ihr Kind schon frühzeitig Kontakt zu<br />

Kindern mit deutscher Muttersprache bekommen (z.B. offene<br />

Nachmittage in Eltern-Kind-Zentren oder Spielgruppen)<br />

Notwendiges:<br />

Eltern nehmen aktiv und interessiert an den<br />

Informationsmöglichkeiten zur Spracherwerbsförderung ihres<br />

Kindes teil (Brückenbauerinnen, Mutter-Kind-Pass)<br />

Eltern verpflichten sich zur aktiven Zusammenarbeit mit den<br />

pädagogischen Einrichtungen – spätestens im Kindergarten wird<br />

ein Kooperationsvertrag zwischen Kindergarten und Eltern abgeschlossen.<br />

Diesem liegt ein klares Aufgabenprofil bei, welche<br />

Aufgaben der Kindergarten übernimmt und welche Aufgaben<br />

Sache der Eltern ist (Muttersprachliche Entwicklung, regelmäßiges<br />

Üben anhand der Arbeitsmaterialien vom Kindergarten, etc)<br />

Regelmäßige Elterngespräche (anfangs alle 2 Monate, dann einmal<br />

im Halbjahr) mit dem Inhalt der Sprachentwicklung ihres<br />

Kindes und Festlegung der zu treffenden nächsten Schritte. Besprechung<br />

der Ergebnisse der Sprachstandbeobachtung.<br />

Strukturelle Unterstützung:<br />

Aufbau eines Pools von Brückenbauerinnen in jeder Gemeinde,<br />

die im Sinne einer Gemeinwesentätigkeit verbindliche Kontakte<br />

zu Migrantenfamilien pflegen und auch das Thema Sprachförderung<br />

und Sprachentwicklung als wesentlich mitbeachten.<br />

Aufbereitung von Informationsmaterial und<br />

Informationsschienen zum Thema. Dabei werden bestehende<br />

Ressourcen mitgenutzt (siehe: migrantische Selbsthilfeinstitutionen)<br />

oder neue Ressourcen geschaffen (Eltern-Kind-Treff für<br />

Migrantinnen, eltern.chat oder IFS-Projekt „Kinder brauchen Antworten“<br />

speziell für migrantische Eltern angebotene Elterntreffs<br />

und Elternhocks wurden bisher in Lustenau und Nenzing angeboten)<br />

Gezielte Elternkooperationsgruppen in den Kindergärten errichten<br />

(Bsp. Elternverein VS-Augasse Bregenz oder Initiative „Eltern.Schule“<br />

der Bregenzer Hauptschulen und Elternvereine)<br />

Bewusstes Miteinbinden von migrantischen Frauen in bestehende<br />

familienunterstützende Einrichtungen (Vereinsvorstände für<br />

Eltern-Kind-Zentren, Spielgruppen, Kleinkindbetreuungen)<br />

Modelle wie das Lernhilfemütter-Projekt der Diözese werden<br />

adaptiert für ein Patenschaftsmodell in den Kindergärten. (siehe<br />

auch Erfahrungen von deutschen Lernhilfeprojekten mit Elternbeteiligung.<br />

4.6.2)<br />

-<br />

-<br />

37<br />

Einführung von verbindlichen Kooperationsverträgen zwischen<br />

Kindergarten und Eltern mit dazu gehörigem Aufgabenprofil.<br />

Koppelung an Familienleistungen<br />

3.3<br />

PÄDAGOGINNEN UND PÄDAGOGEN<br />

3.3.1<br />

Pädagoginnen und Pädagogen in Kleinkindbetreuungen<br />

und Spielgruppen (für Kinder bis 3 Jahre)<br />

Ziel: Die vorkindergartlichen pädagogischen Einrichtungen sind<br />

fixer Bestandteil im Konzept der Sprachförderung im Vorschulalter.<br />

Sie werden von Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache<br />

gleich oft in Anspruch genommen, wie später die Kindergärten.<br />

Als „Eingangspforte“ in den öffentlichen Bildungsbereich bekommen<br />

diese Einrichtungen einen klar definierten Auftrag und<br />

dem Personal werden die notwendigen fachlichen Ressourcen<br />

(Fortbildung, Unterstützungspersonen, Brückenbauerinnen, etc.)<br />

zur Verfügung gestellt.<br />

Wünschenswertes:<br />

- Die PädagogInnen im Vorkindergartenbereich nehmen die Möglichkeiten<br />

zur Unterstützung der Sprachentwicklung von Kindern<br />

mit nichtdeutscher Muttersprache aktiv war.<br />

- Sie sind fachliche Ansprechpersonen für deren Eltern und bieten<br />

ihnen offensiv Unterstützung und Informationen an.<br />

- Die Feststellung der muttersprachlichen Entwicklung eines<br />

Kindes wird wenn möglich für Kinder ab 3 Jahre organisiert.<br />

- Die Pädagoginnen in diesen Einrichtungen gehen bewusst auf<br />

die pädagogischen Aufgaben zu und entwickeln ihre Einrichtungen<br />

zu einer standardisierten mehrsprachigen Einrichtung.<br />

- Die Pädagoginnen bieten ihre Einrichtungen ganz gezielt für<br />

Familien mit migrantischem Hintergrund an und benennen die<br />

dafür notwendigen „Serviceleistungen“.<br />

Notwendiges:<br />

- Solange in <strong>Vorarlberg</strong> der Kindergarten im Regelfall Kinder erst<br />

ab 4 Jahren anspricht, müssen die Spielgruppen aber vor allem<br />

die Kleinkindbetreuungseinrichtungen (aufgrund der längeren<br />

Anwesenheitszeit pro Woche und aufgrund der intensiveren Zusammenarbeit<br />

mit den Eltern, etc.) einen aktiven Part in der vorschulischen<br />

Sprachförderung übernehmen.<br />

- Dazu sind notwendige Standards zu entwickeln:<br />

- Die Einrichtungen stellen sich auf einen höheren Anteil von<br />

Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache ein.<br />

- Die Pädagoginnen bilden sich gezielt weiter, um ein alltäglich<br />

mehrsprachiges Angebot in ihre Einrichtungen einzubauen<br />

- Die Pädagoginnen werden gezielt und umfassend geschult,<br />

in den Themen<br />

- Sprachentwicklung in der Erstsprache<br />

- Sprachentwicklung in der Zweitsprache<br />

- Sprachförderung in Deutsch als Zweitsprache<br />

- Elternunterstützung<br />

-<br />

Die Feststellung der muttersprachlichen Entwicklung wird bei<br />

jedem Kind mit nichtdeutscher Muttersprache ab 3 Jahren in<br />

den Einrichtungen organisiert und dokumentiert. Das Ergebnis<br />

wird mit den Eltern besprochen und falls notwendig konkrete<br />

Hilfestellung angeboten, wie die Eltern die muttersprachliche<br />

Sprachentwicklung ihres Kindes fördern können und wie sie das<br />

Kind auch in der Familie auf eine permanente Mehrsprachigkeit<br />

vorbereiten können.


-<br />

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-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

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-<br />

-<br />

-<br />

Strukturelle Unterstützung:<br />

Es müssen gezielte und umfassende Fortbildungsmöglichkeiten<br />

für Mitarbeiterinnen in diesen Einrichtungen für die oben<br />

genannten Themen angeboten werden.<br />

Der Anteil von anerkannt pädagogischen MitarbeiterInnen in<br />

den Kleinkindbetreuungseinrichtungen soll gesteigert werden.<br />

Die Möglichkeit für Spielgruppenpädagoginnen, sich mit einem<br />

berufsbegleitenden Lehrgang auf ein anerkanntes pädagogisches<br />

Niveau weiterzubilden, ist eine empfehlenswerte Variante.<br />

Der Anteil von pädagogisch tätigen Mitarbeiterinnen mit nichtdeutscher<br />

Muttersprache soll massiv gesteigert werden. (Ein Landespool<br />

für mobile Unterstützungspädagoginnen ist vorstellbar.)<br />

Es muss eine Landesstelle mit Personen geschaffen werden,<br />

welche eine muttersprachliche Sprachstandsfeststellung machen<br />

können.<br />

Grundsätzlich müssen diese Einrichtungen bei migrantischen<br />

Familien bekannter gemacht werden und deren wichtige pädagogische<br />

Bedeutung für ihr Kind hervorgehoben werden.<br />

Vor allem die Kinderbetreuungseinrichtungen brauchen einen<br />

inhaltlich und fachlich klar definierten Auftrag in diesem Themenkomplex.<br />

Es wird eine klar definierte Kooperation zwischen Kinderbetreuung<br />

und Kindergarten aufgebaut, die eine homogene Übergabe<br />

der Kinder von einer in die andere Einrichtung möglich<br />

macht. Die gemachten und notwendigen Sprachentwicklungsdokumentationen<br />

werden an die Nachfolgeeinrichtung inhaltlich<br />

weitergereicht.<br />

3.3.2<br />

Pädagoginnen und Pädagogen in Kindergärten<br />

(für Kinder bis zum Schuleintritt)<br />

Ziel: Die Pädagoginnen und Pädagogen in den Kindergärten<br />

haben den klaren Auftrag, die Sprachentwicklung der Kinder mit<br />

nichtdeutscher Muttersprache soweit zu fördern, dass diese die<br />

Deutsche Sprache bis zum Schuleintritt so gut beherrschen, dass<br />

sie dem Unterricht problemlos folgen können. Dieser Auftrag ist<br />

dem Personal klar kommuniziert (von Landes und Gemeindeebene).<br />

Das Personal ist fachlich ausgezeichnet weitergebildet<br />

worden, kennt mehrere pädagogische Konzepte zur Sprachförderung,<br />

beherrscht die Anwendung des SISMIK – Beobachtungsbogens<br />

und hat klare Qualitätsstandards vor Augen, wie die<br />

Zusammenarbeit mit den migrantischen Eltern aussieht. Die muttersprachliche<br />

Sprachstandsfeststellung wird zu Beginn der Kindergartenzeit<br />

garantiert. Sowie ein homogener Übergang von<br />

Spielgruppe/Kleinkindbetreuung zum Kindergarten gemacht<br />

wird, verläuft die Übergabe der Kinder an die Volksschule in<br />

einer fachlich weit entwickelten Form der Kooperation.<br />

Wünschenswertes:<br />

Alle Kindergartenpädagoginnen betrachten den Spracherwerb<br />

der deutschen Sprache als große und lustvolle Herausforderung<br />

und bekommen genügend Unterstützung von außen, damit sie<br />

dieser Aufgabe beherzt begegnen können.<br />

Die BAKIP gibt diesem Themenbereich eine so große Beachtung,<br />

wie es ihm in seiner Wichtigkeit zusteht.<br />

Das landesweite Fortbildungsangebot gibt allen KindergartenpädagogInnen<br />

die Möglichkeit, sich fundiert und umfassend<br />

nachzubilden.<br />

Die Unterstützung der migrantischen Eltern und deren Einbindung<br />

in die Sprachförderung der Deutschen Sprache werden zur<br />

großen Selbstverständlichkeit. Es gibt dazu genügend Praxisbeispiele<br />

und Unterstützungsunterlagen.<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

38<br />

Es werden Kooperationsstellen eingerichtet, die einen alltäglichen<br />

Austausch von Erfahrungen und Methoden und<br />

Materialien auf Selbsthilfebasis möglich machen.<br />

Das Erlernen von „Brückensätzen“ in den notwendigen verschiedenen<br />

Muttersprachen ist ein leicht zugängliches Angebot<br />

Notwendiges:<br />

Die Pädagoginnen und Pädagogen in den Kindergärten haben<br />

den klaren Auftrag, die Sprachentwicklung der Kinder mit<br />

nichtdeutscher Muttersprache soweit zu fördern, dass diese die<br />

Deutsche Sprache bis zum Schuleintritt so gut beherrschen,<br />

dass sie dem Unterricht problemlos folgen können. Sowohl die<br />

Gemeinden (Träger) und das Land (pädagogische<br />

Verantwortungsebene) stellen diesen Auftrag klar.<br />

Es gibt Standardisierungseckpunkte, welche landesweit<br />

Gültigkeit haben:<br />

- muttersprachliche Sprachstandsfeststellung spätestens mit<br />

Eintritt in den Kindergarten<br />

- ab Oktober/November wird mit allen 3jährigen Kindern halbjährlich<br />

der SISMIK-Beobachtungsbogen gemacht, das Er-<br />

gebnis dokumentiert und mit den Eltern durch besprochen.<br />

- phonetische Abtestung im ersten Kiga-Jahr (verbindliche<br />

Teilnahme am VBB für alle Kinder)<br />

- alle migrantische Eltern werden noch vor Kindergartenbeginn<br />

im Rahmen eines Elternabends auf die notwendige<br />

Kooperation zwischen Kindergarten und Eltern vorbereitet<br />

und detailinformiert. Gegenseitige Erwartungen und Verpflichtungen<br />

ausgesprochen und vereinbart. Die definitive<br />

Kooperation wird mit einem „Kooperationsvertrag“ festge<br />

legt.<br />

- in jeder Kindergartengruppe wird ein anerkanntes Sprachentwicklungs-programm<br />

als Grundlage ganz jährig verwendet<br />

und gegenüber der pädagogischen Fachaufsicht bekannt gemacht.<br />

Dies ergibt einen direkten Nutzen für gezielte Vertiefungsfortbildungen.<br />

Es gibt eine standardisierte laufende Dokumentation über die<br />

Sprachentwicklung des Kindes, die bei einem etwaigen Gruppenwechsel<br />

mit dem Kind weitergereicht wird.<br />

Es gibt eine frühzeitige und fachlich hoch stehende Kooperation<br />

zwischen Kindergarten und Volksschule.<br />

Es gibt einen landesweiten Pool von PädagogInnen, die eine<br />

sehr spezialisierte Zusatzausbildung in Sachen Sprachförderung<br />

und Interkulturelle Pädagogik absolviert haben. Diese „SpezialistInnen“<br />

stehen allen Kindergartengruppen zur Unterstützung<br />

zur Verfügung.<br />

Strukturelle Unterstützung:<br />

Fortbildungen für Pädagoginnen sind auf drei Ebenen bereitzustellen:<br />

alle KindergartenpädagogInnen bekommen im Rahmen ihrer<br />

Grundausbildung (BAKIP) bezüglich:<br />

- interkulturelle Pädagogik (Grundlagen)<br />

- anerkannten und erprobten Sprachförderprogrammen<br />

- pädagogischer Aufbau einer alltäglichen Mehrsprachigkeit in<br />

der Kindergartengruppe<br />

- SISMIK – Beobachtungsbogen<br />

- Elternarbeit und Elternkooperation<br />

- phonetische Testung und Übungen für Kinder im speziellen<br />

für Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache<br />

- standardisierte Dokumentation für die Sprachentwicklung der<br />

Kinder


-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

- Angebote, welche, solange dies im Lehrplan noch nicht veran<br />

kert ist, als Zusatzqualifikationslehrgang an der Schule angeboten<br />

werden.<br />

alle KindergartenpädagogInnen absolvieren ein intensives<br />

Fortbildungsprogramm (Modulzyklus) mit folgenden Inhalten:<br />

- interkulturelle Pädagogik (Grundlagen)<br />

- intensive Schulung zu den Themen Sprachentwicklung und<br />

Sprachförderung in der Erst- und Zweitsprache<br />

- das Erlernen von Brückensätzen in alltäglich vorhandenen<br />

Sprachen<br />

- anerkanntes und erprobtes Sprachförderprogramm wird ge-<br />

lernt, geübt und zur gesicherten Anwendung gebracht<br />

- SISMIK – Beobachtungsbogen<br />

- Elternarbeit und Elternkooperation<br />

- phonetische Testung und Übung für Kinder im speziellen für<br />

Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache<br />

- standardisierte Dokumentation für Sprachentwicklung der<br />

Kinder<br />

- u.ä.<br />

Die Absolvierung dieses Fortbildungsprogramms wird als<br />

Befähigungsnachweis zertifiziert und gilt als fachliche<br />

Zusatzqualifikation. Die Gemeinden verpflichten sich, dass in<br />

einem Zeitraum von drei Jahren in jeder Kindergartengruppe<br />

mindestens eine Pädagogin ist, die diese Zusatzqualifikation<br />

erworben hat.<br />

Bei der Zusammensetzung der Lehrgangsgruppen ist darauf zu<br />

achten, dass die Pädagoginnen aus der selben Region stammen.<br />

Damit entsteht die Möglichkeit, dauerhafte regionale<br />

Kooperationsgruppen einzurichten.<br />

Ein Landespool an mobilen Fachkräften, welche auf interkulturelle<br />

Pädagogik und auf Sprachförderung für Kinder mit nichtdeutscher<br />

Muttersprache spezialisiert und ausgebildet sind:<br />

- Ein eigener Lehrgang soll für diese Personen angeboten werden:<br />

Persönliche Fähigkeiten und Einstellungen + Grundlagenwissen<br />

+ Fertigkeiten und Methoden sollen in Summe eine<br />

hohe interkulturelle Handlungskompetenz ergeben.<br />

Grundlageninhalte zum Thema Migration, interkulturelle Aspekte,<br />

interreligiöse Aspekte (siehe Interkultureller Lehrgang im<br />

Bildungshaus Batschuns), usw.<br />

Zusatzmodule zu den Themen<br />

- Sprachentwicklung – Sprachförderung<br />

- spezielle Begleitung von einzelnen Kindern<br />

- Elternarbeit – Moderation von Veranstaltungen<br />

- Sprachstanderhebung (muttersprachlich und deutsch)<br />

Generell soll die Möglichkeit geschaffen und gesucht werden,<br />

dass geeignete Personen mit verschiedenen Muttersprachen in<br />

die pädagogische Arbeit in Kindergärten mit eingebunden werden.<br />

(als fixe Angestellte oder vor allem im Landespool)<br />

Landespool besteht aus mobilen Fachpersonen, die regelmäßige<br />

oder punktuelle Unterstützung in Kinderbetreuungsgruppen<br />

oder Kindergartengruppen mit einbringen. Mehrsprachige Personen<br />

sind besonders gefragt. Die muttersprachliche Sprachstandfeststellung<br />

gehört zu den Kernaufgaben dieser Personen.<br />

Kooperationsverträge mit Eltern in denen zum einen klargestellt<br />

wird, was im Kindergarten geleistet werden wird und zum ande-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

39<br />

ren auch klargestellt wird, welche Unterstützung in die Sprachförderung<br />

die Eltern einbringen.<br />

Entwicklung einer standardisierten Form der Dokumentation für<br />

Sprachentwicklung<br />

3.4<br />

EINRICHTUNGEN UND INSTITUTIONEN<br />

Ziel: Alle beteiligten Fachstellen sind miteinander vernetzt und<br />

koordiniert. Die notwendigen Aufgaben sind so aufgeteilt, dass<br />

eine landesweit flächendeckende Sprachentwicklung und<br />

Sprachförderung gewährleistet ist. Eine Landeskoordinationsstelle<br />

übernimmt die Gesamtverantwortung und ist die bekannte<br />

Servicestelle und Informationsdrehscheibe für alle definierten<br />

Aufgaben. Die Verbindlichkeit der übernommenen (oder zugeteilten)<br />

Aufgaben ist geknüpft an Jahrestätigkeitsberichte und<br />

externe Evaluation. Eventuelle Fördermittel stehen damit in<br />

Verbindung.<br />

Wünschenswert:<br />

eine offene und engagierte Haltung diesem Thema gegenüber<br />

führt zu einer neugierigen und tatkräftigen Auseinandersetzung<br />

im ganzen Land<br />

die kernkompetenten Einrichtungen stellen ihr Wissen für andere<br />

zur Verfügung<br />

alle Lebensbereiche, die alltäglichen Kontakt mit migrantischen<br />

Kindern und Familien haben oder haben können, sind in dieses<br />

Netz mit eingebunden (Vereine, Büchereien, Museen,<br />

Freizeiteinrichtungen, etc.)<br />

Notwendigkeit:<br />

eine Landesstelle mit Gestaltungskompetenz ist einzurichten<br />

oder zu bestimmen<br />

- diese Landesstelle übernimmt die Gesamtkoordination und<br />

Gesamtverantwortung für den Bereich der Sprachförderung für<br />

Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache<br />

- Arbeitskreise koordinieren spezielle Aufgabenfelder<br />

- Elternbildung – Brückenbauerinnen<br />

- pädagogisch fachliche Tätigkeiten<br />

- betroffene Lebensbereiche gestalten<br />

- Regionale Kooperationsgruppen werden aufgebaut, auf den<br />

Ebenen der<br />

- Gemeindeverwaltung<br />

- Kindergartenleitung<br />

- speziellen SprachförderInnen<br />

- Landesweite Kooperationsgruppe wird installiert mit<br />

- Kiga-Inspektorat<br />

- Familypoint<br />

- Servicestelle für Spielgruppen<br />

- Abteilung II<br />

- bestehende Einrichtungen im Land erweitern ihr Angebot im<br />

notwendigen Maße aus, damit alle Aufgaben erfüllt werden.<br />

- es findet eine jährliche Evaluation der geleisteten Arbeit statt,<br />

die sich besonders darauf konzentriert, mit welchen<br />

Deutschsprachkenntnissen Kinder mit nichtdeutscher<br />

Muttersprache in die Schule kommen.<br />

-<br />

es ist besonders darauf zu achten, dass Einrichtungen von<br />

Menschen mit migrantischem Hintergrund miteingebunden werden<br />

und fixe Aufgaben übernehmen.


-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

Zu diesen Einrichtungen können zählen:<br />

Arbeiterkammer<br />

katholische Kirche<br />

- Lernhilfemütter<br />

- eltern.chat<br />

Bildungsträger - Bildungshäuser<br />

- Bildungshaus Batschuns<br />

- Volkshochschule<br />

- Arbogast<br />

- Schloss Hofen<br />

private Anbieter<br />

- INKA<br />

- Galileo<br />

- VOTEV<br />

islamisches Kulturzentrum<br />

andere türkische Verbände<br />

Türkische Botschaft<br />

Strukturelle Unterstützung:<br />

siehe oben genannte Notwendigkeiten<br />

Quelle: ernst.6900<br />

40


4. Kapitel:<br />

„Gute Praxismodelle“<br />

4.1<br />

SPRACHFÖRDERMETHODEN<br />

Das Angebot an Sprachfördermethoden zum Erwerb der deutschen<br />

Sprache als Zweitsprache für Kinder im Vorschulalter ist<br />

inzwischen wirklich sehr groß. Neben renommierten Fachinstituten<br />

haben sich besonders die einzelnen deutschen Bundesländer<br />

sehr engagiert und Sprachfördermodelle entwickelt bzw. entwickeln<br />

lassen, die sie nun den Pädagoginnen in den Kindertagesstätten<br />

anbieten. Ganz prinzipiell unterscheiden sich die einzelnen<br />

Angebote nicht wesentlich. Sie achten die jüngsten wissenschaftlichen<br />

Erkenntnisse und sind darauf aufgebaut, dass ein<br />

kontinuierliches und alltägliches Sprachförderangebot in den<br />

Gruppen stattfindet. Bemerkt werden soll, dass diese Sprachfördermodelle<br />

natürlich allen Kindern in den Gruppen Nutzen stiften<br />

– den Kindern mit deutscher Muttersprache genauso wie den<br />

Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache.<br />

In der nachstehenden Aufstellung (die kein Anspruch auf<br />

Vollständigkeit erhebt) sind nur solche Modelle enthalten, die auf<br />

der einen Seite auch Schulungsmaßnahmen für das pädagogische<br />

Personal anbieten und auch alltagstaugliches Material mitentwikkelt<br />

haben.<br />

4.1.1<br />

„Würzburger Koffer“ – „Hören, lauschen, lernen<br />

mit den Würzburger Trainingsprogrammen“<br />

entwickelt von der Universität Würzburg, Institut für Psychologie<br />

Alle Programme unter:<br />

http://www.phonologische-bewusstheit.de/programm.htm<br />

Die Trainingsprogramme sind für folgende 5 Anwendungskreise<br />

konzipiert:<br />

- Das Gruppentraining mit dem Würzburger Trainingsprogramm<br />

nach dem Arbeitsbuch „Hören, lauschen, lernen“ (Petra Küspert,<br />

Wolfgang Schneider: „Hören, lauschen, lernen“, Arbeitsheft und<br />

Arbeitsmate-rial, Verlag; Vandenhoeck & Ruprecht, ISBN 3-525-45841-X)<br />

- Die Multimediaversion des Würzburger Trainingsprogramm zur<br />

phonologischen Bewussheit<br />

- Das Sprachprogramm zur Buchstaben – Laut – Verknüpfung<br />

- Das Übungsprogramm Lauschen, reimen, Silben trennen<br />

- Das Übungsprogramm Sätze, Wörter, Laute<br />

Das Gruppentraining nach dem Arbeitsbuch „Hören, lauschen,<br />

lernen“ besteht aus sechs Übungseinheiten (mit insgesamt 57<br />

Spielen), die inhaltlich aufeinander aufbauen. Die Spiele dieser<br />

Übungseinheiten verfolgen das Ziel, den Vorschulkindern Einblick<br />

in die Lautstruktur der gesprochenen Sprache zu vermitteln.<br />

Im Vordergrund steht die akustische Diskrimination bzw.<br />

Abstraktion sprachlicher Segmente wie Wörter, Reime, Silben<br />

und Phoneme. Es geht dabei um eine Förderung der Vorläuferfertigkeit<br />

phonologische Bewusstheit und nicht um das vorgezogene<br />

Lesen- und Schreibenlernen! Das Programm ist mit vielen<br />

Bildern, Bewegungs- und Singspielen sehr spielerisch gestaltet<br />

und will den Kindern nicht nur Einblick in die Welt der Laute,<br />

sondern auch Freude im Umgang mit der Sprache vermitteln.<br />

Dieses Programm bezieht sich auf alle Kinder der Gruppe, egal<br />

welche Erstsprache sie erlernt haben. Ein gezieltes Zusatzprogramm<br />

für Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache lässt sich<br />

ganz leicht ergänzen. Weiters lässt es sich sehr gut mit dem<br />

Bielefelder Sprachscreening kombinieren. Eintägige Personal-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

41<br />

schulungen werden für dieses Programm von mehreren Fortbildungsträgern<br />

angeboten. Die direkte und nahe Zusammenarbeit<br />

mit Eltern ist in diesen Modellen mitberücksichtigt:<br />

Unterstützung der Fördermaßnahmen durch die Eltern<br />

Die Multimediaspiele aus den Übungsprogrammen Lauschen,<br />

Reimen, Silben trennen und Sätze, Wörter, Laute bieten die Möglichkeit,<br />

Fördermaßnahmen bei Vorschulkindern und Kindern in<br />

den Eingangsklassen von Grund- und Sonderschulen sowie in<br />

Praxen durch ein zusätzlichen Üben zu Hause zu unterstützen.<br />

Dies kann allen Kindern helfen und sie zusätzlich motivieren,<br />

kann aber vor allem bei Kindern mit Defiziten in phonologischer<br />

Bewusstheit eine wertvolle Unterstützung sein. Hinweise, wie<br />

man die Übungsprogramme am Besten zur Unterstützung des<br />

Gruppentrainings einsetzt, enthält das Handbuch zur Multimediaversion.<br />

Eine an der Universität Würzburg durchgeführte Akzeptanzstudie<br />

mit den Programmen brachte bei 28 Eltern mit Vorschulkindern<br />

u.a. folgende Ergebnisse:<br />

25 Anwender hielten die Programme für die Kinder für sehr gut<br />

bis gut geeignet, zwei für mittelmäßig und einer für wenig<br />

geeignet<br />

26 Anwender gaben an, dass die Multimediaspiele den Kindern<br />

sehr großen bis großen Spaß gemacht hatten<br />

27 Kinder gaben an, dass ihnen die Spiele mit dem Hamster gut<br />

gefallen hatten; ein Kind gab eine mittlere Einschätzung<br />

20 Kinder gaben an, dass sie die Spiele gut verstanden hatten, 7<br />

Kinder gaben eine mittlere Einschätzung und ein Kind gab an,<br />

es hätte die Spiele nicht gut verstanden<br />

-<br />

“Der Hamster” wurde überwiegend positiv beurteilt (24 gut; 4<br />

mittel) und die Frage nach dem Wunsch, die Spiele öfter zu<br />

spielen wurde von 21 Kindern bejaht, 6 gaben „vielleicht“ an<br />

und ein Kind „nein“<br />

Sprachförderung gewinnt stärkere Bedeutung (Text: Caritas)<br />

Würzburger Trainingsprogramm für Kindergärten - vom Informationsdienst<br />

der Diözese Speyer (www.bistum-speyer.de)<br />

Speyer (11.12.2003). Die katholischen Kindergärten im Bistum Speyer fördern<br />

verstärkt die Sprachentwicklung. Rund ein Drittel der 267 katholischen<br />

Kindertagesstätten haben in diesem Jahr das Würzburger Trainingsprogramm<br />

eingeführt. Das von der Universität Würzburg entwickelte<br />

Trainingspro-gramm verbessert das Sprachgefühl der Kinder und beugt<br />

Schwierigkeiten beim Lesen- und Schreibenlernen vor. Durch tägliche<br />

Übungen lernen die Kinder, auf den Klang von Lauten, Silben und Wörtern<br />

zu achten. Dabei spielen Lauschübungen und Reime eine wichtige Rolle.<br />

“Die Kinder lernen nicht Buchstaben, sondern das genaue Hinhören”,<br />

erläutert Stephan Rieder von der Erziehungsberatungsstelle des<br />

Caritasverbandes in Germersheim.<br />

Das Thema Sprachförderung stößt bei den katholischen Kindergärten auf<br />

großes Interesse. Bei Fortbildungen in Neustadt und Pirmasens informierten<br />

sich Anfang Dezember rund 100 Erzieherinnen und Erzieher über die<br />

theoretischen Grundlagen und den praktischen Einsatz des Würzburger<br />

Trainingsprogramms. “Gerade Kinder, die kurz vor der Einschulung stehen,<br />

sind sehr aufnahmefähig”, hat Katharina Scherer, Leiterin der Kinder-


-<br />

-<br />

stätte Arche Noah Ludwigshafen, beobachtet. “Durch das Würzburger<br />

Trainingsprogramm hat sich nicht nur ihr Sprachgefühl, sondern auch ihre<br />

Konzentrationsfähigkeit verbessert. Die Kinder können länger und besser<br />

zuhören”, berichtet sie.<br />

Für Johanna Schmitterer-Schneider, Fachberaterin für die katholischen<br />

Kindertagesstätten beim Caritasverband für die Diözese Speyer, stellt das<br />

Würzburger Trainingsprogramm eine Chance dar, den Kindern den Übergang<br />

in die Schule zu erleichtern und der Zusammenarbeit zwischen<br />

Kindergarten und Grundschule neue Impulse zu geben. “Viele Lehrer<br />

bestätigen, dass Kinder, die am Würzburger Trainingsprogramm teilgenommen<br />

haben, leichter lesen und schreiben lernen.” Im nächsten Jahr<br />

werden etwa 90 katholische Kindergärten im Bistum Speyer das<br />

Würzburger Trainingsprogramm einführen, so Johanna Schmitterer-<br />

Schneider.<br />

In <strong>Vorarlberg</strong> gibt es einige Kindergartenpädagoginnen, die sich<br />

methodisch an den Würzburgerkoffer anlehnen.<br />

4.1.2<br />

Projekt „Frühstart“ und „Wir verstehen uns gut“<br />

Gemeinnützige Hertie-Stiftung, Grüneburgweg 105, 60323 Frankfurt<br />

Herbert-Quandt-Stiftung, Am Pilgerrain 15, 61352 Bad Homburg<br />

Türkisch-Deutsche Gesundheitsstiftung e.V., Friedrichstr. 13, 35392<br />

Gießen<br />

Verantwortlich: Diplom-Pädagogin Mehtap Sanli, c/o Türkisch-Deutsche<br />

Gesundheitsstiftung e.V., Friedrichstr. 13, 35392 GießenIm Internet<br />

unter: http://www.projekt-fruehstart.de/frames2.php<br />

Erzieherinnen in Kindergärten mit hohem Zuwandereranteil<br />

brauchen dringend Kenntnisse und Methoden, um eine optimale<br />

Sprachförderung für Zuwandererkinder leisten zu können.<br />

Frühstart möchte in einem intensiven Fortbildungsprogramm für<br />

Erzieherinnen die Grundlage für eine erfolgreiche sprachliche<br />

Bildung im Kindergarten legen.<br />

Geschichten, Gedichte, Fingerspiele, Abzählreime, Märchen,<br />

Lieder, Rollenspiele, Malen – das Konzept »Wir verstehen uns<br />

gut – spielerisch deutsch lernen« gibt den Erzieherinnen vielfältige<br />

didaktische und inhaltliche Möglichkeiten zur Vermittlung<br />

der deutschen Sprache an die Hand. Es versetzt sie in die Lage,<br />

die Sprachförderung in ihren Arbeitsalltag einzubinden. Entwickelt<br />

und publiziert wurde es von Elke Schlösser. Sie leitet die<br />

frühstart-Erzieherinnenfortbildung.(Elke Schlösser: Wir verstehen<br />

uns gut - Spielerisch Deutsch lernen. Methoden und Bausteine<br />

zur Sprachförderung für deutsche und zugewanderte<br />

Kinder als Integrationsbeitrag in Kindergarten und Grundschule,<br />

Ökotopia Verlag, Münster 2001).<br />

4.1.3<br />

„Sprache und frühkindliche Bildung“<br />

Entwickelt hat das Programm „Sprache und frühkindliche Bildung“ als<br />

Erweiterung des bekannten Kon-Lab-Programms der Schweizer<br />

Sprachwissenschaftler Dr. Zvi Penner. Kon-Lab GmbH, Dörflistr. 13a, CH-<br />

8572 Berg, Tel. 0041-71-6380230<br />

Im Internet unter: http://www.kon-lab.com<br />

Das Programm „Sprache und frühkindliche Bildung“ verbindet<br />

eine umfassende Sprachförderung mit den drei Kernlernfeldern<br />

der Bildungs- und Orientierungspläne:<br />

Sprache als Grundlage für das Verstehen des zu vermittelnden<br />

Wissens<br />

Spracherwerbsregeln und -strategien als Schlüssel zum Erwerb<br />

der deutschen Sprache und als Grundlage für das „Lernen lernen”<br />

-<br />

42<br />

Literacy, Naturwissenschaft und Mathematik als<br />

Lernumgebung für die Sprachförderung<br />

Es eignet sich für die Arbeit mit allen Kindern von 0-6 Jahren<br />

und bezieht auch Kinder mit Spracherwerbsverzögerungen und<br />

Kinder mit Deutsch als Zweitsprache mit ein.<br />

Dieses Sprachförderprogramm besteht aus einem abwechslungsreichen<br />

Medienmix. Er ermöglicht den systematischen Aufbau<br />

aller notwendigen Sprachkompetenzen der Kinder.<br />

Das Programm setzt sich zusammen aus den 5 Bestandteilen:<br />

Fortbildungen, multimediale Materialien, Praxisordner, Fachbücher<br />

und dem Handbuch.<br />

Die modular aufgebauten Fortbildungen qualifizieren die<br />

ErzieherInnen für den Einsatz des Programms. Mit einer Vielzahl<br />

multimedialer Materialien wird die Sprachförderung dann in die<br />

Praxis umgesetzt.<br />

Zusätzlich bieten Praxisordner zahlreiche Aktivitäten, mit denen<br />

in den verschiedenen Lernfeldern sprachliche Fördermaßnahmen<br />

durchgeführt werden können. Die Fachbücher vertiefen das theoretische<br />

Wissen der ErzieherInnen, zum Beispiel zum Thema<br />

„Sehr frühe Förderung als Chance“.<br />

Das Handbuch verknüpft die einzelnen Bestandteile des Programms<br />

miteinander und erläutert ihre Anwendung.<br />

Es gibt ein speziell für dieses Programm konzipiertes<br />

Fortbildungsmodulangebot. (siehe 4.4.4).<br />

4.1.4<br />

„SpiKi“ – Spracherziehung und Sprachförderung<br />

in Kindertagesstätten<br />

Jugendamt der Stadt Nürnberg, Wilfried Knerr<br />

im Internet unter: www.spiki.nuernberg.de<br />

Um die Kinder und die pädagogischen Fachkräfte zu unterstützen,<br />

hat das Jugendamt der Stadt Nürnberg ein Programm zur<br />

Sprachförderung in Kindertageseinrichtungen (SpiKi) entwickelt.<br />

SpiKi hat folgende Schwerpunkte:<br />

- Förderung der phonologischen Bewusstheit<br />

- Dialogisches Lesen<br />

- Schriftsprachliche Erfahrungen bieten<br />

- Lust auf und an Sprache wecken<br />

- Sprachkurse für Mütter mit Migrationshintergrund<br />

- Stärkung der Persönlichkeit der Kinder<br />

-<br />

Bildung und Chancengleichheit


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-<br />

SpiKi ist ...<br />

aus der Praxis, für die Praxis –<br />

wissenschaftliche ergänzt und abgesichert<br />

übertragbar auf andere Kitas und Träger<br />

auf der Grundlage des lebensweltorientierten Ansatzes<br />

bedarfsorientiert, lebendig und innovativ<br />

messbar erfolgreich<br />

SpiKi besteht aus vier Bausteinen:<br />

Den derzeit fünf Praxisprojekten (Lesefreude, Schultüte,<br />

Phonologisch-Hand in Hand, Mama lernt Deutsch im<br />

Kindergarten, Literacy Center)<br />

Qualifizierungsmaßnahmen für pädagogische Fachkräfte und<br />

Ehrenamtliche<br />

Entwicklung von Arbeitsgrundlagen zur Umsetzung der<br />

Praxisprojekte<br />

Kooperationen zur wissenschaftlichen Begleitung und der<br />

Vernetzung mit<br />

Partnern vor Ort<br />

Zu all diesen fünf Projekten gibt es eigens entwickelte<br />

Praxisbehelfe:<br />

Praxisprojekt “Lesefreude”<br />

Ehrenamtliche lesen regelmäßig in den Kindertageseinrichtungen,<br />

in Kleingruppen, über einen Zeitraum von etwa einem Jahr,<br />

nach dem dialogischen Prinzip. So fördern sie die Kinder intensiv<br />

in ihrer Sprach- und Persönlichkeitsentwicklung. Die<br />

Ehrenamtlichen werden dabei vom Jugendamt fachlich qualifiziert<br />

und unterstützt. Zurzeit sind etwa 100 Ehrenamtliche in 75<br />

Krippen, Kindergärten und Kinderhorten tätig. Im Betriebsjahr<br />

2004/2005 fand mit Kindertageseinrichtungen der Stadt Nürnberg<br />

die erste Studie über die Auswirkungen des dialogischen<br />

Lesens im deutschsprachigen Raum in Kooperation mit der<br />

Erziehungswissenschaftlichen Fakultät der Universität Erlangen-<br />

Nürnberg statt.<br />

Praxisprojekt<br />

“Phono–logisch – Hand in Hand”<br />

Kinderkrippen, Kindergärten und Kinderhorte trainieren spielerisch,<br />

in enger Kooperation mit den Grundschulen, die phonologische<br />

Bewusstheit der Kinder, sowohl in der täglichen pädagogischen<br />

Arbeit, als auch systematisch in speziellen Fördergruppen<br />

als Grundlage für den Lese- und Schreiblernprozess. Wir<br />

überprüfen in allen unseren Kindergärten Kinder, die im kommenden<br />

Jahr eingeschult werden, bezüglich ihrer phonologischen<br />

Fähigkeiten. Daran knüpft die systematische Förderung<br />

der Kinder an.<br />

43<br />

ARS – Anlaute hören, Reime finden, Silben klatschen<br />

Ein Erhebungsverfahren zur phonologischen Bewusstheit<br />

für Vorschulkinder und Schulanfänger<br />

Im Rahmen des Praxisprojekts “Phono-logisch-Hand in Hand”<br />

stellte sich schnell heraus, dass die Fachkräfte in den Kindertageseinrichtungen<br />

und Schulen ein Diagnostikinstrument brauchen,<br />

um eine gezielte Förderung beginnen zu können. So<br />

wurde in einer beispielhaften interdisziplinären<br />

Zusammenarbeit von Wissenschaft (Universität Koblenz-<br />

Landau und Universität Passau) und Praxis (Jugendamt der<br />

Stadt Nürnberg und staatliches Schulamt in der Stadt Nürnberg)<br />

das Erhebungsverfahren ARS entwickelt, das spielerisch und<br />

zeitlich effektiv anwendbar ist und trotzdem eine gute<br />

Prognosekraft besitzt.<br />

Mit dabei ist eine CD mit Arbeitsanweisungen und muttersprachlichen<br />

Beispielen in 10 verschiedenen Sprachen. So können auch<br />

Kinder ohne bzw. mit geringen Deutschkenntnissen getestet werden.<br />

Das Buch (mit CD) ist über den Buchhandel erhältlich:<br />

ISBN 3-403-04251-0.<br />

Praxisprojekt<br />

“Schultüte – Mama und ich spielend in die Schule”<br />

Familien mit Migrationshintergrund werden mit ihren Kindern<br />

auf deren Einschulung vorbereitet. Die Themen Schultüte, Schultasche,<br />

Schulweg, gesunde Ernährung, der Gebrauch eines<br />

Wörterbuchs, das Bayerische Schulsystem und die Möglichkeiten,<br />

Kinder zu Hause zu unterstützen, stehen im Mittelpunkt des<br />

Kurses, genau wie die Motivation der Eltern, ihre Deutschkenntnisse<br />

weiter zu entwickeln. Das Projekt wird in Kooperation mit<br />

dem Bündnis für Familie durchgeführt. Das Bündnis für Familie<br />

hat zum Projekt Schultüte eine Praxishilfe erstellt. Sie finden<br />

darin Betrachtungen zur interkulturellen Pädagogik in Kindertageseinrichtungen<br />

und eine genaue Beschreibung der durchgeführten<br />

acht Kurseinheiten des Praxisprojekts.<br />

Praxisprojekt<br />

“Mama lernt Deutsch im Kindergarten“<br />

Der Erwerb von Grundkenntnissen in Deutsch, die Steigerung<br />

der kommunikativen Kompetenz, deren Erprobung in<br />

Alltagssituationen, Informationen über die Kindertagesstätte, die<br />

berufliche Orientierung und das Knüpfen von Kontakten zwischen<br />

den Teilnehmerinnen sind Ziele des Kurses.<br />

Kinderbetreuung wird bei Bedarf angeboten. Das Praxis-Projekt<br />

wird durchgeführt in Kooperation mit dem Bildungszentrum der<br />

Stadt Nürnberg und gefördert durch den Europäischen<br />

Sozialfonds.<br />

“Literacy-Center”<br />

Ein Literacy-Center ist ein Bereich in einem Kindergarten oder<br />

einem Kinderhort, der ein ganz bestimmtes Thema hat (z.B.<br />

Eisdiele, Bücherei, Schönheitssalon, Flughafen...) und die<br />

Kinder zum Rollenspiel auffordert. Im Center werden vielfältige<br />

Begegnungen mit der Schriftsprache initiiert. Die Center werden<br />

von und durch die Kinder nach den Prinzipien der Projektarbeit<br />

gestaltet.


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Für das englische Wort „literacy“ gibt es leider keine deutsche<br />

Entsprechung. Es beschreibt alles rund um die Schrift-, Buchund<br />

Erzählkultur.<br />

Entwicklung von Arbeitsgrundlagen<br />

Praxishilfen zu den Praxisprojekten<br />

Ergebnisse aus Fortbildungen und Arbeitsgemeinschaften<br />

ARS - Testverfahren zur phonologischen Bewusstheit<br />

Entwicklung von Spielmaterialien zum Training der phonologischen<br />

Bewusstheit<br />

Konzepte für Elternabende zu verschiedenen sprachlichen<br />

Aspekten<br />

Entwicklung von Leitlinien interkultureller Arbeit in<br />

Kindergärten (InkuTra)<br />

Praxisgerechte Umsetzung von SISMIK<br />

Film über SpiKi<br />

Lehrfilm zum Thema „Dialogisches Lesen“<br />

Entwicklung von Liedgut, Tänzen, Spielen, Materialien usw.<br />

zum Training der phonologischen Bewusstheit in<br />

Kinderkrippen, Kindergärten und Kinderhorten<br />

4.1.5<br />

Sprachförderkoffer für Kindertagesstätten<br />

Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport, Berlinund Institut für kreative<br />

Sprachförderung und interkulturelle Kommunikation der GFBM e. V.<br />

Kontakt: Dr. Sven Walter<br />

Der Berliner Sprachkoffer mit dazu gehörigem Handbuch ist ein<br />

ausgesprochen praxisbezogenes Arbeitsmaterial. Das Handbuch<br />

ist aufgebaut in 10 Kapitel (Grundlagen des Spracherwerbes und<br />

das Thema Deutsch als Zweitsprache, sowie eine Sammlung für<br />

Beratungsstellen und eine sehr aktuelle Literaturliste sind gut<br />

verständlich und übersichtlich ausgearbeitet) von denen 6<br />

Kapitel sich konkret um die Sprachförderung drehen:<br />

Brückensätze für die Eingewöhnungsphase in 10 verschiedenen<br />

Sprachen<br />

Sprachkönnen und Förderbedarf (kann anhand des konkreten<br />

Materiales festgestellt werden und dadurch ergibt sich automatisch<br />

das notwendige Förderprogramm)<br />

Wortlernkarten (diese sind in die Bereiche Mensch – Umwelt –<br />

Tiere – Pflanzen – Welt eingeteilt und sind so ausgerichtet, dass<br />

das aktive Verwenden dieser Wörter einen Schulstart unterstützen)<br />

Spracherwerb kreativ fördern (die Wortlernkarten sind so konzipiert,<br />

dass sie für verschiedene Kreativtechniken brauchbar<br />

sind: Geschichten zum mitmachen und zum zuhören,<br />

„Artikelrätsel“, Sammlungen und Legespiele, Rituale (z.B. zum<br />

Wetter, zur Stimmung, etc) Reime und Lieder, „Bücher<br />

machen“, korrektive Wiederholungen, mit Ton als<br />

Arbeitsmaterial arbeiten, Figurenspiele)<br />

Einbeziehung der Eltern (zielt auf Feststellung des muttersprachlichen<br />

Entwicklungsstandes ab, informiert sie über ihre<br />

-<br />

44<br />

Möglichkeiten der Unterstützung ihres Kindes im muttersprachen<br />

Spracherwerb und erklärt die Arbeitsmethode des Sprachkoffers<br />

– diese Information soll regelmäßig anhand der Dokumentationen<br />

wiederholt werden.<br />

Dazugehörige Materiallisten und Kopiervorlagen<br />

Zum Handbuch und dem Sprachkoffer gibt ein ausgesprochen<br />

praktisches und sehr umfangreiches „Sprachlerntagebuch“, mit<br />

welchem die Dokumentation des Sprachlernprogramms und der<br />

Sprachentwicklungsschritte des Kindes sehr gut festgehalten<br />

werden kann.<br />

4.1.6<br />

Hokus und Lotus - Wie kleine Kinder eine zweite<br />

Sprache lernen können<br />

Ein Angebot für Kinder aus Zuwandererfamilien im Alter<br />

von 3 – 8<br />

Ansprechpartnerin: Frau Dr. Monika Springer-Geldmacher; Hauptstelle<br />

RAA NRW;<br />

Tiegelstr. 27; 45141 Essen; Fon: 0049-201/83 28 304<br />

E-Mail: springer-geldmacher.hauptstelle@raa.de<br />

im Internet unter: http://www.raa.de/hokus-und-lotus.html<br />

Warum wird ein Kind eine neue Sprache lernen? Weil sie so<br />

schön klingt? Weil sie ihm gefällt? Nein, ein Kind wird eine neue<br />

Sprache lernen wollen, weil es in Beziehung treten will zu einem<br />

Menschen, der ihm gefällt. In den Geschichten von Hocus und<br />

Lotus geht es immer auch um Beziehungen zum anderen und<br />

dem Wunsch nach Kommunikation. Hocus und Lotus, eine<br />

Mischung aus Dinosaurier und Krokodil, erleben die Welt aus<br />

Kindersicht. Sie probieren viel aus, lernen andere Wesen und die<br />

Naturgewalten kennen, schließen Freundschaften, erleben<br />

Abenteuer und machen Dummheiten, sie zanken und vertragen<br />

sich.<br />

Es wird in die Methode praktisch eingeführt: Wie man eine magische<br />

Lernzeit herstellt, in der die Kinder sich ganz auf die andere<br />

Sprache einstellen können. Wie im Wechsel von Erzählung,<br />

Spiel und Gesang die Geschichten mit Kindern erlebt und verinnerlicht<br />

werden. Wie durch Wiederholung die Sprache und ihre<br />

Strukturen verankert werden.<br />

Die Geschichten sind in jeweils sechs Formate für die Dauer<br />

eines Jahres aufgeteilt. In deutscher Sprache gibt es das Programm<br />

für ein fünf Jahre beanspruchendes Lernpaket. Die RAA<br />

empfiehlt das Programm für das Erlernen der Zweitsprache<br />

Deutsch. Darüber hinaus kann das Programm auch für das Vermitteln<br />

der Fremdsprachen Italienisch, Französisch, Englisch<br />

und Spanisch im Kindergarten eingesetzt werden.<br />

Weitergehende Informationen zu dem Produkt „Hocus und Lotus“<br />

finden sich auf der genannten homepage<br />

(http://www.raa.de/hokus-und-lotus.html).<br />

<strong>SPRACHE</strong><br />

<strong>BILDUNG</strong><br />

<strong>INTEGRATION</strong>


4.1.7<br />

Andere Sprachförderprogramme<br />

„Abenteuer Sprache“,<br />

Jugendamt Dortmund (Gesamtprojekt), Fachbereich Tagesseinrichtungen<br />

für Kinder und Tagespflege in Familien,<br />

Ostwall 64, 44122 Dortmund, Tel 0049 – 231 – 50-23485<br />

Download:<br />

http://www1.dortmund.de/upload/binarydata_do4ud4cms/68/57/04/00/00<br />

/00/45768/spracherwerb.pdf<br />

„CHANCEN – Sprache lernen im Kindergarten“,<br />

Bundesland Niedersachsen, als Broschüre erhältlich ISBN 0340-3718 oder<br />

im Internet unter www.mfas.niedersachsen.de unter Themen – Soziales –<br />

Ausländerinnen und Ausländer<br />

„Sag mal was – Sprachförderung für Vorschulkinder“<br />

Die LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg führt seit Juni 2003 das<br />

Projekt ´´Sag mal was - Sprachförderung für Vorschulkinder´´ durch.<br />

Im Auftrag der LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg und in<br />

Zusammenarbeit mit dem Kinder- und Jugendamt der Stadt<br />

Heidelberg, dem Fachbereich Bildung der Stadt Mannheim, dem<br />

Seminar für Deutsch als Fremdsprachenphilologie (SDF) der<br />

Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg sowie der Reimann-<br />

Dubbers-Stiftung (Heidelberg) und der Dürr- Stiftung (Hamburg)<br />

werden im Zeitraum 2005-2008 die spezifischen Sprachfördermaßnahmen<br />

im vorschulischen Bereich auf ihre Effekte<br />

hinsichtlich der sprachlichen sowie schulischen Entwicklung der<br />

Kinder überprüft.<br />

Unter: http://www.sagmalwas-bw.de/projekt01/index.php werden die verschiedenen<br />

Projekte und sehr umfangreich ausgearbeiteten Materialien<br />

vorgestellt.<br />

SPRACHFÖRDERUNG IM KINDERGARTEN:<br />

DIE “OSNABRÜCKER MATERIALIEN” KONZEPTION UND<br />

ZIELSETZUNGEN<br />

von Doris Tophinke, Rheinstr. 20, 79104 Freiburg/Br.,<br />

doris.tophinke@onlinehome.de, www.sprachfoerderung.com<br />

Drei Spiel- und Übungsbereiche<br />

Die Osnabrücker Materialien gliedern sich in drei Spiel- und<br />

Übungsbereiche, die sich jeweils auf bestimmte Eigenschaften<br />

der deutschen Sprache konzentrieren. Eine Handpuppe führt als<br />

Spielpartner der Kinder in die Spiele und Übungen ein und<br />

begleitet sie.<br />

Teil I: Wörter als Elemente von Sätzen und Satzmuster<br />

Teil II: Wortbetonungsmuster<br />

Teil III: Elemente der Silben<br />

Quelle: ernst.6900<br />

45<br />

4.2<br />

SPRACHSTANDSFESTSTELLUNGEN<br />

4.2.1<br />

Grundsätzliches<br />

Wenn die Zielsetzung „jedes Kind soll die deutsche Sprache bis<br />

zum Schuleintritt so gut beherrschen, dass es dem Unterricht problemlos<br />

folgen kann“ ernst gemeint ist, müssen einige Standards<br />

auf diesem Weg definiert und eingehalten werden. Einer dieser<br />

Standards sind Sprachstandfeststellungen. Im Laufe der Zeit von<br />

3 bis 6 Jahren ist es wichtig zu erkennen, welche sprachlichen<br />

Entwicklungen ein Kind sowohl in der Muttersprache wie auch<br />

in der deutschen Sprache gemacht hat. Es macht wenig Sinn,<br />

diese Sprachstandsfeststellung erst im letzten Jahr vor der Einschulung<br />

zu machen, wie dies das Sprachticketprojekt vor sieht,<br />

da erstens wertvolle Zeit in den Jahren 3 und 4 verstrichen ist und<br />

zweitens die Zeit bis zum Schuleintritt nur mehr sehr kurz ist.<br />

Stress ist kein guter Lehrmeister.<br />

Sprachstandsfeststellungen haben die Ziele:<br />

- den Stand der Sprachbeherrschung verlässlich zu erfassen und<br />

damit die Kinder herauszufiltern, die Förderbedarf haben.<br />

Allerdings werden diese Sprachstandsfeststellungen von Fachleuten<br />

sehr unterschiedlich und zum Teil sehr kritisch bewertet.<br />

Vor allem dann, wenn die Sprachstandfeststellung von einer<br />

Person durchgeführt wird, die für das Kind fremd ist und/oder die<br />

Umgebung für das Kind fremd ist. Prof. Dr. Johannes Merkel<br />

von der Universität Bremen dazu: „Einmal erfolgen fast alle<br />

Erhebungen in Testsituationen, die die Kinder mit einer fremden<br />

Person konfrontieren. Sprachäußerungen von Kindern im Elementarbereich<br />

hängen aber entscheidend von der Beziehung ab,<br />

die sie zum Gesprächspartner haben oder eben nicht haben, und<br />

von der Situation, in der sie sich äußern möchten oder die ihre<br />

Äußerungen hemmen. Dazu kommt als weiterer Faktor die<br />

Tagesform des Kindes. Schließlich wird das Sprachverhalten der<br />

Testkinder auch von dem Interesse beeinflusst, das das verwendete<br />

Testmaterial und die den Kindern gestellten Aufgaben hervorrufen<br />

oder eben nicht hervorrufen.“<br />

Diese Meinung vertreten offensichtlich viele Menschen, die eine<br />

flächige Sprachförderung organisiert haben und dabei die Anwendung<br />

von Sprachstandsfeststellungen miteingebunden<br />

haben. Sehr häufig werden diese nämlich nicht als punktgenaue<br />

Ereignisse angesehen, sondern als Beobachtungsinstrument für<br />

die jeweiligen Pädagoginnen angewandt. In diesem Kapitel soll<br />

davon ausgegangen werden.<br />

4.2.2<br />

Übersicht verschiedener Produkte<br />

Einen Gesamtüberblick über derzeit in Verwendung befindlichen<br />

Sprachstandsfeststellungen zu geben, ist kaum möglich, da eine<br />

Vielzahl an „selbst gebastelten Produkten in Verwendung sind“<br />

(siehe Sprachstandsfeststellungsvorschlag in den Unterlagen für<br />

Direktoren im Rahmen des Sprachticketverfahren), welche den<br />

Anforderungen der wissenschaftlichen Erkenntnissen, die notwendige<br />

Bausteine der Sprachentwicklung eines Kindes zu erfassen,<br />

nicht gerecht werden.


Ausnahmen bestätigen die Regel. Viele dieser nun angeführten<br />

Produkte sind vielseitig verwendbar. Das Ziel ist es die (Sprach-)<br />

Entwicklung des Kindes zu beobachten, zu dokumentieren und<br />

damit die Möglichkeit zu schaffen, dass längere Zeiträume der<br />

Entwicklung betrachtet werden können, gute Unterlagen zu haben<br />

welche in der direkten Zusammenarbeit mit den Eltern sehr<br />

nützlich sind und auch bei etwaigen Gruppenwechsel einen fachlich<br />

hochwertigen Informationsfluss zulassen.<br />

In der Steiermark wird ein Sprachstandsfeststellungspapier verwendet,<br />

welches von zwei Logopädinnen (Ilse Freiberger und<br />

Maria Eder-Schützenhofer) erarbeitet wurde. Es ist ein<br />

Arbeitsinstrument welches sowohl als Beobachtungsbogen verwendbar<br />

ist, wie auch Elemente des ersten Kennenlernens beinhaltet.<br />

Er ist im Internet zu finden unter:<br />

http://www.verwaltung.steiermark.at/cms/dokumete/<br />

10183665_5045344/d70f5b25/Sprachentwicklungsstand_Bogen.pdf<br />

Das Bundesland Hessen hat seit 2007 flächendeckende Sprachtests<br />

in Kindergärten eingeführt und verwendet dafür das<br />

Marburger Sprachscreening, welches sich auf die wesentlichen<br />

Schlüsselkompetenzen der kindlichen Sprachentwicklung konzentriert.<br />

Die Zielgruppe sind alle vierjährigen Kinder in den<br />

Kindergärten.<br />

Die Kindertagesstätten in Schleswig-Holstein haben in ihrem<br />

„Integrativen Sprachförderkonzept“ zwei große Schwerpunkte in<br />

der Erfassung und Beobachtung. Zum einen wird ein besonderes<br />

Augenmerk auf die phonetische Entwicklung der Kinder gelegt<br />

und zum anderen wird großflächig der SISMIK Beobachtungsbogen<br />

zur Unterstützung herangezogen.<br />

In Recklinghausen haben die Kindertagesstätten ein sehr zeitgemäßes<br />

und kompaktes Beobachtungs- und Dokumentationssystem<br />

aufgebaut. Unter anderem wird auch das Bielefelder<br />

Screening und HLL verwendet und der SISMIK-Bogen regelmäßig<br />

angewendet.<br />

Beschreibungen unter anderem in:<br />

http://www.kindergartenpaedagogik.de/1217.html<br />

http://www.kindergartenpaedagogik.de/1350.html<br />

http://www.kindergartenpaedagogik.de/1479.html<br />

Im Sprachförderkoffer der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend<br />

und Sport in Berlin ist ein Sprachlerntagebuch enthalten, welches<br />

eine alltäglich verwendbare Arbeitsunterlage für jedes Kind<br />

darstellt und gleichzeitig systematische Dokumentation und<br />

Beobachtungsnotizen beinhaltet.<br />

Von der Uni-Mannheim ist folgendes Projekt in Arbeit:<br />

Entwicklung eines Diagnoseverfahrens<br />

Linguistische Sprachstandserhebung - Deutsch als<br />

Zweitsprache (LiSe-DaZ)<br />

Projektleitung: Prof. Dr. Rosemarie Tracy (Universität<br />

Mannheim) und Prof. Dr. Petra Schulz (PH Karlsruhe)<br />

Wissenschaftliche Mitarbeiterin: Ramona Wenzel,<br />

Universität Mannheim<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

Besondere Merkmale erfüllt der Sprachstandsbeobachtungsbogen<br />

SISMIK. Er ist so konzipiert, dass<br />

- er regelmäßig angewendet werden kann/soll<br />

- er speziell für Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache<br />

anwendbar ist,<br />

- sowohl Sprachverhalten und Interesse an Sprache im<br />

Kindergarten und zuhause gefragt ist<br />

- die Gruppenpädagogin in einem vertretbaren zeitlichen<br />

Aufwand diese Beobachtungen selbst machen kann<br />

- schon zahlreiche Träger jahrelange Anwendung praktizieren<br />

46<br />

In der Entwicklung ist ein valides diagnostisches Instrument zur<br />

Bestimmung des sprachlichen Entwicklungsstands bei Kindern<br />

im Alter von drei bis sieben Jahren. Zielgruppe sind in erster<br />

Linie Kinder, die Deutsch als Zweitsprache oder auch Drittsprache<br />

erwerben. Das Verfahren ist primär auf die Situation von<br />

Kindern mit Migrationshintergrund ausgerichtet, kann jedoch<br />

aufgrund seiner auch für die Erfassung der Sprachkompetenz<br />

von Kindern mit Deutsch als Erstsprache eingesetzt werden.<br />

Effektive Sprachförderprogramme setzen eine differenzierte und<br />

spracherwerbstheoretisch fundierte Sprachstandsdiagnostik voraus,<br />

die den Förderbedarf auf unterschiedlichen Ebenen sprachlicher<br />

Kompetenz zu identifizieren erlaubt. Daher werden in dem<br />

LiSe-DaZ-Verfahren zentrale und für den kommunikativen<br />

Erfolg relevante Aspekte der kindlichen Sprachkompetenz in den<br />

Bereichen Sprachproduktion und Sprachverstehen erfasst.<br />

Dieses für die spezifischen Anforderungen des kindlichen<br />

Zweitspracherwerbs sensitive Instrument zur Sprachstandsdiagnose<br />

soll es ermöglichen, im Rahmen der Sprachfördermaßnahmen<br />

der LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg<br />

Migrantenkinder mit Sprachförderbedarf frühzeitig, zuverlässig<br />

und effizient zu erfassen,<br />

durch die Auswahl der Aufgaben bereits konkrete Anhaltspunkte<br />

für eine anschließende individuelle Förderung zu gewinnen<br />

und<br />

durch die Wiederholung des gesamten Verfahrens oder einzelner<br />

Teilbereiche die Effektivität einer spezifischen Fördermaßnahme<br />

zu überprüfen.<br />

Das Verfahren ist so konzipiert, dass es ohne vertiefte linguistische<br />

und testpsychologische Kenntnisse verwendet werden kann<br />

und zudem zeitökonomisch in der Durchführung ist.<br />

Eine Pilotierung des Gesamtdurchlaufs des Verfahrens an ausgewählten<br />

Populationen ist für Herbst 2006 vorgesehen, die<br />

Fertigstellung erfolgt 2007.<br />

Nähere Informationen unter:<br />

http://www.sagmalwas-bw.de/ projekt01/index.php?idcatside=14<br />

4.2.3<br />

Sprachstandsbeobachtung mit SISMIK


Konzept und Aufbau von „sismik”<br />

Der Bogen heißt „sismik — Sprachverhalten und Interesse an<br />

Sprache bei Migrantenkindern in Kindertageseinrichtungen”.<br />

Bereits der Titel soll andeuten, wie vielschichtig Sprachlernprozesse<br />

und Sprachstandserfassung sind. Der Bezug zum pädagogischen<br />

Angebot: Viele Fragen in diesem Bogen beziehen sich<br />

direkt auf sprachrelevante pädagogische Situationen. Das bedeutet,<br />

dass Fachkräfte durch die gezielte Beobachtung bereits konkrete<br />

Anhaltspunkte für eine pädagogische Förderung bekommen.<br />

„Normale” Sprachentwicklung: Es geht um die Begleitung und<br />

Dokumentation von „normaler” Sprachentwicklung, von sprachlichen<br />

Bildungsprozessen in der Einrichtung.<br />

Motivation und Interesse des Kindes: Wie weit ist ein Kind bei<br />

sprachbezogenen Situationen und Angeboten aktiv beteiligt, wie<br />

weit engagiert es sich in solchen Situationen?<br />

Sprachentwicklung und „Literacy”: Kindliche Erfahrungen rund<br />

ums Buch gehören zur so genannten Literacy-Erziehung. Diese<br />

Erfahrungen sind sehr wichtig für die sprachliche Bildung und<br />

Entwicklung eines Kindes im Vorschulalter und sie haben längerfristige<br />

Auswirkungen, z. B. auf die spätere Sprach- und Lesekompetenz.<br />

Sprachliche Kompetenz (im engeren Sinne): Wie weit kann sich<br />

ein Kind im Gesprächskreis einbringen, eine Geschichte nacherzählen<br />

oder ein Gedicht aufsagen? Spricht es deutlich? Wie sind<br />

Wortschatz, Satzbau usw.?<br />

Die Familiensprache und die Familie des Kindes: Mit diesem<br />

Bogen wird vor allem die Sprachentwicklung des Kindes in der<br />

deutschen Sprache erfasst. Dennoch gibt es auch Fragen zur<br />

Familiensprache und zur Familie des Kindes.<br />

Der SISMIK-Beobachtungsbogen beinhaltet:<br />

- das Beobachten des Kindes in sprachrelevanten Situationen<br />

- die Erfassung der Sprachkompetenz im engeren Sinne<br />

- das Erkennen von Anhaltspunkten für die Förderung<br />

Unterstützt wird die Anwendung durch ein sehr leicht verständliches<br />

Begleitheft für die pädagogischen Fachkräfte.<br />

Breite Erfahrungen und gute Erfahrungen mit SISMIK<br />

Eine wissenschaftliche Auswertung der Anwendung des SIS-<br />

MIK-Beobachtungsbogen ist derzeit in Arbeit. Aber schon jetzt<br />

lassen sich praktische Erfahrungen so eindeutig mit guten<br />

Erfahrungen gleich setzen, dass sich der Eindruck stark verdichtet:<br />

SISMIK ist ein sehr sehr hilfreiches Instrument, dass in der<br />

Sprachförderung besonders gut einsetzbar ist.<br />

Die Anwendungserfahrungen:<br />

Pädagoginnen, die SISMIK schon länger verwenden (mehr als 3<br />

Jahre) sagen, dass sie pro Bogen und Halbjahr maximal 2 Stunden<br />

Zeit benötigen, wobei der Bogen ja kein Testinstrument ist,<br />

welches einfach durchgearbeitet werden muss, sondern vor allem<br />

situationsspezifische Beobachtungen registriert und vermerkt<br />

werden.<br />

Die Anwendungshäufigkeit hat sich wie folgt bewährt: zu Beginn<br />

des Kindergarteneintritts und dann halbjährlich. Das ergibt in<br />

<strong>Vorarlberg</strong> eine 5malige Anwendung (bei Kindergarteneintritt<br />

mit 4 Jahren).<br />

- Die Ergebnisse sind besonders gut geeignet, die Sprachentwicklung<br />

über diesen langen Zeitraum zu betrachten.<br />

- Die Ergebnisse sind gut geeignet, um die richtigen Förderentscheidungen<br />

für die Kinder zu treffen (siehe MA Linz 3.c)<br />

-<br />

Die Ergebnisse sind gut geeignet, um mit den Eltern fundierte<br />

Gespräche zu führen, wie die Sprachentwicklung des Kindes<br />

bisher verlaufen ist, und wie sie weiter gehen soll.<br />

47<br />

Großflächige und regelmäßige Anwendung:<br />

Die großflächige und regelmäßige Anwendung von SISMIK hat<br />

sich nachhaltig bewährt. Die Erfahrungen von<br />

Bayern (Kontakt: Uta Diehl, AWO München),<br />

Schleswig-Holstein (Kontakt: Christiane Christiansen),<br />

Hamburg (Kontakt: Frau Thissen, AWO Hamburg),<br />

Recklinghausen (Kontakt: Frau Overmann)<br />

Magistrat Linz (Kontakt: Frau Mag. Sabine Strassegger),<br />

und Magistrat Salzburg (Integrationsstelle des Magistrats)<br />

bestätigen dies eindrucksvoll.<br />

SISMIK ist leicht lernbar<br />

Die meisten Pädagoginnen haben sich die Anwendung selbst beigebracht.<br />

Es hat sich allerdings gezeigt, dass bei einer großflächigen<br />

Anwendung, es sinnvoll ist, wenn eine Einschulung im Gebrauch<br />

des Bogens, von Anfang an eine bessere Vergleichbarkeit<br />

– eine standardisierte Qualität ermöglicht.<br />

Fortbildungen werden vom Institut für Frühpädagogik in<br />

München angeboten. Diese können auch vor Ort gebucht werden.<br />

Kontaktperson im Institut für Frühpädagogik:<br />

Christa Kieferle; Telefon: 0049-89-99825-1932<br />

PS.: Mit den Beobachtungsbogen SeldaK hat das Institut<br />

für Frühpädagogik auch einen Beobachtungsbogen für<br />

Kinder mit deutscher Muttersprache entwickelt. Das heißt,<br />

dass eine Anwendung für die ganze Gruppe möglich ist.<br />

4.2.4<br />

Muttersprachliche Sprachstandsfeststellung<br />

Obwohl die gute Entwicklung der Muttersprache als Grundstock<br />

für den Erwerb einer Zweitsprache in allen Fachbeiträgen unumstritten<br />

ist, ist die muttersprachliche Sprachstandsfeststellung in<br />

keinsterweise diesem Umstand entsprechend entwickelt. Es ist<br />

trotz intensivster Recherche kein einziges Modell bekannt, welches<br />

die muttersprachliche Entwicklung bei Vorschulkindern<br />

erfasst. Dies ist besonders bemerkenswert und auch bedauerlich,<br />

weil gleichzeitig von PraktikerInnen betont wird, dass besonders<br />

bei türkisch sprechenden Kindern eine schwache Muttersprachliche<br />

Entwicklung häufig im Nachhinein erkennbar wird. Diesen<br />

„Leidensweg“ zu verkürzen versuchen jene Modelle, die ein<br />

besonderes Augenmerk darauf legen, dass sie zwei oder mehrsprachiges<br />

pädagogisches Personal in den Kindergärten beschäftigen.


4.3<br />

SPRACHFÖRDERMODELLE<br />

In den letzten Jahren sind verschiedenste Sprachfördermodelle<br />

im Vorschulbereich entwickelt und auch angewendet worden.<br />

Manchmal war am Anfang die Theorie und das Praxismodell<br />

wurde dazu gestaltet oder manches mal war der Impuls aus dem<br />

Bauch (da muss man doch was tun) der erste Ratgeber. Beiden<br />

Herangehensweisen war gemein, dass es oft nach dem Prinzip<br />

„learning by doing“ funktionieren musste.<br />

Aus diesen Lernerfahrungen dieser Vorreiterprojekte sollten nun<br />

stabile und fachlich fundierte Arbeitsmodelle und Programme<br />

entwickelt werden. Was bis heute als besonders wichtig herausstellt,<br />

sind folgende Merkmale:<br />

- Sprachentwicklung richtet sich in Einrichtungen immer an die<br />

ganze Gruppe; alle Kinder (auch die mit deutscher<br />

Muttersprache) profitieren davon<br />

- Miteinbindung und Zusammenarbeit der Eltern, der<br />

Kindergärten und der Volksschulen<br />

- Sprachstandfeststellung zu Beginn (ab 3 Jahre) sowohl muttersprachlich,<br />

wie auch in Deutsch<br />

- Sprachentwicklungsbeobachtung und deren Dokumentation<br />

- Qualifizierung der Beteiligten (Pädagogen, Eltern,<br />

Brückenbauer)<br />

- kontinuierliches und aufbauendes Arbeiten über das ganze Jahr<br />

(Highlight Projekte haben motivierende Wirkung und schaffen<br />

Bewusstsein, aber vom Sprachentwicklungseffekt sind sie nicht<br />

sehr wirkungsvoll)<br />

Hier sollen nun einige Beispiele von praxisnahen Sprachfördermodellen<br />

vorgestellt werden, die zumindest in Teilbereichen<br />

besonders interessante Konzeptanteile vorweisen:<br />

4.3.1<br />

IPE – Projekte, Mainz; Rheinlandpfalz, D<br />

Kontakt: IPE – Institut für Interkulturelle Pädagogik im Elementarbereich<br />

e. V., Postfach: 24 01 24; 55045 Mainz, Telefon: 0049-6131-38 27 51<br />

E-Mail: ipe@mail-mainz.de Internet: www.ipe-mainz.de<br />

Das „Institut für Interkulturelle Pädagogik im Elementarbereich“<br />

bietet eine Vielzahl von Unterstützungsmöglichkeiten im Bereich<br />

Interkulturelle Arbeit, Integration und Sprachförderung für Menschen<br />

mit nichtdeutscher Muttersprache. Für den Fokus dieser<br />

Gesamtkonzepterstellung sind besonders folgende Angebote<br />

relevant:<br />

- Interkulturelles Umweltlernen in Kindertagesstätten der Stadt<br />

Viernheim (wurde im Zeitraum 2001 bis 2003 in Kooperation<br />

mit den Kindergartenteams erarbeitet und durchgeführt). Bei<br />

diesem Langzeitprojekt wurde eine Verknüpfung der Ziele<br />

Umweltbildung, soziale Kompetenz und Entwicklung der<br />

Sprache und interkultureller Kompetenz angestrebt und erreicht.<br />

- Interkulturelles mehrsprachiges Kindertheater in Mainz<br />

- ADAPT – „Qualifizierung ausländischer Mitarbeiterinnen zu<br />

staatlich anerkannten Erzieherinnen in<br />

Kinderbetreuungseinrichtungen in Rheinland-Pfalz“. In Zusammenarbeit<br />

mit der Berufsbildenden Schule für Sozialpädagogik<br />

in Ludwigshafen wurde im Zeitraum 1998 bis 2001 ein dreijähriger<br />

berufsbegleitender Lehrgang absolviert eine ADAPT-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

48<br />

Klasse (10 deutsche Mitschülerinnen, 2/3 migrantische Frauen)<br />

diese Fachausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin.<br />

Dieses Projekt war einerseits eine arbeitsmarktpolitische Maßnahme<br />

(doppelte Benachteiligungspotentiale von Frauen und<br />

Migrantinnen) und andererseits die Möglichkeit, für den sozialpädagogischen<br />

Bereich qualifizierte Personen mit verschiedenen<br />

Muttersprachen zur Verfügung zu stellen.<br />

Fortbildung für MitarbeiterInnen mit migrantischem<br />

Hintergrund ohne abgeschlossene Erzieherinnenausbildung in<br />

der Stadt Gießen.<br />

In 12 Arbeitseinheiten á 6 Stunden (Gesamt 72 Stunden) wurde<br />

eine fachliche Qualifizierung für die Beschäftigung als<br />

Zusatzkräfte in den Gruppen wie auch für<br />

Brückenbauertätigkeiten in den Einrichtungen erreicht.<br />

Fortbildungsangebote für pädagogische Fachkräfte aus Kita´s<br />

mit hohem Migrantenanteil in Neuwied.<br />

Ein 8 tägiges Fortbildungsprogramm wurde maßgeschneidert<br />

für besonders betroffene PädagogInnen konzipiert und durchgeführt.<br />

Ein besonderes Angebot stellen dabei die Sprachkurse für<br />

„Begegnungsprachen“ dar, in denen PädagogInnen<br />

Brückensätze erlernen.<br />

Frühförderung türkischsprachiger Kinder: In einem gemeinsamen<br />

Projekt mit den Pädagoginnen wurde ein<br />

Sprachförderprogramm für Kinder im Alter von 3 bis 6 Jahren<br />

entwickelt, welches im in der Zeit von Okt. 2001 bis Okt. 2002<br />

erprobt wurde. Die Förderung der Kinder (auch Kinder mit<br />

deutscher Muttersprache aus Familien mit schwierigen sozialen<br />

Situationen wurden miteinbezogen) zielte neben dem klassischen<br />

Spracherwerb auf die Merkmale Konzentrationsfähigkeit,<br />

logisches Denken und angemessenes soziales Verhalten ab.<br />

4.3.2<br />

„Pfiffikurs”; Bad Friedrichshall, Baden Württemberg, D<br />

Kontakt: Grundschule Plattenwald, Am Römerturm,<br />

74177 Bad Friedrichshall, Deutschland<br />

Telefon: 0049-7136-910055;<br />

E-Mail: Grundschule.Plattenwald@t-online.de<br />

Bad Friedrichshall hatte im Jahr 2000 eine sehr besondere<br />

Zusammensetzung der Einwohner: 24 % Deutsche, 28 % Ausländer,<br />

48 % Aussiedler. Das Pfiffikurs-Programm ist vordergründig<br />

ein schulisches Programm, welches davon ausgeht, dass<br />

eine große Zahl an Kindern in die Schule kommen, welche nur<br />

unzureichende oder gar keine Deutschkenntnisse haben. Als<br />

„Vorbeugung“ und auch im Verständnis des „Langzeitprozesses –<br />

Spracherwerb“ wurden direkte Kooperationen zu den Kindergärten<br />

gesucht und hergestellt. Kooperationslehrerinnen kommen<br />

in den Kindergarten und unterstützen das dortige Personal.<br />

Zusätzlich können bei Bedarf spezielle therapeutische Fachkräfte<br />

mit eingebunden werden.<br />

Quelle: ernst.6900


-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

4.3.3<br />

Stadt Linz; Magistratskindergärten mit<br />

Interkulturellem Schwerpunkt<br />

Kontakt: Mag. Sabine Strassegger, Magistrat Linz, Kinder- und Jugend-<br />

Services Linz; Rudolfstraße 18, 4041 Linz; Tel.: 0732/7070-2901;<br />

e-mail: sabine.strassegger@mag.linz.at<br />

8 von 46 Kindergärten des Magistrats Linz haben sich dem pädagogischen<br />

Schwerpunkt „Interkulturelles Lernen“ zugewandt.<br />

Ihre Schwerpunktziele dabei sind die Persönlichkeitsentwicklung,<br />

das soziales Lernen und die Sensibilisierung für verschiedene<br />

Sprachen. Der Anteil der Kinder mit nichtdeutscher<br />

Muttersprache ist in diesen Kindergärten besonders hoch. (Zwischen<br />

85 und 100%, bis zu 12 verschiedene Sprachen, türkisch<br />

und serbo-kroatisch sprechende Kinder mit je 1/3 besonders stark<br />

vertreten.<br />

Ganz praktisch und alltäglich sind in diesen Kindergärten<br />

Qualitätsstandards für die Sprachförderung der Kinder entwickelt<br />

und systematisiert worden, die nachweislich sehr erfolgreich<br />

sind. Hier am Beispiel des Kindergartens Breitwiesergutstraße<br />

(Anteil von Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache 84 von 90<br />

Kindern)<br />

Sprachstandfeststellung und Sprachfördermethode:<br />

Sprachstandfeststellung: Der SISMIK-Beobachtungsbogen<br />

kommt regelmäßig zur Anwendung (für 3jährige 1x im Februar,<br />

ab dann jedes Jahr im November und April). Zwei Pädagoginnen<br />

arbeiten bei der Erstellung des Beobachtungsinhaltes zusammen<br />

um eine breitere Wahrnehmung des Kindes zu erhalten.<br />

(siehe 4.2.3)<br />

Aufgrund der SISMIK-Ergebnisse werden Fördergruppen und<br />

persönliche Sprachförderprogramme (motivierend durch Stärkenorientierung<br />

erstellt)<br />

Die Pädagoginnen wenden die „themenorientierte Sprachförderung“<br />

(zu den Themen Name, Person, Freunde, Familie, Kindergarten<br />

und Umgebung, Nachbarschaft) an. Inhaltlich angelehnt<br />

ist diese Methode an Erkenntnisse des IFP-München und der<br />

Methode von Elke Schlösser „Wir verstehen uns gut“<br />

(siehe 4.1.2 Sprachfördermethoden).<br />

Unterstützung der muttersprachlichen Entwicklung:<br />

durch das Institut für Interkulturelle Pädagogik durch die Bereitstellung<br />

von muttersprachlichen Lehrpersonen<br />

eigenes muttersprachliches pädagogisches Personal in serbokroatisch<br />

und türkisch<br />

oftmalig Langzeitpraktikantinnen durch BIFO (4-5 Monate)<br />

oder Job-Plus (2-3 Jahre) mit nichtdeutscher Muttersprache<br />

Zusammenarbeit und Unterstützung durch mehrsprachige Eltern<br />

Elternarbeit:<br />

- 1 mal im Jahr ein sehr ausführliches Gespräch über die Gesamtentwicklung<br />

des Kindes;<br />

- sehr kultivierte (personell abgesicherte) Tür- und Angelgespräche<br />

- 5 mal im Jahr Spielenachmittage mit Eltern und Kindern zu den<br />

oben genannten Themenschwerpunkten<br />

- Hospitationen (beinahe verpflichtend) von neuen Eltern einen<br />

Vormittag lang in der Gruppe<br />

- ganz offensive Information an die Eltern bezüglich Förderung<br />

der Muttersprache<br />

- regelmäßige Besuchskontakte von Kindern der Gruppe und den<br />

Pädagoginnen in den Familien<br />

-<br />

Personalentwicklung:<br />

- regelmäßige Arbeitskreistreffen (alle 4 bis 6 Wochen) zum Austausch<br />

von Erfahrungen und Fragen<br />

- interne Fortbildungen des Magistrats<br />

- gemeinsame Erarbeitung von Methoden und Dokumentationsformen<br />

- gemeinsame Kontakte nach Außen (Exkursionen, Institut für<br />

Frühpädagogik München, etc.)<br />

- reflektierende Gespräche bezüglich der Erreichung der<br />

Qualitätsstandards<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

49<br />

Bibliothek (mit zweisprachigen Kinderbüchern) und Spielothek<br />

werden den Eltern angeboten (sehr offensiv), damit Kindern zuhause<br />

pädagogisch sinnvolle und wertvolle Möglichkeiten<br />

bekommen<br />

Erfolgreiche Anwendung – Sprachlernerfolge:<br />

Kinder, welche drei Jahre in den Kindergarten gegangen sind<br />

können praktisch alle genügend Deutsch, damit ein normaler<br />

Schuleinstieg möglich ist.<br />

Ausnahmen sind lediglich Kinder, die aufgrund ihre auffälligen<br />

sozialen Verhaltens und von geistigen Beeinträchtigungen eine<br />

verzögerte Entwicklung haben.<br />

Kiga Breitwiesengutstraße: von 42 Kindern, die nächstes Jahr<br />

schulpflichtig werden, haben 26 ein Sprachticket bekommen<br />

(davon sind 14 das erste Jahr im Kindergarten) und sind nun<br />

Anfang März abermals von der Schule sprachgetestet worden.<br />

10 dieser 14 haben noch erkennbare Sprachdefizite. Die anderen<br />

Kinder werden als normal schulreif eingestuft.<br />

Kiga Anastasius-Grün-Straße: von 102 Kindern ist 1 Kind mit<br />

deutscher Muttersprache. Von 33 Kindern, die nächstes Jahr<br />

schulpflichtig werden, hat 1 Kind ein Sprachticket bekommen.<br />

4.3.4<br />

Sprachfördermodell Recklinghausen –<br />

Qualitätsstandards-Checkliste<br />

In der nachfolgenden Auslistung lässt sich sehr gut ablesen, nach<br />

welchen Qualitätsstandards die Stadt Recklinghausen Sprachförderung<br />

in Kindertageseinrichtungen ausgelegt hat. Diese<br />

Checkliste dient vor allem zur Selbst- oder Fremdevaluation in<br />

den Einrichtungen selbst. Für uns gibt diese Liste sehr wertvolle<br />

Hinweise, wie kompakt und genau sich Sprachfördermodelle<br />

strukturell definieren und planen lassen.<br />

<strong>SPRACHE</strong><br />

<strong>BILDUNG</strong><br />

<strong>INTEGRATION</strong>


50<br />

4.3.5<br />

Projekt „HAVAS 5”; Hamburg, Deutschland<br />

Kontakt: Projektleitung “HAVAS 5”; Landesinstitut für Lehrerbildung und<br />

Schulentwicklung<br />

Marita Müller-Krätzschmar, Felix-Dahn Str.3, 20357 Hamburg<br />

Telefon: 040 42801-3711/2902;<br />

E-Mail: marita.mueller-kraetzschmar@li-hamburg.de<br />

“HAVAS 5 im Kooperationsprojekt Kita und Schule”<br />

“HAVAS 5” befasst sich mit Sprachstandsfeststellung und den<br />

Konsequenzen für die Förderung im Kooperationsprojekt Kita<br />

und Grundschule (Modul 1). Es geht um frühkindliche Sprachförderung<br />

aufgrund von HAVAS 5, die Effektivierung von<br />

Fördermaßnahmen und die Kooperation unterschiedlicher<br />

Partner (Kita und Schule).<br />

Ziele sind Erprobung und Bewertung eines Fortbildungskonzepts<br />

von HAVAS 5 in Verbindung mit einem Sprachförderkonzept;<br />

Erweiterung der vorhandenen Sprachfördermaterialien; Überprüfung<br />

der Wirksamkeit von Sprachförderung durch Fallstudien in<br />

Kitas und Grundschulen; Herstellung von Handreichungen sowie<br />

Zusammenstellungen von Modellen “Sprachförderung im Team”.<br />

“ Family Literacy”<br />

Parallel zu “HAVAS 5” werden im Teilprojekt “Family Literacy”<br />

Eltern mit Migrationshintergrund in die vorschulische und im<br />

Anschluss daran auch schulische Sprachförderung einbezogen<br />

und die Zusammenarbeit zwischen Elternhaus und Schule/Kitas<br />

gestärkt. “Family Literacy” verbindet familiale Spracherziehung<br />

und institutionelle Sprachbildung (Modul 4).


In den “Family Literacy”-Lerngruppen sollen Erkenntnisse aus<br />

HAVAS 5 Anwendung finden: Eltern sollen in die (Schrift)<br />

Sprachförderung ihrer Kinder aktiv einbezogen werden und<br />

Unterstützung erhalten, um zuhause mit den Kindern weiterzuarbeiten.<br />

Die Zusammenarbeit zwischen Elternhaus und Schule<br />

soll insgesamt gestärkt, Kooperation mit anderen sozialen<br />

Einrichtungen angebahnt werden. Parallel dazu erfolgt ein<br />

Austausch mit inhaltlich internationalen “Family Literacy”-<br />

Projekten durch das UNESCO-Institut für Pädagogik.<br />

Mehr zum Family Literacy in Hamburg:<br />

http://www.unesco.org/education/uie/pdf/FLY-PR_S.PDF<br />

4.3.6<br />

Projekt – Detmold ; Nordrhein Westfalen, D<br />

(Detmold, 30 km östlich von Bielefeld, zirka 70.000 Einwohner)<br />

Kontakt: SPRINT; Projektbüro für Sprache und Integration des<br />

Fördervereins der VHS Detmold e.V.<br />

Fritz-Reuter-Straße 17; 32756 Detmold;<br />

Telefon: 0049-5231-307131; E-mail: projektbuero.sprint@arcor.de<br />

Das Projekt Detmold hat in erster Linie das Ziel ein tragfähiges,<br />

fachlich kompetentes und verantwortungsbewusstes Netzwetzwerk<br />

sowohl für die sprachliche Förderung und soziale Integration<br />

der Kinder, die gemeinsame sprachliche Förderung von<br />

Kindern und Eltern als auch die sprachliche Förderung und soziale<br />

Integration der Eltern zu unterstützen. Das Projekt ist bildungsbereichsübergreifend<br />

und zielt darauf ab, möglichst früh<br />

mit Mütter und Kinder mit migrantischem Hintergrund in<br />

Kontakt zu treten. Spätestens im Kindergarten.<br />

Am Netzwerk beteiligt sind: Förderverein der VHS Detmold<br />

e.V.; Volkshochschule Detmold; Stadt Detmold; Geschwister –<br />

Scholl – Gesamtschule; Hauptschule Südholzschule; Grundschule<br />

Hakedahl; Grundschule Bachschule; AWO Kindertagesstätte<br />

Herberhausen; Kindertagesstätte Hiddeser Berg;<br />

Kindertagesstätte Georg-Weerth-Straße; AWO Kindertagesstätte<br />

Hiddeser Berg; Sahle Wohnbaugesellschaft / Parea; Agentur für<br />

Arbeit Detmold; Rotary Club Detmold<br />

Die Entwicklung bzw. Modifizierung der Netzwerkstruktur über<br />

einen Projektzeitraum von insgesamt 4 Jahren ist wie folgt angedacht:<br />

1. Jahr: Erprobung und Evaluation konkreter Sprachförderkonzepte<br />

in Richtung Erprobung bzw. Sichtung neuer Curricula/Materialien<br />

i.V. mit der Erprobung neuer Möglichkeiten der<br />

Zielgruppenansprache. Gedacht ist hierbei an Arbeitsgemeinschaften<br />

aus den verschiedenen Institutionen zwecks Austausch<br />

über Ziele, Inhalte, Methoden sowie an die Evaluierung und<br />

Transfermöglichkeiten.<br />

2. Jahr: Durchführung weiterer Sprachfördermaßnahmen in<br />

Richtung einer Erweiterung des Netzwerkes im Stadtgebiet von<br />

Detmold sowie der Einbindung weiterer Kooperationspartner in<br />

anderen Städten und Gemeinden vor dem Hintergrund des<br />

51<br />

Abschlusses erster Maßnahmen, der Auswertung abgeschlossener<br />

sowie noch laufender Maßnahmen, des Transfers in Stadtteile<br />

bzw. Institutionen mit relativ niedrigem Migrantenanteil, der<br />

Klärung des sowohl organisatorischen wie konzeptionellen<br />

Umfeldes, der Erweiterung der Projektpartner sowie der<br />

Vorbereitung des Transfers auf andere Städte und Regionen.<br />

3. Jahr: Bildung von Subnetzwerken in den sich beteiligenden<br />

Städten und Gemeinden/eines neuen städteübergreifenden<br />

Netzwerkkerns vor dem Hintergrund der Evaluation abgeschlossener<br />

und laufender Maßnahmen, des Austausches über<br />

Erfahrungen mit dem Transfer, der Initiierung von Fortbildungen<br />

in Richtung pädagogischer und sozialer Profession, der<br />

Herausgabe von Materialien sowie der Einbindung neuer<br />

Projektpartner.<br />

4. Jahr: Festigung bzw. Öffnung des Kernnetzwerkes für weitere<br />

interessierte Städte und Gemeinden vor dem Hintergrund der<br />

Entwicklung von Empfehlungen für lokale Netzwerke bzw. der<br />

Entwicklung von Kommunikationsstrukturen auf der Ebene der<br />

einzelnen Netzwerkpartner .<br />

http://www.regionet-owl.de/home/index,id,274,selid,2615,type,<br />

VAL_MEMO.html<br />

4.3.7<br />

Kindergarten Scherzhausen, Stadt Salzburg<br />

Kontakt: Kindergarten Scherzhausen, Paumannstraße 5,<br />

Tel. 0662-432 585<br />

Leiterin: Ulrike Mayer-Gerschpacher; E-Mail: scherzhausen@inode.at<br />

Der Kindergarten Scherzhausen liegt im Bezirk Lehen, abesteht<br />

aus 3 Gruppen mit 70 Kindern, davon 70% Kinder mit nichtdeutscher<br />

Muttersprache (12 verschiedene Sprachen, keine Sprachgruppe<br />

ist überdominant, aber natürlich sind türkisch und serbokroatisch<br />

sprechende Kinder am häufigsten vertreten).<br />

Seit einigen Jahren hat sich der Kindergarten Scherzhausen und<br />

dessen Team sich intensiv mit dem Thema Sprachförderung und<br />

interkulturelle Pädagogik befasst und ein sehr beherztes und<br />

offenes System aufgebaut.<br />

Wiederum zeigt sich, dass ein gewisser Grundstock an Technik,<br />

Methode und hilfreiche Instrumente notwendig sind.<br />

Sprachstandfeststellung und Sprachfördermethode:<br />

Sprachstandfeststellung: Für jedes Kind wird in diesem Kindergarten<br />

beim Einstieg auf zweifacher Weise die Sprachstandfeststellung<br />

gemacht. Zum einen ist dies der SISMIK-Beobachtungsbogen<br />

und das Maarburger Sprachscreening. Dann<br />

wird dies 2x jährlich wiederholt. (siehe 4.2.3)<br />

Das besondere in dieser Einrichtung ist, dass sie diese Erhebungsbogen<br />

auch muttersprachlich ausgerichtet haben und damit<br />

auch eine Art muttersprachliche Sprachstandfeststellung<br />

improvisieren.<br />

Die Ergebnisse werden innerhalb der Teamsitzung besprochen,<br />

mit externen Fachleuten besprochen und dann ganz speziell mit<br />

den Eltern beratschlagt, wie sie sich zuhause unterstützend zeigen<br />

können.


-<br />

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Netzwerkarbeit:<br />

Der Kindergarten Scherzhausen hat sich ein Netz von Helfern<br />

aufgebaut, welche sich alltäglich in die Kindergartenarbeit einbringen.<br />

Dolmetscher in allen notwendigen Sprachen<br />

muttersprachliche Lehrpersonen kommen in den Kiga<br />

Eltern helfen im Kindergarten bei der muttersprachlichen Weiterentwicklung<br />

der Kinder<br />

Besondere Entwicklung in der Elternarbeit:<br />

Diese Entwicklung hat schon sehr große Ähnlichkeit mit dem<br />

Projekt „Rucksack“ in NRW (siehe 4.6), wurde aber von den Pädagoginnen<br />

selbst entwickelt:<br />

alle 6 Wochen findet ein interkulturelles Frühstück von 7.00 bis<br />

10.00 Uhr statt, welches sehr gut besucht wird. (Viele kommen<br />

jedes Mal, die andern praktisch alle jedes zweite Mal.)<br />

2 mal im Jahr ein großes ganztägiges interkulturelles Fest.<br />

Aus diesen Aktionen heraus hat sich eine Gruppe gebildet, die<br />

regelmäßig in den Kindergarten kommen und muttersprachliche<br />

Märchen (auch traditionelle) erzählen oder mehrsprachige Bücher<br />

vorlesen. Es gibt im Kiga mehrere Leseforen, welche zum<br />

Teil mehrfach „gebucht“ werden.<br />

Eine andere (mehrsprachige) Elterngruppe hat sich gebildet,<br />

welche sich gegenseitige Unterstützung bieten (z.B. bei Behördengängen<br />

oder bei Arztbesuchen, etc.) Es kommt immer öfter<br />

vor, dass Eltern zu anderen Familien nach Hause eingeladen<br />

werden, um dort bestimmte Themen zu besprechen (z.B. pädagogische<br />

Fragen).<br />

Bibliothek (mit zweisprachigen Kinderbüchern) und Spielothek<br />

wurde aufgebaut und diese werden den Eltern angeboten (sehr<br />

offensiv), damit Kinder zuhause pädagogisch sinnvolle und wertvolle<br />

Möglichkeiten bekommen<br />

Personalentwicklung:<br />

die Leiterin gibt inzwischen selbst, oder im Auftrag des Landes<br />

oder der Stadt, Fortbildungen für andere Pädagoginnen<br />

An der Uni-Salzburg wurde ein interkultureller Lehrgang angeboten,<br />

den zahlreiche Kinderpädagoginnen besuchten<br />

In jedem Kindergarten gibt es ein oder zwei derart spezialisierte<br />

Pädagoginnen<br />

Erfolgreiche Anwendung – Sprachlernerfolge:<br />

- Neben der ständigen Beobachtung und Dokumentation der<br />

Fortschritte in der Sprachentwicklung, wird im letzten Kindergartenjahr<br />

vermehrt mit Geschichten und Erzählsituationen<br />

gearbeitet, welche die Kinder selbst gestalten. Der Wortschatz,<br />

,, die inhaltliche Handlung und die verwendete Grammatik werden<br />

dabei besonders beachtet.<br />

- Das Ergebnis ist sehr erfreulich. Eigentlich sind in den letzten<br />

Jahren alle Kinder immer völlig normal eingeschult. Deshalb<br />

verwundert es nicht, dass heuer von 25 Kindern mit nichtdeutscher<br />

Muttersprache, welche nächstes Jahr schulpflichtig werden,<br />

lediglich 1 Kind ein Sprachticket bekam.<br />

4.3.8<br />

„Sesam öffne dich“, Gemeindekindergarten<br />

Mäder, <strong>Vorarlberg</strong>, A<br />

Im Zeitraum September bis Dezember 2005 startete der Kindergarten<br />

Mäder den ersten von drei Teilen eines Sprachprojekte<br />

-<br />

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52<br />

für Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache. An 12 Nachmittagen<br />

zu je 2 Stunden wurden sehr kindgerechte Themenbereiche<br />

ausgewählt, die sich methodisch vielfältig auch um die Sprachentwicklung<br />

und Wortschatzerweiterung der Kinder bemühten.<br />

Diese Projekttrilogie ist sehr gut dokumentiert und ausgewertet.<br />

Für die Alltagspraxis in den Gruppen sofort zu übernehmen.<br />

Derzeit läuft die Weiterführung dieses Projektes, welches sich<br />

sowohl an die Kinder wie auch an die Eltern richtet.<br />

4.4<br />

SPEZIELLE FORT<strong>BILDUNG</strong>SMODELLE<br />

Die Qualifizierung vom pädagogischen Personal in den<br />

Kindereinrichtungen ist wahrscheinlich die wichtigste Investition,<br />

die im Bereich der vorschulischen Sprachförderung gemacht<br />

werden soll.<br />

Neben der grundlegenden „Nachrüstung“ des gesamten Personals<br />

was das Grundwissen über Sprachentwicklung und<br />

Sprachförderung, Zweitspracherwerb und Mehrsprachigkeit anbelangt,<br />

gilt es besonders jenen Personen Unterstützung zu gewähren,<br />

die aufgrund spezieller Gruppenkonstellationen dringlichen<br />

Bedarf haben. Diese speziellen Situationen können sein:<br />

ein hoher Anteil von Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache<br />

oder eine Vielzahl von verschiedenen Erstsprachen in der Gruppe.<br />

Die nachstehenden Fortbildungsmodelle sind darauf ausgerichtet,<br />

diese spezialisierte Zusatzqualifikation zu ermöglichen. Sie<br />

sind erprobt und erfolgreich angewandt worden.<br />

Im Wesentlichen werden folgende Themen beleuchtet:<br />

Erweiterung des interkulturellen Grundwissen (Religion,<br />

Migration, Bildungserfahrungen der Herkunftsfamilien, etc.)<br />

Grundwissen über Sprachentwicklung, Sprachförderung,<br />

Deutsch als Zweitsprache<br />

Einführung in Methoden der Sprachförderung<br />

Einführung in die Anwendung von Sprachstandsfeststellungen<br />

und Sprachentwicklungsbeobachtung und deren Dokumentation<br />

Zusammenarbeit mit Eltern in Sachen Sprachförderung<br />

Quelle: ernst.6900


-<br />

-<br />

-<br />

Evaluation der personellen Ressourcen<br />

Die Uni-Dortmund entwickelt gerade ein Instrument, welches<br />

sich dazu eignet, dass pädagogische MitarbeiterInnen sich auf<br />

ihre fachlichen Kompetenzen in Bezug auf die interkulturelle<br />

Pädagogik und auch auf den Themenkreis „Förderung von<br />

Deutsch als Zweitsprache“ hin abtesten können. Dieses Evaluierungsinstrument<br />

nennt sich R.E.S.I. und ist in der Endphase der<br />

Testungen. In der Stadt Recklinghausen haben schon vor einigen<br />

Monaten einige Pädagoginnen an solchen Tests mitgemacht und<br />

das Instrument als sehr hilfreich eingestuft, wenn es darum geht<br />

sich selbst besser einschätzen zu lernen und auch Ansatzpunkte<br />

zu erkennen, wo und wie man sich weiter qualifizieren kann.<br />

Aktuelles Forschungsprojekt:<br />

Bildungskonzept zur Sprach- und Literacyförderung<br />

Das Charlotte Bühler – Institut in Wien, in Österreich federführend<br />

in Sachen Qualitätsentwicklung in Kindergärten tätig, führt<br />

derzeit eine breit angelegte Studie zum Thema „Sprach- und<br />

Literacyförderung von Kindern von ein bis sechs Jahren“ durch.<br />

Sie inkludieren in dieser Betrachtung die Kleinkindbetreuung<br />

und den Kindergarten im gleichen Maße, da jedem Altersabschnitt<br />

eine besondere und auch wichtige Bedeutung zukommt.<br />

Folglich formuliert das Charlotte-Bühler-Institut die Zielsetzung<br />

so:<br />

Es bedarf eines langfristigen Bildungskonzepts, das sich einerseits an<br />

wissenschaftlichen Grundlagen und andererseits an den Anforderungen<br />

und Erfahrungen der pädagogischen Praxis orientiert.<br />

Auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse und an Hand von<br />

Praxismodellen erhalten Kindergartenpädagog/inn/en Anregungen,<br />

sich mit Sprache und Kommunikation, mit der Entwicklung<br />

von Literacy und mit der Sprachförderung von Kindern mit nicht<br />

deutscher Erstsprache intensiv auseinander zu setzen. Dabei werden<br />

Ergebnisse der Lernforschung und der Gehirnphysiologie,<br />

sowie geschlechtsspezifische und interkulturelle Aspekte, die<br />

Förderung von Kindern mit besonderen Bedürfnissen und von<br />

Hochbegabten berücksichtigt.<br />

Auch der Partizipation von Kindern und den transaktionalen<br />

Wechselbeziehungen zwischen ihnen, den Kindergartenpädagog/inn/en,<br />

den Eltern und der kulturellen Umwelt wird in diesem<br />

Bildungskonzept besondere Bedeutung zukommen.<br />

In Fortführung des Transaktionsansatzes, wie er als Grundlage<br />

für alle Bildungsprozesse ausführlich dargelegt wurde (Charlotte<br />

Bühler-Institut, 2004), werden auch die Räume und die Ausstattung<br />

mit Kinderliteratur, Spielmitteln, elektronischen Medien etc.<br />

durchleuchtet.<br />

Als weitere strukturelle Qualitätsanforderungen für eine effiziente<br />

Sprach- und Literacyförderung sollen etwa die Gruppengröße<br />

und -struktur, der Personal-Kind-Schlüssel, (mehrsprachiges)<br />

Fachpersonal sowie die Aus- und Weiterbildung des Personals in<br />

das Bildungskonzept miteinbezogen werden. Das Projekt wird<br />

von den Landesregierungen der Bundesländer Oberösterreich,<br />

Steiermark, Salzburg und Wien sowie von der Stadt Innsbruck<br />

subventioniert.<br />

Die Fertigstellung und Veröffentlichung der Ergebnisse ist für<br />

2007 angekündigt.<br />

Projektleitung: Drin Waltraut Hartmann<br />

Mitarbeiterinnen: Maga Martina Stoll, Birgit Hartel, Martina Pfohl<br />

Kontakt: Charlotte Bühler-Institut für praxisorientierte Kleinkindforschung<br />

1040 Wien, Favoritenstraße 4-6/1/1, Tel.: 0664 / 85 36 333<br />

http://www.charlotte-buehler-institut.at/<br />

53<br />

4.4.1<br />

Projekt „Frühstart“ und „Wir verstehen uns gut“<br />

Gemeinnützige Hertie-Stiftung, Grüneburgweg 105, 60323 Frankfurt<br />

Herbert-Quandt-Stiftung, Am Pilgerrain 15, 61352 Bad Homburg<br />

Türkisch-Deutsche Gesundheitsstiftung e.V., Friedrichstr. 13, 35392<br />

Gießen<br />

Verantwortlich: Diplom-Pädagogin Mehtap Sanli, c/o Türkisch-Deutsche<br />

Gesundheitsstiftung e.V.<br />

Friedrichstr. 13, 35392 Gießen, A<br />

Erzieherinnen in Kindergärten mit hohem Zuwandereranteil<br />

brauchen dringend Kenntnisse und Methoden, um eine optimale<br />

Sprachförderung für Zuwandererkinder leisten zu können. Frühstart<br />

möchte in einem intensiven Fortbildungsprogramm für Erzieherinnen<br />

die Grundlage für eine erfolgreiche sprachliche Bildung<br />

im Kindergarten legen.<br />

Dieses Fortbildungsprogramm wurde von Frau Elke Schlösser<br />

entwickelt und publiziert. Sie leitet auch die Frühstart-Erzieherinnenfortbildung.<br />

(Elke Schlösser: Wir verstehen uns gut - Spielerisch<br />

Deutsch lernen. Methoden und Bausteine zur Sprachförderung<br />

für deutsche und zugewanderte Kinder als Integrationsbeitrag<br />

in Kindergarten und Grundschule, Ökotopia Verlag,<br />

Münster 2001).<br />

Ergänzt wird dieses Fortbildungsprogramm mit einem Angebot<br />

für muttersprachliche Elternbegleiterinnen, welches von Frau<br />

Methap Sanli angeboten wird.<br />

Ziele und Inhalt dieses Fortbildungskonzeptes:<br />

- Die Erzieherinnen sollen lernen, Kinder mit<br />

Migrationshintergrund im Rahmen ihrer Arbeit sprachlich<br />

gezielt zu fördern.<br />

- Interkulturelle Erziehung soll erreicht werden, indem Eltern,<br />

Erzieher und Erzieherinnen für kulturelle Prägungen sensibilisiert<br />

werden. Dabei lautet die Devise: „Eigene Kulturmuster<br />

reflektieren und fremde Kulturen verstehen“.<br />

- Elternarbeit erfolgt u.a. durch Mitwirkung muttersprachlicher<br />

Elternbegleitern. Diese arbeiten ehrenamtlich und beraten<br />

Mütter, Väter und sonstige Bezugspersonen in Erziehungssowie<br />

Bildungsfragen. Außerdem vermitteln die zumindest<br />

zweisprachigen Ehrenamtler zwischen Kindertagestätten,<br />

Elternhäusern und Migrantenvereinen.<br />

- Geschichten, Gedichte, Fingerspiele, Abzählreime, Märchen,<br />

Lieder, Rollenspiele, Malen – das Konzept »Wir verstehen uns<br />

gut – spielerisch deutsch lernen« gibt den Erzieherinnen vielfältige<br />

didaktische und inhaltliche Möglichkeiten zur Vermittlung<br />

der deutschen Sprache an die Hand. Es versetzt sie in die Lage,<br />

die Sprachförderung in ihren Arbeitsalltag einzubinden.<br />

4.4.2<br />

„SpiKi“ – Spracherziehung und Sprachförderung<br />

in Kindertagesstätten; Nürnberg, D<br />

Jugendamt der Stadt Nürnberg, Wilfried Knerr<br />

Um die Kinder und die pädagogischen Fachkräfte zu unterstützen,<br />

hat das Jugendamt der Stadt Nürnberg ein Programm zur<br />

Sprachförderung in Kindertageseinrichtungen (SpiKi) entwickelt.<br />

Sie bieten Qualifizierungsmaßnahmen zu den unterschiedlichen<br />

Bereichen der Sprachförderung, der interkulturellen Kompetenz<br />

sowie auch der Mitarbeit von Ehrenamtlichen in<br />

Kindertageseinrichtungen an.<br />

-<br />

Entwicklung und Erwerb der deutschen Sprache bei<br />

Migrantenkindern sowie deren Förderung und Beobachtung


-<br />

Interkulturelle Trainings (InkuTra - AWO Nürnberg) siehe Punkt<br />

4.5.4 Fortbildungen zu den einzelnen Praxisprojekten<br />

- Fortbildungen:<br />

- „Bewegung und Sprache“<br />

- „Beziehung und Sprache“<br />

- „Dialogisches Lesen“<br />

- „Ehrenamtliche in Kindertagesstätten“<br />

- “Mehrsprachliche KollegInnen und ihre besonderen Ressourcen”<br />

- “Deutsch lernen mit und durch Lernszenarien”<br />

- “Sprachentwicklung - Normalität und Abweichungen”<br />

4.4.3<br />

Intensivweiterbildung: “Sprachförderung im<br />

Elementarbereich”; FH Köln, D<br />

Ein Angebot des Sozialpädagogischen Institutes NRW (SPI) in<br />

Zusammenarbeit mit dem Zentrum für wissenschaftliche<br />

Weiterbildung der Fachhochschule Köln (ZwW)<br />

Kontakt: Zentrum für wissenschaftliche Weiterbildung der<br />

Fachhochschule Köln (ZwW e.V.);<br />

Frau Mohs, Claudiusstr. 1, 50678 KÖLN Tel: 0221 / 8275 3145;<br />

Email: weiterbildung@fh-koeln.de<br />

Beschreibung des Kurses auf der Homepage des Zentrums für wissenschaftliche<br />

Weiterbildung (ZwW):<br />

http://www.zww.fh-koeln.de/weiterbildungsangebote/sprachfoerderung<br />

_0304.htm<br />

Die nachstehenden Themen werden teilnehmerorientiert behandelt.<br />

Erarbeitete Themenbereiche sollen in der Praxis erprobt und<br />

Erfahrungen regelmäßig zurückgemeldet werden. Da in der<br />

Weiterbildung die unterschiedlichen personellen, organisatorischen<br />

und materiellen Voraussetzungen und Bedingungen der<br />

einzelnen Tageseinrichtungen berücksichtigt werden, wird den<br />

Erzieher/innen die Möglichkeit eingeräumt, eigene Themenvorschläge<br />

und Praxisbeispiele einzubringen.<br />

Die Weiterbildung umfasst 110 Unterrichtsstunden und schließt<br />

bei regelmäßiger und erfolgreicher Teilnahme mit einem<br />

Zertifikat ab.<br />

Inhaltsbereiche der Weiterbildung<br />

I. Die sprachliche Entwicklung von Kindern<br />

Theoretisches Wissen über die sprachliche Entwicklung von<br />

Kindern im Elementarbereich ist die Grundlage für sprachfördernde<br />

Situationen im pädagogischen Alltag:<br />

- Spracherwerb<br />

- Sprachstörungen<br />

- mehrsprachige Erziehung<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

54<br />

II. Grundlagen der pädagogischen Arbeit<br />

Eine Qualifizierung zur sprachlichen Förderung von Kindern in<br />

Kindertageseinrichtungen schließt die Auseinandersetzung mit<br />

Grundlagen der pädagogischen Arbeit ein:<br />

Aspekte interkultureller Erziehung<br />

Merkmale und Vorgehensweise im situationsbezogenen Ansatz<br />

Beobachtung von Kindersituationen<br />

Entwicklungsprozesse im Dialog<br />

Ziele und Formen von Beratung<br />

III. Sprachliche Förderung als Teil der pädagogischen<br />

Konzeption<br />

Sprachförderung ist eingebettet in die alltägliche Arbeit der<br />

Erzieher/innen und Teil der Konzeption der Tageseinrichtung.<br />

Sie setzt eine differenzierte Vorgehensweise voraus, die sich an<br />

den individuellen Unterschieden orientiert und somit die unterschiedlichen<br />

Sprachniveaus der Kinder berücksichtigt:<br />

Wahrnehmung und Bewegung<br />

Sprachförderung im Alltag: Medien und Methoden in der<br />

Sprachförderung<br />

Sprachförderung durch Bücher<br />

Sprachförderung durch Musik und Spiel<br />

Zusammenarbeit mit und Beratung von Eltern<br />

Auswertung und Dokumentation der Arbeit<br />

Präsentation von Projekten<br />

Quelle: ernst.6900


-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

Der Lehrgang versucht, die Chancen der Frauen/Männer auf dem<br />

Arbeitsmarkt zu verbessern und fördert die Stellung und<br />

Anerkennung der Interkulturellen MitarbeiterInnen innerhalb des<br />

Kindergartenteams. Nicht zuletzt eröffnet der Lehrgang aber eine<br />

intensive Auseinandersetzung mit den Inhalten und offenen<br />

Problemfeldern Interkultureller Pädagogik.<br />

Konkretes Projekt „Berufsbegleitender Lehrgang zur<br />

Qualifikation Interkultureller Mitarbeiter/Innen“<br />

Umfang des Lehrganges<br />

Dieser erstreckt sich auf zwei Jahre und ist auf 44 Seminartage<br />

aufgeteilt und umfasst 428 UE. Zusätzlich werden noch 200 UE<br />

Supervision abgehalten.<br />

25% der Fortbildung findet in der Freizeit statt. Die Fortbildung<br />

findet grundsätzlich berufsbegleitend statt.<br />

Ziele<br />

Als Hilfestellung für die Arbeit werden theoretische Impulse<br />

gegeben und praxisbegleitende Weiterbildung organisiert.<br />

Es wird mit pädagogischen und systembezogenen Grundsätzen<br />

im NÖ Kindergartenwesen vertraut gemacht.<br />

Es soll im Hinblick auf die Arbeit im Kindergarten ein ähnlicher<br />

Wissensstand der Teilnehmer, die mit verschiedenen Grundausbildungen<br />

in diesem Tätigkeitsbereich arbeiten, erreicht werden<br />

Aus dem interkulturellen Zusammenhang heraus sollen die<br />

Seminare helfen, den persönlichen und kulturellen Hintergrund<br />

bewusst zu machen, daraus zu schöpfen und diese Erfahrungen<br />

in der Arbeit umsetzen zu lernen<br />

Zielgruppe<br />

Frauen, Männer, die derzeit als Interkulturelle Mitarbeiter/Innen<br />

ambulant in NÖ Kindergärten tätig sind und weitere 6-8 Männer<br />

und Frauen, die an der Arbeit als Interkulturelle Mitarbeiter/<br />

Innen interessiert sind und alle Voraussetzungen für diese<br />

Tätigkeit (siehe Konzept zur Interkulturellen Erziehung in NÖ<br />

Kindergärten) erfüllen.<br />

Obwohl nach Absolvierung der Ausbildung kein Anspruch auf<br />

eine Anstellung besteht, kann vom Land Niederösterreich auf<br />

diese Personengruppe zurückgegriffen werden, wenn das Kontingent<br />

an Interkulturellen Mitarbeiter/Innen aufgestockt wird.<br />

Auf <strong>Vorarlberg</strong> bezogen, sind hier folgende<br />

Anmerkungen zu machen.<br />

Bisher gibt es keine pädagogischen Fachkräfte im Kindergartenbereich,<br />

die auf Landesebene angestellt sind. Sehr wohl gibt es<br />

Fachstellen (AKS; IFS;) die ihre Fachkompetenz diesen Einrichtungen<br />

zur Verfügung stellen. Ein Landespool von Fachkräften<br />

hat nachweisliche Vorteile in der Professionalisierung der<br />

Tätigkeit und ist eine wichtige Unterstützung für kleinere Gemeinden.<br />

Derzeit sind in <strong>Vorarlberg</strong> 13 Personen mit nichtdeutscher Muttersprache<br />

arbeitslos oder in Schulungen des AMS, die eine Matura<br />

absolviert oder eine noch höhere Ausbildung haben. Diese<br />

Personen in den sehr speziellen pädagogischen Fachbereich einzuschulen<br />

ist möglich und für alle Seiten interessant. Das<br />

Magistrat Linz hat dies schon öfters praktiziert.<br />

Inhalte<br />

Die Fortbildung wird in 3 große Bereiche geteilt:<br />

- Methodisch- didaktische Grundlagen<br />

- Interkulturelle Erziehung<br />

- Persönlichkeitsbildung<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

55<br />

Finanzierung<br />

Der Lehrgang wird durch Beiträge der Abteilung Kindergärten (K5),<br />

der NÖ Landesakademie und durch EU-Fördermittel finanziert.<br />

Abschluss<br />

Der Lehrgang wird mit einer fachspezifischen Hausarbeit abgeschlossen.<br />

Bei positivem Abschluss wird ein Zertifikat ausgehändigt.<br />

Dieses Konzept wurde mit der Gruppe der Interkulturellen<br />

Mitarbeiter/Innen und Mitarbeiter des NÖ Zentrums für Kindergartenpädagogik<br />

erarbeitet.<br />

Evaluation<br />

Im Dezember 2004 ist der Endbericht über die Evaluationsergebnisse<br />

über den Einsatz von Interkulturellen Mitarbeiterinnen<br />

(IKM) in Kindergärten Niederösterreichs erschienen.<br />

Unter http://www.noelak.at/zentas/grafik/KigaIKM_Endbericht.pdf<br />

ist er im Detail nachlesbar.<br />

Es gab zwei Befragungszeitpunkte (Okt. 2003 und Juni 2004) in<br />

einem Kindergartenjahr. Deren Ergebnisse können verglichen<br />

werden und somit eine recht genaue Wirkungsanalyse gemacht<br />

werden.<br />

Es wurde dabei erfasst, wie die IKM in den Kiga-Teams aufgenommen<br />

werden, wie sich die Eltern zu diesem Schwerpunkt<br />

äußern, wie sich die Interkulturalität im Kindergarten zeigt, die<br />

Sicht des Personal über den Einsatz der IKM abgefragt, die<br />

Einbindung der Eltern und Kinder, die Unterstützung und Kooperation<br />

durch die Gemeinden und natürlich die Sichtweisen der<br />

IKM erhoben.<br />

Zusammenfassung der Ergebnisse:<br />

Die Einschätzungen des Personals fallen insgesamt sehr positiv<br />

aus. Die Vermittlungsrolle der IKM zu den Kindern und Eltern<br />

wird sehr geschätzt. Das direkte Lernen von den Kompetenzen<br />

der IKM wird überwiegend positiv erlebt.<br />

Es gibt eine bewusste Handhabe von „Problemfeldern“, die auf<br />

unterschiedliche Sprachen und Kulturen zurück zu führen sind.<br />

Die Lösungskompetenzen der IKM werden hoch eingeschätzt.<br />

Die Zusammenarbeit mit den Kommunen ist auf Leitungsebene<br />

und IKM gut. Sie fühlen sich unterstützt.<br />

Die IKM fühlen sich in einer Vorreiterrolle und können vor<br />

allem durch ihre eigenen Erfahrungen als Migranten neue<br />

Perspektiven bei anderen Kolleginnen ermöglichen. Ihre anwaltschaftliche<br />

Vermittlungsrolle zwischen migrantischen Eltern und<br />

Einrichtung verstärkt ihre besondere Rolle, die aber von beiden<br />

Seiten als hilfreich angesehen wird.<br />

Es wird von allen Beteiligten festgestellt, dass der Einsatz von<br />

IKM dazu geführt hat, dass die Bereitschaft zur<br />

Mehrsprachigkeit in den Gruppen gestiegen ist, dass die interkulturelle<br />

Offenheit größer geworden ist, dass Probleme weniger<br />

geworden sind.


4.4.4<br />

Fortbildungsprogramm von Kon – Lab; Berg, CH<br />

Entwickelt hat das Programm „Sprache und frühkindliche Bildung“ als<br />

Erweiterung des bekannten Kon-Lab-Programms der Schweizer<br />

Sprachwissenschaftler Dr. Zvi Penner. Kon-Lab GmbH, Dörflistr. 13a, CH-<br />

8572 Berg, Tel. 0041-71-6380230<br />

Im Internet unter: http://www.kon-lab.com<br />

<strong>BILDUNG</strong> VON ANFANG AN – Sprache und frühkindliche<br />

Bildung<br />

Fortbildungsmodule<br />

Modul Umfang Inhalt<br />

Basis-<br />

Module 1+2 12-18 Std. Sprachliche Grundkompetenzen<br />

In die sem Basismodul werden die ErzieherInnen<br />

in der Anwendung des Programms<br />

und des Materials (Materialienkiste)<br />

geschult und es werden ihnen die<br />

wissenschaftlichen Grundlagen des<br />

Spracherwerbs vermittelt.<br />

3 6 Std. Wie die Kinder lernen<br />

In diesem Modul werden kindergartenpädagogische<br />

und entwicklungspsycho<br />

logische Ansätze vermittelt, wie Kinder<br />

Lernen lernen. Ebenso wird der pädago<br />

gische Ansatz der Bildungspläne unter<br />

besonderer Berücksichtigung der Sprache<br />

vermittelt.<br />

Aufbau-<br />

Module 4 6 Std. Gezielte Sprachförderung für das Lernfeld<br />

Literacy<br />

2 Stunden Grundlagen zum Thema<br />

Literacy im Zusammenhang mit Sprache;<br />

2 Stunden Anwendung der multimedialen<br />

Materialien und des Praxisordners<br />

Literacy; 2 Stunden Übung anhand eines<br />

ausgewählten Beispiels.<br />

5 6 Std. Gezielte Sprachförderung für das Lernfeld<br />

Mathematik<br />

2 Stunden Grundlagen über mathemati<br />

sches Wissen im Zusammenhang mit<br />

Sprache; 2 Stunden Anwendung der<br />

multimedialen Materialien und des Praxisordners<br />

Mathematik; 2 Stunden<br />

Übung anhand eines ausgewählten<br />

Beispiels.<br />

6 6 Std. Gezielte Sprachförderung für das Lern-<br />

feld Naturwissenschaft<br />

2 Stunden Grundlagen über naturwis<br />

senschaftliches Wissen im Zusammenhang<br />

mit Sprache; 2 Stunden Anwendung<br />

der multimedialen Materialien und<br />

des Praxisordners Naturwissenschaft; 2<br />

Stunden Übung anhand eines ausge<br />

wählten Beispiels.<br />

7 6 Std. Sehr frühe Bildung als Chance<br />

Sprachförderung für 0- bis 3-Jährige.<br />

8 > 12 Std.<br />

nach Vereinbarung Praktika und Nachbetreuung<br />

Am Tag nach der Schulung findet ein<br />

Coaching für alle Teilnehmer in einem<br />

Kindergarten statt. Mit etwa 5 Kindern<br />

aus dem Kindergarten führt der Schulungsdozent<br />

den Erzieherinnen das<br />

Programm in der Praxis noch einmal vor.<br />

Nachbetreuung: Nach ca Jahr kommen<br />

die Schulungsteilnehmer noch einmal<br />

zusammen, um Erfahrungen auszutau<br />

schen.<br />

56<br />

4.4.5<br />

AIM-Fachkraft für frühkindliche Pädagogik<br />

Kontakt: AIM gGmbH (Akademie für Information und Management);<br />

Ferdinand-Braun-Str. 3; 74074 Heilbronn, D<br />

Ansprechpartner: Margarete Schwab, Tel. 0049-71 31-390 97-391,<br />

E-Mail: schwab@aim-ihk.de und<br />

Pamela Hopfensitz, Tel. 0049-71 31-390 97-388,<br />

E-Mail: hopfensitz@aim-ihk.de; Internet: www.aim-ihk.de<br />

Dieser Lehrgang wäre durchaus geeignet, als Zusatzqualifikation<br />

für migrantische „QuereinsteigerInnen“ in die Kinderbetreuung<br />

adaptiert zu werden. Dauer: 14 Seminartage (112 UStd)<br />

Inhalt:<br />

1. Die Chancen des Orientierungsplans (2 Tage)<br />

2. Beobachtung und Dokumentation (1 Tag)<br />

3. Kooperationen mit Eltern, Schulen, anderen Partnern und<br />

Institutionen (1 Tag)<br />

4. Sprachbildung und Sprachförderung als zentrales Bildungs-<br />

und Entwicklungsfeld im Orientierungsplan (2 Tage)<br />

5 a. Das Bildungs- und Entwicklungsfeld „Körper“ (1 Tag)<br />

5 b. Das Bildungs- und Entwicklungsfeld „Denken“ (1 Tag)<br />

5 c. Das Bildungs- und Entwicklungsfeld „Sinn, Werte und<br />

Religion“ (1 Tag)<br />

6. Förderung und Begleitung frühkindlicher Lernprozesse (1 Tag)<br />

7. Intensivierung der Zusammenarbeit und Vernetzung mit der<br />

Grundschule (1 Tag)<br />

8. Interkulturelle Pädagogik in der Kindertageseinrichtung<br />

(1 Tag)<br />

9. Das Qualitätsmanagement in Kindertageseinrichtungen (1 Tag)<br />

10.Umgang mit Zahlen in der Kindertageseinrichtung (1 Tag)<br />

4.5<br />

LEHRGANGSMODELLE FÜR<br />

„SPRACHFÖRDER-SPEZIALISTINNEN“<br />

4.5.1<br />

Zertifikatslehrgänge in Niederösterreich<br />

4.5.1.1Lehrgang zur „Interkulturellen Fachpädagogin“<br />

Kontakt:Marianne Erasimus, Amt der NÖ Landesregierung, Zentrum für<br />

Kindergartenpädagogik, Haus 12; Landhausplatz 1, 3109 St. Pölten<br />

Telefon: 02742-9005-15643; E-Mail: erasimus.marianne@noel.gv.at;<br />

Nähere Informationen unter:<br />

http://www.noel.gv.at/service/k/K5/EU_Projekt_IPPT.htm<br />

Zusatzinformationen über das EU-Projekt:<br />

1. Projektjahr:http://www.tirol.gv.at/fileadmin/www.tirol.gv.at/themen/<br />

gesellschaft-und-soziales/integration/downloads/Leitbild/AK1/<br />

paedagogik1.pdf<br />

2. Projektjahr: http://www.tirol.gv.at/fileadmin/www.tirol.gv.at/themen/<br />

gesellschaft-und-soziales/integration/downloads/Leitbild/AK1/<br />

paedagogik2.pdf<br />

Das Bundesland Niederösterreich hat in Sachen interkulturelle<br />

Pädagogik im Vorschulbereich Pionierarbeit geleistet. Bereits<br />

seit 1990 wurden Frauen mit nichtdeutscher Muttersprache als<br />

Hilfskräfte in Kindergärten aufgenommen.<br />

Zum Einsatz dieser Mitarbeiterinnen gab es anfangs weder einen<br />

klaren Arbeitsauftrag, noch ein Konzept, noch Begleit- und<br />

Stützmaßnahmen.<br />

Die Interkulturellen Mitarbeiter/Innen stammen aus 7 verschiedenen<br />

Kulturkreisen und kommen aus verschiedenen Berufen.<br />

Aus den Vorstellungen und Bedürfnissen die sich in der praktischen<br />

Arbeit herauskristallisierten, entwickelte die Gruppe der<br />

Interkulturellen MitarbeiterInnen, unterstützt durch die Fachabteilung<br />

des Landes NÖ das Konzept zu einem berufsbegleitenden<br />

Lehrgang.


Das Gesamtprojekt: „Verschiedene Herkunft – Gemeinsame Zukunft“<br />

hat in Ergänzung zum Einsatz der IKM nachhaltig positive<br />

Wirkung erzielt.<br />

4.5.1.2 Zertifikatslehrgang „Interkulturelle Pädagogik“<br />

Kontakt:<br />

Marianne Erasimus, Amt der NÖ Landesregierung, Zentrum für<br />

Kindergartenpädagogik, Haus 12; Landhausplatz 1, 3109 St. Pölten<br />

Telefon: 02742-9005-15643; E-Mail: erasimus.marianne@noel.gv.at;<br />

und<br />

Maria Zwicklhuber, Interkulturelles Zentrum, Bacherplatz 10, 1050 Wien<br />

Telefon: 01-5867544-14; E-Mail: maria.zwicklhuber@iz.or.at<br />

Dieser Lehrgang ist über ein EU-Equal Projekt abgewickelt worden<br />

und in Kooperation mit dem Bundesministerium für Wirtschaft<br />

und Arbeit abgehalten worden.<br />

Im Unterschied zum vorherigen Zertifikatslehrgang richtet<br />

sich dieses Angebot an folgende TeilnehmerInnen:<br />

- Kindergartenpersonal (KindergärtnerInnen, HelferInnen,<br />

Interkulturelle MitarbeiterInnen)<br />

- VolksschullehrInnen<br />

- HorterzieherInnen<br />

- Deutsch-sprachige und muttersprachliche FörderlehrerInnen<br />

Die angestrebten Ziele dieses Angebotes sind:<br />

- Förderung von Empathie im Umgang mit Menschen aus anderen<br />

Kulturen<br />

- Erweiterung des didaktischen Repertoires im Umgang mit Kindern<br />

nicht deutscher Muttersprache<br />

- Reflexion der eigenen Mentalität und kulturelle Verhaltensweisen<br />

- Einsicht in die Kultur der Migrantenhauptgruppen<br />

- Intensive Auseinandersetzung mit Interkultureller Pädagogik in<br />

Theorie und Praxis<br />

- Vermittlung von Hintergrundwissen in Bezug auf Migration und<br />

Integration<br />

Methodisch setzt sich der Lehrgang wie folgt zusammen:<br />

- 8 verpflichtende Basismodule á 2 Tage<br />

- freiwählbare Zusatzangebote zu drei Stunden (15 Themen stehen<br />

zur Auswahl)<br />

- Projektarbeit: in Kleingruppen wird eine Projektarbeit durchgeführt<br />

und in der Gesamtgruppe vorgestellt.<br />

- Peergruppenarbeit: Regelmäßige Treffen mit dem Ziel Inhalten<br />

aus den Basismodulen zu vertiefen.<br />

Diese Lehrgangmodelle sind darauf ausgerichtet, dass PädagogInnen<br />

oder „QuereinsteigerInnen“ sich in einem sehr hohen<br />

Maße in den Themenbereich Interkulturelle Pädagogik und im<br />

Speziellen „Frühe Sprachförderung“ weiterbilden können. Die<br />

TeilnehmerInnen sollten nach einem solchen Lehrgang in der Lage<br />

sein, sich als SpezialistIn in speziellen Situationen und als<br />

BeraterIn für andere PädagogInnen zu bewähren. Diese intensive<br />

Vertiefung von diesen Personen ist eine besonders effektive Form<br />

der „flächigen“ Fort- und Weiterbildung, da diese SpezialistInnen<br />

sich besonders gut als MultiplikatorInnen eignen und somit eine<br />

sehr breite Wirkung erzielen können.<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

57<br />

4.5.2<br />

„Multiplikator/in für Sprachförderung“ in Kindertageseinrichtungen;<br />

Hamburg, D<br />

Kontakt: Ulrike Staffeldt, Amt für Familie, Jugend und Sozialordnung,<br />

Südring 32, 22303 Hamburg<br />

Telefon: 0049-40-42863-5210; E-Mail: Ulrike.Staffeldt@bsg.hamburg.de;<br />

Nähere Informationen unter: www.jugendhilfe.hamburg.de<br />

Diese 2 jährige berufsbegleitende Weiterbildung (Gesamtdauer:<br />

208 UE) bildet ErzieherInnen aus Kindergruppen zu MultiplikatorInnen<br />

für Sprachförderung in Kindergärten aus.<br />

Die Teilnehmenden erwerben Kompetenzen in drei Bereichen.<br />

Sie lernen:<br />

Sprachförderprozesse für Kinder zu planen, durchzuführen und<br />

auszuwerten und mit der Vielsprachigkeit von Gruppen und der<br />

Zwei- und Mehrsprachigkeit von Kindern pädagogisch sinnvoll<br />

umzugehen,<br />

Ihr Wissen zur Sprachförderung an Kolleginnen und Kollegen<br />

sowie Eltern weiterzugeben,<br />

Erfordernisse der Sprachförderung bei der Raumgestaltung und<br />

ausstattung sowie der Personalentwicklung zu berücksichtigen.<br />

Themenschwerpunkte und Lehrgangsaufbau:<br />

Sprachentwicklung von Anfang an - Entwicklung von Erst- und<br />

Zweitsprache, Störungen im Spracherwerb<br />

Beobachtung und Transkription SISMIK und HAVAS 5<br />

Sprachförderkompetenz in Situationen der Vielsprachigkeit;<br />

Einführung in Förderinstrumente<br />

Von der Sprachstandanalyse zur individuellen Sprachförderung<br />

Verläufe von Sprachentwicklung – Sprachprofile erstellen<br />

Zusammenarbeit mit Eltern in der Sprachförderung<br />

Sprachliche Ressourcen im Team erkennen und fördern<br />

Abrundung der erwachsenenbildnerischen Kompetenz<br />

-<br />

Zwischen diesen 8 Bausteinen finden regelmäßige Reflexionssitzungen<br />

und Praxisübungen statt.<br />

Abschluss:<br />

Am Ende des Lehrganges ist eine schriftliche Arbeit zu erstellen,<br />

die Praxisaufgaben in Form eines Portfolios vorzulegen und eine<br />

Abschlusspräsentation im Rahmen des Kolloquiums durchzuführen.<br />

Bei erfolgreicher Teilnahme erhalten die TeilnehmerInnen<br />

ein Zertifikat.<br />

4.5.3<br />

ErzieherInnenfortbildungen zur Sprachförderung<br />

für Vorschulkinder durch die Uni-Mannheim, D<br />

Kontakt: Vytautas Lemke, Forschungs- und Kontaktstelle<br />

Mehrsprachigkeit, Tattersallstr. 2, 68131 Mannheim<br />

Telefon: 0049-621-181-3165, E-Mail: vlemke@rumms.uni-mannheim.de;<br />

www.uni-mannheim.de<br />

Dieses von Dr. Rosemarie Tracy geleitete Fortbildungsprogramm<br />

wird von der Landesstiftung Baden-Württemberg mitfinanziert<br />

und zielt darauf ab, möglichst viele PädagogInnen in die Rolle<br />

der Multiplikatorinnen zu bringen, um der konkreten Sprachförderung<br />

in den Gruppen Vorschub zu leisten. Diese Fortbildungsreihe<br />

„Fit für die Sprachliche Frühförderung“ ist in Modulen aufgebaut:<br />

3 Theoriemodule<br />

Was genau lernt ein Kind beim Spracherwerb?<br />

Mehrsprachigkeit<br />

Sprachstandanalyse


-<br />

-<br />

-<br />

2 Praxismodule<br />

Die Schritte des Förderprogramms<br />

Strategien der Wortschatz- und Strukturvermittlung<br />

1 Abschlussworkshop<br />

Thema Beobachten und Dokumentation<br />

4.5.4<br />

InkuTra – interkulturelle Trainings; AWO Nürnberg<br />

Der Sachbereich Migration-Jugend & Familie des Kreisverbandes<br />

Nürnberg der Arbeiterwohlfahrt führt seit dem Jahr 2002 in<br />

enger inhaltlicher Abstimmung mit dem Jugendamt der Stadt<br />

Nürnberg ein modular aufgebautes Trainingsprogramm im<br />

Rahmen des Modellprojektes „InkuTra - interkulturelle Trainings“<br />

durch.<br />

Themen der Trainings sind u.a.: Wissen um Kulturstandards,<br />

Eigenkulturreflexion der Fachkräfte, Fremdheitserfahrung, Vorurteile,<br />

Umgang mit Fremdem, interkulturelle Kommunikation,<br />

Migration und Migrationsbiographien, Informationen zu speziellen<br />

Herkunftsländern, die Bearbeitung konflikthafter Situationen<br />

im Arbeitsfeld und handlungsbezogene Ansätze interkultureller<br />

Arbeit.<br />

„InkuTra“ wurde aus Mitteln des Bundesverwaltungsamtes gefördert<br />

und in dessen Auftrag wissenschaftlich begleitet und evaluiert.<br />

Die vier Bausteine der InkuTra-Trainings der AWO (Arbeiterwohlfahrt)<br />

Nürnberg:<br />

Impulsseminar zur Entwicklung interkultureller<br />

Kompetenz in Kindertageseinrichtungen<br />

- 2tägiges Seminar<br />

- April bis Juli 2002<br />

Aufbauseminar zur Förderung interkultureller<br />

Kompetenz in Kindertageseinrichtungen<br />

- 2tägiges Seminar<br />

Interkulturelle Inhouse-Trainings<br />

in Kindertageseinrichtungen<br />

- 1tägiges Seminar in Kindertageseinrichtungen<br />

- März bis November 2003<br />

- insgesamt 14 Einrichtungen<br />

- alle pädag. MitarbeiterInnen der Einrichtung<br />

Entwicklungsgruppe<br />

Leitlinien interkultureller Arbeit in<br />

Kindertageseinrichtungen<br />

- mit Fachkräften aus Kindertageseinrichtungen<br />

- fachlich begleitet durch eine Mitarbeiterin von Inku Tra<br />

- derzeit laufend<br />

58<br />

4.5.5<br />

Muntual – EU-Projekt für eine Ausbildung zur<br />

Interkulturellen Kinderpädagogin; Graz, A<br />

Kontakt für Österreich:<br />

Volkshilfe Steiermark, Brandhofgasse 13, Graz, A-8010, Österreich<br />

regina.egger@stmk.volkshilfe.at; www.stmk.volkshilfe.at<br />

BFI-Steiermark, Mariengasse 24, Graz, A-8020, Österreich<br />

sigrid.wozonig@bfi-stmk.at; www.bfi-stmk.at<br />

Stadt Graz, Amt für Kinderbetreuung; Kaiserfeldgasse 25, Graz, A-8010,<br />

Österreich<br />

heidi-irene.baeck@stadt.graz.at; www.graz.at<br />

Nähere Informationen: http://www.mutual-eu.com/dokumenter/<br />

handbook/handbook%20versions/German%20MUTUAL%20-%<br />

20Handbook.doc<br />

Die Webseite beinhaltet das gesamte veröffentlichte Material sowie<br />

akademische Forschungen und neue für dieses Projekt durchgeführte<br />

Studien, Referenzen und Hintergrundmaterial.<br />

Siehe www.mutual-eu.com.<br />

MUTUAL ist eine vom Programm “Leonardo da Vinci” der<br />

Europäischen Union finanzierte dreijährige internationale Zusammenarbeit<br />

von 13 Partnern in zehn europäischen Ländern.<br />

Das Projekt erstellt ein neues Ausbildungspaket für die multikulturelle<br />

Kinderbetreuung, das für MigrantInnen und TeilnehmerInnen<br />

aus den Gastländern offen ist.<br />

Ein praxisbezogenes Projekt<br />

MUTUAL ist eine praktische Zusammenarbeit zwischen<br />

ForscherInnen, Kinderbetreuungszentren und<br />

Ausbildungsorganisationen. Das Material ist einfach zu verwenden<br />

und hilft den TeilnehmerInnen unmittelbar, ihre<br />

Anstellungsmöglichkeiten zu verbessern.<br />

Unser Ausbildungskurs wird ein voll entwickeltes Entwicklungsprogramm,<br />

einschließlich Lehrplan und TrainerInnenrichtlinien,<br />

sein.<br />

Erfahrungen sind in der Kinderbetreuung äußerst wichtig. Daher<br />

umfasst der Kurs die individuelle Beurteilung und Zertifizierung<br />

früher erworbenen Wissens und hilft den TeilnehmerInnen somit<br />

dabei, ihre bestehenden Fertigkeiten und Erfahrungen zu dokumentieren.<br />

Der Kurs umfasst ein von MUTUAL neu entwickeltes wesentliches<br />

On-line-Element, um unerfahrene TeilnehmerInnen in die<br />

ICT einzuführen und erfahrenen StudentInnen die Möglichkeit zu<br />

geben, rascher zu lernen.<br />

Alle TeilnehmerInnen beenden den Kurs mit einem persönlichen<br />

Portfolio, das über persönliche Angaben, beurteilten Wissenserwerb<br />

und Qualifikationen sowie praktische Erfahrungen<br />

Aufschluss gibt. Dabei handelt es sich um ein wichtiges<br />

Werkzeug bei der Arbeitsplatzsuche.<br />

Quelle: ernst.6900


4.5.6<br />

Lehrgang Interkulturelle Pädagogik; Steiermark, A<br />

(aus dem Fortbildungsprogramm 2005/06 des Abteilung 6b,<br />

Amt der Landesregierung)<br />

(vom 30. November 2005 bis 9. Juni 2006, etwa 60 Gesamtstunden)<br />

Kontakt: Ansprechpartnerin in der Fortbildungsstelle:<br />

Karin Fahrengruber,<br />

Tel.Nr. 0316 / 877 / 3682; karin.fahrengruber@stmk.gv.at<br />

Modul 1 Migration:<br />

- Eigene Familien/Herkunftsgeschichte auf Migrationserfahrungen<br />

hin untersuchen<br />

- Geschichten von MigrantInnen<br />

- Migrations- und Integrationspolitik Österreichs nach 1945 (Ausgrenzung<br />

durch Gesetz, Verhinderung des Karriereaufstiegs,<br />

etc.); Situation von MigrantInnen in Graz/ Steiermark<br />

- Migration, Kulturschock, Identitätsbildung (Beschreibung durch<br />

MigrantInnen in Österreich)<br />

- Soziokultureller Hintergrund von MigrantInnen (Familienstrukturen,<br />

soziale Rangordnung, sozialer Hintergrund der Migrant-<br />

Innen, Erziehung)<br />

- Kulturdefinitionen, Kultur/Wertewandel, gesellschaftlicher Umbruch,<br />

Pluralität in der Gesellschaft<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

Modul 2 Sprache:<br />

Spracherwerb – Mehrsprachigkeit<br />

Grundsätzliches zum Spracherwerb im Kontext von Mehrsprachigkeit,<br />

Typen und Stufen des Spracherwerbs<br />

Didaktik der Mehrsprachigkeit / Förderung der Sprachkompetenz<br />

Bedeutung von Muttersprache<br />

Verbale und nonverbale Kommunikation<br />

Strukturelle Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für die<br />

Förderung der Mehrsprachigkeit (Muttersprachen, Zweitsprache,<br />

Deutschförderung…..)<br />

Macht der Sprache/Sprachlosigkeit<br />

Dialog als pädagogisches Prinzip<br />

Modul 3 Islam: Religion und Alltagskultur, traditionelle<br />

Werte und Familienstrukturen<br />

Islam – eine Religion<br />

Gemeinsames und Trennendes zwischen Christentum und Islam<br />

Abgrenzung zur Alltagskultur und zum Islam<br />

Konfliktbereiche rund um Religion (Privatbereich/Öffentlichkeit,<br />

religiöser Rassismus, Problematik des Islamismus)<br />

Umsetzung von Interkulturalität/Interreligiösität in Kinderbetreuungseinrichtungen<br />

Traditionelle Werte und Familienstrukturen in orientalischen<br />

Familien<br />

Handlungsorientierungen für die Praxis<br />

Plattform Begegnung und des Dialogs<br />

Modul 4 Konfliktmanagement in interkulturellen Kontexten:<br />

- Was ist ein interkultureller Konflikt?<br />

- Konfliktlösungskulturen<br />

- Konfliktanalyse und Handlungsstrategien (Bildertheater und<br />

Forumtheater)<br />

- Lösungsqualitäten – Diversity Management<br />

Modul 5 Interkulturelles Lernen – Integration<br />

Interkulturelles Lernen als Prozess vom Ethnozentrismus hin<br />

- zur Akzeptanz und Wertschätzung anderer Kulturen<br />

Methoden und Praxis interkulturellen Lernens<br />

- Entwickeln einer spezifischen Interkulturellen Kompetenz<br />

- Bedingungen für Integration und integrationsfördernde Maß-<br />

- nahmen<br />

59<br />

Lehrgangsleitung: Lisa KOLB-MZALOUET<br />

Kursnummer: 046<br />

Die durchgehende Teilnahme an allen 5 Modulen ist Voraussetzung für<br />

den erfolgreichen Abschluss des Lehrgangs.<br />

4.5.7<br />

Zertifikatslehrgang „Fachkraft für Sprachkompetenzförderung<br />

und Sprachentwicklung in der<br />

Kindertagesstätte (VHS); Lüneburg, D<br />

Kontakt: Volkshochschule Lüneburg, Haagestr. 4, 21335 Lüneburg,<br />

Niedersachsen, Deutschland<br />

Telefon: 0049-4131-15660; E-Mail: vhsifo@vhs.lueneburg.de;<br />

www.vhs.lueneburg.de<br />

Dieser berufsbegleitende Lehrgang umfasst 202 Unterrichtseinheiten,<br />

die auf 7 Module aufgeteilt sind.<br />

Inhalte sind:<br />

- Kenntnisse über die Lebensstilentwicklung in der frühkindlichen<br />

Phase<br />

- Kenntnisse der kindlichen Sprachentwicklung, des Zweitspracherwerbs<br />

- Zusammenhänge zwischen Wahrnehmung, Bewegung und<br />

Sprache sowie Sprache und Schrifterwerb<br />

- Kenntnisse der Interkulturellen Erziehung und Bildung<br />

- Zusammenarbeit mit Eltern und Insitutionen<br />

- Fähigkeit, diese theoretischen Kenntnisse in der täglichen Arbeit<br />

in der Kindertagesstätte altersgemäß und situationsangemessen<br />

anzuwenden.<br />

4.5.8<br />

Universitätslehrgang für Interkulturelle<br />

Kompetenz; Salbzburg, A<br />

Kontakt: Paris-Lodron-Universität Salzburg; Kapitelgasse 4-6,<br />

5020 Salzburg;<br />

Tel.: 0662/8044-0; E-Mail: uni.service@sbg.ac.at; www.uni-salzburg.at<br />

Nähere Auskünfte unter:<br />

http://www.uni-salzburg.at/portal/page?_pageid=1065,372965&_dad=<br />

portal&_schema=PORTAL<br />

Der Lehrgang ist im deutschsprachigen Raum einzigartig und<br />

zeichnet sich u.a. aus durch<br />

- seine interfakultäre Trägerschaft<br />

- seine Balance zwischen theoretischen Grundlagen und praktischen<br />

Übungsfeldern<br />

- die Anerkennung des Know-Hows der Teilnehmenden als zentrale<br />

Ressource<br />

- sein interkulturelles Forum<br />

- seine berufsbegleitende Organisationsform<br />

Die erfolgreiche Teilnahme wird mit einem EU-weit anerkannten<br />

„Postgraduate University Diploma in Intercultural Competence“<br />

der Universität Salzburg bestätigt.


4.5.9<br />

Zertifikatskurs „Interkulturelle Kompetenz“;<br />

RAA Nordrheinwestfalen, D<br />

Ansprechpartnerin: Frau Dr. Monika Springer-Geldmacher; Hauptstelle<br />

RAA NRW, Tiegelstr. 27; 45141 Essen, Telefon: 0049-201-8328304;<br />

E-Mail: springer-geldmacher.hauptstelle@raa.de; www.raa.de<br />

Mehr Informationen unter:<br />

http://www.raa.de/zertifikatskurs-interkulturelle-kompetenz.html<br />

Die eindrucksvolle Angebotspalette von RAA (Griffbereit,<br />

Hokus und Lotus, Interkultureller Schülerklub, KOALA, Modul<br />

DaZ, Potenziale und Rucksack) wird mit diesem Zertifikatslehrgang<br />

konsequent ergänzt und abgerundet. Diese Produktvielfalt<br />

ist Grundlage und Arbeitshaltung für diesen Lehrgang. Die gesamthaft<br />

hohen Qualitäten der Konzepte bestätigen sich in der<br />

nachweislich guten Wirkung. Dieser Lehrgang ist wirklich darauf<br />

ausgerichtet, dass hoch qualifizierte Fachpersonen sich beratend<br />

und aktiv in den Prozess der Sprachförderung von Kindern mit<br />

nichtdeutscher Muttersprache einbringen.<br />

In den Unterlagen der oben genannten homepage ist eine sehr differenzierte<br />

und aufschlussreiche Evaluation des ersten Lehrganges<br />

zu finden.<br />

Aufbau des Lehrganges:<br />

Einführungstag:<br />

Einführung in die Veranstaltung<br />

Verpflichtung zur Organisationsentwicklung<br />

Abschluss einer Vereinbarung zwischen RAA<br />

und Teilnehmerin 1 Tag<br />

Baustein 1: Interkulturelle Sensibilisierung 2 Tage<br />

Baustein 2: Ausländerrecht und Migration 2 Tage<br />

Baustein 3: Sprache, Sprachentwicklung, Förderung<br />

von Mehrsprachigkeit, Sprachstandserhebung, Sprachprogramme<br />

wie Rucksack, Hocus und Lotus,<br />

Wir verstehen uns gut 3 Tage<br />

Baustein 4: Arbeit mit Eltern<br />

Sensibilisierung für die Situation zugewanderter Eltern<br />

Griffbereit und Rucksack<br />

Andere Formen der Elternarbeit 2 Tage<br />

Baustein 5: Organisationsentwicklung<br />

Einführung in die Organisationsentwicklung<br />

Möglichkeiten der Umsetzung in einer Kindertageseinrichtung<br />

Möglichkeiten der Entwicklung einer interkulturellen<br />

Einrichtung 2 Tage<br />

Baustein 6: Religion in der Migration<br />

Islam als Sozialisationsfaktor in der Erziehung von<br />

muslimischen Kindern; Interreligiöse Erziehung 2 Tage<br />

Baustein 7: Kommunikation und Konfliktbearbeitung 2 Tage<br />

Baustein 8: Antirassistische interkulturelle Ansätze<br />

in der Kita 1 Tag<br />

Baustein 9: Praktikum organisiert durch<br />

örtliche RAA in interkulturell ausgerichteten Einrichtungen,<br />

vorzugsweise in Kitas in Kreis oder Kommune 1 Tag<br />

Baustein 10: Organisationsentwicklung, Präsentation<br />

der für die eigene Einrichtung erarbeiteten Umsetzung 2 Tage<br />

60<br />

4.6<br />

ELTERNBETEILIGUNGSMODELLE<br />

(oder andere externe Ehrenamtliche)<br />

Elternbeteiligungsmodelle haben in mehrfacher Hinsicht große<br />

Bedeutung. Zum einen ist es schon mehrfach erwähnt und unbestritten,<br />

dass die Eltern eine zweifache Aufgabe haben, um die<br />

Sprachentwicklung ihres Kindes zu unterstützen: Sie stabilisieren<br />

die muttersprachliche Kompetenz und sie haben eine Vorbildrolle<br />

für das Kind in der grundsätzlichen Einstellung zur Deutschen<br />

Sprache als Zweitsprache. Durch eine organisierte und fachlich<br />

fundierte Zusammenarbeit von Eltern und Einrichtungen werden<br />

beide Aufgaben gestützt und gestärkt.<br />

Elternbeteiligungsmodelle haben natürlich auch das Ziel, die<br />

doch beschränkten Ressourcen der Einrichtungen zu entlasten.<br />

Dieser Umstand ist nach den bisher gemachten Erfahrungen<br />

allerdings nicht als notwendiges Übel anzusehen, sondern trägt<br />

ganz wesentlich zur selbstverständlichen und alltäglichen<br />

Integration von unterschiedlichen Kulturen bei und macht nebenbei<br />

auch meistens großen Spaß.<br />

4.6.1<br />

Eltern übernehmen Aufgaben bei ihrem<br />

eigenen Kind<br />

4.6.1.1 Beispiel Recklinghausen „Elternkontrakt“<br />

Die Stadt Recklinghausen hat seit dem Jahr 2000 ihr Engagement<br />

in Sachen Sprachförderung sukzessive ausgebaut. Um die Kooperation<br />

mit den migrantischen Eltern zu stabilisieren, wird bei<br />

Eintritt des Kindes in den Kindergarten mit diesen Eltern ein<br />

„Kontrakt zur gemeinsamen Umsetzung einer ganzheitlichen<br />

Sprachförderung durch Familie, Kindergarten und Grundschule“<br />

abgeschlossen.<br />

In diesem Kontrakt wird beschrieben, zu was sich der<br />

Kindergarten in Sachen Sprachförderung verpflichtet, aber<br />

genauso, was von den Eltern notwendigerweise beigesteuert werden<br />

muss.<br />

- Die Eltern sichern einen regelmäßigen Kindergartenbesuch des<br />

Kindes zu und verpflichten sich, das Kind bei Krankheit oder<br />

begründetem Fernbleiben zu entschuldigen<br />

- Sie verpflichten sich, regelmäßig an Informationsveranstaltungen<br />

für Eltern zur Sprachförderung im Kindergarten teilzunehmen.<br />

- Sie verpflichten sich regelmäßig an „Fördergesprächen“ mit den<br />

PädagogInnen teilzunehmen.<br />

-<br />

Sie erlauben dem Kindergarten, dass wichtige Informationen zur<br />

sprachlichen Entwicklung des Kindes mit der zukünftigen<br />

Volksschule weitergeleitet werden können.<br />

Obwohl diesem Modell keinerlei rechtswirksames Sanktionsmittel<br />

angeheftet ist, hat die Erfahrung gezeigt, dass Eltern diesen<br />

Kontrakt sehr ernst nehmen. Es ist erst einmal vorgekommen,<br />

dass ein Elternteil zur Einhaltung der Vereinbarung nachhaltig<br />

nicht bereit war.<br />

Dieses Modell der Verbindlichkeit wurde im letzten Jahr von der<br />

Stadt Hamburg übernommen.


4.6.1.2 Beispiel Nordrhein-Westfalen „Offensive<br />

Kooperationsformen zwischen Eltern und<br />

Kindereinrichtungen“<br />

In einer sehr umfangreichen Arbeitsunterlage hat das Bundesland<br />

Nordrhein-Westfalen in Zusammenarbeit mit dem Sozialnetz<br />

Hessen eine Übersicht erstellt, welche Formen der Elterninformations-<br />

und –Kooperationsformen sich nachhaltig und abgesichert<br />

bewährt haben.<br />

Sie heben dabei besonders hervor:<br />

- das Aufnahmegespräch zu nutzen, um gegenseitige Erwartungen<br />

zu klären und Aufgaben zuzuteilen (falls notwendig mit Dolmetscher).<br />

Es geht dabei um die Aufgaben der Einrichtung wie<br />

auch um die der Eltern.<br />

- ein Informationsblatt soll dies verschriftlichen – allgemeine<br />

Informationen über Zweitspracherwerb können hier beigelegt<br />

sein.<br />

- Übernahme von kleinen überschaubaren Aufgaben, (Übungsblätter<br />

für zuhause) und besondere Betonung der muttersprachlichen<br />

Entwicklung des Kindes.<br />

- Regelmäßige Elternabende mit Informationscharakter zum Thema<br />

Sprachförderung oder aber auch interkulturelle Treffen als<br />

fixe Projekte im Kindergartenjahr (Kulturhomogene Treffen<br />

können vereinzelnd hilfreich sein)<br />

- halbjährliche Elterngespräche bei denen auch die Sprachentwicklung<br />

des Kindes besonders beachtet wird<br />

- Hospitationen der Eltern in Sprachfördergruppen, damit sie eine<br />

Vorstellung bekommen, wie hier gearbeitet wird.<br />

- Einladung an die Eltern, sich aktiv in Sprachförderprojekte einzubringen<br />

(Leseforen, muttersprachliche Märchenstunden, Lieder,<br />

Reime, etc.)<br />

- Eltern-Kind-Aktivitäten<br />

- für die Eltern sichtbare Dokumentationen über die Aktivitäten<br />

zur Sprachförderung und zu interkulturellen Themen<br />

- Aufbau eine Bibliothek und einer Spielothek, die es erlauben,<br />

dass Familien diese Dinge ausleihen dürfen und Kinder auch<br />

zuhause pädagogisch gutes Material verwenden können und<br />

zuhause auch „Lernprozesse“ mit ihren Familienmitgliedern<br />

fortsetzen können.<br />

Kindergarteneinrichtungen, die sich mit dieser Art von standardisierter<br />

Elternarbeit beschäftigt haben, erzählen, dass dadurch<br />

automatisch eine sehr stabile Unterstützung für die Einrichtung<br />

und aber auch für die Familien untereinander entsteht. Das entwickelt<br />

sich zu einem informellen „Ruck-Sack-Modell“. (siehe<br />

Kindergarten Scherzhausen 4.3.7)<br />

4.6.1.3 Beispiel Tirol „Informationsmaterialien als Hilfestellungen<br />

für Kindergärten bei Informationsanliegen an<br />

die Eltern“<br />

In einer sehr umfangreichen und fachlich tiefgründigen Sammlung<br />

für Unterlagen und Arbeitsmaterialien zum Thema Sprachförderung<br />

und Interkulturelle Pädagogik hat das Fortbildungsreferat<br />

für Kindergärten in Tirol auch eine besondere Sammlung<br />

von Kopiervorlagen angelegt.<br />

Diese Kopiervorlagen sind in Deutsch, Türkisch, Serbo-Kroatisch,<br />

Russisch, Französisch, Englisch und Arabisch verfasst<br />

und beinhalten die Themen:<br />

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61<br />

„Neue Adresse“, „Änderung der Telefonnummer“, „Ausflug“,<br />

„Bitte geben Sie Ihrem Kind mit ____“, „Einladung zum Elternabend“,<br />

„Früher Entlassen wegen Arzttermin“, „Guten Morgen“<br />

„Guten Tag“, „Mitnahme des Impfpasses“, „Rodeln“, „Ansteckende<br />

Krankheiten im Kiga“, „Willkommen“, „Wir bitten um<br />

ein Gespräch“, „Wir feiern ein (Faschings-)Fest“, „Wir sammeln“,<br />

„Wir sind spazieren“, „Wir wünschen frohe Ferien“.<br />

Besonders interessant ist dabei das folgende<br />

Informationsblatt:<br />

„Was Eltern tun können, um ihr Kind beim Erwerb der deutschen<br />

Sprache zu unterstützen:“<br />

Schauen Sie mit Ihrem Kind gemeinsam Bilderbücher in beiden<br />

Sprachen an und lesen sie Ihrem Kind Geschichten vor.<br />

Bilderbücher können Sie in der Bücherei ausleihen.<br />

Sprechen Sie viel mit Ihrem Kind in der eigenen Sprache<br />

Ermuntern Sie Ihr Kind durch Fragen zum Erzählen – was war<br />

heute los im Kindergarten? Womit hast Du gespielt?<br />

Zuhören ist besonders wichtig<br />

Benennen Sie die Dinge in beiden Sprachen, sofern Sie selbst<br />

die Begriffe in der deutschen Sprache kennen.<br />

Schauen Sie mit Ihrem Kind Kindersendungen im Fernsehen in<br />

deutscher Sprache an.<br />

Spielen Sie gemeinsame Spiele mit Ihrem Kind<br />

Tauschen Sie sich mit anderen Eltern aus und geben Sie sich<br />

gegenseitig Tipps und Hilfestellungen bei Problemen.<br />

Kinder laden ihre Freunde gerne ein. Schlagen Sie Ihrem Kind<br />

vor, auch deutschsprachige Freunde und Freundinnen einzuladen.<br />

„Was Eltern vermeiden sollten:“<br />

Sprechen Sie mit Ihrem Kind nicht „halb Muttersprache, halb<br />

deutsch“<br />

Vermeiden Sie Ihrem Kind zu vermitteln, dass die „fremde<br />

Sprache“ eine unerwünschte ist.<br />

Üben Sie keinen Druck auf Ihr Kind aus, in dem Sie es zwingen<br />

diese oder jene Sprache zu sprechen, oder indem Sie eine<br />

Sprache ablehnen.<br />

Dieses Informationsschreiben impliziert eine klare Grundaussage,<br />

welche Aufgaben die Eltern in Sachen Sprachförderung<br />

innehaben. Sie sind überschaubar und zumutbar.<br />

Quelle: ernst.6900


-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

4.6.1.4 Beispiel Lustenau „Aufgabenzuteilung an Eltern in<br />

Sachen Sprachförderung“<br />

Am Beginn des Kindergartenjahres (sensible Übergangszeit mit<br />

hoher gegenseitiger Aufmerksamkeit) hat die Marktgemeinde<br />

Lustenau (vereinzelte andere Gemeinden in <strong>Vorarlberg</strong> haben<br />

dies auch schon praktiziert) alle migrantischen Eltern zu einem<br />

großen Elternabend eingeladen. Diese Einladung war nachdrükklich<br />

und persönlich genug, dass wirklich fast alle Eltern dieser<br />

gefolgt sind. Dabei wurde das Sprachförderprogramm in den<br />

Kindergärten vorgestellt und dabei auch festgestellt, welche<br />

außerordentlichen (guten) Rahmenbedingungen dafür von Seiten<br />

der Gemeinde bereitgestellt werden. Dabei wurde auch klar<br />

gestellt, dass dieses System es erfordert, dass die Eltern sich aktiv<br />

beteiligen. Zum Beispiel werden von den externen Sprachförderinnen<br />

in den einzelnen Gruppen Arbeitsblätter verwendet,<br />

welche die Kinder mit nach Hause nehmen und dort nochmals<br />

üben sollten. Diese direkte Ansprache der Eltern schafft ganz<br />

sicher Verbindlichkeit und auch Vertrauen.<br />

4.6.2<br />

Eltern übernehmen Aufgaben mit<br />

anderen Kindern<br />

4.6.2.1 Eltern als Sprachhelfer<br />

Dieser konkrete Ansatz wird an verschiedenen Orten in unterschiedlichen<br />

Variationen praktiziert. Einige dieser Modelle wurden in vorigen<br />

Kapiteln schon erwähnt. (z.B. Lernhilfemütter, Kap. 2).<br />

Diese Modelle können so aufgebaut sein:<br />

dass deutschsprachige Eltern oder (gut)zweisprachige Eltern<br />

angesprochen sind<br />

dass diese Eltern in die Einrichtung kommen oder die Kinder zu<br />

ihnen nach hause vermittelt werden<br />

dass die Tätigkeit auf planvolle Konzeptarbeit (mit Beratung der<br />

Pädagogen) oder eher auf „Laienbasis“ stattfindet.<br />

dass diese Tätigkeit völlig ehrenamtlich oder gegen eine geringe<br />

Aufwandsentschädigung geleistet wird<br />

(siehe dazu Grundschule Hoheneck, in Ludwigsburg, Deutschland www.gshokeneck.lb.bw.schule.de)<br />

Allen diesen Varianten ist gemein, dass sie zum einen auf Entlastung<br />

der Einrichtungen setzen und auch auf die Eigeninitiative<br />

von Eltern bauen. Die Kooperation und Bündelung von gemeinsamen<br />

Anliegen und Kräften wird dadurch spürbar.<br />

4.6.2.2 Studierende unterstützen Migrantenkinder beim<br />

Spracherwerb<br />

Dieses Modell mag in Österreich (ev. Abarbeitung der Studiengebühr)<br />

vielleicht ein Reizthema sein. Es birgt allerdings schon<br />

fachliche Möglichkeiten, die nicht einfach übergangen werden<br />

können. Besonders Studierende, welche sich auf pädagogische<br />

Tätigkeiten vorbereiten, bekommen mit Praxiseinheiten während<br />

ihrer Ausbildung eine zusätzliche Möglichkeit ihre pädagogischen<br />

Fähigkeiten zu entwickeln. Durch ihr bereits erworbenes<br />

Fachwissen gelten sie als bereits qualifiziert und können den<br />

Kindern wirklich hilfreich sein.<br />

62<br />

In einem Projekt der Uni-Mannheim unterstützen 55 Studierende<br />

Migrantenkinder in Grundschulen. Seit Herbst 2003 läuft dieses<br />

Projekt und ist vorerst auf vier Jahre beschränkt. Eine Spende der<br />

Heinrich-Vetter-Stiftung in Höhe von € 400.000,— an die Stadt<br />

Mannheim hat den Impuls dazu gegeben. Die bisher gemachten<br />

Erfahrungen bestätigen die positive Wirkung für beide Seiten.<br />

Der direkte Nutzen für die Kinder ist erkennbar, auch die Studierenden<br />

bemerken, dass sie sich speziell im Sprachförderbereich<br />

Kompetenzen aneignen, die sie in ihrer späteren beruflichen Tätigkeit<br />

sehr gut brauchen können.<br />

(Kontakt: Vytautas Lemke, Koordinator der Forschungs- und Kontakt-stelle<br />

Mehrsprachigkeit,<br />

Tel. 0049/621/1813165;<br />

vlemke@rumms.uni-mannheim.de;<br />

www.anglistik.uni-mannheim.de/linguistik/kontaktstelle)<br />

4.6.3<br />

Eltern übernehmen Aufgaben in der Gruppe<br />

4.6.3.1 Projekt „Lesefreude“, SpiKi – Nürnberg<br />

Ehrenamtliche lesen regelmäßig in den Kindertageseinrichtungen,<br />

in Kleingruppen, über einen Zeitraum von etwa einem Jahr,<br />

nach dem dialogischen Prinzip. So fördern sie die Kinder intensiv<br />

in ihrer Sprach- und Persönlichkeitsentwicklung. Die Ehrenamtlichen<br />

werden dabei vom Jugendamt fachlich qualifiziert und<br />

unterstützt. Zur Zeit sind etwa 100 Ehrenamtliche in 75 Krippen,<br />

Kindergärten und Kinderhorten tätig. Im Betriebsjahr 2004/2005<br />

fand mit Kindertageseinrichtungen der Stadt Nürnberg die erste<br />

Studie über die Auswirkungen des dialogischen Lesens im<br />

deutschsprachigen Raum in Kooperation mit der Erziehungswissenschaftlichen<br />

Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg statt.<br />

Wie bei allen SpKi-Projekten gibt es einen sehr alltagstauglichen<br />

Praxisbehelf.<br />

Nähere Informationen unter:<br />

http://www.jugendamt.nuernberg.de/downloads/spiki_faltbl_lesefreude.pdf<br />

4.6.3.2 Kindergarten Scherzhausen Salzburg<br />

Die intensive und sehr direkte Form der Elternarbeit dieses<br />

Kindergartens wurde schon unter 3. ff beschrieben, sei aber hier<br />

nochmals erwähnt.<br />

2 mal im Jahr findet ein großes ganztägiges interkulturelles Fest<br />

statt. Aus diesen Aktionen heraus hat sich eine Gruppe Eltern<br />

gebildet, die regelmäßig in den Kindergarten kommen und muttersprachliche<br />

Märchen (auch traditionelle) erzählen oder mehrsprachige<br />

Bücher vorlesen. Es gibt im Kiga mehrere Leseforen,<br />

welche zum Teil mehrfach „gebucht“ werden.<br />

Eine andere (mehrsprachige) Elterngruppe hat sich gebildet, welche<br />

sich gegenseitige Unterstützung bieten (z.B. bei Behördengängen<br />

oder bei Arztbesuchen, etc.) Es kommt immer öfter vor,<br />

dass Eltern zu anderen Familien nach Hause eingeladen werden,<br />

um dort bestimmte Themen zu besprechen (z.B. pädagogische<br />

Fragen).


-<br />

-<br />

-<br />

Eine Bibliothek (mit zweisprachigen Kinderbüchern) und Spielothek<br />

wurde aufgebaut und diese werden den Eltern angeboten<br />

(sehr offensiv), damit Kinder zuhause pädagogisch sinnvolle und<br />

wertvolle Möglichkeiten bekommen<br />

4.6.3.3 Mitarbeit von Migranteneltern in Kinderbetreuungseinrichtungen<br />

als Laienkräfte<br />

(Projektbeschreibung nach Otto Filtzinger, Deutschland)<br />

Das IPE Mainz (Institut für Interkulturelle Pädagogik im<br />

Elementarbereich Mainz) entwickelte gemeinsam mit Kinderbetreuungseinrichtungen<br />

ein Projekt welches Migranteneltern als<br />

Bindeglied zwischen Kindergarten und Elternhaus einsetzt. Die<br />

Eltern bekamen einen mehrtägigen Grundkurs geboten, wo sie<br />

zum einen pädagogische Grundfragen besprochen bekamen und<br />

aber auch konkrete Aufgabengebiete in Kindergruppen vorgestellt<br />

bekamen. Sie wurden dann als „Elternliche Honorarkräfte<br />

oder Laienkräfte“ bezeichnet und eingesetzt. Das vereinbarte und<br />

bezahlte Honorar war mehr ein Signal der Verbindlichkeit und<br />

Regelmäßigkeit, als ein Verdienst. Das Tätigkeitsfeld der Laienhelfer<br />

waren in erster Linie muttersprachliche Angebote mit und<br />

für die Kinder zu gestalten. Eine inhaltliche Koordination und<br />

Zusammenarbeit mit dem Kernteam war selbstverständlich.<br />

4.6.4<br />

Eltern übernehmen Aufgaben mit anderen Eltern<br />

4.6.4.1 Rucksack-Gruppen<br />

Das Programm „Rucksack“ wurde von der „regionalen Arbeitsstelle<br />

zur Förderung von Kindern und Jugendlichen aus migrantischen<br />

Familien“ (RAA) adaptiert und so anwenderfreundlich<br />

gemacht, dass es schon vielerorts Nachahmer findet.<br />

Vernetzte Sprachförderungsaktivitäten werden erreicht, weil<br />

Mütter und Pädagoginnen zusammen wirken. Die Rucksack-<br />

Gruppen stärken die Mütter in ihrer erzieherischen Kompetenz<br />

und auch in ihrer Rolle als muttersprachliche Förderin ihres<br />

Kindes.<br />

Zielsetzungen des Rucksackprogramms<br />

Die Förderung von Mehrsprachigkeit bei Migrantenkindern: Die<br />

Wertschätzung der Muttersprache bedeutet auch Erziehung zu<br />

Respekt vor anderen Werten. Die Förderung der Erstsprache ist<br />

Voraussetzung für den Erwerb der Zweitsprache.<br />

Mehrsprachigkeit ist eine Schlüsselqualifikation für soziale und<br />

berufliche Teilhabe in dieser Gesellschaft.<br />

Die Stärkung der Erziehungskompetenz: Die Mütter sollen als<br />

Erziehungsexpertinnen gestärkt werden und Verantwortung für<br />

Erziehung und Bildung ihrer Kinder übernehmen.<br />

Die Stärkung des Selbstwertgefühls der zugewanderten Mütter<br />

und deren Kinder: Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl der<br />

zugewanderten Mütter werden durch das eigene Lernen und die<br />

Übernahme von Aufgaben gestärkt, und das Anknüpfen an ihre<br />

Stärken wird angeregt. Ihnen wird der Wert der vorschulischen<br />

Förderung ihrer Kinder vermittelt. Das gestärkte<br />

Selbstbewusstsein der Mütter drückt sich in einer verantwortlichen<br />

Mitarbeit und in einer Auseinandersetzung mit den<br />

-<br />

63<br />

Erzieherinnen über die Ziele der Einrichtung aus. Die Kontaktaufnahme<br />

zu Müttern bzw. Eltern der eigenen kulturellen<br />

Gruppe und der Mehrheitsgesellschaft wird dadurch erleichtert.<br />

Damit geht eine Stärkung in der Entwicklung der Kinder einher.<br />

Die Stärkung der Interkulturellen Pädagogik und des<br />

Mehrsprachenkonzepts der Einrichtung: Die Einrichtung übernimmt<br />

die Verantwortung für die Entwicklung der Kinder in<br />

Bezug auf ihre Mutter- und Zweitsprache. Sie entwickelt ein<br />

Konzept für Mehrsprachigkeit und Interkulturalität. In diesem<br />

Rahmen öffnet sie sich für ein interkulturelles Team und die<br />

teilhabende Rolle der Eltern. Ein gleichbedeutender Schritt ist<br />

die Öffnung des Teams bzw. des Trägers für die Beschäftigung<br />

von muttersprachlichen Kräften in der Einrichtung.<br />

Methodische Vorgehensweise des Rucksack-Programms<br />

- Rucksack-Gruppen werden über die Kinderbetreuungseinrichtung<br />

organisiert und gegründet.<br />

- Diese Gruppen werden von dazu ausgebildeten Moderatorinnen<br />

geleitet. (siehe 4.10.3)<br />

- Zielsetzungen der partnerschaftlichen Erziehung zwischen Einrichtung<br />

und Müttern werden besprochen.<br />

- Die neue Gruppe trifft sich jede Woche für 2 Stunden in der<br />

Einrichtung.<br />

- Die Mütter werden als Expertinnen für das Erlernen der Muttersprache<br />

angesprochen und dabei unterstützt (mit Materialien,<br />

Informationen, Spiele, Bücher, etc.)<br />

- Sie lernen, wie wichtig Spiel, kreatives Tun und Bewegung für<br />

die gesamte Entwicklung des Kindes ist.<br />

- Sie lernen verschieden Möglichkeiten des spielerischen Umgangs<br />

mit Sprache kennen und können diese gezielt einsetzen.<br />

- Sie erhalten Arbeits- und Übungsmaterial für jeweils eine<br />

Woche.<br />

- Sie tauschen sich aus über Fragen und Probleme des (Erziehungs-)<br />

Alltags.<br />

- Sie knüpfen Kontakte zu anderen Müttern aus ihrer Wohnumgebung.<br />

-<br />

Sie lernen Beratungsstellen und andere Institutionen rund um<br />

das Thema Erziehung kennen.<br />

Evaluation/ Ergebnisse<br />

In NRW sind seit Beginn des Rucksackprojektes im Jahre 1999<br />

bis Juli 2003 insgesamt 107 ”Rucksack I - Gruppen” in 19 Kommunen<br />

und Kreisen in NRW entstanden. In ihnen wurden ca.<br />

1.200 Mütter über 9 Monate hinweg auf die spielerische Sprachund<br />

Entwicklungsarbeit mit ihren Kindern vorbereitet. Inzwischen<br />

wird auch außerhalb von NRW, wie z.B. in Mannheim,<br />

Weinheim, Ludwigsburg, Augsburg, Kreis Oberschwaben und<br />

Lübeck mit diesem Programm gearbeitet. Alle beteiligten<br />

Kommunen bzw. Kooperationspartner haben aufgrund der guten<br />

Erfahrungen und der regen Inanspruchnahme des Projekts im<br />

zweiten Jahr ihr Engagement erhöht.<br />

Die Erfahrungen der RAA mit der Umsetzung des Rucksackprojektes<br />

sind in die Richtlinien des Landes NRW über die<br />

Gewährung von Zuwendungen für Angebote zur Sprachförderung<br />

im Elementarbereich eingeflossen. Das Projekt wird in<br />

einer breiten Öffentlichkeit positiv wahrgenommen. Es ist in der<br />

Zwischenzeit mit zwei Preisen ausgezeichnet worden. Im<br />

Rahmen einer formativen Evaluation in den Jahren 2000 und<br />

2002 wurden in der Stadt Essen alle Projektbeteiligten schriftlich


-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

zu den Auswirkungen des Projektes befragt. Die Ergebnisse spiegeln<br />

die guten Erfahrungen aus den verschiedenen Kommunen und<br />

Kreisen wider; sie sind deshalb tendenziell auch auf andere<br />

Rucksackgruppen übertragbar.<br />

Die wichtigsten Ergebnisse aus dieser Evaluation:<br />

1. Verhältnis zwischen Müttern und Erzieherinnen:<br />

Die Mütter beurteilen das Projekt äußerst positiv. Sie beschreiben<br />

Veränderungen sowohl im Verhältnis zur Tagesstätte als auch zu<br />

ihrem Kind und innerhalb der Familie. Die Mehrzahl von ihnen<br />

tritt nun selbstbewusster auf und traut sich, ihre Meinung zu<br />

äußern. Von der Mehrheit der befragten Erzieherinnen wird ein<br />

größeres Interesse der beteiligten Mütter wahrgenommen. Bei<br />

fast Zweidrittel der Erzieherinnen hat das Projekt zu einem besseren<br />

Verständnis für die Situation nicht-deutschsprachiger<br />

Kinder und ihrer Familien geführt.<br />

2. Sprachentwicklung:<br />

Die Mütter wie auch die Erzieherinnen gaben an, dass die<br />

Sprachkompetenz sowohl in der Mutter- als auch in der Zweitsprache<br />

Deutsch deutlich besser geworden ist.<br />

3. Interaktion Mutter-Kind:<br />

Das Verhältnis zwischen den am Projekt teilnehmenden Müttern<br />

und ihren Kindern hat sich positiv entwickelt, was sich u. a. in<br />

häufigerer Beschäftigung mit dem Kind äußert.<br />

4. Weitere Wirkungen:<br />

Aus der Elternbildungsarbeit sind neue Aktivitäten mit Eltern/<br />

Müttern erwachsen, wie z. B.: Vorlesepaten, Sportgruppen, Gesprächskreise.<br />

Bei 77 % der Mütter wurde Interesse für das Erweitern der eigenen<br />

Deutschkenntnisse geweckt.<br />

Die Lernfreude der Kinder hat zugenommen.<br />

Eltern trauen sich mehr, Ideen und Wünsche zu äußern und<br />

suchen das Gespräch.<br />

Eltern werden von den Mitarbeiterinnen der Kitas stärker akzeptiert.<br />

Mitarbeiterinnen der Kitas nehmen vermehrt an Fort- und<br />

Weiterbildungen zum Spracherwerb und zur interkulturellen<br />

Pädagogik teil.<br />

Das eigene Sprachverhalten wird bewusster beobachtet.<br />

Grundschulen nehmen eine Verbesserung in der (Sprach-) Entwicklung<br />

der am Programm beteiligten Kinder wahr.<br />

Der anfängliche Widerstand der Kitas gegen das ”verschulte”<br />

Material hat sich in positive Akzeptanz gewandelt.<br />

Die Kindergartenarbeit ist für Migranteneltern transparenter<br />

geworden.<br />

Einige Stimmen aus der Praxis:<br />

- ”Vorher habe ich nicht daran gedacht, dass die frühe Förderung<br />

von Kindern so notwendig ist”<br />

- ”...ich möchte, dass unsere Kinder einmal das gleiche Niveau<br />

erreichen wie deutschsprachige Kinder”<br />

- ”Vor Rucksack haben wir nur darauf geachtet, dass unsere Kinder<br />

genug essen, schlafen und trinken, jetzt achten wir mehr auf die<br />

Bedürfnisse unserer Kinder und die psychologischen Aspekte”<br />

- ”Die Sprachkompetenz der ”Rucksackkinder” wird besser”<br />

- ”Der Kontakt zu den Müttern ist offener und intensiver geworden”<br />

64<br />

Dieses Model hat auch in Österreich bereits große Aufmerksamkeit<br />

bekommen. Im Raum Oberösterreich und Salzburg ist die<br />

Einführung von Rucksack-Gruppen in Kooperation mit der<br />

RAA-NRW angedacht bzw. schon in Vorbereitung.<br />

Kontaktadresse:<br />

Hauptstelle RAA<br />

Dr. Monika Springer-Geldmacher, Tiegelstraße 27, 45141 Essen,<br />

Tel.: 0049-201 / 8328 – 304,<br />

Email: springer-geldmacher.hauptstelle@raa.de, Internet: www.raa.de<br />

Kurzbeschreibung der RAA:<br />

Die RAA entwickeln Konzepte und Strategien interkultureller Erziehung,<br />

die Kinder und Jugendliche aus Zuwandererfamilien stärken und unterstützen,<br />

um in Schulen und Arbeitswelt erfolgreich zu sein.<br />

Ihre Partner sind Kindertagesstätten, Schulen, Jugendämter, Kammern<br />

von Industrie und Handwerk, die Berufsberatung der Agenturen für<br />

Arbeit. RAA sind Einrichtungen von Kommunen und Kreisen,<br />

gefördert durch das Land NRW. Heute gibt es in NRW 27 RAA.


65<br />

<strong>SPRACHE</strong><br />

<strong>BILDUNG</strong><br />

<strong>INTEGRATION</strong>


Quelle: ernst.6900<br />

4.7<br />

STADTTEILMÜTTER UND BRÜCKEN-<br />

BAUERINNEN<br />

Mit Stadtteilmüttern oder Brückenbauerinnen können Gemeinwesentätige<br />

gemeint sein, die in verschiedenen Tätigkeitsbereichen<br />

sich als unterstützende Personen in Sachen Integration zeigen.<br />

In diesem vorliegenden Gesamtkonzept soll der Blick aber<br />

besonders darauf gerichtet sein, wenn sie sich „Elternbildung“<br />

und „Sprachförderung“ verbindet.<br />

4.7.1<br />

Stadtteilmütterprojekt in Essen, D<br />

Kontakt: Tanris Breitkopf, Stadt Essen, RAA/Büro für interkulturelle<br />

Arbeit, Tiegelstr. 27, 45141 Essen<br />

Tel: 0049-201/8328 413,<br />

E-Mail: tanris.breitkopf@raa-interkulturellesbuero.essen.de<br />

Im Kapitel 6 wurde das Projekt Rucksack von RAA-NRW vorgestellt.<br />

Stadtteilmütter sind in dieses Projekt eingebunden.<br />

Die Maßnahme „Sprachförderung und Elternbildung“ bestehend<br />

aus drei Modulen wird seit September 2002 in Essen umgesetzt.<br />

Modul 1 beinhaltet die Qualifizierung des Gesamtteams von<br />

Kindertageseinrichtungen<br />

Modul 2 unterstützt durch gezielte Elternbildung nach dem<br />

Rucksack-Programm die Sprachförderung in der Familie<br />

Modul 3 bietet die Möglichkeit zusätzlicher, systematischer<br />

Förderung der Zweitsprache Deutsch in den Tageseinrichtungen.<br />

Die drei Module werden in der Praxis miteinander verzahnt und<br />

ergänzen sich im Sinne einer ganzheitlichen Vorgehensweise.<br />

Das Modul 2 der Maßnahme setzt hier an der Rolle von Eltern/<br />

Müttern als zentrale Vermittlerinnen von Sprache an und bezieht<br />

sie aktiv in den Lernprozess der Kinder ein.<br />

Nach dem Prinzip „Hilfe zur Selbsthilfe“ werden in jeder Kindertageseinrichtung<br />

Mütter ausgesucht, um als Vorbild und als<br />

Multiplikatorinnen in der Einrichtung zu wirken. Diese Multiplikatorinnen<br />

werden in Essen „Stadtteilmütter“ genannt und haben<br />

die Aufgabe andere Mütter aus ihrem kulturellen und sprachlichen<br />

Milieu mit den Zielen und Inhalten der Elementarerziehung<br />

vertraut zu machen und sie anzuleiten, wie man Sprache<br />

und die allgemeine Entwicklung im Kleinkindalter durch Spiel<br />

und Anregung fördert.<br />

Grundlage für die Arbeit der Stadtteilmütter mit den Müttergruppen<br />

bildet das Rucksack-Programm.<br />

In Essen arbeiten in den kooperierenden Kindertageseinrichtungen<br />

jeweils eine Stadtteilmutter ca. 6 Std. wöchentlich auf Honorarbasis.<br />

Die finanzielle Honorierung ist sowohl als Wertschätzung<br />

ihrer Arbeit als auch für ihre Motivation entscheidend.<br />

Die Stadtteilmütter werden nach bestimmten Kriterien ausgewählt:<br />

- Sie müssen ihre Muttersprache und Deutsch gut beherrschen,<br />

- ihr Kind soll möglichst die Tageseinrichtung besuchen,<br />

- sie sollten Kenntnisse über den Stadtteil haben und<br />

- selber an den Aktivitäten der Einrichtung teilnehmen.<br />

67<br />

In der Regel haben die Stadtteilmütter keine pädagogische<br />

Ausbildung.<br />

Zur Vorbereitung auf ihre Aufgaben werden sie zwei Stunden wöchentlich<br />

durch die RAA/Büro für interkulturelle Arbeit qualifiziert.<br />

Während der Qualifikation lernen die Stadtteilmütter mit<br />

dem pädagogischen Elternbildungsmaterial- dem Rucksackmaterial<br />

- zu arbeiten. Jede Stadtteilmutter erprobt das Gelernte, d.h.<br />

die Aufgaben und Aktivitäten aus dem Rucksack-Material, zu<br />

Hause mit dem eigenen Kind.<br />

Die Stadtteilmütter leiten jeweils eine Gruppe von 8 - 10 Müttern,<br />

die sich zwei Stunden wöchentlich in der Tageseinrichtung,<br />

die ihre Kinder besuchen, treffen.<br />

Die Mütter werden über Elternnachmittage über die Müttergruppen<br />

und das Rucksackprogramm informiert und zur Mitarbeit<br />

gewonnen.<br />

Durch die Stadtteilmutter werden auf der Grundlage des Rucksackmaterials<br />

Ideen und Anregungen an die Mütter in den Gruppen<br />

vermittelt, wie sie ihre Kinder spielerisch fördern können.<br />

Die Mütter aus der Gruppe greifen diese Themen und Anregungen<br />

auf und führen die Aufgaben und Aktivitäten zu Hause mit<br />

ihren Kindern in der Muttersprache durch.


Mit der Durchführung der Aktivitäten in der Muttersprache wird<br />

die Sprachförderung an den Sprachkompetenzen und Kommunikationsgewohnheiten<br />

der Mütter angeknüpft – Wenn eine Mutter<br />

selber nicht gut Deutsch kann, ist die Aufforderung „Reden Sie<br />

deutsch mit ihrem Kind“ ein sinnloser Appell! Stattdessen ist es<br />

wichtig ihr den Wert des Deutschlernens erfahrbar zu machen, in<br />

dem man sie für Mehrsprachigkeit und Sprachförderung sensibilisiert.<br />

In den Kindergartenjahren 2002 bis 2006 haben an<br />

Modul 1 55 Kindertageseinrichtungen teilgenommen;<br />

513 Erzieher/innen wurden qualifiziert.<br />

Modul 2 Zurzeit sind über 33 Stadtteilmütter beschäftigt,<br />

die insgesamt 43 Müttergruppen leiten,<br />

an denen 361 Mütter in 41 KiTas teilnehmen.<br />

Über 300 Stadtteilmütter wurden bisher aus<br />

gebildet.<br />

4.7.2<br />

Stadtteilmütterprojekt in Augsburg, D<br />

Kontakt: Amt für Kinder Jugend und Familie, Abt. Kompetenzzentrum<br />

Familie, Gögginger Str. 59 a<br />

86159 Augsburg, http://www.augsburg.de<br />

Mit dem Projekt wird der europäischen Sprachpolitik Rechnung<br />

getragen, die das Ziel verfolgt, dass jeder EU-Bürger in der Lage<br />

sein soll, in drei Gemeinschaftssprachen zu kommunizieren.<br />

Das Projekt Stadtteilmütter ist ein Sprach- und Integrationsförderansatz.<br />

Es sieht vor, dass Mütter und Kindertagesstätten bilinguale<br />

Sprache vermitteln. Hierbei werden die Stadtteilmütter anhand<br />

konkreter Lernschritte unter Einbeziehung geeigneter<br />

Lehrmaterialen qualifiziert, mit ihren Kindern die Herkunftssprache<br />

zu erwerben, zu differenzieren und zu intensivieren.<br />

Dieses in der Anleitungsgruppe der Stadtteilmütter erprobte und<br />

erfahrene Wissen geben sie an eine Gruppe von Müttern gleicher<br />

Nationalität weiter. Parallel dazu werden die gleichen Themen in<br />

der Kindertagesstätte mit den Kindern in deutscher Sprache aufgegriffen.<br />

Die Stadtteilmütter müssen die deutsche Sprache gut beherrschen;<br />

die nationalen Gruppen finden in der Herkunftssprache statt.<br />

Die Kindertagesstätte akquiriert geeignete Stadtteilmütter. Nach<br />

einem Treffen mit dem Kompetenzzentrum Familie der Stadt<br />

Augsburg, der Koordinationsstelle des DKSB und dem pädagogischen<br />

Personal der Kita, bei dem das Konzept vorgestellt und<br />

erläutert wird, kann das Kursprogramm starten.<br />

Die Stadtteilmütter sind auch im Rahmen des bürgerschaftlichen<br />

Engagements im „Bündnis für Augsburg“ engagiert und organisiert.<br />

Die Stadtteilmütter organisieren in Kooperation mit einem<br />

städtischen Integrationsprojekt namens „Pusula“ (Kompass) ein<br />

Sorgentelefon in türkischer Sprache. Sie nehmen sich isolierter<br />

Frauen an, die ihnen der Allgemeine Sozialdienst vermittelt. Bei<br />

öffentlichen Hearings des Sozialreferates stehen sie als<br />

Ansprechpartnerinnen für ihre Landsleute zur Verfügung und<br />

vertreten ihre Anliegen selbst.<br />

68<br />

Beim Wechsel der Kinder in die Schule bleiben sie Stadtteilmütter,<br />

so dass derzeit vier Schulen das Projekt der Zweisprachigkeit<br />

im Rahmen des Heimat- und Sachkundeunterrichts weiterführen.<br />

Weiterhin geplant ist die Kooperation mit den Augsburger KIDS<br />

(KinderInDerStadt). Dies sind Familienstützpunkte in den vier<br />

Sozialregionen, die die Belange von Familien möglichst passgenau<br />

aufgreifen, weiterentwickeln und gelebte Nachbarschaft ermöglichen<br />

und dabei helfen, mulikulturelle Mutter-Kind-Gruppen<br />

aufzubauen.<br />

Mit einem KIDS-Mobil, einem Spielmobil für Kleinkinder soll<br />

eine Gehstruktur hin zu den Grünflächen aufgebaut werden,<br />

damit die Familien erreicht werden können. Neben anderen<br />

Diensten sollen hier auch die Stadtteilmütter Kontakt zu ihrer<br />

nationalen Gruppe aufnehmen, um deren Bedarfe genauer aufgreifen<br />

zu können, Selbstverantwortung inspirieren zu können<br />

und auch Sprachlerngruppen für Mütter mit kleinen Kindern aufbauen<br />

zu können. So kann die Sprachlernphase der Kinder noch<br />

besser bilingual genützt werden.<br />

Nach einer Einschätzung von Verantwortlichen der Stadt Augsburg<br />

sind die Stadtteilmütter als Integrations- und Verantwortungsträger<br />

aus Augsburg nicht mehr wegzudenken. Sie treten<br />

zunehmend selbstbewusst aus dem Verborgenen heraus, machen<br />

die Multikulturalität der Stadt verantwortungsbewusst sichtbar<br />

und gestalten die Stadtgesellschaft aktiv mit.<br />

Förderzeitraum: 2006<br />

Stand: März 2006<br />

4.7.3<br />

Brückenbauerinnen: Dolmetscherinnen für die<br />

Elternarbeit in Spielgruppen, Kindergärten und<br />

Schulen<br />

Kontakt: okay.zusammen leben, Elizabet Hintner,<br />

Tel. +43-5572-398102-6,<br />

elizabet.hintner@okay-line.at, www.okay-line.at/<br />

“Brückenbauerinnen” ist ein Programm von “okay. zusammen<br />

leben”. Es zielt darauf, die besonderen Fähigkeiten von Menschen<br />

mit Migrationshintergrund (Mehrsprachigkeit, interkulturelle<br />

Kompetenz) für die Integrationsarbeit in <strong>Vorarlberg</strong> nutzbar<br />

zu machen. Ziel des Programms ist der Aufbau eines Pools von<br />

Personen, die interkulturell sensible Dolmetschung leisten können.<br />

In der ersten Phase des Programms stehen die Brückenbauerinnen<br />

für die Elternarbeit in Kinder- und Spielgruppen,<br />

Kindergärten und Pflichtschulen zur Verfügung. Einen besonderen<br />

Schwerpunkt bildet die Unterstützung der Elternarbeit im<br />

Rahmen des Programms “Kindergartenvorsorge neu” des<br />

<strong>Vorarlberg</strong>er AKS.<br />

Brückenbauerinnen haben:<br />

- Gute Kenntnisse der deutschen Sprache und einer für <strong>Vorarlberg</strong><br />

relevanten Migrantensprache<br />

- Gute Systemkenntnisse <strong>Vorarlberg</strong>s (Bildungssystem oder andere<br />

für unser Thema relevante Systeme)<br />

- Kenntnisse der Herkunftskultur von in <strong>Vorarlberg</strong> lebenden Migrantengruppen,<br />

die für das Programm relevant sind.<br />

-<br />

Erfahrung mit Dolmetscharbeit


-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

Weiterbildung im Rahmen des Weiterbildungs- und<br />

Intervisionsprogramms von “okay. zusammen leben”<br />

“okay. zusammen leben” betreut die Weiterbildung und<br />

Intervision der Brückenbauerinnen und organisiert den Bedarf<br />

der anfragenden Institutionen sowie den Einsatz der Brückenbauerinnen.<br />

Referenzprojekte sind Übersetzungsdienste im<br />

Kanton St. Gallen (VERDI) und in der Stadt Winterthur (“Kulturdolmetscherinnen”).<br />

Das Weiterbildungs- und Intervisionsprogramm wird entlang von<br />

zwei inhaltlichen Stoßrichtungen entwickelt:<br />

Inhaltliche Informationen zu den Situationen, in denen die<br />

Dolmetschung stattfindet: Bildungssystem, Kindergartenalltag,<br />

spezifische Programme wie “Kindergartenvorsorge neu” des<br />

AKS etc.;<br />

Prinzipien und Techniken des interkulturell sensiblen<br />

Dolmetschen.<br />

Fachlicher Kooperationspartner in Sachen Weiterbildung der<br />

Brückenbauerinnen ist das “Institut für Übersetzen und Dolmetschen”<br />

der Zürcher Hochschule Winterthur. In <strong>Vorarlberg</strong><br />

kooperiert “okay. zusammen leben” mit der Flüchtlingsbetreuung<br />

der Caritas.<br />

Die derzeit im Pool vertretenen Sprachen sind Türkisch,<br />

Russisch und Tschetschenisch.<br />

In weiteren Ausbauschritten des Programms ist geplant, die<br />

Brückenbauerinnen auch für den Aufbau von Orientierungs- und<br />

Beratungsräumen für Migrantinnen in den <strong>Vorarlberg</strong>er Gemeinden<br />

einzusetzen sowie als Beraterinnen in Sachen frühkindlicher<br />

Spracherwerb für Eltern mit Migrationshintergrund. Kooperationspartner<br />

im Regelsystem für die Weiterentwicklung des<br />

Pools der Brückenbauerinnen zu Beraterinnen in Sachen frühkindlicher<br />

Spracherwerb für Eltern mit Migrationshintergrund ist<br />

die Projektstelle “Interkulturelles Lernen und Mehrsprachigkeit”<br />

an der entstehenden Pädagogischen Hochschule.<br />

4.7.4<br />

Projekt „Frühstart“ und „Wir verstehen uns gut“<br />

Kontakt: Gemeinnützige Hertie-Stiftung, Grüneburgweg 105,<br />

60323 Frankfurt<br />

Herbert-Quandt-Stiftung, Am Pilgerrain 15, 61352 Bad Homburg<br />

Türkisch-Deutsche Gesundheitsstiftung e.V., Friedrichstr. 13,<br />

35392 Gießen<br />

Verantwortlich: Diplom-Pädagogin Mehtap Sanli, c/o Türkisch-Deutsche<br />

Gesundheitsstiftung e.V. Friedrichstr. 13, 35392 Gießen<br />

Viele Eltern mit Migrationshintergrund haben Informationsdefizite<br />

und damit Berührungsängste gegenüber deutschen<br />

Bildungseinrichtungen. Die Elternarbeit von frühstart soll diese<br />

Defizite und Ängste überwinden helfen und eine vertrauensvolle<br />

Zusammenarbeit von Erzieherinnen und Eltern vorbereiten.<br />

Ehrenamtliche »Elternbegleiter«, die selbst zweisprachig sind<br />

und durch Fortbildung auf ihre Aufgabe vorbereitet werden,<br />

übernehmen eine Brückenfunktion zwischen Eltern und Erzie-<br />

69<br />

herinnen. Sie beraten die Eltern in Bildungsfragen und machen<br />

die Bedeutung des Kindergartens und des deutschen Bildungssystems<br />

verständlich. Ziel ist es, die Eltern aktiv am Ausbildungsprozess<br />

ihrer Kinder zu beteiligen und die Zahl der<br />

Zuwandererkinder in Kindertageseinrichtungen zu erhöhen.<br />

4.8<br />

ELTERNSCHULUNGSMODELLE<br />

4.8.1<br />

„Engagierte Eltern“ Zertifikatskurs für die Arbeit<br />

mit Migranteneltern in der Familienbildung<br />

Kontakt: ZEBRA - Interkulturelles Beratungs- und Therapiezentrum<br />

Beratung und Betreuung, Schönaugürtel 29, 8010 Graz<br />

Ansprechperson: Mioara Girlasu, Telefon: +43/316/83 56 30 - 14<br />

E-Mail: mioara.girlasu@zebra.or.at, http://www.zebra.or.at/projekt4.html<br />

Migranteneltern gehören zu der Zielgruppe, die keinen selbstverständlichen<br />

Zugang zu Einrichtungen der Weiterbildung haben.<br />

Es ist darum wichtig, die verschiedenen Modelle und Ansätze zu<br />

bündeln und daraus einen Ausbildungskurs zu konzipieren, um<br />

Bildungsmaßnahmen mit Migranteneltern durchzuführen.<br />

Ab 2005 wurde ein Zertifikatskurs konzipiert und erprobt, der<br />

europaweit für Fachkräfte und TrainerInnen der Erwachsenenund<br />

Familienbildung und anderen Einrichtungen aus der (Migranten-)<br />

Sozialarbeit, -gesundheitshilfe usw. angeboten wird.<br />

Der Kurs umfasst 30-40 Unterrichtsstunden und dauert 4-5 Tage.<br />

Thema des Kurses ist: „Engagierte Eltern - Stärkung der Erziehungs-<br />

und Kommunikationskompetenz von Migranteneltern“.<br />

Die Fachkräfte und TrainerInnen sollen erprobte methodische<br />

und inhaltliche Zugänge für die (Bildungs-)Arbeit mit Migranteneltern<br />

kennen lernen und sich mit den Erkenntnissen der interkulturellen<br />

Pädagogik auseinander setzen. Es soll damit der<br />

Zugang zur Zielgruppe der MigrantInnen erleichtert werden. Ziel<br />

des Kurses ist es, den interkulturellen Dialog zu fördern und die<br />

Erziehungs- und Kommunikationskompetenz der Migranteneltern<br />

zu stärken.<br />

Primäre Zielgruppe sind Fachkräfte der Erwachsenen-, Elternund<br />

Familienbildung (im Projekt die Lernenden): Die Fachkräfte<br />

werden in der interkulturellen Arbeit mit Migranteneltern geschult.<br />

Sie können im Rahmen des Projekts ein Trainingskonzept<br />

kennen lernen und in ihrer eigenen Institution nutzen.<br />

Der Kurs wurde im Jahr 2005 in Österreich und Polen getestet<br />

und 2006 in drei weiteren Ländern (Großbritannien, Spanien,<br />

Rumänien) europaweit für Grundtvig 3-Stipendiaten angeboten.<br />

Nach Projektende wird der Kurs in zwei weiteren Ländern<br />

(Deutschland und Litauen) angeboten.<br />

Durch die Zusammenarbeit mit den europäischen Partnern wird<br />

die unterschiedliche Situation (der Migranten und der Eltern/<br />

Familienbildung) in den einzelnen Ländern berücksichtig und<br />

der interkulturelle Austausch von Erfahrungen und bestpractice<br />

Modellen gefördert. Es besteht so auch auf europäischer Ebene<br />

die Möglichkeit, die Erfahrungen in den verschiedenen Ländern<br />

in der Arbeit mit Migranteneltern aufzunehmen. Die unterschiedlichen<br />

Arten des Zugangs zur Zielgruppe können so europaweit<br />

ausgetauscht werden.


4.8.2<br />

Projekt “Aktive Eltern” - Interkulturelle<br />

Elternbildung; Kassel, D<br />

Kontakt: Frau Wegener - Telefon 0049-5 61-9 83 50 – 17;<br />

Frau Becker, Frau Kurt, Frau Scherba, Frau Werther,<br />

Telefon 0049-561-9 83 50 – 292,<br />

E-Mail: aktive-eltern@schlachthof-kassel.de;<br />

http://www.schlachthof-kassel.de/steuerung/frameseiteakteltern.htm<br />

Jede/r 5. Einwohnerin/Einwohner in Deutschland hat bereist<br />

einen Migrationshintergrund in der Biographie. Diese sprachliche,<br />

kulturelle, religiöse und ethnische Vielfalt unserer Gesellschaft<br />

stellt jegliche Einrichtungen und Organisationen vor<br />

besondere Herausforderungen.<br />

Daher muss der Umgang mit dieser Vielfalt gelernt werden. In<br />

Beratungen und Fortbildungen arbeiten wir mit Ihnen beispielsweise<br />

an den Fragen:<br />

- Wie können Ihre Angebote für Zugewanderte geöffnet werden?<br />

- Welche Schritte sind dafür intern (in der Organisation) notwendig?<br />

- Welche Schritte sind nach Außen (Kontaktaufbau zu Migrant<br />

- Innen) notwenig?<br />

4.8.3<br />

Qualifizierungsmaßnahme „Stadtteilmutter“<br />

Recklinghausen, D<br />

Kontakt: Amt der Stadt Recklinghausen, Julia Overmann, Raum 309;<br />

Stadthaus C<br />

Rathausplatz3, 45657 Recklinghausen; Tel.: 0049-2361/50-2283;<br />

E-Mail: Overmann.Julia@recklinghausen.de<br />

Die stadtinterne Konzeption der Qualifizierungsmaßnahme für<br />

Stadtteilmütter ist Bestandteil der Gesamtkonzeption des Bereiches<br />

„Elternbildung“ und diese wiederum ist integriert in das<br />

gesamte Sprachförderkonzept in Recklinghausen. Alle diese<br />

Konzeptionen sind mit Zielformulierungen, Qualitätsstandards in<br />

der Durchführung und Strukturen Evaluierungszielen beschrieben.<br />

Die Aufgaben der Stadtteilmütter sind vielfältig und benötigen<br />

deshalb auch einer intensiven Einschulung. Dies bietet die Stadt<br />

Recklinghausen in Eigenregie an.<br />

Der Lehrgang dauert 9 Tage oder 54 UE und wird von Fachkräften<br />

aus der Umgebung geleitet und durchgeführt. Diese Referenten<br />

sind in späterer Folge auch für die Stadtteilmütter Netzwerkpartner<br />

und Ratgeber (Fachärztin, Sozialarbeiterin, Fachbereichsleiterinnen<br />

für interkulturelle Fragen).<br />

Die angebotenen Themen sind:<br />

- 3 Tage Interkulturelle Kompetenz und Migration als Chance<br />

Entwicklungspsychologie des Kindesalter<br />

- 2 Tage „Meine Rolle als Kursleitung“<br />

- Einführung in das Rucksackprogramm<br />

- Mütterbildung – ganz praktisch<br />

- erste Konkrete Planung eines Rucksackmonats<br />

Die ausgebildeten Stadtteilmütter werden regelmäßig von einer<br />

soz.päd. Fachkraft begleitet. Diese Treffen finden alle 2 Wochen statt.<br />

Die Stadtteilmütter sind wohnortsnah organisiert, um gewünschte<br />

Vernetzungsstrukturen herzustellen und in Gruppen á max 12<br />

70<br />

Die Stadtteilmütter sind wohnortsnah organisiert, um gewünschte<br />

Vernetzungsstrukturen herzustellen und in Gruppen á max 12<br />

Teilnehmerinnen sich regelmäßig zu treffen. Die Stadtteilmütter<br />

sind mit selbst- und fremdevaluatorischen Instrumenten direkt in<br />

die Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung des<br />

Rucksackprojektes mit eingebunden.<br />

4.9<br />

KOOPERATION SCHULE – KINDERGARTEN<br />

Die intensivere Kooperation Schule – Kindergarten ist schon seit<br />

einigen Jahren ein deklariertes Anliegen von allen Beteiligten. So<br />

wurden auch besonders bewusste Veranstaltungen abgehalten und<br />

schriftliche Empfehlungen an die Leitungen und PädagogInnen<br />

beider Einrichtungsebenen verteilt. Diese Nahttstelle Kindergarten<br />

– Volksschule ist für alle Beteiligten (Kinder – Eltern –<br />

Personal – Verwaltung – Gemeinden – Land – Bund – etc.)<br />

besonders interessant und in vielfachen Themenkreisen bedeutsam<br />

(so zum Beispiel auch im Thema Sprachstand oder Sprachförderung<br />

von Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache).


Durch die Einführung des Sprachtickets wurde eine organisatorische<br />

Vorgabe geschaffen, die eine sehr nahe Zusammenarbeit<br />

zwischen Schule und Kiga voraussetzen würde und auch erforderlich<br />

macht.<br />

Sowohl in den Rückmeldungen der Volksschulen sowie von<br />

Erzählungen aus anderen Bundesländern zeigt sich aber, dass<br />

hier der berechtigte Anspruch und die erlebte Wirklichkeit oftmals<br />

sehr weit auseinander liegen. Österreich ist allerdings hier<br />

nicht ganz alleine. Dieses Thema drängt sich auch in anderen<br />

Staaten in Europa auf, wenn es darum geht eine Harmonisierung<br />

des öffentlichen Bildungswesens anzustreben.<br />

Wenn im Kapitel 2 zum Thema „Sprachticket“ diese offenen Fragen<br />

schon angeschnitten wurden, so soll dieses Kapitel nun aufzeigen,<br />

welche Entwicklungsmöglichkeiten allgemein in der<br />

Kooperation zwischen Schule und Kiga möglich sind, die dann<br />

natürlich auch in der Verbesserung der Sprachförderung Nutzen<br />

stiften.<br />

4.9.1<br />

Studie Uni Oldenburg<br />

In einer Schriftreihe des Interdisziplinären Zentrums für Bildung<br />

und Kommunikation in Migrationsprozessen (IBKM) an der<br />

Uni-Oldenburg wurde als Band Nr. 18 eine sehr tiefgehende<br />

Untersuchung veröffentlicht, die unter dem Titel „Kooperation<br />

von Kindertagesstätten und Grundschulen in der vorschulischen<br />

Sprachförderung“ (BISverlag, ISBN 3-8142-0982-6) erschienen ist.<br />

a) In der Betrachtung dieser Kooperation wurden von Betroffenen<br />

(aufgrund durch geführte Befragungsuntersuchungen) folgende<br />

Problemfelder skizziert:<br />

Bildungspolitisch bedingte Probleme<br />

Natürlich gibt es eine völlig unterschiedliche Entstehungs- und<br />

Entwicklungsgeschichte der beiden Einrichtungsebenen. Aber<br />

auch in der Gegenwart sind einige Unterschiedlichkeiten als<br />

Hindernis in der Kooperation zu deuten. Zum einen führt das<br />

unterschiedliche Ausbildungsniveau der Lehrpersonen und der<br />

Kiga-Pädagoginnen zu einem Anerkennungs- und Imageproblem.<br />

Zum anderen ist die gesellschaftliche Anerkennung des<br />

Bildungsauftrages sehr stark unterschiedlich.<br />

Berührungsängste und Vorurteile<br />

Diese Kategorie von Problemen ist wohl vor allem aufgrund von<br />

mangelnder Kenntnisse des jeweils anderen Bereichs einzuordnen.<br />

So sehen Lehrkräfte die Kooperation mit den Kigas oftmals<br />

skeptisch, da sie ihre Ansprüche und Erwartungen an den Kiga<br />

nicht erfüllt sehen, weil die Kindergärtnerinnen diese nicht erfüllen<br />

können oder nicht erfüllen wollen. Von Seiten der Kindergärtnerinnen<br />

wird sehr häufig ein Unterlegenheitsgefühl artikuliert,<br />

das vor allem auf Wahrnehmungen der Sprachgewandtheit<br />

oder des gesamten Auftretens zurückgeführt werden.<br />

71<br />

Unterschiedliche Pädagogische Konzepte und Begrifflichkeiten<br />

Es besteht in beiden Bildungsbereichebenen kein einheitlicher<br />

(oder gar verbindlicher) Bildungsbegriff. Auch wird der<br />

Anspruch an methodische und didaktische Herangehensweisen<br />

in diesen beiden Ebenen völlig anders gesehen und praktiziert.<br />

Die Unterschiedlichkeit wird auch in den Ausbildungen viel<br />

mehr herausgehoben als die Gemeinsamkeiten. So ist es nicht<br />

verwunderlich, dass dann auch die persönlich wahrgenommenen<br />

Definitionen der „Schulfähigkeit“ stark differieren.<br />

Organisatorische Probleme<br />

Von beiden Seiten im gleichen Maße wird das Zeitproblem in<br />

Verbindung mit einer stärkeren Kooperation genannt. Nachdem<br />

diese Kooperationstätigkeiten als zusätzliche Leistung gewertet<br />

ist, die keinerlei Stunden- oder Geldabgeltung erfährt, wird dies<br />

nicht als „motivationsfördernd“ angesehen. Auch zeigt sich, dass<br />

die gebunden Dienstzeiten so stark übereinstimmen, dass Kooperationstätigkeiten,<br />

wie Hospitationen oder gegenseitige Besuche<br />

während der Kinderzeiten nur sehr schwierig organisierbar<br />

sind. Ein zweites organisatorisches Problem ist die unterschiedliche<br />

Sprengelaufteilung von Kiga und Schule. Dies führt mancher<br />

Orts zu recht „verzwickten“ Konstellationen.<br />

b) Vorschläge zur Verbesserung der Kooperation zwischen<br />

Schule und Kindergarten<br />

Inhaltlicher Austausch<br />

Der inhaltliche Austausch dient in erster Linie zur Klarstellung<br />

der jeweiligen Aufgabenerfüllung und in zweiter Linie auch zu<br />

einen besseren Verständnis für die jeweilig andere Ebene. Eine<br />

verpflichtende Praktikumszeit in den Ausbildungen in den jeweilig<br />

anderen Einrichtungen würde dieses Anliegen auch erfüllen.<br />

Gemeinsame Besprechungen<br />

Das persönliche Zusammenarbeit und sich kennen lernen ist die<br />

beste Form der Kooperationsanbahnung. Der Austausch von<br />

Grundlageninformationen (Themenziele, Methodenschwerpunkte,<br />

gängige Material- oder Raumgestaltungen) und auch die<br />

aktuell Information von Beobachtungen in den Gruppen oder<br />

Familien ist direkte Hilfestellung im Vor- oder Nachbereiten der<br />

pädagogischen Arbeit.<br />

Gegenseitige Hospitationen<br />

Diese Hospitationen führen zu einem tiefen Verstehen, welche<br />

bei mehrmaligen Erfahrungen die gegenseitigen Anknüpfungspunkte<br />

leicht erkennbar machen. Auch für die Kinder und die<br />

Eltern wird so ein beruhigendes Gefühl des Miteinanders erzeugt.<br />

Wechselseitige Teilnahme an Gremien und Veranstaltungen<br />

Informationsveranstaltungen oder Quartalsteamsitzungen oder<br />

themenzentrierte Elternabende helfen auch, ein gemeinsames<br />

Auftreten nach außen zu bewerkstelligen.<br />

Quelle: ernst.6900


Gespräche der Fachkräfte<br />

Konkrete Gespräche über konkrete Situationen in den Gruppen,<br />

gegenseitige Hilfestellungen bei Kindern mit besonderen<br />

Bedürfnissen oder auch bei anderen Kindern, Berichte über<br />

Lernentwicklungen von Kindern können für beide Ebenen sehr<br />

hilfreich sein. Vor allem die Arbeit in der 1. Volksschulklasse<br />

wird dadurch ungemein unterstützt.<br />

Arbeitskreise<br />

In Arbeitskreisen können beide Einrichtungen, die ja für die<br />

jeweilige Wohngegend sehr prägend sind, ihre Stellung im Zusammenhang<br />

mit der Wohnbevölkerung nachhaltig verstärken.<br />

Gemeinwesentätigkeit, familienunterstützende Maßnahmen usw.<br />

können über längere Zeiträume entstehen und sich etablieren.<br />

Auch das Einbinden von anderen Institutionen oder Fachkräften<br />

bietet sich hier an.<br />

Kooperationskalender<br />

Bei einem Kooperationskalender handelt es sich um einen<br />

Arbeitsplaner, der wichtige Daten der gemeinsamen Kooperation<br />

enthält. Er wird jährlich von den betroffenen LeiterInnen oder<br />

Kooperationsverantwortlichen überarbeitet und erstellt.<br />

(Recklinghausen praktiziert dies schon seit Jahren. Die<br />

Aufstellung legt fest: wann ist was zu erledigen? Wer ist daran<br />

beteiligt? Wer trägt die Zuständigkeitsverantwortung?)<br />

Kooperationsvereinbarungen und –ziele<br />

Die konkrete Vereinbarung über die angestrebten Kooperationstätigkeiten<br />

und deren Ziele ist eine unbedingte Notwendigkeit,<br />

wenn es um das Vermeiden von unerfüllten weil unausgesprochenen<br />

Erwartungen geht.<br />

Ernennung von Kooperationsbeauftragten<br />

Das Festlegen eines Kooperationsbeauftragten ist zum einen eine<br />

entlastende Arbeitsteilung und zum anderen ergibt dies eine gewisse<br />

Kontinuität, die vertiefend und professionalisierend wirkt.<br />

Gemeinsame Fortbildungen<br />

Beim Thema Sprachförderung würde sich dies besonders anbieten,<br />

weil dadurch auch gleich klarer wird, was sich wer von wem<br />

erwarten darf und auch welche Möglichkeiten sich in Zukunft<br />

auftun können. Gemeinsame Fortbildungen sind auch besonders<br />

interessant, wenn es um Netzwerktätigkeiten geht oder sich besondere<br />

Projekte entwickeln können.<br />

Gemeinsame Vorbereitung der Vorschulkinder<br />

Wenn Kindergartenkinder ihre zukünftige Lehrperson kennen<br />

lernen können und auch die Schule als Gebäude kennen lernen<br />

können, sind dies besondere Sicherheitsanker die für den Wechsel<br />

in die Schule gelegt werden können. Genauso trägt es zur<br />

Sicherheit des Kindes bei, wenn es merkt, dass die Eltern, die<br />

KindergartenpädagogInnen und die Lehrer im Einvernehmen<br />

zusammenarbeiten.<br />

Gemeinsame Vorhaben mit Kindergarten- und Schulkindern<br />

Gemeinsame Feste und Veranstaltungen von Kindergarten und<br />

Schule bieten ein Bild der Verbundenheit, welches ganz praktisch<br />

aufzeigt, dass die Aufmerksamkeit für die Kinder nicht nur ein<br />

momentanes Interesse darstellt, sondern wirklich über Jahre geht.<br />

Dabei können besondere „ Austauschprojekte“ besonders reizvoll<br />

sein (z.B. Vorleseprojekte bei denen Schüler aus den 3. oder 4.<br />

Klassen in den Kindergarten kommen).<br />

72<br />

Fazit der Studien von der Uni-Oldenburg ist jenes, dass die guten<br />

Praxisbeispiele zeigen, dass eine gute Kooperation zwischen<br />

Schule und Kindergarten nach einer gewissen Anlaufzeit für alle<br />

Beteiligten soviel Vorteile und Sicherheiten bietet, dass insgesamt<br />

sogar eine Zeitersparnis heraus kommt. Die auftauchenden<br />

Probleme scheinen allesamt lösbar. Besonders gefordert sind die<br />

an der Basis tätigen Personen, die mit ihrer Präsenz und ihre personalen<br />

Kompetenz viel positive Veränderung bewirken können.<br />

Gesamt gesehen geht es vor allem darum, die theoretisch meist<br />

sehr klar formulierten Ziele auch in der Praxis verbindlich und<br />

offen umzusetzen.<br />

Familien mit Migrationshintergrund werden mit ihren Kindern<br />

auf deren einschulung vorbereitet.<br />

Ein Projekt, welches im Gesamtpaket von SpiKi-Nürnberg vorkommt<br />

ist das untenstehende (siehe auch 4.1.4, 4.4.2, 4.6.3.1)<br />

4.9.2<br />

Praxisprojekt: “Schultüte – Mama und ich spielend<br />

in die Schule”<br />

Die Themen Schultüte, Schultasche, Schulweg, gesunde<br />

Ernährung, der Gebrauch eines Wörterbuchs, das Bayerische<br />

Schulsystem und die Möglichkeiten, Kinder zu Hause zu unterstützen,<br />

stehen im Mittelpunkt des Kurses, genau wie die<br />

Motivation der Eltern, ihre Deutschkenntnisse weiter zu entwikkeln.<br />

Das Projekt wird in Kooperation mit dem Bündnis für<br />

Familie durchgeführt.<br />

Das Bündnis für Familie hat zum Projekt Schultüte eine<br />

Praxishilfe erstellt. Sie finden darin Betrachtungen zur interkulturellen<br />

Pädagogik in Kindertageseinrichtungen und eine genaue<br />

Beschreibung der durchgeführten acht Kurseinheiten des<br />

Praxisprojekts.<br />

4.10<br />

GESAMTPROJEKTE<br />

4.10.1<br />

Recklinghausen<br />

Kontakt: Amt der Stadt Recklinghausen, Julia Overmann, Raum 309;<br />

Stadthaus C<br />

Rathausplatz3, 45657 Recklinghausen; Tel.: 0049-2361/50-2283;<br />

E-Mail: Overmann.Julia@recklinghausen.de<br />

In Kooperation mit den Tageseinrichtungen freier Träger hat die<br />

Stadt Recklinghausen im Kiga Jahr 2000/2001 mit der<br />

Umsetzung des Sprachförderprogramms für Kinder mit<br />

Migrationshintergrund begonnen. Inzwischen konnte das<br />

Sprachförderprogramm flächendeckend im Stadtgebiet auf alle<br />

Tageseinrichtungen mit einem Anteil von mind. 30 % an Kindern<br />

mit fremder Muttersprache ausgeweitet werden.<br />

Derzeit sind ca. 20 Tageseinrichtungen beteiligt. Im Rahmen des<br />

Konzeptes “Sprachförderung und Interkulturelle Erziehung in<br />

TEK” wurden sechs Bausteine entwickelt, die gemeinsam den<br />

Erfolg des Konzeptes ausmachen:<br />

Baustein 1: Früh beginnen. Spielgruppen, Angebote der<br />

Familienbildung und andere Angebote für<br />

unter 3-jährige (und ihre Mütter).


Baustein 2: Kinder im Kindergartenalter intensiv fördern -<br />

Sprachförderung und Interkulturelle Erziehung<br />

in Tageseinrichtungen für Kinder (und in der<br />

Grundschule)<br />

Baustein 3: Die Mütter einbeziehen/”Rucksack I” -<br />

Förderung von Müttern bis hin zur Ausbildung<br />

als sog. Stadtteilmutter<br />

Baustein 4: Erzieherinnen qualifizieren<br />

Baustein 5: Die Beteiligten vernetzen<br />

Baustein 6: Die Qualität sichern - Dokumentation und<br />

Evaluation<br />

Konkrete Beschreibung der Bausteine<br />

Baustein 1 - Früh beginnen:<br />

Spielgruppen, Angebote der Familienbildung und andere<br />

Angebote für unter 3-Jährige (und ihre Mütter)<br />

In den Spiel- und Lerngruppen werden deutsche und türkische<br />

Kinder im Alter von 2 bis 3 Jahren an zwei bzw. drei Vormittagen<br />

betreut. In diesen altersgemischten Gruppen erleben die Kinder<br />

regelmäßig soziale Kontakte mit anderen Kindern. Sprachförderung<br />

setzt in dieser niederschwelligen Betreuungsform altersmäßig<br />

früher an, so dass Kinder bis zum Schuleintritt bis zu 5 Jahre<br />

gefördert werden. In ihre Sozialisation fließt schon früh der<br />

regelmäßige kulturelle Austausch ein. Das Miteinander verschiedener<br />

Kulturen wird für die Kinder zu einer vertrauten<br />

Begegnungs- und Lebensform, welche nicht zuletzt durch die<br />

“deutsch-türkischen” Betreuerinnenteams repräsentiert wird.<br />

Baustein 2 - Kinder im Kindergartenalter intensiv<br />

fördern:<br />

Sprachförderung und Interkulturelle Erziehung in Tageseinrichtungen<br />

für Kinder (und in der Schule)<br />

Mit Eintritt in den Kindergarten findet für alle Kinder täglich im<br />

Rahmen einer kontinuierlichen Sprachförderung auf der Grundlage<br />

des pädagogischen Konzeptes Sprachförderung statt. Kinder<br />

mit fremder Muttersprache werden zusätzlich gezielt und systematisch<br />

im Erwerb der Zweitsprache “Deutsch” gefördert und<br />

unterstützt. Dafür werden sie zunächst über einen bestimmten<br />

Zeitraum beobachtet; anschließend wird der jeweilige Sprachstand<br />

von der Erzieherin eingeschätzt. Als Beobachtungsinstrument<br />

für das Sprachverhalten und das Interesse an Sprache wird<br />

in allen Tageseinrichtungen der Bobachtungsbogen “SISMiK”<br />

eingesetzt.<br />

Damit die Erzieherinnen die Sprachförderung entsprechend vorund<br />

nachbereiten können, werden sie durch eine qualifizierte<br />

Honorarmitarbeiterin stundenweise entlastet. Soweit es möglich<br />

ist, beschäftigen wir Honorarmitarbeiterinnen mit Migrationserfahrungen<br />

und entsprechenden muttersprachlichen Kenntnissen<br />

für diese “Entlastungs-Arbeit”. Zurzeit sind dies nur türkische<br />

73<br />

Honorarkräfte, zukünftig sollen aber vor allem auch polnische<br />

und russische Sprachkenntnisse Berücksichtigung finden. Damit<br />

wird es gleichzeitig möglich, in diesen Tageseinrichtungen für<br />

Kinder auch pädagogische Angebote in der jeweiligen Muttersprache<br />

durchzuführen.<br />

Die Zusammenarbeit mit den Eltern ist ein wesentliches Element<br />

im Rahmen der Sprachförderung: Um diese möglichst verbindlich<br />

für die Tageseinrichtung für Kinder und die Familien zu<br />

gestalten, schließen die Leitung der Einrichtung und die Eltern<br />

einen Kontrakt “Sprachförderung für Kinder”. Hierdurch sichern<br />

beide Vertragspartner eine aktive und verbindliche Mitarbeit zur<br />

Sprachförderung der Kinder zu. Elemente des Kontraktes sind<br />

z.B. verbindliche Absprachen zur regelmäßigen Teilnahme oder<br />

die Verpflichtung der Eltern, Sprachförderung zu unterstützen.<br />

Baustein 3 - Die Mütter einbeziehen:<br />

“Rucksack I” – Förderung von Müttern bis hin zur<br />

Ausbildung als sog. Stadtteilmutter<br />

Zum einen setzt das Programm an der Förderung der allgemeinen<br />

kindlichen Entwicklung und zum anderen vor allem auch<br />

an der Förderung muttersprachlicher Kompetenzen an (“Man<br />

lernt eine Zweitsprache nur so gut, wie man seine Erst-/<br />

Muttersprache beherrscht”).<br />

Die Untersuchungen an etwa 2.000 Kindern zeigen einen eindeutigen<br />

Zusammen-hang zwischen der Nähe (regelmäßige Kontakte,<br />

Wohlfühlen), die Migrantenmütter zu einem Kindergarten<br />

haben, und der Sprachentwicklung ihrer Kinder. Es geht also gar<br />

nicht anders: Nur die Investition in die Elternarbeit führt zu guten<br />

Entwicklungsergebnissen bei den Kindern.<br />

Ehemalige “Rucksack-Mütter” wurden gezielt ausgewählt und<br />

persönlich angesprochen, ob sie die Ausbildung zur Stadtteilmutter<br />

machen möchten. 12 Mütter haben diese dann erfolgreich<br />

absolviert und abschließend eine Urkunde erhalten. Die<br />

Stadtteilmütter werden als Multiplikatoren eingesetzt und übernehmen<br />

als “Brücke” zwischen der Tageseinrichtung und den<br />

Müttern auch eine vermittelnde Rolle. Das niederschwellige<br />

Prinzip “Mütter bilden Mütter” geht auf: Der Zulauf ist groß und<br />

der Multiplikationswert hoch. Den Müttern kommt eine hohe Anerkennung<br />

und Ermutigung als Expertinnen für die Entwicklung<br />

ihrer Kinder zuteil.<br />

Quelle: ernst.6900


Baustein 4 - Erzieherinnen qualifizieren<br />

Damit das Thema “Sprachförderung und Interkulturelle Erziehung”<br />

dauerhaft in den pädagogischen Alltag der Tageseinrichtungen<br />

verankert wird, haben die dort tätigen Erzieherinnen die<br />

Möglichkeit, sich als “Interkulturelle Erzieherin” für diesen Bereich<br />

zu qualifizieren.<br />

Diese Qualifizierung setzt sich aus 6 verschiedenen Modulen und<br />

einer abschließenden Bildungsfahrt zusammen, die erst in ihrer<br />

Gesamtheit den didaktischen Zusammenhang bilden.<br />

Interkulturelle Sensibilisierung: 1 Tag<br />

Zweitspracherwerb im Elementarbereich: 3 Tage<br />

und 1 “Follow-up-Tag”<br />

Islam als Sozialisationsfaktor: 2 Tage<br />

Interkulturelle Zusammenarbeit mit Eltern: 1 Tag<br />

Methoden und Bausteine zur Sprachförderung: 1 Tag<br />

Interkulturelle Ausgestaltung der pädagogischen Arbeit: 2 Tage<br />

Bildungsfahrt: ca. 5-7 Tage<br />

Um das Abschlusszertifikat zur “Interkulturellen Erzieherin” zu<br />

erhalten, ist eine Teilnahme an allen 6 Modulen und der Bildungsfahrt<br />

erforderlich. Die Maßnahme ist auf eine Laufzeit von<br />

2 Jahren angelegt, sie umfasst ca. 80 Seminarstunden und eine<br />

fünf- bzw. siebentägige Bildungsfahrt.<br />

Baustein 5 - Die Beteiligten vernetzen<br />

Alle Institutionen, die mit dem Bereich Migration, Sprachförderung<br />

usw. haben sich zu einer Kooperationsgruppe zusammengeschlossen.<br />

Regelmäßige Arbeitskreise mit allen Kindergärten und Grundschulen<br />

ermöglichen einen regelmäßigen Austausch der<br />

Erfahrungen.<br />

Seit 2003 wurde ein Qualitätszirkel “Zweitspracherwerb” gegründet,<br />

an dem Mitarbeiterinnen aus den Städtischen Kindereinrichtungen<br />

teilnehmen. Dieses Forum dient dem Erfahrungsaustausch,<br />

der Erprobung neuer Materialien, der fachlichen<br />

Diskussion und der Weiterentwicklung des Konzeptes.<br />

Die “Projektgruppe Sprachförderung” (Lehrer, Kindergartenpersonal,<br />

Verwaltung und Volkshochschule) hat es sich zum Schwerpunkt<br />

gemacht, die Abstimmung zwischen der Sprachförderung<br />

im Kindergarten und den Sprachvorschulkursen an den Grundschulen<br />

zu optimieren und sich intensiv mit dem Thema<br />

“Sprachstandsfeststellungsverfahren” auseinander zu setzen, um<br />

ein möglichst einheitliches/ standardisiertes Verfahren für die<br />

Stadt Recklinghausen zu vereinbaren.<br />

Im Rahmen der Vernetzung wird immer wieder deutlich, wie<br />

wichtig es bei dem Thema “Interkulturelle Erziehung und<br />

Sprachförderung” ist, die Beteiligten untereinander bekannt zu<br />

74<br />

machen und ihnen die Möglichkeit eines regelmäßigen fachlichen<br />

Austausches anzubieten.<br />

Baustein 6 - Die Qualität sichern: Dokumentation<br />

und Evaluation<br />

Die Stadt Recklinghausen hat für die Städtischen Tageseinrichtungen<br />

für Kinder Qualitätskriterien für die verschiedenen Entwicklungsbereiche<br />

entwickelt. (siehe 4.3.4)<br />

Jedes Qualitätskriterium wird künftig mit standardisierten<br />

Verfahren dokumentiert und regelmäßig evaluiert. Dazu werden<br />

u.a. Materialien zur Sprachstandsmessung und zur sprachlichen<br />

Entwicklung herangezogen.<br />

In Zusammenarbeit mit der Gesamthochschule Essen/ Duisburg<br />

ist eine erste umfassende Evaluation zu “Interkulturelles Lernen<br />

und Sprachförderung in Tageseinrichtungen für Kinder” im<br />

Sommer 2003, drei Jahre nach Beginn des “Projektes Sprachförderung<br />

und Integration”, durchgeführt worden.<br />

Die Auswertung zeigt, dass die Ausrichtung auf mehrere<br />

Bausteine - vor allem die intensive Elternarbeit - als effektiv und<br />

erfolgreich von den Erzieherinnen wahrgenommen wird.<br />

Quelle: ernst.6900


4.10.2<br />

SpiKi-Nürnberg<br />

http://www.jugendamt.nuernberg.de/downloads/spiki_faltblatt.pdf<br />

75<br />

4.10.3<br />

RAA – Essen, Nordrhein-Westfalen, D<br />

Kontakt: Hauptstelle Regionale Arbeitsstelle zur Förderung von Kindern<br />

und Jugendlichen aus Zuwandererfamilien (RAA), Nordrhein-Westfalen;<br />

Tiegelstr. 27; 45141 Essen, Fon: 0049/201/83 28 301; www.raa.de<br />

Die 27 RAA in NRW verstehen interkulturelles Miteinander als<br />

Chance für die Entwicklung aller Kinder und Jugendlichen – für<br />

die hier geborenen, die hier aufgewachsenen und zugewanderten.<br />

Mit diesem Arbeitsansatz entwickeln die RAA Programme,<br />

Projekte, Produkte und setzen diese vor Ort in Kooperation mit<br />

Partnern um. Die RAA werden gefördert vom Ministerium für<br />

Generationen, Familie, Frauen und Integration sowie vom<br />

Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes NRW und<br />

den jeweiligen Kommunen bzw. Kreisen.marktrelevanten Akteuren.<br />

Projekte:<br />

RAA führt derzeit zahlreiche Projekte durch, die sich wie folgt<br />

anlesen:<br />

Auf KURS in die Zukunft Kooperation Schule - Wirtschaft gestalten<br />

COMICS Children Of Migrants Inclusion Creative System<br />

FörMig NRW Modellprogramm „Förderung von Kindern und<br />

Jugendlichen mit Migrationshintergrund“<br />

Zertifikatskurs „Interkulturelle Handlungskompetenz“ zur Sensibilisierung,<br />

Qualifizierung und Weiterbildung von arbeitsmarktrelevanten<br />

Akteuren<br />

Produkte im Kontext der Sprachförderung und interkulturellen<br />

Unterstützung von Kindern, Jugendlichen und Eltern:<br />

„Griffbereit“ – Zugewanderte Mütter stärken ihre Kinder<br />

„Hokus und Lotus“ – Wie kleine Kinder eine zweite Sprache<br />

lernen können. Ein Angebot für Kinder aus Migrantenfamilien<br />

im Alter von 3-8<br />

Interkultureller Schülerklub<br />

„KOALA“ – die koodinierte Alphabetisierung im Anfangsunterricht<br />

Modul „Deutsch als Zweitsprache“ (DaZ) in NRW<br />

„Potentiale“ – erfolgreiche Zuwanderer in NRW<br />

„Rucksack“ – Ein Konzept zur Sprachförderung und Elternbildung<br />

im Elementarbereich<br />

All diese Produkte sind mit Theorieunterlagen, mit Anschauungsmaterial,<br />

meist mit dazu gehörigen Qualifizierungsmaßnahmen<br />

zusatzausgestattet. Evaluierungsergebnisse sind nur vereinzelt<br />

zugänglich. Das Gesamtbild der einzelnen Produkte stimmt.<br />

Die Multiplikatorenwirkung der Modelle ist ausgezeichnet.<br />

<strong>SPRACHE</strong><br />

<strong>BILDUNG</strong><br />

<strong>INTEGRATION</strong>

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