SPRACHE BILDUNG INTEGRATION - Vorarlberg Online
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Quelle: ernst.6900<br />
Sprache als Schlüssel<br />
zur Integration<br />
Gesamtkonzept für<br />
frühe Sprachförderung<br />
im Vorschulalter<br />
<strong>SPRACHE</strong><br />
<strong>BILDUNG</strong><br />
<strong>INTEGRATION</strong>
2<br />
Impressum<br />
MEDIENINHABER UND HERAUSGEBER:<br />
<strong>Vorarlberg</strong>er Freiheitliche<br />
Römerstraße 2/3<br />
6900 Bregenz<br />
T 05574/464450<br />
F 05574/46445-75<br />
E geschaeftsstelle@vfreiheitliche.at<br />
I www.vfreiheitliche.at<br />
Inhaltliche Zusammenarbeit mit OBHUT-<br />
Beratungsservice für Kinderbetreuung<br />
Mähdlestraße 31a<br />
6922 Wolfurt<br />
T +43(0)650/6416211<br />
E buero@obhut.at<br />
I www.obhut.at
Wenn die Sprache nicht stimmt,<br />
so ist das, was gesagt wird,<br />
nicht das, was gemeint ist.<br />
(Konfuzius, chin. Philosoph 551- 479 v. Chr.)<br />
Frühe Sprachförderung in <strong>Vorarlberg</strong><br />
Mit dem Gesamtkonzept zur „Frühen Sprachförderung“ wollen<br />
wir unser klar definiertes Ziel „Alle Kinder sollen bei Eintritt in<br />
die Schule die Unterrichtssprache beherrschen“ erreichen.<br />
Mit dem Weg des „Fördern und Fordern“ – für alle Betroffenen<br />
- und den entsprechenden Maßnahmen ist dieses Ziel in<br />
wenigen Jahren realiserbar.<br />
<strong>INTEGRATION</strong> - <strong>BILDUNG</strong> - <strong>SPRACHE</strong><br />
Sprache ist nicht nur Medium der alltäglichen Kommunikation,<br />
sondern auch eine Ressource, insbesondere bei der Bildung und<br />
auf dem Arbeitsmarkt.<br />
Wer die Landessprache nicht ausreichend beherrscht, kann<br />
durchaus vorhandene wertvolle eigene Kenntnisse kaum nutzen.<br />
Ungefähr jeder zehnte Erstklässler hat Probleme, dem Unterricht<br />
zu folgen bzw. kann dem Unterricht nicht folgen, weil er<br />
bei Schuleintritt die Unterrichtssprache nicht beherrscht.<br />
Spracherwerb spielt im vorschulischen Bereich eine zentrale<br />
Rolle, da der Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund und<br />
mit Sprachschwierigkeiten in unserem Bundesland <strong>Vorarlberg</strong><br />
bei rund 20 % liegt.<br />
Sprachförderung muss einem Ziel dienen: Allen Kindern optimale<br />
Chancen für einen erfolgreichen Schulstart zu eröffnen<br />
und problematische Bildungsbiographien zu verhindern.<br />
3<br />
Daher haben wir uns an die Entwicklung eines Gesamtkonzeptes<br />
gemacht. Es zeigt auf, wie ein fairer Start in das Bildungswesen<br />
für alle Kinder ermöglicht wird. Ein Start bei dem alle<br />
Kinder mit genügend Deutschkenntnissen in die Schule eintreten<br />
und dem Unterricht folgen können.<br />
Das vorliegende Gesamtkonzept „Frühe Sprachförderung“ umfasst<br />
sowohl die sozialpolitische Präventionsebene, wie auch die<br />
bildungspolitische Ebene.<br />
Bei der Erstellung haben wir besonderes Augenmerk auf einen<br />
starken Praxisbezug der Modelle gelegt und konkrete Vorschläge<br />
zur Anwendung in <strong>Vorarlberg</strong> angeführt.<br />
Ein weiterer wichtiger Inhaltspunkt unseres Gesamtkonzeptes<br />
besteht darin, dass bereits bestehende Aktivitäten zu einem<br />
schlüssigen Gesamten zusammen geführt werden und bestehende<br />
Ressourcen optimiert werden.<br />
Kinder sind nicht nur unsere Zukunft, sondern auch unsere Gegenwart.<br />
Daher haben wir alles zu tun, um ihnen die bestmöglichsten<br />
Chancen in der Gegenwart zu bieten, damit sie alles<br />
lernen können, was sie für ihre Zukunft brauchen – dazu gehört<br />
auch das Erlernen und Beherrschen der jeweiligen Landessprache.<br />
Landtagsabgeordnete Silvia Benzer<br />
<strong>Vorarlberg</strong>, Juni 2007<br />
Landesrat Dieter Egger
Frühe Sprachförderung im Vorschulalter<br />
Gesamtkonzept für <strong>Vorarlberg</strong><br />
Inhaltsübersicht:<br />
1. Kapitel: GRUNDLAGEN - EINFÜHRUNG<br />
Zusammenfassung von 1. Kapitel<br />
1.1 SPRACH<strong>BILDUNG</strong> - <strong>BILDUNG</strong> - <strong>INTEGRATION</strong><br />
1.1.1 Sprache als Schlüssel zur Integration<br />
1.1.2 Sprache als Schlüssel zum Bildungserfolg<br />
1.1.3 Sprache und Bildungserfolg als Schlüssel für<br />
berufliche Chancen<br />
1.2 <strong>SPRACHE</strong>RWERB – GRUNDSÄTZE<br />
1.2.1 Wie funktioniert Spracherwerb normalerweise?<br />
1.2.2 In welchem Alter passiert dabei was?<br />
1.2.3 Rolle der Muttersprache<br />
1.2.4 Erlernen der Zweitsprache<br />
1.2.5 Mehrsprachigkeit – Chance für alle Kinder<br />
1.2.6 Rolle der Eltern beim (Zweit-) Spracherwerb<br />
1.3 MANNHEIMER ERKLÄRUNG – 11 THESEN<br />
2. Kapitel: „IST-STAND-BEWERTUNG“<br />
Zusammenfassung von 2. Kapitel<br />
2.1 ALLGEMEINE BETRACHTUNG<br />
2.1.1 Grunddaten<br />
2.1.2 Studie zum Thema Mehrsprachigkeit im Kindergarten<br />
2.2 SPRACHTICKETS<br />
2.2.1 Allgemeine Beschreibung des Projekts<br />
2.2.2 Fragen zum Sprachticket und deren Antworten<br />
2.2.3 Bisherige Erfahrungen<br />
2.2.4 Auffälligkeiten<br />
2.2.5 Fazit<br />
2.3. GEMEINDEINITIATIVEN IN SACHEN<br />
SPRACHFÖRDERUNG<br />
2.4 ANDERE PROJEKTE<br />
2.5 BEMERKENSWERTES<br />
3. Kapitel: „FÖRDERN UND FORDERN“<br />
3.1 KINDER MIT NICHTDEUTSCHER MUTTER-<br />
<strong>SPRACHE</strong><br />
3.1.1 Kinder von 0 bis 3 Jahren<br />
3.1.2 Kinder von 3 bis 6 Jahren<br />
3.2 ELTERN MIT MIGRANTISCHEM HINTERGRUND<br />
3.3 PÄDAGOGINNEN UND PÄDAGOGEN<br />
3.3.1 PädagogInnen in Kleinkindbetreuungen und<br />
Spielgruppen<br />
3.3.2 PädagogInnen in Kindergärten<br />
3.4 EINRICHTUNGEN UND INSTITUTIONEN<br />
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4. Kapitel: INHALTSÜBERSICHT<br />
ÜBER “GUTE PRAXISMODELLE”:<br />
4.1 SPRACHFÖRDERMETHODEN<br />
4.1.1 “Würzburger Koffer” - “Hören, lauschen, lernen<br />
mit dem Würzburger Trainingsprogrammen”<br />
4.1.2 Projekt “Frühstart” und “Wir verstehen uns<br />
gut”, Gießen, D<br />
4.1.3 “Sprache und frühkindliche Bildung”; Kon-Lab, CH<br />
4.1.4 “SpiKi” - Spracherziehung und Sprachförderung<br />
in Kindertagesstätten; Nürnberg , D<br />
4.1.5 Sprachförderkoffer für Kindertagesstätten;<br />
Ministerium, Berlin, D<br />
4.1.6 Hokus und Lotus - Wie kleine Kinder eine zweite<br />
Sprache lernen können; RAA, Essen NRW, D<br />
4.1.7 Andere Sprachförderprogramme<br />
4.2 SPRACHSTANDSFESTSTELLUNG<br />
4.2.1 Grundsätzliches<br />
4.2.2 Übersicht verschiedener Produkte<br />
4.2.3 Sprachstandsbeobachtung mit SISMIK<br />
4.2.4 Muttersprachliche Sprachstandsfeststellung<br />
4.3 SPRACHFÖRDERMODELLE<br />
4.3.1 IPE - Projekte, Mainz, Rheinlandpfalz, D<br />
4.3.2 “Pfiffikus”, Bad Friedrichshall,<br />
Baden Württenberg, D<br />
4.3.3 Stadt Linz; Magistratskindergärten mit<br />
Interkulturellem Schwerpunkt<br />
4.3.4 Sprachfördermodell Recklingshausen -<br />
Qualitätsstandards-Checkliste, D<br />
4.3.5 Projekt “HAVAS 5”; Hamburg, D<br />
4.3.6 Projekt - Detmold; Nordrhein Westfahlen, D<br />
4.3.7 Kindergarten Scherzhausen, Stadt Salzburg, A<br />
4.3.8 “Sesam öffne dich”; Gemeindekinderg. Mäder, A<br />
4.4 SPEZIELLE FORT<strong>BILDUNG</strong><br />
4.4.1 Projekt “Frühstart” und “Wir verstehen uns<br />
gut”; Gießen, D (siehe 4.1.2)<br />
4.4.2 “SpiKi” - Spracherziehung und Sprachförderung<br />
in Kindertagesstätten; Nürnberg, D (siehe 4.1.4)<br />
4.4.3 Intensivweiterbildung: “Sprachförderung im<br />
Elementarbereich” Fachhochschule Köln, D<br />
4.4.4 Fortbildungsprogramm von Kon - Lab; CH (s. 4.1.3)<br />
4.4.5 AIM-Fachkraft für frühkindl. Pädagogik; Heilbronn, D<br />
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4.5 LEHRGANGSMODELLE FÜR<br />
„SPRACHFÖRDERSPEZIALISTINNEN“<br />
4.5.1. Zertifikatslehrgänge in Niederösterreich<br />
4.5.1.1 Lehrgang zur „Interkulturellen Fachpädagogin“<br />
4.5.1.2 Zertifikatslehrgang „Interkulturelle Pädagogik“<br />
4.5.2 „Multiplikator/in für Sprachförderung“ in<br />
Kindertageseinrichtungen; Hamburg, D<br />
4.5.3 „ErzieherInnenfortbildungen zur Sprachför<br />
derung für Vorschulkinder”; Uni-Mannheim, D<br />
4.5.4 InkuTra – interkulturelle Trainings;<br />
AWO (Arbeitswohlfahrt) Nürnberg, D<br />
4.5.5 „Muntual – EU-Projekt für eine Ausbildung<br />
zur Interkulturellen Kinderpädagogin“<br />
Kooperationslehrgang, Graz, A<br />
4.5.6 Lehrgang “Interkulturelle Pädagogik”,<br />
Landesregierung; Steiermark, A<br />
4.5.7 Zertifikatslehrgang „Fachkraft für Sprach<br />
kompetenzförderung und Sprachentwicklung<br />
in der Kindertagesstätte (VHS); Lüneburg, D<br />
4.5.8 “Universitätslehrgang für Interkulturelle<br />
Kompetenz”; Uni-Salzburg, A<br />
4.5.9 Zertifikatskurs „Interkulturelle Kompetenz“;<br />
RAA Nordrheinwestfalen, D<br />
4.6 ELTERNBETEILIGUNGSMODELLE<br />
4.6.1 Eltern übernehmen Aufgaben bei ihrem<br />
eigenen Kind<br />
4.6.1.1 Elternkontrakt; Recklinghausen, A<br />
4.6.1.2 Kooperationsmöglichkeiten Nordrhein-Westfalen<br />
4.6.1.3 Möglichkeiten Kopiervorlagen; Tirol, A<br />
4.6.1.4 Kindergartenfortbildungsstelle Lustenau –<br />
Elternansprache<br />
4.6.2 Eltern übernehmen Aufgaben mit anderen Kindern<br />
4.6.2.1Eltern als Sprachhelfer<br />
4.6.2.2Studierende als Sprachhelfer<br />
4.6.3 Eltern übernehmen Aufgaben in der Gruppe<br />
4.6.3.1Projekt “Lesefreude”; SpiKi-Nürnberg, D<br />
4.6.3.2Kindergarten Scherzhausen; Salzburg, A<br />
4.6.3.3Mitarbeit von Migranteneltern; IPE Mainz, D<br />
4.6.4 Eltern übernehmen Aufgaben mit anderen Eltern<br />
4.6.4.1Rucksackgruppen, RAA-Nordrhein-<br />
Westfalen, D<br />
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4.7 STADTTEILMÜTTER UND<br />
BRÜCKENBAUERINNEN<br />
4.7.1 Stadtteilmütter; Essen, D<br />
4.7.2 Stadtteilmütterprojekt; Augsburg, A<br />
4.7.3 BrückenbauerInnen, okay. zusammen leben, Vbg<br />
4.7.4 Projekt „Frühstart“, Elternbegleiterinnen<br />
4.8 ELTERNSCHULUNGSMODELLE<br />
4.8.1 „Engagierte Eltern“, Zertifikatslehrgang,<br />
ZEBRA; Graz, A<br />
4.8.2 „Aktive Eltern“, Lehrgang vom Kulturzentrum<br />
Schlachthof; Kassel, D<br />
4.8.3 Qualifizierungsmaßnahmen für<br />
Stadtteilmütter; Recklinghausen, D<br />
4.9 KOOPERATION SCHULE – KINDERGARTEN<br />
4.9.1 Studie der Uni-Oldenburg, D<br />
4.9.2 Projekt – “Schultüte”; SpiKi-Nürnberg, D<br />
4.10 GESAMTPROJEKTE<br />
4.10.1 Recklinghausen, D<br />
4.10.2 Spiki Nürnberg, D<br />
4.10.3 RAA – Essen, Nordrhein-Westfalen, D<br />
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1.Kapitel:<br />
“Grundlagen und Einführung”<br />
Zusammenfassung<br />
<strong>SPRACHE</strong> – <strong>BILDUNG</strong> – <strong>INTEGRATION</strong><br />
Diese drei Themenfelder bedingen und fördern sich gegenseitig.<br />
Grundsätzlich hängt der Erwerb einer neuen Sprache von vier<br />
Faktoren ab:<br />
Motivation (z.B. Aussicht auf ein höheres Einkommen)<br />
Zugang (z.B. Kontaktmöglichkeiten oder Kursangebote)<br />
Fähigkeiten (z.B. Intelligenz oder die bereits erfahrene<br />
Lernfähigkeit von Sprachen) und<br />
Kosten des Lernens (z. B. Zeitaufwand, Angleichungsstress, Geld)<br />
Diese vier Faktoren stellen für Kinder beim Erwerb von Deutsch<br />
als Zweitsprache keine unüberwindbaren Hindernisse dar und<br />
sind eigentlich leicht erfüllbar. Aber der Blick auf den Bildungsund<br />
Berufsbereich spricht eine deutlich andere Sprache. Laut der<br />
PISA-Untersuchung von 2003 beträgt der Unterschied im Bildungsniveau<br />
zwischen Einheimischen und Migranten dem Lehrstoff<br />
von eineinhalb Jahren, wobei es kaum einen Unterschied<br />
macht, ob die migrantischen Jugendlichen in Österreich geboren<br />
wurden oder erst später nach Österreich kamen.<br />
Wenn wir die Belegungszahlen in den verschiedenen Schultypen<br />
ansehen, kann zusammengefasst festgestellt werden (siehe Tab.<br />
1; 7a; 7b):<br />
Viele SchülerInnen mit nichtdeutscher Muttersprache schaffen<br />
den Weg in eine weiterführende berufliche Ausbildung nicht.<br />
Beträgt der Anteil in den Volksschulen 21%, in den Hauptschulen<br />
19%, nimmt er danach rapide ab: Poly 16%, berufsbildende mittlere<br />
Schulen 15%, berufsbildende Pflichtschulen 9%, Berufsbildende<br />
höhere Schulen (BHS) 7%, Allgemeinbildende höhere<br />
Schulen (AHS) 4%.<br />
Schon der Einstieg in das Regelschulwesen scheint für SchülerInnen<br />
mit nichtdeutscher Muttersprache schwieriger zu sein.<br />
Ihr Anteil an den Allgemeinen Sonderschulen (ASO) ist mit 32%<br />
besonders hoch.<br />
Es gibt einen besonders deutlichen Unterschied in der Bildungslaufbahn<br />
zwischen SchülerInnen mit türkischer Muttersprache<br />
und jenen aus den ehemaligen Jugoslawischen Staaten.<br />
Dieses frühe „Steckenbleiben“ auf der Bildungsleiter hat direkt<br />
erkennbare Folgen, was die beruflichen Chancen von jugendlichen<br />
Migranten anbelangt. In <strong>Vorarlberg</strong> waren Ende Jänner<br />
2007 444 Jungendliche (unter 25 Jahren) aus Staaten mit nichtdeutscher<br />
Muttersprache arbeitslos oder in einer AMS-<br />
Schulungsmaßnahme. Das entspricht einem Anteil von 17, 3 %.<br />
Wobei von diesen 444 Jugendlichen 105 keinen positiven<br />
Pflichtschulabschluss haben und 259 den Pflichtschulabschluss<br />
als höchstes Ausbildungsniveau vorweisen können.<br />
Bei einer 2002 in Dornbirn durchgeführten Befragung wurde<br />
erhoben, dass nur 19% der Migranten eine höhere Schule oder<br />
eine abgeschlossene Lehre haben. Dementsprechend versteht<br />
sich, dass nur 12 % der Migranten Angestellte sind, hingegen<br />
44% Hilfsarbeiter oder angelernte Arbeiter.<br />
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6<br />
GRUNDSÄTZE DES <strong>SPRACHE</strong>RWERBS<br />
Wolfgang Wendlandt hat die Sprachentwicklung eines Menschen<br />
in das Bild eines Baumes eingebaut und diese wie folgt beschrieben:<br />
Die Wurzeln beinhalten notwendige Entwicklungen, die ein<br />
Kind erfolgreich durchlaufen muss, um sprechen zu lernen.<br />
Dies sind im Normalfall völlig selbstverständliche Entwicklungen,<br />
die es lediglich zu beachten und zu beobachten gilt.<br />
Der Stamm beschreibt das Entstehen von Sprechfreude und<br />
Sprachverständnis. Hier wird die aktive Haltung der Bezugspersonen<br />
gefordert.<br />
Die Baumkrone beschreibt die ausgebildete Sprache mit ihren<br />
Aspekten Artikulation, Wortschatz und Grammatik.<br />
Die Sonne verkörpert die emotionale Umgebung des Kindes,<br />
welches direkten Einfluss auf seine Sprachentwicklung nimmt.<br />
Die Gießkanne beschreibt das unmittelbare sprachfördernde<br />
Verhalten der Eltern.<br />
Die Erde beschreibt das soziale und kulturelle Umfeld eines<br />
Kindes, welches natürlich wesentlich dazu beiträgt, wie eine<br />
Sprachentwicklung aus diesem Nährboden heraus möglich ist.<br />
Wichtige Grundlagen des Spracherwerbes werden in den ersten<br />
drei Lebensjahren gelegt. Der weitere Sprach-Lernprozess erstreckt<br />
sich bis in das Schulalter hinein. Aus diesem Grund ist es<br />
nachvollziehbar,<br />
dass die Muttersprache das Fundament für jede weitere Sprache<br />
im Leben des Kindes darstellt<br />
dass eine frühe Sprachförderung einer Zweitsprache, die Entwicklung<br />
der Muttersprache nicht stören oder ersetzen darf.<br />
Förderliche Faktoren für das Erlernen von Deutsch als Zweitsprache<br />
sind:<br />
die Kontaktmöglichkeiten zu deutsch sprechenden Kindern oder<br />
Erwachsenen sowie die Art der Beziehungen in der deutschsprachigen<br />
Umgebung<br />
der gute Entwicklungsstand in der Erstsprache<br />
die gute Motivation, sich auf die neue sprachliche Umgebung<br />
einzulassen<br />
das Alter des Kindes<br />
die Vorbildwirkung der Eltern<br />
Hinderliche Faktoren für das Erlernen von Deutsch als Zweitsprache<br />
sind:<br />
Angst vor Fehlern<br />
Schlechtes Image von Deutsch in der Herkunftsfamilie<br />
Schlechtes Image der Muttersprache in der deutschsprachigen<br />
Umgebung<br />
Mehrsprachigkeit ist in unserer Zeit und in unseren Breiten ein<br />
Gewinn und eine Chance für alle Kinder. Eine Atmosphäre der<br />
Mehrsprachigkeit ist bereits alltäglich vorhanden. Sie gezielt<br />
und qualitätsvoll zu gestalten ist die gemeinsame Aufgabe von<br />
den Eltern, wie auch von pädagogischen Einrichtungen.
-<br />
-<br />
Immer wieder wird die Wichtigkeit der Eltern beim Erwerb der<br />
Zweitsprache hervorgehoben. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse<br />
sehen für sie zusammengefasst zwei Aufgaben:<br />
Die Hauptaufgabe der Eltern liegt darin, dass sie die Grundlagen<br />
für den generellen Spracherwerb und den guten Aufbau<br />
der muttersprachlichen Fähigkeiten des Kindes unterstützen und<br />
fördern.<br />
Ihre zweite wichtige Aufgabe ist die Vorbildwirkung im Zugang<br />
auf die deutsche Sprache im alltäglichen Leben. Bei der konkreten<br />
Förderung des Kindes im Alter von 3 bis 6 Jahren können<br />
die Eltern in der Zusammenarbeit mit den Pädagoginnen des<br />
Kindergartens Unterstützung bieten.<br />
Es ist nachweislich ungünstig, wenn Eltern mit mäßig guten<br />
Deutschkenntnissen zuhause eine „Mischung“ zwischen Deutsch<br />
und Muttersprache anbieten. Das Kind entwickelt schnell eine<br />
Wahrnehmung dafür, in welcher Situation welche Personen welche<br />
Sprache sprechen. Das familiäre Umfeld soll der Ort für die<br />
Muttersprache und deren Weiterentwicklung sein.<br />
Die „Mannheimer Erklärung“ fasst in ihren 11 Thesen sehr klar<br />
zusammen, welche Grundsätze zum Thema „Frühe Mehrsprachigkeit“<br />
gelten:<br />
1. Die Fähigkeit, mehr als eine Sprache zu erwerben, beruht auf einer<br />
natürlichen Begabung des Menschen. Mehrsprachigkeit ist eine<br />
Chance!<br />
2. Kinder werden durch das Erlernen einer zweiten oder weiteren Sprache<br />
nicht überfordert. Sie können von Geburt an mit mehr als einer<br />
Sprache aufwachsen.<br />
3. Die erfolgreiche Entfaltung von sprachlichen Kompetenzen ist auf günstige<br />
Rahmenbedingungen angewiesen. Kinder brauchen ein adäquates<br />
zielsprachliches Vorbild. Dies setzt eine entsprechende Qualifikation<br />
aller am Bildungsprozess Beteiligten voraus.<br />
4. Frühzeitige Begleitung und Unterstützung des Spracherwerbs, Dokumentation<br />
und wissenschaftlich fundierte Sprachdiagnostik sind wichtige<br />
Voraussetzungen für eine individuelle Förderung.<br />
5. Wir können ein Leben lang neue Sprachen lernen. Am Besten geschieht<br />
dies im frühen Kindesalter. Intensive sprachliche Förderung<br />
sollte daher möglichst früh beginnen.<br />
6. Alle Sprachen sind es wert, geschätzt und gefördert zu werden. Eltern<br />
mit nichtdeutscher Familiensprache sind wichtige Partner in Bildungsprozessen.<br />
Sie sollen in ihrer Kompetenz gestärkt werden, die Kinder<br />
in der Erstsprache zu sozialisieren.<br />
7. Auch Kinder mit deutscher Muttersprache profitieren vom frühen<br />
Kontakt mit weiteren Sprachen und Kulturen.<br />
8. Effektive Sprachförderung setzt voraus, dass die Erkenntnisse der<br />
Spracherwerbsforschung in die Praxis umgesetzt und kontinuierlich<br />
wissenschaftsbasiert und praxisnah evaluiert werden.<br />
9. Die sprachliche Kreativität von Kindern ist eine wichtige Ressource,<br />
die es zu nutzen und zu fördern gilt. Kommunikation mit Kindern<br />
macht Spaß!<br />
10. Investitionen in frühe Sprachförderung zahlen sich aus. Die Gesellschaft<br />
muss diese Investition leisten.<br />
11. Sprachförderung darf nicht an Fragen der Zuständigkeit scheitern. Wir<br />
alle – vor allem Politik, Wissenschaft, Tageseinrichtungen für Kinder,<br />
Eltern, Schule, Therapeuten – sind gefordert zu handeln und zusammenzuarbeiten<br />
– im Interesse des Kindes.<br />
Mannheim, 6. Oktober 2006<br />
7<br />
<strong>SPRACHE</strong><br />
<strong>BILDUNG</strong><br />
<strong>INTEGRATION</strong>
1 Kapitel:<br />
Grundlagen – Einführung<br />
1.1<br />
<strong>SPRACHE</strong> - <strong>BILDUNG</strong> - <strong>INTEGRATION</strong><br />
1.1.1<br />
Sprache als Schlüssel zur Integration 1<br />
Sprache brauche ich, um mich selbst besser zu verstehen und um<br />
mich darstellen zu können. Sprache brauche ich, um Abläufe besser<br />
zu verstehen und erklären zu können. Sprache brauche ich,<br />
um den Kontakt mit anderen Menschen besser zu verstehen und<br />
um mich als soziales Wesen zu erleben. 2 Sobald Sprache als<br />
Mittel der Verständigung zwischen mindestens zwei Menschen<br />
dient, ist eine gemeinsame Sprache von großem Nutzen.<br />
In unserem Kontext des gesellschaftlichen Tuns ist Sprache sowohl<br />
Medium der alltäglichen Kommunikation als auch Ressource,<br />
insbesondere bei der Bildung und auf dem Arbeitsmarkt.<br />
Sprache oder Akzente dienen auch als Zeichen der Zusammengehörigkeit<br />
oder auch Fremdheit. Beides hat emotional erkennbare<br />
Auswirkungen.<br />
In alltäglichen Beobachtungen ist leicht festzustellen, wie sich<br />
das Verhalten von Menschen verändert, wenn sie die geläufige<br />
Sprache der anderen Leute beherrschen oder eben nicht. Die Entscheidung,<br />
wo ich einkaufe, wo ich meine Freizeit verbringe, ob<br />
ich an kulturellen Ereignissen teilnehme, wird direkt davon beeinflusst.<br />
Besonders beeinflussend scheint eine gemeinsame Sprache,<br />
wenn es gilt betriebliche Abläufe sicher zu stellen, Vereinbarungen<br />
zu treffen und Notsituationen meistern zu können.<br />
Für Menschen, die von einer Sprachwelt in eine andere einwandern,<br />
ist der Erwerb der Sprache des Einwanderungslandes<br />
gleichsam von Bedeutung, sowie die Beibehaltung der Herkunftssprache<br />
(oder eben deren Aufgabe). Der Spracherwerb der<br />
neuen Sprache hängt von mehreren Faktoren ab:<br />
- Motivation (z.B. Aussicht auf ein höheres Einkommen)<br />
- Zugang (z.B. Kontaktmöglichkeiten oder Kursangebote)<br />
- Fähigkeiten (z.B. Intelligenz oder die bereits erfahrene<br />
Lernfähigkeit von Sprachen) und<br />
-<br />
Kosten des Lernens (z. B. Zeitaufwand, Angleichungsstress,<br />
Geld)<br />
Diese Form der Sprachaneignung ist besonders relevant für Einwanderer<br />
im Jugendlichen- oder Erwachsenenalter. Für Kinder,<br />
welche in diesem Einwanderungsland bereits geboren sind oder<br />
in sehr jungen Jahren eingereist sind, sind die oben genannten<br />
Faktoren insofern bedeutsam, da sie von Seiten der Erwachsenen<br />
beeinflussbar sind.<br />
1<br />
Aus Migration, Sprache und Integration: Die AKI-Forschungsbilanz 4 kurz gefasst<br />
von Hartmut Esser, Jänner 2006, Arbeitsstelle Interkulturelle Konflikte und gesellschaftliche<br />
Integration (AKI) und Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung<br />
(WZB)<br />
2<br />
Gösse, Rose: Sprache und Spielförderung in Kindergarten und Schule.<br />
8<br />
Dieses hier vorliegende Gesamtkonzept richtet den Blick vor<br />
allem auf diese Gruppe von Menschen. Kindern mit nichtdeutscher<br />
Muttersprache, welche in Österreich aufwachsen, soll es im<br />
Vorschulalter ermöglicht werden, die Deutsche Sprache so gut zu<br />
erlernen, dass sie eine faire und hoffnungsvolle Chance für ihr<br />
weiteres Leben hier in Österreich bekommen.<br />
1.1.2 Sprache als Schlüssel zum Bildungserfolg<br />
Schulische Leistungen sind sowohl direkt als auch indirekt an<br />
sprachliche Kompetenzen gebunden. Entscheidend sind dabei<br />
heute fast ausschließlich Kompetenzen in der Landes- und<br />
Unterrichtssprache. Dass Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache<br />
nach dem Pflichtschulbesuch von österreichischen Schulen<br />
einem hohen Bildungsunterschied unterworfen sind, zeigt sich in<br />
mehrfacher Weise. Zum einen haben die Ergebnisse von PISA<br />
2003 aufgezeigt und bestätigt, dass Kinder/Jugendliche mit Migrationshintergrund<br />
(Jugendliche der 1. Generation = im Inland<br />
geborene Kinder von im Ausland geborenen Eltern und Jugendliche,<br />
die wie ihre Eltern im Ausland geboren wurden) deutlich<br />
schwächer abschneiden als einheimische Kinder (Kinder, die in<br />
Österreich geboren wurden und von denen zumindest ein Elternteil<br />
in Österreich geboren wurde). Und zum anderen zeigt ein<br />
Vergleich der Präsenz von Jugendlichen mit Migrationshintergrund<br />
in den Schulen nach der Pflichtschulzeit, wie deutlich niedriger<br />
ihr Anteil ist – oder anders formuliert, wie selten es Jugendlichen<br />
mit Migrationshintergrund gelingt, eine höhere bzw.<br />
weiterführende Schule zu besuchen und dadurch eine zukunftsträchtige<br />
Bildung zu erlangen. Dieser Umstand ist umso bedeutsamer,<br />
wenn aus Sicht der einheimischen Wirtschaftsbetriebe ein<br />
akuter Facharbeitermangel vorherrscht und dieser in den nächsten<br />
Jahren sich noch deutlicher verschärfen wird.<br />
1.1.2.1<br />
Pisa 2003 3<br />
Im internationalen Vergleich belegt Österreich mit einem Mittelwert<br />
von 506 Punkten den 15. Rang und liegt somit im OECD-<br />
Durchschnitt (ähnlich wie Frankreich (511), Schweden (509),<br />
Deutschland (503), Slowakei (498) oder Norwegen (495).<br />
Allerdings ist der Abstand zu den Spitzenländern beträchtlich<br />
und signifikant. Hongkong (550), Finnland (544) und Korea<br />
(542) sind Österreich weit voraus. Besonders interessant ist der<br />
Vergleich mit den Niederlanden (538), Belgien (529) und der<br />
Schweiz (527), da diese Länder vergleichbare Strukturen im Bildungswesen<br />
betreiben.<br />
Faktor Migration<br />
Mathematik Lesen Naturwissenschaft<br />
Einheimische Jungendliche<br />
(86,7 %) 515 501 502<br />
1. Generation (4,1 %) 459 428 435<br />
Im Ausland geborene<br />
SchülerInnen 452 425 422<br />
3<br />
aus Zusammenfassung wichtiger Ergebnisse der internationalen Bildungsstudie<br />
PISA 2003 – mit dem Fokus auf das Abschneiden der SchülerInnen migrantischer<br />
Herkunft von Simon Burtscher, okay.zusammenleben
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
Der Unterschied zu den Einheimischen beträgt somit in allen<br />
Vergleichsgruppen mit Migrationshintergrund um die 60 Punkte,<br />
was ungefähr dem Lernstoff von eineinhalb Jahren entspricht<br />
(Abstände zwischen 35 und 41 Punkten können etwa in ein<br />
Schuljahr umgerechnet werden.)<br />
Gleichzeitig fällt auf, dass der Unterschied zwischen Migrantenjugendlichen,<br />
die in Österreich geboren wurden, und denjenigen,<br />
die im Ausland geboren wurden, überraschend klein ist.<br />
1.1.2.2<br />
Schuljahr 2005/06 – SchülerInnen mit nichtdeutscher<br />
Muttersprache an <strong>Vorarlberg</strong>s Schulen<br />
Anteil an Schulen (Besonderheiten) 4<br />
Vergleicht man den Anteil von SchülerInnen mit nichtdeutscher<br />
Muttersprache in den verschiedenen Schultypen in <strong>Vorarlberg</strong><br />
werden einige Besonderheit sehr deutlich.<br />
Viele SchülerInnen mit nichtdeutscher Muttersprache schaffen<br />
den Weg in eine weiterführende berufliche Ausbildung nicht.<br />
Beträgt der Anteil in den Volksschulen 21%, in den Hauptschulen<br />
19%, nimmt er danach rapide ab: Poly 16%, berufsbildende mittlere<br />
Schulen 15%, berufsbildende Pflichtschulen 9%, Berufsbildende<br />
höhere Schulen (BHS) 7%, Allgemeinbildende höhere<br />
Schulen (AHS) 4%.<br />
Schon der Einstieg in das Regelschulwesen scheint für<br />
SchülerInnen mit nichtdeutscher Muttersprache schwieriger zu<br />
sein. Ihr Anteil an den Allgemeinen Sonderschulen (ASO) ist mit<br />
32% besonders hoch.<br />
Die Anteile von SchülerInnen mit nichtdeutscher Muttersprache<br />
an den verschiedenen Schulen sind in den verschiedenen Regionen<br />
stark unterschiedlich. Einzelne Gemeinden und Städte stechen<br />
besonders heraus.<br />
Es gibt einen besonders deutlichen Unterschied in der<br />
Bildungslaufbahn zwischen SchülerInnen mit türkischer Muttersprache<br />
und jenen aus den ehemaligen Jugoslawischen Staaten.<br />
Betrachtung der verschiedenen Schultypen auf Besonderheiten<br />
(der Bereich Kindergarten wird im Kapitel Ist-Stand Sprachförderung<br />
genauer betrachtet)<br />
4 Zahlenmaterial stammt aus der Kindergarten- und Schulstatistik des Jahres<br />
2005/06. Auf der Pflichtschulebene wurden Werte bezogen auf die Muttersprache<br />
und auf die Staatsbürgerschaft erhoben, in den Schulen nach dem<br />
Pflichtschulbereich nur mehr die Staatsbürgerschaft. Damit die Werte durchgängig<br />
vergleichbar bleiben, wurden die Summenzahlen der Staatsbürgerschaften mit<br />
nichtdeutscher Muttersprache mit dem Faktor 1,45 multipliziert. Diese somit erhaltenen<br />
Werte sind für eine Vergleichsbetrachtung geeignet. Die erhobenen Zahlen<br />
der Staatsbürgerschaften und der Kinder mit nichtdeutschen Muttersprachen sind<br />
in den Volksschulen mit dem Faktor 1,9 und in den Hauptschulen mit dem Faktor<br />
1,45 unterschiedlich.<br />
9<br />
Tabelle 1<br />
Staatsbürgerschaften der Schülerinnen und Schüler in vorarlbergs Schulen, Schuljahr 2005/06<br />
nach Pflichtschule Prozent<br />
nach Pflichtschule<br />
Pflichtschulalter Prozent<br />
Pflichtschulealter<br />
BHS Prozent<br />
BHS<br />
AHS Prozent<br />
AHS<br />
ber.bild.mittlere Schulen Proz<br />
ber.bild.mittlere Schulen<br />
Berufsschulen Prozent<br />
Berufsschulen<br />
Poly Prozent<br />
Polytechnische<br />
Sonderschule Prozent<br />
Sonderschule<br />
Hauptschule Prozent<br />
Hauptschule<br />
Volksschule Prozent<br />
Volksschule<br />
Österreich 16.165 87% 12.745 86% 819 74% 1.211 90% 6.148 91% 2.380 89% 7.405 94% 5.443 93% 30.940 86% 21.376 92%<br />
D, CH, FL 325 2% 180 1% 22 2% 19 2% 233 3% 65 2% 236 3% 102 2% 546 1,5% 636 3%<br />
Kro., Bos., Serb. 631 3% 583 4% 57 5% 42 3% 136 2% 89 3% 82 1% 113 2% 1.313 4% 420 2%<br />
Türkei 1.134 6% 1.150 8% 185 17% 53 4% 194 3% 117 5% 58 1% 95 2% 2.522 7% 464 2%<br />
andere 316 2% 219 1% 23 2% 18 1% 76 1% 37 1% 69 1% 55 1% 576 1,5% 237 1%<br />
Gesamt 18.571 100% 14.877 100% 1.106 100% 1.343 100% 6.787 100% 2.688 100% 7.850 100% 5.808 100% 35.897 100% 23.133 100%
a) Volksschule<br />
Es gibt 15 Volksschulen in <strong>Vorarlberg</strong> mit einem Anteil von über<br />
35% SchülerInnen mit nichtdeutscher Muttersprache. (siehe Tab.<br />
2) Den höchsten Anteil hat die Volksschule Feldkirch Stadt mit<br />
49%. Der Bezirk Dornbirn liegt mit einem Schnitt von 27 %<br />
deutlich über dem Landesschnitt (21%).<br />
Tabelle 2<br />
Volksschulen in <strong>Vorarlberg</strong> (Kinder mit nichtdeutscher<br />
Muttersprache) mit über 35%-Anteilen Schuljahr 2005/06<br />
Schüler nichtdeutsche Schule<br />
Gesamt Muttersprache Prozent<br />
Feldkirch Stadt 144 71 49%<br />
Bregenz-Rieden 272 127 47%<br />
Rankweil Brederis 112 51 46%<br />
Bregenz-Augasse 275 123 44%<br />
Hard-Markt 331 137 41%<br />
Dornbirn-Markt 180 74 41%<br />
Bludenz-Mitte 260 105 40%<br />
Dornbirn-Oberdorf 236 94 39%<br />
Lustenau Rheindorf 231 90 39%<br />
Dornbirn-Edlach 225 86 38%<br />
Lustenau Kirchdorf 302 111 37%<br />
Bludenz-St.Peter 165 60 36%<br />
Bregenz-Schendlingen 350 129 36%<br />
Frastanz 217 75 35%<br />
Götzis Markt 306 106 35%<br />
Bezirk Dornbirn 3.965 1.068 27%<br />
Bezirk Bregenz 6.444 1.350 21%<br />
Bezirk Feldkirch 5.183 1.033 20%<br />
Bezirk Bludenz 2.979 459 15%<br />
Landessumme Volksschulen 18.571 3.910* 21%<br />
* Die Anzahl von Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache ist kontinuierlich<br />
ansteigend. Im Schuljahr 2000/01 waren es 3086 Kinder – im vorliegenden<br />
Schuljahr 3.910 Kinder. Das ist ein Plus von über 26% in fünf Jahren. Wenn man<br />
die sinkende Gesamtschülerzahl in Verhältnis setzt, (2000/01: 19.956 Kinder – im<br />
vorliegenden Jahr 18.571 Kinder; das ist ein Minus von 7,5 %) bedeutet dies, dass<br />
der durchschnittliche Anteil von Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache sich in<br />
ernst.6900<br />
den letzten 5 Jahren von 15 % auf 21 % erhöht hat.<br />
(siehe auch Tabellen 1; 7a; 7b) Quelle:<br />
10<br />
b) Hauptschule<br />
Es gibt 6 Hauptschulen in <strong>Vorarlberg</strong> mit einem Anteil von über<br />
35% SchülerInnen mit nichtdeutscher Muttersprache. (siehe Tab.<br />
3) Den höchsten Anteil hat die Hauptschule Bregenz-Rieden mit<br />
54%. Wieder ist der Bezirk Dornbirn mit einem Schnitt von 29%<br />
deutlich über dem Landesschnitt (19%). Der Landesschnitt von<br />
19% verwundert ein wenig, da langläufig die Meinung vertreten<br />
wird, dass die Hauptschule als Auffangbecken für die „Übriggebliebenen“<br />
darstellt und eben jene Kinder dort einschulen, welche<br />
die Aufnahme in ein Gymnasium nicht schaffen. Aufgrund der<br />
erhobenen Schülerzahlen ist diese Betrachtung nicht nachvollziehbar.<br />
Tabelle 3<br />
Hauptschulen in <strong>Vorarlberg</strong> (Kinder mit nichtdeutscher<br />
Muttersprache) mit über 35%-Anteilen Schuljahr 2005/06<br />
Bregenz-Rieden 274 149 54%<br />
Lustenau Kirchdorf 339 142 42%<br />
Hard Markt 253 100 40%<br />
Lochau 106 38 36%<br />
Dornbirn Markt 278 100 36%<br />
Bludenz-West 187 65 35%<br />
Bezirk Dornbirn 2.863 836 29%<br />
Bezirk Bregenz 5.216 1.021 20%<br />
Bezirk Feldkirch 4.103 647 16%<br />
Bezirk Bludenz 2.695 365 14%<br />
Landessumme Hauptschulen 14.877 2.869 19%<br />
(siehe auch Tabellen 1; 7a; 7b)
c) Allgemeine Sonderschule (ASO)<br />
Fast alle ASO´s in <strong>Vorarlberg</strong> haben einen Anteil von über 35%<br />
SchülerInnen mit nichtdeutscher Muttersprache (siehe Tab. 4).<br />
Die ASO Fußach hat mit 68% den mit Abstand höchsten Anteil.<br />
Bei den Bezirken liegen Bregenz mit 41% und abermals<br />
Dornbirn mit 44% deutlich über dem Landesschnitt (32%).<br />
Der Anteil der SchülerInnen mit nichtdeutscher Muttersprache in<br />
allen Bezirken liegt im Schnitt mit 50 % über dem Anteil von<br />
Volks- und Hauptschulen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass aufgrund<br />
mangelnder Deutschkenntnisse, die Schulreife vielen dieser<br />
Kinder nicht zugesprochen wird. Besonders auffallend ist der<br />
Anteil von SchülerInnen mit türkischer Muttersprache, der mit<br />
etwa 22 % zirka doppelt so hoch ist, als der Anteil von Volks- und<br />
Hauptschulen. Bei Kindern mit Muttersprachen aus den ehemaligen<br />
Jugoslawischen Staaten ist dies nicht feststellbar. Ihr Anteil<br />
liegt nur 15% über dem Schnitt von Volks- und Hauptschulen.<br />
Der Anteil von Buben (2/3) und Mädchen (1/3) mit nichtdeutscher<br />
Muttersprache in den ASO´s liegt genau im Schnitt der<br />
ASO´s im Allgemeinen.<br />
Tabelle 4<br />
Sonderschulen in <strong>Vorarlberg</strong> (Kinder mit nichtdeutscher<br />
Muttersprache) mit über 35%-Anteilen Schuljahr 2005/06<br />
Fußach 22 15 68%<br />
Lauterach 38 20 53%<br />
Dornbirn 118 61 52%<br />
Dornbirn-Gehörlose 42 19 45%<br />
Bregenz 61 25 41%<br />
Lochau 37 15 40%<br />
Hohenems 67 26 39%<br />
Feldkirch 102 39 38%<br />
Bludenz 113 40 35%<br />
Lustenau<br />
Tabelle 5<br />
72 25 35%<br />
Bezirk Dornbirn 299 131 44%<br />
Bezirk Bregenz 205 84 41%<br />
Bezirk Bludenz 184 47 26%<br />
Bezirk Feldkirch 418 97 23%<br />
Landessumme Sonderschulen 1.106 359 32%<br />
(siehe auch Tabellen 1; 7a; 7b)<br />
11<br />
d) Polytechnische Schule<br />
Der Landesschnitt liegt mit 16% SchülerInnen mit nichtdeutscher<br />
Muttersprache schon merklich unter dem Anteil von Volksund<br />
Hauptschulen (siehe Tab. 6). Keine der 11 Schulen in<br />
<strong>Vorarlberg</strong> hat nur annähernd einen 35% igen Anteil. Dieser relativ<br />
niedrige Anteil deutet darauf hin, dass zahlreiche<br />
SchülerInnen mit nichtdeutscher Muttersprache ihr 9.<br />
Pflichtschuljahr in der Hauptschule absolvieren. Auch hier sind<br />
Schüler mit türkischer Muttersprache deutlich mehr betroffen als<br />
Kinder mit anderen nichtdeutschen Muttersprachen. Ihr Anteil<br />
liegt etwa 40% unter dem Schnitt von Volks- und Hauptschulen.<br />
Tabelle 6<br />
Polytechnische Schulen in <strong>Vorarlberg</strong> (Kinder mit nichtdeutscher<br />
Muttersprache) mit über 35%-Anteilen Schuljahr 2005/06<br />
Keine der 11 Polytechnischen Schulen in <strong>Vorarlberg</strong> hat annähernd<br />
einen 35 % igen Anteil.<br />
Bezirk Dornbirn 280 53 19%<br />
Bezirk Bregenz 439 81 18%<br />
Bezirk Feldkirch 332 48 14%<br />
Bezirk Bludenz 292 30 10%<br />
Landessumme Poly 1.343 212 16%<br />
(siehe auch Tabellen 1; 7a; 7b)<br />
e) Berufsbildende Pflichtschulen (Berufsschulen)<br />
Der Anteil von SchülerInnen mit nichtdeutscher Muttersprache<br />
an den Berufsschulen in <strong>Vorarlberg</strong> ist mit 9% deutlich unter dem<br />
Schnitt von Volks- und Hauptschulen. Dies deutet darauf hin,<br />
dass nur etwa die Hälfte der SchülerInnen mit migrantischem<br />
Hintergrund eine Lehre absolviert.<br />
(siehe auch Tabellen 1; 7a; 7b)<br />
f) Berufsbildende mittlere Schulen<br />
(z.B. Handelsschulen)<br />
Der Anteil von SchülerInnen mit nichtdeutscher Muttersprache<br />
an berufsbildenden mittleren Schulen ist mit 15 % deutlich höher<br />
als in den berufsbildenden Pflichtschulen. Hier ist besonders auffallend,<br />
dass die Handelsschulen in Bludenz, Bregenz, Lustenau<br />
und Feldkirch sowie die Höhere technische Bundeslehr- und<br />
Versuchsanstalt in Dornbirn besonders hoch frequentiert sind<br />
(mit über 25%). Dieses Schulangebot ist für die meisten<br />
SchülerInnen mit nichtdeutscher Muttersprache das derzeit höchste<br />
Bildungsniveau.<br />
(siehe auch Tabellen 1; 7a; 7b)
g) Berufsbildende höhere Schulen<br />
Die BHS weisen einen Anteil von 7% SchülerInnen mit nichtdeutscher<br />
Muttersprache auf, wobei auch hier besonders die<br />
Handelsakademien (~ 11%) in Bludenz, Bregenz, Lustenau und<br />
Feldkirch sowie die Höhere technische Bundeslehr- und<br />
Versuchsanstalt in Dornbirn und die Höhere gewerbliche<br />
Bundeslehranstalt für Tourismus in Bludenz besonders begehrt<br />
sind (7%). Der Anteil von Jugendlichen mit türkischer Muttersprache<br />
ist um 70% niedriger als in Volks- und Hauptschulen. Bei<br />
Jugendlichen mit einer Muttersprache aus den ehemaligen<br />
Jugoslawischen Staaten ist er um etwa 50% niedriger.<br />
(siehe auch Tabellen 1; 7a; 7b)<br />
h) Allgemeinbildende höhere Schulen<br />
Der Anteil von SchülerInnen mit nichtdeutscher Muttersprache in<br />
den AHS liegt bei knapp 4%. Das Bundesgymnasium Bregenz<br />
Blumenstraße (7%) und das Bundesoberstufenrealgymnasium<br />
Lauterach (9%) liegen hier deutlich über dem Schnitt.<br />
Dieser Bildungszweig scheint für Jugendliche mit migrantischem<br />
Hintergrund keine große Anziehungskraft zu haben. Möglicherweise<br />
hängt dies auch damit zusammen, dass eine AHS-Matura<br />
alleine noch recht wenig Berufschancen mit sich bringt und eine<br />
weitere Ausbildung (z.B. Studium an einer Fachhochschule oder<br />
Universität) nicht ins Auge gefasst wird (oder nicht leistbar ist<br />
oder nicht in die Lebensplanungsüblichkeiten von migrantischen<br />
Familien hinein fällt).<br />
(siehe auch Tabellen 1; 7a; 7b)<br />
Quelle: ernst.6900<br />
-<br />
-<br />
12<br />
1.1.2.3<br />
Besonderheit bei den verschiedenen<br />
Muttersprachen<br />
Wenn der Vergleich der verschiedenen Muttersprachen bezogen<br />
auf die Staatsbürgerschaft angestellt wird, fällt auf, dass die türkische<br />
Sprachgruppe sich sehr stark von jenen der ehem. Jugoslawischen<br />
Staaten unterscheidet.<br />
Zwei Umstände fallen besonders auf:<br />
In den Schultypen, welche eine höhere berufliche Qualifikation<br />
zum Ziele haben (Berufsschulen, BHS und AHS), beträgt der<br />
Anteil der türkischen Staatsbürgerschaften 1 % bis 3 % (gegenüber<br />
etwa 7 % im Pflichtschulbereich), der Anteil der ehem. Jugoslawischen<br />
Staaten in diesen berufsqualifizierenden Schulen ist<br />
etwa gleich groß (gegenüber etwa 4 % in den Pflichtschulen).<br />
Diese Betrachtung deutet darauf hin, dass die Jugendlichen mit<br />
türkischmigrantischem Hintergrund im Vergleich mit Jugendlichen<br />
mit anderen nichtdeutschen Muttersprachen doppelt so stark<br />
betroffen sind, sich beruflich nicht gut qualifizieren zu können.<br />
(siehe Tabellen 7a und 7b)<br />
In den Sonderschulen liegt der Anteil der Kinder mit der der türkischen<br />
Staatsbürgerschaft mit 17 % um das 2,5 fache höher als<br />
der sonstige Schnitt in den Pflichtschulen. Der Anteil jener<br />
Kinder mit anderen Staatsbürgerschaften aus Ländern mit nichtdeutscher<br />
Muttersprache liegt mit 5 % nur knapp über deren<br />
Schnitt in den Pflichtschulen. (siehe Tabellen 7a und 7b)<br />
Tabelle 7a<br />
Staatsbürgerschaften nach Schultypen<br />
Schultyp Türkisch ehem.Jug. andere ndMspr.<br />
Volksschulen 6,0% 3,0% 2,0%<br />
Hauptschulen 8,0% 4,0% 1,0%<br />
Sonderschulen 17,0% 5,0% 2,0%<br />
Polytechnische Schulen 4,0% 3,0% 1,0%<br />
Berufschulen 3,0% 2,0% 1,0%<br />
ber.bild.mittlere Schulen 5,0% 3,0% 1,0%<br />
BHS 2,0% 2,0% 1,0%<br />
AHS 1,0% 1,0% 1,0%<br />
<strong>SPRACHE</strong><br />
<strong>BILDUNG</strong><br />
<strong>INTEGRATION</strong>
Tabelle 7b<br />
Staatsbürgerschaften mit nichtdeutscher Muttersprache in<br />
<strong>Vorarlberg</strong>sschulen 2005/6<br />
Türkei<br />
18%<br />
Kro., Bosn., Serb.<br />
16%<br />
andere<br />
14%<br />
12%<br />
10%<br />
8%<br />
6%<br />
4%<br />
2%<br />
0%<br />
BHS-Prozent<br />
AHS-Prozent<br />
ber.bild.mittlere<br />
Schule Prozent<br />
Berufsschule<br />
Prozent<br />
Poly Prozent<br />
Sonderschzule<br />
Prozent<br />
Hauptschule<br />
Prozent<br />
Volksschule<br />
1.1.2.4<br />
Fazit<br />
Sprachkompetenz in der Landes- und Unterrichtssprache stehen<br />
nachweislich in einem direkten Verhältnis zum Bildungserfolg.<br />
Diese besonders deutlichen Unterschiede in der Erreichung von<br />
Bildungsqualifikation zwischen „Einheimischen Kindern“ und<br />
Kindern aus Familien mit migrantischem Hintergrund ist nicht<br />
nur eine strategische Betrachtung über das Erreichen von<br />
Bildungsaufgaben öffentlicher Einrichtungen. Er zeigt auf, dass<br />
viele Kinder in unserem Land von Anfang an, sehr ungünstige<br />
Voraussetzungen haben. Hinter diesem Umstand stehen ganz persönliche<br />
Schicksale. Sie entscheiden wesentlich über Lebensperspektiven<br />
und legen fest, welche Lebenshoffnungen und<br />
Lebensträume junge Menschen hegen dürfen. Positive und optimistische<br />
Menschen tragen direkt zum Wohlbefinden in unserer<br />
Gesellschaft bei.<br />
13<br />
1.1.3<br />
Sprache und Bildungserfolg als Schlüssel für<br />
berufliche Chancen<br />
Für die Integration von MigrantInnen auf dem Arbeitsmarkt stehen<br />
die beiden Faktoren Bildung und Sprache in einer Wechselwirkung<br />
und sind sehr entscheidend. Das Bildungsniveau, die<br />
beruflichen Erfahrungen und die umfassenden Kompetenzen in<br />
der Landessprache sind von überragender Bedeutung. Defizitäre<br />
Ausprägungen dieser beiden Faktoren vermindern die Chance,<br />
überhaupt eine Beschäftigung zu finden ungemein.<br />
Tabelle 8<br />
Jugendliche (unter 25 Jahre) nach Staatszugehörigkeit<br />
vorgemerkt oder in Schulungsmaßnahmen<br />
Stichtag: Ende Jänner 2007<br />
Summe<br />
A -Österreich 2072<br />
D -Deutschland 35<br />
CH -Schweiz 4<br />
deutschsprachige Jugendliche 2111<br />
TR -Türkei 272<br />
ehemaliges Jugoslawien 135<br />
XXB-Konventionsflüchtling 5<br />
BR -Brasilien 4<br />
RU -Russland 3<br />
I -Italien 2<br />
PI -Philippinen 2<br />
PL -Polen 2<br />
USA-Vereinigte Staaten von Amerika 2<br />
B -Belgien 1<br />
EC -Ecuador 1<br />
E-Spanien 1<br />
F -Frankreich 1<br />
GB -Großbritannien und Nordirland 1<br />
LAO-Laos 1<br />
LTU-Litauen 1<br />
MA -Marokko 1<br />
MAZ-Mazedonien 1<br />
R -Rumänien 1<br />
RSL-Slowakei 1<br />
SP -Somalia 1<br />
THA-Thailand 1<br />
WAN-Nigeria 1<br />
XXA-Staatenlos 1<br />
XXX-Unbekannt 1<br />
YV -Venezuela 1<br />
Jugendliche mit nichtdeutscher Muttersprache 444<br />
INSGESAMT 2555<br />
Quelle: AMS-<strong>Vorarlberg</strong>, Statistik<br />
Bezogen auf das Bildungsniveau waren mit Stichtag Ende Jänner<br />
2007 folgende Jugendliche (bis 25 Jahre) arbeitslos vorgemerkt<br />
oder in einer AMS – Schulungsmaßnahme:<br />
(wobei bei den Ausländern 34 Personen aus Deutschland und 5<br />
aus der Schweiz dabei sind und somit möglicherweise Deutsch<br />
als Muttersprache führen):
Tabelle 9<br />
Jugendliche (unter 25 Jahre) nach Staatszugehörigkeit und<br />
Ausbildungsgrad<br />
vorgemerkt oder in Schulungsmaßnahmen<br />
Stichtag: Ende Jänner 2007<br />
Insg. davon daraus<br />
Österr. Ausl. Türkei<br />
PO - Keine abgeschl. Pflichtschule 264 159 105 72<br />
PS - Pflichtschule 1.129 870 259 157<br />
LE - Lehre 862 780 82 28<br />
LM - Lehre und Meisterprüfung 18 16 2 0<br />
MS - Sonstige mittlere Schule 63 54 9 1<br />
MK - Mittlere kaufm. Schule 56 48 8 6<br />
MT - Mittlere technische Schule 23 22 1 0<br />
HA - Allgemeinbild.höh. Schule 31 31 0 0<br />
HT - Höhere technische Schule 32 30 2 0<br />
HK - Höhere kaufm. Schule 26 23 3 1<br />
HS - Höhere sonstige Schule 31 30 1 0<br />
UV - Universität 4 4 0 0<br />
FH - Fachhochschule 4 4 0 0<br />
XX - ungeklärt 12 1 11 7<br />
INSGESAMT 2.555 2.072 483 272<br />
Quelle: AMS-<strong>Vorarlberg</strong>, Statistik<br />
Diese Zahlen belegen konkret, dass wenig ausgebildete Jugendliche<br />
wesentlich mehr von Arbeitslosigkeit betroffen sind als besser<br />
ausgebildete – ganz generell. 54% (1393 Personen) aller betroffenen<br />
Jugendlichen haben gerade einmal einen Pflichtschulabschluss<br />
oder keinen positiven Pflichtschulabschluss.<br />
Jugendliche Migranten sind aber hiervon übermäßig betroffen.<br />
Beträgt der Gesamtanteil der Jugendlichen mit nicht österreichischer<br />
Staatsbürgerschaft 19% (483 von 2555 Personen), so ist ihr<br />
Anteil bei den Jugendlichen mit Pflichtschulabschluss als höchster<br />
Ausbildungsgrad bei 23 % (259 von 1129 Personen).<br />
Noch deutlicher wird diese Situation bei den Jugendlichen ohne<br />
positiven Pflichtschulabschluss. Da beträgt der Migrantenanteil<br />
40 % (105 von 264 Personen). Alleine 27% (72 Personen) davon<br />
haben die türkische Staatsbürgerschaft. Wenn man davon ausgeht,<br />
dass auch hier Jugendliche mit nichtdeutscher Muttersprache<br />
die österreichische Staatsbürgerschaft haben (im gleichen<br />
Verhältnis wie in der Hauptschule), erhöht sich der Anteil der<br />
Migranten in auf 58%.<br />
Quelle: ernst.6900<br />
14
Bei der Erstellung des Integrationsleitbildes der Stadt Dornbirn<br />
wurden unter anderem folgende Befragungsergebnisse festgestellt:<br />
Tabelle 10<br />
Bildungsvergleich<br />
Was ist ihr höchster Schulabschluss?<br />
(Auszug aus repräsentativer Umfrage mit 800 Personen, Dornbirn 2002<br />
Tabelle 11<br />
Fachschule<br />
Abgeschlossene Lehre<br />
Hauptschule<br />
Volksschule<br />
Gar kein Abschluss<br />
Noch Schüler<br />
Welche berufliche Stellung haben Sie?<br />
(Auszug aus repräsentativer Umfrage mit 800 Personen, Dornbirn 2002<br />
Angestellter<br />
angelernter<br />
Angestellter<br />
Hilfsarbeiter<br />
0% 5% 10% 15% 20% 25%<br />
0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35%<br />
Sicher erscheint: Wer die Landessprache nicht umfassend beherrscht,<br />
kann auch durchaus vorhandene und wertvolle eigene<br />
Kenntnisse und Berufserfahrungen kaum nutzen.<br />
Es ist als gesichert anzusehen, dass ein Kind, welches in Österreich<br />
die deutsche Sprache nicht genügend gut beherrscht, einen<br />
sehr ungünstigen Start in das öffentliche Bildungssystem hat. Es<br />
wird demzufolge eine mäßig gute Voraussetzung entwickeln,<br />
eine fundierte berufliche Basis zu erarbeiten, welches ihm eine<br />
materiell gesicherte Zukunft ermöglicht. Es wird höchstwahrscheinlich<br />
eine wenig zufrieden stellende Lebensqualität und<br />
soziale- und gesundheitliche Sicherheit erreichen.<br />
Genau so gesichert ist anzusehen, dass jedes Kind prinzipiell jede<br />
Sprache und auch jede Zweitsprache erwerben kann. Dabei gibt<br />
es eigentlich nur zwei Bedingungen: Das Kind muss systematisch<br />
und reichhaltigen Kontakt mit der Umgebungssprache ha-<br />
15<br />
Migrant<br />
Österreicher<br />
ben, und es muss durch soziale Bezüge ein nachhaltiges soziales<br />
Interesse an diesem Kontakt bestehen. Mangelnde Sprachkenntnisse<br />
können also keine prinzipiellen Ursachen haben.<br />
„Sprache als Tor zur Integration“ lässt die Umkehrformulierung<br />
auch zu - „Integration als Tor zur Sprache“.<br />
Daraus ergeben sich automatisch zwei Aktivitätsfelder, die eine<br />
gesellschaftsprägende Wirkung haben können: Zum einen gilt es<br />
den direkten und persönlichen Kontakt in möglichst vielen<br />
Lebensbereichen zwischen Menschen mit nichtdeutscher<br />
Muttersprache und Menschen mit der Umgebungssprache zu verstärken<br />
(Einkaufen, kulturelle Veranstaltungen, Freizeitgestaltung,<br />
Vereinswesen, etc) und zum anderen gilt es den gesicherten<br />
„systematischen und reichhaltigen Kontakt mit der<br />
Umgebungssprache“ zu organisieren. Dieses Gesamtkonzept<br />
widmet sich vor allem dem zweiten Bereich.
1.2<br />
<strong>SPRACHE</strong>RWERB – GRUNDSÄTZE<br />
1.2.1<br />
1 2 3<br />
Wie funktioniert Spracherwerb normalerweise?<br />
1.2.1.1<br />
Grundsätzliches<br />
Spracherwerb ist universal. Jedes Kind ist prinzipiell in der Lage,<br />
jede Sprache als Erstsprache zu erwerben. Kinder erwerben diese<br />
Erstsprache fast wie von selbst und brauchen dazu keine „professionelle“<br />
Begleitung. Und trotzdem ist es von Vorteil zu verstehen,<br />
wie Spracherwerb normalerweise funktioniert.<br />
Sprachforscher haben unterschiedliche Theorien zum Spracherwerb<br />
des Kindes:<br />
Die Imitationstheorie, die Induktionstheorie und die Reifungstheorie.<br />
Ein Kind lernt sprechen weil es nachahmt was es bei<br />
Erwachsenen hört oder weil es „Erfahrungswerte“ sammelt und<br />
auswertet und es lernt sprechen, weil es einen Grundimpuls in<br />
sich trägt, sprechen zu wollen.<br />
Wie im vorherigen Kapitel schon erwähnt, gibt es für ein Kind<br />
drei relevante Ziele, die mit Sprache erreicht werden:<br />
- das Kind lernt, mit Sachen und Sachverhalten zurechtzukommen<br />
- das Kind lernt, mit sich selbst zurechtzukommen<br />
- das Kind lernt, mit anderen Menschen zurechtzukommen<br />
Wieder zeigt sich, dass es bedeutsam ist, welche anregende<br />
Umgebung das Kind vorfindet und welche Aufmerksamkeitsimpulse<br />
es erfährt.<br />
1.2.1.2<br />
Sprachbaum nach Wendlandt<br />
Natürlich gibt es einige Entwicklungsvoraussetzungen, damit ein<br />
Kind sprechen lernen kann. Wolfgang Wendlandt beschreibt in<br />
seinem Buch „Sprachstörungen im Kindesalter“ 1992, erschienen<br />
im Thieme Verlag Stuttgart, sehr anschaulich, wie Sprache erlernt<br />
wird und welche positive Gesamtentwicklung Sprache im<br />
Normalfall nimmt.<br />
siehe Bild rechts<br />
1 aus „Integration in Bildung und Erziehung“ Unterlagen und Material zu Sprache<br />
und interkultureller Pädagogik, erstellt von verschiedenen Abteilungen der<br />
Landesregierung Tirol und der Stadtgemeinde Innsbruck<br />
2 aus „Kompetent mehrsprachig“ Sprachförderung und interkulturelle Erziehung<br />
im Kindergarten, Brandes & Apsel, 2004,vom Verband binationaler Familien und<br />
Partnerschaften<br />
3 aus einem Fachreferat von Dietrich Delekat mit dem Titel „Zur gesundheitlichen<br />
Lage von Kindern in Berlin“ bei den 2. Berliner Fachtage zu Deutsch als<br />
Zweitsprache, Veranstalter: Gewerkschaft für Erziehung uns Wissenschaft,<br />
Landesverband Berlin, Feb. 2005<br />
16<br />
Erklärung zum Sprachbaum nach Wendtlandt 4<br />
Quelle: Wendlandt: Sprachstörungen im Kindesalter, 5/e ThiemeVerlag, Stuttgart 2996<br />
Voraussetzungen für den Spracherwerb:<br />
- Die Wurzeln beinhalten notwendige Entwicklungen, die ein Kind<br />
erfolgreich durchlaufen muss, um sprechen zu lernen. Dies sind<br />
im Normalfall völlig selbstverständliche Entwicklungen, die es<br />
lediglich zu beachten und zu beobachten gilt.<br />
- Der Stamm beschreibt das Entstehen von Sprechfreude und<br />
Sprachverständnis. Hier wird die aktive Haltung der Bezugspersonen<br />
gefordert.<br />
- Die Baumkrone beschreibt die ausgebildete Sprache mit ihren<br />
Aspekten Artikulation, Wortschatz und Grammatik.<br />
- Die Sonne verkörpert die emotionale Umgebung des Kindes,<br />
welches direkten Einfluss auf seine Sprachentwicklung nimmt<br />
- Die Gießkanne beschreibt das unmittelbare sprachfördernde Verhalten<br />
der Eltern<br />
-<br />
Die Erde beschreibt das soziale und kulturelle Umfeld eines Kindes,<br />
welches natürlich wesentlich dazu beiträgt, wie eine<br />
Sprachentwicklung aus diesem Nährboden heraus möglich ist.<br />
4 aus “Integration in Bildung und Erziehung” Unterlagen und Material zu Sprache<br />
und interkultureller Pädagogik, erstellt von verschiedenen Abteilungen der<br />
Landesregierung Tirol und der Stadtgemeinde Innsbruck
Im Detail:<br />
(a) Die Wurzel<br />
Die Wurzeln des Sprachbaums geben Halt und Standfestigkeit<br />
und beinhalten unterschiedliche Entwicklungsprozesse, die ein<br />
Kind erfolgreich durchlaufen muss, um sprechen zu lernen<br />
1. Sensomotorische Entwicklung<br />
2. Sozialemotionale Entwicklung<br />
3. Geistige Entwicklung<br />
zu 1.) Sensomotorische Entwicklung:<br />
Bei der Geburt sind alle für die Sprache wichtigen Organe und<br />
Muskeln ausgebildet: das Zwerchfell, der Rachen, die Stimmbänder,<br />
die Lippen, die Zunge und das Gehör. Über das Ohr<br />
nimmt das Kind Schalleindrücke und Sprachlaute auf. Diese akustischen<br />
Signale der Umwelt werden von den Gehörnerven zur<br />
Entschlüsselung dem Hör- und Sprechzentrum zugeleitet. Das<br />
Gehör ist die Voraussetzung für die Entwicklung von Sprache.<br />
Die Augen: Viele Eindrücke erhält das Kind über das visuelle<br />
System, über das Auge. Mit Hilfe der Augen nimmt es optische<br />
Eindrücke auf und verarbeitet sie, d.h. es lernt Formen und<br />
Farben zu erkennen, Muster zu unterscheiden, nimmt Infos z.B.<br />
über Räume und bewegliche Objekte auf. Für die Sprachentwicklung<br />
ist das Sehen deshalb von Bedeutung, weil Kinder auf<br />
den Mund des Erwachsenen, auf seine Lippenbewegungen achten<br />
und versuchen diese nachzuahmen. Das „Ablesen-Können“<br />
der richtigen Mundstellung ist notwendig, um eine altersgemäße<br />
Artikulation entwickeln zu können.<br />
Die Haut: Von Zimmer, 1995 kommt dieser Satz: „Die taktile<br />
Kommunikation ist die erste Sprache des Kindes, auf der die verbale<br />
Sprache aufbaut.“ (Zimmer, Dieter E; 1986: So kommt der<br />
Mensch zur Sprache. Über Spracherwerb, Sprachentstehung.<br />
Sprache & Denken. Zürich 1998)<br />
Für den Säugling ist die Haut ein wichtiges Kommunikationsmittel.<br />
Über sie nimmt er Kontakt zu seiner Umwelt auf. So<br />
erfährt er z.B. über die Art wie er gestreichelt oder gehalten wird,<br />
ob er angenommen ist oder eher auf Ablehnung stößt. Über den<br />
Tastsinn lernt das Kind zunehmend den Berührungen durch andere<br />
Menschen eine Bedeutung zuzuordnen, z.B. die Bedeutung<br />
von Wärme, Trost, Nähe oder Zuversicht, aber auch von Unangenehmem<br />
und Schmerzhaftem. Taktile Berührungen sind „eine<br />
Grundlage der sozialen Existenz“ das heißt, sie sind für die<br />
Entwicklung lebensnotwendig.<br />
Mund und Zunge: Um sprechen zu können, muss das Kind<br />
bestimmte Mund- und Zungenbewegungen ausführen, was eine<br />
Feinabstimmung unterschiedlicher Muskelgruppen verlangt. Das<br />
Kind lernt allmählich, seinen Sprechapparat zu steuern und zu<br />
koordinieren.<br />
Lange bevor Kinder ihr erstes Wort sprechen, krabbeln sie, richten<br />
sich auf, machen Gehversuche, d.h. sie trainieren ihre<br />
gesamte Muskulatur und die Beweglichkeit der Gelenke.<br />
Zunehmende Koordination der Tast-, Muskel- und<br />
Gelenkwahrnehmungen sowie des Sehens führen dazu, dass<br />
Kinder gezielt nach Gegenständen greifen, d.h. hier entwickelt<br />
sich die Feinmotorik.<br />
Aber nicht nur mit ihren Händen erforschen sie ihre Umwelt,<br />
17<br />
sondern auch, indem sie Gegenstände in den Mund stecken, sie<br />
mit dem Mund „begreifen“. Sie lernen immer mehr, Bewegungen<br />
fein aufeinander abzustimmen, die Kraft, die für Bewegungen<br />
notwendig sind, richtig zu dosieren und die für die Aussprache<br />
richtigen Mundstellungen und Spannungszustände der Mundmuskulatur<br />
herzustellen.<br />
zu 2.) Sozialemotionale Entwicklung:<br />
Die Art und Weise wie der Säugling gepflegt wird, wie sein<br />
Bedürfnisse aufgegriffen und erfüllt werden, wie befriedigend<br />
die Beziehungen zwischen ihm und seinen Bezugspersonen sind,<br />
sind mitentscheidend über seine Grundhaltung zu Menschen und<br />
Umwelt. Sprechen heißt in Beziehung zu anderen Menschen zu<br />
treten und sich aktiv der Umwelt zuzuwenden. Kinder, die nicht<br />
ausreichend mitmenschliche Zuwendung erfahren, bleiben in<br />
ihrer sprachlichen Entwicklung zurück, da ihnen Anregungen<br />
und Motivation fehlen, sich sprachlich auszudrücken.<br />
zu 3.) Geistige Entwicklung:<br />
In den ersten Wochen nach der Geburt wächst das Gehirn des<br />
Säuglings weiter und es vollziehen sich noch wichtige<br />
Reifungsprozesse in den entsprechenden Hirnzentren sowie in<br />
den die Sprachwerkzeuge betätigenden und steuernden Nervenbahnen.<br />
Das Gehirn besitzt unterschiedliche Areale, denen bestimmte<br />
Funktionen zukommen. So gib es „motorische Zentren“<br />
mit deren Hilfe alle Bewegungen gesteuert werden.<br />
Über die „sensorischen Zentren“ werden Berührungsreize der<br />
Haut sowie die Stellungsreize aus den Gelenken und der<br />
Muskulatur wahrgenommen.<br />
Darüber hinaus gibt es „Seh- und Hörzentren“. Bei 90-95 % der<br />
Menschen liegen das „aktive Sprachzentrum“ in der linken Hirnhälfte<br />
und das „passive Sprachzentrum“ in der rechten.<br />
Mit dem Wachstum des Gehirns entfalten sich die geistigen<br />
Fähigkeiten des Kindes. Es lernt, wahrgenommene Dinge wieder<br />
zu erkennen oder zu unterscheiden, bestimmten Begriffen<br />
bestimmte Dinge zuzuordnen, Bedeutungen zu erfassen.<br />
Während der Spracherwerb zunächst relativ unabhängig von der<br />
kognitiven Entwicklung zu verlaufen scheint, treffen sich die<br />
Entwicklungslinien für das Denken und die Sprache nach dem<br />
ersten Lebensjahr. In dieser Zeit bemerkt das Kind, dass ein<br />
Gegenstand, z.B. eine Puppe, auch dann existiert, wenn es sie<br />
nicht mehr sehen kann (Objektpermanenz). Das Kind erkennt<br />
nun, dass jedes Ding einen Namen hat. Der enge Zusammenhang<br />
zwischen geistiger und sprachlicher Entwicklung wird im so<br />
genannten Fragealter besonders deutlich, wenn sich das Kind<br />
seine Umwelt mit ihren vielfältigen Erscheinungen über Sprache<br />
erschließt.<br />
Schreien und Lallen:<br />
In den ersten Lebenstagen und Wochen kann sich der Säugling<br />
nur über das Schreien artikulieren. Schon bald lassen sich jedoch<br />
Unterschiede beim Schreien feststellen. Das Schreien gewinnt an<br />
Informationsgehalt für die Bezugspersonen des Kindes. Sie<br />
erkennen, ob der Säugling Hunger hat, ob ihn Bauchschmerzen<br />
quälen oder ob er schreit, weil er alleine ist. Der Säugling wiederum<br />
lernt, dass sein Schreien bestimmte Reaktionen in seiner<br />
Umwelt auslöst, dass z.B. die Mutter kommt, ihn hochhebt, strei-
chelt, stillt, zu ihm spricht. Hier entwickelt sich zwischen beiden<br />
eine erste stimmliche Kommunikation und damit einhergehend<br />
die zwischenmenschliche Beziehung. Etwa vom zweiten bis dritten<br />
Monat fängt das Kind, das sich wohl fühlt, an zu lallen.<br />
Lalläußerungen sind rhythmische Lautketten, die unterschiedlich<br />
lang sein können: „mamama, dada, gegege...“<br />
(b) Der Stamm -<br />
des Sprachbaums gibt dem Baum Standfestigkeit.<br />
Sprechfreude und Sprechverständnis:<br />
Kinder sind neugierig und wollen ihre Umwelt entdecken. Der<br />
Säugling plaudert viel und gern, ahmt einzelne Laute und Geräusche<br />
nach, zunächst noch ohne den Sinn zu verstehen. Es<br />
macht dem Kind Freude sich anderen „mitteilen“ zu können. Die<br />
Kommunikationsfähigkeiten entwickeln sich zunehmend, wenn<br />
sich die Bezugspersonen auf die „Sprechabsichten“ des Kindes<br />
einlassen und freudig aufgreifen, d.h. in einen Dialog mit dem<br />
Kind eintreten.<br />
(c) Die Krone<br />
des Sprachbaums beschreibt immer feiner werdenden Unterteilung<br />
von Ästen und Zweigen, einem dichten Blattwerk und<br />
schließlich aus Knospen und Früchten, die ausgebildete Sprache<br />
mit ihren Aspekten Artikulation, Wortschatz und Grammatik.<br />
Diese drei Aspekte entfalten sich nebeneinander und meist in<br />
einem beachtlichen Tempo. In seiner Artikulation gelingt es dem<br />
Kind immer besser die verschiedenen Laute richtig zu bilden.<br />
Beim Erwerb von Lauten scheint es eine bestimmte Reihenfolge<br />
zu geben. So werden zuerst die Laute erworben, die im vorderen<br />
Mundbereich gebildet werden, wie „m, a, b“, danach folgen diejenigen,<br />
die im mittleren, wie „l, n, t“ und schließlich diejenigen,<br />
die im hinteren Mund- und Rachenbereich entstehen, wie „kr,<br />
gl“. Im Wortschatz des Kindes sind zunächst Begriffe für solche<br />
Dinge vorzufinden, die das Kind anfassen kann und täglich<br />
wahrnimmt. Es schließt sich in der Regel Begriffe für Dinge an,<br />
die sich außerhalb seiner unmittelbaren Umgebung befinden, die<br />
es nicht anfassen kann oder abstrakte Bezeichnungen sind. Die<br />
Entwicklung der grammatikalischen Strukturen erfolgt von der<br />
Einwortphase über die Zweiwortphase zu komplexen Sätzen mit<br />
Nebensatzkonstruktionen.<br />
(d) Die Sonne<br />
Die Sonne bedeutet Zuneigung und Wertschätzung als<br />
Voraussetzung<br />
Um sich entwickeln zu können, braucht das Kind Liebe und<br />
Zuneigung. Bei Störungen in der sprachlichen Entwicklung gilt<br />
es herauszufinden, „welches Klima“ in der Familie bzw. in der<br />
Kindertageseinrichtung vorherrscht: z.B. „verhangener<br />
Himmel“, oder bei Überbehütung „zuviel Sonne“.<br />
(e) Die Gießkanne<br />
Die Gießkanne steht für das sprachfördernde Verhalten der<br />
Eltern. Um die Sprechfreude der Kinder zu erhalten und zu<br />
unterstützen, sind folgende Aspekte zu berücksichtigen:<br />
18<br />
Fördernde Aspekte beim Sprechen lernen:<br />
Blickkontakt: Dadurch kann emotionale Nähe und Zuwendung<br />
entstehen. Das Kind kann auf die Lippenbewegungen achten und<br />
erhält dadurch Anregungen für die eigene Lautbildung.<br />
Nicht nachsprechen lassen: Lässt man Kinder bei Fehlern oder<br />
Abweichungen von der Normsprache der Erwachsenen „richtig“<br />
nachsprechen, können die Sprechfreude der Kinder gemindert<br />
und Hemmungen aufgebaut werden.<br />
Zuhören: Man sollte sich immer Zeit nehmen, wenn das Kind<br />
einem etwas mitteilen möchte.<br />
Aussprechen lassen: Wichtig ist es, Kindern zuzuhören und sie<br />
aussprechen zu lassen und nicht Verständnis signalisieren, bevor<br />
die Kinder ihre Mitteilung beendet haben.<br />
Sprachanregungen: Man sollte deutlich und verständlich mit<br />
Kindern sprechen, in einer Art, die ihnen signalisiert, dass sie<br />
ernst genommen werden.<br />
(e) Die Erde<br />
Das Kind ist in seine soziale Umgebung eingebettet. Über die<br />
Erziehung werden dem Kind kulturelle und gesellschaftliche<br />
Aspekte vermittelt, findet es seinen Standort, von dem aus es die<br />
Welt wahrnimmt und sich in ihr zurechtfindet. Einflüsse aus der<br />
sozialen Umgebung wirken sich also auch auf den Gebrauch der<br />
Sprache – als Teil der Kultur – und ihre Ausgestaltung durch das<br />
Kind aus. So wie kein Baum dem anderen gleicht, sind auch in<br />
der sprachlichen Entwicklung von Kindern Unterschiede feststellbar.<br />
Obwohl die Abläufe in der sprachlichen Entwicklung<br />
ähnlich sind, lassen sich große individuelle Unterschiede beobachten.<br />
1.2.2 In welchem Alter passiert dabei was?<br />
angelehnt an „Muttersprache.de“, Autor: Franz Reimann und Sprachpyramide nach<br />
Wendtlandt<br />
Der folgende Teil soll einen Überblick geben, wie Sprachentwicklung<br />
bei einem Kind in aller Welt normalerweise abläuft. Es<br />
gilt dabei aber zu bedenken, dass der Mensch sich in<br />
Entwicklungsphasen selten an normierte statistische Werte hält.<br />
Abweichungen sind genauso normal, wie deren Einhaltung.<br />
Trotzdem ist es hilfreich zu betrachten nach welchem Schema<br />
Mensch schon seit Jahrtausenden die Sprache entdeckt.<br />
Geburt:<br />
Es wird angenommen, dass das Kind bei der Geburt über die universelle<br />
Fähigkeit verfügt, wesentlich mehr Phoneme (etwa 70)<br />
unterscheiden zu können, als die, die für die eigene<br />
Muttersprache typisch sind (im Deutschen etwa 40). Nach der<br />
Geburt beginnt eine rege kommunikative Interaktion unter<br />
Einbeziehung aller Sinne. Eltern verändern intuitiv ihre<br />
Zusprache. Sie nutzen Wachzeiten für „Gespräche”, zum<br />
Spielen, Schmusen und Umwelterkunden. Über das “bloße”<br />
Hören der Sprache der Mutter erhält das Kind grundlegende<br />
Informationen über den Aufbau seiner Muttersprache.
Einhör- und Selektionsphase: Spracherfahrungssammlung<br />
im Dialog<br />
Regelmäßigkeiten aus den permanent wahrgenommenen Lautstrukturen<br />
der Muttersprache werden „herausgefiltert”. Laute<br />
werden nach Häufigkeit und Ähnlichkeit gespeichert. Das Kind<br />
ist in der Lage, Assoziationen zwischen melodisch-rhythmischen<br />
Strukturen und kommunikativen Sprachfunktionen auf der Basis<br />
der „Säuglingsgerichteten Sprache” (IDS = Infant-Directed-<br />
Speech) zu bilden.<br />
6.-9. Lebensmonat:<br />
Das muttersprachliche Lautinventar ist im Sprachgedächtnis gespeichert.<br />
Als Folge reagieren Säuglinge auch nur auf die bisher<br />
in der Muttersprache wahrgenommenen Lautkontraste. Englischsprachig<br />
aufgewachsene Säuglinge können z.B. das im Deutschen,<br />
aber nicht im Englischen vorkommende lange „ü” vom<br />
in beiden Sprachen vorkommenden langen „u” nicht unterscheiden.<br />
Sie „wissen” nun auch, dass unterschiedliche Tonhöhenverlaufsformen<br />
in der mütterlichen Sprache (z.B. schimpfendes,<br />
bestätigendes, bittendes Sprechen) eine unterschiedliche Bedeutung<br />
haben.<br />
Einheitenbildung im Wahrnehmen und Erkennen<br />
Das Kind weiß zunächst noch nichts von den Gegenständen seiner<br />
Umgebung. Es muss diese als „Erkenntniseinheiten” in seinem<br />
Gedächtnis speichern, damit sich später Wörter darauf<br />
beziehen können. Man nennt dies den Aufbau der Objektkonstanz.<br />
Als Folge werden z.B. Spielgegenstände als dieselben im<br />
unmittelbaren Wahrnehmungsraum wieder erkannt. Aber es gibt<br />
noch kein raum- und zeitunabhängiges Existenzbewusstsein von<br />
diesen Gegenständen. Aus der wahrgenommen Sprache werden<br />
betonte und/oder am Ende stehende Äußerungseinheiten<br />
(Wortteile, Wörter und Wortverbindungen) „herausgehört” und<br />
oft nachgeahmt. Diese sind auch häufig diejenigen Einheiten, die<br />
den Mitteilungsschwerpunkt tragen.<br />
Ab 11.-13. Lebensmonat:<br />
Erste Wörter erscheinen. Das Kind beginnt, eine Beziehung zwischen<br />
den Wörtern und der Gegenstandswelt aufzubauen. In der<br />
Mitte des 2. Lebensjahres sind sog. Übergeneralisierungen<br />
(Bedeutungsüberdehnungen) zu beobachten („Ado” steht z.B.<br />
für Autos, Rasenmäher, lose Räder, Ente mit Rädern, Computertisch<br />
mit Rädern). Aktionswörter stehen für verschiedene Effekte<br />
(„alle alle” wird z.B. gebraucht, wenn eine Tasse leer getrunken<br />
wurde, ein Gegenstand gesucht wird oder das Kind feststellt,<br />
dass sich ein Spielzeugrad nicht mehr dreht).<br />
18. - 20. Lebensmonat: Der Objektbegriff ist vorhanden<br />
Die Gegenstandswelt wird als unabhängig vom Selbst und dem<br />
Wahrnehmungsraum erkannt. Es erscheinen erste bedeutungsstabile<br />
Wort-Objekt-Zuordnungen, die späteren Substantive; aus<br />
Aktionswörtern entstehen erste Verben; das Kind beginnt, in elementaren<br />
Formen auf räumlich-zeitlich nicht Präsentes zu verweisen;<br />
erste „Ich-Verweise” mit Eigennamen erscheinen. Das<br />
Kind initiiert auch nun verstärkt Dialoge und analysiert aufmerksam<br />
die im Dialog gehörte Elternsprache.<br />
19<br />
Grammatische Strukturbildung, lautliche Präzisierungen<br />
und Bedeutungsaufbau im Hauptanwendungsfeld der<br />
Sprache: dem Dialog<br />
Mütter stimmen den Inhalt ihrer Dialogbeiträge sehr fein auf das<br />
momentane Fassungsvermögen ihres Kindes ab, und sie haben<br />
ein Gespür für die nächste Entwicklungsphase. Sie (natürlich<br />
auch Väter) vermitteln implizit feingefächertes Elementarwissen<br />
über die Welt, über den Aufbau der Muttersprache und über die<br />
Anwendung der Sprache im Dialog.<br />
20.-24. Lebensmonat:<br />
Ideen, Wünsche und Erlebnisse werden in Sätzen übermittelt.<br />
Die ersten grammatischen Morpheme (Flexive) und Funktionswörter<br />
erscheinen als satzbildende Elemente. Aber: Jemand, der<br />
in der Sprechsituation des Kindes nicht dabei war oder kein<br />
Vorwissen über den Inhalt der kindlichen Äußerung hat, kann oft<br />
noch nicht das Mitgeteilte verstehen. Die Mutter ist jedoch der<br />
perfekte Kenner und deshalb ein wichtiger Promotor der kindlichen<br />
Sprachentwicklung.<br />
Ab 28.-30. Lebensmonat:<br />
Die ersten grammatischen Kategorien (Subjekt, Prädikat) sind<br />
entwickelt. Die ersten Kasusflexive erscheinen (Besitzermarkierung:<br />
„Annes Buch”). Die Dialoge werden umfangreicher, die<br />
Themen vielfältiger. Die Mutter greift kindliche Kommunikationsinitiativen<br />
auf, reagiert überwiegend bestätigend und geht<br />
sparsam mit expliziten Korrekturen um. In der kindlichen<br />
Sprache sind noch interessante Assoziationen zu lautlich ähnlichen<br />
Wörtern zu beobachten.<br />
36.-40. Lebensmonat:<br />
Das Kind hat die elementaren Grundstrukturen seiner Muttersprache<br />
erworben. Es spricht und versteht die Sprache im Rahmen<br />
seiner näheren Erfahrungswelt. Schwierige Lautbildungen<br />
in der Wortartikulation werden nun fast problemlos bewältigt. In<br />
Sätzen geformte Mitteilungen sind weitgehend verständlich,<br />
auch wenn der Kommunikationspartner kein Vorwissen vom<br />
Mitteilungsinhalt hat. Das Wissensbedürfnis des Kindes will im<br />
Dialog erfüllt werden. Seine „Werkzeuge” sind nun die Warum-<br />
Fragen. Die Entwicklung sprachlicher Formen und Gebrauchsweisen<br />
ist noch nicht abgeschlossen. Obwohl das Kind über<br />
einen grundlegenden lexikalischen und grammatischen Bestand<br />
seiner Muttersprache verfügt, muss es noch zahlreiche Mittel<br />
erwerben, um in verschiedensten Anforderungssituationen seiner<br />
Lebenswelt schnell und sicher z.B. Mitteilungen über Ereignisse<br />
und Erlebnisse zu formulieren. Dazu zählen u.a. lexikalische und<br />
grammatische Mittel für die Darstellung eines Ereignisses in der<br />
Vergangenheit und Zukunft, für die Wiedergabe einer Beziehung<br />
der Ursache, der Folge, des Zweckes und des Vergleiches durch<br />
den Gebrauch von Neben- und Passivsätzen. Der weitere Erwerb<br />
dieser Mittel ist jedoch nicht Selbstzweck, sondern er ergibt sich<br />
aus der Notwendigkeit, sich in der Kommunikation verständlich<br />
auszudrücken. Da die Sprache grundlegendes Mittel bei der Gestaltung<br />
der sozialen Beziehungen ist, muss das Kind auch weitere<br />
Regeln der Sprachanwendung lernen. Dazu gehören u.a.<br />
Anredeformen, institutionelle Gebrauchsweisen, Äußerungen,<br />
die Höflichkeit ausdrücken und indirekte sprachliche Handlungen.<br />
Der weitere Sprach-Lern-Prozess erstreckt sich bis in das<br />
Schulalter hinein.
1.2.3<br />
Rolle der Muttersprache (oder Erstsprache) 1<br />
Passiert der Erwerb der Muttersprache unter normalen Umständen<br />
völlig automatisch, wirkt sich diese doch prägend in ihrer<br />
Lautgestaltung und grammatikalischen Struktur so tief in das<br />
Bewusstsein des Kindes ein, dass im Allgemeinen etwa ab der<br />
Pubertät keine andere Sprache mehr diesen Platz einnehmen<br />
kann.<br />
Durch die Muttersprache erwirbt das Kind wichtige soziale,<br />
kommunikative, kognitive und emotionale Fähigkeiten. Mit Hilfe<br />
der Sprache entdeckt das Kind seine Welt. Über die<br />
Muttersprache ist das Kind aber auch mit seinen Eltern,<br />
Geschwistern und Verwandten verbunden und damit mit den<br />
Menschen, denen es am nächsten steht. Noch bevor das Kind<br />
selbst sprechen kann, hört es die Muttersprache, die ihm die<br />
Erfahrung von Zuwendung und Angenommensein ermöglicht<br />
und über die seine Beziehungen gestaltet werden. Gerade weil<br />
die Muttersprache eine so zentrale Rolle beim Heranwachsen des<br />
Kindes spielt, besteht auch ein enger Zusammenhang mit der<br />
Entwicklung seiner Identität. Das Selbstbild des Kindes<br />
bestimmt sich wesentlich über die Muttersprache. Zusammen mit<br />
dem Erwerb der Muttersprache erlernt das Kind außerdem<br />
Mimik, Gestik, Sprechrhythmus, Intonation und Körperbewegung.<br />
Und schließlich wird dem Kind durch die Muttersprache<br />
gesellschaftliches Wissen vermittelt. (Man begrüßt und verabschiedet<br />
sich, sagt “bitte” und “danke” etc.) Durch das Zusammenwirken<br />
all dieser Aspekte wird die Muttersprache für das<br />
Kind zu einem Stück Heimat. Sie gibt ihm Sicherheit und<br />
Orientierung. Festzuhalten bleibt also: Die Muttersprache ist von<br />
zentraler Bedeutung, weil das heranwachsende Kind durch sie<br />
alles Notwendige erlernt, um sich in dieser Welt zurechtzufinden.<br />
Es besteht ein direkter Zusammenhang zwischen der Sprachentwicklung<br />
in der Muttersprache und dem Erlernen einer Zweitsprache.<br />
In dem Bild des Sprachbaumes von Wendtlandt gesprochen,<br />
bedeutet es, dass die Wurzeln und der Stamm stark ausgeprägt<br />
sind und sich deshalb eine zweite Baumkrone entwickeln kann.<br />
In Bezug auf das Erlernen einer Zweitsprache ist ein besonderer<br />
Aspekt zu beachten: die „Interdependenz-Hypothese“ besagt,<br />
dass eine gute muttersprachliche Kompetenz förderlich für den<br />
Erwerb einer Zweitsprache ist. Bei Kindern, deren muttersprachliche<br />
Fähigkeiten weniger gut entwickelt sind, kann ein intensives<br />
Angebot in der Zweitsprache in den ersten Schuljahren zu<br />
einer Störung der Entwicklung der Muttersprache und in deren<br />
Folge auch der Zweitsprache führen. Laut Fthenakis besteht die<br />
Abhängigkeit der Zweitsprache von der Muttersprache nicht in<br />
der allgemeinen Kommunikationsfähigkeit (gängiger Wortschatz,<br />
einfache Grammatik, Aussprache), sondern im Hinblick<br />
auf die so genannte kognitv-akademische Sprachfähigkeit. Diese<br />
kognitiv-akademische Sprachfähigkeit ist nicht nur akademisch<br />
gebildeten Menschen vorbehalten. Sie bedeutet, dass die<br />
Fähigkeit entwickelt ist, Sprache als Denkinstrument zu benützen.<br />
Das Erlernen der Muttersprache prägt ein inneres Vorwissen<br />
in Bezug auf Sprache. Dieses Vorwissen scheint laut Fthenakis<br />
eine Art „vorsprachliche Denkbasis“ darzustellen, die dann für<br />
1 auszugsweise aus der Diplomarbeit “Bestandsaufnahme der aktuellen Situation<br />
von Volksschulkindern mit nichtdeutscher Muttersprache im Bundesland<br />
<strong>Vorarlberg</strong>” von Nathalie Pallavicine, 2004<br />
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20<br />
die Zweitsprache zur Verfügung. Bei schlechter muttersprachlicher<br />
Kompetenz ist sie unterentwickelt. Wenn aber die<br />
Muttersprache gut entwickelt ist, lässt sich auf diesem Vorwissen<br />
eine Zweit- oder Drittsprache besser aufbauen.<br />
Es ist also festzuhalten, dass gute Kenntnisse in der Muttersprache<br />
das Lernen einer Zweitsprache erleichtern. Eine positive<br />
Einstellung gegenüber der Muttersprache des Kindes wirkt sich<br />
gut auf dessen Entwicklung und auf dessen Selbstwertgefühl aus.<br />
Die Förderung beider Sprachen wirkt sich somit auch direkt auf<br />
den Erfolg in der Schule aus. Dieser Umstand stellt eine<br />
Verpflichtung dar, Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache<br />
neben dem frühen Zugang zur deutschen Sprache auch die kontinuierliche<br />
Entwicklung ihrer Muttersprache zu ermöglichen.<br />
1.2.4<br />
Erlernen einer Zweitsprache 2<br />
Das Erlernen einer Zweitsprache kann unter sehr verschiedenen<br />
Voraussetzungen geschehen, die den jeweiligen Verlauf stark<br />
beeinflussen können.<br />
Solche verschiedenen Formen können zum Beispiel sein:<br />
Eltern mit verschiedenen Muttersprachen sprechen jeweils ihre<br />
Sprache mit dem Kind, die Elternpartner verstehen die Sprache<br />
des anderen (Vater und Mutter verkörpern jeweils ihre<br />
Muttersprache à das Kind wächst zweisprachig auf)<br />
ein Elternteil ist mit der deutschen Muttersprache aufgewachsen,<br />
ein Elternteil mit einer nichtdeutschen Muttersprache und versteht<br />
Deutsch nicht. Die gemeinsame Familiensprache ist die<br />
nichtdeutsche Sprache.<br />
beide Eltern sind mit der gleichen nichtdeutschen Muttersprache<br />
aufgewachsen und sprechen diese auch zuhause mit den Kindern<br />
beide Eltern sind mit der gleichen nichtdeutschen Muttersprache<br />
aufgewachsen, mindestens ein Elternteil kann Deutsch. Es werden<br />
beide Sprachen mit dem Kind gesprochen<br />
es besteht die Möglichkeit zwischen Sprachen hin- und her zu<br />
wechseln und beide Elternteile verstehen diese gleich gut.<br />
Für dieses Gesamtkonzept ist speziell die Gruppe besonders von<br />
Interesse, bei der beide Elternteile eine gemeinsame nichtdeutsche<br />
Muttersprache haben und diese zuhause mit den Kindern<br />
sprechen. Das heißt, man kann davon ausgehen, dass diese<br />
Kinder nicht zweisprachig aufwachsen (keine zwei gleichberechtigten<br />
Sprachen in ihrer Familie erleben und erlernen). Dadurch<br />
entsteht die klassische Situation, die ein Zweitspracherwerb notwendig<br />
macht.<br />
<strong>SPRACHE</strong><br />
<strong>BILDUNG</strong><br />
<strong>INTEGRATION</strong><br />
2 nach Heuchert 1994, zitiert in Böhm & Böhm 1999 S 167
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Einflussgrößen für einen Zweitspracherwerb<br />
eines Kindes<br />
die Kontaktmöglichkeiten zu deutsch sprechenden Kindern oder<br />
Erwachsenen sowie die Art der Beziehungen in der deutschsprachigen<br />
Umgebung<br />
der Entwicklungsstand in der Erstsprache<br />
die Motivation, sich auf die neue sprachliche Umgebung einzulassen<br />
das Alter des Kindes<br />
die Vorbildwirkung der Eltern (siehe 1.2.6 Rolle der Eltern)<br />
Feststellungen:<br />
Kinder haben die Fähigkeit, mehr als eine Sprache zu erwerben.<br />
Dies ist eine natürliche Begabung des Menschen und deshalb für<br />
alle Kinder möglich.<br />
Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache profitieren vom frühen<br />
Kontakt mit weiteren Sprachen und Kulturen.<br />
Wenn ein Kind mit nichtdeutscher Muttersprache erst ab dem<br />
Alter von zwei bis drei Jahren intensiveren Kontakt mit der deutschen<br />
Sprache bekommt, erwirbt es eine Zweitsprache. Demzufolge<br />
sind auch die bekannten Grundlagen und Gesetzmäßigkeiten<br />
des Zweitspracherwerbes zu beachten:<br />
die Zweitsprache kann additiv erworben werden (als Ergänzung<br />
und Bereicherung zur Muttersprache = die Muttersprache entwickelt<br />
sich weiter und eine zweite Sprache kommt dazu)<br />
die Zweitsprache kann subtraktiv erworben werden (auf Kosten<br />
der Muttersprache = Gefahr des „Semilingualismus“ = beide<br />
Sprachen sind nur teilweise entwickelt)<br />
die Zweitsprache kann natürlich und ungesteuert erlernt werden<br />
(durch Kontakte auf dem Spielplatz oder in Kleingruppen) oder<br />
sie kann gesteuert erlernt werden (fachlich gesteuerter<br />
„Unterricht“). Beide Formen sind möglich und können sich gut<br />
ergänzen.<br />
Phasen des Zweitspracherwerbs<br />
Nach Böhm & Böhm & Dies-Niethammer im „Handbuch Interkulturelle<br />
Lernen“ (Herder, 1999, S 167) durchläuft ein Kind im<br />
Erwerb einer Zweitsprache drei verschiedene Phasen:<br />
Erste Phase: Es überwiegen die so genannten Kopulasätze.<br />
Damit ist gemeint, dass das Kind die Sätze vorwiegende mit dem<br />
Hilfsverb „sein“ bildet: „Ich sein Mädchen“, Du sein Junge“ usw.<br />
Einfachste Sätze stehen im Vordergrund.<br />
Zweite Phase: Hier beginnt das Kind Sätze mit Voll- und<br />
Modalverben zu bilden. Der Satzbau nimmt an Komplexität zu,<br />
und das Kind bekommt das Bewusstsein von unterschiedlichen<br />
Verbformen.<br />
Dritte Phase: Das Kind ist nun in der Lage, schwierige Sätze zu<br />
konstruieren und sich so schon auf einem recht umfassenden<br />
Niveau zu verständigen.<br />
21<br />
Je jünger ein Kind beim Erwerb der Zweitsprache ist,<br />
ähneln diese Phasen jener des Doppelspracherwerbes<br />
Hier verfügt das Kind in der ersten Phase über einen nicht sehr<br />
umfangreichen Wortschatz. Es kann zum Beispiel einen Gegenstand<br />
nur in einer Sprache benennen, aber versteht die Bedeutung<br />
in beiden Sprachen. Es entwickelt in dieser Phase eine<br />
Mischsprache. Es lebt im Glauben, dass beide Sprachen zu einem<br />
gemeinsamen Sprachsystem gehören. Egal wo es ist, verwendet<br />
es Wörter aus beiden Sprachen. Es lernt es später zuzuordnen,<br />
wer für welche Sprache steht. Am Ende dieser Phase beginnt das<br />
Kind, für einen Begriff die Worte aus beiden Sprachen zu benennen.<br />
In der zweiten Phase fängt das Kind an, die Personen und Situationen<br />
immer mehr der jeweiligen Sprache zuzuordnen. Der<br />
größere Wortschatz in beiden Sprachen nützt es, um Gegenstände,<br />
Situationen, Handlungen und Funktionen zu beschreiben. Vor<br />
allem bei emotional erregenden Situationen kommt es vor, dass<br />
das Kind die Wörter aus beiden Sprachen verwendet. Mit diesen<br />
Doppelungen möchte es Wichtigkeit unterstreichen oder seinem<br />
Anliegen Nachdruck verleihen. Die Häufigkeit der jeweiligen<br />
Sprachnutzung kann hier die Entwicklung in einer Sprache stärker<br />
fördern, als in der anderen.<br />
In der dritten Phase gelingt es dem Kind in kleinen Schritten<br />
Übertragungen von einer Sprache in die andere vorzunehmen. Es<br />
spricht Personen in der jeweils richtigen Sprache an.<br />
Zum Alter des Kindes:<br />
Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass der Zweitspracherwerb<br />
besonders erfolgreich ist, wenn er vor dem 11. Lebensjahr<br />
abgeschlossen ist. Diese Kinder beherrschen die Zweitsprache<br />
ähnlich gut wie die Muttersprache (vgl. Rieck, 1989, S 171).<br />
“Die Spracherwerbsforschung hat gezeigt, dass es für das<br />
Erlernen einer zweiten Sprache kein `zu früh´ gibt” Zitat von<br />
Prof. Dr. Rosemarie Tracy von der Universität Mannheim.<br />
Hinderliche Faktoren beim Erwerb einer Zweitsprache können<br />
sein:<br />
Neben der nicht ausreichenden Wirkung der oben genannten<br />
Voraussetzungen für eine normale Entwicklung der Zweitsprache,<br />
gibt es zwei Faktoren die sich als ausgesprochen hemmend<br />
auf den Lernerfolg auswirken:<br />
- Angst vor Fehler (dies kann besonders in Kindergruppen relevant<br />
sein, in denen richtiges Sprechen bemerkt wird oder eben fehlerhaftes<br />
Verwenden von Sprache ebenso. Von Eltern und Pädagog-<br />
Innen in Kindergarten und Schule ist dies besonders zu beachten)<br />
-<br />
Schlechtes Image der jeweiligen Sprache (dies kann auf beide<br />
Sprachen bezogen werden. Wenn das Kind seine Muttersprache<br />
zum Beispiel in der Kindergruppe nicht wertgeschätzt sieht, verzichtet<br />
es auf deren Verwendung und reduziert dementsprechend<br />
deren Entwicklung.
-<br />
Genauso kann es vorkommen, dass in der Herkunftsfamilie, die<br />
Verwendung der deutschen Sprache nicht gern gesehen wird<br />
(vielleicht aus Angst vor dem Verlust der Muttersprache) und<br />
damit dem Kind signalisiert wird, das es diese Sprache hier besser<br />
nicht spricht.<br />
1.2.5<br />
Mehrsprachigkeit – Chance für alle Kinder<br />
Die Mehrsprachigkeit ist bei uns und in weiten Teilen der Erde<br />
eigentlich schon lange der Normalfall. Nicht erst seit Europa mit<br />
sehr vielen verschiedenen Sprachen näher zusammen rückt, wird<br />
die Fähigkeit, mehrere Sprachen zu sprechen hoch eingeschätzt.<br />
Diese Fähigkeit ermöglicht ein Mehr an privaten und beruflichen<br />
Möglichkeiten für den einzelnen Menschen und ist gesellschaftlich<br />
und wirtschaftlich von größter Bedeutung.<br />
In Deutschland, welches die frühe Sprachförderung seit PISA 1<br />
(im Jahr 2000) besonders stark forciert, zeigt sich ein eindeutiger<br />
Trend in Richtung Mehrsprachigkeit in pädagogischen Einrichtungen.<br />
Es geht nicht mehr so sehr darum ein „Bildungsdefizit“<br />
auszumerzen, sondern vielmehr darum eine neue Bildungsqualität<br />
im Bereich der Sprachentwicklung und Sprachförderung zu<br />
erarbeiten. Große Kongresse mit wissenschaftlich hochkarätig<br />
besetzten ReferentInnenlisten (z.B. Kongress „Frühe Mehrsprachigkeit:<br />
Mythen – Risken – Chancen“ am 5./6. Oktober 2006 in<br />
Mannheim oder der geplante internationale Fachkongress<br />
„Frühkindliche Mehrsprachigkeit als Baustein einer gelungenen<br />
Bildungsbiographie“) stellen sich dieser Thematik sehr offensiv.<br />
Mit diesen neuen Impulsen auf fachlicher Ebene lässt sich in der<br />
Praxis sehr schnell etwas anfangen, wenn deren Ergebnisse<br />
bewusst wahrgenommen werden und rasch kommuniziert werden.<br />
Die Mehrsprachigkeit unserer Kinder als Chance zu begreifen,<br />
macht das Thema Sprachförderung schnell zu einem reizvollen<br />
und zukunftsträchtigen Thema.<br />
Der Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg, Günther<br />
H. Oettinger, verwies auf die Bedeutung früher Sprachförderung<br />
für Wirtschaft und Gesellschaft. “Mehrsprachigkeit ist ein<br />
Mehrwert für ein Land, für seine soziale Kompetenz, seine ökonomische<br />
Kompetenz und seine Welt-Integration. Deshalb ist<br />
frühe Sprachförderung eine große Chance”, so der<br />
Ministerpräsident. “Dank der kindlichen Begabung und Neugier<br />
ist frühkindliche Bildung möglich, und hier gehört Sprache in<br />
den Mittelpunkt.”<br />
(gesprochen beim Mannheimer Kongress Okt. 2006)<br />
Quelle: ernst.6900<br />
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22<br />
1.2.6<br />
Rolle der Eltern beim (Zweit-)Spracherwerb<br />
Die Rolle der Eltern im Spracherwerb ihrer Kinder ist eine aktive<br />
und ist besonders im Erwerb der Grundfähigkeiten des<br />
Sprechens und im Erwerb der Muttersprache besonders wichtig.<br />
Wenn man davon ausgeht, dass ein Kind bis 3 Jahre vor allem im<br />
Kreis der Familie lebt und wir das vorher erwähnte Wissen über<br />
den Spracherwerb heran ziehen, lassen sich schlüssig die<br />
Aufgaben für die Eltern ableiten (und zwar für alle Eltern, egal<br />
welche Erstsprache sie in ihrer Familie sprechen):<br />
Ab der Geburt:<br />
Eltern sorgen dafür, dass die medizinische Vorsorge für ihr Kind<br />
stattfindet und eine normale Entwicklung des Körpers und der<br />
Sinnesorgane sicher gestellt ist<br />
Eltern sorgen dafür, dass das Kind eine Atmosphäre der Liebe,<br />
Zuneigung und Akzeptanz erlebt.<br />
Eltern reden, singen, lachen, kommunizieren auf verschiedenste<br />
Weise mit dem Kind<br />
bis drei Jahre:<br />
Eltern tragen dazu bei, dass das Kind Lust auf Sprache entwickelt<br />
(siehe Sprachbaumgießkanne)<br />
Eltern gestalten das Umfeld des Kindes sinnesanregend und<br />
interessant.<br />
Eltern nähren ihr Kind mit Sprache (Geschichten erzählen,<br />
Bücher vorlesen, pädagogisch wertvolle Spiele spielen)<br />
speziell für migrantische Eltern:<br />
Eltern sind besonders bemüht, dass ihr Kind einen positiven<br />
Bezug zu seiner Muttersprache bekommt und diese altersgemäß<br />
erlernt und weiter entwickelt<br />
Eltern sind für ihre Kinder Vorbild im Umgang mit der<br />
Umgebungssprache (ihr Verhalten im Alltag ist Beispielgebend<br />
für die Grundeinstellung ihres Kindes zur deutschen Sprache)<br />
Eltern achten darauf, dass ihr Kind schon frühzeitig<br />
Berührungskontakte mit der Umgebungssprache bekommt<br />
(Spielplatz, Eltern-Kind-Zentren, Bücherei, deutschsprachige<br />
Geschichten, Hörspiele, kindgerechte Fernsehsendungen)<br />
Eltern achten darauf, dass sie nicht willkürlich Muttersprache<br />
und Deutsch vermischen<br />
ab drei Jahren:<br />
Eltern tragen aktiv dazu bei, dass ihr Kind Kontakt zur deutschen<br />
Sprache bekommt<br />
Eltern unterstützen ihr Kind aktiv im Erlernen der deutschen<br />
Sprache und zeigen Interesse am Erlernten und Erlebten ihres<br />
Kindes<br />
Eltern arbeiten aktiv mit pädagogisch tätigen Menschen zusammen<br />
(in Spielgruppe, Kinderbetreuung, Kindergarten, Schule,<br />
etc.) und übernehmen Übungsaufgaben, welche zuhause mit dem<br />
Kind gemacht werden<br />
Eltern tragen dazu bei, dass ihr Kind freundschaftliche Kontakte<br />
zu Kindern mit deutscher Muttersprache haben können.
1.3<br />
MANNHEIMER ERKLÄRUNG<br />
Die Landesstiftung Baden-Württemberg veranstaltete am 5./6.<br />
Oktober 2006 in Mannheim einen Kongress zum Thema “Frühe<br />
Mehrsprachigkeit: Mythen – Risiken – Chancen”, der gemeinsam<br />
mit der Universität Mannheim veranstaltet wurde. Die über 300<br />
teilnehmenden Experten aus Forschung und Praxis sprachen sich<br />
dort für eine möglichst frühe und gezielte Sprachförderung aus<br />
und verfassten mit der “Mannheimer Erklärung zur frühen<br />
Mehrsprachigkeit” ein sehr klares und fachlich fundiertes<br />
Thesenblatt:<br />
Kongress „Frühe Mehrsprachigkeit: Mythen –<br />
Risiken – Chancen“<br />
Mannheimer Erklärung zur frühen Mehrsprachigkeit –<br />
11 Thesen<br />
- Die Fähigkeit, mehr als eine Sprache zu erwerben, beruht auf<br />
einer natürlichen Begabung des Menschen. Mehrsprachigkeit ist<br />
eine Chance!<br />
- Kinder werden durch das Erlernen einer zweiten oder weiteren<br />
Sprache nicht überfordert. Sie können von Geburt an mit mehr<br />
als einer Sprache aufwachsen.<br />
- Die erfolgreiche Entfaltung von sprachlichen Kompetenzen ist<br />
auf günstige Rahmenbedingungen angewiesen. Kinder brauchen<br />
ein adäquates zielsprachliches Vorbild. Dies setzt eine entsprechende<br />
Qualifikation aller am Bildungsprozess Beteiligten voraus.<br />
- Frühzeitige Begleitung und Unterstützung des Spracherwerbs,<br />
Dokumentation und wissenschaftlich fundierte Sprachdiagnostik<br />
sind wichtige Voraussetzungen für eine individuelle Förderung.<br />
- Wir können ein Leben lang neue Sprachen lernen. Am Besten<br />
geschieht dies im frühen Kindesalter. Intensive sprachliche<br />
Förderung sollte daher möglichst früh beginnen.<br />
- Alle Sprachen sind es wert, geschätzt und gefördert zu werden.<br />
Eltern mit nichtdeutscher Familiensprache sind wichtige Partner<br />
in Bildungsprozessen. Sie sollen in ihrer Kompetenz gestärkt<br />
werden, die Kinder in der Erstsprache zu sozialisieren.<br />
- Auch Kinder mit deutscher Muttersprache profitieren vom frühen<br />
Kontakt mit weiteren Sprachen und Kulturen.<br />
- Effektive Sprachförderung setzt voraus, dass die Erkenntnisse<br />
der Spracherwerbsforschung in die Praxis umgesetzt und kontinuierlich,<br />
wissenschaftsbasiert und praxisnah evaluiert werden.<br />
- Die sprachliche Kreativität von Kindern ist eine wichtige<br />
Ressource, die es zu nutzen und zu fördern gilt. Kommunikation<br />
mit Kindern macht Spaß!<br />
- Investitionen in frühe Sprachförderung zahlen sich aus. Die<br />
Gesellschaft muss diese Investition leisten.<br />
- Sprachförderung darf nicht an Fragen der Zuständigkeit schei- <strong>SPRACHE</strong><br />
tern. Wir alle – vor allem Politik, Wissenschaft, Tageseinrichtungen<br />
für Kinder, Eltern, Schule, Therapeuten – sind gefordert zu <strong>BILDUNG</strong><br />
handeln und zusammenzuarbeiten – im Interesse des Kindes.<br />
Mannheim, 6. Oktober 2006<br />
23<br />
<strong>INTEGRATION</strong>
2. Kapitel<br />
„IST-Stand-Bewertung“<br />
Zusammenfassung<br />
2.1<br />
ALLGEMEINE BETRACHTUNG<br />
Grunddaten<br />
Die Aufstellung von Tabelle 12 zeigt, dass Kinder mit nichtdeutscher<br />
Muttersprache anteilsmäßig erst im Kindergarten voll vertreten<br />
sind. Im Vergleich zu anderen Bundesländern, welche<br />
Kinder generell ab 3 Jahre in die Kindergärten aufnehmen, heißt<br />
dies, dass eine verbindliche und pädagogisch zielgerichtete<br />
Sprachförderung hin zur deutschen Sprache in <strong>Vorarlberg</strong> generell<br />
erst ab 4 Jahren möglich ist. Es sei denn, dass entweder die<br />
Spielgruppen – oder Kleinkindbetreuungseinrichtungen für Kinder<br />
mit nichtdeutscher Muttersprache interessanter werden oder<br />
das Kindergartenalter generell auf 3 Jahre gesenkt wird.<br />
Studie zum Thema Mehrsprachigkeit im Kindergarten<br />
In dieser Studie wurden nicht nur Qualitätsstandards für eine gute<br />
Entwicklung hin zur Mehrsprachigkeit in Kindergärten definiert,<br />
sondern auch eine Befragungsstudie über die Grundvoraussetzungen<br />
innerhalb des pädagogischen Personals erstellt.<br />
Diese Befragung hat gezeigt, dass es unterschiedliche Voraussetzungen<br />
bei den Pädagoginnen gibt, sowohl was ihre Grundeinstellung<br />
anbelangt, wie auch ihr fachliches Wissen.<br />
2.2<br />
SPRACHTICKET<br />
2.2.1<br />
Allgemeine Beschreibung des Projektes<br />
Anhand eines Rundschreibens des <strong>Vorarlberg</strong>er Gemeindeverbandes<br />
wird die Handhabe dieses Projektes beschrieben.<br />
2.2.2<br />
Fragen zum Sprachticket und deren Antworten<br />
Grundlage dieses Kapitels ist eine Dringliche Anfrage der <strong>Vorarlberg</strong>er<br />
Freiheitlichen im <strong>Vorarlberg</strong>er Landtag an den zuständigen<br />
Landesrat Mag. Stemer.<br />
2.2.3<br />
Bisherige Erfahrungen<br />
Eine Stichprobenbefragung durch OBHUT-Beratungsservice für<br />
Kinderbetreuung bei Kindergärtnerinnen und Volksschuldirektoren<br />
ist durchgeführt worden. Über 100 Kindergartenpädagoginnen<br />
und ein Dutzend Volksschulen nahmen daran teil. Das<br />
Ergebnis: Die positive Grundeinstellung zum Projekt des<br />
Sprachtickets ist ausgesprochen groß, der Wille zur Verbesserung<br />
auch, aber es braucht dringende strukturelle Unterstützung. Mehr<br />
an fachlichem Wissen, mehr Unterstützung von außen, mehr<br />
Kooperation mit den Eltern und mehr an Informationen zwischen<br />
Schule und Kindergarten. Die bisher gemachten Erfahrungen und<br />
Ergebnisse zeigen, dass ein Trend zu „wir machen das gleiche<br />
wie bisher nur eben ein bisschen mehr“ vorherrscht. Sprachförderung<br />
wird mit Wortschatzarbeit verwechselt.<br />
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24<br />
Im Zuge der Interviews und Gespräche mit Fachkräften aus<br />
Verwaltung und Pädagogik haben sich einige Eindrücke verdichtet,<br />
die hier angeführt werden.<br />
Im Auftrag der Arbeiterkammer Österreich wurde eine Studie<br />
erstellt, die die bisherige Wirkung des Sprachtickets erfasst hat.<br />
Die Studie wurde anfang Juni 2007 präsentiert und kam zu folgendem<br />
Ergebnis: Praktisch keinen Effekt hatte bisher das so<br />
genannte Sprachticket, ein 80-Euro-Gutschein für 120 Stunden<br />
(rund 4 Monate) freiwillige Sprachförderung, wenn sich die<br />
sprachlichen Fähigkeiten der Kinder bei der Schuleinschreibung<br />
als nicht ausreichend herausstellen.<br />
Quelle: Presseunterlage AD Wien vom 5. Juni 2007<br />
2.2.4<br />
Auffälligkeiten<br />
das Sprachticket setzt zu spät an. Besonders betroffene Gemeinden<br />
haben selbständig reagiert und beziehen die 4-jährigen auch<br />
mit ein. Allerdings zeigt sich, dass die besonders engagierten<br />
Gemeinden, entweder besonders engagierte Einzelpersonen haben,<br />
oder aber eine dafür zuständige Verwaltungsperson.<br />
Es gibt keine landesweit gültigen Leitlinien, Qualitätsstandards,<br />
Zielformulierungen oder Dokumentationen usw.. Es gibt keinen<br />
organisierten fachlichen Austausch oder Kooperationen zwischen<br />
den beteiligten Einrichtungen oder Fachpersonen.<br />
Beim Sprachticket und der angewendeten Sprachförderung gibt<br />
es keine vergleichbare oder auswertbare Dokumentation<br />
90 % aller 5jährigen Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache<br />
im Kindergarten haben ein Sprachticket ausgestellt bekommen.<br />
Demzufolge ist das erste Kindergartenjahr in Sachen Sprachförderung<br />
wenig effektiv oder aber die Art der Sprachstandfeststellung<br />
nicht sehr aussagekräftig.<br />
2.2.5<br />
Fazit<br />
Es gibt zahlreiche Fragen, die geklärt werden müssen, wenn das<br />
Instrument des Sprachtickets nachhaltig Wirkung zeigen soll<br />
Die grundsätzlich positive Einstellung aller Beteiligten zu diesem<br />
Thema ist ein großer Vorteil, wenn es gilt das Verfahren zu<br />
optimieren<br />
Das Definieren von klaren Zielen (inklusive klaren Standards)<br />
bedeutet auch, dass die Strukturhilfen (personelle, fachliche und<br />
materielle) konsequent und flächendeckend angepasst und aufgebaut<br />
werden müssen.
2.3<br />
GEMEINDEINITIATIVEN<br />
in Sachen Sprachförderung<br />
In einigen Gemeinden (knapp über 5) gibt es seit einigen Jahren<br />
schon Pilotprojekte in Sachen Sprachförderung, die sich zum Teil<br />
auch an migrantische Mütter und deren Kinder richten und auch<br />
an Kinder vor dem Kindergarten richten.<br />
in Sachen Elternarbeit<br />
Jüngste Entwicklungen in diesen engagierten Pilotgemeinden<br />
zeigen den dringlichen Bedarf, die Kooperationsachse zu den<br />
Eltern stärker aufzubauen.<br />
2.4<br />
ANDERE PROJEKTE<br />
Eltern.chats – Katholisches Bildungswerk<br />
Lernhilfe Mütter – Ausländerreferat der Diözese Feldkirch<br />
INKA – Lernhilfeprojekte<br />
Lernhilfeprojekte durch türkische „Selbsthilfeorganisationen“<br />
Lehrgang „Interkulturelle Kompetenz“ – Bildungshaus<br />
Batschuns<br />
„Brückenbauerinnen“ – okay.zusammen – leben<br />
2.5<br />
BEMERKENSWERTES<br />
- Sprachförderung vor Schuleintritt findet als pädagogische Aufgabe<br />
nur im Kindergarten statt. In Spielgruppen und Kleinkindbetreuungen<br />
sind Bildungsaufträge im klassischen Sinn<br />
nicht vorgesehen.<br />
- Eine muttersprachliche Sprachstandsfeststellung gibt es in <strong>Vorarlberg</strong><br />
nicht.<br />
- Muttersprachlicher Unterricht ist in den Volksschulen selbstverständlich<br />
und wichtig. Im Vorschulbereich ist dieser genauso<br />
wichtig – aber derzeit nirgends angeboten.<br />
- Die fachliche Unterstützung des Personals in allen Einrichtungsebenen<br />
ist in <strong>Vorarlberg</strong> dringlich notwendig. Fortbildungen<br />
im Grundlagenwissen, Lehrgänge für Spezialwissen (in besonders<br />
betroffenen Gruppen) und Lehrgänge für Spezialist-<br />
Innen (als mobile Unterstützung in Sachen Sprachförderung,<br />
Brückenbauerinnen, Elternarbeit, usw.) sind dringlich.<br />
- Die Fortbildungsstruktur ist im Kindergartenbereich abgesichert.<br />
- In den anderen Einrichtungsbereichen ist dringlicher Nachholbedarf.<br />
- Klare Ziele, was in Sachen Sprachförderung in welcher Einrichtungsebene<br />
geschehen bzw. erreicht werden soll, fehlen weitgehend.<br />
Die Stadtvertretung Hohenems hat in einem Beschluss im<br />
Juni 2006 dies erreicht, in dem sie den Ausbau der Sprachförderung<br />
im Kindergarten beschlossen hat und dabei klar das Ziel<br />
formuliert hat, dass Kinder der deutschen Sprache so weit<br />
mächtig sein sollen, dass sie dem Unterricht in der Schule von<br />
Anfang an folgen sollen können. Diese „Formulierungsausnahme”<br />
soll die Regel werden.<br />
- Eine Aneinanderkettung von Insellösungen kann niemals erfolgsversprechend<br />
sein. Eine landesweit gesamthafte Entwicklung<br />
mit gemeinsamen Qualitätsstandards braucht eine Landeskoordinationsstelle.<br />
- Engagierte Institutionen von Migranten setzen ihre Energie erst<br />
im Schulalter ein. Diese sollten ihre Aktivitäten schon im<br />
Kleinkindalter setzen. Dies soll unterstützt und fachlich begleitet<br />
werden.<br />
25<br />
Quelle: ernst.6900
Spielgruppen:<br />
- meist ein oder zwei Halbtage in der Woche mit 3 bis 4 Öffnungsstunden,<br />
Öffnung während des Schuljahres<br />
- Kinder meist im Alter von 3 Jahren<br />
- Trägerschaften von 76 Spielgruppen (71 Vereine od. privat, 5<br />
Gemeinden)<br />
- Landeszuständigkeit: Familienreferat (teilweise Verantwortlichkeit<br />
ausgelagert an die Servicestelle für Spielgruppen)<br />
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2. Kapitel:<br />
„IST-Stand-Bewertung“<br />
2.1<br />
ALLGEMEINE BETRACHTUNG<br />
2.1.1<br />
Grunddaten (bezogen auf das Schuljahr 2005/06)<br />
In <strong>Vorarlberg</strong> können Kinder mit migrantischem Hintergrund in<br />
drei verschiedenen Einrichtungsformen Kontakt zu gleichaltrigen<br />
Kindern mit deutscher Muttersprache bekommen und erfahren<br />
dort ein kindgerechtes und pädagogisch bewusstes Umfeld.<br />
Kleinkindbetreuungen:<br />
Öffnungszeiten mindestens 5 Stunden pro Tag, 5 Tage die Woche,<br />
ganzjährige Öffnung mit meist 5 Wochen Unterbrechung<br />
Kinder im Alter von 1 bis 4 Jahren<br />
Konzeption für berufstätige Mütter<br />
Trägerschaften von 49 Kleinkindbetreuungen (41 Vereine oder<br />
sonstige Erhaltere, 8 Gemeinden, 1 Land)<br />
Landeszuständigkeit: Abt. IVa, Jugendwohlfahrt, Fachstelle:<br />
Familypoint<br />
Kindergärten:<br />
Öffnungszeiten: sowohl in der Tages – , Wochen – und Jahresöffnungszeit<br />
sehr verschieden,<br />
Kinder meist im Alter von 4 bis 5 Jahren, Anteil der Gemeinden,<br />
welche 3jährige Kinder (meist von berufstätigen Müttern)<br />
aufnehmen, ist im Steigen begriffen. Im Betrachtungsjahr waren<br />
von 8779 Kinder 808 jünger als 4 Jahre.<br />
Trägerschaften von 231 Kindergärten ( 17 Kirche, Vereine oder<br />
sonst. Träger; 212 Gemeinden, 2 Land)<br />
Landeszuständigkeit: Abt. IIa, Kindergarteninspektorat<br />
Vergleich im Anteil von Kindern mit nichtdeutscher<br />
Muttersprache: 1<br />
Tabelle 12<br />
Einrichtungen<br />
Spielgruppen 1476 91,4% 140 8,6% 1616<br />
Kinderbetreuungseinrichtungen 1243 86,0% 207 14,0% 1450<br />
Kindergärten 6811 77,6% 1968 22,4% 8779<br />
Etwa die Hälfte aller Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache<br />
sprechen türkisch.<br />
Muttersprachliche Deutsch<br />
Prozent<br />
nichtdeutsche Muttersprache<br />
Prozent<br />
Gesamt<br />
26<br />
Ausbildungsgrad der Mitarbeiterinnen: 1<br />
Tabelle 13<br />
Einrichtungen<br />
Spielgruppen 64 (34%) 25 98 187<br />
Kinderbetreuungseinrichtungen 75 (38%) 32 87 194<br />
Kindergärten 686 (73%) 216 30 932<br />
1 Zahlen entnommen aus der Kindertagesheimstatistik 2005/06, Landesstelle für<br />
Statistik Kindergartenzahlen<br />
Im Schuljahr 2005/06 gab es in 31 Kindergärten in <strong>Vorarlberg</strong><br />
einen Anteil von 35 oder mehr Prozent. Weitere 35 Kindergärten<br />
haben einen Anteil von 25 bis 34% Kinder mit nichtdeutscher<br />
Muttersprache<br />
Tabelle 14<br />
Kindergarten Bezeichnung Ort Straße, Nr. % n.d.M<br />
Igel Gtk Bludenz Unterfeldstr. 25 89,5% 34<br />
Nofels - Gtk Feldkirch 75,0% 15<br />
Blumenegg Bregenz Heldendankstr. 4 73,4% 47<br />
H. Grabher Lustenau H. Grabherstr.6 61,4% 35<br />
Strohdorf Wolfurt Schulstraße 2 58,3% 14<br />
Schwefel Dornbirn Schwefelquelle 3 57,6% 19<br />
Augarten Lustenau Rheinstraße 23 56,2% 27<br />
An der Ach Bregenz Achsiedlungsstr.73 53,4% 47<br />
Am Wall Dornbirn Am Wall 9 51,1% 23<br />
Niederbahn Dornbirn Niederbahn 37 50,0% 13<br />
Weiler Lustenau Reichshofstr. 5b 48,8% 21<br />
Brederis Rankweil Madlenerweg 36 45,6% 26<br />
Mariahilf Bregenz Mariahilferstr.54a 44,2% 23<br />
Wallstraße Hard Wallstraße 5 43,0% 28<br />
Einlis Frastanz Einliserfeldweg 5 42,5% 17<br />
St. Peter Bludenz St. Peter-Str.45 41,3% 19<br />
Sonderberg Götzis Sonderberg 67 41,1% 7<br />
Levis Feldkirch Vogelweiderpl. 9 40,7% 11<br />
See Hard Seestraße 35 40,0% 26<br />
Rotkreuz Lustenau Rotkreuzstr. 31 40,0% 24<br />
Oberdorf Höchst Schützenstr. 7 39,2% 31<br />
Unterfeld Lauterach Unterfeldstr. 44 39,0% 18<br />
Hl. Kreuz Bludenz Schulgasse 2 38,5% 20<br />
Motten Frastanz Äuleweg 6 38,1% 8<br />
Rheindorf Lustenau Montfortstraße 7 37,2% 16<br />
Kennelbach Kennelbach St. Antoniusw. 19 36,4% 16<br />
Fußach Fußach Wiesenstr. 12 36,0% 31<br />
Oberau Feldkirch Hämmerlestr. 2 35,8% 24<br />
Rosenlärcherstr. .Lustenau Rosenlärcherstr.15 35,5% 22<br />
Pfarrkinderg. Schruns Kirchplatz 12 35,3% 6<br />
Dorf Lauterach Hofsteigstraße 5 35,0% 14<br />
anerkannte päd. Ausbildung<br />
(KindergärtneriIn, SonderkindergärtnerIn,<br />
HorterzieherIn, SozialpädagogIn, LehrerIn,<br />
ErzieherIn, FrüherzieherIn<br />
unterstüthende(r) helfer(in)<br />
sonst. einschlägige Ausbidung (zB<br />
Spielgrupptenbetreuerinnenausbildung)<br />
Gesamt
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
2.1.2<br />
Studie zum Thema Mehrsprachigkeit im Kindergarten<br />
im Internet zu finden unter:<br />
http://www.verwaltung.steiermark.at/cms/dokumente/<br />
10183665_5045344/6ad604b4/Vorschulische%20Erziehung.pdf<br />
Unter der Leitung von Dr. Susanne Buttaroni vom „Projekt-<br />
Integrationshaus“ in Wien wurde durch das BMfBWK eine<br />
Projektstudie zum Thema Mehrsprachigkeit im Kindergarten<br />
durchgeführt.<br />
Neben grundsätzlichen Betrachtungen des Zusammenhanges<br />
zwischen Integration und Sprache und der thematischen<br />
Einführung in das Gebiet des Spracherwerbes und des „interkulturellen<br />
Lernens“ werden sehr prägnante und praxisnahe Kapitel<br />
zu folgenden Themen eröffnet:<br />
Qualitätskriterien für die Sprachvermittlung im Kindergarten<br />
(anhand von oft gestellten Fragen werden wichtige<br />
Themenfelder in Qualitätsfragen kurz und klar beantwortet)<br />
Fragebogenerhebung zur Einstellung von Pädagoginnen im<br />
Kindergarten zu Einsprachigkeit und Mehrsprachigkeit (eine<br />
Befragung von 817 PädagogInnen aus 7 Bundesländern im Jahr<br />
2001 zu deren allgemeinen Einstellung und zu deren pädagogischen<br />
Haltungen und Reaktionen in Bezug auf<br />
Mehrsprachigkeit im Kindergarten) (siehe nachfolgende<br />
Detailergebnisse)<br />
Zwei- oder mehrsprachige Kindergärten in Kärnten. Arbeitsbedingungen<br />
und Konzepte aus der Sicht des Betreuungspersonals<br />
(Auswertung der Ergebnisse aus einer Diplomarbeit)<br />
Unterrichtsmodule für den Didaktik- und Praxisunterricht an<br />
den BAKIP´s (Marianne Erasimus, Christina Haberleitner, Ute<br />
Weigl-Brabec und Claudia Wimmer stellten zu relevanten Fachgebieten<br />
Vorschläge für Fortbildungen oder Praxiseinheiten<br />
zusammen)<br />
Zahlreiche praxisorientierte Material- und Buchtipps<br />
Einige Detailergebnisse der oben erwähnten Befragung:<br />
An der Befragung teilgenommen haben 817 Personen aus 7 Bundesländern.<br />
91 % der Befragten sind einsprachig mit deutscher<br />
Muttersprache.<br />
Die Fragen zur allgemeinen Einstellung des pädagogischen<br />
Personals in den Kindergärten gegenüber Ein- und Mehrsprachigkeit<br />
lässt sich wie folgt zusammenfassen:<br />
Die frühe Fremdsprachenförderung wird sehr begrüßt. (90% ja<br />
oder eher ja)<br />
Die Kinder sind grundsätzlich mit einer Zweitsprache nicht überfordert<br />
(81 % ja oder eher ja)<br />
Die grundsätzliche Neugierde für neue Sprachen ist groß (70% ja<br />
oder eher ja)<br />
Grundsätzlich wird es als Aufgabe des Kindergartens angesehen,<br />
sich um den Erwerb der Deutschen Sprache zu kümmern. Die<br />
Weiterentwicklung in der Muttersprache wird als „Privatsache“<br />
der Familie angesehen. (75% ja oder eher ja)<br />
Die Pflege der Muttersprache im Kindergarten wird vom Personal<br />
eher skeptisch eingeschätzt. (unter 50 % ja oder eher ja)<br />
Eine beachtliche Zahl des Kiga Personals glaubt, dass es wichtigeres<br />
zu finanzieren gibt als die frühe Fremdsprachförderung<br />
(40% ja oder eher ja)<br />
27<br />
Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass PädagogInnen, die selbst<br />
mehrere Sprachen sprechen oder sich besonders für Länder mit<br />
anderen Muttersprachen interessieren, sich für das Thema Mehrsprachigkeit<br />
im Kindergarten offener und interessierter zeigen.<br />
Die pädagogische Haltung und Reaktionen im Alltag beantworten<br />
die PädagogInnen so:<br />
- „Damit Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache vernünftig<br />
Deutsch lernen, sollte im Kindergarten nur deutsch gesprochen<br />
werden“ (63% ja oder eher ja)<br />
- „Wenn Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache zuhause<br />
Deutsch sprechen würden und nicht ihre Erstsprache, hätten sie<br />
schulisch weniger Schwierigkeiten. (58% ja oder eher ja)<br />
- Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache werden nur von wenigen<br />
Pädagoginnen ermutigt, sich in ihrer Muttersprache auszudrücken<br />
(20% ja oder eher ja)<br />
- Kinder mit deutscher Muttersprache werden nur von wenigen<br />
Pädagoginnen ermutigt, Begriffe von anderen in der Gruppe<br />
befindlichen Sprachen aktiv zu verwenden (32% ja oder eher ja)<br />
- Migrantische Eltern werden nur von sehr wenigen<br />
Pädagoginnen zur Unterstützung in den Kindergarten eingeladen<br />
(22% ja oder eher ja)<br />
- „Werden in Ihrem Kindergarten Feste gefeiert, die aus anderen<br />
Ländern stammen? (30% ja oder eher ja)<br />
-<br />
Mehrsprachige pädagogische Angebote (Lieder, Gedichte, etc)<br />
werden von 55 % unterstützt und 52% ermutigen Kindern mit<br />
nichtdeutscher Muttersprache solche in ihrer Erstsprache zu präsentieren.<br />
Bei einigen dieser Grundhaltungen und Reaktionen sind zum Teil<br />
große Unterschiede zu den wissenschaftlichen Erkenntnissen erkennbar.<br />
Pädagogisch gesehen sind sich aber alle einig:<br />
Frage: Welche Form der sprachlichen Umgebung ist für Kinder<br />
mit nichtdeutscher Muttersprache im Kindergarten optimal?<br />
Antwort: 37 % sagen „ausschließlich Deutsch“, 62 % „beide<br />
Sprachen“, 1% „nur Erstsprache“<br />
2.2<br />
SPRACHTICKET<br />
2.2.1<br />
Allgemeine Beschreibung des Projektes<br />
Frühe Sprachförderung im Kindergarten (aus einem<br />
Schreiben den Vlbg. Gemeindeverbandes an alle Gemeinden Juli 2005)<br />
„Kinder, welche die Unterrichtssprache nicht beherrschen, sollen<br />
bereits vor dem Schuleintritt eine sprachliche Frühförderung<br />
erhalten. Als erster Schritt soll bereits ein Jahr vor dem Schuleintritt,<br />
also im Kindergarten, eine frühe Diagnose der Sprachfähigkeit<br />
der Kinder durchgeführt werden. Diese “Sprachstandsfeststellung”<br />
wird vom Schulleiter auf Grund der Wahrnehmungen<br />
der Kindergärtnerinnen im Rahmen der “Kindergartenvorsorge-<br />
Neu” durchgeführt. Ist zu erwarten, dass das Kind dem Unterricht<br />
nicht folgen können wird, empfiehlt der Schulleiter
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
entsprechende spezielle Fördermaßnahmen. Die Förderung im<br />
Ausmaß von 120 Stunden soll im Kindergarten durchgeführt<br />
werden. Hiefür stellt der Bund 80 Euro pro Kind zur Verfügung.<br />
Die Sprachförderung soll im Rahmen des Kindergartenbetriebes<br />
stattfinden. Je nach Anzahl der förderungswürdigen Kinder<br />
erfolgt die Sprachförderung durch die Kindergärtnerin selbst oder<br />
durch eine Beiziehung einer zweiten Kindergärtnerin in Form<br />
eines befristeten Beschäftigungsausmaßes für den Zeitraum<br />
November bis Juni (30 Wochen). Das Ausmaß der Anstellung<br />
hängt von der Anzahl der zu betreuenden Kinder ab.<br />
Bei einer Anzahl von ein bis drei Kindern pro Gruppe soll die<br />
Sprachförderung durch die Kindergärtnerin im Rahmen des<br />
Kindergartenbetriebes stattfinden. Bei einer Anzahl von vier bis<br />
sieben Kindern soll die Sprachförderung von einer extern zugezogenen<br />
Kindergärtnerin im Ausmaß von zwei bis drei Stunden<br />
pro Woche durchgeführt werden. Ab einer Anzahl von acht bis<br />
zwölf Kindern pro Gruppe erhöht sich der Arbeitsaufwand für die<br />
beizuziehende Kindergärtnerin um weitere zwei Wochenstunden.<br />
Für die Mehrkosten aus der zusätzlichen Anstellung von<br />
Kindergärtnerinnen (der Aufwand wird sich in der Regel im<br />
Rahmen der Geringfügigkeitsgrenze bewegen), sowie allfälligen<br />
Belohnungen für Kindergärtnerinnen, die die Sprachförderung<br />
ohne externe Unterstützung durchführen (Anm.: € 150,- pro<br />
Gruppe und Jahr), gewährt das Land die übliche Personalkostenförderungen<br />
in Höhe von 50 %. Hinzu kommt zumindest die<br />
Hälfte des Förderbetrages des Bundes.“<br />
2.2.2<br />
Fragen zum Sprachticket und deren Antworten<br />
(aus einer dringlichen Anfrage der <strong>Vorarlberg</strong>er Freiheitlichen an<br />
LR Stemer; Anfrage Nr.: 2007 29.01.194)<br />
Daten aus <strong>Vorarlberg</strong>:<br />
Im Oktober 2006 wurden 793 Sprachtickets ausgegeben (das<br />
sind über 90% aller Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache<br />
im Alter von 5 Jahren), 732 Sprachtickets wurden eingelöst<br />
(= 61 Tickets nicht eingelöst)<br />
Die Zunahme von 245 Sprachtickets (von 548 auf 793) ist bemerkenswert<br />
(+ 45%) und ist auch darauf zurück zu führen,<br />
dass im letzten Kiga- Jahr die „überhastete“ Einführung der<br />
Sprachtickets nicht überall wahrgenommen wurde. Das scheint<br />
in diesem Jahr nicht mehr der Fall zu sein.<br />
51 Gruppen haben mehr als drei Kinder mit Sprachtickets (letztes<br />
Jahr 74 ?!?) und somit Anspruch auf eine externe Unterstützung<br />
in der Sprachförderung<br />
Es sind aber 101 Gruppen, die tatsächlich eine externe Unterstützung<br />
bekommen. Dieser deutliche Unterschied ist auf das<br />
zusätzliche Engagement von einzelnen Gemeinden zurückzuführen,<br />
die über das Sprachticketangebot hinaus, Unterstützung<br />
für die Gruppenpädagoginnen anbieten.<br />
11 Vollzeitanstellungen in 8 Gemeinden kümmern sich spezialisiert<br />
um Sprachförderung. In diesen Gemeinden werden auch<br />
Kinder mit 4 Jahren in die Sprachförderaktivitäten gezielt miteingebunden.<br />
mindestens weitere 3 Gemeinden haben einen Kindergartenversuch<br />
beantragt. Es ist möglich, dass auch sie die 4jährigen Kinder<br />
bewusst mit ansprechen.<br />
Vom letzten Kindergartenjahr gibt es keine gesamthafte Erhebung<br />
der Erfahrungswerte im Umgang mit Sprachtickets.<br />
-<br />
-<br />
-<br />
28<br />
2.2.3<br />
Bisherige Erfahrungen<br />
2.2.3.1<br />
Österreichweite Eindrücke und Erfahrungen mit dem<br />
Sprachticket<br />
Im Rahmen der Erstellung dieses Gesamtkonzeptes sind zahlreiche<br />
Gespräche mit pädagogisch leitend verantwortlichen<br />
Menschen und mit leitenden Verwaltungspersonen in verschiedenen<br />
Bundesländern geführt worden. Auf die Frage „Welche<br />
Erfahrungen haben Sie mit der Einführung des Sprachtickets bisher<br />
gemacht?“ haben sich Eindrücke verdeutlicht, die sich wie<br />
folgt zusammenfassen lassen:<br />
Die sehr schnelle Einführung des Sprachtickets hat in vielen<br />
Fällen Irritationen ausgelöst, die in der praktischen Umsetzungsphase<br />
einen sehr ungünstigen Start mit verursachten. Vage Zielformulierungen,<br />
ungenaue Aufgabenzuteilungen, Zeitdruck, Informationsfluss<br />
mit groben Lücken und Unterbrüchen, haben<br />
dazu geführt, dass sich private Träger, Gemeinden und pädagogisch<br />
tätige Personen überrumpelt vorkamen. Die vorgezogene<br />
Schuleinschreibung, die mit der Einführung des Sprachtickets<br />
vorgeschrieben wurde und die im Verfahren vorgesehene Sprachstandfeststellung<br />
trugen wenig zur Besänftigung der Irritationen<br />
bei. Dieser doch etwas verunglückte Start soll nicht zur generellen<br />
Verurteilung des Projekts Sprachticket führen. Deshalb ist bei<br />
der Betrachtung stets darauf zu achten, was „Kinderkrankheiten“<br />
sind und welche neuralgischen Punkte sich aus den Erfahrungen<br />
trotzdem ableiten lassen:<br />
Sprachstandfeststellung:<br />
Die Sprachstandsfeststellung wurde zu einem Unsicherheitsfaktor.<br />
Es war völlig unterschiedlich, wer schlussendlich den entscheidenden<br />
Impuls gab, ob für ein Kind das Sprachticket empfohlen<br />
wurde oder nicht. Die Schulleitung, die Kindergartenpädagogen<br />
oder die Eltern waren die möglichen Entscheidungsgeber.<br />
Die Kriterien, ob ein Sprachticket ausgestellt wurde oder nicht,<br />
waren öfters nicht wirklich nachvollziehbar. Die konkrete<br />
Anwendung der vorgeschlagenen Sprachstandfeststellung wurde<br />
allgemein als sehr unbefriedigend empfunden (schlechte Vorlage,<br />
schlechte Handhabe, etc.) Die Dokumentation dieses Ereignisses<br />
hatte keine wesentliche Bedeutung mehr – geschweige einen<br />
Nutzen.<br />
Personalunterstützung:<br />
Die verschiedenen Bundesländer haben in diesem Bereich sehr<br />
unterschiedlich reagiert. Jene Länder, die bereits spezielle Lehrgänge<br />
oder Fachausbildungen angeboten haben (Niederösterreich,<br />
Salzburg, Steiermark) hatten hier einen guten Boden bereitet.<br />
Zusammengefasst kann gesagt werden, dass sich das Kindergartenpersonal<br />
von seiner Grundtätigkeit her kompetent fühlt und<br />
so der Trend erkennbar ist, vom Gleichen einfach noch mehr zu<br />
tun. Fachlich fundierte Neuorientierung blieb am Anfang eher die<br />
Ausnahme. Die Einschulungsveranstaltungen für die Sprach-tikkets<br />
wurden häufig als provokant wenig hilfreich empfunden.<br />
Reaktion der Eltern:<br />
Obwohl die Grundinformation der Eltern (verheißungsvolle<br />
Ankündigung, 120 Stunden Extraangebot = Extra Deutschkurs,<br />
Garantie des Erlernens etc.) für diese eher verwirrend schien, war<br />
der Grundtenor der Eltern ein ausgesprochen positiver und dankbarer.<br />
Auch Ansätze der Zusammenarbeit wurden grundsätzlich<br />
positiv aufgenommen. Welche Rollen und welche Aufgaben<br />
diese Eltern dann übernehmen sollen, ist allerdings meist unklar.<br />
Noch immer gibt es zahlreiche PädagogInnen oder Verwaltungs-
tätige, die der Meinung sind, dass migrantische Eltern die<br />
Hauptverantwortung haben, dass ihr Kind Deutsch lernt. Die<br />
Stärkung der muttersprachlichen Kompetenz durch die Eltern<br />
wird nicht so stark betont. Die Forderung nach Elternbildung als<br />
Ergänzung der pädagogischen Arbeit in den Einrichtungen ist oftmals<br />
artikuliert worden.<br />
Im Auftrag der Österreichischen Arbeiterkammer wurde eine<br />
Evaluation der „Frühen Sprachförderung“ in Österreich durchgeführt.<br />
Das Ergebnis wurde anfang Juni 2007 präsentiert.<br />
2.2.3.2<br />
Stichprobenbefragungen aus dem Bereich Kindergarten<br />
und Volksschulen in <strong>Vorarlberg</strong><br />
Im Zeitraum Jänner 2007 bis Februar 2007 wurden Fragebogen<br />
an Kindergärten und Volksschulen via Gemeinden versendet, mit<br />
der Bitte, einen Beitrag zu leisten, wie in Sachen Sprachticket ein<br />
momentanes „Stimmungsbarometer“ ausschauen würde. Aufgrund<br />
der bisher gemachten Erfahrungen, soll ein Eindruck<br />
gewonnen werden, welche nächste Qualitäten in diesem (doch<br />
sehr aufwendigen) System stecken und auch welche Verbesserungsmöglichkeiten<br />
es gibt.<br />
Die Befragung wurde ganz gezielt vor allem an Gemeinden<br />
geschickt, die sich in Sachen Sprachförderung besonders engagieren,<br />
da dort am ehesten Wirkungen und breite Erfahrungen in<br />
Sachen Sprachförderung zu erwarten waren. Der Rücklauf war<br />
beachtlich hoch und ist sehr aussagekräftig: einiges über 100<br />
Kindergartenpädagoginnen aus zahlreichen Gemeinden und etwa<br />
ein Dutzend Volksschulen gaben ihre Meinung kund. Die ausdrückliche<br />
Bitte der Beteiligten nach Anonymität wird selbstverständlich<br />
erfüllt und lässt deshalb nicht zu, dass Zuordnungsdaten<br />
detaillierter angeführt werden. Diese Befragung soll wie gesagt,<br />
nicht den Anschein einer wissenschaftlichen Basisarbeit erwekken.<br />
Sie soll wirklich nur ein Stimmungsbild wieder geben, das<br />
fundierte Rückschlüsse zulässt.<br />
a) Kindergartenstimmungsbild<br />
Gruppenkonstellationsdaten:<br />
Anteil von Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache: 35%<br />
(Wobei der Anteil sehr stark unterschiedlich ist. Der höchste Anteil lag bei 64%, der<br />
niedrigste bei 6%.)<br />
Von den Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache sind 44 % im<br />
nächsten Jahr schulpflichtig. Von diesen haben 80% ein<br />
Sprachticket (10% unter Landesschnitt).<br />
personelle externe Unterstützung:<br />
Aufgrund der ausgewählten Gemeinden (mit hohem Engagement<br />
in Sachen Sprachförderung) ist der Anteil der Gruppen (mit<br />
80%), die eine externe personelle Unterstützung bekommen, sehr<br />
hoch. Aber dies ist differenziert betrachtet im Zeitausmaß doch<br />
sehr unterschiedlich:<br />
29<br />
34% der Gruppen 1 Stunde pro Woche<br />
26% der Gruppen 2 Stunden pro Woche<br />
17% der Gruppen 3 Stunden pro Woche<br />
15% der Gruppen 4 Stunden pro Woche<br />
6% der Gruppen 5 Stunden pro Woche<br />
2% der Gruppen 8 Stunden pro Woche<br />
speziellen Methoden der Sprachförderung:<br />
17 % der Pädagoginnen geben an, keine speziellen Methoden in<br />
Sachen Sprachförderung anzuwenden, oder haben keine<br />
Angaben gemacht.<br />
83 % der Pädagoginnen geben an, dass sie eine spezielle Methode<br />
in Sachen Sprachförderung anwenden und erklären dies vor<br />
allem damit, dass alle im Kindergarten angewendeten Aktionen,<br />
Angebote und Bildungsarbeiten ja auch mit Sprachförderung<br />
kombinierbar sind.<br />
15% der Pädagoginnen geben an, dass sie ein gezieltes Programm<br />
nach bestehenden Vorlagen und methodisch geplanten<br />
Arbeitsweisen anwenden. Erwähnt wurden hier das Programm<br />
von Zvi Penner, der Würzburger Koffer und 2 Programme vom<br />
Finken-Verlag.<br />
Fortbildungen:<br />
Es gibt sehr große Unterschiede in der Wahrnehmung von<br />
Fortbildungen:<br />
12 % der Pädagoginnen haben in den letzten drei Jahren keine<br />
Fortbildung zum Thema Sprachförderung oder Interkulturelle<br />
Pädagogik besucht.<br />
22% haben 1 Fortbildung á 3 Stunden besucht<br />
17% haben 1 Fortbildung á 10 Stunden besucht<br />
37% haben 2 Fortbildungen mit gesamt 23 Stunden besucht<br />
(im Durchschnitt)<br />
5% haben 3 Fortbildungen mit gesamt 41 Stunden besucht<br />
(im Durchschnitt)<br />
3% haben 4 Fortbildungen mit gesamt 60 Stunden besucht<br />
(im Durchschnitt)<br />
3% haben 5 Fortbildungen mit gesamt 65 Stunden besucht<br />
(im Durchschnitt)
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
Fortbildungswünsche:<br />
zusätzliche Fortbildungen wurden zu folgenden Themen<br />
gewünscht:<br />
55 % wollen mehr über gezielte Sprachförderung wissen (fachliche<br />
Vertiefung, Brückensätze, interkulturelles Wissen, Praxistipps<br />
und Praxisbeispiele auch aus anderen Ländern)<br />
18 % möchten neue und bessere Methoden in der Sprachförderung<br />
kennen lernen<br />
18% wollen die Elternarbeit weiterentwickeln und deshalb<br />
Unterstützung bekommen<br />
6 % wollen regelmäßigen Erfahrungsaustausch und eine fachliche<br />
Ansprechperson in der Region<br />
3 % eine bessere Form der Dokumentation kennen lernen<br />
Sinnvolle Einführung des Sprachtickets:<br />
98 % (!!!) der Pädagoginnen sind der Meinung, dass die Einführung<br />
des Sprachtickets prinzipiell gut ist. Sie begründen dies<br />
zusammen gefasst so:<br />
44% der Rückmeldungen sind der Meinung, dass die Sprachförderung<br />
dadurch fachlich besser geworden ist, dass bessere<br />
Methoden und besseres Material zugänglich wurden, dass kleinere<br />
Übungsgruppen für die Kinder gut sind oder dass eine<br />
externe Person dadurch möglich wurde.<br />
33% der Rückmeldungen geben an, dass durch die Einführung<br />
des Sprachtickets die Bewusstheit für die Wichtigkeit der Sprachförderung<br />
(im speziellen für Deutsch als Zweitsprache bei migrantischen<br />
Kindern) erhöht wurde. Diese Erhöhung der Bewusstheit<br />
wurde größer bei Eltern, Pädagoginnen und Politikern.<br />
9 % der Rückmeldungen sehen das Sprachticket als Mittel zur<br />
Chancengleichheit aller Kinder und als Mittel zur guten<br />
Integration von Migranten.<br />
8 % erleben, dass der Kindergarten und auch die PädagogInnen<br />
seit der Einführung des Sprachtickets mehr unterstützt wird als<br />
früher.<br />
6 % der Rückmeldungen heben hervor, dass durch die Kostenbeteilung<br />
von Bund und Land eine Wertschätzung der Tätigkeit<br />
passiert ist.<br />
Einzelmeinungen sind über die Einführung des Sprachtickets<br />
nicht glücklich, weil:<br />
- zusätzlicher Büroaufwand entstanden sei<br />
- die Förderung auch schon vorher gut genug gewesen sei<br />
- die Politik dieses Feld für ihre Interessen missbrauche<br />
Unterstützung:<br />
Auf die Frage „Fühlen Sie sich in Sachen Sprachförderung ausreichend<br />
unterstützt?“ gab es ein sehr differenziertes Bild.<br />
51 % der PädagogInnen haben diese Frage mit „Ja“ beantwortet,<br />
49 % mit „Nein“.<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
30<br />
Etwas mehr als die Hälfte haben dies wie folgt begründet:<br />
Ja – weil:<br />
44 % der Ja-Rückmeldungen sehen sich durch die externe<br />
Fachperson unterstützt<br />
37 % der Ja-Rückmeldungen sehen sich durch das besondere<br />
Engagement der Gemeinde unterstützt<br />
19 % der Ja-Rückmeldungen sehen sich durch gutes Material<br />
und Unterlagen, welches ihnen zur Verfügung gestellt wurde,<br />
ausreichend unterstützt.<br />
Nein – weil:<br />
38 % der Nein-Rückmeldungen vermissen eine externe fachliche<br />
Unterstützung<br />
25 % der Nein-Rückmeldungen haben die Einführung des<br />
Sprachtickets als schlecht empfunden und führen dabei an:<br />
Zeitlicher Druck, unzureichende Ablaufplanung, Info-Veranstaltung<br />
war schlecht, Informationen sind viel zu zögerlich und<br />
zu spät gekommen<br />
20 % der Nein-Rückmeldungen bemerken das fehlende Fortbildungsangebot<br />
und mangelnde Möglichkeiten des regelmäßigen<br />
Erfahrungsaustausches<br />
17 % der Nein-Rückmeldungen sind der Meinung, dass sie zuwenig<br />
Unterstützung mit Hilfsmitteln und Materialien erhalten<br />
Unterstützungswünsche:<br />
73 % der PädagogInnen brachten konkrete Vorschläge, welche<br />
Unterstützung ihnen in der Zukunft helfen könnte. Diese<br />
Vorschläge lassen sich wie folgt zusammenfassen:<br />
31 % wollen eine externe Fachkraft oder zusätzliches Personal,<br />
oder mehr Zeitkontingent für die Sprachförderung (etliche davon<br />
äußern den Wunsch nach zweisprachigem Personal)<br />
25 % wünschen sich zusätzliche Angebote außerhalb des Kindergartens<br />
und erklären dazu, dass diese Angebote schon vor<br />
dem Kiga-Eintritt stattfinden können, dass Mütter und Kinder<br />
angesprochen werden sollen, dass diese Angebote verpflichtend<br />
sein sollen (z.B. über Mutter-Kind-Pass).<br />
17 % wollen besseres Material und Praxismappen (gratis) und<br />
neue Formen der Dokumentation<br />
14 % wollen ein besseres oder besonderes Angebot an Fortbildungen<br />
zu den Themen Sprachförderung, Interkulturelle Pädagogik,<br />
Brückensätzen, allgemeine Grundlagen und auch der<br />
Wunsch nach regelmäßigem Erfahrungsaustausch und Supervision<br />
ist artikuliert<br />
7 % wollen kleinere Gruppen bzw. einen niedrigen Anteil von<br />
Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache (Zählfaktor wie früher<br />
in der Schule wurde vorgeschlagen)<br />
6 % möchten einen klaren Auftrag und eine klare Zielsetzung in<br />
Verbindung mit dem Sprachticket und eine bessere Elterninformation
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
Sprachticket auch für 4 jährige<br />
Auf die Frage „Würden Sie die Ausweitung des Sprachtickets<br />
auch auf 4 jährige Kinder im Kindergarten begrüßen?“ kam eine<br />
deutliche Rückmeldung:<br />
97 % sagten dazu „Ja“ – 71% begründeten dies in ihrer Rückmeldung.<br />
Diese Begründungen zeigen sich wie folgt:<br />
58 % sagen „Je früher – umso besser!“<br />
25 % sagen ja, wenn genügend Personal und externe<br />
Unterstützung (auch zweisprachige Mütter werden angeführt)<br />
vorhanden ist.<br />
7 % sind der Meinung, dass dadurch der Leistungsdruck weniger<br />
wird.<br />
6 % wollen die Sprachförderung noch früher angesetzt sehen<br />
(Mutter-Kind-Pass)<br />
2 % wollen die Verpflichtung zur Sprachförderung auch erhöht<br />
wissen<br />
2 % sehen die 4 jährigen derzeit benachteiligt an.<br />
b) Rückmeldungen aus den Volksschulen<br />
Eine mögliche Form, die bisherige Wirkung des Sprachförderschwerpunktes<br />
zu betrachten, ist die, in den Volksschulen zu<br />
erfragen, welche Veränderungen sie wahrgenommen haben. Vor<br />
allem dann, wenn das Ziel der Sprachförderung das sein soll, dass<br />
Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache einen besseren<br />
Schulstart bekommen sollen.<br />
Die Rückmeldungen von etwa einem Dutzend Volksschulleitern<br />
ist sicher zu wenig repräsentativ, als das hier gesicherte Schlüsse<br />
gezogen werden könnten. Allerdings lassen sich schon besonders<br />
starke Übereinstimmungen herauslesen.<br />
Sprachstand beim Schuleintritt<br />
Nach Erkundung der Schulleitung konnten weniger als die Hälfte<br />
der Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache (die im Herbst 2006<br />
eingeschult sind) von Anfang an dem Unterricht gut folgen.<br />
Speziell bei den türkisch muttersprachlichen Kindern liegt dieser<br />
Anteil in allen Schulen unter einem Drittel.<br />
Sprachstand heute<br />
Nach einem Semester können über 30 % dieser Kinder dem<br />
Unterricht aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse nur unzureichend<br />
folgen.<br />
Zusammenarbeit mit Kindergarten<br />
Die Zusammenarbeit mit dem Kindergarten wird bis auf zwei<br />
Ausnahmen als kaum bis gar nicht vorhanden bezeichnet.<br />
Lediglich die Vorinformation, welche Kinder für die Ausstellung<br />
eines Sprachtickets empfohlen werden, ist fast überall gegeben.<br />
Es wird mehrfach bemerkt, dass trotz direkter Nachfrage nur allgemeine<br />
und pauschale Auskünfte zu bekommen waren.<br />
Veränderungen durch die Einführung der Sprachtickets<br />
Einige Schulleiter bemerken, dass sich der „Wortschatz“ der<br />
Kinder in gängigen Themen verbreitert hat (Farben, Zahlen,<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
31<br />
Gegenstände, etc.), allerdings das gesamte Sprachkönnen nicht<br />
wirklich verbessert ist (längere Sätze, Geschichten erzählen, sich<br />
ausdrücken, etc. ist wenig entwickelt).<br />
Wünsche und Anregungen von Seiten der Volksschule<br />
Überzeugungsarbeit bei den Eltern für die Wichtigkeit der Sprache<br />
Früherer Start des Zweitspracherwerbs (ab 2 – 3 Jahre).<br />
Sprachticket soll ab 4 Jahren gelten. Bei Schuleintritt sollen alle<br />
Kinder Deutsch können.<br />
Noch mehr Wortschatzübungen, Grammatikalische Übungen<br />
verstärken (besonders bei serbo-kroatischen Kindern)<br />
Vorerhebung des tatsächlichen Sprachstandes im Kindergarten<br />
nach anerkannten Modellen<br />
Führen eines Lerntagebuches (auch als Grundlage zur Übergabe<br />
an die Schule)<br />
nochmalige Sprachstandfeststellung vor Schuleintritt<br />
wissenschaftliche Begleitung über einen gewissen Zeitraum<br />
konsequente Einbindung der Eltern<br />
2.2.4<br />
Auffälligkeiten in der <strong>Vorarlberg</strong>betrachtung<br />
- Die 8 Gemeinden, welche 11 Vollzeitanstellungen für die<br />
Sprachförderung haben, haben einen sehr hohen Anteil an<br />
Bewohnern mit nichtdeutscher Muttersprache. Sie haben aber<br />
auch in ihrer Gemeindeverwaltung jemanden spezialisiert für<br />
den Bereich Kindergärten oder gar eine eigene Verwaltungsstelle<br />
für Integrationsfragen. Das große Engagement auf Gemeindeverwaltungsebene<br />
ist offensichtlich notwendig, damit besondere<br />
Aktivitäten im Bereich Sprachförderung in den Kindergärten<br />
entstehen können. Dieses Engagement findet auf Landesebene<br />
finanzielle Unterstützung.<br />
- Zahlreiche Gemeinden, die vor der gleichen Situation stehen,<br />
aber keine Verwaltungskapazität für die Entwicklung von besonderen<br />
Konzepten oder Anträgen haben, würde professionelle<br />
Unterstützung von außen gut tun.<br />
- Jede Gemeinde mit zusätzlichem Engagement in Sachen früher<br />
Sprachförderung muss jeweils separat einen Antrag auf Kindergartenversuch<br />
stellen und dies pädagogisch hintergründig belegen.<br />
Die zusätzlichen fachlichen Ressourcen (z.B. geeignetes<br />
Personal) müssen dann auch selbst organisiert und bereitgestellt<br />
werden. Meistens müssen sich dann die betroffenen Personen<br />
im „Selbststudium“ ihr eigenes Praxisumfeld erarbeiten.<br />
- Es gibt keine landesweiten fachliche Leitlinien, Qualitätsstandards,<br />
Zielformulierungen und das dazu gehörige Handwerkszeug<br />
(z.B. Dokumentationshilfen).<br />
- Es gibt keinen organisierten Austausch an Erfahrungen und<br />
Informationen (z.B. regelmäßige Koordinatorinnengruppen,<br />
Netzwerkgruppen, Selbsthilfegruppen)<br />
- Es gibt keine vergleichbare und auswertbare Dokumentation der<br />
Sprachticketaktivitäten (weder in der Methodenwahl, noch in<br />
der alltäglichen Praxis, noch in den Ergebnissen).<br />
-<br />
Die hohe Anzahl von Sprachtickets (über 90% der Kinder mit nichtdeutscher<br />
Muttersprache mit 5 Jahren) ist ein Indiz dafür, dass diese<br />
Kinder bis dahin nur wenig Deutsch gelernt haben.
2.2.5<br />
Fazit<br />
Grundsätzlich wird diese Mehrbeachtung der Sprachförderung<br />
von allen Beteiligten als besonders wichtig und richtig betrachtet.<br />
Defizite erkennen und durch Förderung antworten ist ein wichtiger<br />
und kluger Weg. Der Kindergarten kommt durch das Thema<br />
der Sprachförderung in eine neue Rolle. Früher im Bereich des<br />
Bildungsweges eher wenig beachtet, rückt diese Einrichtungsebene<br />
immer mehr in den Mittelpunkt der öffentlichen Wahrnehmung.<br />
Diese neue Sensibilität ist eine große Chance für die Kiga-<br />
Einrichtungen – aber auch eine Verantwortung.<br />
Für die Weiterentwicklung des Sprachtickets oder der Sprachförderung<br />
sollten folgende Fragen geklärt werden:<br />
die Sprachstandfeststellungen sind sehr wesentlich<br />
- Wer soll sie durchführen? (Schulleitung, Kiga-Personal)<br />
- Ist eine Objektivierung der Entscheidung möglich?<br />
- Ist eine fachlich fundiertere Form notwendig?<br />
- Wer braucht die Informationen und die daraus ableitbaren<br />
Schlüsse?<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
Ist die Inanspruchnahme des Sprachtickets tatsächlich freiwillig<br />
zu halten?<br />
die Notwendigkeit einer Sprachförderung ist ein zu wesentliches<br />
Ereignis, als dass eventuelle Unachtsamkeiten oder subjektiv<br />
anders eingeschätzte Fähigkeiten des Kindes durch die<br />
Eltern blockiert werden können. (in <strong>Vorarlberg</strong> 2006/07 wurden<br />
60 ausgestellte Sprachtickets nicht eingelöst)<br />
Unterstützung durch externe Personen<br />
Wer sind die externen Personen? Welche Befähigungen bringen<br />
sie mit? Welche Befähigung sollen sie bekommen?<br />
Zusammenarbeit mit den Stammpersonal der Gruppe und klarer<br />
Auftrag, wer welche Rolle inne hat<br />
Hilft diese externe Person den betroffenen Kindern oder verunsichert<br />
es sie?<br />
Wird die Methode der Sprachförderung dadurch automatisch<br />
verschult und defizitorientiert?<br />
Wie können die Informationen zum Sprachticket und zur<br />
Sprachförderung treffsicherer werden?<br />
- Infos an die Gemeinden<br />
- an die Eltern<br />
- zwischen Schule und Kiga<br />
-<br />
-<br />
Wie gehen wir mit dem entstehenden Erwartungsdruck um?<br />
die Erwartungshaltung der Eltern wurde durch die Form des<br />
Tickets enorm hoch geschraubt. Was ist real machbar? Wer sind<br />
die Beteiligten in diesem Programm?<br />
Gibt es Erwartungen von der Schule an den Kindergarten?<br />
Finanzprobleme und monetäre Bewertung der Sprachförderung<br />
die Euro 80,- pro Kind sind als symbolische Größe anzusehen.<br />
Manche Träger sehen dies als Provokation an. Das Land Salzburg<br />
hat eine interne Berechnung angestellt und kommt dabei<br />
auf Euro 400,- pro Kind. Die Stadt Recklinghausen ist unabhängig<br />
in ihrer Kalkulation auf Euro 430,- pro Kind und Jahr gekommen.<br />
Das Bundesland Nordrhein-Westfalen hat angekündigt, den<br />
Aufwand mit Euro 350,- pro Kind und Jahr bedecken zu wollen.<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
32<br />
Die Ausstellung des Sprachtickets (durch ein Sprachstandsfeststellungsverfahren)<br />
ist von der Anzahl her mit sehr unterschiedlichen<br />
Kosten für die Träger verbunden. Ob externe<br />
Unterstützungskräfte gebraucht werden oder nicht, ist mit direkten<br />
zusätzlichen Kosten verbunden, die meist nicht eingeplant<br />
und budgetiert wurden.<br />
Zeitpunkt des Sprachtickets<br />
das Ticket schon für 3 jährige Kinder zu ermöglichen, ist fachlich<br />
gesehen als unbedingte Verbesserung anzusehen und<br />
erleichtert die stressfreie Handhabe des Sprachtickets<br />
Rahmenbedingungen in den Gruppen<br />
Gruppengröße<br />
Anteil von Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache in der<br />
Gruppe<br />
Personalschlüssel und deren Qualifikation<br />
Vorhandensein einer externen Fachkraft<br />
muttersprachliche Unterstützung<br />
Fachliche Voraussetzungen des pädagogischen Personals<br />
je nach Grad der Betroffenheit soll eine stetige Weiterqualifizierung<br />
stattfinden<br />
das Kennenlernen von neuen Methoden, Materialien und<br />
Dokumentationsmitteln ist als Grundstandard zu definieren<br />
deren Anwendung als pädagogischer Standard zu verstehen<br />
auch einheimische Kinder sollen gefördert werden<br />
-<br />
die Kombination vom VBB (<strong>Vorarlberg</strong>er Beobachtungsbogen)<br />
und Sprachförderung ab 4 Jahre bietet sich an, dass alle Kinder<br />
auch die mit deutscher Muttersprache aufmerksam und bewusst<br />
mit eingebunden werden.<br />
2.3<br />
GEMEINDEINITIATIVEN<br />
In Sachen Sprachförderungen<br />
Schon lange vor dem vom Bund installierten „Sprachticket“ haben<br />
einige Kommunen in <strong>Vorarlberg</strong> sich dem Thema Sprachförderung<br />
für Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache intensiv<br />
zugewandt. Einige solcher Projekte sollen hier kurz erwähnt werden<br />
(ohne Anspruch auf Vollständigkeit):<br />
Dornbirn hat schon im Oktober 2002 in Zusammenarbeit mit<br />
„b a s e“ (Büro für angewandte Sozialforschung Basel) ein<br />
Integrationsleitbild mit Maßnahmenkatalog erstellt. Einer von<br />
drei Leitsätzen lautet: „Integrationspolitik setzt nicht symptomorientiert<br />
oder defizitverwaltend, sondern präventiv, ursachenbezogen<br />
sowie „fördernd und fordernd“ im Sinne der Entfaltung<br />
des menschlichen Potentials an.“ Logisch abgeleitet ergibt dies<br />
ein bewusstes Zugehen auf Sprachfördermaßnahmen: „Der<br />
Erwerb und die Förderung von Sprachkompetenzen (fundierte<br />
Mehrsprachigkeit) ist ein wichtiger Pfeiler für die schulische<br />
Integration, da durch die Aufwertung von Mehrsprachigkeit das<br />
bestehende Potenzial genutzt, der Deutscherwerb erleichtert und<br />
gleichzeitig die soziale Integration sowie das paritätische<br />
Zusammenleben gefördert wird.“
Eine Sammlung von Zielen und Maßnahmen zum Thema<br />
Bildung finden sich ab Seite 21 des Integrationsleitbildes:<br />
http://www.okay-line.at/php/downloads/media/files/<br />
integrationsleitbilddornbirn.pdf<br />
Ein Pilotprojekt welches in der Öffentlichkeit besondere Aufmerksamkeit<br />
erreichte, war ein Sprachkurs für migrantische Mütter<br />
und deren Kinder im Vorkindergartenalter, die in 10 Wochen<br />
á 3 Einheiten. Zwei mehrsprachige Fachpersonen versuchen in<br />
diesem Kurs zum einen den Kindern den Zugang zur deutschen<br />
Sprache zu erleichtern und den Müttern die Wichtigkeit ihrer<br />
Rolle beim Spracherwerb ihrer Kinder zu vermitteln. Die Wirkung<br />
dieser Kurse wurde nicht fundiert erhoben. Einige Rückmeldungen<br />
und Beobachtungen lassen aber Rückschlüsse zu.<br />
Die Anmeldezahlen sind sehr hoch, was darauf hindeutet, dass<br />
zum einen das Angebot gut ankommt und zum anderen auch in<br />
migrantischen Familien die Sensibilität in diesem Thema sehr<br />
hoch ist. Eltern und Kinder bekommen einen frühen Einblick in<br />
pädagogische Einrichtungen und verringern dadurch die Schwellenangst<br />
zum Kindergarten. Sie bekommen einen Einblick in<br />
pädagogisch gutes Spielmaterial und lernen den Umgang mit<br />
Kinderbüchern kennen. Welche Lernwirkung diese Kurse auf den<br />
frühen Erwerb von Deutsch als Zweitsprache hat, ist nicht<br />
bekannt. Laut Rückmeldungen hält sich dieser in Grenzen. Einwenig<br />
irritierend ist bei dieser Konzeption, dass der Eindruck<br />
vermittelt wird, dass die migrantischen Eltern durch diesen Kurs<br />
befähigt werden sollen, dass sie die Verantwortung für den<br />
Deutscherwerb ihrer Kinder übernehmen sollen, was durch die<br />
neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht als empfehlenswert<br />
gilt.<br />
In den Gemeinden Lustenau und Rankweil (Gemeinwesenstelle<br />
Miteinander) haben diese Grundkonzeption übernommen und<br />
weiter entwickelt. So wird zum Beispiel in Lustenau die Zeit dieser<br />
Kurseinheiten genutzt, um Eltern auch Fragen zum Bereich<br />
Gesundheit und Erziehung zu beantworten.<br />
Weitere besondere Angebote im Bereich vorschulische Sprachförderung<br />
für Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache werden<br />
u.a. in Feldkirch, Mäder und Frastanz angeboten.<br />
Nähere Informationen finden sich dazu auf der Homepage von<br />
„okay – zusammen leben“ unter www.okay-line.at unter „Initiativen“<br />
bei den jeweiligen Gemeinden als download.<br />
In Sachen Elternarbeit<br />
Die Erfahrungen aus den oben genannten Projekten mit Eltern-<br />
Kind-Gruppen und die Erfahrungen aus der Umsetzung des<br />
Sprachtickets haben gezeigt, dass es unumgänglich ist, migrantische<br />
Eltern zur aktiven Mitarbeit zu animieren. So wurden zum<br />
Beispiel in Lustenau und Bregenz große Elterninformationsabende<br />
abgehalten (mit Übersetzung), und die Eltern über die<br />
geplanten Sprachfördermaßnahmen in den Einrichtungen informiert<br />
und ihnen nahe gelegt, wie sie diesen Sprachförderprozess<br />
ihres Kindes unterstützen können. Zum Teil wurden ihnen kon-<br />
33<br />
krete Aufgaben übertragen (z.B. bekommen sie Arbeitsblätter<br />
aus den Kindergärten nachhause, anhand denen sie mit ihrem<br />
Kind üben können und immer informiert sind, was im Kindi<br />
gerade läuft.). Es hat sich gezeigt, dass die erste Hürde – nämlich<br />
das Teilnehmen an diesem Abend – für manche Eltern Überwindung<br />
kostet, aber die regelmäßige Unterstützung der Kinder relativ<br />
gut klappt.<br />
2.4<br />
ANDERE PROJEKTE<br />
Neben den oben erwähnten speziellen Initiativen, die sich der<br />
Sprachförderung im Speziellen widmen, gibt es in <strong>Vorarlberg</strong><br />
auch noch einige sehr interessante Projekte, die sich auf<br />
Schülerebene oder auf Erwachsenen Ebene engagieren. Gemeinsam<br />
ist diesen Projekten, dass sie ohne weiteres ihren Nutzen in<br />
der Unterstützung auch auf Kinder im Vorschulalter ausdehnen<br />
könnten und dabei ihr bisher erworbenes Know-How breiter<br />
anwenden könnten:<br />
„eltern.chats“<br />
Anbieter: Verein Katholisches Bildungswerk <strong>Vorarlberg</strong> – Elternbildung<br />
„eltern.chats“ sind Fachgespräche von Eltern für Eltern und<br />
funktionieren nach dem Prinzip einer „Tupperparty“: eine<br />
Moderatorin sucht/findet eine Gastgeberin. Die Gastgeberin lädt<br />
4 – 8 Mütter oder Väter zu sich nach Hause ein. Die Moderatorin<br />
zeigt einen kurzen Film zu einem Thema aus dem Familienalltag<br />
(z. B. Grenzen setzen, Fernsehen, Schule, usw.). Anschließend<br />
diskutieren die Teilnehmerinnen über das Thema und tauschen<br />
ihre Erfahrungen dazu aus.<br />
Derzeit ist ein Pilotprojekt in Dornbirn im Aufbau. Von 8 ModeratorInnen<br />
sind 4 Frauen mit migrantischem Hintergrund. Dieses<br />
sehr niederschwellige Projekt würde sich ausgezeichnet dafür<br />
eignen, dass migrantische Eltern in der frühkindlichen Sprachförderung<br />
(vor allem muttersprachlich) Unterstützung finden.<br />
Kontakt: Frau Wilma Loitz<br />
Quelle: ernst.6900
„Lernhilfe Mütter“<br />
Träger: Ausländerreferat der Diözese Feldkirch<br />
Schon seit fast 15 Jahren besteht dieses Projekt. Im Rahmen einer<br />
Art „nachbarschaftlicher Unterstützung“ geben Privatpersonen<br />
ihre ehrenamtliche Unterstützung an Kinder mit nichtdeutscher<br />
Muttersprache weiter, indem sie sie ein oder zweimal in der<br />
Woche zu sich nachhause einladen, um mit ihnen zu lernen, zu<br />
lesen oder die Hausübungen zu machen. Dieses Projekt funktioniert<br />
nur in Zusammenarbeit mit der Schule und einem „hauptverantwortlichen“<br />
Elternteil (meist Elternverein). Meist haben<br />
die Lernhilfemütter ein eigenes Kind in der gleichen Klasse, wie<br />
das Lernhilfekind, was sich als sehr positiv heraus gestellt habe.<br />
Diese Lernhilfeaktion ist folgenden Grundsätzen verpflichtet: sie<br />
wird ehrenamtlich geleistet und ist für das Lernkind kostenlos.<br />
Das Ausmaß der Lernhilfe wird von den Lernhilfemamas selbst<br />
bestimmt. Die Mitarbeit ist unverbindlich und bringt keine dauernden<br />
Verpflichtungen mit sich.<br />
Derzeit findet dieses Projekt in 7 Gemeinden an 9 Volksschulen<br />
statt. 105 Lernhilfemütter bzw. –väter begleiten 110 Kinder. Die<br />
gesamte Aktion wird vom Land <strong>Vorarlberg</strong> gefördert. Kosten entstehen<br />
für ein Landestreffen pro Jahr (mit Essen) und für ein<br />
Gutscheingeschenk zu Weihnachten für alle HelferInnen.<br />
Die konkreten Ergebnisse und Wirkungen dieser Unterstützung<br />
wurden nie genauer evaluiert. Was sich aber mit großer Sicherheit<br />
sagen lässt, ist, dass durch diese Lernhilfeaktion dauerhafte<br />
soziale Kontakte entstehen – und zwar auf Erwachsenenebene<br />
wie auch auf Kinderebene. Einladungen zu Taufen oder anderen<br />
Familienfesten kommen dadurch zustande.<br />
Dieses Projekt stagniert schon seit einigen Jahren, da von Seiten<br />
der Diözese keine Personalressourcen mehr frei sind, die ein weiteres<br />
Ausbauen ermöglichen würde. Eine finanzielle oder personelle<br />
Unterstützung würde einen weiteren Ausbau in <strong>Vorarlberg</strong><br />
möglich machen. Auch die Idee der „Kinder-Eltern-Patenschaft“<br />
ist auf das Vorschulalter anwendbar.<br />
Kontakt: Paul Nikolic, Diözesanhaus, Feldkirch<br />
INKA – Institut für Interkulturelle Angelegenheiten<br />
– Lernhilfeprojekt<br />
Seit 2004 führt der Verein INKA in verschiedenen Gemeinden<br />
ein weit professionelleres Lernhilfeangebot durch. Dieses wird<br />
vom Land, von den jeweiligen Gemeinden und durch Elternbeiträge<br />
finanziert. Okay-zusammen leben hat die Wirkung dieser<br />
Arbeit evaluiert und für positiv befunden. INKA hat auch bei<br />
zahlreichen vorschulischen Sprachförderprojekten „Starthilfe“<br />
gegeben.<br />
Kontakt: Attila Dincer, INKA, Dornbirn<br />
<strong>SPRACHE</strong><br />
<strong>BILDUNG</strong><br />
<strong>INTEGRATION</strong><br />
34<br />
Lernhilfeprojekte durch türkische<br />
„Selbsthilfeorganisationen“<br />
In verschiedenen Gemeinden bieten inzwischen schon einige<br />
migrantische Selbsthilfeorganisationen Lernhilfe oder andere<br />
Unterstützungen in diesem Bereich an: das Institut Galileo in<br />
mehreren Städten, das Institut Cagri in Hard, der türkische Elternverein<br />
VOTEV mit Sitz in Hohenems. Die Islamischen<br />
Kulturzentren führen in Dornbirn und Hohenems Internate.<br />
In Projekte zur vorschulischen Sprachförderung sind sie bisher<br />
noch nicht eingebunden wurden. Dieses Potential an engagierten<br />
Personen, die natürlich besonders gute Kenntnisse in der türkischen<br />
Muttersprache haben, wäre in der vorschulischen Sprachförderung<br />
vielseitig einsetzbar.<br />
Lehrgang: Interkulturelle Kompetenz,<br />
Bildungshaus Batschuns<br />
Dieser Lehrgang, der schon einige male stattgefunden hat, zielt<br />
auf eine breite Kompetenzentwicklung für interkulturelles<br />
Zusammenleben bei den TeilnehmerInnen ab und widmet sich<br />
sehr intensiv den verschiedenen Themengebieten (z.B.: Dialogfähigkeit<br />
und Konfliktlösungskompetenz, Rassismus und<br />
Antidiskriminierung, Religion, Integrationsmanagement) zu. Der<br />
Lehrgang dauert 8 volle Tage und 4 Abendeinheiten und wird<br />
von allseits anerkannten FachreferentInnen inhaltlich begleitet.<br />
Bisher wurde dieser Lehrgang von Pädagoginnen für Kinder im<br />
Vorschulalter kaum wahrgenommen. Er würde sich besonders<br />
gut als Grundlagenkurs eignen und könnte mit fachspezifischen<br />
Modulen für die jeweilige Anwendungsebene (Kindergarten,<br />
Kleinkindbetreuung, Spielgruppe, etc) noch vertiefend wirken.<br />
Kontakt: Bildungshaus Batschuns, DSA Katharina Unterrainer<br />
„Brückenbauerinnen“: Migrantinnen im Einsatz<br />
für Integration<br />
Es soll ein Pool von Personen aufgebaut werden, die interkulturelle<br />
Dolmetschung leisten können. In der ersten Aufbaustufe<br />
soll dieses Angebot Kinder- und Spielgruppen, Kindergärten und<br />
Volksschulen für deren Elternarbeit mit Eltern migrantischer<br />
Herkunft, die einer Übersetzung der Informationen bedürfen,<br />
angeboten werden. Diese Personen werden für diese Verwendungsgebiete<br />
speziell geschult und müssen folgende Kompetenzen<br />
und Fähigkeiten mitbringen: gute Deutschkenntnisse und<br />
eine für <strong>Vorarlberg</strong> relevante Migrantensprache, gute Systemkenntnisse<br />
<strong>Vorarlberg</strong>s, Kenntnisse der Herkunftskultur von in<br />
<strong>Vorarlberg</strong> lebenden Migrantengruppen, Erfahrung mit Dolmetschung,<br />
etc. Derzeit sind in Pool folgende Sprachen vertreten:<br />
Türkisch, Russisch und Tschetschenisch.<br />
In den weiteren Ausbauschritten des Programms ist geplant, die<br />
Brückenbauerinnen auch für den Aufbau von Beratungsräumen<br />
für Migrantinnen in den Gemeinden einzusetzen, sowie als<br />
Beraterinnen in Sachen frühkindlicher Spracherwerb für Eltern<br />
mit Migrationshintergrund.<br />
Kontakt: okay.zusammen leben; Elizabet Hintner
2.5<br />
BEMERKENSWERTES:<br />
Die Aufstellung von Tabelle 12 zeigt, dass Kinder mit nichtdeutscher<br />
Muttersprache anteilsmäßig erst im Kindergarten voll vertreten<br />
sind. Im Vergleich zu anderen Bundesländern, welche Kinder<br />
generell ab 3 Jahre in die Kindergärten aufnehmen, heißt<br />
dies, dass eine verbindliche und pädagogisch zielgerichtete<br />
Sprachförderung hin zur deutschen Sprache in <strong>Vorarlberg</strong> generell<br />
erst ab 4 Jahren möglich ist. Es sei denn, dass entweder die<br />
Spielgruppen – oder Kleinkindbetreuungseinrichtungen für Kinder<br />
mit nichtdeutscher Muttersprache interessanter werden oder<br />
das Kindergartenalter generell auf 3 Jahre gesenkt wird.<br />
Eine fachliche Betrachtung wie weit die Kinder mit nichtdeutscher<br />
Muttersprache in ihrer Erstsprache entwickelt sind, findet<br />
in der Regel nicht statt.<br />
Derzeit wird die Sprachförderung von Kindern mit nicht deutscher<br />
Muttersprache in den verschiedenen Einrichtungsebenen<br />
stark unterschiedlich gewichtet. Im Kindergarten ist sie spätestens<br />
seit Einführung des Sprachtickets wirklich als alltägliches<br />
Thema präsent. Der pädagogische Fachauftrag zur Sprachförderung<br />
ist dort auch eindeutig gegeben (Bildungs- und Erziehungsplan<br />
des Landes), auch wenn nicht definitiv vorgegeben ist,<br />
welche Intensität dieses Anliegen erhalten soll und mit welchen<br />
Mitteln, welches Ziel erreicht werden soll. Im Bereich der<br />
Spielgruppen und der Kleinkindbetreuungseinrichtungen sind<br />
Bildungsaufträge im klassischen Sinne nicht vorgesehen.<br />
Sprachentwicklung und Sprachförderung nach den neusten wissenschaftlichen<br />
Erkenntnissen wurde in dieser Form in den pädagogischen<br />
Ausbildungen nicht in der Art gelehrt, wie es die jetzige<br />
Situation erforderlich macht. Es ist aber davon auszugehen,<br />
dass pädagogisch gut ausgebildete Personen (z.B. KindergärtnerInnen,<br />
LehrerInnen, ErzieherInnen) auf diesem Grundstock<br />
des pädagogischen Fachwissens leichter dieses Spezialwissen<br />
aufbauen können. Deshalb ist der Umstand, dass in den Einrichtungen<br />
der Spielgruppen und der Kleinkindbetreuungen der<br />
Anteil der anerkannt pädagogisch ausgebildeten Personen lediglich<br />
knapp über einem Drittel liegt. (siehe Tabelle 13) bedeutsam<br />
für die weitere Vorgangsweise – je nachdem welche Rolle diese<br />
Einrichtungsebene spielen soll.<br />
Die Fortbildungsstruktur für das pädagogische Personal ist stark<br />
auf das Engagement des Landes ausgerichtet. Das Kindergarteninspektorat<br />
ist von gesetzeswegen zu Fortbildungsangeboten an<br />
die Kindergärtnerinnen verpflichtet. Die Träger der Kindergärten<br />
haben zusätzlich meistens ein eigenes Fortbildungsbudget für ihr<br />
Personal. Die Fortbildungsressourcen sind im Bereich Spielgruppen<br />
und Kleinkindbetreuung bei weitem nicht so vorhanden.<br />
Obwohl das Budget des Kindergarteninspektorats für Fortbildungen<br />
auch einer gewissen Beschränkung unterliegt, ist es<br />
immer noch weit höher als das für den Bereich der Spielgruppen.<br />
Der Bereich der Kinderbetreuung ist kaum mit direkten Fortbildungsangeboten<br />
versorgt. Die Träger dieser Einrichtungen (meist<br />
kleine Vereine) haben sehr selten ein brauchbares Fortbildungsbudget<br />
für ihre MitarbeiterInnen.<br />
Klare Ziele, was in Sachen Sprachförderung in welcher Einrichtungsebene<br />
geschehen bzw. erreicht werden soll, fehlen weitgehend.<br />
Die Stadtvertretung Hohenems hat in einem Beschluss im<br />
Juni 2006 dies erreicht, in dem sie den Ausbau der Sprachförderung<br />
im Kindergarten beschlossen hat und dabei klar das Ziel<br />
35<br />
formuliert hat, dass Kinder der deutschen Sprache so weit mächtig<br />
sein sollen, dass sie dem Unterricht in der Schule von Anfang<br />
an folgen sollen können.<br />
Engagierte Projekte auf kommunaler Ebene sind seit längerer<br />
Zeit schon vorhanden. Sie entstehen vor allem in Gemeinden und<br />
Städten mit einem großen „Leidensdruck“. Zu deren Konzeption<br />
und dauerhaften Durchführung braucht es offensichtlich eine<br />
engagierte politische Zuständigkeit und genügend Kapazität in<br />
der Verwaltungsebene oder hoch motivierte Personen, die ihr<br />
Projekt aus starkem Eigenantrieb vorantreiben. Auf das ganze<br />
Bundesland <strong>Vorarlberg</strong> bezogen sind dies eher Insellösungen.<br />
Eine gesamthafte Entwicklung auf einem gemeinsam festgehaltenen<br />
Qualitätsstandard ist nicht erkennbar.<br />
Ist der Muttersprachliche Unterricht für Kinder mit nichtdeutscher<br />
Muttersprache in den Schulen seit vielen Jahren ein fester<br />
Bestandteil, so ist dies im Vorschulalter derzeit nicht angeboten.<br />
Quelle: ernst.6900
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
3. Kapitel<br />
„Fördern und Fordern“<br />
Das Gesamtkonzept zur Frühen Sprachförderung im Vorschulalter<br />
hat ein klares Ziel. Auch Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache<br />
sollen bis zum Zeitpunkt der Einschulung die deutsche<br />
Sprache so gut beherrschen, dass sie dem Unterricht von Anfang<br />
an gut folgen können. Außerdem soll betont werden, dass die<br />
pädagogische Ausrichtung zur Mehrsprachigkeit in den pädagogischen<br />
Einrichtungen eine wünschenswerte Entwicklung ist.<br />
Wenn das Ziel erreicht werden soll, dass alle Kinder mit nichtdeutscher<br />
Muttersprache genügend Deutschkenntnisse in die<br />
Schule mitbringen, dass sie den deutschsprachigen Unterricht<br />
verstehen, müssen klare und verbindliche Vereinbarungen getroffen<br />
werden. Vereinbarungen an denen alle Betroffenen beteiligt<br />
sind.<br />
Verbindlichkeit in den Vereinbarungen bedeutet auch, dass sich<br />
die Beteiligten gegenseitig unterstützen und Vertragstreue mit<br />
einbringen – ein ausgewogenes Geben und Nehmen ist selbstverständlich.<br />
Ein gezieltes Betrachten, welche Wirkung die gesetzten<br />
Maßnahmen gezeigt haben, ist wünschenswert und notwendig.<br />
So kann eine selbstlernende Bewegung entstehen.<br />
Beteiligte dieses Kontraktes sind<br />
KINDER – ELTERN – PÄDAGOGINNEN –<br />
EINRICHTUNGEN<br />
Bei jeder dieser Beteiligtengruppen soll nun im nachfolgenden<br />
Teil festgehalten werden, welche Vereinbarungen und<br />
Zielsetzung notwendig sind, dass das oben genannte Ziel erreicht<br />
werden kann. Dabei werden zwei Kategorien unterschieden:<br />
„Was ist wünschenswert?“ und „Was ist notwendig?“. Weiters<br />
sollen Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie diese gesetzten<br />
Ziele strukturell unterstützt werden können.<br />
3.1<br />
KINDER MIT NICHTDEUTSCHER<br />
MUTTER<strong>SPRACHE</strong><br />
Ziel: Alle Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache können bis<br />
zum regulären Schuleintritt so gut Deutsch, dass sie dem Unterricht<br />
in der deutschen Sprache problemlos folgen können und<br />
somit ihrer Begabung entsprechen einen erfolgreichen Bildungsweg<br />
vor sich haben.<br />
3.1.1<br />
Kinder von 0 bis 3 Jahre:<br />
Wünschenswert:<br />
Kinder finden von Geburt an ein sprachanregendes Umfeld vor.<br />
Die Eltern sind sich ihrer Aufgabe bewusst, wie wichtig eine<br />
gesicherte Erstsprache für den Erwerb einer Zweitsprache ist.<br />
Kinder erleben es als selbstverständlich, dass sie in einer mehrsprachigen<br />
Gesellschaft aufwachsen und erleben es als positiv,<br />
die Muttersprache und Deutsch als Zweitsprache zu beherrschen.<br />
Kinder bekommen schon in frühen Jahren (1 bis 3 Jahre) alltäglichen<br />
Kontakt zu Kindern mit deutscher Muttersprache.<br />
Kinder bekommen die Möglichkeit noch vor dem Kindergarten<br />
Gruppenerfahrungen zu machen und erleben in diesen Gruppen<br />
eine pädagogisch bewusst gelebte Mehrsprachigkeit.<br />
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36<br />
Notwendig:<br />
Kinder werden vor allem medizinisch darauf hin untersucht,<br />
dass alle Sinnesorgane und sonstigen körperlichen Entwicklungen,<br />
die für einen normalen Spracherwerb notwendig sind, sich<br />
altersgemäß entwickeln<br />
Eine gesicherte Sprachentwicklung in der Muttersprache wird<br />
von einer Fachperson von außen wahrgenommen – falls notwendig,<br />
bekommen die Eltern Unterstützung<br />
strukturelle Unterstützung:<br />
Die bewusste und gezielte Unterstützung der Eltern erfolgt auf<br />
Basis einer verbindlichen Kontaktaufnahme durch dafür geschulte<br />
Personen. „Brückenbauerinnen“ nehmen von sich aus<br />
Kontakt zu den jeweiligen Familien auf. Eine Verknüpfung mit<br />
den medizinisch ausgerichteten Mutter-Kind-Pass Terminen ist<br />
gut vorstellbar.<br />
Damit Kinder in diesem Alter vermehrt Gruppenerfahrungen<br />
machen können, ist es notwendig, dass bestehende Einrichtungen<br />
(Spielgruppen und Kleinkindbetreuungen) sich bewusster<br />
auf diese Nutzergruppe vorbereiten und ihr Angebot in diese<br />
Richtung weiter entwickeln. Dies soll von kompetenter Landesstelle<br />
begleitet und forciert werden.<br />
Die Gründung von muttersprachlich ausgerichteten Spielgruppen<br />
mit einem gezielten Angebot für Deutsch als Zweitsprache<br />
ist wünschenwert.<br />
3.1.2<br />
Kinder von 3 bis 6 Jahren:<br />
Wünschenswert:<br />
Kinder knüpfen alltägliche Kontakte (in Gruppen und privat)<br />
mit Kindern deutscher Muttersprache<br />
Kinder erleben sich in einer Atmosphäre, die eine gesicherte<br />
Entwicklung ihrer Erst- und Zweitsprache zulassen<br />
Notwendig:<br />
Kinder erfahren eine verbindliche und regelmäßige<br />
Sprachförderung in einer dafür ausgebildeten und ausgestatteten<br />
pädagogischen Einrichtung. (Die Träger von Kindergärten achten<br />
darauf, dass Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache sicher<br />
den Kindergarten besuchen).<br />
Kinder nehmen verbindlich an den angebotenen<br />
Sprachfördermaßnahmen teil.<br />
Kinder erleben eine aktive Zusammenarbeit von Kindergarten<br />
und Elternhaus in dem es sieht, dass Informationen ausgetauscht<br />
werden und die Eltern sich aktiv in den<br />
Sprachförderprozess einbringen.<br />
Eine muttersprachliche Sprachstandfeststellung erfolgt verbindlich<br />
beim Eintritt in den Kindergarten und wird den Eltern rükkgemeldet.<br />
Falls notwendig, wird ihnen Unterstützung in der<br />
gezielten Weiterentwicklung der muttersprach-lichen Fähigkeit<br />
ihres Kindes gegeben.<br />
Eine Sprachstandbeobachtung in Bezug auf die<br />
Sprachentwicklung in der deutschen Sprache wird vom<br />
Kindergartenpersonal zweimal pro Jahr durchgeführt.<br />
Wenn es notwendig erscheint, soll eine externe spezialisierte<br />
Förderung einmal pro Woche dem Kind Unterstützung bieten.<br />
Strukturelle Unterstützung:<br />
siehe Eltern und Pädagogik.
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
3.2<br />
ELTERN MIT MIGRANTISCHEM HINTERGRUND<br />
Ziel: Eltern sind sich ihrer begleitenden Rolle im Spracherwerb<br />
ihres Kindes bewusst. Vor allem der gesicherte Erwerb der Muttersprache<br />
ist für sie ein Anliegen und auch beim Erwerb der<br />
deutschen Sprache als Zweitsprache für ihr Kind sind sie sich<br />
ihrer Vorbildrolle klar und tragen aktiv zur Unterstützung dieses<br />
Zweitspracherwerbes bei.<br />
Wünschenswertes:<br />
Die Eltern interessieren sich von sich aus für die Möglichkeiten<br />
zur Unterstützung des Spracherwerbes (sowohl muttersprachlich<br />
wie auch in Deutsch als Zweitsprache)<br />
Sie wissen, dass sie wesentlich dazu beitragen können, welche<br />
Grundlagen zum Spracherwerb ihr Kind in sich entwickelt<br />
(siehe Modell – Sprachbaum)<br />
Sprachlustförderung, Bilderbücher, Geschichten erzählen und<br />
vorlesen sind für sie bewusste und alltägliche Bestandteile in<br />
der Familie<br />
Ihr Vorbild im Umgang mit der deutschen Sprache führt auch<br />
bei ihnen zu einem Interesse am Erwerb dieser Sprache<br />
Sie trachten danach, dass ihr Kind schon frühzeitig Kontakt zu<br />
Kindern mit deutscher Muttersprache bekommen (z.B. offene<br />
Nachmittage in Eltern-Kind-Zentren oder Spielgruppen)<br />
Notwendiges:<br />
Eltern nehmen aktiv und interessiert an den<br />
Informationsmöglichkeiten zur Spracherwerbsförderung ihres<br />
Kindes teil (Brückenbauerinnen, Mutter-Kind-Pass)<br />
Eltern verpflichten sich zur aktiven Zusammenarbeit mit den<br />
pädagogischen Einrichtungen – spätestens im Kindergarten wird<br />
ein Kooperationsvertrag zwischen Kindergarten und Eltern abgeschlossen.<br />
Diesem liegt ein klares Aufgabenprofil bei, welche<br />
Aufgaben der Kindergarten übernimmt und welche Aufgaben<br />
Sache der Eltern ist (Muttersprachliche Entwicklung, regelmäßiges<br />
Üben anhand der Arbeitsmaterialien vom Kindergarten, etc)<br />
Regelmäßige Elterngespräche (anfangs alle 2 Monate, dann einmal<br />
im Halbjahr) mit dem Inhalt der Sprachentwicklung ihres<br />
Kindes und Festlegung der zu treffenden nächsten Schritte. Besprechung<br />
der Ergebnisse der Sprachstandbeobachtung.<br />
Strukturelle Unterstützung:<br />
Aufbau eines Pools von Brückenbauerinnen in jeder Gemeinde,<br />
die im Sinne einer Gemeinwesentätigkeit verbindliche Kontakte<br />
zu Migrantenfamilien pflegen und auch das Thema Sprachförderung<br />
und Sprachentwicklung als wesentlich mitbeachten.<br />
Aufbereitung von Informationsmaterial und<br />
Informationsschienen zum Thema. Dabei werden bestehende<br />
Ressourcen mitgenutzt (siehe: migrantische Selbsthilfeinstitutionen)<br />
oder neue Ressourcen geschaffen (Eltern-Kind-Treff für<br />
Migrantinnen, eltern.chat oder IFS-Projekt „Kinder brauchen Antworten“<br />
speziell für migrantische Eltern angebotene Elterntreffs<br />
und Elternhocks wurden bisher in Lustenau und Nenzing angeboten)<br />
Gezielte Elternkooperationsgruppen in den Kindergärten errichten<br />
(Bsp. Elternverein VS-Augasse Bregenz oder Initiative „Eltern.Schule“<br />
der Bregenzer Hauptschulen und Elternvereine)<br />
Bewusstes Miteinbinden von migrantischen Frauen in bestehende<br />
familienunterstützende Einrichtungen (Vereinsvorstände für<br />
Eltern-Kind-Zentren, Spielgruppen, Kleinkindbetreuungen)<br />
Modelle wie das Lernhilfemütter-Projekt der Diözese werden<br />
adaptiert für ein Patenschaftsmodell in den Kindergärten. (siehe<br />
auch Erfahrungen von deutschen Lernhilfeprojekten mit Elternbeteiligung.<br />
4.6.2)<br />
-<br />
-<br />
37<br />
Einführung von verbindlichen Kooperationsverträgen zwischen<br />
Kindergarten und Eltern mit dazu gehörigem Aufgabenprofil.<br />
Koppelung an Familienleistungen<br />
3.3<br />
PÄDAGOGINNEN UND PÄDAGOGEN<br />
3.3.1<br />
Pädagoginnen und Pädagogen in Kleinkindbetreuungen<br />
und Spielgruppen (für Kinder bis 3 Jahre)<br />
Ziel: Die vorkindergartlichen pädagogischen Einrichtungen sind<br />
fixer Bestandteil im Konzept der Sprachförderung im Vorschulalter.<br />
Sie werden von Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache<br />
gleich oft in Anspruch genommen, wie später die Kindergärten.<br />
Als „Eingangspforte“ in den öffentlichen Bildungsbereich bekommen<br />
diese Einrichtungen einen klar definierten Auftrag und<br />
dem Personal werden die notwendigen fachlichen Ressourcen<br />
(Fortbildung, Unterstützungspersonen, Brückenbauerinnen, etc.)<br />
zur Verfügung gestellt.<br />
Wünschenswertes:<br />
- Die PädagogInnen im Vorkindergartenbereich nehmen die Möglichkeiten<br />
zur Unterstützung der Sprachentwicklung von Kindern<br />
mit nichtdeutscher Muttersprache aktiv war.<br />
- Sie sind fachliche Ansprechpersonen für deren Eltern und bieten<br />
ihnen offensiv Unterstützung und Informationen an.<br />
- Die Feststellung der muttersprachlichen Entwicklung eines<br />
Kindes wird wenn möglich für Kinder ab 3 Jahre organisiert.<br />
- Die Pädagoginnen in diesen Einrichtungen gehen bewusst auf<br />
die pädagogischen Aufgaben zu und entwickeln ihre Einrichtungen<br />
zu einer standardisierten mehrsprachigen Einrichtung.<br />
- Die Pädagoginnen bieten ihre Einrichtungen ganz gezielt für<br />
Familien mit migrantischem Hintergrund an und benennen die<br />
dafür notwendigen „Serviceleistungen“.<br />
Notwendiges:<br />
- Solange in <strong>Vorarlberg</strong> der Kindergarten im Regelfall Kinder erst<br />
ab 4 Jahren anspricht, müssen die Spielgruppen aber vor allem<br />
die Kleinkindbetreuungseinrichtungen (aufgrund der längeren<br />
Anwesenheitszeit pro Woche und aufgrund der intensiveren Zusammenarbeit<br />
mit den Eltern, etc.) einen aktiven Part in der vorschulischen<br />
Sprachförderung übernehmen.<br />
- Dazu sind notwendige Standards zu entwickeln:<br />
- Die Einrichtungen stellen sich auf einen höheren Anteil von<br />
Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache ein.<br />
- Die Pädagoginnen bilden sich gezielt weiter, um ein alltäglich<br />
mehrsprachiges Angebot in ihre Einrichtungen einzubauen<br />
- Die Pädagoginnen werden gezielt und umfassend geschult,<br />
in den Themen<br />
- Sprachentwicklung in der Erstsprache<br />
- Sprachentwicklung in der Zweitsprache<br />
- Sprachförderung in Deutsch als Zweitsprache<br />
- Elternunterstützung<br />
-<br />
Die Feststellung der muttersprachlichen Entwicklung wird bei<br />
jedem Kind mit nichtdeutscher Muttersprache ab 3 Jahren in<br />
den Einrichtungen organisiert und dokumentiert. Das Ergebnis<br />
wird mit den Eltern besprochen und falls notwendig konkrete<br />
Hilfestellung angeboten, wie die Eltern die muttersprachliche<br />
Sprachentwicklung ihres Kindes fördern können und wie sie das<br />
Kind auch in der Familie auf eine permanente Mehrsprachigkeit<br />
vorbereiten können.
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-<br />
-<br />
-<br />
Strukturelle Unterstützung:<br />
Es müssen gezielte und umfassende Fortbildungsmöglichkeiten<br />
für Mitarbeiterinnen in diesen Einrichtungen für die oben<br />
genannten Themen angeboten werden.<br />
Der Anteil von anerkannt pädagogischen MitarbeiterInnen in<br />
den Kleinkindbetreuungseinrichtungen soll gesteigert werden.<br />
Die Möglichkeit für Spielgruppenpädagoginnen, sich mit einem<br />
berufsbegleitenden Lehrgang auf ein anerkanntes pädagogisches<br />
Niveau weiterzubilden, ist eine empfehlenswerte Variante.<br />
Der Anteil von pädagogisch tätigen Mitarbeiterinnen mit nichtdeutscher<br />
Muttersprache soll massiv gesteigert werden. (Ein Landespool<br />
für mobile Unterstützungspädagoginnen ist vorstellbar.)<br />
Es muss eine Landesstelle mit Personen geschaffen werden,<br />
welche eine muttersprachliche Sprachstandsfeststellung machen<br />
können.<br />
Grundsätzlich müssen diese Einrichtungen bei migrantischen<br />
Familien bekannter gemacht werden und deren wichtige pädagogische<br />
Bedeutung für ihr Kind hervorgehoben werden.<br />
Vor allem die Kinderbetreuungseinrichtungen brauchen einen<br />
inhaltlich und fachlich klar definierten Auftrag in diesem Themenkomplex.<br />
Es wird eine klar definierte Kooperation zwischen Kinderbetreuung<br />
und Kindergarten aufgebaut, die eine homogene Übergabe<br />
der Kinder von einer in die andere Einrichtung möglich<br />
macht. Die gemachten und notwendigen Sprachentwicklungsdokumentationen<br />
werden an die Nachfolgeeinrichtung inhaltlich<br />
weitergereicht.<br />
3.3.2<br />
Pädagoginnen und Pädagogen in Kindergärten<br />
(für Kinder bis zum Schuleintritt)<br />
Ziel: Die Pädagoginnen und Pädagogen in den Kindergärten<br />
haben den klaren Auftrag, die Sprachentwicklung der Kinder mit<br />
nichtdeutscher Muttersprache soweit zu fördern, dass diese die<br />
Deutsche Sprache bis zum Schuleintritt so gut beherrschen, dass<br />
sie dem Unterricht problemlos folgen können. Dieser Auftrag ist<br />
dem Personal klar kommuniziert (von Landes und Gemeindeebene).<br />
Das Personal ist fachlich ausgezeichnet weitergebildet<br />
worden, kennt mehrere pädagogische Konzepte zur Sprachförderung,<br />
beherrscht die Anwendung des SISMIK – Beobachtungsbogens<br />
und hat klare Qualitätsstandards vor Augen, wie die<br />
Zusammenarbeit mit den migrantischen Eltern aussieht. Die muttersprachliche<br />
Sprachstandsfeststellung wird zu Beginn der Kindergartenzeit<br />
garantiert. Sowie ein homogener Übergang von<br />
Spielgruppe/Kleinkindbetreuung zum Kindergarten gemacht<br />
wird, verläuft die Übergabe der Kinder an die Volksschule in<br />
einer fachlich weit entwickelten Form der Kooperation.<br />
Wünschenswertes:<br />
Alle Kindergartenpädagoginnen betrachten den Spracherwerb<br />
der deutschen Sprache als große und lustvolle Herausforderung<br />
und bekommen genügend Unterstützung von außen, damit sie<br />
dieser Aufgabe beherzt begegnen können.<br />
Die BAKIP gibt diesem Themenbereich eine so große Beachtung,<br />
wie es ihm in seiner Wichtigkeit zusteht.<br />
Das landesweite Fortbildungsangebot gibt allen KindergartenpädagogInnen<br />
die Möglichkeit, sich fundiert und umfassend<br />
nachzubilden.<br />
Die Unterstützung der migrantischen Eltern und deren Einbindung<br />
in die Sprachförderung der Deutschen Sprache werden zur<br />
großen Selbstverständlichkeit. Es gibt dazu genügend Praxisbeispiele<br />
und Unterstützungsunterlagen.<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
38<br />
Es werden Kooperationsstellen eingerichtet, die einen alltäglichen<br />
Austausch von Erfahrungen und Methoden und<br />
Materialien auf Selbsthilfebasis möglich machen.<br />
Das Erlernen von „Brückensätzen“ in den notwendigen verschiedenen<br />
Muttersprachen ist ein leicht zugängliches Angebot<br />
Notwendiges:<br />
Die Pädagoginnen und Pädagogen in den Kindergärten haben<br />
den klaren Auftrag, die Sprachentwicklung der Kinder mit<br />
nichtdeutscher Muttersprache soweit zu fördern, dass diese die<br />
Deutsche Sprache bis zum Schuleintritt so gut beherrschen,<br />
dass sie dem Unterricht problemlos folgen können. Sowohl die<br />
Gemeinden (Träger) und das Land (pädagogische<br />
Verantwortungsebene) stellen diesen Auftrag klar.<br />
Es gibt Standardisierungseckpunkte, welche landesweit<br />
Gültigkeit haben:<br />
- muttersprachliche Sprachstandsfeststellung spätestens mit<br />
Eintritt in den Kindergarten<br />
- ab Oktober/November wird mit allen 3jährigen Kindern halbjährlich<br />
der SISMIK-Beobachtungsbogen gemacht, das Er-<br />
gebnis dokumentiert und mit den Eltern durch besprochen.<br />
- phonetische Abtestung im ersten Kiga-Jahr (verbindliche<br />
Teilnahme am VBB für alle Kinder)<br />
- alle migrantische Eltern werden noch vor Kindergartenbeginn<br />
im Rahmen eines Elternabends auf die notwendige<br />
Kooperation zwischen Kindergarten und Eltern vorbereitet<br />
und detailinformiert. Gegenseitige Erwartungen und Verpflichtungen<br />
ausgesprochen und vereinbart. Die definitive<br />
Kooperation wird mit einem „Kooperationsvertrag“ festge<br />
legt.<br />
- in jeder Kindergartengruppe wird ein anerkanntes Sprachentwicklungs-programm<br />
als Grundlage ganz jährig verwendet<br />
und gegenüber der pädagogischen Fachaufsicht bekannt gemacht.<br />
Dies ergibt einen direkten Nutzen für gezielte Vertiefungsfortbildungen.<br />
Es gibt eine standardisierte laufende Dokumentation über die<br />
Sprachentwicklung des Kindes, die bei einem etwaigen Gruppenwechsel<br />
mit dem Kind weitergereicht wird.<br />
Es gibt eine frühzeitige und fachlich hoch stehende Kooperation<br />
zwischen Kindergarten und Volksschule.<br />
Es gibt einen landesweiten Pool von PädagogInnen, die eine<br />
sehr spezialisierte Zusatzausbildung in Sachen Sprachförderung<br />
und Interkulturelle Pädagogik absolviert haben. Diese „SpezialistInnen“<br />
stehen allen Kindergartengruppen zur Unterstützung<br />
zur Verfügung.<br />
Strukturelle Unterstützung:<br />
Fortbildungen für Pädagoginnen sind auf drei Ebenen bereitzustellen:<br />
alle KindergartenpädagogInnen bekommen im Rahmen ihrer<br />
Grundausbildung (BAKIP) bezüglich:<br />
- interkulturelle Pädagogik (Grundlagen)<br />
- anerkannten und erprobten Sprachförderprogrammen<br />
- pädagogischer Aufbau einer alltäglichen Mehrsprachigkeit in<br />
der Kindergartengruppe<br />
- SISMIK – Beobachtungsbogen<br />
- Elternarbeit und Elternkooperation<br />
- phonetische Testung und Übungen für Kinder im speziellen<br />
für Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache<br />
- standardisierte Dokumentation für die Sprachentwicklung der<br />
Kinder
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
- Angebote, welche, solange dies im Lehrplan noch nicht veran<br />
kert ist, als Zusatzqualifikationslehrgang an der Schule angeboten<br />
werden.<br />
alle KindergartenpädagogInnen absolvieren ein intensives<br />
Fortbildungsprogramm (Modulzyklus) mit folgenden Inhalten:<br />
- interkulturelle Pädagogik (Grundlagen)<br />
- intensive Schulung zu den Themen Sprachentwicklung und<br />
Sprachförderung in der Erst- und Zweitsprache<br />
- das Erlernen von Brückensätzen in alltäglich vorhandenen<br />
Sprachen<br />
- anerkanntes und erprobtes Sprachförderprogramm wird ge-<br />
lernt, geübt und zur gesicherten Anwendung gebracht<br />
- SISMIK – Beobachtungsbogen<br />
- Elternarbeit und Elternkooperation<br />
- phonetische Testung und Übung für Kinder im speziellen für<br />
Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache<br />
- standardisierte Dokumentation für Sprachentwicklung der<br />
Kinder<br />
- u.ä.<br />
Die Absolvierung dieses Fortbildungsprogramms wird als<br />
Befähigungsnachweis zertifiziert und gilt als fachliche<br />
Zusatzqualifikation. Die Gemeinden verpflichten sich, dass in<br />
einem Zeitraum von drei Jahren in jeder Kindergartengruppe<br />
mindestens eine Pädagogin ist, die diese Zusatzqualifikation<br />
erworben hat.<br />
Bei der Zusammensetzung der Lehrgangsgruppen ist darauf zu<br />
achten, dass die Pädagoginnen aus der selben Region stammen.<br />
Damit entsteht die Möglichkeit, dauerhafte regionale<br />
Kooperationsgruppen einzurichten.<br />
Ein Landespool an mobilen Fachkräften, welche auf interkulturelle<br />
Pädagogik und auf Sprachförderung für Kinder mit nichtdeutscher<br />
Muttersprache spezialisiert und ausgebildet sind:<br />
- Ein eigener Lehrgang soll für diese Personen angeboten werden:<br />
Persönliche Fähigkeiten und Einstellungen + Grundlagenwissen<br />
+ Fertigkeiten und Methoden sollen in Summe eine<br />
hohe interkulturelle Handlungskompetenz ergeben.<br />
Grundlageninhalte zum Thema Migration, interkulturelle Aspekte,<br />
interreligiöse Aspekte (siehe Interkultureller Lehrgang im<br />
Bildungshaus Batschuns), usw.<br />
Zusatzmodule zu den Themen<br />
- Sprachentwicklung – Sprachförderung<br />
- spezielle Begleitung von einzelnen Kindern<br />
- Elternarbeit – Moderation von Veranstaltungen<br />
- Sprachstanderhebung (muttersprachlich und deutsch)<br />
Generell soll die Möglichkeit geschaffen und gesucht werden,<br />
dass geeignete Personen mit verschiedenen Muttersprachen in<br />
die pädagogische Arbeit in Kindergärten mit eingebunden werden.<br />
(als fixe Angestellte oder vor allem im Landespool)<br />
Landespool besteht aus mobilen Fachpersonen, die regelmäßige<br />
oder punktuelle Unterstützung in Kinderbetreuungsgruppen<br />
oder Kindergartengruppen mit einbringen. Mehrsprachige Personen<br />
sind besonders gefragt. Die muttersprachliche Sprachstandfeststellung<br />
gehört zu den Kernaufgaben dieser Personen.<br />
Kooperationsverträge mit Eltern in denen zum einen klargestellt<br />
wird, was im Kindergarten geleistet werden wird und zum ande-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
39<br />
ren auch klargestellt wird, welche Unterstützung in die Sprachförderung<br />
die Eltern einbringen.<br />
Entwicklung einer standardisierten Form der Dokumentation für<br />
Sprachentwicklung<br />
3.4<br />
EINRICHTUNGEN UND INSTITUTIONEN<br />
Ziel: Alle beteiligten Fachstellen sind miteinander vernetzt und<br />
koordiniert. Die notwendigen Aufgaben sind so aufgeteilt, dass<br />
eine landesweit flächendeckende Sprachentwicklung und<br />
Sprachförderung gewährleistet ist. Eine Landeskoordinationsstelle<br />
übernimmt die Gesamtverantwortung und ist die bekannte<br />
Servicestelle und Informationsdrehscheibe für alle definierten<br />
Aufgaben. Die Verbindlichkeit der übernommenen (oder zugeteilten)<br />
Aufgaben ist geknüpft an Jahrestätigkeitsberichte und<br />
externe Evaluation. Eventuelle Fördermittel stehen damit in<br />
Verbindung.<br />
Wünschenswert:<br />
eine offene und engagierte Haltung diesem Thema gegenüber<br />
führt zu einer neugierigen und tatkräftigen Auseinandersetzung<br />
im ganzen Land<br />
die kernkompetenten Einrichtungen stellen ihr Wissen für andere<br />
zur Verfügung<br />
alle Lebensbereiche, die alltäglichen Kontakt mit migrantischen<br />
Kindern und Familien haben oder haben können, sind in dieses<br />
Netz mit eingebunden (Vereine, Büchereien, Museen,<br />
Freizeiteinrichtungen, etc.)<br />
Notwendigkeit:<br />
eine Landesstelle mit Gestaltungskompetenz ist einzurichten<br />
oder zu bestimmen<br />
- diese Landesstelle übernimmt die Gesamtkoordination und<br />
Gesamtverantwortung für den Bereich der Sprachförderung für<br />
Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache<br />
- Arbeitskreise koordinieren spezielle Aufgabenfelder<br />
- Elternbildung – Brückenbauerinnen<br />
- pädagogisch fachliche Tätigkeiten<br />
- betroffene Lebensbereiche gestalten<br />
- Regionale Kooperationsgruppen werden aufgebaut, auf den<br />
Ebenen der<br />
- Gemeindeverwaltung<br />
- Kindergartenleitung<br />
- speziellen SprachförderInnen<br />
- Landesweite Kooperationsgruppe wird installiert mit<br />
- Kiga-Inspektorat<br />
- Familypoint<br />
- Servicestelle für Spielgruppen<br />
- Abteilung II<br />
- bestehende Einrichtungen im Land erweitern ihr Angebot im<br />
notwendigen Maße aus, damit alle Aufgaben erfüllt werden.<br />
- es findet eine jährliche Evaluation der geleisteten Arbeit statt,<br />
die sich besonders darauf konzentriert, mit welchen<br />
Deutschsprachkenntnissen Kinder mit nichtdeutscher<br />
Muttersprache in die Schule kommen.<br />
-<br />
es ist besonders darauf zu achten, dass Einrichtungen von<br />
Menschen mit migrantischem Hintergrund miteingebunden werden<br />
und fixe Aufgaben übernehmen.
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
Zu diesen Einrichtungen können zählen:<br />
Arbeiterkammer<br />
katholische Kirche<br />
- Lernhilfemütter<br />
- eltern.chat<br />
Bildungsträger - Bildungshäuser<br />
- Bildungshaus Batschuns<br />
- Volkshochschule<br />
- Arbogast<br />
- Schloss Hofen<br />
private Anbieter<br />
- INKA<br />
- Galileo<br />
- VOTEV<br />
islamisches Kulturzentrum<br />
andere türkische Verbände<br />
Türkische Botschaft<br />
Strukturelle Unterstützung:<br />
siehe oben genannte Notwendigkeiten<br />
Quelle: ernst.6900<br />
40
4. Kapitel:<br />
„Gute Praxismodelle“<br />
4.1<br />
SPRACHFÖRDERMETHODEN<br />
Das Angebot an Sprachfördermethoden zum Erwerb der deutschen<br />
Sprache als Zweitsprache für Kinder im Vorschulalter ist<br />
inzwischen wirklich sehr groß. Neben renommierten Fachinstituten<br />
haben sich besonders die einzelnen deutschen Bundesländer<br />
sehr engagiert und Sprachfördermodelle entwickelt bzw. entwickeln<br />
lassen, die sie nun den Pädagoginnen in den Kindertagesstätten<br />
anbieten. Ganz prinzipiell unterscheiden sich die einzelnen<br />
Angebote nicht wesentlich. Sie achten die jüngsten wissenschaftlichen<br />
Erkenntnisse und sind darauf aufgebaut, dass ein<br />
kontinuierliches und alltägliches Sprachförderangebot in den<br />
Gruppen stattfindet. Bemerkt werden soll, dass diese Sprachfördermodelle<br />
natürlich allen Kindern in den Gruppen Nutzen stiften<br />
– den Kindern mit deutscher Muttersprache genauso wie den<br />
Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache.<br />
In der nachstehenden Aufstellung (die kein Anspruch auf<br />
Vollständigkeit erhebt) sind nur solche Modelle enthalten, die auf<br />
der einen Seite auch Schulungsmaßnahmen für das pädagogische<br />
Personal anbieten und auch alltagstaugliches Material mitentwikkelt<br />
haben.<br />
4.1.1<br />
„Würzburger Koffer“ – „Hören, lauschen, lernen<br />
mit den Würzburger Trainingsprogrammen“<br />
entwickelt von der Universität Würzburg, Institut für Psychologie<br />
Alle Programme unter:<br />
http://www.phonologische-bewusstheit.de/programm.htm<br />
Die Trainingsprogramme sind für folgende 5 Anwendungskreise<br />
konzipiert:<br />
- Das Gruppentraining mit dem Würzburger Trainingsprogramm<br />
nach dem Arbeitsbuch „Hören, lauschen, lernen“ (Petra Küspert,<br />
Wolfgang Schneider: „Hören, lauschen, lernen“, Arbeitsheft und<br />
Arbeitsmate-rial, Verlag; Vandenhoeck & Ruprecht, ISBN 3-525-45841-X)<br />
- Die Multimediaversion des Würzburger Trainingsprogramm zur<br />
phonologischen Bewussheit<br />
- Das Sprachprogramm zur Buchstaben – Laut – Verknüpfung<br />
- Das Übungsprogramm Lauschen, reimen, Silben trennen<br />
- Das Übungsprogramm Sätze, Wörter, Laute<br />
Das Gruppentraining nach dem Arbeitsbuch „Hören, lauschen,<br />
lernen“ besteht aus sechs Übungseinheiten (mit insgesamt 57<br />
Spielen), die inhaltlich aufeinander aufbauen. Die Spiele dieser<br />
Übungseinheiten verfolgen das Ziel, den Vorschulkindern Einblick<br />
in die Lautstruktur der gesprochenen Sprache zu vermitteln.<br />
Im Vordergrund steht die akustische Diskrimination bzw.<br />
Abstraktion sprachlicher Segmente wie Wörter, Reime, Silben<br />
und Phoneme. Es geht dabei um eine Förderung der Vorläuferfertigkeit<br />
phonologische Bewusstheit und nicht um das vorgezogene<br />
Lesen- und Schreibenlernen! Das Programm ist mit vielen<br />
Bildern, Bewegungs- und Singspielen sehr spielerisch gestaltet<br />
und will den Kindern nicht nur Einblick in die Welt der Laute,<br />
sondern auch Freude im Umgang mit der Sprache vermitteln.<br />
Dieses Programm bezieht sich auf alle Kinder der Gruppe, egal<br />
welche Erstsprache sie erlernt haben. Ein gezieltes Zusatzprogramm<br />
für Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache lässt sich<br />
ganz leicht ergänzen. Weiters lässt es sich sehr gut mit dem<br />
Bielefelder Sprachscreening kombinieren. Eintägige Personal-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
41<br />
schulungen werden für dieses Programm von mehreren Fortbildungsträgern<br />
angeboten. Die direkte und nahe Zusammenarbeit<br />
mit Eltern ist in diesen Modellen mitberücksichtigt:<br />
Unterstützung der Fördermaßnahmen durch die Eltern<br />
Die Multimediaspiele aus den Übungsprogrammen Lauschen,<br />
Reimen, Silben trennen und Sätze, Wörter, Laute bieten die Möglichkeit,<br />
Fördermaßnahmen bei Vorschulkindern und Kindern in<br />
den Eingangsklassen von Grund- und Sonderschulen sowie in<br />
Praxen durch ein zusätzlichen Üben zu Hause zu unterstützen.<br />
Dies kann allen Kindern helfen und sie zusätzlich motivieren,<br />
kann aber vor allem bei Kindern mit Defiziten in phonologischer<br />
Bewusstheit eine wertvolle Unterstützung sein. Hinweise, wie<br />
man die Übungsprogramme am Besten zur Unterstützung des<br />
Gruppentrainings einsetzt, enthält das Handbuch zur Multimediaversion.<br />
Eine an der Universität Würzburg durchgeführte Akzeptanzstudie<br />
mit den Programmen brachte bei 28 Eltern mit Vorschulkindern<br />
u.a. folgende Ergebnisse:<br />
25 Anwender hielten die Programme für die Kinder für sehr gut<br />
bis gut geeignet, zwei für mittelmäßig und einer für wenig<br />
geeignet<br />
26 Anwender gaben an, dass die Multimediaspiele den Kindern<br />
sehr großen bis großen Spaß gemacht hatten<br />
27 Kinder gaben an, dass ihnen die Spiele mit dem Hamster gut<br />
gefallen hatten; ein Kind gab eine mittlere Einschätzung<br />
20 Kinder gaben an, dass sie die Spiele gut verstanden hatten, 7<br />
Kinder gaben eine mittlere Einschätzung und ein Kind gab an,<br />
es hätte die Spiele nicht gut verstanden<br />
-<br />
“Der Hamster” wurde überwiegend positiv beurteilt (24 gut; 4<br />
mittel) und die Frage nach dem Wunsch, die Spiele öfter zu<br />
spielen wurde von 21 Kindern bejaht, 6 gaben „vielleicht“ an<br />
und ein Kind „nein“<br />
Sprachförderung gewinnt stärkere Bedeutung (Text: Caritas)<br />
Würzburger Trainingsprogramm für Kindergärten - vom Informationsdienst<br />
der Diözese Speyer (www.bistum-speyer.de)<br />
Speyer (11.12.2003). Die katholischen Kindergärten im Bistum Speyer fördern<br />
verstärkt die Sprachentwicklung. Rund ein Drittel der 267 katholischen<br />
Kindertagesstätten haben in diesem Jahr das Würzburger Trainingsprogramm<br />
eingeführt. Das von der Universität Würzburg entwickelte<br />
Trainingspro-gramm verbessert das Sprachgefühl der Kinder und beugt<br />
Schwierigkeiten beim Lesen- und Schreibenlernen vor. Durch tägliche<br />
Übungen lernen die Kinder, auf den Klang von Lauten, Silben und Wörtern<br />
zu achten. Dabei spielen Lauschübungen und Reime eine wichtige Rolle.<br />
“Die Kinder lernen nicht Buchstaben, sondern das genaue Hinhören”,<br />
erläutert Stephan Rieder von der Erziehungsberatungsstelle des<br />
Caritasverbandes in Germersheim.<br />
Das Thema Sprachförderung stößt bei den katholischen Kindergärten auf<br />
großes Interesse. Bei Fortbildungen in Neustadt und Pirmasens informierten<br />
sich Anfang Dezember rund 100 Erzieherinnen und Erzieher über die<br />
theoretischen Grundlagen und den praktischen Einsatz des Würzburger<br />
Trainingsprogramms. “Gerade Kinder, die kurz vor der Einschulung stehen,<br />
sind sehr aufnahmefähig”, hat Katharina Scherer, Leiterin der Kinder-
-<br />
-<br />
stätte Arche Noah Ludwigshafen, beobachtet. “Durch das Würzburger<br />
Trainingsprogramm hat sich nicht nur ihr Sprachgefühl, sondern auch ihre<br />
Konzentrationsfähigkeit verbessert. Die Kinder können länger und besser<br />
zuhören”, berichtet sie.<br />
Für Johanna Schmitterer-Schneider, Fachberaterin für die katholischen<br />
Kindertagesstätten beim Caritasverband für die Diözese Speyer, stellt das<br />
Würzburger Trainingsprogramm eine Chance dar, den Kindern den Übergang<br />
in die Schule zu erleichtern und der Zusammenarbeit zwischen<br />
Kindergarten und Grundschule neue Impulse zu geben. “Viele Lehrer<br />
bestätigen, dass Kinder, die am Würzburger Trainingsprogramm teilgenommen<br />
haben, leichter lesen und schreiben lernen.” Im nächsten Jahr<br />
werden etwa 90 katholische Kindergärten im Bistum Speyer das<br />
Würzburger Trainingsprogramm einführen, so Johanna Schmitterer-<br />
Schneider.<br />
In <strong>Vorarlberg</strong> gibt es einige Kindergartenpädagoginnen, die sich<br />
methodisch an den Würzburgerkoffer anlehnen.<br />
4.1.2<br />
Projekt „Frühstart“ und „Wir verstehen uns gut“<br />
Gemeinnützige Hertie-Stiftung, Grüneburgweg 105, 60323 Frankfurt<br />
Herbert-Quandt-Stiftung, Am Pilgerrain 15, 61352 Bad Homburg<br />
Türkisch-Deutsche Gesundheitsstiftung e.V., Friedrichstr. 13, 35392<br />
Gießen<br />
Verantwortlich: Diplom-Pädagogin Mehtap Sanli, c/o Türkisch-Deutsche<br />
Gesundheitsstiftung e.V., Friedrichstr. 13, 35392 GießenIm Internet<br />
unter: http://www.projekt-fruehstart.de/frames2.php<br />
Erzieherinnen in Kindergärten mit hohem Zuwandereranteil<br />
brauchen dringend Kenntnisse und Methoden, um eine optimale<br />
Sprachförderung für Zuwandererkinder leisten zu können.<br />
Frühstart möchte in einem intensiven Fortbildungsprogramm für<br />
Erzieherinnen die Grundlage für eine erfolgreiche sprachliche<br />
Bildung im Kindergarten legen.<br />
Geschichten, Gedichte, Fingerspiele, Abzählreime, Märchen,<br />
Lieder, Rollenspiele, Malen – das Konzept »Wir verstehen uns<br />
gut – spielerisch deutsch lernen« gibt den Erzieherinnen vielfältige<br />
didaktische und inhaltliche Möglichkeiten zur Vermittlung<br />
der deutschen Sprache an die Hand. Es versetzt sie in die Lage,<br />
die Sprachförderung in ihren Arbeitsalltag einzubinden. Entwickelt<br />
und publiziert wurde es von Elke Schlösser. Sie leitet die<br />
frühstart-Erzieherinnenfortbildung.(Elke Schlösser: Wir verstehen<br />
uns gut - Spielerisch Deutsch lernen. Methoden und Bausteine<br />
zur Sprachförderung für deutsche und zugewanderte<br />
Kinder als Integrationsbeitrag in Kindergarten und Grundschule,<br />
Ökotopia Verlag, Münster 2001).<br />
4.1.3<br />
„Sprache und frühkindliche Bildung“<br />
Entwickelt hat das Programm „Sprache und frühkindliche Bildung“ als<br />
Erweiterung des bekannten Kon-Lab-Programms der Schweizer<br />
Sprachwissenschaftler Dr. Zvi Penner. Kon-Lab GmbH, Dörflistr. 13a, CH-<br />
8572 Berg, Tel. 0041-71-6380230<br />
Im Internet unter: http://www.kon-lab.com<br />
Das Programm „Sprache und frühkindliche Bildung“ verbindet<br />
eine umfassende Sprachförderung mit den drei Kernlernfeldern<br />
der Bildungs- und Orientierungspläne:<br />
Sprache als Grundlage für das Verstehen des zu vermittelnden<br />
Wissens<br />
Spracherwerbsregeln und -strategien als Schlüssel zum Erwerb<br />
der deutschen Sprache und als Grundlage für das „Lernen lernen”<br />
-<br />
42<br />
Literacy, Naturwissenschaft und Mathematik als<br />
Lernumgebung für die Sprachförderung<br />
Es eignet sich für die Arbeit mit allen Kindern von 0-6 Jahren<br />
und bezieht auch Kinder mit Spracherwerbsverzögerungen und<br />
Kinder mit Deutsch als Zweitsprache mit ein.<br />
Dieses Sprachförderprogramm besteht aus einem abwechslungsreichen<br />
Medienmix. Er ermöglicht den systematischen Aufbau<br />
aller notwendigen Sprachkompetenzen der Kinder.<br />
Das Programm setzt sich zusammen aus den 5 Bestandteilen:<br />
Fortbildungen, multimediale Materialien, Praxisordner, Fachbücher<br />
und dem Handbuch.<br />
Die modular aufgebauten Fortbildungen qualifizieren die<br />
ErzieherInnen für den Einsatz des Programms. Mit einer Vielzahl<br />
multimedialer Materialien wird die Sprachförderung dann in die<br />
Praxis umgesetzt.<br />
Zusätzlich bieten Praxisordner zahlreiche Aktivitäten, mit denen<br />
in den verschiedenen Lernfeldern sprachliche Fördermaßnahmen<br />
durchgeführt werden können. Die Fachbücher vertiefen das theoretische<br />
Wissen der ErzieherInnen, zum Beispiel zum Thema<br />
„Sehr frühe Förderung als Chance“.<br />
Das Handbuch verknüpft die einzelnen Bestandteile des Programms<br />
miteinander und erläutert ihre Anwendung.<br />
Es gibt ein speziell für dieses Programm konzipiertes<br />
Fortbildungsmodulangebot. (siehe 4.4.4).<br />
4.1.4<br />
„SpiKi“ – Spracherziehung und Sprachförderung<br />
in Kindertagesstätten<br />
Jugendamt der Stadt Nürnberg, Wilfried Knerr<br />
im Internet unter: www.spiki.nuernberg.de<br />
Um die Kinder und die pädagogischen Fachkräfte zu unterstützen,<br />
hat das Jugendamt der Stadt Nürnberg ein Programm zur<br />
Sprachförderung in Kindertageseinrichtungen (SpiKi) entwickelt.<br />
SpiKi hat folgende Schwerpunkte:<br />
- Förderung der phonologischen Bewusstheit<br />
- Dialogisches Lesen<br />
- Schriftsprachliche Erfahrungen bieten<br />
- Lust auf und an Sprache wecken<br />
- Sprachkurse für Mütter mit Migrationshintergrund<br />
- Stärkung der Persönlichkeit der Kinder<br />
-<br />
Bildung und Chancengleichheit
-<br />
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-<br />
-<br />
-<br />
SpiKi ist ...<br />
aus der Praxis, für die Praxis –<br />
wissenschaftliche ergänzt und abgesichert<br />
übertragbar auf andere Kitas und Träger<br />
auf der Grundlage des lebensweltorientierten Ansatzes<br />
bedarfsorientiert, lebendig und innovativ<br />
messbar erfolgreich<br />
SpiKi besteht aus vier Bausteinen:<br />
Den derzeit fünf Praxisprojekten (Lesefreude, Schultüte,<br />
Phonologisch-Hand in Hand, Mama lernt Deutsch im<br />
Kindergarten, Literacy Center)<br />
Qualifizierungsmaßnahmen für pädagogische Fachkräfte und<br />
Ehrenamtliche<br />
Entwicklung von Arbeitsgrundlagen zur Umsetzung der<br />
Praxisprojekte<br />
Kooperationen zur wissenschaftlichen Begleitung und der<br />
Vernetzung mit<br />
Partnern vor Ort<br />
Zu all diesen fünf Projekten gibt es eigens entwickelte<br />
Praxisbehelfe:<br />
Praxisprojekt “Lesefreude”<br />
Ehrenamtliche lesen regelmäßig in den Kindertageseinrichtungen,<br />
in Kleingruppen, über einen Zeitraum von etwa einem Jahr,<br />
nach dem dialogischen Prinzip. So fördern sie die Kinder intensiv<br />
in ihrer Sprach- und Persönlichkeitsentwicklung. Die<br />
Ehrenamtlichen werden dabei vom Jugendamt fachlich qualifiziert<br />
und unterstützt. Zurzeit sind etwa 100 Ehrenamtliche in 75<br />
Krippen, Kindergärten und Kinderhorten tätig. Im Betriebsjahr<br />
2004/2005 fand mit Kindertageseinrichtungen der Stadt Nürnberg<br />
die erste Studie über die Auswirkungen des dialogischen<br />
Lesens im deutschsprachigen Raum in Kooperation mit der<br />
Erziehungswissenschaftlichen Fakultät der Universität Erlangen-<br />
Nürnberg statt.<br />
Praxisprojekt<br />
“Phono–logisch – Hand in Hand”<br />
Kinderkrippen, Kindergärten und Kinderhorte trainieren spielerisch,<br />
in enger Kooperation mit den Grundschulen, die phonologische<br />
Bewusstheit der Kinder, sowohl in der täglichen pädagogischen<br />
Arbeit, als auch systematisch in speziellen Fördergruppen<br />
als Grundlage für den Lese- und Schreiblernprozess. Wir<br />
überprüfen in allen unseren Kindergärten Kinder, die im kommenden<br />
Jahr eingeschult werden, bezüglich ihrer phonologischen<br />
Fähigkeiten. Daran knüpft die systematische Förderung<br />
der Kinder an.<br />
43<br />
ARS – Anlaute hören, Reime finden, Silben klatschen<br />
Ein Erhebungsverfahren zur phonologischen Bewusstheit<br />
für Vorschulkinder und Schulanfänger<br />
Im Rahmen des Praxisprojekts “Phono-logisch-Hand in Hand”<br />
stellte sich schnell heraus, dass die Fachkräfte in den Kindertageseinrichtungen<br />
und Schulen ein Diagnostikinstrument brauchen,<br />
um eine gezielte Förderung beginnen zu können. So<br />
wurde in einer beispielhaften interdisziplinären<br />
Zusammenarbeit von Wissenschaft (Universität Koblenz-<br />
Landau und Universität Passau) und Praxis (Jugendamt der<br />
Stadt Nürnberg und staatliches Schulamt in der Stadt Nürnberg)<br />
das Erhebungsverfahren ARS entwickelt, das spielerisch und<br />
zeitlich effektiv anwendbar ist und trotzdem eine gute<br />
Prognosekraft besitzt.<br />
Mit dabei ist eine CD mit Arbeitsanweisungen und muttersprachlichen<br />
Beispielen in 10 verschiedenen Sprachen. So können auch<br />
Kinder ohne bzw. mit geringen Deutschkenntnissen getestet werden.<br />
Das Buch (mit CD) ist über den Buchhandel erhältlich:<br />
ISBN 3-403-04251-0.<br />
Praxisprojekt<br />
“Schultüte – Mama und ich spielend in die Schule”<br />
Familien mit Migrationshintergrund werden mit ihren Kindern<br />
auf deren Einschulung vorbereitet. Die Themen Schultüte, Schultasche,<br />
Schulweg, gesunde Ernährung, der Gebrauch eines<br />
Wörterbuchs, das Bayerische Schulsystem und die Möglichkeiten,<br />
Kinder zu Hause zu unterstützen, stehen im Mittelpunkt des<br />
Kurses, genau wie die Motivation der Eltern, ihre Deutschkenntnisse<br />
weiter zu entwickeln. Das Projekt wird in Kooperation mit<br />
dem Bündnis für Familie durchgeführt. Das Bündnis für Familie<br />
hat zum Projekt Schultüte eine Praxishilfe erstellt. Sie finden<br />
darin Betrachtungen zur interkulturellen Pädagogik in Kindertageseinrichtungen<br />
und eine genaue Beschreibung der durchgeführten<br />
acht Kurseinheiten des Praxisprojekts.<br />
Praxisprojekt<br />
“Mama lernt Deutsch im Kindergarten“<br />
Der Erwerb von Grundkenntnissen in Deutsch, die Steigerung<br />
der kommunikativen Kompetenz, deren Erprobung in<br />
Alltagssituationen, Informationen über die Kindertagesstätte, die<br />
berufliche Orientierung und das Knüpfen von Kontakten zwischen<br />
den Teilnehmerinnen sind Ziele des Kurses.<br />
Kinderbetreuung wird bei Bedarf angeboten. Das Praxis-Projekt<br />
wird durchgeführt in Kooperation mit dem Bildungszentrum der<br />
Stadt Nürnberg und gefördert durch den Europäischen<br />
Sozialfonds.<br />
“Literacy-Center”<br />
Ein Literacy-Center ist ein Bereich in einem Kindergarten oder<br />
einem Kinderhort, der ein ganz bestimmtes Thema hat (z.B.<br />
Eisdiele, Bücherei, Schönheitssalon, Flughafen...) und die<br />
Kinder zum Rollenspiel auffordert. Im Center werden vielfältige<br />
Begegnungen mit der Schriftsprache initiiert. Die Center werden<br />
von und durch die Kinder nach den Prinzipien der Projektarbeit<br />
gestaltet.
-<br />
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Für das englische Wort „literacy“ gibt es leider keine deutsche<br />
Entsprechung. Es beschreibt alles rund um die Schrift-, Buchund<br />
Erzählkultur.<br />
Entwicklung von Arbeitsgrundlagen<br />
Praxishilfen zu den Praxisprojekten<br />
Ergebnisse aus Fortbildungen und Arbeitsgemeinschaften<br />
ARS - Testverfahren zur phonologischen Bewusstheit<br />
Entwicklung von Spielmaterialien zum Training der phonologischen<br />
Bewusstheit<br />
Konzepte für Elternabende zu verschiedenen sprachlichen<br />
Aspekten<br />
Entwicklung von Leitlinien interkultureller Arbeit in<br />
Kindergärten (InkuTra)<br />
Praxisgerechte Umsetzung von SISMIK<br />
Film über SpiKi<br />
Lehrfilm zum Thema „Dialogisches Lesen“<br />
Entwicklung von Liedgut, Tänzen, Spielen, Materialien usw.<br />
zum Training der phonologischen Bewusstheit in<br />
Kinderkrippen, Kindergärten und Kinderhorten<br />
4.1.5<br />
Sprachförderkoffer für Kindertagesstätten<br />
Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport, Berlinund Institut für kreative<br />
Sprachförderung und interkulturelle Kommunikation der GFBM e. V.<br />
Kontakt: Dr. Sven Walter<br />
Der Berliner Sprachkoffer mit dazu gehörigem Handbuch ist ein<br />
ausgesprochen praxisbezogenes Arbeitsmaterial. Das Handbuch<br />
ist aufgebaut in 10 Kapitel (Grundlagen des Spracherwerbes und<br />
das Thema Deutsch als Zweitsprache, sowie eine Sammlung für<br />
Beratungsstellen und eine sehr aktuelle Literaturliste sind gut<br />
verständlich und übersichtlich ausgearbeitet) von denen 6<br />
Kapitel sich konkret um die Sprachförderung drehen:<br />
Brückensätze für die Eingewöhnungsphase in 10 verschiedenen<br />
Sprachen<br />
Sprachkönnen und Förderbedarf (kann anhand des konkreten<br />
Materiales festgestellt werden und dadurch ergibt sich automatisch<br />
das notwendige Förderprogramm)<br />
Wortlernkarten (diese sind in die Bereiche Mensch – Umwelt –<br />
Tiere – Pflanzen – Welt eingeteilt und sind so ausgerichtet, dass<br />
das aktive Verwenden dieser Wörter einen Schulstart unterstützen)<br />
Spracherwerb kreativ fördern (die Wortlernkarten sind so konzipiert,<br />
dass sie für verschiedene Kreativtechniken brauchbar<br />
sind: Geschichten zum mitmachen und zum zuhören,<br />
„Artikelrätsel“, Sammlungen und Legespiele, Rituale (z.B. zum<br />
Wetter, zur Stimmung, etc) Reime und Lieder, „Bücher<br />
machen“, korrektive Wiederholungen, mit Ton als<br />
Arbeitsmaterial arbeiten, Figurenspiele)<br />
Einbeziehung der Eltern (zielt auf Feststellung des muttersprachlichen<br />
Entwicklungsstandes ab, informiert sie über ihre<br />
-<br />
44<br />
Möglichkeiten der Unterstützung ihres Kindes im muttersprachen<br />
Spracherwerb und erklärt die Arbeitsmethode des Sprachkoffers<br />
– diese Information soll regelmäßig anhand der Dokumentationen<br />
wiederholt werden.<br />
Dazugehörige Materiallisten und Kopiervorlagen<br />
Zum Handbuch und dem Sprachkoffer gibt ein ausgesprochen<br />
praktisches und sehr umfangreiches „Sprachlerntagebuch“, mit<br />
welchem die Dokumentation des Sprachlernprogramms und der<br />
Sprachentwicklungsschritte des Kindes sehr gut festgehalten<br />
werden kann.<br />
4.1.6<br />
Hokus und Lotus - Wie kleine Kinder eine zweite<br />
Sprache lernen können<br />
Ein Angebot für Kinder aus Zuwandererfamilien im Alter<br />
von 3 – 8<br />
Ansprechpartnerin: Frau Dr. Monika Springer-Geldmacher; Hauptstelle<br />
RAA NRW;<br />
Tiegelstr. 27; 45141 Essen; Fon: 0049-201/83 28 304<br />
E-Mail: springer-geldmacher.hauptstelle@raa.de<br />
im Internet unter: http://www.raa.de/hokus-und-lotus.html<br />
Warum wird ein Kind eine neue Sprache lernen? Weil sie so<br />
schön klingt? Weil sie ihm gefällt? Nein, ein Kind wird eine neue<br />
Sprache lernen wollen, weil es in Beziehung treten will zu einem<br />
Menschen, der ihm gefällt. In den Geschichten von Hocus und<br />
Lotus geht es immer auch um Beziehungen zum anderen und<br />
dem Wunsch nach Kommunikation. Hocus und Lotus, eine<br />
Mischung aus Dinosaurier und Krokodil, erleben die Welt aus<br />
Kindersicht. Sie probieren viel aus, lernen andere Wesen und die<br />
Naturgewalten kennen, schließen Freundschaften, erleben<br />
Abenteuer und machen Dummheiten, sie zanken und vertragen<br />
sich.<br />
Es wird in die Methode praktisch eingeführt: Wie man eine magische<br />
Lernzeit herstellt, in der die Kinder sich ganz auf die andere<br />
Sprache einstellen können. Wie im Wechsel von Erzählung,<br />
Spiel und Gesang die Geschichten mit Kindern erlebt und verinnerlicht<br />
werden. Wie durch Wiederholung die Sprache und ihre<br />
Strukturen verankert werden.<br />
Die Geschichten sind in jeweils sechs Formate für die Dauer<br />
eines Jahres aufgeteilt. In deutscher Sprache gibt es das Programm<br />
für ein fünf Jahre beanspruchendes Lernpaket. Die RAA<br />
empfiehlt das Programm für das Erlernen der Zweitsprache<br />
Deutsch. Darüber hinaus kann das Programm auch für das Vermitteln<br />
der Fremdsprachen Italienisch, Französisch, Englisch<br />
und Spanisch im Kindergarten eingesetzt werden.<br />
Weitergehende Informationen zu dem Produkt „Hocus und Lotus“<br />
finden sich auf der genannten homepage<br />
(http://www.raa.de/hokus-und-lotus.html).<br />
<strong>SPRACHE</strong><br />
<strong>BILDUNG</strong><br />
<strong>INTEGRATION</strong>
4.1.7<br />
Andere Sprachförderprogramme<br />
„Abenteuer Sprache“,<br />
Jugendamt Dortmund (Gesamtprojekt), Fachbereich Tagesseinrichtungen<br />
für Kinder und Tagespflege in Familien,<br />
Ostwall 64, 44122 Dortmund, Tel 0049 – 231 – 50-23485<br />
Download:<br />
http://www1.dortmund.de/upload/binarydata_do4ud4cms/68/57/04/00/00<br />
/00/45768/spracherwerb.pdf<br />
„CHANCEN – Sprache lernen im Kindergarten“,<br />
Bundesland Niedersachsen, als Broschüre erhältlich ISBN 0340-3718 oder<br />
im Internet unter www.mfas.niedersachsen.de unter Themen – Soziales –<br />
Ausländerinnen und Ausländer<br />
„Sag mal was – Sprachförderung für Vorschulkinder“<br />
Die LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg führt seit Juni 2003 das<br />
Projekt ´´Sag mal was - Sprachförderung für Vorschulkinder´´ durch.<br />
Im Auftrag der LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg und in<br />
Zusammenarbeit mit dem Kinder- und Jugendamt der Stadt<br />
Heidelberg, dem Fachbereich Bildung der Stadt Mannheim, dem<br />
Seminar für Deutsch als Fremdsprachenphilologie (SDF) der<br />
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg sowie der Reimann-<br />
Dubbers-Stiftung (Heidelberg) und der Dürr- Stiftung (Hamburg)<br />
werden im Zeitraum 2005-2008 die spezifischen Sprachfördermaßnahmen<br />
im vorschulischen Bereich auf ihre Effekte<br />
hinsichtlich der sprachlichen sowie schulischen Entwicklung der<br />
Kinder überprüft.<br />
Unter: http://www.sagmalwas-bw.de/projekt01/index.php werden die verschiedenen<br />
Projekte und sehr umfangreich ausgearbeiteten Materialien<br />
vorgestellt.<br />
SPRACHFÖRDERUNG IM KINDERGARTEN:<br />
DIE “OSNABRÜCKER MATERIALIEN” KONZEPTION UND<br />
ZIELSETZUNGEN<br />
von Doris Tophinke, Rheinstr. 20, 79104 Freiburg/Br.,<br />
doris.tophinke@onlinehome.de, www.sprachfoerderung.com<br />
Drei Spiel- und Übungsbereiche<br />
Die Osnabrücker Materialien gliedern sich in drei Spiel- und<br />
Übungsbereiche, die sich jeweils auf bestimmte Eigenschaften<br />
der deutschen Sprache konzentrieren. Eine Handpuppe führt als<br />
Spielpartner der Kinder in die Spiele und Übungen ein und<br />
begleitet sie.<br />
Teil I: Wörter als Elemente von Sätzen und Satzmuster<br />
Teil II: Wortbetonungsmuster<br />
Teil III: Elemente der Silben<br />
Quelle: ernst.6900<br />
45<br />
4.2<br />
SPRACHSTANDSFESTSTELLUNGEN<br />
4.2.1<br />
Grundsätzliches<br />
Wenn die Zielsetzung „jedes Kind soll die deutsche Sprache bis<br />
zum Schuleintritt so gut beherrschen, dass es dem Unterricht problemlos<br />
folgen kann“ ernst gemeint ist, müssen einige Standards<br />
auf diesem Weg definiert und eingehalten werden. Einer dieser<br />
Standards sind Sprachstandfeststellungen. Im Laufe der Zeit von<br />
3 bis 6 Jahren ist es wichtig zu erkennen, welche sprachlichen<br />
Entwicklungen ein Kind sowohl in der Muttersprache wie auch<br />
in der deutschen Sprache gemacht hat. Es macht wenig Sinn,<br />
diese Sprachstandsfeststellung erst im letzten Jahr vor der Einschulung<br />
zu machen, wie dies das Sprachticketprojekt vor sieht,<br />
da erstens wertvolle Zeit in den Jahren 3 und 4 verstrichen ist und<br />
zweitens die Zeit bis zum Schuleintritt nur mehr sehr kurz ist.<br />
Stress ist kein guter Lehrmeister.<br />
Sprachstandsfeststellungen haben die Ziele:<br />
- den Stand der Sprachbeherrschung verlässlich zu erfassen und<br />
damit die Kinder herauszufiltern, die Förderbedarf haben.<br />
Allerdings werden diese Sprachstandsfeststellungen von Fachleuten<br />
sehr unterschiedlich und zum Teil sehr kritisch bewertet.<br />
Vor allem dann, wenn die Sprachstandfeststellung von einer<br />
Person durchgeführt wird, die für das Kind fremd ist und/oder die<br />
Umgebung für das Kind fremd ist. Prof. Dr. Johannes Merkel<br />
von der Universität Bremen dazu: „Einmal erfolgen fast alle<br />
Erhebungen in Testsituationen, die die Kinder mit einer fremden<br />
Person konfrontieren. Sprachäußerungen von Kindern im Elementarbereich<br />
hängen aber entscheidend von der Beziehung ab,<br />
die sie zum Gesprächspartner haben oder eben nicht haben, und<br />
von der Situation, in der sie sich äußern möchten oder die ihre<br />
Äußerungen hemmen. Dazu kommt als weiterer Faktor die<br />
Tagesform des Kindes. Schließlich wird das Sprachverhalten der<br />
Testkinder auch von dem Interesse beeinflusst, das das verwendete<br />
Testmaterial und die den Kindern gestellten Aufgaben hervorrufen<br />
oder eben nicht hervorrufen.“<br />
Diese Meinung vertreten offensichtlich viele Menschen, die eine<br />
flächige Sprachförderung organisiert haben und dabei die Anwendung<br />
von Sprachstandsfeststellungen miteingebunden<br />
haben. Sehr häufig werden diese nämlich nicht als punktgenaue<br />
Ereignisse angesehen, sondern als Beobachtungsinstrument für<br />
die jeweiligen Pädagoginnen angewandt. In diesem Kapitel soll<br />
davon ausgegangen werden.<br />
4.2.2<br />
Übersicht verschiedener Produkte<br />
Einen Gesamtüberblick über derzeit in Verwendung befindlichen<br />
Sprachstandsfeststellungen zu geben, ist kaum möglich, da eine<br />
Vielzahl an „selbst gebastelten Produkten in Verwendung sind“<br />
(siehe Sprachstandsfeststellungsvorschlag in den Unterlagen für<br />
Direktoren im Rahmen des Sprachticketverfahren), welche den<br />
Anforderungen der wissenschaftlichen Erkenntnissen, die notwendige<br />
Bausteine der Sprachentwicklung eines Kindes zu erfassen,<br />
nicht gerecht werden.
Ausnahmen bestätigen die Regel. Viele dieser nun angeführten<br />
Produkte sind vielseitig verwendbar. Das Ziel ist es die (Sprach-)<br />
Entwicklung des Kindes zu beobachten, zu dokumentieren und<br />
damit die Möglichkeit zu schaffen, dass längere Zeiträume der<br />
Entwicklung betrachtet werden können, gute Unterlagen zu haben<br />
welche in der direkten Zusammenarbeit mit den Eltern sehr<br />
nützlich sind und auch bei etwaigen Gruppenwechsel einen fachlich<br />
hochwertigen Informationsfluss zulassen.<br />
In der Steiermark wird ein Sprachstandsfeststellungspapier verwendet,<br />
welches von zwei Logopädinnen (Ilse Freiberger und<br />
Maria Eder-Schützenhofer) erarbeitet wurde. Es ist ein<br />
Arbeitsinstrument welches sowohl als Beobachtungsbogen verwendbar<br />
ist, wie auch Elemente des ersten Kennenlernens beinhaltet.<br />
Er ist im Internet zu finden unter:<br />
http://www.verwaltung.steiermark.at/cms/dokumete/<br />
10183665_5045344/d70f5b25/Sprachentwicklungsstand_Bogen.pdf<br />
Das Bundesland Hessen hat seit 2007 flächendeckende Sprachtests<br />
in Kindergärten eingeführt und verwendet dafür das<br />
Marburger Sprachscreening, welches sich auf die wesentlichen<br />
Schlüsselkompetenzen der kindlichen Sprachentwicklung konzentriert.<br />
Die Zielgruppe sind alle vierjährigen Kinder in den<br />
Kindergärten.<br />
Die Kindertagesstätten in Schleswig-Holstein haben in ihrem<br />
„Integrativen Sprachförderkonzept“ zwei große Schwerpunkte in<br />
der Erfassung und Beobachtung. Zum einen wird ein besonderes<br />
Augenmerk auf die phonetische Entwicklung der Kinder gelegt<br />
und zum anderen wird großflächig der SISMIK Beobachtungsbogen<br />
zur Unterstützung herangezogen.<br />
In Recklinghausen haben die Kindertagesstätten ein sehr zeitgemäßes<br />
und kompaktes Beobachtungs- und Dokumentationssystem<br />
aufgebaut. Unter anderem wird auch das Bielefelder<br />
Screening und HLL verwendet und der SISMIK-Bogen regelmäßig<br />
angewendet.<br />
Beschreibungen unter anderem in:<br />
http://www.kindergartenpaedagogik.de/1217.html<br />
http://www.kindergartenpaedagogik.de/1350.html<br />
http://www.kindergartenpaedagogik.de/1479.html<br />
Im Sprachförderkoffer der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend<br />
und Sport in Berlin ist ein Sprachlerntagebuch enthalten, welches<br />
eine alltäglich verwendbare Arbeitsunterlage für jedes Kind<br />
darstellt und gleichzeitig systematische Dokumentation und<br />
Beobachtungsnotizen beinhaltet.<br />
Von der Uni-Mannheim ist folgendes Projekt in Arbeit:<br />
Entwicklung eines Diagnoseverfahrens<br />
Linguistische Sprachstandserhebung - Deutsch als<br />
Zweitsprache (LiSe-DaZ)<br />
Projektleitung: Prof. Dr. Rosemarie Tracy (Universität<br />
Mannheim) und Prof. Dr. Petra Schulz (PH Karlsruhe)<br />
Wissenschaftliche Mitarbeiterin: Ramona Wenzel,<br />
Universität Mannheim<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
Besondere Merkmale erfüllt der Sprachstandsbeobachtungsbogen<br />
SISMIK. Er ist so konzipiert, dass<br />
- er regelmäßig angewendet werden kann/soll<br />
- er speziell für Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache<br />
anwendbar ist,<br />
- sowohl Sprachverhalten und Interesse an Sprache im<br />
Kindergarten und zuhause gefragt ist<br />
- die Gruppenpädagogin in einem vertretbaren zeitlichen<br />
Aufwand diese Beobachtungen selbst machen kann<br />
- schon zahlreiche Träger jahrelange Anwendung praktizieren<br />
46<br />
In der Entwicklung ist ein valides diagnostisches Instrument zur<br />
Bestimmung des sprachlichen Entwicklungsstands bei Kindern<br />
im Alter von drei bis sieben Jahren. Zielgruppe sind in erster<br />
Linie Kinder, die Deutsch als Zweitsprache oder auch Drittsprache<br />
erwerben. Das Verfahren ist primär auf die Situation von<br />
Kindern mit Migrationshintergrund ausgerichtet, kann jedoch<br />
aufgrund seiner auch für die Erfassung der Sprachkompetenz<br />
von Kindern mit Deutsch als Erstsprache eingesetzt werden.<br />
Effektive Sprachförderprogramme setzen eine differenzierte und<br />
spracherwerbstheoretisch fundierte Sprachstandsdiagnostik voraus,<br />
die den Förderbedarf auf unterschiedlichen Ebenen sprachlicher<br />
Kompetenz zu identifizieren erlaubt. Daher werden in dem<br />
LiSe-DaZ-Verfahren zentrale und für den kommunikativen<br />
Erfolg relevante Aspekte der kindlichen Sprachkompetenz in den<br />
Bereichen Sprachproduktion und Sprachverstehen erfasst.<br />
Dieses für die spezifischen Anforderungen des kindlichen<br />
Zweitspracherwerbs sensitive Instrument zur Sprachstandsdiagnose<br />
soll es ermöglichen, im Rahmen der Sprachfördermaßnahmen<br />
der LANDESSTIFTUNG Baden-Württemberg<br />
Migrantenkinder mit Sprachförderbedarf frühzeitig, zuverlässig<br />
und effizient zu erfassen,<br />
durch die Auswahl der Aufgaben bereits konkrete Anhaltspunkte<br />
für eine anschließende individuelle Förderung zu gewinnen<br />
und<br />
durch die Wiederholung des gesamten Verfahrens oder einzelner<br />
Teilbereiche die Effektivität einer spezifischen Fördermaßnahme<br />
zu überprüfen.<br />
Das Verfahren ist so konzipiert, dass es ohne vertiefte linguistische<br />
und testpsychologische Kenntnisse verwendet werden kann<br />
und zudem zeitökonomisch in der Durchführung ist.<br />
Eine Pilotierung des Gesamtdurchlaufs des Verfahrens an ausgewählten<br />
Populationen ist für Herbst 2006 vorgesehen, die<br />
Fertigstellung erfolgt 2007.<br />
Nähere Informationen unter:<br />
http://www.sagmalwas-bw.de/ projekt01/index.php?idcatside=14<br />
4.2.3<br />
Sprachstandsbeobachtung mit SISMIK
Konzept und Aufbau von „sismik”<br />
Der Bogen heißt „sismik — Sprachverhalten und Interesse an<br />
Sprache bei Migrantenkindern in Kindertageseinrichtungen”.<br />
Bereits der Titel soll andeuten, wie vielschichtig Sprachlernprozesse<br />
und Sprachstandserfassung sind. Der Bezug zum pädagogischen<br />
Angebot: Viele Fragen in diesem Bogen beziehen sich<br />
direkt auf sprachrelevante pädagogische Situationen. Das bedeutet,<br />
dass Fachkräfte durch die gezielte Beobachtung bereits konkrete<br />
Anhaltspunkte für eine pädagogische Förderung bekommen.<br />
„Normale” Sprachentwicklung: Es geht um die Begleitung und<br />
Dokumentation von „normaler” Sprachentwicklung, von sprachlichen<br />
Bildungsprozessen in der Einrichtung.<br />
Motivation und Interesse des Kindes: Wie weit ist ein Kind bei<br />
sprachbezogenen Situationen und Angeboten aktiv beteiligt, wie<br />
weit engagiert es sich in solchen Situationen?<br />
Sprachentwicklung und „Literacy”: Kindliche Erfahrungen rund<br />
ums Buch gehören zur so genannten Literacy-Erziehung. Diese<br />
Erfahrungen sind sehr wichtig für die sprachliche Bildung und<br />
Entwicklung eines Kindes im Vorschulalter und sie haben längerfristige<br />
Auswirkungen, z. B. auf die spätere Sprach- und Lesekompetenz.<br />
Sprachliche Kompetenz (im engeren Sinne): Wie weit kann sich<br />
ein Kind im Gesprächskreis einbringen, eine Geschichte nacherzählen<br />
oder ein Gedicht aufsagen? Spricht es deutlich? Wie sind<br />
Wortschatz, Satzbau usw.?<br />
Die Familiensprache und die Familie des Kindes: Mit diesem<br />
Bogen wird vor allem die Sprachentwicklung des Kindes in der<br />
deutschen Sprache erfasst. Dennoch gibt es auch Fragen zur<br />
Familiensprache und zur Familie des Kindes.<br />
Der SISMIK-Beobachtungsbogen beinhaltet:<br />
- das Beobachten des Kindes in sprachrelevanten Situationen<br />
- die Erfassung der Sprachkompetenz im engeren Sinne<br />
- das Erkennen von Anhaltspunkten für die Förderung<br />
Unterstützt wird die Anwendung durch ein sehr leicht verständliches<br />
Begleitheft für die pädagogischen Fachkräfte.<br />
Breite Erfahrungen und gute Erfahrungen mit SISMIK<br />
Eine wissenschaftliche Auswertung der Anwendung des SIS-<br />
MIK-Beobachtungsbogen ist derzeit in Arbeit. Aber schon jetzt<br />
lassen sich praktische Erfahrungen so eindeutig mit guten<br />
Erfahrungen gleich setzen, dass sich der Eindruck stark verdichtet:<br />
SISMIK ist ein sehr sehr hilfreiches Instrument, dass in der<br />
Sprachförderung besonders gut einsetzbar ist.<br />
Die Anwendungserfahrungen:<br />
Pädagoginnen, die SISMIK schon länger verwenden (mehr als 3<br />
Jahre) sagen, dass sie pro Bogen und Halbjahr maximal 2 Stunden<br />
Zeit benötigen, wobei der Bogen ja kein Testinstrument ist,<br />
welches einfach durchgearbeitet werden muss, sondern vor allem<br />
situationsspezifische Beobachtungen registriert und vermerkt<br />
werden.<br />
Die Anwendungshäufigkeit hat sich wie folgt bewährt: zu Beginn<br />
des Kindergarteneintritts und dann halbjährlich. Das ergibt in<br />
<strong>Vorarlberg</strong> eine 5malige Anwendung (bei Kindergarteneintritt<br />
mit 4 Jahren).<br />
- Die Ergebnisse sind besonders gut geeignet, die Sprachentwicklung<br />
über diesen langen Zeitraum zu betrachten.<br />
- Die Ergebnisse sind gut geeignet, um die richtigen Förderentscheidungen<br />
für die Kinder zu treffen (siehe MA Linz 3.c)<br />
-<br />
Die Ergebnisse sind gut geeignet, um mit den Eltern fundierte<br />
Gespräche zu führen, wie die Sprachentwicklung des Kindes<br />
bisher verlaufen ist, und wie sie weiter gehen soll.<br />
47<br />
Großflächige und regelmäßige Anwendung:<br />
Die großflächige und regelmäßige Anwendung von SISMIK hat<br />
sich nachhaltig bewährt. Die Erfahrungen von<br />
Bayern (Kontakt: Uta Diehl, AWO München),<br />
Schleswig-Holstein (Kontakt: Christiane Christiansen),<br />
Hamburg (Kontakt: Frau Thissen, AWO Hamburg),<br />
Recklinghausen (Kontakt: Frau Overmann)<br />
Magistrat Linz (Kontakt: Frau Mag. Sabine Strassegger),<br />
und Magistrat Salzburg (Integrationsstelle des Magistrats)<br />
bestätigen dies eindrucksvoll.<br />
SISMIK ist leicht lernbar<br />
Die meisten Pädagoginnen haben sich die Anwendung selbst beigebracht.<br />
Es hat sich allerdings gezeigt, dass bei einer großflächigen<br />
Anwendung, es sinnvoll ist, wenn eine Einschulung im Gebrauch<br />
des Bogens, von Anfang an eine bessere Vergleichbarkeit<br />
– eine standardisierte Qualität ermöglicht.<br />
Fortbildungen werden vom Institut für Frühpädagogik in<br />
München angeboten. Diese können auch vor Ort gebucht werden.<br />
Kontaktperson im Institut für Frühpädagogik:<br />
Christa Kieferle; Telefon: 0049-89-99825-1932<br />
PS.: Mit den Beobachtungsbogen SeldaK hat das Institut<br />
für Frühpädagogik auch einen Beobachtungsbogen für<br />
Kinder mit deutscher Muttersprache entwickelt. Das heißt,<br />
dass eine Anwendung für die ganze Gruppe möglich ist.<br />
4.2.4<br />
Muttersprachliche Sprachstandsfeststellung<br />
Obwohl die gute Entwicklung der Muttersprache als Grundstock<br />
für den Erwerb einer Zweitsprache in allen Fachbeiträgen unumstritten<br />
ist, ist die muttersprachliche Sprachstandsfeststellung in<br />
keinsterweise diesem Umstand entsprechend entwickelt. Es ist<br />
trotz intensivster Recherche kein einziges Modell bekannt, welches<br />
die muttersprachliche Entwicklung bei Vorschulkindern<br />
erfasst. Dies ist besonders bemerkenswert und auch bedauerlich,<br />
weil gleichzeitig von PraktikerInnen betont wird, dass besonders<br />
bei türkisch sprechenden Kindern eine schwache Muttersprachliche<br />
Entwicklung häufig im Nachhinein erkennbar wird. Diesen<br />
„Leidensweg“ zu verkürzen versuchen jene Modelle, die ein<br />
besonderes Augenmerk darauf legen, dass sie zwei oder mehrsprachiges<br />
pädagogisches Personal in den Kindergärten beschäftigen.
4.3<br />
SPRACHFÖRDERMODELLE<br />
In den letzten Jahren sind verschiedenste Sprachfördermodelle<br />
im Vorschulbereich entwickelt und auch angewendet worden.<br />
Manchmal war am Anfang die Theorie und das Praxismodell<br />
wurde dazu gestaltet oder manches mal war der Impuls aus dem<br />
Bauch (da muss man doch was tun) der erste Ratgeber. Beiden<br />
Herangehensweisen war gemein, dass es oft nach dem Prinzip<br />
„learning by doing“ funktionieren musste.<br />
Aus diesen Lernerfahrungen dieser Vorreiterprojekte sollten nun<br />
stabile und fachlich fundierte Arbeitsmodelle und Programme<br />
entwickelt werden. Was bis heute als besonders wichtig herausstellt,<br />
sind folgende Merkmale:<br />
- Sprachentwicklung richtet sich in Einrichtungen immer an die<br />
ganze Gruppe; alle Kinder (auch die mit deutscher<br />
Muttersprache) profitieren davon<br />
- Miteinbindung und Zusammenarbeit der Eltern, der<br />
Kindergärten und der Volksschulen<br />
- Sprachstandfeststellung zu Beginn (ab 3 Jahre) sowohl muttersprachlich,<br />
wie auch in Deutsch<br />
- Sprachentwicklungsbeobachtung und deren Dokumentation<br />
- Qualifizierung der Beteiligten (Pädagogen, Eltern,<br />
Brückenbauer)<br />
- kontinuierliches und aufbauendes Arbeiten über das ganze Jahr<br />
(Highlight Projekte haben motivierende Wirkung und schaffen<br />
Bewusstsein, aber vom Sprachentwicklungseffekt sind sie nicht<br />
sehr wirkungsvoll)<br />
Hier sollen nun einige Beispiele von praxisnahen Sprachfördermodellen<br />
vorgestellt werden, die zumindest in Teilbereichen<br />
besonders interessante Konzeptanteile vorweisen:<br />
4.3.1<br />
IPE – Projekte, Mainz; Rheinlandpfalz, D<br />
Kontakt: IPE – Institut für Interkulturelle Pädagogik im Elementarbereich<br />
e. V., Postfach: 24 01 24; 55045 Mainz, Telefon: 0049-6131-38 27 51<br />
E-Mail: ipe@mail-mainz.de Internet: www.ipe-mainz.de<br />
Das „Institut für Interkulturelle Pädagogik im Elementarbereich“<br />
bietet eine Vielzahl von Unterstützungsmöglichkeiten im Bereich<br />
Interkulturelle Arbeit, Integration und Sprachförderung für Menschen<br />
mit nichtdeutscher Muttersprache. Für den Fokus dieser<br />
Gesamtkonzepterstellung sind besonders folgende Angebote<br />
relevant:<br />
- Interkulturelles Umweltlernen in Kindertagesstätten der Stadt<br />
Viernheim (wurde im Zeitraum 2001 bis 2003 in Kooperation<br />
mit den Kindergartenteams erarbeitet und durchgeführt). Bei<br />
diesem Langzeitprojekt wurde eine Verknüpfung der Ziele<br />
Umweltbildung, soziale Kompetenz und Entwicklung der<br />
Sprache und interkultureller Kompetenz angestrebt und erreicht.<br />
- Interkulturelles mehrsprachiges Kindertheater in Mainz<br />
- ADAPT – „Qualifizierung ausländischer Mitarbeiterinnen zu<br />
staatlich anerkannten Erzieherinnen in<br />
Kinderbetreuungseinrichtungen in Rheinland-Pfalz“. In Zusammenarbeit<br />
mit der Berufsbildenden Schule für Sozialpädagogik<br />
in Ludwigshafen wurde im Zeitraum 1998 bis 2001 ein dreijähriger<br />
berufsbegleitender Lehrgang absolviert eine ADAPT-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
48<br />
Klasse (10 deutsche Mitschülerinnen, 2/3 migrantische Frauen)<br />
diese Fachausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin.<br />
Dieses Projekt war einerseits eine arbeitsmarktpolitische Maßnahme<br />
(doppelte Benachteiligungspotentiale von Frauen und<br />
Migrantinnen) und andererseits die Möglichkeit, für den sozialpädagogischen<br />
Bereich qualifizierte Personen mit verschiedenen<br />
Muttersprachen zur Verfügung zu stellen.<br />
Fortbildung für MitarbeiterInnen mit migrantischem<br />
Hintergrund ohne abgeschlossene Erzieherinnenausbildung in<br />
der Stadt Gießen.<br />
In 12 Arbeitseinheiten á 6 Stunden (Gesamt 72 Stunden) wurde<br />
eine fachliche Qualifizierung für die Beschäftigung als<br />
Zusatzkräfte in den Gruppen wie auch für<br />
Brückenbauertätigkeiten in den Einrichtungen erreicht.<br />
Fortbildungsangebote für pädagogische Fachkräfte aus Kita´s<br />
mit hohem Migrantenanteil in Neuwied.<br />
Ein 8 tägiges Fortbildungsprogramm wurde maßgeschneidert<br />
für besonders betroffene PädagogInnen konzipiert und durchgeführt.<br />
Ein besonderes Angebot stellen dabei die Sprachkurse für<br />
„Begegnungsprachen“ dar, in denen PädagogInnen<br />
Brückensätze erlernen.<br />
Frühförderung türkischsprachiger Kinder: In einem gemeinsamen<br />
Projekt mit den Pädagoginnen wurde ein<br />
Sprachförderprogramm für Kinder im Alter von 3 bis 6 Jahren<br />
entwickelt, welches im in der Zeit von Okt. 2001 bis Okt. 2002<br />
erprobt wurde. Die Förderung der Kinder (auch Kinder mit<br />
deutscher Muttersprache aus Familien mit schwierigen sozialen<br />
Situationen wurden miteinbezogen) zielte neben dem klassischen<br />
Spracherwerb auf die Merkmale Konzentrationsfähigkeit,<br />
logisches Denken und angemessenes soziales Verhalten ab.<br />
4.3.2<br />
„Pfiffikurs”; Bad Friedrichshall, Baden Württemberg, D<br />
Kontakt: Grundschule Plattenwald, Am Römerturm,<br />
74177 Bad Friedrichshall, Deutschland<br />
Telefon: 0049-7136-910055;<br />
E-Mail: Grundschule.Plattenwald@t-online.de<br />
Bad Friedrichshall hatte im Jahr 2000 eine sehr besondere<br />
Zusammensetzung der Einwohner: 24 % Deutsche, 28 % Ausländer,<br />
48 % Aussiedler. Das Pfiffikurs-Programm ist vordergründig<br />
ein schulisches Programm, welches davon ausgeht, dass<br />
eine große Zahl an Kindern in die Schule kommen, welche nur<br />
unzureichende oder gar keine Deutschkenntnisse haben. Als<br />
„Vorbeugung“ und auch im Verständnis des „Langzeitprozesses –<br />
Spracherwerb“ wurden direkte Kooperationen zu den Kindergärten<br />
gesucht und hergestellt. Kooperationslehrerinnen kommen<br />
in den Kindergarten und unterstützen das dortige Personal.<br />
Zusätzlich können bei Bedarf spezielle therapeutische Fachkräfte<br />
mit eingebunden werden.<br />
Quelle: ernst.6900
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
4.3.3<br />
Stadt Linz; Magistratskindergärten mit<br />
Interkulturellem Schwerpunkt<br />
Kontakt: Mag. Sabine Strassegger, Magistrat Linz, Kinder- und Jugend-<br />
Services Linz; Rudolfstraße 18, 4041 Linz; Tel.: 0732/7070-2901;<br />
e-mail: sabine.strassegger@mag.linz.at<br />
8 von 46 Kindergärten des Magistrats Linz haben sich dem pädagogischen<br />
Schwerpunkt „Interkulturelles Lernen“ zugewandt.<br />
Ihre Schwerpunktziele dabei sind die Persönlichkeitsentwicklung,<br />
das soziales Lernen und die Sensibilisierung für verschiedene<br />
Sprachen. Der Anteil der Kinder mit nichtdeutscher<br />
Muttersprache ist in diesen Kindergärten besonders hoch. (Zwischen<br />
85 und 100%, bis zu 12 verschiedene Sprachen, türkisch<br />
und serbo-kroatisch sprechende Kinder mit je 1/3 besonders stark<br />
vertreten.<br />
Ganz praktisch und alltäglich sind in diesen Kindergärten<br />
Qualitätsstandards für die Sprachförderung der Kinder entwickelt<br />
und systematisiert worden, die nachweislich sehr erfolgreich<br />
sind. Hier am Beispiel des Kindergartens Breitwiesergutstraße<br />
(Anteil von Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache 84 von 90<br />
Kindern)<br />
Sprachstandfeststellung und Sprachfördermethode:<br />
Sprachstandfeststellung: Der SISMIK-Beobachtungsbogen<br />
kommt regelmäßig zur Anwendung (für 3jährige 1x im Februar,<br />
ab dann jedes Jahr im November und April). Zwei Pädagoginnen<br />
arbeiten bei der Erstellung des Beobachtungsinhaltes zusammen<br />
um eine breitere Wahrnehmung des Kindes zu erhalten.<br />
(siehe 4.2.3)<br />
Aufgrund der SISMIK-Ergebnisse werden Fördergruppen und<br />
persönliche Sprachförderprogramme (motivierend durch Stärkenorientierung<br />
erstellt)<br />
Die Pädagoginnen wenden die „themenorientierte Sprachförderung“<br />
(zu den Themen Name, Person, Freunde, Familie, Kindergarten<br />
und Umgebung, Nachbarschaft) an. Inhaltlich angelehnt<br />
ist diese Methode an Erkenntnisse des IFP-München und der<br />
Methode von Elke Schlösser „Wir verstehen uns gut“<br />
(siehe 4.1.2 Sprachfördermethoden).<br />
Unterstützung der muttersprachlichen Entwicklung:<br />
durch das Institut für Interkulturelle Pädagogik durch die Bereitstellung<br />
von muttersprachlichen Lehrpersonen<br />
eigenes muttersprachliches pädagogisches Personal in serbokroatisch<br />
und türkisch<br />
oftmalig Langzeitpraktikantinnen durch BIFO (4-5 Monate)<br />
oder Job-Plus (2-3 Jahre) mit nichtdeutscher Muttersprache<br />
Zusammenarbeit und Unterstützung durch mehrsprachige Eltern<br />
Elternarbeit:<br />
- 1 mal im Jahr ein sehr ausführliches Gespräch über die Gesamtentwicklung<br />
des Kindes;<br />
- sehr kultivierte (personell abgesicherte) Tür- und Angelgespräche<br />
- 5 mal im Jahr Spielenachmittage mit Eltern und Kindern zu den<br />
oben genannten Themenschwerpunkten<br />
- Hospitationen (beinahe verpflichtend) von neuen Eltern einen<br />
Vormittag lang in der Gruppe<br />
- ganz offensive Information an die Eltern bezüglich Förderung<br />
der Muttersprache<br />
- regelmäßige Besuchskontakte von Kindern der Gruppe und den<br />
Pädagoginnen in den Familien<br />
-<br />
Personalentwicklung:<br />
- regelmäßige Arbeitskreistreffen (alle 4 bis 6 Wochen) zum Austausch<br />
von Erfahrungen und Fragen<br />
- interne Fortbildungen des Magistrats<br />
- gemeinsame Erarbeitung von Methoden und Dokumentationsformen<br />
- gemeinsame Kontakte nach Außen (Exkursionen, Institut für<br />
Frühpädagogik München, etc.)<br />
- reflektierende Gespräche bezüglich der Erreichung der<br />
Qualitätsstandards<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
49<br />
Bibliothek (mit zweisprachigen Kinderbüchern) und Spielothek<br />
werden den Eltern angeboten (sehr offensiv), damit Kindern zuhause<br />
pädagogisch sinnvolle und wertvolle Möglichkeiten<br />
bekommen<br />
Erfolgreiche Anwendung – Sprachlernerfolge:<br />
Kinder, welche drei Jahre in den Kindergarten gegangen sind<br />
können praktisch alle genügend Deutsch, damit ein normaler<br />
Schuleinstieg möglich ist.<br />
Ausnahmen sind lediglich Kinder, die aufgrund ihre auffälligen<br />
sozialen Verhaltens und von geistigen Beeinträchtigungen eine<br />
verzögerte Entwicklung haben.<br />
Kiga Breitwiesengutstraße: von 42 Kindern, die nächstes Jahr<br />
schulpflichtig werden, haben 26 ein Sprachticket bekommen<br />
(davon sind 14 das erste Jahr im Kindergarten) und sind nun<br />
Anfang März abermals von der Schule sprachgetestet worden.<br />
10 dieser 14 haben noch erkennbare Sprachdefizite. Die anderen<br />
Kinder werden als normal schulreif eingestuft.<br />
Kiga Anastasius-Grün-Straße: von 102 Kindern ist 1 Kind mit<br />
deutscher Muttersprache. Von 33 Kindern, die nächstes Jahr<br />
schulpflichtig werden, hat 1 Kind ein Sprachticket bekommen.<br />
4.3.4<br />
Sprachfördermodell Recklinghausen –<br />
Qualitätsstandards-Checkliste<br />
In der nachfolgenden Auslistung lässt sich sehr gut ablesen, nach<br />
welchen Qualitätsstandards die Stadt Recklinghausen Sprachförderung<br />
in Kindertageseinrichtungen ausgelegt hat. Diese<br />
Checkliste dient vor allem zur Selbst- oder Fremdevaluation in<br />
den Einrichtungen selbst. Für uns gibt diese Liste sehr wertvolle<br />
Hinweise, wie kompakt und genau sich Sprachfördermodelle<br />
strukturell definieren und planen lassen.<br />
<strong>SPRACHE</strong><br />
<strong>BILDUNG</strong><br />
<strong>INTEGRATION</strong>
50<br />
4.3.5<br />
Projekt „HAVAS 5”; Hamburg, Deutschland<br />
Kontakt: Projektleitung “HAVAS 5”; Landesinstitut für Lehrerbildung und<br />
Schulentwicklung<br />
Marita Müller-Krätzschmar, Felix-Dahn Str.3, 20357 Hamburg<br />
Telefon: 040 42801-3711/2902;<br />
E-Mail: marita.mueller-kraetzschmar@li-hamburg.de<br />
“HAVAS 5 im Kooperationsprojekt Kita und Schule”<br />
“HAVAS 5” befasst sich mit Sprachstandsfeststellung und den<br />
Konsequenzen für die Förderung im Kooperationsprojekt Kita<br />
und Grundschule (Modul 1). Es geht um frühkindliche Sprachförderung<br />
aufgrund von HAVAS 5, die Effektivierung von<br />
Fördermaßnahmen und die Kooperation unterschiedlicher<br />
Partner (Kita und Schule).<br />
Ziele sind Erprobung und Bewertung eines Fortbildungskonzepts<br />
von HAVAS 5 in Verbindung mit einem Sprachförderkonzept;<br />
Erweiterung der vorhandenen Sprachfördermaterialien; Überprüfung<br />
der Wirksamkeit von Sprachförderung durch Fallstudien in<br />
Kitas und Grundschulen; Herstellung von Handreichungen sowie<br />
Zusammenstellungen von Modellen “Sprachförderung im Team”.<br />
“ Family Literacy”<br />
Parallel zu “HAVAS 5” werden im Teilprojekt “Family Literacy”<br />
Eltern mit Migrationshintergrund in die vorschulische und im<br />
Anschluss daran auch schulische Sprachförderung einbezogen<br />
und die Zusammenarbeit zwischen Elternhaus und Schule/Kitas<br />
gestärkt. “Family Literacy” verbindet familiale Spracherziehung<br />
und institutionelle Sprachbildung (Modul 4).
In den “Family Literacy”-Lerngruppen sollen Erkenntnisse aus<br />
HAVAS 5 Anwendung finden: Eltern sollen in die (Schrift)<br />
Sprachförderung ihrer Kinder aktiv einbezogen werden und<br />
Unterstützung erhalten, um zuhause mit den Kindern weiterzuarbeiten.<br />
Die Zusammenarbeit zwischen Elternhaus und Schule<br />
soll insgesamt gestärkt, Kooperation mit anderen sozialen<br />
Einrichtungen angebahnt werden. Parallel dazu erfolgt ein<br />
Austausch mit inhaltlich internationalen “Family Literacy”-<br />
Projekten durch das UNESCO-Institut für Pädagogik.<br />
Mehr zum Family Literacy in Hamburg:<br />
http://www.unesco.org/education/uie/pdf/FLY-PR_S.PDF<br />
4.3.6<br />
Projekt – Detmold ; Nordrhein Westfalen, D<br />
(Detmold, 30 km östlich von Bielefeld, zirka 70.000 Einwohner)<br />
Kontakt: SPRINT; Projektbüro für Sprache und Integration des<br />
Fördervereins der VHS Detmold e.V.<br />
Fritz-Reuter-Straße 17; 32756 Detmold;<br />
Telefon: 0049-5231-307131; E-mail: projektbuero.sprint@arcor.de<br />
Das Projekt Detmold hat in erster Linie das Ziel ein tragfähiges,<br />
fachlich kompetentes und verantwortungsbewusstes Netzwetzwerk<br />
sowohl für die sprachliche Förderung und soziale Integration<br />
der Kinder, die gemeinsame sprachliche Förderung von<br />
Kindern und Eltern als auch die sprachliche Förderung und soziale<br />
Integration der Eltern zu unterstützen. Das Projekt ist bildungsbereichsübergreifend<br />
und zielt darauf ab, möglichst früh<br />
mit Mütter und Kinder mit migrantischem Hintergrund in<br />
Kontakt zu treten. Spätestens im Kindergarten.<br />
Am Netzwerk beteiligt sind: Förderverein der VHS Detmold<br />
e.V.; Volkshochschule Detmold; Stadt Detmold; Geschwister –<br />
Scholl – Gesamtschule; Hauptschule Südholzschule; Grundschule<br />
Hakedahl; Grundschule Bachschule; AWO Kindertagesstätte<br />
Herberhausen; Kindertagesstätte Hiddeser Berg;<br />
Kindertagesstätte Georg-Weerth-Straße; AWO Kindertagesstätte<br />
Hiddeser Berg; Sahle Wohnbaugesellschaft / Parea; Agentur für<br />
Arbeit Detmold; Rotary Club Detmold<br />
Die Entwicklung bzw. Modifizierung der Netzwerkstruktur über<br />
einen Projektzeitraum von insgesamt 4 Jahren ist wie folgt angedacht:<br />
1. Jahr: Erprobung und Evaluation konkreter Sprachförderkonzepte<br />
in Richtung Erprobung bzw. Sichtung neuer Curricula/Materialien<br />
i.V. mit der Erprobung neuer Möglichkeiten der<br />
Zielgruppenansprache. Gedacht ist hierbei an Arbeitsgemeinschaften<br />
aus den verschiedenen Institutionen zwecks Austausch<br />
über Ziele, Inhalte, Methoden sowie an die Evaluierung und<br />
Transfermöglichkeiten.<br />
2. Jahr: Durchführung weiterer Sprachfördermaßnahmen in<br />
Richtung einer Erweiterung des Netzwerkes im Stadtgebiet von<br />
Detmold sowie der Einbindung weiterer Kooperationspartner in<br />
anderen Städten und Gemeinden vor dem Hintergrund des<br />
51<br />
Abschlusses erster Maßnahmen, der Auswertung abgeschlossener<br />
sowie noch laufender Maßnahmen, des Transfers in Stadtteile<br />
bzw. Institutionen mit relativ niedrigem Migrantenanteil, der<br />
Klärung des sowohl organisatorischen wie konzeptionellen<br />
Umfeldes, der Erweiterung der Projektpartner sowie der<br />
Vorbereitung des Transfers auf andere Städte und Regionen.<br />
3. Jahr: Bildung von Subnetzwerken in den sich beteiligenden<br />
Städten und Gemeinden/eines neuen städteübergreifenden<br />
Netzwerkkerns vor dem Hintergrund der Evaluation abgeschlossener<br />
und laufender Maßnahmen, des Austausches über<br />
Erfahrungen mit dem Transfer, der Initiierung von Fortbildungen<br />
in Richtung pädagogischer und sozialer Profession, der<br />
Herausgabe von Materialien sowie der Einbindung neuer<br />
Projektpartner.<br />
4. Jahr: Festigung bzw. Öffnung des Kernnetzwerkes für weitere<br />
interessierte Städte und Gemeinden vor dem Hintergrund der<br />
Entwicklung von Empfehlungen für lokale Netzwerke bzw. der<br />
Entwicklung von Kommunikationsstrukturen auf der Ebene der<br />
einzelnen Netzwerkpartner .<br />
http://www.regionet-owl.de/home/index,id,274,selid,2615,type,<br />
VAL_MEMO.html<br />
4.3.7<br />
Kindergarten Scherzhausen, Stadt Salzburg<br />
Kontakt: Kindergarten Scherzhausen, Paumannstraße 5,<br />
Tel. 0662-432 585<br />
Leiterin: Ulrike Mayer-Gerschpacher; E-Mail: scherzhausen@inode.at<br />
Der Kindergarten Scherzhausen liegt im Bezirk Lehen, abesteht<br />
aus 3 Gruppen mit 70 Kindern, davon 70% Kinder mit nichtdeutscher<br />
Muttersprache (12 verschiedene Sprachen, keine Sprachgruppe<br />
ist überdominant, aber natürlich sind türkisch und serbokroatisch<br />
sprechende Kinder am häufigsten vertreten).<br />
Seit einigen Jahren hat sich der Kindergarten Scherzhausen und<br />
dessen Team sich intensiv mit dem Thema Sprachförderung und<br />
interkulturelle Pädagogik befasst und ein sehr beherztes und<br />
offenes System aufgebaut.<br />
Wiederum zeigt sich, dass ein gewisser Grundstock an Technik,<br />
Methode und hilfreiche Instrumente notwendig sind.<br />
Sprachstandfeststellung und Sprachfördermethode:<br />
Sprachstandfeststellung: Für jedes Kind wird in diesem Kindergarten<br />
beim Einstieg auf zweifacher Weise die Sprachstandfeststellung<br />
gemacht. Zum einen ist dies der SISMIK-Beobachtungsbogen<br />
und das Maarburger Sprachscreening. Dann<br />
wird dies 2x jährlich wiederholt. (siehe 4.2.3)<br />
Das besondere in dieser Einrichtung ist, dass sie diese Erhebungsbogen<br />
auch muttersprachlich ausgerichtet haben und damit<br />
auch eine Art muttersprachliche Sprachstandfeststellung<br />
improvisieren.<br />
Die Ergebnisse werden innerhalb der Teamsitzung besprochen,<br />
mit externen Fachleuten besprochen und dann ganz speziell mit<br />
den Eltern beratschlagt, wie sie sich zuhause unterstützend zeigen<br />
können.
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
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-<br />
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-<br />
Netzwerkarbeit:<br />
Der Kindergarten Scherzhausen hat sich ein Netz von Helfern<br />
aufgebaut, welche sich alltäglich in die Kindergartenarbeit einbringen.<br />
Dolmetscher in allen notwendigen Sprachen<br />
muttersprachliche Lehrpersonen kommen in den Kiga<br />
Eltern helfen im Kindergarten bei der muttersprachlichen Weiterentwicklung<br />
der Kinder<br />
Besondere Entwicklung in der Elternarbeit:<br />
Diese Entwicklung hat schon sehr große Ähnlichkeit mit dem<br />
Projekt „Rucksack“ in NRW (siehe 4.6), wurde aber von den Pädagoginnen<br />
selbst entwickelt:<br />
alle 6 Wochen findet ein interkulturelles Frühstück von 7.00 bis<br />
10.00 Uhr statt, welches sehr gut besucht wird. (Viele kommen<br />
jedes Mal, die andern praktisch alle jedes zweite Mal.)<br />
2 mal im Jahr ein großes ganztägiges interkulturelles Fest.<br />
Aus diesen Aktionen heraus hat sich eine Gruppe gebildet, die<br />
regelmäßig in den Kindergarten kommen und muttersprachliche<br />
Märchen (auch traditionelle) erzählen oder mehrsprachige Bücher<br />
vorlesen. Es gibt im Kiga mehrere Leseforen, welche zum<br />
Teil mehrfach „gebucht“ werden.<br />
Eine andere (mehrsprachige) Elterngruppe hat sich gebildet,<br />
welche sich gegenseitige Unterstützung bieten (z.B. bei Behördengängen<br />
oder bei Arztbesuchen, etc.) Es kommt immer öfter<br />
vor, dass Eltern zu anderen Familien nach Hause eingeladen<br />
werden, um dort bestimmte Themen zu besprechen (z.B. pädagogische<br />
Fragen).<br />
Bibliothek (mit zweisprachigen Kinderbüchern) und Spielothek<br />
wurde aufgebaut und diese werden den Eltern angeboten (sehr<br />
offensiv), damit Kinder zuhause pädagogisch sinnvolle und wertvolle<br />
Möglichkeiten bekommen<br />
Personalentwicklung:<br />
die Leiterin gibt inzwischen selbst, oder im Auftrag des Landes<br />
oder der Stadt, Fortbildungen für andere Pädagoginnen<br />
An der Uni-Salzburg wurde ein interkultureller Lehrgang angeboten,<br />
den zahlreiche Kinderpädagoginnen besuchten<br />
In jedem Kindergarten gibt es ein oder zwei derart spezialisierte<br />
Pädagoginnen<br />
Erfolgreiche Anwendung – Sprachlernerfolge:<br />
- Neben der ständigen Beobachtung und Dokumentation der<br />
Fortschritte in der Sprachentwicklung, wird im letzten Kindergartenjahr<br />
vermehrt mit Geschichten und Erzählsituationen<br />
gearbeitet, welche die Kinder selbst gestalten. Der Wortschatz,<br />
,, die inhaltliche Handlung und die verwendete Grammatik werden<br />
dabei besonders beachtet.<br />
- Das Ergebnis ist sehr erfreulich. Eigentlich sind in den letzten<br />
Jahren alle Kinder immer völlig normal eingeschult. Deshalb<br />
verwundert es nicht, dass heuer von 25 Kindern mit nichtdeutscher<br />
Muttersprache, welche nächstes Jahr schulpflichtig werden,<br />
lediglich 1 Kind ein Sprachticket bekam.<br />
4.3.8<br />
„Sesam öffne dich“, Gemeindekindergarten<br />
Mäder, <strong>Vorarlberg</strong>, A<br />
Im Zeitraum September bis Dezember 2005 startete der Kindergarten<br />
Mäder den ersten von drei Teilen eines Sprachprojekte<br />
-<br />
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-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
52<br />
für Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache. An 12 Nachmittagen<br />
zu je 2 Stunden wurden sehr kindgerechte Themenbereiche<br />
ausgewählt, die sich methodisch vielfältig auch um die Sprachentwicklung<br />
und Wortschatzerweiterung der Kinder bemühten.<br />
Diese Projekttrilogie ist sehr gut dokumentiert und ausgewertet.<br />
Für die Alltagspraxis in den Gruppen sofort zu übernehmen.<br />
Derzeit läuft die Weiterführung dieses Projektes, welches sich<br />
sowohl an die Kinder wie auch an die Eltern richtet.<br />
4.4<br />
SPEZIELLE FORT<strong>BILDUNG</strong>SMODELLE<br />
Die Qualifizierung vom pädagogischen Personal in den<br />
Kindereinrichtungen ist wahrscheinlich die wichtigste Investition,<br />
die im Bereich der vorschulischen Sprachförderung gemacht<br />
werden soll.<br />
Neben der grundlegenden „Nachrüstung“ des gesamten Personals<br />
was das Grundwissen über Sprachentwicklung und<br />
Sprachförderung, Zweitspracherwerb und Mehrsprachigkeit anbelangt,<br />
gilt es besonders jenen Personen Unterstützung zu gewähren,<br />
die aufgrund spezieller Gruppenkonstellationen dringlichen<br />
Bedarf haben. Diese speziellen Situationen können sein:<br />
ein hoher Anteil von Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache<br />
oder eine Vielzahl von verschiedenen Erstsprachen in der Gruppe.<br />
Die nachstehenden Fortbildungsmodelle sind darauf ausgerichtet,<br />
diese spezialisierte Zusatzqualifikation zu ermöglichen. Sie<br />
sind erprobt und erfolgreich angewandt worden.<br />
Im Wesentlichen werden folgende Themen beleuchtet:<br />
Erweiterung des interkulturellen Grundwissen (Religion,<br />
Migration, Bildungserfahrungen der Herkunftsfamilien, etc.)<br />
Grundwissen über Sprachentwicklung, Sprachförderung,<br />
Deutsch als Zweitsprache<br />
Einführung in Methoden der Sprachförderung<br />
Einführung in die Anwendung von Sprachstandsfeststellungen<br />
und Sprachentwicklungsbeobachtung und deren Dokumentation<br />
Zusammenarbeit mit Eltern in Sachen Sprachförderung<br />
Quelle: ernst.6900
-<br />
-<br />
-<br />
Evaluation der personellen Ressourcen<br />
Die Uni-Dortmund entwickelt gerade ein Instrument, welches<br />
sich dazu eignet, dass pädagogische MitarbeiterInnen sich auf<br />
ihre fachlichen Kompetenzen in Bezug auf die interkulturelle<br />
Pädagogik und auch auf den Themenkreis „Förderung von<br />
Deutsch als Zweitsprache“ hin abtesten können. Dieses Evaluierungsinstrument<br />
nennt sich R.E.S.I. und ist in der Endphase der<br />
Testungen. In der Stadt Recklinghausen haben schon vor einigen<br />
Monaten einige Pädagoginnen an solchen Tests mitgemacht und<br />
das Instrument als sehr hilfreich eingestuft, wenn es darum geht<br />
sich selbst besser einschätzen zu lernen und auch Ansatzpunkte<br />
zu erkennen, wo und wie man sich weiter qualifizieren kann.<br />
Aktuelles Forschungsprojekt:<br />
Bildungskonzept zur Sprach- und Literacyförderung<br />
Das Charlotte Bühler – Institut in Wien, in Österreich federführend<br />
in Sachen Qualitätsentwicklung in Kindergärten tätig, führt<br />
derzeit eine breit angelegte Studie zum Thema „Sprach- und<br />
Literacyförderung von Kindern von ein bis sechs Jahren“ durch.<br />
Sie inkludieren in dieser Betrachtung die Kleinkindbetreuung<br />
und den Kindergarten im gleichen Maße, da jedem Altersabschnitt<br />
eine besondere und auch wichtige Bedeutung zukommt.<br />
Folglich formuliert das Charlotte-Bühler-Institut die Zielsetzung<br />
so:<br />
Es bedarf eines langfristigen Bildungskonzepts, das sich einerseits an<br />
wissenschaftlichen Grundlagen und andererseits an den Anforderungen<br />
und Erfahrungen der pädagogischen Praxis orientiert.<br />
Auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse und an Hand von<br />
Praxismodellen erhalten Kindergartenpädagog/inn/en Anregungen,<br />
sich mit Sprache und Kommunikation, mit der Entwicklung<br />
von Literacy und mit der Sprachförderung von Kindern mit nicht<br />
deutscher Erstsprache intensiv auseinander zu setzen. Dabei werden<br />
Ergebnisse der Lernforschung und der Gehirnphysiologie,<br />
sowie geschlechtsspezifische und interkulturelle Aspekte, die<br />
Förderung von Kindern mit besonderen Bedürfnissen und von<br />
Hochbegabten berücksichtigt.<br />
Auch der Partizipation von Kindern und den transaktionalen<br />
Wechselbeziehungen zwischen ihnen, den Kindergartenpädagog/inn/en,<br />
den Eltern und der kulturellen Umwelt wird in diesem<br />
Bildungskonzept besondere Bedeutung zukommen.<br />
In Fortführung des Transaktionsansatzes, wie er als Grundlage<br />
für alle Bildungsprozesse ausführlich dargelegt wurde (Charlotte<br />
Bühler-Institut, 2004), werden auch die Räume und die Ausstattung<br />
mit Kinderliteratur, Spielmitteln, elektronischen Medien etc.<br />
durchleuchtet.<br />
Als weitere strukturelle Qualitätsanforderungen für eine effiziente<br />
Sprach- und Literacyförderung sollen etwa die Gruppengröße<br />
und -struktur, der Personal-Kind-Schlüssel, (mehrsprachiges)<br />
Fachpersonal sowie die Aus- und Weiterbildung des Personals in<br />
das Bildungskonzept miteinbezogen werden. Das Projekt wird<br />
von den Landesregierungen der Bundesländer Oberösterreich,<br />
Steiermark, Salzburg und Wien sowie von der Stadt Innsbruck<br />
subventioniert.<br />
Die Fertigstellung und Veröffentlichung der Ergebnisse ist für<br />
2007 angekündigt.<br />
Projektleitung: Drin Waltraut Hartmann<br />
Mitarbeiterinnen: Maga Martina Stoll, Birgit Hartel, Martina Pfohl<br />
Kontakt: Charlotte Bühler-Institut für praxisorientierte Kleinkindforschung<br />
1040 Wien, Favoritenstraße 4-6/1/1, Tel.: 0664 / 85 36 333<br />
http://www.charlotte-buehler-institut.at/<br />
53<br />
4.4.1<br />
Projekt „Frühstart“ und „Wir verstehen uns gut“<br />
Gemeinnützige Hertie-Stiftung, Grüneburgweg 105, 60323 Frankfurt<br />
Herbert-Quandt-Stiftung, Am Pilgerrain 15, 61352 Bad Homburg<br />
Türkisch-Deutsche Gesundheitsstiftung e.V., Friedrichstr. 13, 35392<br />
Gießen<br />
Verantwortlich: Diplom-Pädagogin Mehtap Sanli, c/o Türkisch-Deutsche<br />
Gesundheitsstiftung e.V.<br />
Friedrichstr. 13, 35392 Gießen, A<br />
Erzieherinnen in Kindergärten mit hohem Zuwandereranteil<br />
brauchen dringend Kenntnisse und Methoden, um eine optimale<br />
Sprachförderung für Zuwandererkinder leisten zu können. Frühstart<br />
möchte in einem intensiven Fortbildungsprogramm für Erzieherinnen<br />
die Grundlage für eine erfolgreiche sprachliche Bildung<br />
im Kindergarten legen.<br />
Dieses Fortbildungsprogramm wurde von Frau Elke Schlösser<br />
entwickelt und publiziert. Sie leitet auch die Frühstart-Erzieherinnenfortbildung.<br />
(Elke Schlösser: Wir verstehen uns gut - Spielerisch<br />
Deutsch lernen. Methoden und Bausteine zur Sprachförderung<br />
für deutsche und zugewanderte Kinder als Integrationsbeitrag<br />
in Kindergarten und Grundschule, Ökotopia Verlag,<br />
Münster 2001).<br />
Ergänzt wird dieses Fortbildungsprogramm mit einem Angebot<br />
für muttersprachliche Elternbegleiterinnen, welches von Frau<br />
Methap Sanli angeboten wird.<br />
Ziele und Inhalt dieses Fortbildungskonzeptes:<br />
- Die Erzieherinnen sollen lernen, Kinder mit<br />
Migrationshintergrund im Rahmen ihrer Arbeit sprachlich<br />
gezielt zu fördern.<br />
- Interkulturelle Erziehung soll erreicht werden, indem Eltern,<br />
Erzieher und Erzieherinnen für kulturelle Prägungen sensibilisiert<br />
werden. Dabei lautet die Devise: „Eigene Kulturmuster<br />
reflektieren und fremde Kulturen verstehen“.<br />
- Elternarbeit erfolgt u.a. durch Mitwirkung muttersprachlicher<br />
Elternbegleitern. Diese arbeiten ehrenamtlich und beraten<br />
Mütter, Väter und sonstige Bezugspersonen in Erziehungssowie<br />
Bildungsfragen. Außerdem vermitteln die zumindest<br />
zweisprachigen Ehrenamtler zwischen Kindertagestätten,<br />
Elternhäusern und Migrantenvereinen.<br />
- Geschichten, Gedichte, Fingerspiele, Abzählreime, Märchen,<br />
Lieder, Rollenspiele, Malen – das Konzept »Wir verstehen uns<br />
gut – spielerisch deutsch lernen« gibt den Erzieherinnen vielfältige<br />
didaktische und inhaltliche Möglichkeiten zur Vermittlung<br />
der deutschen Sprache an die Hand. Es versetzt sie in die Lage,<br />
die Sprachförderung in ihren Arbeitsalltag einzubinden.<br />
4.4.2<br />
„SpiKi“ – Spracherziehung und Sprachförderung<br />
in Kindertagesstätten; Nürnberg, D<br />
Jugendamt der Stadt Nürnberg, Wilfried Knerr<br />
Um die Kinder und die pädagogischen Fachkräfte zu unterstützen,<br />
hat das Jugendamt der Stadt Nürnberg ein Programm zur<br />
Sprachförderung in Kindertageseinrichtungen (SpiKi) entwickelt.<br />
Sie bieten Qualifizierungsmaßnahmen zu den unterschiedlichen<br />
Bereichen der Sprachförderung, der interkulturellen Kompetenz<br />
sowie auch der Mitarbeit von Ehrenamtlichen in<br />
Kindertageseinrichtungen an.<br />
-<br />
Entwicklung und Erwerb der deutschen Sprache bei<br />
Migrantenkindern sowie deren Förderung und Beobachtung
-<br />
Interkulturelle Trainings (InkuTra - AWO Nürnberg) siehe Punkt<br />
4.5.4 Fortbildungen zu den einzelnen Praxisprojekten<br />
- Fortbildungen:<br />
- „Bewegung und Sprache“<br />
- „Beziehung und Sprache“<br />
- „Dialogisches Lesen“<br />
- „Ehrenamtliche in Kindertagesstätten“<br />
- “Mehrsprachliche KollegInnen und ihre besonderen Ressourcen”<br />
- “Deutsch lernen mit und durch Lernszenarien”<br />
- “Sprachentwicklung - Normalität und Abweichungen”<br />
4.4.3<br />
Intensivweiterbildung: “Sprachförderung im<br />
Elementarbereich”; FH Köln, D<br />
Ein Angebot des Sozialpädagogischen Institutes NRW (SPI) in<br />
Zusammenarbeit mit dem Zentrum für wissenschaftliche<br />
Weiterbildung der Fachhochschule Köln (ZwW)<br />
Kontakt: Zentrum für wissenschaftliche Weiterbildung der<br />
Fachhochschule Köln (ZwW e.V.);<br />
Frau Mohs, Claudiusstr. 1, 50678 KÖLN Tel: 0221 / 8275 3145;<br />
Email: weiterbildung@fh-koeln.de<br />
Beschreibung des Kurses auf der Homepage des Zentrums für wissenschaftliche<br />
Weiterbildung (ZwW):<br />
http://www.zww.fh-koeln.de/weiterbildungsangebote/sprachfoerderung<br />
_0304.htm<br />
Die nachstehenden Themen werden teilnehmerorientiert behandelt.<br />
Erarbeitete Themenbereiche sollen in der Praxis erprobt und<br />
Erfahrungen regelmäßig zurückgemeldet werden. Da in der<br />
Weiterbildung die unterschiedlichen personellen, organisatorischen<br />
und materiellen Voraussetzungen und Bedingungen der<br />
einzelnen Tageseinrichtungen berücksichtigt werden, wird den<br />
Erzieher/innen die Möglichkeit eingeräumt, eigene Themenvorschläge<br />
und Praxisbeispiele einzubringen.<br />
Die Weiterbildung umfasst 110 Unterrichtsstunden und schließt<br />
bei regelmäßiger und erfolgreicher Teilnahme mit einem<br />
Zertifikat ab.<br />
Inhaltsbereiche der Weiterbildung<br />
I. Die sprachliche Entwicklung von Kindern<br />
Theoretisches Wissen über die sprachliche Entwicklung von<br />
Kindern im Elementarbereich ist die Grundlage für sprachfördernde<br />
Situationen im pädagogischen Alltag:<br />
- Spracherwerb<br />
- Sprachstörungen<br />
- mehrsprachige Erziehung<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
54<br />
II. Grundlagen der pädagogischen Arbeit<br />
Eine Qualifizierung zur sprachlichen Förderung von Kindern in<br />
Kindertageseinrichtungen schließt die Auseinandersetzung mit<br />
Grundlagen der pädagogischen Arbeit ein:<br />
Aspekte interkultureller Erziehung<br />
Merkmale und Vorgehensweise im situationsbezogenen Ansatz<br />
Beobachtung von Kindersituationen<br />
Entwicklungsprozesse im Dialog<br />
Ziele und Formen von Beratung<br />
III. Sprachliche Förderung als Teil der pädagogischen<br />
Konzeption<br />
Sprachförderung ist eingebettet in die alltägliche Arbeit der<br />
Erzieher/innen und Teil der Konzeption der Tageseinrichtung.<br />
Sie setzt eine differenzierte Vorgehensweise voraus, die sich an<br />
den individuellen Unterschieden orientiert und somit die unterschiedlichen<br />
Sprachniveaus der Kinder berücksichtigt:<br />
Wahrnehmung und Bewegung<br />
Sprachförderung im Alltag: Medien und Methoden in der<br />
Sprachförderung<br />
Sprachförderung durch Bücher<br />
Sprachförderung durch Musik und Spiel<br />
Zusammenarbeit mit und Beratung von Eltern<br />
Auswertung und Dokumentation der Arbeit<br />
Präsentation von Projekten<br />
Quelle: ernst.6900
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
Der Lehrgang versucht, die Chancen der Frauen/Männer auf dem<br />
Arbeitsmarkt zu verbessern und fördert die Stellung und<br />
Anerkennung der Interkulturellen MitarbeiterInnen innerhalb des<br />
Kindergartenteams. Nicht zuletzt eröffnet der Lehrgang aber eine<br />
intensive Auseinandersetzung mit den Inhalten und offenen<br />
Problemfeldern Interkultureller Pädagogik.<br />
Konkretes Projekt „Berufsbegleitender Lehrgang zur<br />
Qualifikation Interkultureller Mitarbeiter/Innen“<br />
Umfang des Lehrganges<br />
Dieser erstreckt sich auf zwei Jahre und ist auf 44 Seminartage<br />
aufgeteilt und umfasst 428 UE. Zusätzlich werden noch 200 UE<br />
Supervision abgehalten.<br />
25% der Fortbildung findet in der Freizeit statt. Die Fortbildung<br />
findet grundsätzlich berufsbegleitend statt.<br />
Ziele<br />
Als Hilfestellung für die Arbeit werden theoretische Impulse<br />
gegeben und praxisbegleitende Weiterbildung organisiert.<br />
Es wird mit pädagogischen und systembezogenen Grundsätzen<br />
im NÖ Kindergartenwesen vertraut gemacht.<br />
Es soll im Hinblick auf die Arbeit im Kindergarten ein ähnlicher<br />
Wissensstand der Teilnehmer, die mit verschiedenen Grundausbildungen<br />
in diesem Tätigkeitsbereich arbeiten, erreicht werden<br />
Aus dem interkulturellen Zusammenhang heraus sollen die<br />
Seminare helfen, den persönlichen und kulturellen Hintergrund<br />
bewusst zu machen, daraus zu schöpfen und diese Erfahrungen<br />
in der Arbeit umsetzen zu lernen<br />
Zielgruppe<br />
Frauen, Männer, die derzeit als Interkulturelle Mitarbeiter/Innen<br />
ambulant in NÖ Kindergärten tätig sind und weitere 6-8 Männer<br />
und Frauen, die an der Arbeit als Interkulturelle Mitarbeiter/<br />
Innen interessiert sind und alle Voraussetzungen für diese<br />
Tätigkeit (siehe Konzept zur Interkulturellen Erziehung in NÖ<br />
Kindergärten) erfüllen.<br />
Obwohl nach Absolvierung der Ausbildung kein Anspruch auf<br />
eine Anstellung besteht, kann vom Land Niederösterreich auf<br />
diese Personengruppe zurückgegriffen werden, wenn das Kontingent<br />
an Interkulturellen Mitarbeiter/Innen aufgestockt wird.<br />
Auf <strong>Vorarlberg</strong> bezogen, sind hier folgende<br />
Anmerkungen zu machen.<br />
Bisher gibt es keine pädagogischen Fachkräfte im Kindergartenbereich,<br />
die auf Landesebene angestellt sind. Sehr wohl gibt es<br />
Fachstellen (AKS; IFS;) die ihre Fachkompetenz diesen Einrichtungen<br />
zur Verfügung stellen. Ein Landespool von Fachkräften<br />
hat nachweisliche Vorteile in der Professionalisierung der<br />
Tätigkeit und ist eine wichtige Unterstützung für kleinere Gemeinden.<br />
Derzeit sind in <strong>Vorarlberg</strong> 13 Personen mit nichtdeutscher Muttersprache<br />
arbeitslos oder in Schulungen des AMS, die eine Matura<br />
absolviert oder eine noch höhere Ausbildung haben. Diese<br />
Personen in den sehr speziellen pädagogischen Fachbereich einzuschulen<br />
ist möglich und für alle Seiten interessant. Das<br />
Magistrat Linz hat dies schon öfters praktiziert.<br />
Inhalte<br />
Die Fortbildung wird in 3 große Bereiche geteilt:<br />
- Methodisch- didaktische Grundlagen<br />
- Interkulturelle Erziehung<br />
- Persönlichkeitsbildung<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
55<br />
Finanzierung<br />
Der Lehrgang wird durch Beiträge der Abteilung Kindergärten (K5),<br />
der NÖ Landesakademie und durch EU-Fördermittel finanziert.<br />
Abschluss<br />
Der Lehrgang wird mit einer fachspezifischen Hausarbeit abgeschlossen.<br />
Bei positivem Abschluss wird ein Zertifikat ausgehändigt.<br />
Dieses Konzept wurde mit der Gruppe der Interkulturellen<br />
Mitarbeiter/Innen und Mitarbeiter des NÖ Zentrums für Kindergartenpädagogik<br />
erarbeitet.<br />
Evaluation<br />
Im Dezember 2004 ist der Endbericht über die Evaluationsergebnisse<br />
über den Einsatz von Interkulturellen Mitarbeiterinnen<br />
(IKM) in Kindergärten Niederösterreichs erschienen.<br />
Unter http://www.noelak.at/zentas/grafik/KigaIKM_Endbericht.pdf<br />
ist er im Detail nachlesbar.<br />
Es gab zwei Befragungszeitpunkte (Okt. 2003 und Juni 2004) in<br />
einem Kindergartenjahr. Deren Ergebnisse können verglichen<br />
werden und somit eine recht genaue Wirkungsanalyse gemacht<br />
werden.<br />
Es wurde dabei erfasst, wie die IKM in den Kiga-Teams aufgenommen<br />
werden, wie sich die Eltern zu diesem Schwerpunkt<br />
äußern, wie sich die Interkulturalität im Kindergarten zeigt, die<br />
Sicht des Personal über den Einsatz der IKM abgefragt, die<br />
Einbindung der Eltern und Kinder, die Unterstützung und Kooperation<br />
durch die Gemeinden und natürlich die Sichtweisen der<br />
IKM erhoben.<br />
Zusammenfassung der Ergebnisse:<br />
Die Einschätzungen des Personals fallen insgesamt sehr positiv<br />
aus. Die Vermittlungsrolle der IKM zu den Kindern und Eltern<br />
wird sehr geschätzt. Das direkte Lernen von den Kompetenzen<br />
der IKM wird überwiegend positiv erlebt.<br />
Es gibt eine bewusste Handhabe von „Problemfeldern“, die auf<br />
unterschiedliche Sprachen und Kulturen zurück zu führen sind.<br />
Die Lösungskompetenzen der IKM werden hoch eingeschätzt.<br />
Die Zusammenarbeit mit den Kommunen ist auf Leitungsebene<br />
und IKM gut. Sie fühlen sich unterstützt.<br />
Die IKM fühlen sich in einer Vorreiterrolle und können vor<br />
allem durch ihre eigenen Erfahrungen als Migranten neue<br />
Perspektiven bei anderen Kolleginnen ermöglichen. Ihre anwaltschaftliche<br />
Vermittlungsrolle zwischen migrantischen Eltern und<br />
Einrichtung verstärkt ihre besondere Rolle, die aber von beiden<br />
Seiten als hilfreich angesehen wird.<br />
Es wird von allen Beteiligten festgestellt, dass der Einsatz von<br />
IKM dazu geführt hat, dass die Bereitschaft zur<br />
Mehrsprachigkeit in den Gruppen gestiegen ist, dass die interkulturelle<br />
Offenheit größer geworden ist, dass Probleme weniger<br />
geworden sind.
4.4.4<br />
Fortbildungsprogramm von Kon – Lab; Berg, CH<br />
Entwickelt hat das Programm „Sprache und frühkindliche Bildung“ als<br />
Erweiterung des bekannten Kon-Lab-Programms der Schweizer<br />
Sprachwissenschaftler Dr. Zvi Penner. Kon-Lab GmbH, Dörflistr. 13a, CH-<br />
8572 Berg, Tel. 0041-71-6380230<br />
Im Internet unter: http://www.kon-lab.com<br />
<strong>BILDUNG</strong> VON ANFANG AN – Sprache und frühkindliche<br />
Bildung<br />
Fortbildungsmodule<br />
Modul Umfang Inhalt<br />
Basis-<br />
Module 1+2 12-18 Std. Sprachliche Grundkompetenzen<br />
In die sem Basismodul werden die ErzieherInnen<br />
in der Anwendung des Programms<br />
und des Materials (Materialienkiste)<br />
geschult und es werden ihnen die<br />
wissenschaftlichen Grundlagen des<br />
Spracherwerbs vermittelt.<br />
3 6 Std. Wie die Kinder lernen<br />
In diesem Modul werden kindergartenpädagogische<br />
und entwicklungspsycho<br />
logische Ansätze vermittelt, wie Kinder<br />
Lernen lernen. Ebenso wird der pädago<br />
gische Ansatz der Bildungspläne unter<br />
besonderer Berücksichtigung der Sprache<br />
vermittelt.<br />
Aufbau-<br />
Module 4 6 Std. Gezielte Sprachförderung für das Lernfeld<br />
Literacy<br />
2 Stunden Grundlagen zum Thema<br />
Literacy im Zusammenhang mit Sprache;<br />
2 Stunden Anwendung der multimedialen<br />
Materialien und des Praxisordners<br />
Literacy; 2 Stunden Übung anhand eines<br />
ausgewählten Beispiels.<br />
5 6 Std. Gezielte Sprachförderung für das Lernfeld<br />
Mathematik<br />
2 Stunden Grundlagen über mathemati<br />
sches Wissen im Zusammenhang mit<br />
Sprache; 2 Stunden Anwendung der<br />
multimedialen Materialien und des Praxisordners<br />
Mathematik; 2 Stunden<br />
Übung anhand eines ausgewählten<br />
Beispiels.<br />
6 6 Std. Gezielte Sprachförderung für das Lern-<br />
feld Naturwissenschaft<br />
2 Stunden Grundlagen über naturwis<br />
senschaftliches Wissen im Zusammenhang<br />
mit Sprache; 2 Stunden Anwendung<br />
der multimedialen Materialien und<br />
des Praxisordners Naturwissenschaft; 2<br />
Stunden Übung anhand eines ausge<br />
wählten Beispiels.<br />
7 6 Std. Sehr frühe Bildung als Chance<br />
Sprachförderung für 0- bis 3-Jährige.<br />
8 > 12 Std.<br />
nach Vereinbarung Praktika und Nachbetreuung<br />
Am Tag nach der Schulung findet ein<br />
Coaching für alle Teilnehmer in einem<br />
Kindergarten statt. Mit etwa 5 Kindern<br />
aus dem Kindergarten führt der Schulungsdozent<br />
den Erzieherinnen das<br />
Programm in der Praxis noch einmal vor.<br />
Nachbetreuung: Nach ca Jahr kommen<br />
die Schulungsteilnehmer noch einmal<br />
zusammen, um Erfahrungen auszutau<br />
schen.<br />
56<br />
4.4.5<br />
AIM-Fachkraft für frühkindliche Pädagogik<br />
Kontakt: AIM gGmbH (Akademie für Information und Management);<br />
Ferdinand-Braun-Str. 3; 74074 Heilbronn, D<br />
Ansprechpartner: Margarete Schwab, Tel. 0049-71 31-390 97-391,<br />
E-Mail: schwab@aim-ihk.de und<br />
Pamela Hopfensitz, Tel. 0049-71 31-390 97-388,<br />
E-Mail: hopfensitz@aim-ihk.de; Internet: www.aim-ihk.de<br />
Dieser Lehrgang wäre durchaus geeignet, als Zusatzqualifikation<br />
für migrantische „QuereinsteigerInnen“ in die Kinderbetreuung<br />
adaptiert zu werden. Dauer: 14 Seminartage (112 UStd)<br />
Inhalt:<br />
1. Die Chancen des Orientierungsplans (2 Tage)<br />
2. Beobachtung und Dokumentation (1 Tag)<br />
3. Kooperationen mit Eltern, Schulen, anderen Partnern und<br />
Institutionen (1 Tag)<br />
4. Sprachbildung und Sprachförderung als zentrales Bildungs-<br />
und Entwicklungsfeld im Orientierungsplan (2 Tage)<br />
5 a. Das Bildungs- und Entwicklungsfeld „Körper“ (1 Tag)<br />
5 b. Das Bildungs- und Entwicklungsfeld „Denken“ (1 Tag)<br />
5 c. Das Bildungs- und Entwicklungsfeld „Sinn, Werte und<br />
Religion“ (1 Tag)<br />
6. Förderung und Begleitung frühkindlicher Lernprozesse (1 Tag)<br />
7. Intensivierung der Zusammenarbeit und Vernetzung mit der<br />
Grundschule (1 Tag)<br />
8. Interkulturelle Pädagogik in der Kindertageseinrichtung<br />
(1 Tag)<br />
9. Das Qualitätsmanagement in Kindertageseinrichtungen (1 Tag)<br />
10.Umgang mit Zahlen in der Kindertageseinrichtung (1 Tag)<br />
4.5<br />
LEHRGANGSMODELLE FÜR<br />
„SPRACHFÖRDER-SPEZIALISTINNEN“<br />
4.5.1<br />
Zertifikatslehrgänge in Niederösterreich<br />
4.5.1.1Lehrgang zur „Interkulturellen Fachpädagogin“<br />
Kontakt:Marianne Erasimus, Amt der NÖ Landesregierung, Zentrum für<br />
Kindergartenpädagogik, Haus 12; Landhausplatz 1, 3109 St. Pölten<br />
Telefon: 02742-9005-15643; E-Mail: erasimus.marianne@noel.gv.at;<br />
Nähere Informationen unter:<br />
http://www.noel.gv.at/service/k/K5/EU_Projekt_IPPT.htm<br />
Zusatzinformationen über das EU-Projekt:<br />
1. Projektjahr:http://www.tirol.gv.at/fileadmin/www.tirol.gv.at/themen/<br />
gesellschaft-und-soziales/integration/downloads/Leitbild/AK1/<br />
paedagogik1.pdf<br />
2. Projektjahr: http://www.tirol.gv.at/fileadmin/www.tirol.gv.at/themen/<br />
gesellschaft-und-soziales/integration/downloads/Leitbild/AK1/<br />
paedagogik2.pdf<br />
Das Bundesland Niederösterreich hat in Sachen interkulturelle<br />
Pädagogik im Vorschulbereich Pionierarbeit geleistet. Bereits<br />
seit 1990 wurden Frauen mit nichtdeutscher Muttersprache als<br />
Hilfskräfte in Kindergärten aufgenommen.<br />
Zum Einsatz dieser Mitarbeiterinnen gab es anfangs weder einen<br />
klaren Arbeitsauftrag, noch ein Konzept, noch Begleit- und<br />
Stützmaßnahmen.<br />
Die Interkulturellen Mitarbeiter/Innen stammen aus 7 verschiedenen<br />
Kulturkreisen und kommen aus verschiedenen Berufen.<br />
Aus den Vorstellungen und Bedürfnissen die sich in der praktischen<br />
Arbeit herauskristallisierten, entwickelte die Gruppe der<br />
Interkulturellen MitarbeiterInnen, unterstützt durch die Fachabteilung<br />
des Landes NÖ das Konzept zu einem berufsbegleitenden<br />
Lehrgang.
Das Gesamtprojekt: „Verschiedene Herkunft – Gemeinsame Zukunft“<br />
hat in Ergänzung zum Einsatz der IKM nachhaltig positive<br />
Wirkung erzielt.<br />
4.5.1.2 Zertifikatslehrgang „Interkulturelle Pädagogik“<br />
Kontakt:<br />
Marianne Erasimus, Amt der NÖ Landesregierung, Zentrum für<br />
Kindergartenpädagogik, Haus 12; Landhausplatz 1, 3109 St. Pölten<br />
Telefon: 02742-9005-15643; E-Mail: erasimus.marianne@noel.gv.at;<br />
und<br />
Maria Zwicklhuber, Interkulturelles Zentrum, Bacherplatz 10, 1050 Wien<br />
Telefon: 01-5867544-14; E-Mail: maria.zwicklhuber@iz.or.at<br />
Dieser Lehrgang ist über ein EU-Equal Projekt abgewickelt worden<br />
und in Kooperation mit dem Bundesministerium für Wirtschaft<br />
und Arbeit abgehalten worden.<br />
Im Unterschied zum vorherigen Zertifikatslehrgang richtet<br />
sich dieses Angebot an folgende TeilnehmerInnen:<br />
- Kindergartenpersonal (KindergärtnerInnen, HelferInnen,<br />
Interkulturelle MitarbeiterInnen)<br />
- VolksschullehrInnen<br />
- HorterzieherInnen<br />
- Deutsch-sprachige und muttersprachliche FörderlehrerInnen<br />
Die angestrebten Ziele dieses Angebotes sind:<br />
- Förderung von Empathie im Umgang mit Menschen aus anderen<br />
Kulturen<br />
- Erweiterung des didaktischen Repertoires im Umgang mit Kindern<br />
nicht deutscher Muttersprache<br />
- Reflexion der eigenen Mentalität und kulturelle Verhaltensweisen<br />
- Einsicht in die Kultur der Migrantenhauptgruppen<br />
- Intensive Auseinandersetzung mit Interkultureller Pädagogik in<br />
Theorie und Praxis<br />
- Vermittlung von Hintergrundwissen in Bezug auf Migration und<br />
Integration<br />
Methodisch setzt sich der Lehrgang wie folgt zusammen:<br />
- 8 verpflichtende Basismodule á 2 Tage<br />
- freiwählbare Zusatzangebote zu drei Stunden (15 Themen stehen<br />
zur Auswahl)<br />
- Projektarbeit: in Kleingruppen wird eine Projektarbeit durchgeführt<br />
und in der Gesamtgruppe vorgestellt.<br />
- Peergruppenarbeit: Regelmäßige Treffen mit dem Ziel Inhalten<br />
aus den Basismodulen zu vertiefen.<br />
Diese Lehrgangmodelle sind darauf ausgerichtet, dass PädagogInnen<br />
oder „QuereinsteigerInnen“ sich in einem sehr hohen<br />
Maße in den Themenbereich Interkulturelle Pädagogik und im<br />
Speziellen „Frühe Sprachförderung“ weiterbilden können. Die<br />
TeilnehmerInnen sollten nach einem solchen Lehrgang in der Lage<br />
sein, sich als SpezialistIn in speziellen Situationen und als<br />
BeraterIn für andere PädagogInnen zu bewähren. Diese intensive<br />
Vertiefung von diesen Personen ist eine besonders effektive Form<br />
der „flächigen“ Fort- und Weiterbildung, da diese SpezialistInnen<br />
sich besonders gut als MultiplikatorInnen eignen und somit eine<br />
sehr breite Wirkung erzielen können.<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
57<br />
4.5.2<br />
„Multiplikator/in für Sprachförderung“ in Kindertageseinrichtungen;<br />
Hamburg, D<br />
Kontakt: Ulrike Staffeldt, Amt für Familie, Jugend und Sozialordnung,<br />
Südring 32, 22303 Hamburg<br />
Telefon: 0049-40-42863-5210; E-Mail: Ulrike.Staffeldt@bsg.hamburg.de;<br />
Nähere Informationen unter: www.jugendhilfe.hamburg.de<br />
Diese 2 jährige berufsbegleitende Weiterbildung (Gesamtdauer:<br />
208 UE) bildet ErzieherInnen aus Kindergruppen zu MultiplikatorInnen<br />
für Sprachförderung in Kindergärten aus.<br />
Die Teilnehmenden erwerben Kompetenzen in drei Bereichen.<br />
Sie lernen:<br />
Sprachförderprozesse für Kinder zu planen, durchzuführen und<br />
auszuwerten und mit der Vielsprachigkeit von Gruppen und der<br />
Zwei- und Mehrsprachigkeit von Kindern pädagogisch sinnvoll<br />
umzugehen,<br />
Ihr Wissen zur Sprachförderung an Kolleginnen und Kollegen<br />
sowie Eltern weiterzugeben,<br />
Erfordernisse der Sprachförderung bei der Raumgestaltung und<br />
ausstattung sowie der Personalentwicklung zu berücksichtigen.<br />
Themenschwerpunkte und Lehrgangsaufbau:<br />
Sprachentwicklung von Anfang an - Entwicklung von Erst- und<br />
Zweitsprache, Störungen im Spracherwerb<br />
Beobachtung und Transkription SISMIK und HAVAS 5<br />
Sprachförderkompetenz in Situationen der Vielsprachigkeit;<br />
Einführung in Förderinstrumente<br />
Von der Sprachstandanalyse zur individuellen Sprachförderung<br />
Verläufe von Sprachentwicklung – Sprachprofile erstellen<br />
Zusammenarbeit mit Eltern in der Sprachförderung<br />
Sprachliche Ressourcen im Team erkennen und fördern<br />
Abrundung der erwachsenenbildnerischen Kompetenz<br />
-<br />
Zwischen diesen 8 Bausteinen finden regelmäßige Reflexionssitzungen<br />
und Praxisübungen statt.<br />
Abschluss:<br />
Am Ende des Lehrganges ist eine schriftliche Arbeit zu erstellen,<br />
die Praxisaufgaben in Form eines Portfolios vorzulegen und eine<br />
Abschlusspräsentation im Rahmen des Kolloquiums durchzuführen.<br />
Bei erfolgreicher Teilnahme erhalten die TeilnehmerInnen<br />
ein Zertifikat.<br />
4.5.3<br />
ErzieherInnenfortbildungen zur Sprachförderung<br />
für Vorschulkinder durch die Uni-Mannheim, D<br />
Kontakt: Vytautas Lemke, Forschungs- und Kontaktstelle<br />
Mehrsprachigkeit, Tattersallstr. 2, 68131 Mannheim<br />
Telefon: 0049-621-181-3165, E-Mail: vlemke@rumms.uni-mannheim.de;<br />
www.uni-mannheim.de<br />
Dieses von Dr. Rosemarie Tracy geleitete Fortbildungsprogramm<br />
wird von der Landesstiftung Baden-Württemberg mitfinanziert<br />
und zielt darauf ab, möglichst viele PädagogInnen in die Rolle<br />
der Multiplikatorinnen zu bringen, um der konkreten Sprachförderung<br />
in den Gruppen Vorschub zu leisten. Diese Fortbildungsreihe<br />
„Fit für die Sprachliche Frühförderung“ ist in Modulen aufgebaut:<br />
3 Theoriemodule<br />
Was genau lernt ein Kind beim Spracherwerb?<br />
Mehrsprachigkeit<br />
Sprachstandanalyse
-<br />
-<br />
-<br />
2 Praxismodule<br />
Die Schritte des Förderprogramms<br />
Strategien der Wortschatz- und Strukturvermittlung<br />
1 Abschlussworkshop<br />
Thema Beobachten und Dokumentation<br />
4.5.4<br />
InkuTra – interkulturelle Trainings; AWO Nürnberg<br />
Der Sachbereich Migration-Jugend & Familie des Kreisverbandes<br />
Nürnberg der Arbeiterwohlfahrt führt seit dem Jahr 2002 in<br />
enger inhaltlicher Abstimmung mit dem Jugendamt der Stadt<br />
Nürnberg ein modular aufgebautes Trainingsprogramm im<br />
Rahmen des Modellprojektes „InkuTra - interkulturelle Trainings“<br />
durch.<br />
Themen der Trainings sind u.a.: Wissen um Kulturstandards,<br />
Eigenkulturreflexion der Fachkräfte, Fremdheitserfahrung, Vorurteile,<br />
Umgang mit Fremdem, interkulturelle Kommunikation,<br />
Migration und Migrationsbiographien, Informationen zu speziellen<br />
Herkunftsländern, die Bearbeitung konflikthafter Situationen<br />
im Arbeitsfeld und handlungsbezogene Ansätze interkultureller<br />
Arbeit.<br />
„InkuTra“ wurde aus Mitteln des Bundesverwaltungsamtes gefördert<br />
und in dessen Auftrag wissenschaftlich begleitet und evaluiert.<br />
Die vier Bausteine der InkuTra-Trainings der AWO (Arbeiterwohlfahrt)<br />
Nürnberg:<br />
Impulsseminar zur Entwicklung interkultureller<br />
Kompetenz in Kindertageseinrichtungen<br />
- 2tägiges Seminar<br />
- April bis Juli 2002<br />
Aufbauseminar zur Förderung interkultureller<br />
Kompetenz in Kindertageseinrichtungen<br />
- 2tägiges Seminar<br />
Interkulturelle Inhouse-Trainings<br />
in Kindertageseinrichtungen<br />
- 1tägiges Seminar in Kindertageseinrichtungen<br />
- März bis November 2003<br />
- insgesamt 14 Einrichtungen<br />
- alle pädag. MitarbeiterInnen der Einrichtung<br />
Entwicklungsgruppe<br />
Leitlinien interkultureller Arbeit in<br />
Kindertageseinrichtungen<br />
- mit Fachkräften aus Kindertageseinrichtungen<br />
- fachlich begleitet durch eine Mitarbeiterin von Inku Tra<br />
- derzeit laufend<br />
58<br />
4.5.5<br />
Muntual – EU-Projekt für eine Ausbildung zur<br />
Interkulturellen Kinderpädagogin; Graz, A<br />
Kontakt für Österreich:<br />
Volkshilfe Steiermark, Brandhofgasse 13, Graz, A-8010, Österreich<br />
regina.egger@stmk.volkshilfe.at; www.stmk.volkshilfe.at<br />
BFI-Steiermark, Mariengasse 24, Graz, A-8020, Österreich<br />
sigrid.wozonig@bfi-stmk.at; www.bfi-stmk.at<br />
Stadt Graz, Amt für Kinderbetreuung; Kaiserfeldgasse 25, Graz, A-8010,<br />
Österreich<br />
heidi-irene.baeck@stadt.graz.at; www.graz.at<br />
Nähere Informationen: http://www.mutual-eu.com/dokumenter/<br />
handbook/handbook%20versions/German%20MUTUAL%20-%<br />
20Handbook.doc<br />
Die Webseite beinhaltet das gesamte veröffentlichte Material sowie<br />
akademische Forschungen und neue für dieses Projekt durchgeführte<br />
Studien, Referenzen und Hintergrundmaterial.<br />
Siehe www.mutual-eu.com.<br />
MUTUAL ist eine vom Programm “Leonardo da Vinci” der<br />
Europäischen Union finanzierte dreijährige internationale Zusammenarbeit<br />
von 13 Partnern in zehn europäischen Ländern.<br />
Das Projekt erstellt ein neues Ausbildungspaket für die multikulturelle<br />
Kinderbetreuung, das für MigrantInnen und TeilnehmerInnen<br />
aus den Gastländern offen ist.<br />
Ein praxisbezogenes Projekt<br />
MUTUAL ist eine praktische Zusammenarbeit zwischen<br />
ForscherInnen, Kinderbetreuungszentren und<br />
Ausbildungsorganisationen. Das Material ist einfach zu verwenden<br />
und hilft den TeilnehmerInnen unmittelbar, ihre<br />
Anstellungsmöglichkeiten zu verbessern.<br />
Unser Ausbildungskurs wird ein voll entwickeltes Entwicklungsprogramm,<br />
einschließlich Lehrplan und TrainerInnenrichtlinien,<br />
sein.<br />
Erfahrungen sind in der Kinderbetreuung äußerst wichtig. Daher<br />
umfasst der Kurs die individuelle Beurteilung und Zertifizierung<br />
früher erworbenen Wissens und hilft den TeilnehmerInnen somit<br />
dabei, ihre bestehenden Fertigkeiten und Erfahrungen zu dokumentieren.<br />
Der Kurs umfasst ein von MUTUAL neu entwickeltes wesentliches<br />
On-line-Element, um unerfahrene TeilnehmerInnen in die<br />
ICT einzuführen und erfahrenen StudentInnen die Möglichkeit zu<br />
geben, rascher zu lernen.<br />
Alle TeilnehmerInnen beenden den Kurs mit einem persönlichen<br />
Portfolio, das über persönliche Angaben, beurteilten Wissenserwerb<br />
und Qualifikationen sowie praktische Erfahrungen<br />
Aufschluss gibt. Dabei handelt es sich um ein wichtiges<br />
Werkzeug bei der Arbeitsplatzsuche.<br />
Quelle: ernst.6900
4.5.6<br />
Lehrgang Interkulturelle Pädagogik; Steiermark, A<br />
(aus dem Fortbildungsprogramm 2005/06 des Abteilung 6b,<br />
Amt der Landesregierung)<br />
(vom 30. November 2005 bis 9. Juni 2006, etwa 60 Gesamtstunden)<br />
Kontakt: Ansprechpartnerin in der Fortbildungsstelle:<br />
Karin Fahrengruber,<br />
Tel.Nr. 0316 / 877 / 3682; karin.fahrengruber@stmk.gv.at<br />
Modul 1 Migration:<br />
- Eigene Familien/Herkunftsgeschichte auf Migrationserfahrungen<br />
hin untersuchen<br />
- Geschichten von MigrantInnen<br />
- Migrations- und Integrationspolitik Österreichs nach 1945 (Ausgrenzung<br />
durch Gesetz, Verhinderung des Karriereaufstiegs,<br />
etc.); Situation von MigrantInnen in Graz/ Steiermark<br />
- Migration, Kulturschock, Identitätsbildung (Beschreibung durch<br />
MigrantInnen in Österreich)<br />
- Soziokultureller Hintergrund von MigrantInnen (Familienstrukturen,<br />
soziale Rangordnung, sozialer Hintergrund der Migrant-<br />
Innen, Erziehung)<br />
- Kulturdefinitionen, Kultur/Wertewandel, gesellschaftlicher Umbruch,<br />
Pluralität in der Gesellschaft<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
Modul 2 Sprache:<br />
Spracherwerb – Mehrsprachigkeit<br />
Grundsätzliches zum Spracherwerb im Kontext von Mehrsprachigkeit,<br />
Typen und Stufen des Spracherwerbs<br />
Didaktik der Mehrsprachigkeit / Förderung der Sprachkompetenz<br />
Bedeutung von Muttersprache<br />
Verbale und nonverbale Kommunikation<br />
Strukturelle Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für die<br />
Förderung der Mehrsprachigkeit (Muttersprachen, Zweitsprache,<br />
Deutschförderung…..)<br />
Macht der Sprache/Sprachlosigkeit<br />
Dialog als pädagogisches Prinzip<br />
Modul 3 Islam: Religion und Alltagskultur, traditionelle<br />
Werte und Familienstrukturen<br />
Islam – eine Religion<br />
Gemeinsames und Trennendes zwischen Christentum und Islam<br />
Abgrenzung zur Alltagskultur und zum Islam<br />
Konfliktbereiche rund um Religion (Privatbereich/Öffentlichkeit,<br />
religiöser Rassismus, Problematik des Islamismus)<br />
Umsetzung von Interkulturalität/Interreligiösität in Kinderbetreuungseinrichtungen<br />
Traditionelle Werte und Familienstrukturen in orientalischen<br />
Familien<br />
Handlungsorientierungen für die Praxis<br />
Plattform Begegnung und des Dialogs<br />
Modul 4 Konfliktmanagement in interkulturellen Kontexten:<br />
- Was ist ein interkultureller Konflikt?<br />
- Konfliktlösungskulturen<br />
- Konfliktanalyse und Handlungsstrategien (Bildertheater und<br />
Forumtheater)<br />
- Lösungsqualitäten – Diversity Management<br />
Modul 5 Interkulturelles Lernen – Integration<br />
Interkulturelles Lernen als Prozess vom Ethnozentrismus hin<br />
- zur Akzeptanz und Wertschätzung anderer Kulturen<br />
Methoden und Praxis interkulturellen Lernens<br />
- Entwickeln einer spezifischen Interkulturellen Kompetenz<br />
- Bedingungen für Integration und integrationsfördernde Maß-<br />
- nahmen<br />
59<br />
Lehrgangsleitung: Lisa KOLB-MZALOUET<br />
Kursnummer: 046<br />
Die durchgehende Teilnahme an allen 5 Modulen ist Voraussetzung für<br />
den erfolgreichen Abschluss des Lehrgangs.<br />
4.5.7<br />
Zertifikatslehrgang „Fachkraft für Sprachkompetenzförderung<br />
und Sprachentwicklung in der<br />
Kindertagesstätte (VHS); Lüneburg, D<br />
Kontakt: Volkshochschule Lüneburg, Haagestr. 4, 21335 Lüneburg,<br />
Niedersachsen, Deutschland<br />
Telefon: 0049-4131-15660; E-Mail: vhsifo@vhs.lueneburg.de;<br />
www.vhs.lueneburg.de<br />
Dieser berufsbegleitende Lehrgang umfasst 202 Unterrichtseinheiten,<br />
die auf 7 Module aufgeteilt sind.<br />
Inhalte sind:<br />
- Kenntnisse über die Lebensstilentwicklung in der frühkindlichen<br />
Phase<br />
- Kenntnisse der kindlichen Sprachentwicklung, des Zweitspracherwerbs<br />
- Zusammenhänge zwischen Wahrnehmung, Bewegung und<br />
Sprache sowie Sprache und Schrifterwerb<br />
- Kenntnisse der Interkulturellen Erziehung und Bildung<br />
- Zusammenarbeit mit Eltern und Insitutionen<br />
- Fähigkeit, diese theoretischen Kenntnisse in der täglichen Arbeit<br />
in der Kindertagesstätte altersgemäß und situationsangemessen<br />
anzuwenden.<br />
4.5.8<br />
Universitätslehrgang für Interkulturelle<br />
Kompetenz; Salbzburg, A<br />
Kontakt: Paris-Lodron-Universität Salzburg; Kapitelgasse 4-6,<br />
5020 Salzburg;<br />
Tel.: 0662/8044-0; E-Mail: uni.service@sbg.ac.at; www.uni-salzburg.at<br />
Nähere Auskünfte unter:<br />
http://www.uni-salzburg.at/portal/page?_pageid=1065,372965&_dad=<br />
portal&_schema=PORTAL<br />
Der Lehrgang ist im deutschsprachigen Raum einzigartig und<br />
zeichnet sich u.a. aus durch<br />
- seine interfakultäre Trägerschaft<br />
- seine Balance zwischen theoretischen Grundlagen und praktischen<br />
Übungsfeldern<br />
- die Anerkennung des Know-Hows der Teilnehmenden als zentrale<br />
Ressource<br />
- sein interkulturelles Forum<br />
- seine berufsbegleitende Organisationsform<br />
Die erfolgreiche Teilnahme wird mit einem EU-weit anerkannten<br />
„Postgraduate University Diploma in Intercultural Competence“<br />
der Universität Salzburg bestätigt.
4.5.9<br />
Zertifikatskurs „Interkulturelle Kompetenz“;<br />
RAA Nordrheinwestfalen, D<br />
Ansprechpartnerin: Frau Dr. Monika Springer-Geldmacher; Hauptstelle<br />
RAA NRW, Tiegelstr. 27; 45141 Essen, Telefon: 0049-201-8328304;<br />
E-Mail: springer-geldmacher.hauptstelle@raa.de; www.raa.de<br />
Mehr Informationen unter:<br />
http://www.raa.de/zertifikatskurs-interkulturelle-kompetenz.html<br />
Die eindrucksvolle Angebotspalette von RAA (Griffbereit,<br />
Hokus und Lotus, Interkultureller Schülerklub, KOALA, Modul<br />
DaZ, Potenziale und Rucksack) wird mit diesem Zertifikatslehrgang<br />
konsequent ergänzt und abgerundet. Diese Produktvielfalt<br />
ist Grundlage und Arbeitshaltung für diesen Lehrgang. Die gesamthaft<br />
hohen Qualitäten der Konzepte bestätigen sich in der<br />
nachweislich guten Wirkung. Dieser Lehrgang ist wirklich darauf<br />
ausgerichtet, dass hoch qualifizierte Fachpersonen sich beratend<br />
und aktiv in den Prozess der Sprachförderung von Kindern mit<br />
nichtdeutscher Muttersprache einbringen.<br />
In den Unterlagen der oben genannten homepage ist eine sehr differenzierte<br />
und aufschlussreiche Evaluation des ersten Lehrganges<br />
zu finden.<br />
Aufbau des Lehrganges:<br />
Einführungstag:<br />
Einführung in die Veranstaltung<br />
Verpflichtung zur Organisationsentwicklung<br />
Abschluss einer Vereinbarung zwischen RAA<br />
und Teilnehmerin 1 Tag<br />
Baustein 1: Interkulturelle Sensibilisierung 2 Tage<br />
Baustein 2: Ausländerrecht und Migration 2 Tage<br />
Baustein 3: Sprache, Sprachentwicklung, Förderung<br />
von Mehrsprachigkeit, Sprachstandserhebung, Sprachprogramme<br />
wie Rucksack, Hocus und Lotus,<br />
Wir verstehen uns gut 3 Tage<br />
Baustein 4: Arbeit mit Eltern<br />
Sensibilisierung für die Situation zugewanderter Eltern<br />
Griffbereit und Rucksack<br />
Andere Formen der Elternarbeit 2 Tage<br />
Baustein 5: Organisationsentwicklung<br />
Einführung in die Organisationsentwicklung<br />
Möglichkeiten der Umsetzung in einer Kindertageseinrichtung<br />
Möglichkeiten der Entwicklung einer interkulturellen<br />
Einrichtung 2 Tage<br />
Baustein 6: Religion in der Migration<br />
Islam als Sozialisationsfaktor in der Erziehung von<br />
muslimischen Kindern; Interreligiöse Erziehung 2 Tage<br />
Baustein 7: Kommunikation und Konfliktbearbeitung 2 Tage<br />
Baustein 8: Antirassistische interkulturelle Ansätze<br />
in der Kita 1 Tag<br />
Baustein 9: Praktikum organisiert durch<br />
örtliche RAA in interkulturell ausgerichteten Einrichtungen,<br />
vorzugsweise in Kitas in Kreis oder Kommune 1 Tag<br />
Baustein 10: Organisationsentwicklung, Präsentation<br />
der für die eigene Einrichtung erarbeiteten Umsetzung 2 Tage<br />
60<br />
4.6<br />
ELTERNBETEILIGUNGSMODELLE<br />
(oder andere externe Ehrenamtliche)<br />
Elternbeteiligungsmodelle haben in mehrfacher Hinsicht große<br />
Bedeutung. Zum einen ist es schon mehrfach erwähnt und unbestritten,<br />
dass die Eltern eine zweifache Aufgabe haben, um die<br />
Sprachentwicklung ihres Kindes zu unterstützen: Sie stabilisieren<br />
die muttersprachliche Kompetenz und sie haben eine Vorbildrolle<br />
für das Kind in der grundsätzlichen Einstellung zur Deutschen<br />
Sprache als Zweitsprache. Durch eine organisierte und fachlich<br />
fundierte Zusammenarbeit von Eltern und Einrichtungen werden<br />
beide Aufgaben gestützt und gestärkt.<br />
Elternbeteiligungsmodelle haben natürlich auch das Ziel, die<br />
doch beschränkten Ressourcen der Einrichtungen zu entlasten.<br />
Dieser Umstand ist nach den bisher gemachten Erfahrungen<br />
allerdings nicht als notwendiges Übel anzusehen, sondern trägt<br />
ganz wesentlich zur selbstverständlichen und alltäglichen<br />
Integration von unterschiedlichen Kulturen bei und macht nebenbei<br />
auch meistens großen Spaß.<br />
4.6.1<br />
Eltern übernehmen Aufgaben bei ihrem<br />
eigenen Kind<br />
4.6.1.1 Beispiel Recklinghausen „Elternkontrakt“<br />
Die Stadt Recklinghausen hat seit dem Jahr 2000 ihr Engagement<br />
in Sachen Sprachförderung sukzessive ausgebaut. Um die Kooperation<br />
mit den migrantischen Eltern zu stabilisieren, wird bei<br />
Eintritt des Kindes in den Kindergarten mit diesen Eltern ein<br />
„Kontrakt zur gemeinsamen Umsetzung einer ganzheitlichen<br />
Sprachförderung durch Familie, Kindergarten und Grundschule“<br />
abgeschlossen.<br />
In diesem Kontrakt wird beschrieben, zu was sich der<br />
Kindergarten in Sachen Sprachförderung verpflichtet, aber<br />
genauso, was von den Eltern notwendigerweise beigesteuert werden<br />
muss.<br />
- Die Eltern sichern einen regelmäßigen Kindergartenbesuch des<br />
Kindes zu und verpflichten sich, das Kind bei Krankheit oder<br />
begründetem Fernbleiben zu entschuldigen<br />
- Sie verpflichten sich, regelmäßig an Informationsveranstaltungen<br />
für Eltern zur Sprachförderung im Kindergarten teilzunehmen.<br />
- Sie verpflichten sich regelmäßig an „Fördergesprächen“ mit den<br />
PädagogInnen teilzunehmen.<br />
-<br />
Sie erlauben dem Kindergarten, dass wichtige Informationen zur<br />
sprachlichen Entwicklung des Kindes mit der zukünftigen<br />
Volksschule weitergeleitet werden können.<br />
Obwohl diesem Modell keinerlei rechtswirksames Sanktionsmittel<br />
angeheftet ist, hat die Erfahrung gezeigt, dass Eltern diesen<br />
Kontrakt sehr ernst nehmen. Es ist erst einmal vorgekommen,<br />
dass ein Elternteil zur Einhaltung der Vereinbarung nachhaltig<br />
nicht bereit war.<br />
Dieses Modell der Verbindlichkeit wurde im letzten Jahr von der<br />
Stadt Hamburg übernommen.
4.6.1.2 Beispiel Nordrhein-Westfalen „Offensive<br />
Kooperationsformen zwischen Eltern und<br />
Kindereinrichtungen“<br />
In einer sehr umfangreichen Arbeitsunterlage hat das Bundesland<br />
Nordrhein-Westfalen in Zusammenarbeit mit dem Sozialnetz<br />
Hessen eine Übersicht erstellt, welche Formen der Elterninformations-<br />
und –Kooperationsformen sich nachhaltig und abgesichert<br />
bewährt haben.<br />
Sie heben dabei besonders hervor:<br />
- das Aufnahmegespräch zu nutzen, um gegenseitige Erwartungen<br />
zu klären und Aufgaben zuzuteilen (falls notwendig mit Dolmetscher).<br />
Es geht dabei um die Aufgaben der Einrichtung wie<br />
auch um die der Eltern.<br />
- ein Informationsblatt soll dies verschriftlichen – allgemeine<br />
Informationen über Zweitspracherwerb können hier beigelegt<br />
sein.<br />
- Übernahme von kleinen überschaubaren Aufgaben, (Übungsblätter<br />
für zuhause) und besondere Betonung der muttersprachlichen<br />
Entwicklung des Kindes.<br />
- Regelmäßige Elternabende mit Informationscharakter zum Thema<br />
Sprachförderung oder aber auch interkulturelle Treffen als<br />
fixe Projekte im Kindergartenjahr (Kulturhomogene Treffen<br />
können vereinzelnd hilfreich sein)<br />
- halbjährliche Elterngespräche bei denen auch die Sprachentwicklung<br />
des Kindes besonders beachtet wird<br />
- Hospitationen der Eltern in Sprachfördergruppen, damit sie eine<br />
Vorstellung bekommen, wie hier gearbeitet wird.<br />
- Einladung an die Eltern, sich aktiv in Sprachförderprojekte einzubringen<br />
(Leseforen, muttersprachliche Märchenstunden, Lieder,<br />
Reime, etc.)<br />
- Eltern-Kind-Aktivitäten<br />
- für die Eltern sichtbare Dokumentationen über die Aktivitäten<br />
zur Sprachförderung und zu interkulturellen Themen<br />
- Aufbau eine Bibliothek und einer Spielothek, die es erlauben,<br />
dass Familien diese Dinge ausleihen dürfen und Kinder auch<br />
zuhause pädagogisch gutes Material verwenden können und<br />
zuhause auch „Lernprozesse“ mit ihren Familienmitgliedern<br />
fortsetzen können.<br />
Kindergarteneinrichtungen, die sich mit dieser Art von standardisierter<br />
Elternarbeit beschäftigt haben, erzählen, dass dadurch<br />
automatisch eine sehr stabile Unterstützung für die Einrichtung<br />
und aber auch für die Familien untereinander entsteht. Das entwickelt<br />
sich zu einem informellen „Ruck-Sack-Modell“. (siehe<br />
Kindergarten Scherzhausen 4.3.7)<br />
4.6.1.3 Beispiel Tirol „Informationsmaterialien als Hilfestellungen<br />
für Kindergärten bei Informationsanliegen an<br />
die Eltern“<br />
In einer sehr umfangreichen und fachlich tiefgründigen Sammlung<br />
für Unterlagen und Arbeitsmaterialien zum Thema Sprachförderung<br />
und Interkulturelle Pädagogik hat das Fortbildungsreferat<br />
für Kindergärten in Tirol auch eine besondere Sammlung<br />
von Kopiervorlagen angelegt.<br />
Diese Kopiervorlagen sind in Deutsch, Türkisch, Serbo-Kroatisch,<br />
Russisch, Französisch, Englisch und Arabisch verfasst<br />
und beinhalten die Themen:<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
61<br />
„Neue Adresse“, „Änderung der Telefonnummer“, „Ausflug“,<br />
„Bitte geben Sie Ihrem Kind mit ____“, „Einladung zum Elternabend“,<br />
„Früher Entlassen wegen Arzttermin“, „Guten Morgen“<br />
„Guten Tag“, „Mitnahme des Impfpasses“, „Rodeln“, „Ansteckende<br />
Krankheiten im Kiga“, „Willkommen“, „Wir bitten um<br />
ein Gespräch“, „Wir feiern ein (Faschings-)Fest“, „Wir sammeln“,<br />
„Wir sind spazieren“, „Wir wünschen frohe Ferien“.<br />
Besonders interessant ist dabei das folgende<br />
Informationsblatt:<br />
„Was Eltern tun können, um ihr Kind beim Erwerb der deutschen<br />
Sprache zu unterstützen:“<br />
Schauen Sie mit Ihrem Kind gemeinsam Bilderbücher in beiden<br />
Sprachen an und lesen sie Ihrem Kind Geschichten vor.<br />
Bilderbücher können Sie in der Bücherei ausleihen.<br />
Sprechen Sie viel mit Ihrem Kind in der eigenen Sprache<br />
Ermuntern Sie Ihr Kind durch Fragen zum Erzählen – was war<br />
heute los im Kindergarten? Womit hast Du gespielt?<br />
Zuhören ist besonders wichtig<br />
Benennen Sie die Dinge in beiden Sprachen, sofern Sie selbst<br />
die Begriffe in der deutschen Sprache kennen.<br />
Schauen Sie mit Ihrem Kind Kindersendungen im Fernsehen in<br />
deutscher Sprache an.<br />
Spielen Sie gemeinsame Spiele mit Ihrem Kind<br />
Tauschen Sie sich mit anderen Eltern aus und geben Sie sich<br />
gegenseitig Tipps und Hilfestellungen bei Problemen.<br />
Kinder laden ihre Freunde gerne ein. Schlagen Sie Ihrem Kind<br />
vor, auch deutschsprachige Freunde und Freundinnen einzuladen.<br />
„Was Eltern vermeiden sollten:“<br />
Sprechen Sie mit Ihrem Kind nicht „halb Muttersprache, halb<br />
deutsch“<br />
Vermeiden Sie Ihrem Kind zu vermitteln, dass die „fremde<br />
Sprache“ eine unerwünschte ist.<br />
Üben Sie keinen Druck auf Ihr Kind aus, in dem Sie es zwingen<br />
diese oder jene Sprache zu sprechen, oder indem Sie eine<br />
Sprache ablehnen.<br />
Dieses Informationsschreiben impliziert eine klare Grundaussage,<br />
welche Aufgaben die Eltern in Sachen Sprachförderung<br />
innehaben. Sie sind überschaubar und zumutbar.<br />
Quelle: ernst.6900
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
4.6.1.4 Beispiel Lustenau „Aufgabenzuteilung an Eltern in<br />
Sachen Sprachförderung“<br />
Am Beginn des Kindergartenjahres (sensible Übergangszeit mit<br />
hoher gegenseitiger Aufmerksamkeit) hat die Marktgemeinde<br />
Lustenau (vereinzelte andere Gemeinden in <strong>Vorarlberg</strong> haben<br />
dies auch schon praktiziert) alle migrantischen Eltern zu einem<br />
großen Elternabend eingeladen. Diese Einladung war nachdrükklich<br />
und persönlich genug, dass wirklich fast alle Eltern dieser<br />
gefolgt sind. Dabei wurde das Sprachförderprogramm in den<br />
Kindergärten vorgestellt und dabei auch festgestellt, welche<br />
außerordentlichen (guten) Rahmenbedingungen dafür von Seiten<br />
der Gemeinde bereitgestellt werden. Dabei wurde auch klar<br />
gestellt, dass dieses System es erfordert, dass die Eltern sich aktiv<br />
beteiligen. Zum Beispiel werden von den externen Sprachförderinnen<br />
in den einzelnen Gruppen Arbeitsblätter verwendet,<br />
welche die Kinder mit nach Hause nehmen und dort nochmals<br />
üben sollten. Diese direkte Ansprache der Eltern schafft ganz<br />
sicher Verbindlichkeit und auch Vertrauen.<br />
4.6.2<br />
Eltern übernehmen Aufgaben mit<br />
anderen Kindern<br />
4.6.2.1 Eltern als Sprachhelfer<br />
Dieser konkrete Ansatz wird an verschiedenen Orten in unterschiedlichen<br />
Variationen praktiziert. Einige dieser Modelle wurden in vorigen<br />
Kapiteln schon erwähnt. (z.B. Lernhilfemütter, Kap. 2).<br />
Diese Modelle können so aufgebaut sein:<br />
dass deutschsprachige Eltern oder (gut)zweisprachige Eltern<br />
angesprochen sind<br />
dass diese Eltern in die Einrichtung kommen oder die Kinder zu<br />
ihnen nach hause vermittelt werden<br />
dass die Tätigkeit auf planvolle Konzeptarbeit (mit Beratung der<br />
Pädagogen) oder eher auf „Laienbasis“ stattfindet.<br />
dass diese Tätigkeit völlig ehrenamtlich oder gegen eine geringe<br />
Aufwandsentschädigung geleistet wird<br />
(siehe dazu Grundschule Hoheneck, in Ludwigsburg, Deutschland www.gshokeneck.lb.bw.schule.de)<br />
Allen diesen Varianten ist gemein, dass sie zum einen auf Entlastung<br />
der Einrichtungen setzen und auch auf die Eigeninitiative<br />
von Eltern bauen. Die Kooperation und Bündelung von gemeinsamen<br />
Anliegen und Kräften wird dadurch spürbar.<br />
4.6.2.2 Studierende unterstützen Migrantenkinder beim<br />
Spracherwerb<br />
Dieses Modell mag in Österreich (ev. Abarbeitung der Studiengebühr)<br />
vielleicht ein Reizthema sein. Es birgt allerdings schon<br />
fachliche Möglichkeiten, die nicht einfach übergangen werden<br />
können. Besonders Studierende, welche sich auf pädagogische<br />
Tätigkeiten vorbereiten, bekommen mit Praxiseinheiten während<br />
ihrer Ausbildung eine zusätzliche Möglichkeit ihre pädagogischen<br />
Fähigkeiten zu entwickeln. Durch ihr bereits erworbenes<br />
Fachwissen gelten sie als bereits qualifiziert und können den<br />
Kindern wirklich hilfreich sein.<br />
62<br />
In einem Projekt der Uni-Mannheim unterstützen 55 Studierende<br />
Migrantenkinder in Grundschulen. Seit Herbst 2003 läuft dieses<br />
Projekt und ist vorerst auf vier Jahre beschränkt. Eine Spende der<br />
Heinrich-Vetter-Stiftung in Höhe von € 400.000,— an die Stadt<br />
Mannheim hat den Impuls dazu gegeben. Die bisher gemachten<br />
Erfahrungen bestätigen die positive Wirkung für beide Seiten.<br />
Der direkte Nutzen für die Kinder ist erkennbar, auch die Studierenden<br />
bemerken, dass sie sich speziell im Sprachförderbereich<br />
Kompetenzen aneignen, die sie in ihrer späteren beruflichen Tätigkeit<br />
sehr gut brauchen können.<br />
(Kontakt: Vytautas Lemke, Koordinator der Forschungs- und Kontakt-stelle<br />
Mehrsprachigkeit,<br />
Tel. 0049/621/1813165;<br />
vlemke@rumms.uni-mannheim.de;<br />
www.anglistik.uni-mannheim.de/linguistik/kontaktstelle)<br />
4.6.3<br />
Eltern übernehmen Aufgaben in der Gruppe<br />
4.6.3.1 Projekt „Lesefreude“, SpiKi – Nürnberg<br />
Ehrenamtliche lesen regelmäßig in den Kindertageseinrichtungen,<br />
in Kleingruppen, über einen Zeitraum von etwa einem Jahr,<br />
nach dem dialogischen Prinzip. So fördern sie die Kinder intensiv<br />
in ihrer Sprach- und Persönlichkeitsentwicklung. Die Ehrenamtlichen<br />
werden dabei vom Jugendamt fachlich qualifiziert und<br />
unterstützt. Zur Zeit sind etwa 100 Ehrenamtliche in 75 Krippen,<br />
Kindergärten und Kinderhorten tätig. Im Betriebsjahr 2004/2005<br />
fand mit Kindertageseinrichtungen der Stadt Nürnberg die erste<br />
Studie über die Auswirkungen des dialogischen Lesens im<br />
deutschsprachigen Raum in Kooperation mit der Erziehungswissenschaftlichen<br />
Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg statt.<br />
Wie bei allen SpKi-Projekten gibt es einen sehr alltagstauglichen<br />
Praxisbehelf.<br />
Nähere Informationen unter:<br />
http://www.jugendamt.nuernberg.de/downloads/spiki_faltbl_lesefreude.pdf<br />
4.6.3.2 Kindergarten Scherzhausen Salzburg<br />
Die intensive und sehr direkte Form der Elternarbeit dieses<br />
Kindergartens wurde schon unter 3. ff beschrieben, sei aber hier<br />
nochmals erwähnt.<br />
2 mal im Jahr findet ein großes ganztägiges interkulturelles Fest<br />
statt. Aus diesen Aktionen heraus hat sich eine Gruppe Eltern<br />
gebildet, die regelmäßig in den Kindergarten kommen und muttersprachliche<br />
Märchen (auch traditionelle) erzählen oder mehrsprachige<br />
Bücher vorlesen. Es gibt im Kiga mehrere Leseforen,<br />
welche zum Teil mehrfach „gebucht“ werden.<br />
Eine andere (mehrsprachige) Elterngruppe hat sich gebildet, welche<br />
sich gegenseitige Unterstützung bieten (z.B. bei Behördengängen<br />
oder bei Arztbesuchen, etc.) Es kommt immer öfter vor,<br />
dass Eltern zu anderen Familien nach Hause eingeladen werden,<br />
um dort bestimmte Themen zu besprechen (z.B. pädagogische<br />
Fragen).
-<br />
-<br />
-<br />
Eine Bibliothek (mit zweisprachigen Kinderbüchern) und Spielothek<br />
wurde aufgebaut und diese werden den Eltern angeboten<br />
(sehr offensiv), damit Kinder zuhause pädagogisch sinnvolle und<br />
wertvolle Möglichkeiten bekommen<br />
4.6.3.3 Mitarbeit von Migranteneltern in Kinderbetreuungseinrichtungen<br />
als Laienkräfte<br />
(Projektbeschreibung nach Otto Filtzinger, Deutschland)<br />
Das IPE Mainz (Institut für Interkulturelle Pädagogik im<br />
Elementarbereich Mainz) entwickelte gemeinsam mit Kinderbetreuungseinrichtungen<br />
ein Projekt welches Migranteneltern als<br />
Bindeglied zwischen Kindergarten und Elternhaus einsetzt. Die<br />
Eltern bekamen einen mehrtägigen Grundkurs geboten, wo sie<br />
zum einen pädagogische Grundfragen besprochen bekamen und<br />
aber auch konkrete Aufgabengebiete in Kindergruppen vorgestellt<br />
bekamen. Sie wurden dann als „Elternliche Honorarkräfte<br />
oder Laienkräfte“ bezeichnet und eingesetzt. Das vereinbarte und<br />
bezahlte Honorar war mehr ein Signal der Verbindlichkeit und<br />
Regelmäßigkeit, als ein Verdienst. Das Tätigkeitsfeld der Laienhelfer<br />
waren in erster Linie muttersprachliche Angebote mit und<br />
für die Kinder zu gestalten. Eine inhaltliche Koordination und<br />
Zusammenarbeit mit dem Kernteam war selbstverständlich.<br />
4.6.4<br />
Eltern übernehmen Aufgaben mit anderen Eltern<br />
4.6.4.1 Rucksack-Gruppen<br />
Das Programm „Rucksack“ wurde von der „regionalen Arbeitsstelle<br />
zur Förderung von Kindern und Jugendlichen aus migrantischen<br />
Familien“ (RAA) adaptiert und so anwenderfreundlich<br />
gemacht, dass es schon vielerorts Nachahmer findet.<br />
Vernetzte Sprachförderungsaktivitäten werden erreicht, weil<br />
Mütter und Pädagoginnen zusammen wirken. Die Rucksack-<br />
Gruppen stärken die Mütter in ihrer erzieherischen Kompetenz<br />
und auch in ihrer Rolle als muttersprachliche Förderin ihres<br />
Kindes.<br />
Zielsetzungen des Rucksackprogramms<br />
Die Förderung von Mehrsprachigkeit bei Migrantenkindern: Die<br />
Wertschätzung der Muttersprache bedeutet auch Erziehung zu<br />
Respekt vor anderen Werten. Die Förderung der Erstsprache ist<br />
Voraussetzung für den Erwerb der Zweitsprache.<br />
Mehrsprachigkeit ist eine Schlüsselqualifikation für soziale und<br />
berufliche Teilhabe in dieser Gesellschaft.<br />
Die Stärkung der Erziehungskompetenz: Die Mütter sollen als<br />
Erziehungsexpertinnen gestärkt werden und Verantwortung für<br />
Erziehung und Bildung ihrer Kinder übernehmen.<br />
Die Stärkung des Selbstwertgefühls der zugewanderten Mütter<br />
und deren Kinder: Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl der<br />
zugewanderten Mütter werden durch das eigene Lernen und die<br />
Übernahme von Aufgaben gestärkt, und das Anknüpfen an ihre<br />
Stärken wird angeregt. Ihnen wird der Wert der vorschulischen<br />
Förderung ihrer Kinder vermittelt. Das gestärkte<br />
Selbstbewusstsein der Mütter drückt sich in einer verantwortlichen<br />
Mitarbeit und in einer Auseinandersetzung mit den<br />
-<br />
63<br />
Erzieherinnen über die Ziele der Einrichtung aus. Die Kontaktaufnahme<br />
zu Müttern bzw. Eltern der eigenen kulturellen<br />
Gruppe und der Mehrheitsgesellschaft wird dadurch erleichtert.<br />
Damit geht eine Stärkung in der Entwicklung der Kinder einher.<br />
Die Stärkung der Interkulturellen Pädagogik und des<br />
Mehrsprachenkonzepts der Einrichtung: Die Einrichtung übernimmt<br />
die Verantwortung für die Entwicklung der Kinder in<br />
Bezug auf ihre Mutter- und Zweitsprache. Sie entwickelt ein<br />
Konzept für Mehrsprachigkeit und Interkulturalität. In diesem<br />
Rahmen öffnet sie sich für ein interkulturelles Team und die<br />
teilhabende Rolle der Eltern. Ein gleichbedeutender Schritt ist<br />
die Öffnung des Teams bzw. des Trägers für die Beschäftigung<br />
von muttersprachlichen Kräften in der Einrichtung.<br />
Methodische Vorgehensweise des Rucksack-Programms<br />
- Rucksack-Gruppen werden über die Kinderbetreuungseinrichtung<br />
organisiert und gegründet.<br />
- Diese Gruppen werden von dazu ausgebildeten Moderatorinnen<br />
geleitet. (siehe 4.10.3)<br />
- Zielsetzungen der partnerschaftlichen Erziehung zwischen Einrichtung<br />
und Müttern werden besprochen.<br />
- Die neue Gruppe trifft sich jede Woche für 2 Stunden in der<br />
Einrichtung.<br />
- Die Mütter werden als Expertinnen für das Erlernen der Muttersprache<br />
angesprochen und dabei unterstützt (mit Materialien,<br />
Informationen, Spiele, Bücher, etc.)<br />
- Sie lernen, wie wichtig Spiel, kreatives Tun und Bewegung für<br />
die gesamte Entwicklung des Kindes ist.<br />
- Sie lernen verschieden Möglichkeiten des spielerischen Umgangs<br />
mit Sprache kennen und können diese gezielt einsetzen.<br />
- Sie erhalten Arbeits- und Übungsmaterial für jeweils eine<br />
Woche.<br />
- Sie tauschen sich aus über Fragen und Probleme des (Erziehungs-)<br />
Alltags.<br />
- Sie knüpfen Kontakte zu anderen Müttern aus ihrer Wohnumgebung.<br />
-<br />
Sie lernen Beratungsstellen und andere Institutionen rund um<br />
das Thema Erziehung kennen.<br />
Evaluation/ Ergebnisse<br />
In NRW sind seit Beginn des Rucksackprojektes im Jahre 1999<br />
bis Juli 2003 insgesamt 107 ”Rucksack I - Gruppen” in 19 Kommunen<br />
und Kreisen in NRW entstanden. In ihnen wurden ca.<br />
1.200 Mütter über 9 Monate hinweg auf die spielerische Sprachund<br />
Entwicklungsarbeit mit ihren Kindern vorbereitet. Inzwischen<br />
wird auch außerhalb von NRW, wie z.B. in Mannheim,<br />
Weinheim, Ludwigsburg, Augsburg, Kreis Oberschwaben und<br />
Lübeck mit diesem Programm gearbeitet. Alle beteiligten<br />
Kommunen bzw. Kooperationspartner haben aufgrund der guten<br />
Erfahrungen und der regen Inanspruchnahme des Projekts im<br />
zweiten Jahr ihr Engagement erhöht.<br />
Die Erfahrungen der RAA mit der Umsetzung des Rucksackprojektes<br />
sind in die Richtlinien des Landes NRW über die<br />
Gewährung von Zuwendungen für Angebote zur Sprachförderung<br />
im Elementarbereich eingeflossen. Das Projekt wird in<br />
einer breiten Öffentlichkeit positiv wahrgenommen. Es ist in der<br />
Zwischenzeit mit zwei Preisen ausgezeichnet worden. Im<br />
Rahmen einer formativen Evaluation in den Jahren 2000 und<br />
2002 wurden in der Stadt Essen alle Projektbeteiligten schriftlich
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
zu den Auswirkungen des Projektes befragt. Die Ergebnisse spiegeln<br />
die guten Erfahrungen aus den verschiedenen Kommunen und<br />
Kreisen wider; sie sind deshalb tendenziell auch auf andere<br />
Rucksackgruppen übertragbar.<br />
Die wichtigsten Ergebnisse aus dieser Evaluation:<br />
1. Verhältnis zwischen Müttern und Erzieherinnen:<br />
Die Mütter beurteilen das Projekt äußerst positiv. Sie beschreiben<br />
Veränderungen sowohl im Verhältnis zur Tagesstätte als auch zu<br />
ihrem Kind und innerhalb der Familie. Die Mehrzahl von ihnen<br />
tritt nun selbstbewusster auf und traut sich, ihre Meinung zu<br />
äußern. Von der Mehrheit der befragten Erzieherinnen wird ein<br />
größeres Interesse der beteiligten Mütter wahrgenommen. Bei<br />
fast Zweidrittel der Erzieherinnen hat das Projekt zu einem besseren<br />
Verständnis für die Situation nicht-deutschsprachiger<br />
Kinder und ihrer Familien geführt.<br />
2. Sprachentwicklung:<br />
Die Mütter wie auch die Erzieherinnen gaben an, dass die<br />
Sprachkompetenz sowohl in der Mutter- als auch in der Zweitsprache<br />
Deutsch deutlich besser geworden ist.<br />
3. Interaktion Mutter-Kind:<br />
Das Verhältnis zwischen den am Projekt teilnehmenden Müttern<br />
und ihren Kindern hat sich positiv entwickelt, was sich u. a. in<br />
häufigerer Beschäftigung mit dem Kind äußert.<br />
4. Weitere Wirkungen:<br />
Aus der Elternbildungsarbeit sind neue Aktivitäten mit Eltern/<br />
Müttern erwachsen, wie z. B.: Vorlesepaten, Sportgruppen, Gesprächskreise.<br />
Bei 77 % der Mütter wurde Interesse für das Erweitern der eigenen<br />
Deutschkenntnisse geweckt.<br />
Die Lernfreude der Kinder hat zugenommen.<br />
Eltern trauen sich mehr, Ideen und Wünsche zu äußern und<br />
suchen das Gespräch.<br />
Eltern werden von den Mitarbeiterinnen der Kitas stärker akzeptiert.<br />
Mitarbeiterinnen der Kitas nehmen vermehrt an Fort- und<br />
Weiterbildungen zum Spracherwerb und zur interkulturellen<br />
Pädagogik teil.<br />
Das eigene Sprachverhalten wird bewusster beobachtet.<br />
Grundschulen nehmen eine Verbesserung in der (Sprach-) Entwicklung<br />
der am Programm beteiligten Kinder wahr.<br />
Der anfängliche Widerstand der Kitas gegen das ”verschulte”<br />
Material hat sich in positive Akzeptanz gewandelt.<br />
Die Kindergartenarbeit ist für Migranteneltern transparenter<br />
geworden.<br />
Einige Stimmen aus der Praxis:<br />
- ”Vorher habe ich nicht daran gedacht, dass die frühe Förderung<br />
von Kindern so notwendig ist”<br />
- ”...ich möchte, dass unsere Kinder einmal das gleiche Niveau<br />
erreichen wie deutschsprachige Kinder”<br />
- ”Vor Rucksack haben wir nur darauf geachtet, dass unsere Kinder<br />
genug essen, schlafen und trinken, jetzt achten wir mehr auf die<br />
Bedürfnisse unserer Kinder und die psychologischen Aspekte”<br />
- ”Die Sprachkompetenz der ”Rucksackkinder” wird besser”<br />
- ”Der Kontakt zu den Müttern ist offener und intensiver geworden”<br />
64<br />
Dieses Model hat auch in Österreich bereits große Aufmerksamkeit<br />
bekommen. Im Raum Oberösterreich und Salzburg ist die<br />
Einführung von Rucksack-Gruppen in Kooperation mit der<br />
RAA-NRW angedacht bzw. schon in Vorbereitung.<br />
Kontaktadresse:<br />
Hauptstelle RAA<br />
Dr. Monika Springer-Geldmacher, Tiegelstraße 27, 45141 Essen,<br />
Tel.: 0049-201 / 8328 – 304,<br />
Email: springer-geldmacher.hauptstelle@raa.de, Internet: www.raa.de<br />
Kurzbeschreibung der RAA:<br />
Die RAA entwickeln Konzepte und Strategien interkultureller Erziehung,<br />
die Kinder und Jugendliche aus Zuwandererfamilien stärken und unterstützen,<br />
um in Schulen und Arbeitswelt erfolgreich zu sein.<br />
Ihre Partner sind Kindertagesstätten, Schulen, Jugendämter, Kammern<br />
von Industrie und Handwerk, die Berufsberatung der Agenturen für<br />
Arbeit. RAA sind Einrichtungen von Kommunen und Kreisen,<br />
gefördert durch das Land NRW. Heute gibt es in NRW 27 RAA.
65<br />
<strong>SPRACHE</strong><br />
<strong>BILDUNG</strong><br />
<strong>INTEGRATION</strong>
Quelle: ernst.6900<br />
4.7<br />
STADTTEILMÜTTER UND BRÜCKEN-<br />
BAUERINNEN<br />
Mit Stadtteilmüttern oder Brückenbauerinnen können Gemeinwesentätige<br />
gemeint sein, die in verschiedenen Tätigkeitsbereichen<br />
sich als unterstützende Personen in Sachen Integration zeigen.<br />
In diesem vorliegenden Gesamtkonzept soll der Blick aber<br />
besonders darauf gerichtet sein, wenn sie sich „Elternbildung“<br />
und „Sprachförderung“ verbindet.<br />
4.7.1<br />
Stadtteilmütterprojekt in Essen, D<br />
Kontakt: Tanris Breitkopf, Stadt Essen, RAA/Büro für interkulturelle<br />
Arbeit, Tiegelstr. 27, 45141 Essen<br />
Tel: 0049-201/8328 413,<br />
E-Mail: tanris.breitkopf@raa-interkulturellesbuero.essen.de<br />
Im Kapitel 6 wurde das Projekt Rucksack von RAA-NRW vorgestellt.<br />
Stadtteilmütter sind in dieses Projekt eingebunden.<br />
Die Maßnahme „Sprachförderung und Elternbildung“ bestehend<br />
aus drei Modulen wird seit September 2002 in Essen umgesetzt.<br />
Modul 1 beinhaltet die Qualifizierung des Gesamtteams von<br />
Kindertageseinrichtungen<br />
Modul 2 unterstützt durch gezielte Elternbildung nach dem<br />
Rucksack-Programm die Sprachförderung in der Familie<br />
Modul 3 bietet die Möglichkeit zusätzlicher, systematischer<br />
Förderung der Zweitsprache Deutsch in den Tageseinrichtungen.<br />
Die drei Module werden in der Praxis miteinander verzahnt und<br />
ergänzen sich im Sinne einer ganzheitlichen Vorgehensweise.<br />
Das Modul 2 der Maßnahme setzt hier an der Rolle von Eltern/<br />
Müttern als zentrale Vermittlerinnen von Sprache an und bezieht<br />
sie aktiv in den Lernprozess der Kinder ein.<br />
Nach dem Prinzip „Hilfe zur Selbsthilfe“ werden in jeder Kindertageseinrichtung<br />
Mütter ausgesucht, um als Vorbild und als<br />
Multiplikatorinnen in der Einrichtung zu wirken. Diese Multiplikatorinnen<br />
werden in Essen „Stadtteilmütter“ genannt und haben<br />
die Aufgabe andere Mütter aus ihrem kulturellen und sprachlichen<br />
Milieu mit den Zielen und Inhalten der Elementarerziehung<br />
vertraut zu machen und sie anzuleiten, wie man Sprache<br />
und die allgemeine Entwicklung im Kleinkindalter durch Spiel<br />
und Anregung fördert.<br />
Grundlage für die Arbeit der Stadtteilmütter mit den Müttergruppen<br />
bildet das Rucksack-Programm.<br />
In Essen arbeiten in den kooperierenden Kindertageseinrichtungen<br />
jeweils eine Stadtteilmutter ca. 6 Std. wöchentlich auf Honorarbasis.<br />
Die finanzielle Honorierung ist sowohl als Wertschätzung<br />
ihrer Arbeit als auch für ihre Motivation entscheidend.<br />
Die Stadtteilmütter werden nach bestimmten Kriterien ausgewählt:<br />
- Sie müssen ihre Muttersprache und Deutsch gut beherrschen,<br />
- ihr Kind soll möglichst die Tageseinrichtung besuchen,<br />
- sie sollten Kenntnisse über den Stadtteil haben und<br />
- selber an den Aktivitäten der Einrichtung teilnehmen.<br />
67<br />
In der Regel haben die Stadtteilmütter keine pädagogische<br />
Ausbildung.<br />
Zur Vorbereitung auf ihre Aufgaben werden sie zwei Stunden wöchentlich<br />
durch die RAA/Büro für interkulturelle Arbeit qualifiziert.<br />
Während der Qualifikation lernen die Stadtteilmütter mit<br />
dem pädagogischen Elternbildungsmaterial- dem Rucksackmaterial<br />
- zu arbeiten. Jede Stadtteilmutter erprobt das Gelernte, d.h.<br />
die Aufgaben und Aktivitäten aus dem Rucksack-Material, zu<br />
Hause mit dem eigenen Kind.<br />
Die Stadtteilmütter leiten jeweils eine Gruppe von 8 - 10 Müttern,<br />
die sich zwei Stunden wöchentlich in der Tageseinrichtung,<br />
die ihre Kinder besuchen, treffen.<br />
Die Mütter werden über Elternnachmittage über die Müttergruppen<br />
und das Rucksackprogramm informiert und zur Mitarbeit<br />
gewonnen.<br />
Durch die Stadtteilmutter werden auf der Grundlage des Rucksackmaterials<br />
Ideen und Anregungen an die Mütter in den Gruppen<br />
vermittelt, wie sie ihre Kinder spielerisch fördern können.<br />
Die Mütter aus der Gruppe greifen diese Themen und Anregungen<br />
auf und führen die Aufgaben und Aktivitäten zu Hause mit<br />
ihren Kindern in der Muttersprache durch.
Mit der Durchführung der Aktivitäten in der Muttersprache wird<br />
die Sprachförderung an den Sprachkompetenzen und Kommunikationsgewohnheiten<br />
der Mütter angeknüpft – Wenn eine Mutter<br />
selber nicht gut Deutsch kann, ist die Aufforderung „Reden Sie<br />
deutsch mit ihrem Kind“ ein sinnloser Appell! Stattdessen ist es<br />
wichtig ihr den Wert des Deutschlernens erfahrbar zu machen, in<br />
dem man sie für Mehrsprachigkeit und Sprachförderung sensibilisiert.<br />
In den Kindergartenjahren 2002 bis 2006 haben an<br />
Modul 1 55 Kindertageseinrichtungen teilgenommen;<br />
513 Erzieher/innen wurden qualifiziert.<br />
Modul 2 Zurzeit sind über 33 Stadtteilmütter beschäftigt,<br />
die insgesamt 43 Müttergruppen leiten,<br />
an denen 361 Mütter in 41 KiTas teilnehmen.<br />
Über 300 Stadtteilmütter wurden bisher aus<br />
gebildet.<br />
4.7.2<br />
Stadtteilmütterprojekt in Augsburg, D<br />
Kontakt: Amt für Kinder Jugend und Familie, Abt. Kompetenzzentrum<br />
Familie, Gögginger Str. 59 a<br />
86159 Augsburg, http://www.augsburg.de<br />
Mit dem Projekt wird der europäischen Sprachpolitik Rechnung<br />
getragen, die das Ziel verfolgt, dass jeder EU-Bürger in der Lage<br />
sein soll, in drei Gemeinschaftssprachen zu kommunizieren.<br />
Das Projekt Stadtteilmütter ist ein Sprach- und Integrationsförderansatz.<br />
Es sieht vor, dass Mütter und Kindertagesstätten bilinguale<br />
Sprache vermitteln. Hierbei werden die Stadtteilmütter anhand<br />
konkreter Lernschritte unter Einbeziehung geeigneter<br />
Lehrmaterialen qualifiziert, mit ihren Kindern die Herkunftssprache<br />
zu erwerben, zu differenzieren und zu intensivieren.<br />
Dieses in der Anleitungsgruppe der Stadtteilmütter erprobte und<br />
erfahrene Wissen geben sie an eine Gruppe von Müttern gleicher<br />
Nationalität weiter. Parallel dazu werden die gleichen Themen in<br />
der Kindertagesstätte mit den Kindern in deutscher Sprache aufgegriffen.<br />
Die Stadtteilmütter müssen die deutsche Sprache gut beherrschen;<br />
die nationalen Gruppen finden in der Herkunftssprache statt.<br />
Die Kindertagesstätte akquiriert geeignete Stadtteilmütter. Nach<br />
einem Treffen mit dem Kompetenzzentrum Familie der Stadt<br />
Augsburg, der Koordinationsstelle des DKSB und dem pädagogischen<br />
Personal der Kita, bei dem das Konzept vorgestellt und<br />
erläutert wird, kann das Kursprogramm starten.<br />
Die Stadtteilmütter sind auch im Rahmen des bürgerschaftlichen<br />
Engagements im „Bündnis für Augsburg“ engagiert und organisiert.<br />
Die Stadtteilmütter organisieren in Kooperation mit einem<br />
städtischen Integrationsprojekt namens „Pusula“ (Kompass) ein<br />
Sorgentelefon in türkischer Sprache. Sie nehmen sich isolierter<br />
Frauen an, die ihnen der Allgemeine Sozialdienst vermittelt. Bei<br />
öffentlichen Hearings des Sozialreferates stehen sie als<br />
Ansprechpartnerinnen für ihre Landsleute zur Verfügung und<br />
vertreten ihre Anliegen selbst.<br />
68<br />
Beim Wechsel der Kinder in die Schule bleiben sie Stadtteilmütter,<br />
so dass derzeit vier Schulen das Projekt der Zweisprachigkeit<br />
im Rahmen des Heimat- und Sachkundeunterrichts weiterführen.<br />
Weiterhin geplant ist die Kooperation mit den Augsburger KIDS<br />
(KinderInDerStadt). Dies sind Familienstützpunkte in den vier<br />
Sozialregionen, die die Belange von Familien möglichst passgenau<br />
aufgreifen, weiterentwickeln und gelebte Nachbarschaft ermöglichen<br />
und dabei helfen, mulikulturelle Mutter-Kind-Gruppen<br />
aufzubauen.<br />
Mit einem KIDS-Mobil, einem Spielmobil für Kleinkinder soll<br />
eine Gehstruktur hin zu den Grünflächen aufgebaut werden,<br />
damit die Familien erreicht werden können. Neben anderen<br />
Diensten sollen hier auch die Stadtteilmütter Kontakt zu ihrer<br />
nationalen Gruppe aufnehmen, um deren Bedarfe genauer aufgreifen<br />
zu können, Selbstverantwortung inspirieren zu können<br />
und auch Sprachlerngruppen für Mütter mit kleinen Kindern aufbauen<br />
zu können. So kann die Sprachlernphase der Kinder noch<br />
besser bilingual genützt werden.<br />
Nach einer Einschätzung von Verantwortlichen der Stadt Augsburg<br />
sind die Stadtteilmütter als Integrations- und Verantwortungsträger<br />
aus Augsburg nicht mehr wegzudenken. Sie treten<br />
zunehmend selbstbewusst aus dem Verborgenen heraus, machen<br />
die Multikulturalität der Stadt verantwortungsbewusst sichtbar<br />
und gestalten die Stadtgesellschaft aktiv mit.<br />
Förderzeitraum: 2006<br />
Stand: März 2006<br />
4.7.3<br />
Brückenbauerinnen: Dolmetscherinnen für die<br />
Elternarbeit in Spielgruppen, Kindergärten und<br />
Schulen<br />
Kontakt: okay.zusammen leben, Elizabet Hintner,<br />
Tel. +43-5572-398102-6,<br />
elizabet.hintner@okay-line.at, www.okay-line.at/<br />
“Brückenbauerinnen” ist ein Programm von “okay. zusammen<br />
leben”. Es zielt darauf, die besonderen Fähigkeiten von Menschen<br />
mit Migrationshintergrund (Mehrsprachigkeit, interkulturelle<br />
Kompetenz) für die Integrationsarbeit in <strong>Vorarlberg</strong> nutzbar<br />
zu machen. Ziel des Programms ist der Aufbau eines Pools von<br />
Personen, die interkulturell sensible Dolmetschung leisten können.<br />
In der ersten Phase des Programms stehen die Brückenbauerinnen<br />
für die Elternarbeit in Kinder- und Spielgruppen,<br />
Kindergärten und Pflichtschulen zur Verfügung. Einen besonderen<br />
Schwerpunkt bildet die Unterstützung der Elternarbeit im<br />
Rahmen des Programms “Kindergartenvorsorge neu” des<br />
<strong>Vorarlberg</strong>er AKS.<br />
Brückenbauerinnen haben:<br />
- Gute Kenntnisse der deutschen Sprache und einer für <strong>Vorarlberg</strong><br />
relevanten Migrantensprache<br />
- Gute Systemkenntnisse <strong>Vorarlberg</strong>s (Bildungssystem oder andere<br />
für unser Thema relevante Systeme)<br />
- Kenntnisse der Herkunftskultur von in <strong>Vorarlberg</strong> lebenden Migrantengruppen,<br />
die für das Programm relevant sind.<br />
-<br />
Erfahrung mit Dolmetscharbeit
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
Weiterbildung im Rahmen des Weiterbildungs- und<br />
Intervisionsprogramms von “okay. zusammen leben”<br />
“okay. zusammen leben” betreut die Weiterbildung und<br />
Intervision der Brückenbauerinnen und organisiert den Bedarf<br />
der anfragenden Institutionen sowie den Einsatz der Brückenbauerinnen.<br />
Referenzprojekte sind Übersetzungsdienste im<br />
Kanton St. Gallen (VERDI) und in der Stadt Winterthur (“Kulturdolmetscherinnen”).<br />
Das Weiterbildungs- und Intervisionsprogramm wird entlang von<br />
zwei inhaltlichen Stoßrichtungen entwickelt:<br />
Inhaltliche Informationen zu den Situationen, in denen die<br />
Dolmetschung stattfindet: Bildungssystem, Kindergartenalltag,<br />
spezifische Programme wie “Kindergartenvorsorge neu” des<br />
AKS etc.;<br />
Prinzipien und Techniken des interkulturell sensiblen<br />
Dolmetschen.<br />
Fachlicher Kooperationspartner in Sachen Weiterbildung der<br />
Brückenbauerinnen ist das “Institut für Übersetzen und Dolmetschen”<br />
der Zürcher Hochschule Winterthur. In <strong>Vorarlberg</strong><br />
kooperiert “okay. zusammen leben” mit der Flüchtlingsbetreuung<br />
der Caritas.<br />
Die derzeit im Pool vertretenen Sprachen sind Türkisch,<br />
Russisch und Tschetschenisch.<br />
In weiteren Ausbauschritten des Programms ist geplant, die<br />
Brückenbauerinnen auch für den Aufbau von Orientierungs- und<br />
Beratungsräumen für Migrantinnen in den <strong>Vorarlberg</strong>er Gemeinden<br />
einzusetzen sowie als Beraterinnen in Sachen frühkindlicher<br />
Spracherwerb für Eltern mit Migrationshintergrund. Kooperationspartner<br />
im Regelsystem für die Weiterentwicklung des<br />
Pools der Brückenbauerinnen zu Beraterinnen in Sachen frühkindlicher<br />
Spracherwerb für Eltern mit Migrationshintergrund ist<br />
die Projektstelle “Interkulturelles Lernen und Mehrsprachigkeit”<br />
an der entstehenden Pädagogischen Hochschule.<br />
4.7.4<br />
Projekt „Frühstart“ und „Wir verstehen uns gut“<br />
Kontakt: Gemeinnützige Hertie-Stiftung, Grüneburgweg 105,<br />
60323 Frankfurt<br />
Herbert-Quandt-Stiftung, Am Pilgerrain 15, 61352 Bad Homburg<br />
Türkisch-Deutsche Gesundheitsstiftung e.V., Friedrichstr. 13,<br />
35392 Gießen<br />
Verantwortlich: Diplom-Pädagogin Mehtap Sanli, c/o Türkisch-Deutsche<br />
Gesundheitsstiftung e.V. Friedrichstr. 13, 35392 Gießen<br />
Viele Eltern mit Migrationshintergrund haben Informationsdefizite<br />
und damit Berührungsängste gegenüber deutschen<br />
Bildungseinrichtungen. Die Elternarbeit von frühstart soll diese<br />
Defizite und Ängste überwinden helfen und eine vertrauensvolle<br />
Zusammenarbeit von Erzieherinnen und Eltern vorbereiten.<br />
Ehrenamtliche »Elternbegleiter«, die selbst zweisprachig sind<br />
und durch Fortbildung auf ihre Aufgabe vorbereitet werden,<br />
übernehmen eine Brückenfunktion zwischen Eltern und Erzie-<br />
69<br />
herinnen. Sie beraten die Eltern in Bildungsfragen und machen<br />
die Bedeutung des Kindergartens und des deutschen Bildungssystems<br />
verständlich. Ziel ist es, die Eltern aktiv am Ausbildungsprozess<br />
ihrer Kinder zu beteiligen und die Zahl der<br />
Zuwandererkinder in Kindertageseinrichtungen zu erhöhen.<br />
4.8<br />
ELTERNSCHULUNGSMODELLE<br />
4.8.1<br />
„Engagierte Eltern“ Zertifikatskurs für die Arbeit<br />
mit Migranteneltern in der Familienbildung<br />
Kontakt: ZEBRA - Interkulturelles Beratungs- und Therapiezentrum<br />
Beratung und Betreuung, Schönaugürtel 29, 8010 Graz<br />
Ansprechperson: Mioara Girlasu, Telefon: +43/316/83 56 30 - 14<br />
E-Mail: mioara.girlasu@zebra.or.at, http://www.zebra.or.at/projekt4.html<br />
Migranteneltern gehören zu der Zielgruppe, die keinen selbstverständlichen<br />
Zugang zu Einrichtungen der Weiterbildung haben.<br />
Es ist darum wichtig, die verschiedenen Modelle und Ansätze zu<br />
bündeln und daraus einen Ausbildungskurs zu konzipieren, um<br />
Bildungsmaßnahmen mit Migranteneltern durchzuführen.<br />
Ab 2005 wurde ein Zertifikatskurs konzipiert und erprobt, der<br />
europaweit für Fachkräfte und TrainerInnen der Erwachsenenund<br />
Familienbildung und anderen Einrichtungen aus der (Migranten-)<br />
Sozialarbeit, -gesundheitshilfe usw. angeboten wird.<br />
Der Kurs umfasst 30-40 Unterrichtsstunden und dauert 4-5 Tage.<br />
Thema des Kurses ist: „Engagierte Eltern - Stärkung der Erziehungs-<br />
und Kommunikationskompetenz von Migranteneltern“.<br />
Die Fachkräfte und TrainerInnen sollen erprobte methodische<br />
und inhaltliche Zugänge für die (Bildungs-)Arbeit mit Migranteneltern<br />
kennen lernen und sich mit den Erkenntnissen der interkulturellen<br />
Pädagogik auseinander setzen. Es soll damit der<br />
Zugang zur Zielgruppe der MigrantInnen erleichtert werden. Ziel<br />
des Kurses ist es, den interkulturellen Dialog zu fördern und die<br />
Erziehungs- und Kommunikationskompetenz der Migranteneltern<br />
zu stärken.<br />
Primäre Zielgruppe sind Fachkräfte der Erwachsenen-, Elternund<br />
Familienbildung (im Projekt die Lernenden): Die Fachkräfte<br />
werden in der interkulturellen Arbeit mit Migranteneltern geschult.<br />
Sie können im Rahmen des Projekts ein Trainingskonzept<br />
kennen lernen und in ihrer eigenen Institution nutzen.<br />
Der Kurs wurde im Jahr 2005 in Österreich und Polen getestet<br />
und 2006 in drei weiteren Ländern (Großbritannien, Spanien,<br />
Rumänien) europaweit für Grundtvig 3-Stipendiaten angeboten.<br />
Nach Projektende wird der Kurs in zwei weiteren Ländern<br />
(Deutschland und Litauen) angeboten.<br />
Durch die Zusammenarbeit mit den europäischen Partnern wird<br />
die unterschiedliche Situation (der Migranten und der Eltern/<br />
Familienbildung) in den einzelnen Ländern berücksichtig und<br />
der interkulturelle Austausch von Erfahrungen und bestpractice<br />
Modellen gefördert. Es besteht so auch auf europäischer Ebene<br />
die Möglichkeit, die Erfahrungen in den verschiedenen Ländern<br />
in der Arbeit mit Migranteneltern aufzunehmen. Die unterschiedlichen<br />
Arten des Zugangs zur Zielgruppe können so europaweit<br />
ausgetauscht werden.
4.8.2<br />
Projekt “Aktive Eltern” - Interkulturelle<br />
Elternbildung; Kassel, D<br />
Kontakt: Frau Wegener - Telefon 0049-5 61-9 83 50 – 17;<br />
Frau Becker, Frau Kurt, Frau Scherba, Frau Werther,<br />
Telefon 0049-561-9 83 50 – 292,<br />
E-Mail: aktive-eltern@schlachthof-kassel.de;<br />
http://www.schlachthof-kassel.de/steuerung/frameseiteakteltern.htm<br />
Jede/r 5. Einwohnerin/Einwohner in Deutschland hat bereist<br />
einen Migrationshintergrund in der Biographie. Diese sprachliche,<br />
kulturelle, religiöse und ethnische Vielfalt unserer Gesellschaft<br />
stellt jegliche Einrichtungen und Organisationen vor<br />
besondere Herausforderungen.<br />
Daher muss der Umgang mit dieser Vielfalt gelernt werden. In<br />
Beratungen und Fortbildungen arbeiten wir mit Ihnen beispielsweise<br />
an den Fragen:<br />
- Wie können Ihre Angebote für Zugewanderte geöffnet werden?<br />
- Welche Schritte sind dafür intern (in der Organisation) notwendig?<br />
- Welche Schritte sind nach Außen (Kontaktaufbau zu Migrant<br />
- Innen) notwenig?<br />
4.8.3<br />
Qualifizierungsmaßnahme „Stadtteilmutter“<br />
Recklinghausen, D<br />
Kontakt: Amt der Stadt Recklinghausen, Julia Overmann, Raum 309;<br />
Stadthaus C<br />
Rathausplatz3, 45657 Recklinghausen; Tel.: 0049-2361/50-2283;<br />
E-Mail: Overmann.Julia@recklinghausen.de<br />
Die stadtinterne Konzeption der Qualifizierungsmaßnahme für<br />
Stadtteilmütter ist Bestandteil der Gesamtkonzeption des Bereiches<br />
„Elternbildung“ und diese wiederum ist integriert in das<br />
gesamte Sprachförderkonzept in Recklinghausen. Alle diese<br />
Konzeptionen sind mit Zielformulierungen, Qualitätsstandards in<br />
der Durchführung und Strukturen Evaluierungszielen beschrieben.<br />
Die Aufgaben der Stadtteilmütter sind vielfältig und benötigen<br />
deshalb auch einer intensiven Einschulung. Dies bietet die Stadt<br />
Recklinghausen in Eigenregie an.<br />
Der Lehrgang dauert 9 Tage oder 54 UE und wird von Fachkräften<br />
aus der Umgebung geleitet und durchgeführt. Diese Referenten<br />
sind in späterer Folge auch für die Stadtteilmütter Netzwerkpartner<br />
und Ratgeber (Fachärztin, Sozialarbeiterin, Fachbereichsleiterinnen<br />
für interkulturelle Fragen).<br />
Die angebotenen Themen sind:<br />
- 3 Tage Interkulturelle Kompetenz und Migration als Chance<br />
Entwicklungspsychologie des Kindesalter<br />
- 2 Tage „Meine Rolle als Kursleitung“<br />
- Einführung in das Rucksackprogramm<br />
- Mütterbildung – ganz praktisch<br />
- erste Konkrete Planung eines Rucksackmonats<br />
Die ausgebildeten Stadtteilmütter werden regelmäßig von einer<br />
soz.päd. Fachkraft begleitet. Diese Treffen finden alle 2 Wochen statt.<br />
Die Stadtteilmütter sind wohnortsnah organisiert, um gewünschte<br />
Vernetzungsstrukturen herzustellen und in Gruppen á max 12<br />
70<br />
Die Stadtteilmütter sind wohnortsnah organisiert, um gewünschte<br />
Vernetzungsstrukturen herzustellen und in Gruppen á max 12<br />
Teilnehmerinnen sich regelmäßig zu treffen. Die Stadtteilmütter<br />
sind mit selbst- und fremdevaluatorischen Instrumenten direkt in<br />
die Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung des<br />
Rucksackprojektes mit eingebunden.<br />
4.9<br />
KOOPERATION SCHULE – KINDERGARTEN<br />
Die intensivere Kooperation Schule – Kindergarten ist schon seit<br />
einigen Jahren ein deklariertes Anliegen von allen Beteiligten. So<br />
wurden auch besonders bewusste Veranstaltungen abgehalten und<br />
schriftliche Empfehlungen an die Leitungen und PädagogInnen<br />
beider Einrichtungsebenen verteilt. Diese Nahttstelle Kindergarten<br />
– Volksschule ist für alle Beteiligten (Kinder – Eltern –<br />
Personal – Verwaltung – Gemeinden – Land – Bund – etc.)<br />
besonders interessant und in vielfachen Themenkreisen bedeutsam<br />
(so zum Beispiel auch im Thema Sprachstand oder Sprachförderung<br />
von Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache).
Durch die Einführung des Sprachtickets wurde eine organisatorische<br />
Vorgabe geschaffen, die eine sehr nahe Zusammenarbeit<br />
zwischen Schule und Kiga voraussetzen würde und auch erforderlich<br />
macht.<br />
Sowohl in den Rückmeldungen der Volksschulen sowie von<br />
Erzählungen aus anderen Bundesländern zeigt sich aber, dass<br />
hier der berechtigte Anspruch und die erlebte Wirklichkeit oftmals<br />
sehr weit auseinander liegen. Österreich ist allerdings hier<br />
nicht ganz alleine. Dieses Thema drängt sich auch in anderen<br />
Staaten in Europa auf, wenn es darum geht eine Harmonisierung<br />
des öffentlichen Bildungswesens anzustreben.<br />
Wenn im Kapitel 2 zum Thema „Sprachticket“ diese offenen Fragen<br />
schon angeschnitten wurden, so soll dieses Kapitel nun aufzeigen,<br />
welche Entwicklungsmöglichkeiten allgemein in der<br />
Kooperation zwischen Schule und Kiga möglich sind, die dann<br />
natürlich auch in der Verbesserung der Sprachförderung Nutzen<br />
stiften.<br />
4.9.1<br />
Studie Uni Oldenburg<br />
In einer Schriftreihe des Interdisziplinären Zentrums für Bildung<br />
und Kommunikation in Migrationsprozessen (IBKM) an der<br />
Uni-Oldenburg wurde als Band Nr. 18 eine sehr tiefgehende<br />
Untersuchung veröffentlicht, die unter dem Titel „Kooperation<br />
von Kindertagesstätten und Grundschulen in der vorschulischen<br />
Sprachförderung“ (BISverlag, ISBN 3-8142-0982-6) erschienen ist.<br />
a) In der Betrachtung dieser Kooperation wurden von Betroffenen<br />
(aufgrund durch geführte Befragungsuntersuchungen) folgende<br />
Problemfelder skizziert:<br />
Bildungspolitisch bedingte Probleme<br />
Natürlich gibt es eine völlig unterschiedliche Entstehungs- und<br />
Entwicklungsgeschichte der beiden Einrichtungsebenen. Aber<br />
auch in der Gegenwart sind einige Unterschiedlichkeiten als<br />
Hindernis in der Kooperation zu deuten. Zum einen führt das<br />
unterschiedliche Ausbildungsniveau der Lehrpersonen und der<br />
Kiga-Pädagoginnen zu einem Anerkennungs- und Imageproblem.<br />
Zum anderen ist die gesellschaftliche Anerkennung des<br />
Bildungsauftrages sehr stark unterschiedlich.<br />
Berührungsängste und Vorurteile<br />
Diese Kategorie von Problemen ist wohl vor allem aufgrund von<br />
mangelnder Kenntnisse des jeweils anderen Bereichs einzuordnen.<br />
So sehen Lehrkräfte die Kooperation mit den Kigas oftmals<br />
skeptisch, da sie ihre Ansprüche und Erwartungen an den Kiga<br />
nicht erfüllt sehen, weil die Kindergärtnerinnen diese nicht erfüllen<br />
können oder nicht erfüllen wollen. Von Seiten der Kindergärtnerinnen<br />
wird sehr häufig ein Unterlegenheitsgefühl artikuliert,<br />
das vor allem auf Wahrnehmungen der Sprachgewandtheit<br />
oder des gesamten Auftretens zurückgeführt werden.<br />
71<br />
Unterschiedliche Pädagogische Konzepte und Begrifflichkeiten<br />
Es besteht in beiden Bildungsbereichebenen kein einheitlicher<br />
(oder gar verbindlicher) Bildungsbegriff. Auch wird der<br />
Anspruch an methodische und didaktische Herangehensweisen<br />
in diesen beiden Ebenen völlig anders gesehen und praktiziert.<br />
Die Unterschiedlichkeit wird auch in den Ausbildungen viel<br />
mehr herausgehoben als die Gemeinsamkeiten. So ist es nicht<br />
verwunderlich, dass dann auch die persönlich wahrgenommenen<br />
Definitionen der „Schulfähigkeit“ stark differieren.<br />
Organisatorische Probleme<br />
Von beiden Seiten im gleichen Maße wird das Zeitproblem in<br />
Verbindung mit einer stärkeren Kooperation genannt. Nachdem<br />
diese Kooperationstätigkeiten als zusätzliche Leistung gewertet<br />
ist, die keinerlei Stunden- oder Geldabgeltung erfährt, wird dies<br />
nicht als „motivationsfördernd“ angesehen. Auch zeigt sich, dass<br />
die gebunden Dienstzeiten so stark übereinstimmen, dass Kooperationstätigkeiten,<br />
wie Hospitationen oder gegenseitige Besuche<br />
während der Kinderzeiten nur sehr schwierig organisierbar<br />
sind. Ein zweites organisatorisches Problem ist die unterschiedliche<br />
Sprengelaufteilung von Kiga und Schule. Dies führt mancher<br />
Orts zu recht „verzwickten“ Konstellationen.<br />
b) Vorschläge zur Verbesserung der Kooperation zwischen<br />
Schule und Kindergarten<br />
Inhaltlicher Austausch<br />
Der inhaltliche Austausch dient in erster Linie zur Klarstellung<br />
der jeweiligen Aufgabenerfüllung und in zweiter Linie auch zu<br />
einen besseren Verständnis für die jeweilig andere Ebene. Eine<br />
verpflichtende Praktikumszeit in den Ausbildungen in den jeweilig<br />
anderen Einrichtungen würde dieses Anliegen auch erfüllen.<br />
Gemeinsame Besprechungen<br />
Das persönliche Zusammenarbeit und sich kennen lernen ist die<br />
beste Form der Kooperationsanbahnung. Der Austausch von<br />
Grundlageninformationen (Themenziele, Methodenschwerpunkte,<br />
gängige Material- oder Raumgestaltungen) und auch die<br />
aktuell Information von Beobachtungen in den Gruppen oder<br />
Familien ist direkte Hilfestellung im Vor- oder Nachbereiten der<br />
pädagogischen Arbeit.<br />
Gegenseitige Hospitationen<br />
Diese Hospitationen führen zu einem tiefen Verstehen, welche<br />
bei mehrmaligen Erfahrungen die gegenseitigen Anknüpfungspunkte<br />
leicht erkennbar machen. Auch für die Kinder und die<br />
Eltern wird so ein beruhigendes Gefühl des Miteinanders erzeugt.<br />
Wechselseitige Teilnahme an Gremien und Veranstaltungen<br />
Informationsveranstaltungen oder Quartalsteamsitzungen oder<br />
themenzentrierte Elternabende helfen auch, ein gemeinsames<br />
Auftreten nach außen zu bewerkstelligen.<br />
Quelle: ernst.6900
Gespräche der Fachkräfte<br />
Konkrete Gespräche über konkrete Situationen in den Gruppen,<br />
gegenseitige Hilfestellungen bei Kindern mit besonderen<br />
Bedürfnissen oder auch bei anderen Kindern, Berichte über<br />
Lernentwicklungen von Kindern können für beide Ebenen sehr<br />
hilfreich sein. Vor allem die Arbeit in der 1. Volksschulklasse<br />
wird dadurch ungemein unterstützt.<br />
Arbeitskreise<br />
In Arbeitskreisen können beide Einrichtungen, die ja für die<br />
jeweilige Wohngegend sehr prägend sind, ihre Stellung im Zusammenhang<br />
mit der Wohnbevölkerung nachhaltig verstärken.<br />
Gemeinwesentätigkeit, familienunterstützende Maßnahmen usw.<br />
können über längere Zeiträume entstehen und sich etablieren.<br />
Auch das Einbinden von anderen Institutionen oder Fachkräften<br />
bietet sich hier an.<br />
Kooperationskalender<br />
Bei einem Kooperationskalender handelt es sich um einen<br />
Arbeitsplaner, der wichtige Daten der gemeinsamen Kooperation<br />
enthält. Er wird jährlich von den betroffenen LeiterInnen oder<br />
Kooperationsverantwortlichen überarbeitet und erstellt.<br />
(Recklinghausen praktiziert dies schon seit Jahren. Die<br />
Aufstellung legt fest: wann ist was zu erledigen? Wer ist daran<br />
beteiligt? Wer trägt die Zuständigkeitsverantwortung?)<br />
Kooperationsvereinbarungen und –ziele<br />
Die konkrete Vereinbarung über die angestrebten Kooperationstätigkeiten<br />
und deren Ziele ist eine unbedingte Notwendigkeit,<br />
wenn es um das Vermeiden von unerfüllten weil unausgesprochenen<br />
Erwartungen geht.<br />
Ernennung von Kooperationsbeauftragten<br />
Das Festlegen eines Kooperationsbeauftragten ist zum einen eine<br />
entlastende Arbeitsteilung und zum anderen ergibt dies eine gewisse<br />
Kontinuität, die vertiefend und professionalisierend wirkt.<br />
Gemeinsame Fortbildungen<br />
Beim Thema Sprachförderung würde sich dies besonders anbieten,<br />
weil dadurch auch gleich klarer wird, was sich wer von wem<br />
erwarten darf und auch welche Möglichkeiten sich in Zukunft<br />
auftun können. Gemeinsame Fortbildungen sind auch besonders<br />
interessant, wenn es um Netzwerktätigkeiten geht oder sich besondere<br />
Projekte entwickeln können.<br />
Gemeinsame Vorbereitung der Vorschulkinder<br />
Wenn Kindergartenkinder ihre zukünftige Lehrperson kennen<br />
lernen können und auch die Schule als Gebäude kennen lernen<br />
können, sind dies besondere Sicherheitsanker die für den Wechsel<br />
in die Schule gelegt werden können. Genauso trägt es zur<br />
Sicherheit des Kindes bei, wenn es merkt, dass die Eltern, die<br />
KindergartenpädagogInnen und die Lehrer im Einvernehmen<br />
zusammenarbeiten.<br />
Gemeinsame Vorhaben mit Kindergarten- und Schulkindern<br />
Gemeinsame Feste und Veranstaltungen von Kindergarten und<br />
Schule bieten ein Bild der Verbundenheit, welches ganz praktisch<br />
aufzeigt, dass die Aufmerksamkeit für die Kinder nicht nur ein<br />
momentanes Interesse darstellt, sondern wirklich über Jahre geht.<br />
Dabei können besondere „ Austauschprojekte“ besonders reizvoll<br />
sein (z.B. Vorleseprojekte bei denen Schüler aus den 3. oder 4.<br />
Klassen in den Kindergarten kommen).<br />
72<br />
Fazit der Studien von der Uni-Oldenburg ist jenes, dass die guten<br />
Praxisbeispiele zeigen, dass eine gute Kooperation zwischen<br />
Schule und Kindergarten nach einer gewissen Anlaufzeit für alle<br />
Beteiligten soviel Vorteile und Sicherheiten bietet, dass insgesamt<br />
sogar eine Zeitersparnis heraus kommt. Die auftauchenden<br />
Probleme scheinen allesamt lösbar. Besonders gefordert sind die<br />
an der Basis tätigen Personen, die mit ihrer Präsenz und ihre personalen<br />
Kompetenz viel positive Veränderung bewirken können.<br />
Gesamt gesehen geht es vor allem darum, die theoretisch meist<br />
sehr klar formulierten Ziele auch in der Praxis verbindlich und<br />
offen umzusetzen.<br />
Familien mit Migrationshintergrund werden mit ihren Kindern<br />
auf deren einschulung vorbereitet.<br />
Ein Projekt, welches im Gesamtpaket von SpiKi-Nürnberg vorkommt<br />
ist das untenstehende (siehe auch 4.1.4, 4.4.2, 4.6.3.1)<br />
4.9.2<br />
Praxisprojekt: “Schultüte – Mama und ich spielend<br />
in die Schule”<br />
Die Themen Schultüte, Schultasche, Schulweg, gesunde<br />
Ernährung, der Gebrauch eines Wörterbuchs, das Bayerische<br />
Schulsystem und die Möglichkeiten, Kinder zu Hause zu unterstützen,<br />
stehen im Mittelpunkt des Kurses, genau wie die<br />
Motivation der Eltern, ihre Deutschkenntnisse weiter zu entwikkeln.<br />
Das Projekt wird in Kooperation mit dem Bündnis für<br />
Familie durchgeführt.<br />
Das Bündnis für Familie hat zum Projekt Schultüte eine<br />
Praxishilfe erstellt. Sie finden darin Betrachtungen zur interkulturellen<br />
Pädagogik in Kindertageseinrichtungen und eine genaue<br />
Beschreibung der durchgeführten acht Kurseinheiten des<br />
Praxisprojekts.<br />
4.10<br />
GESAMTPROJEKTE<br />
4.10.1<br />
Recklinghausen<br />
Kontakt: Amt der Stadt Recklinghausen, Julia Overmann, Raum 309;<br />
Stadthaus C<br />
Rathausplatz3, 45657 Recklinghausen; Tel.: 0049-2361/50-2283;<br />
E-Mail: Overmann.Julia@recklinghausen.de<br />
In Kooperation mit den Tageseinrichtungen freier Träger hat die<br />
Stadt Recklinghausen im Kiga Jahr 2000/2001 mit der<br />
Umsetzung des Sprachförderprogramms für Kinder mit<br />
Migrationshintergrund begonnen. Inzwischen konnte das<br />
Sprachförderprogramm flächendeckend im Stadtgebiet auf alle<br />
Tageseinrichtungen mit einem Anteil von mind. 30 % an Kindern<br />
mit fremder Muttersprache ausgeweitet werden.<br />
Derzeit sind ca. 20 Tageseinrichtungen beteiligt. Im Rahmen des<br />
Konzeptes “Sprachförderung und Interkulturelle Erziehung in<br />
TEK” wurden sechs Bausteine entwickelt, die gemeinsam den<br />
Erfolg des Konzeptes ausmachen:<br />
Baustein 1: Früh beginnen. Spielgruppen, Angebote der<br />
Familienbildung und andere Angebote für<br />
unter 3-jährige (und ihre Mütter).
Baustein 2: Kinder im Kindergartenalter intensiv fördern -<br />
Sprachförderung und Interkulturelle Erziehung<br />
in Tageseinrichtungen für Kinder (und in der<br />
Grundschule)<br />
Baustein 3: Die Mütter einbeziehen/”Rucksack I” -<br />
Förderung von Müttern bis hin zur Ausbildung<br />
als sog. Stadtteilmutter<br />
Baustein 4: Erzieherinnen qualifizieren<br />
Baustein 5: Die Beteiligten vernetzen<br />
Baustein 6: Die Qualität sichern - Dokumentation und<br />
Evaluation<br />
Konkrete Beschreibung der Bausteine<br />
Baustein 1 - Früh beginnen:<br />
Spielgruppen, Angebote der Familienbildung und andere<br />
Angebote für unter 3-Jährige (und ihre Mütter)<br />
In den Spiel- und Lerngruppen werden deutsche und türkische<br />
Kinder im Alter von 2 bis 3 Jahren an zwei bzw. drei Vormittagen<br />
betreut. In diesen altersgemischten Gruppen erleben die Kinder<br />
regelmäßig soziale Kontakte mit anderen Kindern. Sprachförderung<br />
setzt in dieser niederschwelligen Betreuungsform altersmäßig<br />
früher an, so dass Kinder bis zum Schuleintritt bis zu 5 Jahre<br />
gefördert werden. In ihre Sozialisation fließt schon früh der<br />
regelmäßige kulturelle Austausch ein. Das Miteinander verschiedener<br />
Kulturen wird für die Kinder zu einer vertrauten<br />
Begegnungs- und Lebensform, welche nicht zuletzt durch die<br />
“deutsch-türkischen” Betreuerinnenteams repräsentiert wird.<br />
Baustein 2 - Kinder im Kindergartenalter intensiv<br />
fördern:<br />
Sprachförderung und Interkulturelle Erziehung in Tageseinrichtungen<br />
für Kinder (und in der Schule)<br />
Mit Eintritt in den Kindergarten findet für alle Kinder täglich im<br />
Rahmen einer kontinuierlichen Sprachförderung auf der Grundlage<br />
des pädagogischen Konzeptes Sprachförderung statt. Kinder<br />
mit fremder Muttersprache werden zusätzlich gezielt und systematisch<br />
im Erwerb der Zweitsprache “Deutsch” gefördert und<br />
unterstützt. Dafür werden sie zunächst über einen bestimmten<br />
Zeitraum beobachtet; anschließend wird der jeweilige Sprachstand<br />
von der Erzieherin eingeschätzt. Als Beobachtungsinstrument<br />
für das Sprachverhalten und das Interesse an Sprache wird<br />
in allen Tageseinrichtungen der Bobachtungsbogen “SISMiK”<br />
eingesetzt.<br />
Damit die Erzieherinnen die Sprachförderung entsprechend vorund<br />
nachbereiten können, werden sie durch eine qualifizierte<br />
Honorarmitarbeiterin stundenweise entlastet. Soweit es möglich<br />
ist, beschäftigen wir Honorarmitarbeiterinnen mit Migrationserfahrungen<br />
und entsprechenden muttersprachlichen Kenntnissen<br />
für diese “Entlastungs-Arbeit”. Zurzeit sind dies nur türkische<br />
73<br />
Honorarkräfte, zukünftig sollen aber vor allem auch polnische<br />
und russische Sprachkenntnisse Berücksichtigung finden. Damit<br />
wird es gleichzeitig möglich, in diesen Tageseinrichtungen für<br />
Kinder auch pädagogische Angebote in der jeweiligen Muttersprache<br />
durchzuführen.<br />
Die Zusammenarbeit mit den Eltern ist ein wesentliches Element<br />
im Rahmen der Sprachförderung: Um diese möglichst verbindlich<br />
für die Tageseinrichtung für Kinder und die Familien zu<br />
gestalten, schließen die Leitung der Einrichtung und die Eltern<br />
einen Kontrakt “Sprachförderung für Kinder”. Hierdurch sichern<br />
beide Vertragspartner eine aktive und verbindliche Mitarbeit zur<br />
Sprachförderung der Kinder zu. Elemente des Kontraktes sind<br />
z.B. verbindliche Absprachen zur regelmäßigen Teilnahme oder<br />
die Verpflichtung der Eltern, Sprachförderung zu unterstützen.<br />
Baustein 3 - Die Mütter einbeziehen:<br />
“Rucksack I” – Förderung von Müttern bis hin zur<br />
Ausbildung als sog. Stadtteilmutter<br />
Zum einen setzt das Programm an der Förderung der allgemeinen<br />
kindlichen Entwicklung und zum anderen vor allem auch<br />
an der Förderung muttersprachlicher Kompetenzen an (“Man<br />
lernt eine Zweitsprache nur so gut, wie man seine Erst-/<br />
Muttersprache beherrscht”).<br />
Die Untersuchungen an etwa 2.000 Kindern zeigen einen eindeutigen<br />
Zusammen-hang zwischen der Nähe (regelmäßige Kontakte,<br />
Wohlfühlen), die Migrantenmütter zu einem Kindergarten<br />
haben, und der Sprachentwicklung ihrer Kinder. Es geht also gar<br />
nicht anders: Nur die Investition in die Elternarbeit führt zu guten<br />
Entwicklungsergebnissen bei den Kindern.<br />
Ehemalige “Rucksack-Mütter” wurden gezielt ausgewählt und<br />
persönlich angesprochen, ob sie die Ausbildung zur Stadtteilmutter<br />
machen möchten. 12 Mütter haben diese dann erfolgreich<br />
absolviert und abschließend eine Urkunde erhalten. Die<br />
Stadtteilmütter werden als Multiplikatoren eingesetzt und übernehmen<br />
als “Brücke” zwischen der Tageseinrichtung und den<br />
Müttern auch eine vermittelnde Rolle. Das niederschwellige<br />
Prinzip “Mütter bilden Mütter” geht auf: Der Zulauf ist groß und<br />
der Multiplikationswert hoch. Den Müttern kommt eine hohe Anerkennung<br />
und Ermutigung als Expertinnen für die Entwicklung<br />
ihrer Kinder zuteil.<br />
Quelle: ernst.6900
Baustein 4 - Erzieherinnen qualifizieren<br />
Damit das Thema “Sprachförderung und Interkulturelle Erziehung”<br />
dauerhaft in den pädagogischen Alltag der Tageseinrichtungen<br />
verankert wird, haben die dort tätigen Erzieherinnen die<br />
Möglichkeit, sich als “Interkulturelle Erzieherin” für diesen Bereich<br />
zu qualifizieren.<br />
Diese Qualifizierung setzt sich aus 6 verschiedenen Modulen und<br />
einer abschließenden Bildungsfahrt zusammen, die erst in ihrer<br />
Gesamtheit den didaktischen Zusammenhang bilden.<br />
Interkulturelle Sensibilisierung: 1 Tag<br />
Zweitspracherwerb im Elementarbereich: 3 Tage<br />
und 1 “Follow-up-Tag”<br />
Islam als Sozialisationsfaktor: 2 Tage<br />
Interkulturelle Zusammenarbeit mit Eltern: 1 Tag<br />
Methoden und Bausteine zur Sprachförderung: 1 Tag<br />
Interkulturelle Ausgestaltung der pädagogischen Arbeit: 2 Tage<br />
Bildungsfahrt: ca. 5-7 Tage<br />
Um das Abschlusszertifikat zur “Interkulturellen Erzieherin” zu<br />
erhalten, ist eine Teilnahme an allen 6 Modulen und der Bildungsfahrt<br />
erforderlich. Die Maßnahme ist auf eine Laufzeit von<br />
2 Jahren angelegt, sie umfasst ca. 80 Seminarstunden und eine<br />
fünf- bzw. siebentägige Bildungsfahrt.<br />
Baustein 5 - Die Beteiligten vernetzen<br />
Alle Institutionen, die mit dem Bereich Migration, Sprachförderung<br />
usw. haben sich zu einer Kooperationsgruppe zusammengeschlossen.<br />
Regelmäßige Arbeitskreise mit allen Kindergärten und Grundschulen<br />
ermöglichen einen regelmäßigen Austausch der<br />
Erfahrungen.<br />
Seit 2003 wurde ein Qualitätszirkel “Zweitspracherwerb” gegründet,<br />
an dem Mitarbeiterinnen aus den Städtischen Kindereinrichtungen<br />
teilnehmen. Dieses Forum dient dem Erfahrungsaustausch,<br />
der Erprobung neuer Materialien, der fachlichen<br />
Diskussion und der Weiterentwicklung des Konzeptes.<br />
Die “Projektgruppe Sprachförderung” (Lehrer, Kindergartenpersonal,<br />
Verwaltung und Volkshochschule) hat es sich zum Schwerpunkt<br />
gemacht, die Abstimmung zwischen der Sprachförderung<br />
im Kindergarten und den Sprachvorschulkursen an den Grundschulen<br />
zu optimieren und sich intensiv mit dem Thema<br />
“Sprachstandsfeststellungsverfahren” auseinander zu setzen, um<br />
ein möglichst einheitliches/ standardisiertes Verfahren für die<br />
Stadt Recklinghausen zu vereinbaren.<br />
Im Rahmen der Vernetzung wird immer wieder deutlich, wie<br />
wichtig es bei dem Thema “Interkulturelle Erziehung und<br />
Sprachförderung” ist, die Beteiligten untereinander bekannt zu<br />
74<br />
machen und ihnen die Möglichkeit eines regelmäßigen fachlichen<br />
Austausches anzubieten.<br />
Baustein 6 - Die Qualität sichern: Dokumentation<br />
und Evaluation<br />
Die Stadt Recklinghausen hat für die Städtischen Tageseinrichtungen<br />
für Kinder Qualitätskriterien für die verschiedenen Entwicklungsbereiche<br />
entwickelt. (siehe 4.3.4)<br />
Jedes Qualitätskriterium wird künftig mit standardisierten<br />
Verfahren dokumentiert und regelmäßig evaluiert. Dazu werden<br />
u.a. Materialien zur Sprachstandsmessung und zur sprachlichen<br />
Entwicklung herangezogen.<br />
In Zusammenarbeit mit der Gesamthochschule Essen/ Duisburg<br />
ist eine erste umfassende Evaluation zu “Interkulturelles Lernen<br />
und Sprachförderung in Tageseinrichtungen für Kinder” im<br />
Sommer 2003, drei Jahre nach Beginn des “Projektes Sprachförderung<br />
und Integration”, durchgeführt worden.<br />
Die Auswertung zeigt, dass die Ausrichtung auf mehrere<br />
Bausteine - vor allem die intensive Elternarbeit - als effektiv und<br />
erfolgreich von den Erzieherinnen wahrgenommen wird.<br />
Quelle: ernst.6900
4.10.2<br />
SpiKi-Nürnberg<br />
http://www.jugendamt.nuernberg.de/downloads/spiki_faltblatt.pdf<br />
75<br />
4.10.3<br />
RAA – Essen, Nordrhein-Westfalen, D<br />
Kontakt: Hauptstelle Regionale Arbeitsstelle zur Förderung von Kindern<br />
und Jugendlichen aus Zuwandererfamilien (RAA), Nordrhein-Westfalen;<br />
Tiegelstr. 27; 45141 Essen, Fon: 0049/201/83 28 301; www.raa.de<br />
Die 27 RAA in NRW verstehen interkulturelles Miteinander als<br />
Chance für die Entwicklung aller Kinder und Jugendlichen – für<br />
die hier geborenen, die hier aufgewachsenen und zugewanderten.<br />
Mit diesem Arbeitsansatz entwickeln die RAA Programme,<br />
Projekte, Produkte und setzen diese vor Ort in Kooperation mit<br />
Partnern um. Die RAA werden gefördert vom Ministerium für<br />
Generationen, Familie, Frauen und Integration sowie vom<br />
Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes NRW und<br />
den jeweiligen Kommunen bzw. Kreisen.marktrelevanten Akteuren.<br />
Projekte:<br />
RAA führt derzeit zahlreiche Projekte durch, die sich wie folgt<br />
anlesen:<br />
Auf KURS in die Zukunft Kooperation Schule - Wirtschaft gestalten<br />
COMICS Children Of Migrants Inclusion Creative System<br />
FörMig NRW Modellprogramm „Förderung von Kindern und<br />
Jugendlichen mit Migrationshintergrund“<br />
Zertifikatskurs „Interkulturelle Handlungskompetenz“ zur Sensibilisierung,<br />
Qualifizierung und Weiterbildung von arbeitsmarktrelevanten<br />
Akteuren<br />
Produkte im Kontext der Sprachförderung und interkulturellen<br />
Unterstützung von Kindern, Jugendlichen und Eltern:<br />
„Griffbereit“ – Zugewanderte Mütter stärken ihre Kinder<br />
„Hokus und Lotus“ – Wie kleine Kinder eine zweite Sprache<br />
lernen können. Ein Angebot für Kinder aus Migrantenfamilien<br />
im Alter von 3-8<br />
Interkultureller Schülerklub<br />
„KOALA“ – die koodinierte Alphabetisierung im Anfangsunterricht<br />
Modul „Deutsch als Zweitsprache“ (DaZ) in NRW<br />
„Potentiale“ – erfolgreiche Zuwanderer in NRW<br />
„Rucksack“ – Ein Konzept zur Sprachförderung und Elternbildung<br />
im Elementarbereich<br />
All diese Produkte sind mit Theorieunterlagen, mit Anschauungsmaterial,<br />
meist mit dazu gehörigen Qualifizierungsmaßnahmen<br />
zusatzausgestattet. Evaluierungsergebnisse sind nur vereinzelt<br />
zugänglich. Das Gesamtbild der einzelnen Produkte stimmt.<br />
Die Multiplikatorenwirkung der Modelle ist ausgezeichnet.<br />
<strong>SPRACHE</strong><br />
<strong>BILDUNG</strong><br />
<strong>INTEGRATION</strong>