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Kommunikations- wissenschaft - Medien ...

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M&K 49. Jg. 2001/4 E 20039 F<br />

&<br />

HANS-BREDOW-INSTITUT<br />

<strong>Medien</strong><br />

<strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong><br />

Joachim R. Höflich / Patrick Rössler<br />

Mobile schriftliche Kommunikation – oder: E-Mail für das Handy.<br />

Die Bedeutung elektronischer Kurznachrichten (Short Message<br />

Service) am Beispiel jugendlicher Handynutzer<br />

Peter Vorderer / Ute Ritterfeld / Christoph Klimmt<br />

Spaß am Hören. Hörspielkassetten als sprachförderliche<br />

Unterhaltungsangebote für Vorschulkinder<br />

Christoph Klimmt<br />

Ego-Shooter, Prügelspiel, Sportsimulation? Zur Typologisierung<br />

von Computer- und Videospielen<br />

Annette von Kalckreuth-Tabbara<br />

Die Regulierung von Geschlechtsrollenklischees im kanadischen<br />

Rundfunk. Lässt sich die klischeehafte Darstellung von Frauen<br />

im Rundfunk durch rechtliche Steuerung verhindern?<br />

Daniel Jones<br />

<strong>Medien</strong>- und <strong>Kommunikations</strong>forschung in Spanien – ein Überblick<br />

Klaus-Jürgen Buchholz<br />

Zur Funktion nichtkommerzieller und Freier Radios.<br />

Anmerkungen zum Aufsatz von Jan Pinseler in M&K 3/2001<br />

Jan Pinseler<br />

„Das ist einfach nur unprofessionell“. Eine Antwort auf<br />

Klaus-Jürgen Buchholz<br />

Nomos Verlagsgesellschaft<br />

Baden-Baden<br />

Die neue Rundfunk und Fernsehen


II<br />

Anzeige<br />

2. Umschlagseite


M&K 49. Jg. 2001/4<br />

HANS-BREDOW-INSTITUT<br />

<strong>Medien</strong><br />

<strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong><br />

&<br />

Redaktion:<br />

Joan Kristin Bleicher, Hardy Dreier, Uwe Hasebrink, Anja Herzog,<br />

Friedrich Krotz, Christiane Matzen, Eva Rischkau, Hermann-Dieter<br />

Schröder, Wolfgang Schulz, Jutta Simon, Ralph Weiß<br />

Nomos Verlagsgesellschaft<br />

Baden-Baden


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

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AUFSÄTZE<br />

Joachim R. Höflich / Patrick Rössler Mobile schriftliche Kommunikation – oder: E-Mail<br />

für das Handy. Die Bedeutung elektronischer Kurznachrichten<br />

(Short Message Service) am Beispiel jugendlicher<br />

Handynutzer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 437<br />

Peter Vorderer / Ute Ritterfeld / Spaß am Hören. Hörspielkassetten als sprachförder-<br />

Christoph Klimmt liche Unterhaltungsangebote für Vorschulkinder . 462<br />

BERICHTE<br />

Christoph Klimmt Ego-Shooter, Prügelspiel, Sportsimulation? Zur Typologisierung<br />

von Computer- und Videospielen . . 480<br />

Annette von Kalckreuth-Tabbara Die Regulierung von Geschlechtsrollenklischees im<br />

kanadischen Rundfunk. Lässt sich die klischeehafte<br />

Darstellung von Frauen im Rundfunk durch rechtliche<br />

Steuerung verhindern? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 498<br />

Daniel Jones <strong>Medien</strong>- und <strong>Kommunikations</strong>forschung in Spanien<br />

– ein Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 528<br />

DISKUSSION<br />

Klaus-Jürgen Buchholz Zur Funktion nichtkommerzieller und Freier Radios.<br />

Anmerkungen zum Aufsatz von Jan Pinseler in<br />

M&K 3/2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 546<br />

Jan Pinseler „Das ist einfach nur unprofessionell“. Eine Antwort<br />

auf Klaus-Jürgen Buchholz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 551<br />

LITERATUR<br />

Besprechungen<br />

INHALTSVERZEICHNIS<br />

Joan Kristin Bleicher Jutta Röser: Fernsehgewalt im gesellschaftlichen<br />

Kontext. Eine Cultural Studies-Analyse über <strong>Medien</strong>aneignung<br />

in Dominanzverhältnissen, Opladen:<br />

Westdeutscher 2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 553<br />

Martin Emmer Christoph Bieber: Politische Projekte im Internet.<br />

Online-Kommunikation und politische Öffentlichkeit,<br />

Frankfurt/New York: Campus 1999 . . . . . . . . 554<br />

Frank Fölsch Anja Claudia Todtenhaupt: Cyber TV – Die Digitalisierung<br />

der Film- und Fernsehproduktion. Münster:<br />

Lit 2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 556<br />

435


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

Michael Jäckel David Gauntlett /Annette Hill: TV Living. Television,<br />

Culture and Everyday Life, London, New York:<br />

Routledge 1999 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 558<br />

Martin Löffelholz Ingrid Volkmer: News in the Global Sphere. A Study<br />

of CNN and its Impact on Global Communication.<br />

Luton: University of Luton Press 1999 . . . . . 560<br />

Helmuth Schulze-Fielitz Wolfgang Hoffmann-Riem: Regulierung der dualen<br />

Rundfunkordnung. Grundfragen, Baden-Baden:<br />

Nomos 2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 562<br />

Tarik Tabbara Susan J. Drucker / Gary Gumpert (Hrsg.): Real Law<br />

@ Virtual Space. Communication Regulation in Cyberspace,<br />

Cresskill: Hampton Press 1999 . . . . . . . . 565<br />

Joachim Trebbe Isabella-Afra Holst: Realitätswahrnehmung in politischen<br />

Konflikten. Grundlagen einer Theorie der<br />

Wissenskluft, Konstanz: UVK 2000 . . . . . . . . . . . . 568<br />

Hans J. Wulff Rolf Parr / Matthias Thiele (Hrsg.): Gottschalk,<br />

Kerner & Co. Funktionen der Telefigur „Spielleiter“<br />

zwischen Exzeptionalität und Normalität, Frankfurt:<br />

Suhrkamp 2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 569<br />

Zeitschriftenlese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 571<br />

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 591<br />

English abstracts and keywords . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 597<br />

Mitarbeiterinnen und Mittarbeiter<br />

dieses Heftes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 599<br />

Hinweise für Autorinnen<br />

und Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 600<br />

Inhaltsverzeichnis 49. Jahrgang 2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 602<br />

436


Mobile schriftliche Kommunikation –<br />

oder: E-Mail für das Handy<br />

Die Bedeutung elektronischer Kurznachrichten (Short Message Service) am Beispiel<br />

jugendlicher Handynutzer<br />

Joachim R. Höflich / Patrick Rössler<br />

AUFSÄTZE<br />

Mit der schnellen Diffusion des mobilen Telefons („Handy“) hat sich in Deutschland<br />

auch der Short Message Service (SMS) als spezifische Nutzungsform verbreitet. Dieser<br />

gestattet es, kurze, der E-Mail vergleichbare Textnachrichten zu senden und zu empfangen.<br />

Unter Jugendlichen erfreuen sich SMS-Botschaften besonderer Beliebtheit; noch<br />

vor der mobilen Telefonie stellen sie die dominante Nutzungsform des Handys dar. Anknüpfend<br />

an die theoretische Verortung des Short Message Service im Kontext einer<br />

„Dialektik“ mobiler Kommunikation wird die Aneignung des SMS durch Jugendliche in<br />

einer explorativen empirischen Studie untersucht. Vor dem Hintergrund eines modifizierten<br />

Uses and Gratifications-Konzepts werden distinkte, mit dem Gebrauch des Short<br />

Message Service verbundene Gratifikationen ausgelotet. Als dominante Nutzungsmotive<br />

ergeben sich der Austausch über persönliche Befindlichkeiten und das Aufrechterhalten<br />

von Kontakten unter dem Vorzeichen, immer erreichbar zu sein. Eine faktorenanalytische<br />

Verdichtung unterstreicht, dass die gegenseitige Rückversicherung als Nutzungsmotiv<br />

herausragt, das zwar ebenso mit dem Telefon verbunden ist, allerdings mit<br />

einer weniger aufdringlichen SMS-Nachricht zweckadäquater umgesetzt werden kann.<br />

Die Studie verweist ferner auf geschlechtsspezifische Unterschiede, die eine größere Affinität<br />

weiblicher Jugendlicher zu schriftlichen Mitteilungsformen nahe legen.<br />

Keywords: Short Message Service, Neue <strong>Medien</strong>, technisch vermittelte interpersonale<br />

Kommunikation, Uses and Gratifications, Aneignung, Jugendliche<br />

Die medialen Entwicklungen an der Schwelle zum 21. Jahrhundert stehen unter dem<br />

Vorzeichen umfassender Konvergenz. Als Paradebeispiel hierfür gilt das Internet, bei<br />

dem sich überdies das Moment der Konvergenz mit einer ausgeprägten Globalisierung<br />

der Kommunikation verbindet. Zur im Wesentlichen US-amerikanisch geprägten globalen<br />

Kommunikation via Internet kommt allerdings eine Technologie hinzu, die gerade<br />

in Europa einen besonderen Wachstumsschub erfährt: Die Mobilfunktechnologie,<br />

für die sich hierzulande die anschauliche Begrifflichkeit des „Handy“ durchgesetzt hat,<br />

an Stelle des in den USA üblichen „Cellular Phone“. Das Handy steht indessen nicht nur<br />

für eine umfassende Mobilität, denn es schickt sich an, zu einem weiteren Universalgerät<br />

zu werden: „Aus dem Handy der Zukunft wird ein Mini-PC, ein Multimedia-Terminal<br />

in Taschenformat. Mit einem großen Farbdisplay und größeren, aber dafür wenigen<br />

Tasten. Damit wird man fotografieren, filmen, im Internet surfen, einfach all das tun<br />

können, wofür man heutzutage noch die unterschiedlichsten Geräte benötigt“ (Reischl/<br />

Sundt 1999: 12).<br />

Dies alles – und womöglich noch viel mehr – verspricht der viel diskutierte künftige<br />

Standard für mobile Telekommunikation UMTS (Universal Mobile Telecommunications<br />

System). Bis zu dessen effektivem Einsatz muss man sich noch mit den Nutzungsofferten<br />

des WAP (Wireless Application Protocol) begnügen, das bereits einen<br />

Zugang zum Internet erlaubt (vgl. z. B. Eckstein 2000). Doch schon jetzt präsentiert sich<br />

das Handy nicht nur als ein neues Informations- und Abrufmedium, sondern gleichzei-<br />

437


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

tig als ein Medium (mobiler) schriftlicher Kommunikation. Denn verfügbar sind auch<br />

Optionen, über den so genannten Short Message Service (SMS) kurze Textnachrichten<br />

zu versenden und zu empfangen. Bei dieser „E-Mail für das Handy“ können mittels des<br />

Tastenfeldes bis zu 160 Zeichen eingegeben und übermittelt werden, die anschließend<br />

auf dem Display des Angewählten erscheinen. Technisch ermöglicht dies der ständige<br />

Kontakt zwischen dem mobilen Telefon und der Funkstation des jeweiligen Netzes, bei<br />

dem die kurzen Textbotschaften quasi „nebenbei“ mitgeliefert werden.<br />

Der vorliegende Beitrag nähert sich diesem Phänomen aus theoretischer und empirischer<br />

Perspektive: Zunächst werden wir einige Spezifika der Kommunikation via SMS<br />

aufzeigen, ausgehend von der Mobiltelefonie als Trägermedium des Dienstes. Im Anschluss<br />

daran folgen erste Ergebnisse einer Pilotstudie, bei der die Nutzer aus der<br />

primären Zielgruppe des SMS-Dienstes – Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren – nach<br />

ihrem Alltagsgebrauch von SMS befragt wurden. 1<br />

1. Die Hybris allzeitiger Erreichbarkeit: mobile Telefonie<br />

Das Telefon war lange Zeit ein Medium der häuslichen Kommunikation. Vor etwa zehn<br />

Jahren, so zeigt die Berliner Telefonstudie aus dem Jahre 1989 (Lange u. a. 1990: 13),<br />

standen über die Hälfte der Telefone in den Wohnzimmern, etwas mehr als ein Viertel<br />

befand sich im Flur oder in der Diele. Mehr als 50 Prozent der Telefonkunden hatten<br />

nur ein Wählscheibentelefon, der Anteil der schnurlosen Telefone lag sogar unter einem<br />

Prozent. Inzwischen hat sich diese Situation fundamental verändert, denn das Telefon<br />

hat sich von seinem festen Ort gelöst: Schnurlose Telefone sind mittlerweile eher der<br />

Standard als die Ausnahme. Doch diese Innovation brachte keinen Bewegungsspielraum<br />

über ein paar hundert Meter hinaus, das Telefon blieb häuslich.<br />

Bereits im Jahre 1958 existierte in Deutschland eine Elite von Telefonierenden, die<br />

(wenn auch handvermittelte) Telefonate vom Autotelefon aus über das so genannte<br />

A-Netz führen konnten (vgl. weiter: Wessel 2000). Deswegen fungierte das Mobiltelefon<br />

auch lange Zeit als Statussymbol, wie es Schneider (1996: 12) treffend charakterisiert:<br />

„Das Handy ist klein, schwarz, diskret und lässt mit einem feinen Piepen die Umgebung<br />

aufhorchen. Natürlich wissen alle, daß dieses Piepen die Sprache des elektronischen<br />

Dorfes ist, das die babylonische Katastrophe entsorgt hat. Und außerdem wissen alle,<br />

daß dieser Mann mit dem Handy jetzt die heiligen Zeremonien der Wichtigkeit einleitet.<br />

Er erteilt der unwissenden Welt eine kleine akustische Lektion, wie es im Reich der<br />

schweren Bürden und hohen Verantwortungen aussieht. So spricht der wichtige Mann<br />

nicht nur mit dem Partner am anderen Ende der durch das piepende Esperanto hergestellten<br />

Funkstrecke. Er spricht zugleich zu einer andächtig lauschenden Umgebung.“<br />

Die digitale Generation der D1- und D2-Netze läutete im Jahre 1992 den Siegeszug des<br />

Handys ein, der zu immerhin mehr als 23 Millionen Nutzern in Deutschland im Jahre<br />

1999 führte (o. Verf. 2000a: 146). Im Laufe des darauf folgenden Jahres hat sich diese<br />

Zahl sogar verdoppelt. Damit ist das Handy schon längst kein Elitemedium mehr und<br />

sein Beispiel verdeutlicht gleichzeitig, wie gering die Halbwertszeit von Statuseffekten<br />

ist.<br />

1 Für ihre Mitarbeit bei der Konzeption der Studie, der Entwicklung des Instruments und der Koordination<br />

bzw. Durchführung der Feldarbeit danken wir besonders herzlich stud. phil. Stefanie<br />

Steuber.<br />

438


Höflich / Rössler · Mobile schriftliche Kommunikation<br />

Gerade die Loslösung des Telefonierens von einem festen Ort impliziert eine umfassende<br />

Erreichbarkeit. 2 Allerdings scheint die Beziehung zwischen Erreichen-Wollen<br />

und Erreichbarkeit asymmetrisch, wie Lange (1990: 34) dies bereits festgestellt hatte:<br />

„Stimmt es jedoch, daß ca. 80% aller über Mobiltelefone ausgeführten Gespräche vom<br />

mobilen Gerät aus initiiert werden und daß Mobiltelefone häufig abgestellt werden, so<br />

ist das ein wichtiger Beleg dafür, daß das überwiegende Interesse des Mobiltelefonteilnehmers<br />

nicht darin besteht, permanent und überall erreichbar zu sein, sondern<br />

während Phasen räumlicher Mobilität andere erreichen zu können“ (vgl. Lange 1991:<br />

155 ff.). Wenn auch jeder, so Mettler-Meibom (1994: 182), ein „Recht auf Nicht-Erreichbarkeit“<br />

habe, führt die Verbreitung des mobilen Telefongeräts zunehmend zu einem<br />

Erreichbarkeitsdruck: Wer über ein Handy verfügt, der muss es auch unter Stand-<br />

By-Bedingungen bei sich tragen.<br />

Das Handy bietet Stoff für viele Geschichten, die veranschaulichen, wie dieses Medium<br />

Probleme löst, aber auch erst neue schafft (vgl. die amüsanten Bemerkungen von Karasek<br />

1999). Und ähnlich wie in den Anfangsjahren des klassischen Telefons wird man<br />

zunächst mit der Frage konfrontiert: „Wer braucht das Handy überhaupt und zu welchem<br />

Zweck?“ Einer bestimmten Gruppe von Handybesitzern bringt Umberto Eco<br />

(2000) – nicht ohne eine gewisse Ironie – Verständnis entgegen: nämlich derjenigen, der<br />

das mobile Telefon aufgrund von Behinderungen oder Krankheiten mehr als gute<br />

Dienste erweist, indem es beispielsweise die Benachrichtigung von Arzt oder Notdienst<br />

sichert. Gleiches gilt seiner Ansicht nach für Personen, die aus triftigen beruflichen<br />

Gründen auf das <strong>Kommunikations</strong>mittel angewiesen sind, und die Ehebrecher, die nunmehr<br />

Botschaften ihres geheimen Partners erhalten, ohne dass Familienmitglieder, Sekretärinnen<br />

oder boshafte Kollegen die Anrufe abfangen können. Problematisch sind<br />

für ihn jene Nutzer, die das Mobiltelefon auf eigene und anderer „Gefahr“ verwenden,<br />

wie etwa „die Leute, die nirgendwo hingehen können, ohne weiter mit Freunden und<br />

Angehörigen, die sie eben verlassen haben, über dies und das zu schwatzen“ (Eco 2000:<br />

83) – oder Menschen, die nur öffentlich demonstrieren wollen, wie begehrt sie sind.<br />

Die mit der ubiquitären Erreichbarkeit verknüpfte, subjektiv empfundene Aufdringlichkeit<br />

des Mediums (persönliche Aufdringlichkeit) wird durch die Allgegenwart der<br />

2 Zum Thema der Erreichbarkeit zwei Randbemerkungen: Die Möglichkeiten der Mobilkommunikation<br />

stellt für jene Regionen eine Chance dar, überhaupt erst Erreichbarkeit herzustellen,<br />

in denen eine Versorgung mit herkömmlichen Telefonen via Verkabelung mangels Rentabilität<br />

kaum realisiert ist (beispielsweise in Afrika, vgl. Aden 2000: 66 ff.). Für die konservative<br />

Bruderschaft der Amischen („The Old Order Amish of Pennsylvania“) ist das Telefon dagegen<br />

immer noch ein gewisser Fremdkörper, zumindest lassen sie es nicht zu, dass das<br />

Telefon, wie auch der elektrische Strom, in ihren Haushalt gelangen. Nur auf den ersten Blick<br />

mag es dabei erstaunen, dass Rheingold (1999: o. S.) davon berichtet, wie er eine Amischenfrau<br />

in ihren Garten beobachtete – während sie in der Tat ein Handy in der Hand hatte: „She was<br />

sitting in the middle of the garden, alone, the very image of technology-free simplicity. But she<br />

was holding her hand up to her ear. She appeared to be intent on something, strangely engaged.<br />

‘Whenever you see an Amish women sitting in the field like that’, my guide said, ‘she’s<br />

probably talking on a cell phone.’“ Im Falle der Amischen geht es nämlich nicht darum, dass<br />

sie das Telefon und damit die telefonische Erreichbarkeit grundlegend ablehnen, sondern dass<br />

sie es nur in ihrem Haushalt nicht dulden. Auch das Handy bleibt, so Rheingold, draußen –<br />

und zum Aufladen der Batterie wird es einem befreundeten Nicht-Amischen mitgegeben. Dies<br />

verdeutlicht ein weiteres Mal, dass die Prozesse der Aneignung durchaus differenziert zu betrachten<br />

sind.<br />

439


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

mobilen Telefonie auch zu einer öffentlichen Aufdringlichkeit, oft sogar zu einer<br />

öffentlichen Belästigung (vgl. ausführlicher: Burkart 2000: 218 ff.). So gesehen gehört<br />

das Handy zu den „Zeichen und Zumutungen des Alltags“, wie es der Untertitel eines<br />

von Peter Kemper (1996) herausgegebenen Bandes formuliert. Privates und Intimes<br />

wird in eine Öffentlichkeit unfreiwilliger Mithörer getragen – vor ein Publikum, das<br />

nie die Wahl hatte, als ein solches zu fungieren. „Es scheint keinen privaten oder öffentlichen<br />

Raum mehr zu geben, in dem man nicht tatsächlich von allen jederzeit erreichbar<br />

wäre, sofern man ein Handy besitzt. Innerhalb riesiger Menschenmengen<br />

führen Individuen völlig ungeniert Privatgespräche, für die man sich früher in ein Zimmer<br />

oder doch wenigstens in eine abgeschlossene Telefonzelle zurückgezogen hätte.<br />

[…] Das Klingeln – und die Beantwortung des Klingelns – stört jedes Gespräch mit<br />

den körperlich Anwesenden und macht Ungestörtheit des Zusammenseins sowie höfliche<br />

Rücksichtnahme den Mitmenschen gegenüber zu einem Traum von gestern“<br />

(Lehnert 1999: 89/90).<br />

Der öffentlich-demonstrative Nutzer 3 scheint es jedoch zunehmend schwerer zu haben,<br />

denn sein Publikum verweigert sich ihm: Immer mehr öffentliche Orte werden zu<br />

handyfreien Zonen erklärt, das gilt sogar für den königlichen Palast von Elizabeth II.<br />

(vgl. Schilly-Strack 2000: 17). In Flugzeugen und Krankenhäusern ist der Gebrauch allemal<br />

untersagt. 4 In den USA wird der Widerstand in Form einer „Cell phone rage“ von<br />

besonders aggressiven Aktivisten im Internet propagiert (zu sehen unter: http://www.<br />

phonebashing.com): Die Protagonisten entwenden aufdringlich erscheinenden, öffentlichen<br />

Telefonierern ihr Handy und dokumentieren dies auf Video. Technisch gibt es<br />

außerdem die (in Deutschland verbotene) Möglichkeit, die Nutzung des Geräts durch<br />

einen Handy-Blocker unmöglich zu machen (vgl. o. Verf. 1998).<br />

2. Zur „Neuerfindung“ des Telefons: Schriftliche Kommunikation<br />

über das Handy<br />

Um einen Eindruck von der quantitativen Bedeutung der neuen medialen Möglichkeiten<br />

zu vermitteln: Allein im August 2000 wurden weltweit um die sieben Milliarden<br />

SMS-Botschaften verschickt. Ein Drittel davon wird allein schon in Japan generiert. In<br />

Europa steht Deutschland mit mehr als einer Milliarde Kurznachrichten pro Monat an<br />

erster Stelle (vgl. o. Verf. 2000d; auch: Brandmaier/Girlie 2000). Eingedenk der SMS-<br />

Möglichkeiten ist das Handy nicht nur ein weiteres Musterbeispiel für eine intramediale<br />

Konvergenz, weil es Funktionen (hier: der schriftlichen und sprachlichen Kommunikation)<br />

übernimmt, die bislang auf verschiedene <strong>Medien</strong> verteilt waren. Durch den<br />

Brückenschlag zwischen verschiedenen <strong>Medien</strong> treibt es auch die intermediale Konvergenz<br />

voran: Unterschiedliche <strong>Medien</strong> verweisen gegenseitig aufeinander und führen Impulse<br />

des anderen Mediums weiter (Stichwort: „Cross-Media“), was letztlich auch zu einer<br />

inhaltlichen Konvergenz führen kann. So können beim Short Message Service via<br />

3 Gleichwohl gibt es inzwischen auch den Typ von Nutzer, der sich bei einem Telefonat zurückzieht<br />

(oder zumindest den Versuch dazu unternimmt).<br />

4 Kulturspezifische Besonderheiten beim Umgang mit solchen Schutzzonen sind hier mitzudenken.<br />

Sicherlich schickt es sich nicht, während des Essens zu telefonieren. Eine schroffe Zurückweisung<br />

wie: „Ich habe keine Lust, jetzt zu telefonieren, ich esse gerade. Kann ich dich zurückrufen?“<br />

wäre bei einem Italiener trotzdem undenkbar, denn „was ihr Handy, ihr Telefonino angeht,<br />

verstehen die Italiener keinen Spaß“ (Holzamer 2000: V1/1).<br />

440


Höflich / Rössler · Mobile schriftliche Kommunikation<br />

Computer Kurztexte an das Handy (und umgekehrt) geschickt werden. 5 Die technisch<br />

notwendige Begrenzung des Umfangs ausgenommen unterscheiden sich solche Nachrichten<br />

von der gleichfalls asynchronen Kommunikation per E-Mail wesentlich darin,<br />

dass sie nicht von einem Computernutzer zu einem anderen User, sondern zu einem<br />

Handynutzer gelangen. Als höchst anschauliches Beispiel für diese intermediale Konvergenz<br />

mag der Wettbewerb „160 Zeichen“ gelten, den der Düsseldorfer Uzzi-Verlag<br />

über seine Website ausgeschrieben hat: Die Veranstalter erbitten Zusendungen von<br />

„SMS-Literatur auf kleinstem Raum“ im „handyüblichen 160-Zeichen-Format“; die<br />

originellsten Messages werden auf der Homepage veröffentlicht und mit der symbolischen<br />

Summe von 160 Mark prämiert (o. Verf. 2001). Ferner illustriert dieses Exempel,<br />

dass die erzwungene Zeichenknappheit der SMS-Kommunikation durchaus als kreative<br />

Ressource fungieren kann, die oft eigenwillige Sprach- und Symbolschöpfungen der<br />

User herausfordert – und an denen sich zuweilen auch hochrangige Politiker beteiligen<br />

(vgl. Neubacher 2001).<br />

Das Beispiel des Mobiltelefons macht erneut deutlich, dass sich eine Technologie niemals<br />

in einem Endzustand befindet, sondern ständig „neu erfunden“ wird – zumal wenn<br />

neue Nutzungsoptionen hinzukommen (vgl. weiter: Rice/Rogers 1980). Folglich sind<br />

sowohl die Bedeutung des Telefonierens als soziale Aktivität wie auch die Bedeutung<br />

des Telefons als Artefakt in stetem Wandel begriffen. Und mit Blick auf die Möglichkeiten<br />

des SMS mutiert das mobile Telefon zu einem Multifunktionsgerät mit Textsende-<br />

und Textempfangsmöglichkeit. In einem ersten Schritt lässt sich die Aneignung<br />

dieses Mediums und seiner Nutzungsoptionen neu fassen, indem man das Ineinandergreifen<br />

der fernmündlichen und fernschriftlichen <strong>Kommunikations</strong>angebote in einem<br />

dialektischen Sinne versteht: Probleme und Begrenzungen telefonvermittelter Kommunikation<br />

fordern Lösungen, auch wenn diese selbst neue Probleme mit sich bringen (vgl.<br />

Höflich 1998: 212). 6 Eines dieser Probleme ist das Moment der Aufdringlichkeit.<br />

Nutzer können nicht nur ein Interesse daran haben, eine Botschaft auch dann empfangen<br />

zu können, wenn das Handy ausgeschaltet ist (Anrufbeantworter-Funktion),<br />

sondern sie zudem auf eine weniger aufdringliche Art zu erhalten. Dem kommt das<br />

„Silent Text Messaging“ des Short Message Service (SMS) entgegen – allerdings mit der<br />

Besonderheit, dass eben schriftlich kommuniziert wird. Einzig ein Fiepen signalisiert<br />

den Eingang einer Nachricht, was situationsbedingt nicht nur Privatpersonen, sondern<br />

auch den Bedürfnissen gelangweilter Abgeordneter im Bundestag und der Minister am<br />

Kabinettstisch entgegenzukommen scheint (vgl. Neubacher 2001). Das Bedürfnis nach<br />

weniger aufdringlichen Formen der Kommunikation erklärte bereits den Siegeszug der<br />

Electronic Mail, der bekanntermaßen beliebtesten Internet-Anwendung. Beide Dienste,<br />

E-Mail und SMS, sind dabei Ausdruck einer sich (zumindest in den USA) wandelnden<br />

<strong>Medien</strong>etikette. Beispielsweise gelten unangemeldete Anrufe in der dortigen Hightech-<br />

Branche als Belästigung. In seinem Bericht über eine sich etablierende „digitale Kommunikette“<br />

formuliert denn auch Freyermuth (2000: 97) folgende Grundregel: „Du<br />

sollst, wo immer möglich, digitale Kommunikation analoger vorziehen und asynchrone<br />

der synchronen. Du sollst also vor allem niemanden anrufen, wenn du genauso gut eine<br />

5 Dies hat im Übrigen den Vorteil, dass einem Computernutzer durch diese Botschaften keine<br />

weiteren Übermittlungskosten entstehen.<br />

6 Bereits an dieser Stelle sei angemerkt, dass die Annäherung der Angebote durch distinkte mediale<br />

Zugänge aufgebrochen werden kann, wenn sich beispielsweise jugendliche SMS-Nutzer<br />

schon von Anfang an auf eigensinnige Art und Weise den <strong>Medien</strong> zuwenden.<br />

441


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

E-Mail oder wenigstens ein Fax schicken könntest. Telefonate unterbrechen den Lebensrhythmus<br />

des Angerufenen, ob der nun konzentriert arbeitet oder im Gespräch mit<br />

anderen ist, ob er isst oder sich noch intimeren Verrichtungen hingibt. Unentwegte und<br />

unangekündigte Anruferei ist unter digitalen Verhältnissen eine Belästigung, die sich<br />

von unangemeldeten Vertreterbesuchen nur graduell unterscheidet.“<br />

3. Jugendliche und das Handy<br />

Die Jugendlichen, ja sogar Kinder haben das Handy für sich entdeckt: Die jüngst veröffentlichte<br />

„Kids Verbraucher Analyse 2000“ (vgl. o. Verf. 2000c) belegt, dass sieben Prozent<br />

der Sechs- bis 17-Jährigen ein Handy besitzen; vor einem Jahr waren es noch zwei<br />

Prozent. Unter den 14- bis 17-Jährigen verfügt entsprechend der Studie schon jeder<br />

Fünfte über ein mobiles Telefon. Diese stark zunehmende Verbreitung wurde nicht zuletzt<br />

durch die Prepaid-Karte forciert, die die Nutzung des mobilen Telefons ohne monatliche<br />

Grundgebühren erlaubt. Dabei kann man zwar nur im Rahmen des verfügbaren<br />

Guthabens telefonieren – doch selbst wenn dieser Betrag verbraucht ist, kann man<br />

immer noch angerufen werden, was es wiederum den auf Kostenkontrolle erpichten Eltern<br />

erleichtert, die Anschaffung eines Handys zu unterstützen.<br />

Einen ersten umfassenden Überblick über die Verbreitung und Nutzung des Handy<br />

unter Jugendlichen liefert die 13. Shell Jugendstudie (Deutsche Shell 2000, insbesondere:<br />

Fritzsche 2000a: 199ff.). Trotz methodischer Unschärfen, die insbesondere die Definition<br />

von „Jugend“ betreffen7 , ergeben sich interessante Tendenzen und Zusammenhänge<br />

zwischen Merkmalsausprägungen: Das Handy scheint der Studie zufolge ein<br />

<strong>Kommunikations</strong>medium der Großstadt zu sein, denn in Dörfern und ländlichen Kleinstädten<br />

bis 20.000 Einwohnern hat jeder vierte, in Großstädten bereits jeder dritte „Jugendliche“<br />

ein Handy. Dass das Handy gerade unter der Gruppe der italienischen Jüngeren<br />

besonders häufig verbreitet ist, spiegelt die Vorliebe des Nachbarlandes Italien für<br />

das „Telefonino“ wider. Zwischen deutschen und türkischen Handynutzern gibt es insgesamt<br />

gesehen kaum Unterschiede in der Verbreitung, wohl aber bei der Verteilung<br />

zwischen den Geschlechtern. Im Vergleich zu den ausländischen Befragten haben deutsche<br />

männliche „Jugendliche“ seltener ein Handy, dafür sind die weiblichen Altersgenossinnen<br />

weitaus besser ausgestattet als Ausländerinnen. Die Gegenüberstellung von<br />

ost- und westdeutschen Befragten ergibt kaum nennenswerte Differenzen, lediglich in<br />

der Altersgruppe der 18- bis 21-Jährigen verfügen mehr ostdeutsche Jungen und Mädchen<br />

über ein Handy.<br />

Blickt man auf das Bildungsniveau der Eltern, so zeigt sich eine bemerkenswerte Geschlechterdifferenz:<br />

Mädchen aus Elternhäusern mit niedrigem Bildungsniveau verfügen<br />

seltener über ein Handy als solche aus einem Elternhaus mit mittlerer oder höherer<br />

formaler Bildung. „Vermutlich hat das damit zu tun“, so die Erklärung von Fritzsche<br />

7 Basis der Studie bildet eine Grundgesamtheit von 4546 Befragten, die bestimmt wird als „bundesdeutsche<br />

Wohnbevölkerung deutscher oder nicht-deutscher Nationalität im Alter von 15 bis<br />

24 Jahren, die in der Lage ist, den deutschsprachigen Fragebogen zu verstehen und zu beantworten“<br />

(Fritzsche 2000b: 352). Was Jugend meint, ja dass es „die Jugend“ nicht gibt, muss an<br />

dieser Stelle nicht erneut diskutiert werden (vgl. z. B. Nowottnick 1989: 21 ff; Baacke 1999:<br />

227 ff.). Dass Jugend im Rahmen der Shell-Studie von 15 – 24 Jahren reichen soll, mag durchaus<br />

irritieren; problematisch wird diese Definition freilich bei Vergleichen mit anderen Daten<br />

zur Nutzung des Handys unter Jugendlichen.<br />

442


Höflich / Rössler · Mobile schriftliche Kommunikation<br />

(2000a: 200), „daß weibliche Jugendliche aus der gehobenen, aber auch aus der mittleren<br />

Bildungsschicht, von den Eltern stärker zur Eigenständigkeit (auch zur beruflichen) und<br />

zur Beschäftigung mit technischen Geräten angehalten werden, als das in der unteren<br />

Bildungsschicht üblich ist.“ Genauso könnte sich hierin aber auch die kontrollierende<br />

Sorge der Eltern um ihre Töchter niederschlagen, die in „besseren Familien“ stärker ausgeprägt<br />

sein dürfte.<br />

Bei den 15- bis 19-jährigen männlichen Handy-Nutzern ergibt sich ein gegenteiliges<br />

Bild, denn diese stammen eher aus der unteren als aus der gehobenen Bildungsschicht.<br />

Vermutlich schlägt bei dieser Altersgruppe ein mit dem Handy-Besitz verbundener<br />

symbolischer Effekt durch, der als „Männlichkeits-Marker“ (Fritzsche 2000a: 201) fungiert,<br />

sich allerdings mit zunehmendem Alter zugunsten anderer symbolträchtiger Insignien<br />

(wie Motorrad oder Auto) verflüchtigt. Das Fazit der Autorin lautet: „Wir können<br />

also begründet vermuten, dass sich in diesem Datum ,Handybesitz‘ sehr deutlich<br />

Geschlechtsspezifika von Erziehungsstilen in den verschiedenen Bildungsschichten<br />

spiegeln“ (Fritzsche 2000a: 201). Inwiefern sich hinter diesen eher oberflächlichen demographischen<br />

Zusammenhängen tatsächlich distinkte Aneignungsweisen des mobilen<br />

Telefons verbergen, ist derzeit noch unbeantwortet.<br />

Überhaupt scheint wenig über die Nutzung des Telefons durch Kinder und Jugendliche<br />

bekannt – trotz des hohen Stellenwertes, den dieses Medium einnimmt. Kommunikation<br />

via Telefon (und damit genauso via Handy) dürfte sich auf zunächst triviale<br />

Verwendungsweisen beziehen: Speziell bei Jugendlichen geht es in erster Linie vermutlich<br />

um soziale Arrangements und Verabredungen. Beim Gebrauch eines von einem<br />

festen Nutzungsort befreiten Mediums erfolgen darüber hinaus laufend räumliche Verortungen<br />

(„Wo bist du? Ich bin gerade …“). Mehr noch: die Verortung kann zum kommunikativen<br />

Selbstzweck werden: Man meldet sich beim Anderen, nur um ihm mitzuteilen,<br />

wo man sich gerade aufhält. Insgesamt ist aber insbesondere das Feld der „Telefonsozialisation“<br />

noch weithin unerforscht (vgl. auch: Höflich 2000). Gleichzeitig ist zu<br />

vermuten, dass die genannten Hypothesen nicht nur den Umgang mit dem Handy, sondern<br />

nachgerade die Nutzung des Short Message Service betreffen könnten.<br />

4. Aneignungsformen der jungen <strong>Medien</strong>nutzer<br />

Ausgeprägter als je zuvor präsentiert sich die Welt der Jugendlichen als <strong>Medien</strong>welt.<br />

Allerorten stößt man auf Begrifflichkeiten wie die „neue <strong>Medien</strong>generation“ (Weiler<br />

1999), die „Windows-Generation“ (Schwab/Stegmann 1999) oder die „Generation @“<br />

(Opaschowski 1999). Im Mittelpunkt dieser Zuschreibungen stehen nicht nur die distinkte<br />

Nutzung von Radio, Fernsehen, Musik-CDs oder Videos, sondern insbesondere<br />

die des Computers und des Internets. „Mit der beginnenden Informationsgesellschaft<br />

zeichnen sich deutliche Veränderungen der Statuspassagen Kindheit und Jugend in<br />

ihrem Verhältnis zueinander ab. Die hohe Verfügbarkeit und die relativ leicht zu erlernende<br />

Bedienbarkeit von elektronischen <strong>Medien</strong> haben das Zugangsalter deutlich sinken<br />

lassen. War es früher etwa notwendig, eine Telekommunikation als gebildeter Erwachsener<br />

per Brief, also schriftlich abzuwickeln, ist dies heute kinderleicht mit dem Telefon<br />

auch mündlich machbar“ (Schwab/Stegmann 1999: 26). So verwundert es nicht,<br />

wenn das Mobiltelefon schon von Kindern verwendet wird – zumal es bereits eigene<br />

„Kinder-Handys“ auf dem Markt gibt.<br />

Die „Handy-Generation“ macht für sich über das Telefon hinaus die Potenziale der<br />

mobilen Kommunikation und der Telekommunikation nutzbar, die sie sich auf kreative<br />

Weise aneignet. Die erwähnte Aufdringlichkeit des Handys wird sogar als Heraus-<br />

443


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

forderung betrachtet, provokativ vereinnahmt und als Form des Widerstands gegen die<br />

Erwachsenenwelt gewendet, losgelöst von der elterlichen Kontrolle der (häuslichen) Telefonnutzung.<br />

Drückt der PC – der „personal computer“ – schon das jeweils Eigene aus,<br />

so wird das Handy zu einem PT, einem „personal telephone“, das mehr ist als nur ein<br />

bloßer Vermittlungsapparat. Das Handy, nachgerade in seiner Verbindung mit dem<br />

SMS-Dienst, ist auch deswegen ein „eigenes Medium“, weil es nicht von den Eltern eingesehen<br />

werden kann. SMS-Botschaften ähneln dabei flüchtigen Einträgen in ein virtuelles<br />

Poesie-Album.<br />

Aus der Perspektive von <strong>Medien</strong> als „Kulturmedien“ vermerkt Willis (1991: 47): „In<br />

den allgegenwärtigen Kulturmedien des elektronischen Zeitalters findet die symbolische<br />

Arbeit und Kreativität von Jugendlichen ein mächtiges Stimulans und ein breites Spektrum<br />

von symbolischen Ressourcen. […] Die Jugendlichen sind diejenige gesellschaftliche<br />

Gruppe, die die Bilder der <strong>Medien</strong> am raffiniertesten zu ‚lesen‘ versteht. Die Bedeutungen,<br />

die sie daraus ableiten, inspirieren für sie sämtliche Aktivitäten. In erster Linie<br />

benutzen sie die Kulturmedien zur Steigerung der Lebenskräfte. Sie liefern und konstruieren<br />

ihnen bestimmte Dimensionen für das, was sie sind und werden könnten.“ Zu<br />

dieser Konstruktion gehört das „Entdecken“ von <strong>Medien</strong>, das je eigene – spielerische –<br />

Ausloten von deren Möglichkeiten. Die Gruppe der Jugendlichen interessiert in diesem<br />

Zusammenhang nicht deshalb, weil diese gänzlich „anders“ sind, sondern weil für sie die<br />

These einer spielerischen – kreativen – <strong>Medien</strong>aneignung besonders einleuchtend erscheint.<br />

Das Spiel ist kulturschaffend (Huizinga 1987), wenngleich, so Caillois (1982: 68),<br />

„Spiele und Spielzeuge […] im Laufe der Geschichte zu Residuen der Kultur geworden<br />

[sind …]. Ihre soziale Funktion, nicht aber ihr Wesen hat sich geändert.“ Obgleich Spiele<br />

an gesellschaftskonstituierendem Status eingebüßt haben mögen, prägen sie bis heute<br />

Teilkulturen oder führen in diese ein. Distinkte Technik- und <strong>Medien</strong>kulturen wie etwa<br />

Multi User Dungeons (MUDs) sind durch Momente des Spiels bestimmt, und die beliebteste<br />

Tätigkeit von Kindern und Jugendlichen am PC scheint immer noch das Spiel<br />

zu sein (Weiler 1999: 221).<br />

Analog hat auch das Spielen mit dem Telefon eine doppelte Funktion: Einerseits wird<br />

mit dem Spiel die Aneignung des Mediums eingeleitet; man lernt mit Technik als Objekt<br />

umzugehen, um dieses in den eigenen Alltag einbauen zu können. Andererseits<br />

kommt bei <strong>Medien</strong> der interpersonalen Kommunikation (im Vergleich zu Artefakten im<br />

Allgemeinen) hinzu, dass man lernt, unter den jeweiligen medialen Bedingungen auf seine<br />

<strong>Kommunikations</strong>partner einzugehen. Aus Sicht der Telefonsozialisation erfüllt das<br />

Spiel mit Technik damit die Funktion, rollenspielerisch – wie beispielsweise anfänglich<br />

durch das Spieltelefon und fiktives Telefonieren (vgl. Oerter 1999: 128) – die Interaktion<br />

mit einem imaginären Gegenüber einzuüben. In gewisser Weise wiederholt sich im<br />

Spiel mit dem Telefon ontogenetisch das, was technogenetisch bereits vorgelagert ist.<br />

Denn als das Telefon neu war, hat man sich diesem ebenso spielerisch angenähert:<br />

„The sense of pleasure in playing with a new toy – perhaps a necessary part of the inventive<br />

process itself – persisted with the users until novelty gave way to routine“<br />

(Briggs 1977: 40).<br />

Der Short Message Service ist indessen nicht nur ein Medium zur Individualkommunikation.<br />

Technisch eröffnet der Dienst auch die Möglichkeit, mit einer Reihe anderer<br />

Mitnutzer in Kontakt zu treten und wird so zu einem Medium der Gruppenkommunikation.<br />

In Finnland, aufgrund der Verbreitungszahlen derzeit ein Eldorado der Mobilkommunikation,<br />

hat sich mittlerweile der Austausch zwischen vielen Nutzern via Handy-Tastatur<br />

fest etabliert. Beispielsweise bietet Radiolinja, der zweitgrößte Mobilfunk-<br />

444


Höflich / Rössler · Mobile schriftliche Kommunikation<br />

betreiber Finnlands, einen solchen SMS-Chat an: Unter Pseudonym können die Teilnehmer<br />

verschiedene virtuelle Räume (etwa einen für Singles oder einen fürs Flirten)<br />

aufsuchen (vgl. o. Verf. 2000a). Dort hat die Online-Kommunikation via Internet eine<br />

ganz beachtliche Konkurrenz bekommen, obwohl in diesem Bereich ebenfalls die angedeuteten<br />

Konvergenzbewegungen offenkundig werden: SMS können durch die Benutzeroberflächen<br />

spezieller Anbieter inzwischen sehr bequem via Internet abgesetzt und<br />

abgerufen werden.<br />

5. Nutzungsweisen von SMS: einige Analogieschlüsse<br />

Über den Gebrauch von SMS und die damit verbundenen Gratifikationen ist noch wenig<br />

bekannt, denn aufgrund der vergleichsweisen Neuartigkeit des Phänomens existieren<br />

bislang kaum <strong>wissenschaft</strong>liche Studien hierzu. Um das Thema dennoch forschungstechnisch<br />

,einkreisen‘ zu können, empfiehlt sich ein Blick auf Arbeiten im näheren Umfeld.<br />

Als Arbeitsdefinition, der formal im Weiteren gefolgt werden soll, wird eine Botschaft<br />

via SMS als eine Form von Electronic Mail verstanden. Betont sei, dass sich diese<br />

Form der schriftlichen Kommunikation dahingehend von der herkömmlichen E-Mail<br />

unterscheidet, dass nur ein begrenzter Umfang für die zu vermittelnde Botschaft zur<br />

Verfügung steht. Dies erfordert besonders klare und bündige Mitteilungen, weshalb der<br />

Einsatz von so genannten Emotikons (z. B. Formen des Smiley) ergiebig erscheint.<br />

Diese wurden bislang meist in ihrer Funktion betrachtet, die – bei der schriftlichen<br />

Kommunikation via Computer ansonsten ausgeblendeten – nonverbalen beziehungsund<br />

stimmungsanzeigenden Signale der Körpersprache zu ergänzen. Ihre Funktionalität<br />

zum Zwecke einer Verständnisförderung wurde freilich überschätzt, denn computervermittelte<br />

Kommunikation bricht nicht notwendigerweise zusammen, wenn Emotikons<br />

nicht verwendet werden. Im Falle von SMS zeigt sich allerdings ihre kommunikationsökonomische<br />

Bedeutung: Angesichts des begrenzten Zeichenrepertoires lässt sich<br />

schlicht mehr und präziser kommunizieren, wenn auf solche parasprachlichen Zeichen<br />

zurückgegriffen wird.<br />

„Die Grundfunktionen der Informationsübermittlung, des Appellierens und der<br />

Selbstäußerung machen die genuinen und historisch quasi invarianten kommunikativen<br />

Möglichkeiten des Briefes aus“ (Nickisch 1991: 13). Diese funktionale Verortung des<br />

Briefes ist sicherlich allgemein genug, um auch für die elektronische Variante des Briefes<br />

(ein Terminus, den wir hier beibehalten wollen) gelten zu können. 8 Sie hilft freilich<br />

nur begrenzt weiter, denn die Erforschung des Briefes in der telematischen Gesellschaft<br />

steckt aus kommunikations<strong>wissenschaft</strong>licher Sicht noch in den Kinderschuhen. Zwar<br />

ist die Untersuchung seines elektronischen Pendants in letzter Zeit stärker in den Mittelpunkt<br />

gerückt; doch obwohl E-Mail die beliebteste Internetanwendung darstellt, ist<br />

über ihre private Verwendung relativ wenig bekannt. Auch im Falle der Electronic Mail<br />

gilt, dass Organisationen bei der Adaption neuer <strong>Kommunikations</strong>technologien eine<br />

Vorreiterrolle übernehmen. So verwundert es auch nicht, dass das Gros der E-Mail-Forschung<br />

aus dem Bereich der organisatorischen <strong>Medien</strong>verwendung stammt (vgl. z. B.<br />

8 Schließlich ist sie so generell gehalten, um kennzeichnend für zwischenmenschliche Kommunikation<br />

überhaupt zu sein. Dies zeigt sich z. B., wenn man die Umschreibung der Funktionalitäten<br />

des Briefes mit den vier Seiten der zwischenmenschlichen Kommunikation nach Schulz<br />

von Thun (1988: 13f.) vergleicht: unterschieden werden ein Sachaspekt, der Beziehungsaspekt,<br />

ein Selbstoffenbarungs- und ein Appellaspekt der Nachricht.<br />

445


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

Stegbauer 1995; Steinfield 1990; Wiest 1992, 1994; als Überblick: Garton/Wellman 1995;<br />

Rudy 1996).<br />

Vereinzelte Erkenntnisse zur Anwendung im privaten Bereich liegen zwar vor (vgl.<br />

z. B. Schaefermeyer/Sewell 1988; McCormick/McCormick 1992; AOL Bertelsmann<br />

1998, auch Opaschowski 1999), an systematischer Forschung besteht jedoch immer noch<br />

ein Mangel. Dabei schickt sich die private elektronische Post an, neben anderen zu einem<br />

Medium zu werden, das dazu dient, Kontakte zu pflegen und Beziehungen aufrecht<br />

zu erhalten (vgl. Wellman/Gulia 1999: 182, auch: Parks/Floyd 1996). Der Beziehungsdimension<br />

der häuslichen E-Mail sind Stafford u. a. (1999) nachgegangen. Ihr Fazit: „The<br />

findings of this study lend credence to the view that meaningful relationships are maintained<br />

via computer-mediated communication: individuals appear to sustain relationships<br />

via e-mail“ (S. 666). So verstanden sollte weder Electronic Mail noch das Handy mit<br />

seinen SMS-Möglichkeiten losgelöst von sonstigen (medialen wie nicht-medialen)<br />

<strong>Kommunikations</strong>aktivitäten betrachtet werden. Überdies wird man nicht notwendigerweise<br />

von einer Substitution des einen Mediums durch ein anderes ausgehen können:<br />

Beispielsweise muss der, der SMS benutzt, nicht auf das Briefschreiben verzichten.<br />

6. Erklärungsansätze: Mögliche Gratifikationen der SMS-Nutzung<br />

Wie häufig in frühen Diffusionsphasen neuer <strong>Kommunikations</strong>technologien steht die<br />

Frage nach den Gründen für die SMS-Nutzung im Mittelpunkt der Forschungsinteressen<br />

von Wissenschaftlern wie Produktverantwortlichen. Diese Gründe sollten, so unsere<br />

Annahme, nicht unähnlich jenen sein, die man mit dem Gebrauch des Telefons assoziiert.<br />

Schon eingedenk der immer noch begrenzten Erkenntnisse zum Thema E-Mail –<br />

aber auch, weil das Telefon das etablierte Beziehungsmedium ist – lohnt deswegen<br />

zunächst ein Blick auf frühere Befunde in diesem Bereich. Und dies, obwohl es unter<br />

Telefonforschern bereits ein geflügeltes Wort ist, dass das Telefon trotz seines Alters von<br />

mehr als einhundert Jahren (vgl. als historische Anmerkung: Höflich 1998) immer<br />

noch ein gerade kommunikations<strong>wissenschaft</strong>lich „vernachlässigtes Medium“ sei (Fielding/<br />

Hartley 1989: 126). In den Anfangsjahren des Mediums musste erst einmal vermittelt<br />

werden, wozu man das Telefon nutzen sollte (vgl. Höflich 1989: 208); heutzutage<br />

stellt sich eher die Frage nach den Grenzen dieser Nutzung.<br />

Zunächst ist das Telefon, trotz seines Potenzials zur weltweiten Kontaktnahme, ein<br />

Medium der Nahraumkommunikation geworden. 9 Die häufigsten <strong>Kommunikations</strong>partner<br />

sind – in der Reihenfolge ihrer Bedeutung – Verwandte, Freunde und Bekannte.<br />

Dabei ist die Nutzung des Telefons in bestehende Sozialkontakte eingebunden bzw.<br />

trägt dazu bei, dass diese aufrechterhalten werden: Wer viel telefoniert, hat umfangreiche<br />

soziale Beziehungen und umgekehrt. Die Bedeutung des Mediums zur Aufrechterhaltung<br />

dieser sozialen Beziehungen zeigt sich außerdem darin, dass das Telefon insbesondere<br />

zur Ankündigung, Terminierung oder Absage von Verabredungen benutzt<br />

wird. Es gibt heute kaum noch unangekündigte, spontane Besuche – diese werden als<br />

äußerst unhöflich empfunden, und das „Eindringen“ von Fremden scheint damit erst<br />

recht begründungsbedürftig.<br />

Studien, die sich dem Thema nicht allein aufgrund sozialstatistischer Daten nähern,<br />

sondern einen differenzierten Blick auf die Nutzung des Telefons und die damit ver-<br />

9 Zu den folgenden Anmerkungen zur Nutzung des Telefons vgl. zusammenfassend Höflich<br />

1996: 219ff.<br />

446


Höflich / Rössler · Mobile schriftliche Kommunikation<br />

bundenen Gratifikationen werfen, sind gerade aus einem kommunikations<strong>wissenschaft</strong>lichen<br />

Interesse von Bedeutung (vgl. z. B. Singer 1981; Dordick 1983; Noble 1987,<br />

1989, 1990; zum Mobilfunk: vgl. z. B. Schenk u. a. 1996: insbesondere 108 und 203 ff.).<br />

Allerdings stellt die Untersuchung so genannter „interaktiver <strong>Medien</strong>“ (wie dem Telefon)<br />

für die Uses-and-Gratifications-Forschung eine besondere Herausforderung dar<br />

(vgl. z. B. Ruggiero 2000): Sie kann nämlich auf diesem Forschungsterrain das von ihr<br />

vorausgesetzte Aktivitätspostulat, wonach die Menschen den <strong>Medien</strong> nicht passiv ausgesetzt<br />

sind, sondern in einem aktiven Sinne damit umgehen, einem plausiblen Test unterziehen.<br />

Exemplarisch soll diese Vorgehensweise anhand einiger neuerer Studien beleuchtet<br />

werden, da die dort vorgeschlagenen Gratifikationsdimensionen auch für die<br />

Konstruktion des Instruments der vorliegenden Studie von Belang sind.<br />

Im Jahre 1994 publizierten Dimmick u.a. eine Studie zu den „Gratifications of<br />

the Household Telephone“. Aus einer Reihe von zunächst 20 bzw. 23 Items wurden<br />

zwei zentrale Faktoren berechnet, die die Autoren als Soziabilität und Instrumentalität<br />

bezeichnen. Dabei handelt es sich um Dimensionen, die im Kontext der Telefonnutzung<br />

immer wieder ähnlich auftauchen (vgl. auch Höflich 1998: 211 f.). Kurz zusammengefasst<br />

verweist die Soziabilität auf den Prozess der sozialen Integration, die Instrumentalität<br />

auf jenen der sozialen Koordination; sei es, dass Menschen damit geschäftliche<br />

Zwecke realisieren oder das Medium zu einem weitaus profaneren Grund<br />

verwenden, wie etwa für die Abfrage des Wetterberichts. Wie zuvor dargestellt, lassen<br />

sich beide Dimensionen ähnlich auch im Kontext des E-Mail-Gebrauchs ermitteln,<br />

wodurch sie die Nutzung alter und neuer <strong>Medien</strong> miteinander verbinden: „The similarity<br />

of two of the household telephone gratification dimensions that emerged in this<br />

study – sociability and instrumentality – to dimensions of use of the newer media suggests<br />

an homophily of use between the older and newer interactive media“ (Dimmick<br />

u. a. 1994: 659).<br />

Mit dem Telefon in einem besonderen Maße verbunden ist ferner eine dritte Dimension,<br />

die die Autoren als psychologisches Bedürfnis nach Rückversicherung („psychological<br />

need for reassurance“) bezeichnen. Gemeint sind damit Nutzungen zu dem<br />

Zweck, sich beispielsweise darüber Gewissheit zu verschaffen, dass es den Freunden<br />

oder der Familie gut geht. Diesbezügliche Nachrichten müssen nicht unbedingt lang<br />

sein, meist genügt dazu schon ein kurzer Anruf. Da der Short Message Service gerade<br />

für solche Kurzbotschaften gut geeignet ist, wurde als Arbeitshypothese angenommen,<br />

dass das Moment der Rückversicherung dort ebenfalls eine wichtige Rolle spielt.<br />

Ausdrücklich auf den Uses-and-Gratifications-Ansatz beruft sich eine Studie von<br />

O’Keefe und Sulanowski (1995), obwohl auch diese sich bei der Auswahl von Gratifikationsitems<br />

stark an den Studien im Kontext der Massenkommunikation orientieren<br />

und damit die Besonderheiten von <strong>Medien</strong> der interpersonalen Kommunikation nur ungenügend<br />

berücksichtigen. Im Falle dieser Studie kann man dem bereits an anderer Stelle<br />

häufiger kritisierten Aspekt (vgl. Höflich 1994: 399ff.) – zumindest für die Untersuchung<br />

von SMS – sogar einen gewissen Vorteil abgewinnen: Indem sie Uses and Gratifications<br />

im Zwischenspiel von interpersonalen und medialen Nutzungen betrachten,<br />

machen sie nämlich darauf aufmerksam, dass Gratifikationen, die ansonsten mit der<br />

Nutzung der Massenmedien verbunden werden, auch bei einer Kommunikation via Telefon<br />

von Belang sind. Den Autoren zufolge erlaube dies ein umfassenderes Verständnis<br />

der öffentlichen Telefonnutzung und deren Möglichkeit, ein weiteres Spektrum an<br />

<strong>Kommunikations</strong>bedürfnissen zu befriedigen. Ihr Fazit lautet entsprechend: „The findings<br />

indicate, that contemporary telefone users seek a mix of interpersonal and mass<br />

media gratifications“ (O’Keefe/Sulanowski 1995: 931).<br />

447


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

Im Einzelnen wurden von den Verfassern vier Dimensionen der Telefonnutzung ermittelt:<br />

Soziabilität, Unterhaltung, Akquisition und das Zeitmanagement. Während sich<br />

die Akquisition (wie das Bestellen von Eintrittskarten, Informationen über Produkte<br />

u. a.) und Zeitmanagement (Terminierung von Verabredungen u. a.) unter einer eher instrumentellen<br />

Nutzung zusammenfassen lassen, geht die bereits von Dimmick u. a.<br />

(1994) benannte Dimension der Rückversicherung hier in der Soziabilität auf. Zusätzlich<br />

kommt dafür der Aspekt der Unterhaltung zum Vorschein, 10 die in diesem Sinne<br />

mit dem ,Spiel‘ verbunden ist, das bereits als bedeutsames Kriterium für die Aneignung<br />

und Nutzung des Telefons erwähnt wurde. Rafaeli (1986: 127) hatte vor geraumer Zeit<br />

vorgeschlagen, den Uses-and-Gratifications-Ansatz bei der Untersuchung von <strong>Medien</strong><br />

um das Moment des Spiels (und damit um eine „,Ludenic’ theory“) zu erweitern. Es liegt<br />

dann auch nahe, Unterhaltung und Spiel im Zusammenhang mit dem Short Message Service<br />

als bedeutsames Nutzungsmotiv zu berücksichtigen.<br />

Dementsprechend beschreiben Leung und Wei (2000: 313) in ihrer Studie zu den Uses<br />

and Gratfications des Mobiltelefons in Hong Kong die Motivdimension „Vergnügen“:<br />

„It seems that the cellular phone is perceived as a new pleasure phone.“ Dies unterstreicht<br />

nachhaltig die Bedeutung des Spiels, die bereits im Zusammenhang mit der <strong>Medien</strong>aneignung<br />

Jugendlicher erwähnt worden ist und gerade bei einem neuen Medium<br />

wie hier dem Handy besonders herausragt. Insgesamt konnten die Autoren sieben Gratifikationsdimensionen<br />

ermitteln: Mode/Status, Zuneigung/Soziabilität, Entspannung,<br />

Mobilität, unmittelbarer Zugang, Instrumentalität und Rückversicherung. Im Kontrast<br />

zu bisherigen Studien markieren (nicht unerwartet) insbesondere die Dimensionen Mobilität<br />

11 und unmittelbarer Zugang 12 den Gebrauch des „cellular phone“. Ferner erwies<br />

sich die Instrumentalität als der stärkste Prädiktor zur Nutzung des Handys, was nicht<br />

zuletzt mit der Verwendung dieses Mediums zum Zwecke der geschäftlichen Kommunikation<br />

zusammenhängt („to do business transactions“; „to talk business“). Für die<br />

Autoren spiegelt sich darin wider, dass geschlechtsspezifische Muster der Nutzung des<br />

konventionellen Telefons auf das mobile Telefon übertragen werden, indem männliche<br />

Nutzer die instrumentelle Nutzung, weibliche eher einen sozioemotionalen Gebrauch<br />

präferieren.<br />

Schließlich sei auf die bereits erwähnte Studie von Stafford u. a. (1999) hingewiesen,<br />

in der die Befragten als Gründe für die Nutzung von Electronic Mail interpersonale Motive,<br />

13 persönliche Nutzenerwägungen 14 wie auch eine geschäftliche Nutzung 15 nannten.<br />

Ferner wurden noch so genannte allgemeine Gratifikationsaspekte angeführt: Das<br />

10 Unterhaltung umfasst dabei Statements wie „because usi,ng the telefone relaxes you“, „to help<br />

pass the time“, „because it’s entertaining“ oder „because using the telefone is fun“.<br />

11 Ausgedrückt zum Beispiel durch die Statements: „to avoid the need of looking for a fixed public<br />

telephone any more“ oder „to tell others you will be late during a traffic jam.“<br />

12 Beispielhafte Statements: „to be always accessible to anyone no matter where your are“; „to<br />

provide immediate access to others anywhere anytime.“<br />

13 Beispiele: „to send and receive personal messages“, „to keep in touch with friends“, „to keep in<br />

touch with familiy or relatives who live far away“ oder „to share ideas of opinions, or to exchange<br />

information with people you know“.<br />

14 Z. B.: „for learning, education, acquiring information“, „for recreation, fun, keep up with news,<br />

sports, travel“.<br />

15 Z. B.: „for business reasons, corresponding with clients, telecommuting“, „for shopping, manage<br />

investments“.<br />

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Höflich / Rössler · Mobile schriftliche Kommunikation<br />

Medium wird nicht nur dafür verwendet, um interpersonale Beziehungen aufrecht zu<br />

erhalten, sondern weil alleine schon die Nutzung des Mediums gewisse Vorteile (Gratifikationen)<br />

verspricht. Darunter fällt der günstige Preis, seine Schnelligkeit, dass es einfach<br />

zu handhaben sei, dass es „konversational“ eine umgehende Rückantwort ermögliche,<br />

dass es bequem und effizient zu nutzen sei und schließlich keine geographischen<br />

Grenzen kenne.<br />

Eine integrative Studie, die die Gratifikationen verschiedener interpersonaler<br />

und Massenmedien im Vergleich betrachtet, gibt interessante Aufschlüsse über die motivationalen<br />

Zusammenhänge bei der Nutzung von Telefon und Electronic Mail. In<br />

ihrer Datenerhebung von Anfang 1998 ermittelten Flanagin und Metzger (2001) Ratings<br />

von 684 Befragten, die für neun verschiedene <strong>Kommunikations</strong>modi angeben mussten,<br />

wie relevant ein Katalog von 21 Motiven für deren Nutzung jeweils ist. Sowohl<br />

die spezifizierten Modi als auch die Gratifikationsitems wurden im Anschluss clusteranalytisch<br />

verdichtet und wechselweise als unabhängige bzw. abhängige Variable untersucht.<br />

Ihre Ergebnisse bestätigen zunächst den in der vorliegenden Studie zugrundegelegten<br />

Analogieschluss, wenn sich Telefon, E-Mail und Internet-Konversationen (Chat,<br />

Usenet) in einem gratifikationsbasierten Cluster zusammenfinden, der mediatisierte<br />

interpersonale Kommunikation genannt wird. Demgegenüber bilden <strong>Medien</strong> der<br />

Massenkommunikation (Fernsehen, Bücher/Magazine, Zeitungen, Internet-Informationssuche<br />

und Internet-Informationsangebot) einen zweiten und die klassische<br />

Face-to-Face-Kommunikation einen dritten Cluster. Die von uns vorgenommene<br />

Verortung von SMS im Kontext von E-Mail, Internet-Kommunikation und (Mobil-)<br />

Telefonie wird durch diesen Befund gestützt. Während sich Face-to-Face Kommunikation<br />

in nahezu jeder Hinsicht als die viel versprechendste Alternative erweist,<br />

belegt die Ausdifferenzierung nach Gratifikationen und Gratifikationsclustern,<br />

dass die mediatisierte interpersonale Kommunikation gegenüber der Massenkommunikation<br />

insbesondere für Aspekte des „Social Bonding“ tauglich scheint. Andere<br />

kennen zu lernen, sie mit Informationen zu versorgen, Probleme zu lösen und sich<br />

weniger einsam zu fühlen, werden als Stärke dieser <strong>Kommunikations</strong>modi transparent.<br />

Electronic Mail wie Telefon erweisen sich als besonders geeignet für die Aufrechterhaltung<br />

von Beziehungen („Relationship maintenance“, vgl. Flanagin/Metzger<br />

2001: Tab. 3 und 5). Diese Gratifikationsdimensionen sollten zweifellos auch im Kontext<br />

des SMS als weiterer Form mediatisierter interpersonaler Kommunikation beachtet<br />

werden.<br />

7. Zielsetzung, Vorgehensweise und Stichprobenbeschreibung der explorativen<br />

Studie<br />

Die kommunikations<strong>wissenschaft</strong>liche Bedeutung des SMS als einer Art von „E-Mail<br />

für das Handy“ wurde in den vorangegangenen Abschnitten aus einer Reihe verschiedener<br />

Perspektiven aufgezeigt. Besonderes Augenmerk galt den Aspekten der Mobilität<br />

und Funktionalität, möglichen Nutzungsmotiven und der Aneignung durch Jugendliche<br />

als primäre Zielgruppe, die zugleich im Kontext früherer <strong>Medien</strong>anwendungen der<br />

interpersonalen Kommunikation (Telefon, E-Mail) verortet wurden. Dieser breit gehaltene<br />

Zugang bietet eine ganze Reihe von Anknüpfungspunkten für eine systematische<br />

empirische Untersuchung des Phänomens SMS. Ein Pilotprojekt zur Nutzung des Short<br />

Message Service durch Jugendliche, über das im Folgenden berichtet wird, kann aber<br />

notwendigerweise nur einen geringen Ausschnitt aus dieser Vielfalt drängender Fragen<br />

449


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

behandeln. 16 Aufgrund des skizzierten, insgesamt noch eher dürftigen Forschungsstandes<br />

weist jede Studie noch einen eher explorativen Charakter auf; und dem Rechnung<br />

tragend streben wir zunächst an, in einem ersten Schritt grundlegende Zusammenhänge<br />

zwischen verschiedenen Dimensionen des Gebrauchs und diesbezüglich relevanten<br />

Rahmenbedingungen und Einflüssen auszumachen. Vor dem Hintergrund einer Uses<br />

and Gratifications-Perspektive geht es uns daran anschließend um die Bestimmung relevanter<br />

Gratifikationsdimensionen, die mit dem Gebrauch assoziiert werden (respektive<br />

diesen prägen) – und letztlich darum, den besonderen medialen Charakter des Short<br />

Message Service auszuloten. Ziel dieser Studie ist es damit also nicht, alle dargestellten<br />

Facetten der Aneignung einer neuen <strong>Kommunikations</strong>form umfassend zu erkunden;<br />

vielmehr sollen ausgewählte Aspekte anhand der Zielgruppe jugendlicher Handy-Nutzer<br />

betrachtet werden.<br />

Als Arbeitshypothese wird davon ausgegangen, dass die Besonderheiten des Short<br />

Message Service insbesondere Jugendlichen spezifische Gratifikationen vermitteln, die<br />

• verglichen mit anderen Dimensionen der Telefonnutzung aufgrund der Prägnanz der<br />

Mitteilungen herausragen, wie etwa das Planen von Alltagsaktivitäten (Verabredungen)<br />

oder die Funktion zum Zwecke der Rückversicherung;<br />

• speziell mit dem Medium Handy verbunden sind, wie die Mobilität und die jederzeitige<br />

Verfügbarkeit;<br />

• insbesondere durch den Neuigkeitscharakter und die Aneignung des Mediums durch<br />

Jugendliche geprägt werden. Gemeint sind verschiedene Momente eines „Pleasure<br />

Phones“, das zum Vergnügen, zur Unterhaltung, aber auch zum experimentellen Gebrauch,<br />

bis hin zu einem Flirt via SMS verwendet wird und<br />

• sich aufgrund geschlechtsspezifischer Nutzungsweisen in dieser Altersgruppe weiter<br />

differenzieren lassen.<br />

Diese Vermutungen wurden anhand einer im Juli 2000 durchgeführten mündlichen Befragung<br />

von 204 Handy-Besitzern im Alter zwischen 14 und 18 Jahren aus verschiedenen<br />

Regionen Deutschlands überprüft. 17 Die Untersuchungsteilnehmer wurden an öffentlichen<br />

Einrichtungen oder an öffentlichen Plätzen kontaktiert; allerdings handelt es<br />

sich dabei keinesfalls um eine gezogene Zufallsstichprobe aus der Grundgesamtheit jugendlicher<br />

Handy-Nutzer, weshalb das Datenmaterial keinen Anspruch auf Repräsentativität<br />

erheben kann. Da zum Zeitpunkt der Feldarbeit auch noch keine gesicherten<br />

Informationen über die soziodemographische Struktur der relevanten Zielpersonen verfügbar<br />

waren, musste auf die Vorgabe von Quotierungsmerkmalen verzichtet werden.<br />

Es kann daher nur spekuliert werden, dass das Bildungsniveau unserer Stichprobe leicht<br />

überdurchschnittlich ausgefallen sein könnte, denn 43 % der Befragten besuchten ein<br />

Gymnasium (auch Fachgymnasium), 32 % eine Real- oder Hauptschule und 25 % absolvierten<br />

seinerzeit eine Berufsausbildung. 45 % der Teilnehmer waren männlichen<br />

und 55 % weiblichen Geschlechts; ihr Durchschnittsalter betrug 16,4 Jahre, das freilich<br />

mit dem Bildungsniveau gekoppelt ist (Jugendliche in Ausbildung waren tendenziell<br />

älter als Schüler).<br />

16 Diese Studie ist Teil eines umfassenderen Projekts, das sich auch in qualitativen Erhebungen mit<br />

der Nutzung von <strong>Medien</strong> der interpersonalen Kommunikation im Alltag beschäftigt – vom<br />

Brief über die E-Mail zur SMS.<br />

17 Die Feldarbeit wurde von Teilnehmern zweier Projektseminare an den Universitäten Erfurt und<br />

Augsburg durchgeführt, für deren persönliches Engagement wir herzlich danken.<br />

450


Höflich / Rössler · Mobile schriftliche Kommunikation<br />

Da die SMS-Nutzung an den Handy-Besitz geknüpft ist, mussten zunächst diese jeweils<br />

individuell variierenden kommunikativen Rahmenbedingungen erhoben werden.<br />

Demzufolge nutzen Jugendliche unter 16 Jahren, die über weniger Mittel verfügen und<br />

erst seit kurzem ein Handy besitzen, vorwiegend Prepaid-Angebote. Mit dem Alter und<br />

der zunehmenden Erfahrung mit Handys wächst auch der Anteil Jugendlicher, die einen<br />

festen Mobilfunknetz-Vertrag abschließen, weshalb die Prepaid-Karte tatsächlich<br />

als ein wichtiger Motor für die Marktdurchsetzung von SMS unter Jugendlichen gelten<br />

kann. Von den vier großen Anbietern präferiert die vorliegende jugendliche Stichprobe<br />

D2 (46 %) und Telly D1 (32 %), während E-Plus (15 %) und Viag Interkom (8 %) erst<br />

mit größerem Abstand folgen. Nach ihrer eigenen Einschätzung geben T-D1- und D2-<br />

Kunden monatliche Handy-Kosten von im Schnitt über 80 DM an; aber auch E-Plus-<br />

Telefonierer investieren immer noch knapp 60 DM pro Monat für ihre Mobilkommunikation.<br />

Während knapp die Hälfte der 14-jährigen Jugendlichen ihr Handy selbst finanziert,<br />

steigt dieser Anteil auf klar über 70 % mit 17 Jahren. Trotzdem lässt sich immerhin noch<br />

ein Viertel der volljährigen Jugendlichen ihr Handy von anderen bezahlen. Wichtigste<br />

Entscheidungshilfe beim Kauf waren bei Berufsschülern die Freunde, während Gymnasiasten<br />

ihr Gerät häufiger geschenkt bekamen. Werbung und Informationen in Fachmedien<br />

spielen den Befragten zufolge bei der Anschaffung keine große Rolle. Insbesondere<br />

Berufsschüler sind der Meinung, dass viele Menschen in ihrem Umfeld über ein<br />

Handy verfügen – und damit also erst die Voraussetzung erfüllen, am SMS-Versand teilzunehmen.<br />

Dagegen schätzt weniger als die Hälfte der Gymnasiasten, dass fast alle oder<br />

die meisten Personen in ihrem Bekanntenkreis ein Handy besitzen. Insgesamt verblüfft<br />

freilich das hohe Niveau entsprechender Wahrnehmungen in allen Gruppen, das gleichzeitig<br />

die fortgeschrittene Marktdurchdringung des Handys unter Jugendlichen widerspiegelt.<br />

8. SMS-Nutzung Jugendlicher in ihrem <strong>Kommunikations</strong>alltag: erste Aufschlüsse<br />

Die Alltagsbeobachtung, wonach jugendliche Handy-Besitzer die SMS-Nutzung längst<br />

in ihr <strong>Kommunikations</strong>verhalten integriert haben, bestätigt sich auch in der Abfrage verschiedener<br />

täglicher Handlungen (vgl. Tab. 1). Durchschnittlich drei Handy-Telefonaten<br />

pro Tag stehen sieben bis acht SMS-Nachrichten gegenüber, die sowohl geschickt<br />

als auch empfangen werden. Auch die Handlungsalternative E-Mail spielt selbst in der<br />

Teilmenge von Personen, die überhaupt das Internet nutzen, von der Frequenz her eine<br />

geringere Rolle, wobei diese Angaben durch den variierenden Umfang der <strong>Kommunikations</strong>akte<br />

relativiert werden: SMS-Botschaften müssen aus technischen Gründen sehr<br />

kurz ausfallen (max. 160 Zeichen), während E-Mails prinzipiell länger sein können und<br />

gerade bei Telefonaten meist ein deutlich intensiverer Austausch vorliegen dürfte. Die<br />

Unterscheidung nach Geschlechtern zeigt, dass SMS bevorzugt von Mädchen genutzt<br />

wird, während Jungen etwas häufiger mit ihrem Handy telefonieren. Hier (aus Platzgründen)<br />

nicht näher dokumentierte Detailanalysen belegen sowohl für die Handy- als<br />

auch für die SMS-Nutzung den diffusionstypischen U-Verlauf: Differenziert man die<br />

befragten Jugendlichen danach, wie lange sie bereits über ein Handy verfügen, so zeigt<br />

die Kohorte der Newcomer eine intensive Phase des Ausprobierens, die darauf folgenden<br />

Kohorte einen leichten Rückgang der Nutzung, und bei mehr als halbjähriger Nutzung<br />

scheint das Medium in den Alltag eingebettet zu sein. Generell erweisen sich in unserer<br />

Stichprobe die in Ausbildung befindlichen Jugendlichen als die Kommunikativsten,<br />

unabhängig vom abgefragten Medium.<br />

451


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

Die Zusammenhänge zwischen den einzelnen <strong>Kommunikations</strong>handlungen lassen<br />

sich durch Korrelationsberechnungen verdeutlichen. Auf der Hand liegt wohl, dass<br />

Jugendliche, die viele SMS verschicken, umgekehrt auch viele empfangen (Pearson’s<br />

r = .79), und Ähnliches gilt für die Verwendung von E-Mail (.85). Interessant ist allerdings,<br />

dass die Zahl geführter Handy-Telefonate mit allen weiteren Alternativen korreliert<br />

– wer viel mobil telefoniert, verschickt und empfängt auch häufiger SMS (.40 bzw.<br />

.35), E-Mails (.27 bzw. .24) und schreibt sogar öfters einmal einen Brief (.15). Dies deutet<br />

darauf hin, dass die Handy-Aktivitäten der befragten Jugendlichen als ein generelles<br />

Indiz für das Ausmaß technisch vermittelter interpersonaler Kommunikation gelten<br />

könnte.<br />

Tabelle 1: Tägliche <strong>Kommunikations</strong>handlungen der Jugendlichen (Selbsteinschätzung<br />

der Anzahl, Mittelwerte)<br />

Kommu- N gesamt Jungen Mädchen Gymnasium Real-/Haupt- in Ausnikations-<br />

schule bildung<br />

handlung (n=194) (n = 86) (n = 108) (n = 83) (n = 61) (n = 46)<br />

Handy-Telefonate 190 2,9 3,2 2,6 2,6 3,1 3,2<br />

SMS verschicken 199 7,7 7,3 8,0 5,4 9,6 9,8<br />

SMS empfangen 193 7,0 6,8 7,1 5,2 7,9 9,2<br />

E-Mail verschicken 81 2,0 2,0 1,9 1,6 2,6 2,3<br />

E-Mail empfangen 76 2,5 2,7 2,3 2,0 3,0 3,5<br />

Übereinstimmend betonen alle früheren Arbeiten die Mobilität als eine zentrale Option<br />

der Handy-Nutzung. Dagegen ist festzuhalten, dass das häufige Schreiben und<br />

Empfangen von SMS-Nachrichten am ehesten für den Aufenthaltsort „zuhause“ angegeben<br />

wird (43 %), „beim Warten“ oder in der Unterrichts- bzw. Ausbildungsstätte<br />

nutzt weniger als ein Viertel der Befragten häufig SMS. Wenn sie mit Freunden unterwegs<br />

sind, ist die SMS-Nutzung durchaus üblich (34 %); allerdings empfinden zwei<br />

Drittel der Jugendlichen dies zumindest „manchmal“ als eine Störung der Geselligkeit.<br />

Dabei sind sich diejenigen Personen, die sich durch SMS während der Unterhaltung mit<br />

anderen gestört fühlen, auch besonders der Tatsache bewusst, dass sie im umgekehrten<br />

Fall selbst andere stören könnten. Trotzdem erwarten nahezu alle Befragten (97 %) immer<br />

oder meistens eine schnelle Rückantwort des Kontaktierten: der Versand einer SMS<br />

erzeugt den Erwartungsdruck, möglichst unverzüglich antworten zu müssen. So entstehen<br />

mitunter regelrechte „SMS-Gespräche“, bei denen einzelne Kurznachrichten –<br />

dem Online-Chat vergleichbar – in schneller Folge ausgetauscht werden. Mehr als ein<br />

Drittel der Befragten gibt dies sogar als den überwiegenden <strong>Kommunikations</strong>modus an,<br />

insbesondere männliche Jugendliche schicken dagegen meist nur einzelne SMS-Botschaften<br />

(33 % vs. 18 % unter Mädchen). Solche SMS-Gespräche kommen nicht immer<br />

zustande. Das könnte auch daran liegen, dass etwa ein Viertel der Jugendlichen angibt,<br />

SMS-Botschaften häufig auch dann zu schreiben, wenn sie eigentlich mit etwas anderem<br />

beschäftigt sind – in diesem Fall können schnelle Rückantworten je nach Situation problematisch<br />

werden.<br />

Bevorzugte <strong>Kommunikations</strong>partner sind zum einen der Partner, zum anderen die<br />

beste Freundin (bei Mädchen) bzw. der beste Freund (bei Jungen), denen über die Hälfte<br />

der befragten SMS-Nutzer häufig schreibt (vgl. Tab. 2). Weitere Adressaten sind die<br />

übrigen Freunde und Bekannten, während Eltern oder andere Verwandte seltener kontaktiert<br />

werden. Den höchsten Wert nimmt die Kommunikation mit dem Partner unter<br />

452


Höflich / Rössler · Mobile schriftliche Kommunikation<br />

Berufsschülern ein, die (aus Altersgründen) überhaupt häufiger über einen Partner verfügen<br />

dürften; umgekehrt werden SMS in dieser Gruppe kaum mit Eltern oder Verwandten<br />

getauscht. Die generell überdurchschnittliche SMS-Nutzung von Auszubildenden<br />

bzw. Real- und Hauptschülern bestätigt sich, und gerade die letztere Gruppe<br />

gibt bezüglich fast aller vorgelegten <strong>Kommunikations</strong>partner die intensivste SMS-Korrespondenz<br />

an.<br />

Tabelle 2: Bevorzugte <strong>Kommunikations</strong>partner der Jugendlichen (häufiger SMS-Kontakt,<br />

Prozentwerte)<br />

Ich schicke gesamt Jungen Mädchen Gymnasium Real-/Haupt- in Aushäufig<br />

SMS- schule bildung<br />

an … (n=197) (n = 87) (n = 110) (n = 85) (n = 60) (n = 49)<br />

Meinen Partner 50 47 53 42 52 61<br />

Meine beste Freundin 40 27 51 35 50 38<br />

Meinen besten Freund 43 52 36 34 56 46<br />

Andere Freunde, Bekannte 26 23 28 26 31 16<br />

Eltern und Verwandte<br />

Leute, die ich persönlich noch<br />

5 3 6 4 12 0<br />

nicht getroffen habe 6 6 6 4 9 6<br />

Schaubild 1: SMS-Nutzungsmotive männlicher und weiblicher Jugendlicher (Prozentanteil<br />

zustimmender Nennungen: „trifft zu“ = Werte 1 und 2 auf einer<br />

fünfstufigen Skala)<br />

Probleme besprechen<br />

Ratschläge geben<br />

in Erinner. bleiben<br />

Kontakte erhalten<br />

Befinden der Freunde<br />

eig. Befinden mitt.<br />

statt telefonieren<br />

sich verabreden<br />

Spaß am Kontakt<br />

Überbrückung Distanz<br />

Notsituationen<br />

immer erreichb. sein<br />

Technik ausprobieren<br />

Information abrufen<br />

Langeweile vertreiben<br />

Geschlecht<br />

weiblich<br />

männlich<br />

0 20 40 60 80 100<br />

Die eingangs erwähnte, unverbindliche Kommunikation mit anonymen Anderen kommt<br />

durchaus vor, erweist sich aber keinesfalls als dominantes Nutzungsmuster, wenn etwa<br />

eine unter zwanzig Personen dies eigenen Angaben nach häufiger betreibt. Auf diesem<br />

niedrigen Level ist kein Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Jugendlichen<br />

festzustellen. Aber generell haben mehr als drei Viertel der Jugendlichen zumindest schon<br />

453


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

einmal per SMS geflirtet; vielen macht dies richtig Spaß (31 %), die meisten finden es zumindest<br />

ab und zu ganz nett (41 %). Die Zustimmung fällt dabei unter Mädchen graduell<br />

geringer aus als unter Jungen, was sich gerade in dem Anteil der Befragten niederschlägt,<br />

die sich durch SMS-Flirts richtiggehend „genervt“ fühlen (3 vs. 7 %).<br />

In Anlehnung an die oben erwähnten Gratifikationsstudien wurden den Befragten 15<br />

Motivationsitems zur Beurteilung anhand einer fünfstufigen Skala vorgelegt. 18 Breite<br />

Zustimmung erhielten hierbei die Vorgaben, man würde SMS schreiben und empfangen,<br />

um Verabredungen zu treffen und um sich nach dem Befinden der Freunde zu erkundigen<br />

(vgl. Schaubild 1). Generell werden insbesondere diejenigen Motive als besonders<br />

zutreffend beschrieben, die sich auf Aspekte gegenseitiger Vergewisserung beziehen<br />

(Mitteilung des eigenen Befindens, Aufrechterhaltung der Kontakte zu Freunden).<br />

Kaum verwundern kann daneben die Tatsache, dass die Befragten das Alleinstellungsmerkmal<br />

von SMS betonen, nämlich allzeit asynchron erreichbar zu sein und per Mobilkommunikation<br />

mit denen zu interagieren, die man nicht persönlich treffen kann.<br />

Mehr als die Hälfte der Jugendlichen setzt SMS dabei häufig als funktionales Äquivalent<br />

für Telefonate ein. Von untergeordneter Bedeutung, aber keineswegs ausgeschlossen,<br />

sind komplexere Bedürfnisse wie die Erörterung von persönlichen Problemen oder das<br />

Erteilen von Ratschlägen via SMS – hier dürften sich die Restriktionen in der Medialität<br />

niederschlagen (Textbasiertheit, begrenzte Zeichenzahl, geringer Bedienungskomfort).<br />

Auch diese Nutzungsmotive variieren teilweise zwischen den Geschlechtern:<br />

Mädchen legen größeren Wert darauf, anderen ihre Befindlichkeit mitzuteilen oder sich<br />

nach deren Befindlichkeit zu erkundigen, und genauso nutzen sie SMS eher, um Langeweile<br />

zu vertreiben oder einfach nur wegen des Spaßes am Kontakt mit anderen, aber<br />

überhaupt nicht zum Informationsabruf. Jungen hingegen spielen im Durchschnitt lieber<br />

mit den technischen Möglichkeiten des Geräts und rufen eher zweckorientiert Informationen<br />

ab bzw. verabreden sich mit anderen.<br />

Mit Hilfe einer Faktorenanalyse 19 lassen sich die 15 in der Studie abgefragten Motive<br />

auf fünf Nutzungsdimensionen verdichten (vgl. Tab. 3). Zentrales Nutzungsmotiv ist<br />

demnach die gegenseitige Rückversicherung (Items 5 und 6) – zu erfahren, was die<br />

Freunde oder der Partner machen und ob es ihnen gut geht bzw. selbst mitzuteilen, was<br />

man macht und wie es einem geht. Am zweitwichtigsten scheint den Jugendlichen die<br />

allgemeine Kontaktpflege (Items 7 bis 10): Man verabredet sich oder schickt Mitteilungen<br />

um ihrer selbst willen, einfach weil es Spaß macht, und sendet SMS-Botschaften an<br />

18 Formulierung der Statements: Ich schreibe und empfange SMS-Kurznachrichten … (1) um meine<br />

Probleme mitzuteilen und mir Ratschläge zu holen; (2) um anderen Ratschläge zu geben; (3)<br />

um zu wissen, dass Leute an mich denken und sich um mich kümmern; (4) um den Kontakt zu<br />

meinen Freunden nicht zu verlieren; (5) um zu wissen, was meine Freunde oder mein Partner<br />

gerade macht / ob es ihnen gut geht; (6) weil meine Freunde / mein Partner wissen möchten, was<br />

ich gerade mache / ob es mir gut geht; (7) weil ich in manchen Situationen nicht telefonieren<br />

kann (es würde auffallen, wenn ich telefoniere); (8) um Verabredungen zu machen / Unternehmungen<br />

etc. zu planen; (9) weil es mir Spaß macht mit vielen Leuten zu tun zu haben; (10) um<br />

mit Leuten in Kontakt zu bleiben, die ich nicht persönlich treffen kann; (11) in Notsituationen<br />

(Unfall etc.); (12) um ständig erreichbar zu sein; (13) weil es mir Spaß macht die technischen<br />

Möglichkeiten des Geräts auszuprobieren; (14) um mir Informationen (Wetterbericht, Horoskop<br />

etc.) einzuholen; (15) um mir die Zeit zu vertreiben, wenn ich Langeweile habe.<br />

19 Hauptkomponentenanalyse mit Varimax-Rotation, Eigenwertkriterium > 1, Varianzaufklärung<br />

durch 5 Faktoren = 57%. Faktorzuordnung eines Items bei einer Faktorladung >.35,<br />

darunter 1 Doppelladung (s. Tab. 3).<br />

454


Höflich / Rössler · Mobile schriftliche Kommunikation<br />

Leute, die man gerade nicht persönlich treffen kann oder mit denen man in der Situation<br />

nicht telefonieren kann. Fast gleich bedeutend ist die Verfügbarkeit des Mediums<br />

(Items 11 und 12), beispielsweise in Notsituationen, gepaart mit der ständigen Erreichbarkeit.<br />

Bereits deutlich weniger relevant sind Aspekte der Lebenshilfe (Items 1 bis 4),<br />

z. B. das gegenseitige Rat geben oder die Bindung an die Freunde in dem Wissen, dass<br />

andere Leute an einen denken.<br />

Tabelle 3: Relevante Gratifikationsdimensionen der SMS für Jugendliche (Faktorladungen<br />

bzw. Factor-Scores und Item-Index, Mittelwerte; positiver Wert:<br />

Faktor trifft eher zu; negativer Wert: Faktor trifft weniger zu)<br />

Gratifikations- gesamt Jungen Mädchen Gymnasium Real-/Haupt- in Ausdimension<br />

Mittelwert20 schule bildung<br />

(Item / Faktorladung) (n=196) (n = 111) (n = 91) (n = 85) (n = 63) (n = 51)<br />

Rückversicherung<br />

Befinden der Freunde (.85)<br />

eigenes Befinden mitt. (.80)<br />

2,04 –.04 .03 –.15 .08 .20<br />

Kontaktpflege<br />

statt telefonieren (.74)<br />

Verabredungen treffen (.60)*<br />

Spaß am Kontakt (.50)<br />

Überbrückung Distanz (.39)<br />

2,39 –.09 .10 –.02 .05 –.05<br />

Verfügbarkeit<br />

Notsituationen (.77)<br />

immer erreichbar sein (.69)<br />

2,43 .01 .00 –.28 .26 .06<br />

Lebenshilfe<br />

Probleme besprechen (.84)<br />

Ratschläge geben (.84)<br />

in Erinnerung bleiben (.61)<br />

Kontakte n. verlieren (.49)<br />

3,23 –.13 .17 –.19 .28 –.02<br />

Nutz-Spaß<br />

Technik ausprobieren (.73)<br />

Informationen abrufen (.67)<br />

Langeweile vertreiben (.45)<br />

3,64 .06 –.07 –.29 –.03 .08<br />

* Doppelladung von .38 auf Faktor „Verfügbarkeit“<br />

Bemerkenswert erscheint ferner, dass alle diese Gratifikationen von Mädchen eher genannt<br />

werden als von Jungen (vgl. auch Abb. 1), also die weiblichen Befragten generell<br />

eine größere Zahl von Motiven für die SMS-Nutzung angaben. Einzig für ein Bündel<br />

von Gründen gilt dies nicht, und zwar für das am wenigsten relevante: wenn es nämlich<br />

um den Nutz-Spaß an SMS geht (Items 13 bis 15) – das Ausprobieren der Technik, Informationsabruf<br />

und das Vertreiben von Langeweile. Diese auf den ersten Blick eher heteroge<br />

Gruppe von Gratifikationen erinnert an die vom Internet bekannte technologische<br />

Faszination, die mit dem Abruf vorgefertigter Info-Angebote einhergeht, auch<br />

wenn sie nur als Beschäftigung zwischendurch geschieht (vgl. Grüne/Urlings 1996: 495).<br />

Hier liegen die mittleren Factor-Scores der Jungen etwas höher als die der Mädchen. Die<br />

geringsten Unterschiede ergeben sich bei der leichten Verfügbarkeit und dem Einsatz<br />

zur gegenseitigen Rückversicherung.<br />

20 Ungewichteter Indexwert der betreffenden Items eines Faktors; 1 = „trifft voll zu“, 5 = „trifft<br />

gar nicht zu“.<br />

455


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

Während das Alter der Jugendlichen und die Dauer des Handy-Besitzes kaum Unterschiede<br />

für die Relevanz der Gratifikationsdimensionen zeitigen, erscheint die Bildung<br />

als ein relevanter Einflussfaktor: Insgesamt treffen die vorgegebenen Motive – nach<br />

ihrer eigenen Einschätzung – stärker auf Haupt- und Realschüler zu, während insbesondere<br />

Gymnasiasten allen Motiven unterdurchschnittlich zustimmen. Allerdings<br />

kann an dieser Stelle nicht geklärt werden, ob es sich hierbei um einen Imageeffekt handelt,<br />

d. h. möglicherweise sperren sich besser gebildete Jugendliche dagegen, überhaupt<br />

starke Motive für eine aus ihrer Sicht vielleicht eher triviale <strong>Kommunikations</strong>handlung<br />

zu äußern. Betrachtet man alleine die Daten, so wäre festzustellen, dass Gymnasiasten<br />

insbesondere Motive des Nutz-Spaßes und der Verfügbarkeit zurückweisen, während<br />

letztere gerade für Realschüler im Vordergrund zu stehen scheint, gemeinsam mit der<br />

Nutzung zur Lebenshilfe. Für Berufsschüler bildet hingegen die gegenseitige Rückversicherung<br />

den Mittelpunkt der Nutzungsgratifikationen.<br />

Um insgesamt die Einflussfaktoren zu beleuchten, die die Nutzung von SMS bestimmen,<br />

wurden soziodemographische Angaben, die genannten Motive und weitere <strong>Kommunikations</strong>aktivitäten<br />

in einer multiplen Regressionsanalyse blockweise auf die letztlich<br />

angegebene Nutzungshäufigkeit von SMS bezogen (vgl. Tab. 4). Erwartungsgemäß<br />

erweisen sich Geschlecht und Bildung als eng mit dem Senden von SMS-Botschaften<br />

verknüpft: Weibliche Jugendliche und Real- bzw. Berufsschüler schicken besonders viele<br />

Kurznachrichten, und zwar umso höher die ihnen zur Verfügung stehenden finanziellen<br />

Mittel sind. Daneben besteht ein positiver Zusammenhang mit der Zahl täglicher<br />

Handy-Telefonate – wer das Handy häufig zum Telefonieren nutzt, schreibt auch viele<br />

Kurztexte. Kein Zusammenhang besteht hingegen zum E-Mail-Schreiben. Anscheinend<br />

werden SMS weder als Substitut gesehen noch deuten sie als „E-Mail für das Handy“<br />

auf eine generelle Präferenz dieser <strong>Kommunikations</strong>form hin. Eine gewisse Textorientierung<br />

der SMS-Nutzer lässt sich allenfalls aus der leicht höheren Frequenz des Briefschreibens<br />

ableiten, was allerdings stark mit dem Geschlecht korrespondiert.<br />

Vergleichsweise enttäuschend ist dagegen das Erklärungspotenzial der von uns vorgelegten<br />

Gratifikationsitems: Lediglich die Präferenz einer SMS-Nutzung zur Rückversicherung<br />

und aufgrund der generell guten Verfügbarkeit zeigen einen nennenswerten<br />

positiven Einfluss auf die allgemeine Nutzungshäufigkeit. Deutlich negativ schlägt sich<br />

hingegen die Nutzung aus Motiven der Lebenshilfe nieder, die allerdings (wie zuvor dargestellt)<br />

grundsätzlich weniger verbreitet ist. Dies lässt sich auch umgekehrt formulieren:<br />

Personen, die SMS nutzen, um anderen Ratschläge zu geben oder Probleme anzusprechen,<br />

schreiben im Schnitt weniger SMS-Nachrichten – möglicherweise ein (durch<br />

unsere Daten nicht weiter überprüfbarer) Hinweis darauf, dass zu diesem Zweck andere,<br />

eventuell unvermittelte <strong>Kommunikations</strong>formen zum Zuge kommen.<br />

Auch ein erweitertes Modell, das statt der Gratifikationsdimensionen die Einzelitems<br />

berücksichtigt, liefert keine zusätzlichen Erkenntnisse: 21 Einzig das Geben und Annehmen<br />

von Ratschlägen sowie der Informationsabruf wirken sich hier stärker auf die Häufigkeit<br />

der SMS-Nutzung aus, obwohl diese Motive nicht sonderlich verbreitet sind:<br />

Während alle anderen Motive wenig differenzieren, sorgt die Befürwortung dieser Items<br />

für eine deutlich erhöhte SMS-Nutzung. Insgesamt lässt sich also die Zuwendung Jugendlicher<br />

zur SMS aufgrund der uns vorliegenden Daten noch am besten aufgrund allgemeiner<br />

Persönlichkeitsmerkmale und einer generellen Handy-Affinität erwarten,<br />

21 Modelldaten werden aus Platzgründen nicht abgedruckt.<br />

456


Höflich / Rössler · Mobile schriftliche Kommunikation<br />

während die vorgegebenen SMS-spezifischen Gratifikationen über ein geringeres Erklärungspotenzial<br />

verfügen.<br />

Tabelle 4: Einfluss von soziodemographischen Charakteristika, Gratifikationsdimensionen<br />

und anderen <strong>Kommunikations</strong>handlungen auf die Häufigkeit der<br />

SMS-Nutzung (standardisierte Regressionskoeffizienten = ß-Werte)<br />

unabhängige Variablen Regressionsmodelle:<br />

blockweiser Einschluss von<br />

Modell-Parameter<br />

(1) (1) und (2) (1) bis (3) (n = 134)<br />

(1) Soziodemographie<br />

Geschlecht: weiblich .19 .21 .31 *<br />

Bildung: Real- oder Berufsschule .38 * .35 * .34 * Modell: Block 1<br />

Alter .11 .05 .07 Korr. R2 frei verfügbare Mittel<br />

= .15<br />

(Taschengeld/selbst verdient)<br />

(2) Motivdimensionen<br />

.26 .30 * .21 F-Wert = 4,1 *<br />

Motiv: Lebenshilfe -.38 * -.30 *<br />

Motiv: Rückversicherung .08 .14<br />

Motiv: Kontaktpflege .03 .04 Modell: Blöcke 1-2<br />

Motiv: Verfügbarkeit .17 .17 Korr. R2 = .28<br />

Motiv: Nutz-Spaß -.12 -.03 F-Wert = 4,1 *<br />

(3) andere <strong>Kommunikations</strong>handlungen<br />

Verschicken von E-Mails -.02<br />

Zahl täglicher Handy-Telefonate .30 *<br />

Handy-Kosten (altern. Indikator) -.06 Modell: Blöcke 1-3<br />

Häufigkeit des Briefschreibens .12 Korr. R2 = .32<br />

Nutzung von SMS zum Flirten -.07 F-Wert = 3,4 *<br />

* aufgrund des Pilotcharakters dieser Studie verbietet sich ein Schluss auf die Grundgesamtheit jugendlicher<br />

SMS-Benutzer; als Interpretationshilfe sei dennoch darauf hingewiesen, dass die markierten Koeffizienten in<br />

dieser Modellrechnung als signifikant für p < .05 ausgewiesen werden.<br />

9. SMS – ein zukünftiges Medium der interpersonalen Kommunikation?<br />

Die hier vorgelegte Pilotstudie zur SMS-Nutzung durch Jugendliche in Deutschland<br />

kann selbstverständlich nur einige erste Anhaltspunkte geben, auf welche Art und Weise<br />

sich Jugendliche diesen neuen Modus der technisch vermittelten Kommunikation aneignen.<br />

Das Handy ist, zumal für Jugendliche, nicht nur ein schieres Telefon, das einen<br />

mobilen Einsatz ermöglicht, sondern vielmehr ein distinktes Medium mit besonderen<br />

Qualitäten. Es ist überdies ein persönliches Medium, über das man, im Vergleich zum<br />

Familientelefon, alleine verfügt und das man zur Realisierung seiner individuellen <strong>Kommunikations</strong>absichten<br />

nutzbar macht. Für manche Jugendliche scheint es nachgerade ein<br />

Medium zur kommunikativen Organisation des Alltagslebens, das auch von dem wartenden<br />

Verharren vor dem häuslichen Telefon entbindet; ein Vehikel hierzu ist die Nutzung<br />

des Short Message Service. Das bedeutet indessen nicht, dass gänzlich neue Gebrauchsweisen<br />

geschaffen werden – wie unsere Studie andeutet, werden mit dessen Gebrauch<br />

oft profane Zwecke verfolgt: SMS-Botschaften dienen wesentlich zur Rückerversicherung<br />

und Kontaktpflege, d. h. insbesondere zum Zwecke der Verabredung,<br />

verbunden mit der Option, immer erreichbar zu sein. Bis auf die mobile Dimension (die<br />

457


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

selbst wieder durch das Versenden von Kurzbotschaften via Handy von zu Hause aus<br />

gebrochen wird) hat man es mit Funktionalitäten zu tun, die bereits mit vorgängigen<br />

<strong>Medien</strong> verbunden waren, insbesondere mit dem Telefon und vor diesem auch mit dem<br />

Brief. Mit den SMS-Möglichkeiten werden allerdings nicht das Telefonieren oder das<br />

Briefschreiben in Gänze, sondern nur gewisse Teilfunktionen substituiert. Um sich etwa<br />

zu vergewissern, wie es dem anderen geht oder um eine Verabredung zu machen, muss<br />

kein längeres Telefonat mehr geführt werden.<br />

Einen Erklärungsrahmen für den SMS-Gebrauch könnte dabei die Theorie der Gratifikationsnischen<br />

(gratification niches) liefern, wie sie kürzlich von Dimmick et al.<br />

(2000) hinsichtlich der Relation von E-Mail und Telefon unterbreitet wurde. Die Autoren<br />

stellen fest: „A new medium survives and prospers by providing utility or gratifications<br />

to its patrons. In doing so, it may have effects on existing media by providing new<br />

solutions to old needs or to more contemporary needs. One way of defining a medium’s<br />

niche is as that region of the resource space where it outcompetes similar media“ (Dimmick<br />

et al. 2000: 240). Noch sind wir allerdings ein gutes Stück davon entfernt, von einem<br />

sozial standardisierten, d.h. erwartbaren Gebrauch ausgehen und damit die Frage<br />

beantworten zu können, welchen Stellenwert ein Short Message Service im kommunikativen<br />

Alltag einnimmt und wie dies die vorgängigen <strong>Medien</strong> beeinflusst. Auch was die<br />

geschlechtsspezifischen Aneignungsweisen anbelangt werden Fragen virulent: Eine<br />

„Feminisierung des Telefons“ (Höflich 1996: 224) scheint einem differenzierten Gebrauch<br />

des Handys und des Short Message Service zu weichen, wiewohl die sozioemotionale<br />

Seite des <strong>Medien</strong>gebrauchs (z.B. Mitteilung der eigenen Befindlichkeit und Erkunden<br />

der Befindlichkeit anderer) gemäß unseren Ergebnissen auch hier stärker weiblich<br />

bestimmt ist. Überdies scheinen Mädchen eher schriftliche <strong>Kommunikations</strong>formen<br />

zu bevorzugen: Sie senden nicht nur mehr und umfassendere SMS-Botschaften,<br />

sondern sie schreiben auch mehr Briefe.<br />

Die Beliebtheit des Handys und erst recht des SMS unter Jugendlichen (und nicht nur<br />

bei diesen) ist aber letztlich nur dann erklärbar, wenn die zukünftige Forschung das spielerische<br />

Moment mitdenkt. So macht es die besondere Beliebtheit aktueller Handys aus,<br />

dass sie von vornherein mit elektronischen Spielen ausgestattet sind. Über die Beschäftigung<br />

mit dem Gerät hinaus kann freilich auch die Kommunikation mit anderen spielerische<br />

Züge annehmen: Wie schon bei einigen Formen computervermittelter Kommunikation<br />

eröffnet das Handy via SMS Optionen, um im Verborgenen zu kommunizieren.<br />

Möglicherweise macht sogar dieses bloße schriftliche Kontaktieren einen besonderen<br />

Reiz aus: Das Flirten via SMS scheint sich unserer Pilotstudie zufolge einer<br />

gewissen Beliebtheit zu erfreuen, denn eingebunden in die Peer Group ergibt sich hier<br />

ein Feld, um den „erotischen Erfahrungsbereich“ (Baacke 1999: 14) auszudehnen. Man<br />

kann zunächst anonym kommunizieren, indem man eine kurze Textbotschaft mit der<br />

Erwartung einer Rückantwort an eine beliebige andere Nummer sendet, was die von uns<br />

befragten Jugendlichen mitunter ganz gerne tun.<br />

Prognosen über die Zukunft neuer medialer Möglichkeiten haben sich immer schon<br />

als prekär erwiesen. Man mag denn schnell das aktuelle Aufleben des Short Message Service<br />

als Modeerscheinung degradieren. Doch wer hätte mit dem Beginn einer Ära des<br />

Internets angenommen, dass die E-Mail eine nachhaltige Revitalisierung einer (wie immer<br />

gearteten und beurteilten) Schriftkultur mit sich bringt? Nicht minder erstaunlich<br />

ist es, dass mit den neuen medialen Möglichkeiten, über das Handy Kurznachrichten zu<br />

versenden, selbst Jugendliche zum Schreiben kommen, die ansonsten möglicherweise<br />

nie einen Brief oder eine E-Mail-Nachricht verfasst hätten. Eher fraglich scheint allerdings,<br />

dass es sich angesichts des begrenzten Zeichenvorrats und geringer Komplexität<br />

458


Höflich / Rössler · Mobile schriftliche Kommunikation<br />

von SMS bereits um jene Art von Einstieg in die Lese- und Schreibkompetenz handelt,<br />

die immer wieder als Basisqualifikation für die Nutzung auch neuer elektronischer bzw.<br />

digitaler <strong>Medien</strong> gefordert wird (vgl. z. B. Schön 1998: 219): Nicht jede SMS-Nachricht<br />

taugt schließlich als „Literatur auf kleinstem Raum“.<br />

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461


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

Spaß am Hören<br />

Hörspielkassetten als sprachförderliche Unterhaltungsangebote für Vorschulkinder<br />

Peter Vorderer / Ute Ritterfeld / Christoph Klimmt<br />

Der <strong>Medien</strong>gebrauch von Vorschulkindern wurde bisher vergleichsweise selten <strong>wissenschaft</strong>lich<br />

untersucht. Insbesondere die bei dieser Altersgruppe besonders beliebten Hörspielkassetten<br />

fanden – im Gegensatz zum Fernsehen – von Seiten der <strong>Medien</strong><strong>wissenschaft</strong><br />

und der <strong>Medien</strong>psychologie wenig Beachtung. Der vorliegende Beitrag stellt daher<br />

die wenigen Erkenntnisse über Hörspielkassetten und ihre Nutzung durch Vorschulkinder<br />

kurz dar. Anschließend wird ein theoretisches Modell zur Wirkung dieser<br />

<strong>Medien</strong>angebote auf eine für Vorschulkinder zentrale Entwicklungsaufgabe, nämlich<br />

den Spracherwerb, expliziert. Das Modell basiert auf medien- und sprachpsychologischen<br />

Überlegungen und geht davon aus, dass Hörspielkassetten zum Spracherwerb von Vorschulkindern<br />

beitragen können.<br />

Keywords: Hörspielkassetten, Vorschulkinder, <strong>Medien</strong>wirkung, Spracherwerb, Unterhaltung,<br />

Unterhaltungserleben, Aufmerksamkeit<br />

1. Einführung<br />

Medial vermittelte Unterhaltung nimmt im Leben von Kindern einen beachtlichen Stellenwert<br />

ein. Wie viel dieser Unterhaltung für Kinder „gut“ ist, wird denn auch nicht erst<br />

seit der Ankunft der „Teletubbies“ und „Pokémons“ unter Eltern, Pädagogen und <strong>Medien</strong><strong>wissenschaft</strong>lern<br />

diskutiert. Dabei haftet den entsprechenden <strong>Medien</strong>angeboten<br />

oftmals ein zweifelhaftes Image an; immer wieder wird die Gefahr schädlicher Wirkungen<br />

von Unterhaltungsmedien auf Kinder thematisiert (z. B. Glogauer, 1999). Gleichzeitig<br />

wird häufig versucht, durch Verknüpfung von Lerninhalten mit unterhaltsamen<br />

Elementen („Edutainment“) einen pädagogischen Nutzen aus den Unterhaltungsangeboten<br />

für Kinder zu erzielen (Fritz, 1997).<br />

Im Mittelpunkt der Diskussion und der meisten Forschungsarbeiten über Kinder und<br />

(unterhaltsame) <strong>Medien</strong>angebote stehen das Fernsehen (Schmidbauer & Löhr, 2000)<br />

und neuerdings die Computer- und Videospiele (z. B. Laudowicz, 1998). Die ebenfalls<br />

weit verbreiteten und besonders bei Vorschulkindern intensiv genutzten Hörkassetten<br />

finden dagegen kaum Beachtung. Unser Beitrag dient dazu, diese Wissenslücke zu verkleinern.<br />

Zunächst wollen wir überblicksartig zusammenfassen, was heute über „Kinderhörspielkassetten“<br />

bekannt ist: Angebotsformen, Marktdaten, Nutzungsmuster und<br />

-zeiten. Darauf aufbauend wird ein Modell skizziert, das Annahmen über mögliche Wirkungen<br />

der Hörspielrezeption auf Kinder trifft. Dabei gilt unsere Aufmerksamkeit dem<br />

Spracherwerb von Vorschulkindern, der – so nehmen wir an – durch unterhaltsame<br />

Hörspiele gefördert werden kann.<br />

2. Hörspielkassetten für Kinder<br />

2.1.Angebotsformen<br />

Eine detaillierte Typologisierung von Kinderhörspielen hat Weber (1997) vorgelegt. Dabei<br />

unterscheidet sie literarische und radiophonische Hörspiele. Erstere sind im We-<br />

462


Vorderer / Ritterfeld / Klimmt · Spaß am Hören<br />

sentlichen Umsetzungen literarischer Stoffe, zum Beispiel vorgelesene Märchen. Hier<br />

dominiert das gesprochene Wort. Radiophonische Hörspiele dagegen sind <strong>Medien</strong>angebote,<br />

die speziell als Hörspiel gestaltet wurden, in denen also Sound-Effekte und Musik<br />

integrale Bestandteile darstellen. Eine ähnliche Differenzierung nimmt Wermke<br />

(1997, 1999) vor. Sie unterscheidet Angebote, die nach genauer Umsetzung des zugrunde<br />

liegenden Textes streben (und einer so genannten ,Buch-Orientierung‘ folgen), und<br />

Hörspiele, die eher die Gestaltungsmittel der audiovisuellen <strong>Medien</strong> adoptieren und die<br />

an Film und Fernsehen gebundenen Rezeptionshaltungen zu bedienen versuchen (so<br />

genannte AV-Orientierung): „Während sich buchorientierte Kinderhörkassetten im Erzählduktus<br />

nach dem Grundsatz der ,Werktreue‘ an einer inhaltlichen Gliederung orientieren<br />

und die Dauer der Sequenzen über den Wechsel des Ortes, also über den Schauplatz<br />

definieren, scheinen sich AV-orientierte Hörkassetten nach Zeiten zu richten, und<br />

zwar nicht nach der Erzählzeit des Textes, sondern nach den Zeitvorgaben für einen optimalen<br />

Rezeptionsprozess“ (Wermke, 1999, S. 195). Auch wenn einige moderne Hörspiele<br />

literarische Stoffe verwenden oder adaptieren (Haider, 1995), müssen doch die<br />

meisten gegenwärtig verfügbaren Kinderhörspiele als „radiophonisch“ bzw. als „AVorientiert“<br />

betrachtet werden.<br />

Bei der Typologisierung der aktuellen Hörspiellandschaft unterscheidet Heidtmann<br />

(1999a, 1999b, 1999c) sechs Genres: Funnies stellen humoristische Elemente in den<br />

Vordergrund, können aber auch Anleihen bei Abenteuer- und Fantasie-Geschichten<br />

machen. Eine für dieses Genre typische Hörspielserie ist „Benjamin Blümchen“. Bei<br />

dieser Gattung handelt es sich um die am weitesten verbreitete unter den Kinderhörspielen.<br />

Kinderdetektivserien sind die Hörspiel-Varianten der Fernsehkrimis. Sie kommen<br />

üblicherweise ohne Gewalt und Action aus und basieren meist auf einfachen<br />

Plots, so dass auch Vorschulkinder in der Lage sind, die Fälle zu lösen bzw. den Verlauf<br />

der Ermittlungen nachzuvollziehen. Ein Beispiel dafür ist die Serie „Die drei ???“.<br />

Science-Fiction und Fantasy-Serien besitzen unter den Kinderhörspielen nur eine marginale<br />

Bedeutung. Meist sind sie an Serien aus anderen <strong>Medien</strong> angelehnt oder direkt<br />

von dort übernommen. Beispiele dafür sind die Umsetzungen von Perry-Rhodan-Geschichten<br />

oder der Fernseh-Serie „Power Rangers“. Die Gattung der Abenteuer hat am<br />

meisten unter der stärker werdenden Konkurrenz von Fernsehserien zu leiden. Typische<br />

Vertreter sind Geschichten von Enid Blyton und die „Winnetou“-Reihe.<br />

Mädchenserien nutzen Inhalte wie Hexerei, vor allem aber Pferdegeschichten dazu,<br />

ihre Zielgruppe zu erreichen. In dieser Gattung dominiert die Reihe „Wendy“; andere<br />

Beispiele sind „Reiterhof Dreililien“ sowie „Hanni und Nanni“. Soap Operas schließlich<br />

stellen das sechste Genre der Kinderhörspielkassetten dar. Im Wesentlichen handelt<br />

es sich dabei um den Versuch, die gerade bei Kindern sehr populären täglichen Serien<br />

im Rahmen einer intermediären Vermarktung auch als Hörgeschichten umzusetzen.<br />

Entsprechend gleichen die Themen der Soap-Hörspiele denen der TV-Vorbilder:<br />

Emotionen, Freundschaften und Beziehungen stehen im Mittelpunkt. Beispiele sind<br />

„Neues vom Süderhof“, das an eine Reihe des Tigerentenclubs der ARD angelehnt ist,<br />

und „Die Kinder vom Alstertal“, ein „spin-off“ der gleichnamigen Fernsehserie, die<br />

auf dem Kinderkanal ausgestrahlt wird.<br />

2.2.Markt<br />

Die Industrie unterteilt den Markt für Kinderhörkassetten in drei Zielgruppen. Kleinkinder<br />

(zwei bis vier Jahre), Vorschulkinder (vier bis sechs Jahre) sowie Kinder im<br />

frühen Grundschulalter (sechs bis acht Jahre) gelten als die wichtigsten Nutzergruppen<br />

463


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

von Hörkassetten. Auf ältere Zielgruppen üben Hörkassetten einen deutlich geringeren<br />

Reiz aus (vgl. Heidtmann, 1999d).<br />

Mit Kindertonträgern wurde 1999 insgesamt ein Umsatz von rund 215 Millionen DM<br />

erwirtschaftet. Zwei Drittel dieses Betrages, etwa 143 Millionen DM, entfielen auf Hörspiele<br />

und Wortprogramme, knapp ein Drittel auf Kinderlieder. Klassik für Kinder trug<br />

mit weiteren 1,5 Prozent zum Umsatz bei (Institut für angewandte Kindermedienforschung,<br />

2001). 1997 hatte der Gesamtumsatz noch weniger als 200 Millionen DM betragen.<br />

Kindertonträger machten im Jahr 1999 4,1 Prozent des Gesamtumsatzes der<br />

phonographischen Wirtschaft aus und weisen seit 1995 beachtliche Zuwachsraten auf<br />

(Heidtmann, 1999d).<br />

Mit 2,16 Millionen abgesetzten Kassetten waren „Die drei ???“ im Jahr 2000 die meist<br />

verkaufte Kinderhörspielserie in Deutschland. Es folgten „Benjamin Blümchen“ mit<br />

2,10 Millionen und „Bibi Blocksberg“ mit 1,76 Millionen verkauften Kassetten. Das erfolgreichste<br />

Einzel-Kinderhörspiel des Jahres 1999 war „Pippi außer Rand und Band“<br />

(Astrid Lindgren/Karussel Universal) mit mehr als 500.000 abgesetzten Kassetten/CDs<br />

(Institut für angewandte Kindermedienforschung, 2001).<br />

2.3.Nutzung<br />

Rund drei Viertel der Vorschulkinder verfügen über ein eigenes Kassettenabspielgerät<br />

(Neumann-Braun & Güra, 1997). In 88 Prozent der Haushalte mit Kindern standen<br />

1999 Stereoanlagen zur Verfügung, 28 Prozent aller 6- bis 13-Jährigen besitzen<br />

eine eigene Anlage. Während ältere Kinder diese Ausstattung eher zum Musikhören<br />

nutzen, sind für Sechs- und Siebenjährige Hörspiele ebenso interessant: 71 Prozent<br />

dieser Altersgruppe geben an, neben Musik auch „andere Sachen“ zu hören. Am beliebtesten<br />

sind „Kindergeschichten“ und „Abenteuergeschichten“, es folgen „Märchen/Sagen“,<br />

„Grusel-/Gespenstergeschichten“ und schließlich „Krimis/Kriminalgeschichten“<br />

(Feierabend & Klingler, 1999). Jungen bevorzugen Abenteuer- und Action-<br />

Geschichten, während Mädchen lustige Angebote präferieren (Hansen & Manzke,<br />

1993). Das kindliche Nutzungsverhalten in Bezug auf Hörkassetten wird von Eltern in<br />

der Regel weniger streng reglementiert als die Fernsehnutzung (Schroll-Decker & Peicher,<br />

1999).<br />

Wie viel Zeit Kinder mit der Rezeption von Hörspielen verbringen, ist bisher nur selten<br />

untersucht worden. Paus-Haase, Hölterschinken und Tietze (1990) beziffern die<br />

tägliche Nutzung von Hörkassetten auf 27 Minuten als Nebenbeitätigkeit bzw. 15 Minuten<br />

als Exklusivtätigkeit. Etwa ein Sechstel der Kinder werden von ihnen als Vielhörer<br />

beschrieben: Sie überschreiten diese Durchschnittswerte deutlich. Grüninger und<br />

Lindemann (2000) geben die durchschnittliche tägliche Hörkassettennutzung mit 27<br />

Minuten für Dreijährige und 35 Minuten für Vierjährige an. Die meisten Kassetten werden<br />

mehrmals rezipiert, in Einzelfällen bis zu hundertmal (Inhalte und Themen der Kinderhörspiele,<br />

1995, S. 21), bevor sie ihre Attraktivität verlieren.<br />

Auch zu den Nutzungsmotiven liegen bisher nur wenige Erkenntnisse vor. Eine qualitative<br />

Studie von Finkbeiner (1997) kommt zu dem Ergebnis, dass die Hörspiele genutzt<br />

werden, weil sie Raum lassen für eigene Vorstellungen, weil man sich besser in die<br />

Geschichte hineinversetzen kann, weil die Hörspiele emotional stärker involvieren, weil<br />

jederzeit die Möglichkeit zum Rückzug aus der Rezeptionssituation besteht und weil<br />

Hörkassetten im Gegensatz etwa zu TV-Sendungen jederzeit verfügbar sind (vgl. auch<br />

Rogge, 1995). Insgesamt wissen wir heute aber nur relativ wenig darüber, wie und warum<br />

Vorschulkinder Hörspielkassetten nutzen: Sowohl das Publikumssegment als auch<br />

464


Vorderer / Ritterfeld / Klimmt · Spaß am Hören<br />

das Medium sind bislang vergleichsweise selten Gegenstand medien- und kommunikations<strong>wissenschaft</strong>licher<br />

Forschung gewesen. Dieser Mangel ist besonders bedauerlich,<br />

weil „Audiokassetten … für Kinder zwischen 4 und 12 Jahren nahezu das Unterhaltungsmedium<br />

schlechthin“ (Lühr, 1998, S. 54) darstellen.<br />

3. Zur Wirkung von Kinderhörspielkassetten auf Vorschulkinder am Beispiel des<br />

Spracherwerbs<br />

Die vorliegenden Daten über die Verbreitung und Nutzung von Hörkassetten werfen<br />

aus kommunikations<strong>wissenschaft</strong>licher wie psychologischer Perspektive die Frage auf,<br />

welche Wirkungen mit dem umfangreichen „Hörkassettenkonsum“ so junger Rezipient(inn)en<br />

verbunden sind. In der Pädiatrie und in der <strong>Medien</strong>pädagogik wird immer<br />

wieder die Sorge vor schädlichen Einflüssen übermäßiger <strong>Medien</strong>nutzung auf Kinder<br />

und ihre Entwicklung thematisiert (z. B. Glogauer, 1999). Auch Beeinträchtigungen des<br />

Spracherwerbs werden auf den <strong>Medien</strong>gebrauch zurückgeführt (Heinemann, 1997), womit<br />

schließlich selbst die Sorge um einen Verlust an Sprach- und Lesekompetenz verbunden<br />

wird (vgl. dazu: Vorderer & Klimmt, im Druck). Und in der Tat ist der Spracherwerb<br />

eine für Kinder im Alter von drei bis vier Jahren – mithin für die Hauptnutzerschaft<br />

von Hörspielkassetten – zentrale Entwicklungsaufgabe (im Überblick: Grimm,<br />

2000). Die Verbindung zwischen <strong>Medien</strong>gebrauch und Spracherwerb zu untersuchen,<br />

ist daher ein nahe liegendes Ziel medien- und sprachpsychologischer Forschung (d’Ydevalle<br />

& Pavakanun, 1997; Schneider, Ennemoser & Reinsch, 1999) und wurde selbst im<br />

Zusammenhang mit dem Fremdspracherwerb bereits thematisiert (z. B. Schmidt, 1998).<br />

Die Bedeutung von Hörspielkassetten für den kindlichen Spracherwerb zu untersuchen,<br />

erscheint aber auch vor allem deshalb sinnvoll, weil diese im Vergleich zu anderen<br />

bei Kindern populären <strong>Medien</strong> ausschließlich auf akustisch dargebotenen Informationen<br />

basieren. Fernsehen und Bilderbücher, die in der Altersgruppe der 3- bis 4-jährigen<br />

Kinder ähnlich populär sind wie Hörspielkassetten (Grüninger & Lindemann, 2000),<br />

liefern demgegenüber einen beträchtlichen Teil ihrer Informationen über die visuelle<br />

Modalität. Das Verfolgen einer Geschichte im Buch oder im Fernsehen ist somit auch<br />

dann möglich, wenn nur wenige sprachliche Informationen, dafür aber akzentuiert Bilder<br />

verarbeitet werden. Die in den Hörspielen vermittelte Bedeutung ist hingegen auf<br />

die Analyse der gesprochenen Sprache angewiesen. Von daher lässt sich annehmen, dass<br />

die dargebotenen sprachlichen Informationen eines Hörspiels besonders gründlich verarbeitet<br />

werden. Hinzu kommt, dass Hörspiele in der Regel über einen Zeitraum von<br />

mehreren Wochen oder gar Monaten immer wieder gehört werden. Derselbe sprachliche<br />

Input wird damit wiederholt verarbeitet, wobei sich parallel dazu auch die Sprachverarbeitungskompetenz<br />

des Kindes erweitert. Während das Kind im Laufe der Zeit<br />

kompetenter die einzelnen Informationseinheiten aus dem Hörspiel rezipieren kann,<br />

kann es diesen Input gleichzeitig zur Erweiterung seines Sprachvermögens nutzen. Es<br />

liegt deshalb nahe, speziell den Einfluss der Rezeption von Hörkassetten auf den Spracherwerb<br />

zu analysieren.<br />

Bevor wir im Folgenden zwei Modelle zum Zusammenhang von unterhaltsamem <strong>Medien</strong>gebrauch<br />

und kindlichem Spracherwerb skizzieren wollen (vgl. unten: 3.3.), müssen<br />

zunächst einmal die dafür erforderlichen theoretischen Grundlagen diskutiert werden:<br />

Wie läuft Spracherwerb allgemein ab (vgl. unten: 3.1.)? Und wie lässt sich kindliches Unterhaltungserleben<br />

konzeptualisieren (vgl. unten: 3.2.)?<br />

465


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

3.1.Kindlicher Spracherwerb und die Rolle der Aufmerksamkeit<br />

In der Spracherwerbsforschung ist es mittlerweile unstrittig, dass Kinder die Fähigkeit<br />

und Motivation mitbringen, sich der Spracherwerbsaufgabe zu stellen (im Überblick:<br />

Grimm, 2000). Dem Kind stehen offenbar bestimmte Mechanismen zur Verfügung, mit<br />

denen es aus einem komplexen Datenangebot diejenigen Spracheinheiten und -regeln<br />

extrahieren kann, die ihm den selbstständigen und kreativen Gebrauch von Sprache ermöglichen.<br />

Das Datenangebot kann sozial oder medial vermittelt werden und so beschaffen<br />

sein, dass es die Spracherwerbsaufgabe des Kindes eher unterstützt oder eher<br />

erschwert. Die Untersuchung des sozial vermittelten Inputs hat eine lange Forschungstradition<br />

(im Überblick: Ritterfeld, 2000), wohingegen die Auswirkungen des<br />

medial vermittelten Inputs noch viele Fragen und damit Raum für Spekulationen offen<br />

lassen (vgl. auch Böhme-Dürr, 2000; Ritterfeld & Vorderer, 2000).<br />

Zahlreiche Untersuchungen zum Zusammenhang von elterlichem Sprachangebot und<br />

kindlicher Sprachkompetenz machen deutlich, dass die meisten Eltern (oder andere Bezugspersonen<br />

eines Kindes) ihr Sprachangebot intuitiv dem kindlichen Sprachvermögen<br />

anpassen und dabei der sukzessiv wachsenden Sprachkompetenz des Kindes Rechnung<br />

tragen. Durch so genannte naive Sprachlehrstrategien bieten sie dem Kind genau diejenigen<br />

Sprachparameter an, die es in seiner jeweiligen Entwicklungsphase benötigt (vgl.<br />

Siegert & Ritterfeld, 2000). Hierzu gehören zum Beispiel die prosodische Markierung<br />

durch Betonung und rhythmische Strukturierung, eine hohe Redundanz oder die so genannten<br />

linguistischen Erweiterungen kindlicher Äußerungen („Ein Fisch? Ja, das ist ein<br />

richtig großer Fisch!“). Der sozial vermittelte Input hat gegenüber dem medial vermittelten<br />

zwei gewichtige Vorteile: Er ist nicht nur responsiv auf das kindliche Sprachvermögen<br />

bezogen, sondern auch interaktiv. Responsiv bedeutet, dass den individuellen<br />

Voraussetzungen und Bedürfnissen des Kindes sowie den situativen Besonderheiten<br />

Rechnung getragen wird. Interaktiv heißt, dass die kindlichen Äußerungen von der Bezugsperson<br />

aufgegriffen und/oder (korrigiert) rückgemeldet werden und das Kind zur<br />

eigenen Sprachproduktion ermuntert wird. Es besteht kein Zweifel, dass diese beiden<br />

Vorteile des sozialen Datenangebots durch keine Form der <strong>Medien</strong>nutzung erfüllt werden<br />

können. Dennoch bietet die <strong>Medien</strong>rezeption spezifische Vorteile, die dem Spracherwerbsprozess<br />

zugute kommen können, und zwar dann, wenn die Attraktivität des<br />

Mediums die Aufmerksamkeit des Kindes auf das Sprachangebot zu lenken vermag.<br />

Die auditive Informationsverarbeitung stellt – ähnlich wie die visuelle Reizverarbeitung<br />

– keine Abbildung objektiver physikalischer Reize dar, sondern unterliegt konstruktiven<br />

Prozessen. Mit dem Konstrukt „Aufmerksamkeit“ wird dasjenige intrapsychische<br />

Geschehen zu fassen versucht, das die Schnittstelle zwischen physikalischer<br />

Reizverarbeitung und kognitiven Prozessen markiert (im Überblick: Neumann & Sanders,<br />

1996; vgl. auch Wirth, 2001). Aufmerksamkeit wird dabei metaphorisch als ,Filter‘<br />

konzeptualisiert, der eine Selektion der zu verarbeitenden Informationen vornimmt<br />

(Broadbent, 1954). Es wird angenommen, dass diese Selektionsprozesse im Dienste begrenzter<br />

Informationsverarbeitungskapazitäten stehen und das System vor Überforderung<br />

schützen (Posner & Snyder, 1975; Schneider & Shiffrin, 1977). Damit ist impliziert,<br />

dass die Selektionsprozesse nicht zufällig sind, sondern einer funktionalen Logik folgen.<br />

Ähnlich wie in der visuellen Wahrnehmung wurden auch beim Hören Ordnungsprinzipien<br />

identifiziert, die Einzeltöne oder -klänge zu einem holistischen auditiven<br />

Eindruck zusammenführen. Diese Ordnungsprinzipien werden auch als „Streaming“<br />

bezeichnet (vgl. ten Hoopen, 1996, S. 137). So ist beispielsweise untersucht worden, wie<br />

groß Tonhöhenunterschiede sein müssen, damit eine physikalische Tonreihe als zwei<br />

466


Vorderer / Ritterfeld / Klimmt · Spaß am Hören<br />

Reihen bzw. Melodien wahrgenommen wird. Diese so genannte Trillerschwelle liegt bei<br />

zwei bis drei Halbtönen. Interessant ist dabei, dass auch bei der Wahrnehmung zweier<br />

akustischer Gestalten das aus der Gestalttheorie bekannte Figur-Grund-Prinzip greift:<br />

Eine Reihe wird als dominant, die andere als hintergründig wahrgenommen (l. c.). Das<br />

Streaming-Phänomen konnte nicht nur in Bezug auf Frequenz-, sondern auch hinsichtlich<br />

der Tempounterschiede nachgewiesen werden und verdeutlicht damit eine der<br />

grundlegenden Kompetenzen, die erforderlich sind, um einem einzelnen Sprecher<br />

zuhören zu können, auch wenn gleichzeitig andere Geräusche oder Stimmen ertönen.<br />

Dass die angewandten Ordnungsprinzipien sich darüber hinaus auch auf Bedeutungsaspekte<br />

beziehen könnten, wurde durch ein Experiment von Gray und Wedderburn<br />

(1960) deutlich: In einem dichotischen Hörtest hörte das eine Ohr die Reihe „wer – 4 –<br />

da“, das andere hingegen „6 – geht – 1“. Die Wiedergabe der beiden Reihen erfolgte geordnet<br />

nach Bedeutung: „wer geht da“ und „6-4-1“. Der Aufmerksamkeit kommt damit<br />

die Funktion zu, akustische Eindrücke so auszuwählen und zu ordnen, dass damit<br />

die Grundlage für einen sinnvollen auditiven Konstruktionsprozess geschaffen wird<br />

(vgl. auch Bregman, 1978).<br />

Die vom System als irrelevant herausgefilterten Informationen werden nicht weiter<br />

verarbeitet, treten damit auch nicht in Kontakt mit Gedächtnisprozessen (Sperling,<br />

1960) und sind nicht bewusstseinsfähig (Deutsch & Deutsch, 1963). Dabei können diese<br />

Selektionsprozesse sowohl von außen durch Ereignisse in der Umwelt als auch durch<br />

intrapsychische Motivationen und Intentionen gesteuert werden. Im ersten Fall wird<br />

von einer unwillkürlichen, im zweiten Fall von einer willkürlichen Aufmerksamkeitszuwendung<br />

gesprochen (Eimer, Nattkemper, Schröger & Prinz, 1996). Diese Terminologie<br />

birgt allerdings die Gefahr einer Verwechslung mit der Unterscheidung automatisierter<br />

versus willentlicher Prozesse, wie sie etwa von Posner und Snyder (1975) beziehungsweise<br />

von Schneider und Shiffrin (1977) im Rahmen der so genannten Zwei-Prozess-Theorie<br />

vorgenommen wurde. Während sich die Unterscheidung zwischen<br />

willkürlichen und unwillkürlichen Formen der Aufmerksamkeit auf die Verortung des<br />

die Aufmerksamkeit steuernden Mechanismus bezieht, fokussiert die Differenzierung<br />

in automatisierte versus willentliche Prozesse den Grad der Bewusstheit während der<br />

Informationsverarbeitung (Bargh, 1997).<br />

Kahnemann und Chajzyk (1983) sowie Logan (1985) postulierten ein Kontinuum der<br />

Aufmerksamkeit, das den Grad der Automatisierung kennzeichnet: Hoch automatisierte<br />

Prozesse verlangen danach wenig, bewusste Prozesse hingegen viel Aufmerksamkeit,<br />

ganz gleich, ob der Aufmerksamkeitsfokus durch Ereignisse in der Umwelt oder durch<br />

intrapsychische Motivationen bzw. Intentionen gesteuert wird. Dieses Modell macht<br />

deutlich, dass die Verarbeitung des Neuen immer mehr Ressourcen benötigt als die Verarbeitung<br />

des Vertrauten (vgl. auch Underwood & Everatt, 1996). In dem Moment, in<br />

dem eine Tätigkeit hoch automatisiert ist, werden deshalb Ressourcen frei, die für andere<br />

Paralleltätigkeiten genutzt werden können. Sprachverarbeitung bedeutet bei Kindern<br />

immer auch die Verarbeitung von Neuem. Werden neue Informationen, beispielsweise<br />

ein neues Wort, nicht aufmerksam beachtet, so ist nach dem beschriebenen Modell<br />

davon auszugehen, dass dieses Wort nicht im Gedächtnis gespeichert werden kann.<br />

Passiert dieses Wort hingegen den Selektionsfilter, so ist in Abhängigkeit von der aufgewendeten<br />

Aufmerksamkeit bei der Wortverarbeitung eine unterschiedlich gründliche<br />

Informationsverarbeitung zu erwarten. Verlangt zum Beispiel eine Tätigkeit ein hohes<br />

Maß an Aufmerksamkeit, so stehen für die Verarbeitung eines gleichzeitig dargebotenen<br />

sprachlichen Inputs weniger Ressourcen zur Verfügung als wenn die Sprachverarbeitung<br />

im Mittelpunkt des kindlichen Interesses steht.<br />

467


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

In den zahlreichen Studien zur so genannten „infant directed speech“ wird impliziert,<br />

dass das Sprachverhalten von Erwachsenen die Aufmerksamkeit des Kindes auf die Inhalte<br />

der Kommunikation und damit auf die Sprache zu lenken vermag (im Überblick:<br />

Hennon, Hirsh-Pasek & Golinkoff, 2000). Bereits bei Neugeborenen konnte die aufmerksamkeitsfördernde<br />

Funktion prosodischer Elemente der mütterlichen Sprache wie<br />

eine erhöhte Indifferenzlage oder Vokaldehnungen nachgewiesen werden (z. B. Messer,<br />

1994). Kitamura und Burnham (1998) fanden einen Zusammenhang zwischen der emotionalen<br />

Qualität der mütterlichen Stimme und der Aufmerksamkeitszuwendung neugeborener<br />

Kinder. Die Autoren interpretieren dieses Ergebnis funktionalistisch, indem<br />

sie davon ausgehen, dass eine emotionale Intensität der mütterlichen Sprechweise mit<br />

der Bedeutungshaltigkeit bzw. Relevanz des Gesagten für das Kind in Zusammenhang<br />

stehe. Insofern verwundert es auch nicht, dass sich der frühe Blickkontakt in den Untersuchungen<br />

von Keller (2000) als guter Prädiktor für die spätere kognitive Entwicklung<br />

erwies, denn der Blickkontakt kann als ein Indikator für Aufmerksamkeitszuwendung<br />

interpretiert werden. Im weiteren Entwicklungsverlauf wird die so genannte geteilte<br />

Aufmerksamkeit („joint attention“) für den semantischen und grammatischen<br />

Spracherwerb wichtig (im Überblick: Snow, 1999). Damit ist gemeint, dass im dyadischen<br />

Geschehen zwischen Erwachsenem und Kind die Aufmerksamkeit parallelisiert<br />

wird, indem ein Ereignis oder Gegenstand in den Mittelpunkt des gemeinsamen Interesses<br />

rückt.<br />

Obwohl das Konstrukt „Aufmerksamkeit“ im Kontext des kindlichen Spracherwerbs<br />

bisher nur selten explizit thematisiert wurde, kommt ihm also eine zentrale Bedeutung<br />

zu (vgl. ausführlicher: Ritterfeld, zur Publikation eingereicht). Aufmerksamkeit besitzt<br />

hier zunächst eine motivationale bzw. selektive Komponente. Dabei steht das Maß an<br />

bewusster und willentlicher Steuerung von Wahrnehmungsprozessen im Vordergrund.<br />

Zweitens bezeichnet „Aufmerksamkeit“ den Anteil an kognitiven Ressourcen, den das<br />

Kind für einen ihm angebotenen sprachlichen Input aufbringt. Dabei geht es um Aspekte<br />

der Informationsverarbeitung: Geschwindigkeit und Tiefe der Verarbeitungsprozesse<br />

variieren mit dem investierten Maß an Aufmerksamkeit und damit auch mit der Effizienz<br />

des Sprachlernens aus dem angebotenen Input.<br />

3.2 Kindliches Unterhaltungserleben<br />

Die medien<strong>wissenschaft</strong>lichen und -psychologischen Theorien zum Unterhaltungserleben<br />

während der Nutzung von <strong>Medien</strong>angeboten betonen die besondere Bedeutung<br />

medialer Akteure, Figuren oder Charaktere. So sieht die Affective Disposition Theory<br />

von Zillmann (im Überblick: Zillmann, 1996) die Ursachen für die emotionale Beteiligung<br />

von Rezipienten in deren Bewertungen und Einstellungen gegenüber diesen Akteuren.<br />

Danach findet die Rezeption ihren Ausgangspunkt in der Beobachtung eines<br />

Protagonisten („Perception, Assessment“) durch einen <strong>Medien</strong>nutzer. Diese Wahrnehmung<br />

führt – so Zillmann – zu einer moralischen Beurteilung („Moral Judgement“) der<br />

Handlungen des Protagonisten, die entweder positiv (billigend) oder negativ (missbilligend)<br />

ausfällt. Nach Zillmanns Überzeugung ist es eine Frage dieser Bewertung, ob der<br />

Rezipient dem Protagonisten positive („Liking“, „Caring“) oder negative Affekte<br />

(„Disliking“, „Resenting“) entgegenbringt, und welche Erwartungen er bezüglich des<br />

weiteren Verlaufs der Narration hegt. Empfindet er dem Protagonisten gegenüber positive<br />

Gefühle, so richten sich seine Hoffnungen auf einen für diesen Protagonisten vorteilhaften<br />

Ausgang. Gleichzeitig fürchtet er ein für den Protagonisten ungünstiges Ende<br />

der Geschichte. Bringt der Rezipient dagegen einer Figur negative Gefühle entgegen, so<br />

468


Abbildung 1: Ablaufschema unterhaltsamer Rezeptionsprozesse nach Zillmann (1996, S. 219)<br />

Vorderer / Ritterfeld / Klimmt · Spaß am Hören<br />

(1) (2) (3) (4) (5) (6) (7)<br />

Perception, Moral Affective Anticipation, Perception, Response to Moral<br />

Assessment Judgement Disposition Apprehension Assessment Outcome/Emotion Judgement<br />

469


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

hofft er geradezu auf einen für diese Figur ungünstigen Ausgang und befürchtet, es könne<br />

am Ende zu einem ungerechtfertigten positiven Ausgang kommen. Im ersten Fall (der<br />

Billigung) führt dies zu einer empathischen Anteilnahme an allen Emotionen des Protagonisten,<br />

das heißt: Der Rezipient teilt die Emotion des Protagonisten. Im zweiten Fall<br />

(der Missbilligung) folgt ein Auseinanderfallen der Emotionen von Zuschauer und Protagonist,<br />

das sogar zu einer generellen Schadenfreude („Counterempathy“) in Bezug auf<br />

diese Figur (typischerweise den „Bösewicht“) führen kann. Unabhängig davon, welchen<br />

Verlauf die emotionale Beteiligung des Zuschauers genommen hat, entstehen aus den<br />

Hoffnungen für bzw. Ängsten um die <strong>Medien</strong>person Gefühle und damit das klassische<br />

Unterhaltungserleben. Das mit Spannung erwartete Ende der Narration wird dann einer<br />

erneuten moralischen Beurteilung unterzogen, die selbst wiederum die anfänglich<br />

beschriebene Beobachtung der Protagonisten beeinflusst.<br />

Bei den empirischen Prüfungen einzelner Bestandteile dieser Theorie zeigte sich, dass<br />

vor allem die dem Protagonisten von den Rezipienten entgegengebrachte Sympathie von<br />

entscheidender Bedeutung dafür ist, wie sehr der Rezipient mit dem Protagonisten empathisch<br />

ist und damit auch, wie viel Spannung und Emotionen er empfindet, wie gut er<br />

sich also insgesamt unterhält (vgl. bereits Zillmann & Cantor, 1977; aktuell: Vorderer &<br />

Bube, 1996; Vorderer, Knobloch & Schramm, 2001). Daher gilt das Modell Zillmanns<br />

heute vor allem in der <strong>Medien</strong>psychologie als am besten geeignet, die unterhaltsame Rezeption<br />

von <strong>Medien</strong>angeboten Erwachsener umfassend zu beschreiben und zu erklären.<br />

Die Kritik, die dennoch an diesem Modell geübt wurde, bezog sich auf dessen schon fast<br />

ubiquitären Erklärungsanspruch und fordert insbesondere Differenzierungen bei der<br />

Beschreibung und Erklärung der kognitiven und emotionalen Beteiligung unterschiedlicher<br />

Rezipientengruppen und verschiedenartiger <strong>Medien</strong>angebote (vgl. Vorderer,<br />

1994, 1996a, im Druck).<br />

Im Hinblick auf kindliche Rezeptionserfahrungen lässt sich nämlich einwenden, dass<br />

dem Vorbildcharakter, den bestimmte mediale Figuren häufig für Kinder haben, im<br />

Rahmen der Dispositions-Theorie zu wenig Rechnung getragen wird. Protagonisten<br />

können aufgrund ihrer äußeren Erscheinung, ihrer physischen Stärke, ihrer Intelligenz<br />

und ihres Humors für den kindlichen Rezipienten so attraktiv sein, dass sie vor allem als<br />

Vorbilder wahrgenommen und empfunden werden, denen es nachzueifern gilt bzw. auf<br />

die sich zentrale Wünsche und Phantasien projizieren lassen. Hoffner (1996) bezeichnet<br />

diese Wahrnehmung von <strong>Medien</strong>helden als „wishful identification“. Zentral für das Unterhaltungserleben<br />

der Kinder ist demnach deren Wunsch, selbst so zu sein wie die mediale<br />

Vorbildfigur und Anteil an ihren positiven Eigenschaften zu erhalten (vgl. auch<br />

Paus-Haase, 1994).<br />

Eine dritte Möglichkeit, das Unterhaltungserleben während der kindlichen <strong>Medien</strong>rezeption<br />

zu beschreiben, ist das Konzept der parasozialen Interaktion (Horton &<br />

Wohl, 1956). Hier wird nicht von einer Identifikation der Rezipienten mit den <strong>Medien</strong>figuren<br />

ausgegangen, sondern von einer besonderen Form der „Beziehung“ zwischen<br />

Publikum und <strong>Medien</strong>person. Aus dieser Perspektive wird insbesondere das Personal<br />

von Unterhaltungsserien und wiederkehrenden Angebotsformen wie Nachrichten oder<br />

Talkshows von den Rezipienten wie „gute Bekannte“ wahrgenommen. Solche „Beziehungen“<br />

zu Moderatorinnen, Ansagern oder Charakteren sind relevant für die Bewertung<br />

des <strong>Medien</strong>angebots und auch für das Unterhaltungserleben während der Rezeption<br />

(vgl. im Überblick: Vorderer, 1996b, 1998). Für kindliche Rezipienten scheinen solche<br />

„<strong>Medien</strong>freundschaften“ besonders wichtig zu sein. So hat z. B. Groebel (1994a)<br />

wiederholt auf die Präferenzmuster von Kindern hingewiesen, die er in unterschiedlichen<br />

Studien identifizieren konnte. Dabei zeigte sich, dass es neben der Attraktivität des<br />

470


Vorderer / Ritterfeld / Klimmt · Spaß am Hören<br />

Protagonisten (die für Kleinkinder insbesondere von weiblichen und freundlichen Figuren<br />

realisiert werden kann) vor allem auf die sachliche Bindung an das <strong>Medien</strong>angebot<br />

(also vor allem auf die Frage, wie glaubwürdig, hilfreich und unterstützend ein Protagonist<br />

erscheint), auf die soziale Bindung zum Protagonisten (der durch die mediale<br />

Präsentation für die Kinder einfach da ist und somit ihre <strong>Kommunikations</strong>bedürfnisse<br />

aufgreift) und auf die emotionale Bindung (die sich vor allem aus einem Bedürfnis nach<br />

intensiven Gefühlen und nach Vorbildfiguren ergibt, die Projektionsflächen für eigene<br />

Emotionen darstellen) ankommt. Groebel (1994b) bezeichnet diese vier Aspekte als die<br />

Hauptcharakteristika der parasozialen Interaktion zwischen kindlichem Rezipient und<br />

Protagonist.<br />

Die vorgestellten Ansätze zur Erklärung des kindlichen Unterhaltungserlebens bei<br />

der Hörspielrezeption messen somit übereinstimmend den <strong>Medien</strong>figuren eine zentrale<br />

Bedeutung bei. Dass gerade die Helden von Hörspielen wichtige Bezugspersonen für<br />

kindliche Rezipienten sind, zeigt zum Beispiel eine Studie von Heidtmann (1995): Benjamin<br />

Blümchen und Bibi Blocksberg gehören unter Kindern zu den beliebtesten <strong>Medien</strong>figuren<br />

und rangieren vor den meisten Fernsehcharakteren, etwa den Disney-Geschöpfen.<br />

Neben dem Personal der Geschichten ist aber zweifelsohne auch die Darbietungsform<br />

eines <strong>Medien</strong>angebots relevant für das Unterhaltungserleben. Insbesondere<br />

Musik entfaltet unterhaltsame Wirkungen (im Überblick: Schramm, 2001) und hat im<br />

Kontext von <strong>Medien</strong>angeboten, zum Beispiel bei Filmen (Maas, 1997) und Hörspielkassetten<br />

(Pöttinger, 1994; Peinecke, 1996), auch eine verständnisfördernde Funktion.<br />

Während die emotionale Bedeutung der Charaktere auf die inhaltlichen Aspekte unterhaltsamer<br />

<strong>Medien</strong>angebote zurückgeht, wurzelt der „Musikgenuss“ als Teil des Unterhaltungserlebens<br />

in der formalen Gestaltung. Dazu gehören im Falle von Kinderhörspielen<br />

auch Soundeffekte (Weber, 1997), die dem Kind helfen, seine Imagination der<br />

Geschichte zu konkretisieren. Formale Elemente unterhaltsamer <strong>Medien</strong>angebote dienen<br />

offensichtlich eher der direkten Stimulanz oder Absorption, während inhaltliche<br />

Elemente stärker über die Evokation von Sozio-Emotionen zum Unterhaltungserleben<br />

beitragen dürften.<br />

3.3. Unterhaltung und Spracherwerb: Modelle zur einzelnen und mehrmaligen Hörspielrezeption<br />

Auf der Grundlage der vorgestellten Überlegungen zum kindlichen Spracherwerb und<br />

Unterhaltungserleben lassen sich nun Annahmen darüber formulieren, inwiefern die<br />

Geschichten auf Hörspielkassetten den Spracherwerb kindlicher Rezipienten beeinflussen<br />

können. Im Gegensatz zu der populären Annahme über eine Beeinträchtigung der<br />

Sprachentwicklung durch <strong>Medien</strong>gebrauch (Heinemann, 1997) nehmen wir an, dass der<br />

auditive Input, den Hörspiele liefern, den Spracherwerb fördern kann. Dieser positive<br />

Effekt ist sowohl auf der Ebene der einzelnen Rezeption als auch auf der Ebene der wiederholten<br />

Nutzung im Zeitverlauf zu erwarten.<br />

Wir gehen davon aus, dass am Anfang des Rezeptionsprozesses (vgl. Abbildung 2) die<br />

Wahrnehmung formaler Unterhaltungselemente steht. Viele Hörspiele beginnen mit einem<br />

(bei Serien wiederkehrenden und charakteristischen) Musikstück oder Lied (Pöttinger,<br />

1994). Zu diesem frühen Zeitpunkt verfügt das Kind noch nicht über komplexe<br />

inhaltliche Informationen aus dem Hörspiel, hat also noch keine affektive Bindung zum<br />

Protagonisten entwickelt – es sei denn, diese Bindung besteht bereits aus der Kenntnis<br />

anderer Episoden der gleichen Serie, wie etwa bei „Benjamin Blümchen“ (vgl. Heidtmann,<br />

1995). Die formalen Elemente lenken nach unserer Vorstellung die Aufmerk-<br />

471


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

samkeit des Kindes auf die auditive Modalität. Prägnante Reize, wie sie Musik oder<br />

Klangeffekte darstellen, bewirken eine Hinwendungsreaktion. Das Kind beginnt, aufmerksam<br />

zuzuhören. Diese unwillkürliche Aufmerksamkeit ist die erste Wirkung, die<br />

das Hörspiel auf kindliche Rezipienten entfaltet. Sie ermöglicht es dem Kind auch, die<br />

ersten sprachlichen Informationen bewusst aufzunehmen und zu verarbeiten: Aus den<br />

„Geräuschen“, die das Hörspiel produziert, werden sinnvolle Informationen. Anhand<br />

dieser Informationen und der formalen Gestaltung nimmt das Kind eine erste Bewertung<br />

vor: Ist das Gehörte unterhaltsam und interessant? Oder ist es langweilig und unangenehm?<br />

Fühlt sich das Kind an dieser Stelle nicht gut unterhalten, verliert es an Zuwendungsmotivation<br />

und beginnt, sich zu langweilen. Ein Abbruch der Rezeption wird<br />

wahrscheinlich, zumindest aber steigt das Interesse für alternative Reize und Beschäftigungsmöglichkeiten.<br />

Beurteilt das Kind hingegen den Anfang des Hörspiels als unterhaltsam,<br />

wird es mit größerer Wahrscheinlichkeit die Rezeption fortsetzen. Außerdem<br />

wird es seine Aufmerksamkeit bewusst auf den folgenden Teil des Hörspiels richten und<br />

spätestens jetzt den Großteil seiner kognitiven Ressourcen auf die Verarbeitung der Geschichte<br />

verwenden.<br />

Abbildung 2: Modell zum Zusammenhang zwischen Unterhaltungserleben und<br />

Sprachlernen während der einmaligen Rezeption eines Hörspiels<br />

Ist auf diese Weise der Einstieg in eine verstehende, interessierte Rezeption gelungen,<br />

entfaltet sich schnell die Welt des Hörspiels. Das Kind nimmt in schneller Folge Informationen<br />

über Personal, Handlungen und Ereignisse auf. An dieser Stelle beginnt sich<br />

die affektive Bindung an den Protagonisten der Geschichte zu entwickeln. Dessen erste<br />

Erlebnisse werden verarbeitet und (moralisch) bewertet (Zillmann, 1996), und das Kind<br />

entwickelt eine ,emotionale Beziehung‘ zur Hauptfigur (Hoffner, 1996). Zu diesem<br />

Zeitpunkt wird das Unterhaltungserleben nicht mehr nur wie zu Beginn aus formalen<br />

Elementen wie Musik, sondern auch aus inhaltlichen Elementen, nämlich der emotionalen<br />

Attraktivität der Hauptfigur, ,gespeist‘.<br />

Gelingt es dem Hörspiel also, sein formales und inhaltliches Unterhaltungspotenzial<br />

aufrechtzuerhalten und somit das Kind zu unterhalten, entsteht ein Kreislauf aus Aufmerksamkeit<br />

und Unterhaltungserleben. Da die Geschichte interessant ist, investiert das<br />

472


Vorderer / Ritterfeld / Klimmt · Spaß am Hören<br />

Kind immer wieder seine Aufmerksamkeit in die Geschichte und schenkt Alternativreizen<br />

nur selten und kurz Beachtung. Die aufmerksam aufgenommenen Informationen<br />

des Hörspiels können wiederum bei der Verarbeitung als unterhaltsam erlebt werden.<br />

Das Unterhaltungserleben wirkt also immer wieder als Motivator für die attentionale<br />

Hinwendung des Kindes zum Hörspiel und wird seinerseits durch die persistente Aufmerksamkeit<br />

aufrechterhalten. Da „Aufmerksamkeit“ eine Schlüsselgröße für das kindliche<br />

Sprachlernen aus einem angebotenen sprachlichen Input darstellt (s. o.), ist zu vermuten,<br />

dass kindliche Rezipienten mit größerer Wahrscheinlichkeit aus den sprachlichen<br />

Informationen eines Hörspiels semantische und syntaktische Strukturen extrahieren,<br />

also einen Sprachlerneffekt erzielen, wenn ihre Aufmerksamkeit durch das<br />

unterhaltsame Rezeptionserleben gefördert wird. Dies gilt sowohl für die durch formale<br />

Unterhaltungselemente getriggerte unwillkürliche als auch für die anschließend investierte<br />

willkürliche Aufmerksamkeit. Vermag also ein Hörspiel, seine kindlichen Rezipienten<br />

„gut zu unterhalten“, ist es eher in der Lage, deren Aufmerksamkeit zu binden und<br />

zu deren Spracherwerb beizutragen.<br />

Wie oben bereits ausgeführt, setzt sich das Unterhaltungspotenzial von Hörspielen<br />

sowohl aus dem Angebot für eine parasoziale Beziehung zu dem Hörspielprotagonisten<br />

als auch aus formalen Unterhaltungselementen zusammen. Dieses formale Unterhaltungspotenzial<br />

manifestiert sich vor allem in Soundeffekten. Darunter fallen die bereits<br />

erwähnte Eingangsmusik, die sich häufig bei Hörkassetten findet, oder auch die Geschichte<br />

begleitende Musikeinlagen. Daneben können aber auch andere Geräusche oder<br />

Klänge die Narration unterstreichen und sogar zu einem tieferen Verständnis der<br />

sprachlich dargebotenen Geschichte beitragen. Dies ist beispielsweise dann der Fall,<br />

wenn nicht nur erzählt wird, dass die Vögel singen, sondern tatsächlich Vogelgezwitscher<br />

zu hören ist. Die Soundeffekte verdeutlichen damit ähnlich wie die Bilder im Bilderbuch<br />

oder Fernsehen das Geschehen. Durch ihre ausschließlich akustische Vermittlung<br />

wird jedoch die Aufmerksamkeit des Kindes nicht von der auditiven auf die visuelle<br />

Rezeption verlagert. Es kann deshalb vermutet werden, dass das Ablenkungspotenzial,<br />

welches (vor allem bewegte) Bilder bei der gleichzeitigen Verarbeitung sprachlicher Informationen<br />

besitzen können, bei Hörkassetten nicht gegeben ist; ganz im Gegenteil<br />

sollten gerade diese formalen Unterhaltungselemente geeignet sein, die Aufmerksamkeit<br />

des Kindes für die auditive Rezeption aufrechtzuerhalten. Mit anderen Worten: Das formale<br />

Unterhaltungspotenzial öffnet das Fenster für die sprachliche Informationsverarbeitung<br />

und sorgt gleichzeitig dafür, dass es geöffnet bleibt.<br />

Das vorgestellte Modell trifft Annahmen über den Zusammenhang zwischen Unterhaltungserleben<br />

und Sprachlernen während des einzelnen Rezeptionsprozesses. Da der<br />

Spracherwerb eine längerfristige Entwicklung darstellt und in hohem Maße von Redundanz<br />

und Wiederholung dargebotenen Inputs abhängig ist (vgl. oben), erscheint es<br />

aber auch sinnvoll, die zeitliche Perspektive zu erweitern und die Bedeutung des Unterhaltungserlebens<br />

über mehrere Rezeptionsvorgänge hinweg, also mit Blick auf die<br />

längerfristige Nutzung eines <strong>Medien</strong>angebots, zu beleuchten. In dieser Perspektive erscheinen<br />

die kindlichen Nutzer als durchaus intentional Handelnde, die bei der nächsten<br />

anstehenden Entscheidung für eine unterhaltsame Rezeption mit höherer Wahrscheinlichkeit<br />

erneut das Hörspiel auswählen werden, welches ihnen schon in der Vergangenheit<br />

positiv empfundene Unterhaltungserlebnisse beschert hat. Denn gemäß Zillmanns<br />

(1988) Mood Management Theory ist das Aufsuchen positiv bewerteter<br />

Stimmungen und das Vermeiden negativer Stimmungen die zentrale Einflussgröße für<br />

das Selektionsverhalten von <strong>Medien</strong>nutzern (vgl. auch Zillmann, 2000). Diese Erwartung<br />

wird zumindest insofern bestätigt, als die vorhandene Literatur über die Nutzung<br />

473


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

von Kinderhörkassetten von einer extrem häufig wiederholten Rezeption einzelner<br />

Hörspieltitel zu berichten weiß (Inhalte und Themen der Kinderhörspiele, 1995, S. 21).<br />

Die formale Gestaltung und die emotionale Attraktivität des Protagonisten eines<br />

Hörspiels beeinflussen also nicht nur das kindliche Unterhaltungserleben während der<br />

Rezeption, sondern auch das mittel- und langfristige Nutzungsverhalten. Je unterhaltsamer<br />

ein Hörspiel von seinen kindlichen Rezipienten empfunden wird, desto häufiger<br />

sollte es auch von ihnen genutzt werden. Die Nutzungsfrequenz wiederum ist für die<br />

Extraktion von Informationen, die für den Spracherwerb relevant sind, eine kritische<br />

Größe: Mit zunehmender Häufigkeit der Wiederholung sprachlichen Inputs steigt auch<br />

die Wahrscheinlichkeit, dass sich Kinder neues Sprachwissen aneignen (vgl. oben). Da<br />

die sprachliche Information des Hörspiels bei jedem Rezeptionsvorgang vollkommen<br />

identisch bleibt, erfüllt die häufige Nutzung eines Hörspiels eine wesentliche Voraussetzung<br />

für das kindliche Sprachlernen, nämlich die mehrfache Wiederholung des<br />

Inputs. So müssen die Annahmen zum einzelnen Rezeptionsvorgang ergänzt werden<br />

um ein Modell zur wiederholten Nutzung, denn darin liegt der entscheidende Zusammenhang<br />

zwischen Unterhaltungserleben und Spracherwerb (vgl. Abbildung 3).<br />

Abbildung 3: Modell zum Zusammenhang zwischen Unterhaltungserleben und<br />

Sprachlernen aus der Perspektive des Selektions- und Nutzungsverhaltens<br />

Je häufiger das Kind ein Hörspiel rezipiert, desto mehr Möglichkeiten hat es, sprachliche<br />

Informationen für sich zu extrahieren und diese abzuspeichern und desto größer<br />

sollte der Sprachlerneffekt sein, der auf die Nutzung des Hörspiels zurückzuführen ist.<br />

474<br />

Sprachlernen<br />

Sprachlernen<br />

Sprachlernen


Vorderer / Ritterfeld / Klimmt · Spaß am Hören<br />

Umgekehrt dürfte ein eher „langweiliges“ Hörspiel seltener rezipiert werden. Dessen<br />

sprachlicher Input hätte daher weniger Chancen, erlernt zu werden.<br />

4. Fazit und Ausblick<br />

Die <strong>Medien</strong>nutzung von Vorschulkindern ist bisher nur unzureichend erforscht worden.<br />

Vor allem Hörspielkassetten sind in der <strong>Kommunikations</strong>- und <strong>Medien</strong><strong>wissenschaft</strong><br />

resp. -psychologie zu selten thematisch geworden, obwohl sie für Vorschulkinder<br />

eines der beliebtesten (Unterhaltungs-)<strong>Medien</strong> überhaupt darstellen. Uns<br />

ging es deshalb an dieser Stelle darum, ein erstes Modell über den potenziellen Einfluss<br />

der Hörspielkassettennutzung auf den Verlauf einer für Vorschulkinder zentralen<br />

Entwicklungsaufgabe, nämlich den Spracherwerb, zu explizieren. Aus Sicht dieses<br />

Modells bindet die Unterhaltsamkeit eines Hörspiels im Verlauf der einzelnen Rezeption<br />

die Aufmerksamkeit für den sprachlichen Input und schafft so eine Voraussetzung<br />

für dessen „tiefe“ und nachhaltige Verarbeitung. Darüber hinaus ist die häufige Wiederholung<br />

dieser Rezeption – im Falle von besonders unterhaltsamen Hörspielkassetten<br />

– von großer Bedeutung für das Sprachlernen, weil die so entstehende Redundanz<br />

die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass das Kind sprachliche Informationen aus dem<br />

Input extrahiert und entsprechende Wissensstrukturen anlegt. Freilich sind die Annahmen<br />

dieses Modells empirisch zu prüfen. Eine erste Teilstudie (Vorderer, Klimmt &<br />

Liebetruth, im Druck) hat bereits Hinweise auf den Zusammenhang zwischen der formalen<br />

Gestaltung eines Hörspiels und dem Unterhaltungserleben seiner kindlichen<br />

Rezipienten erkennen lassen, gleichzeitig aber einmal mehr die Schwierigkeiten empirischer<br />

Forschung mit Vorschulkindern offenbart. Weitere labor- und feldexperimentelle<br />

Studien sollen dazu dienen, die Einflüsse der oben skizzierten formalen und inhaltlichen<br />

Merkmale eines Hörspiels auf die Aufmerksamkeit und das Unterhaltungserleben<br />

von Vorschulkindern während der Rezeption sowie das Nutzungsverhalten<br />

über einen längeren Zeitraum hinweg zu prüfen. Sprachpsychologische Experimente<br />

werden schließlich überprüfen müssen, ob und inwiefern unterschiedlich starke<br />

Sprachlerneffekte in Abhängigkeit von der Aufmerksamkeit, die einem Hörspiel gewidmet<br />

wird, und in Abhängigkeit von der Häufigkeit, mit der es rezipiert wird, nachzuweisen<br />

sind.<br />

Mehr Unterhaltungserleben bedeutet nicht automatisch auch mehr Sprachlernen.<br />

,Knallige Sounds‘ und schrille Musik allein fördern weder das Unterhaltungserleben der<br />

Kinder, noch vergrößern sie den potenziellen Beitrag des Hörspiels zum Spracherwerb.<br />

Ein „wohlgeformter Input“ aber, der deutlich ausgesprochen und verständlich formuliert<br />

wird, stellt unseres Erachtens eine unverzichtbare Grundlage für jede sprachförderliche<br />

Wirkung einer Geschichte dar. Die oftmals für ihre angebliche „Oberflächlichkeit“<br />

gescholtenen Massenproduktionen unter den Kindermedien sind mithin differenzierter<br />

zu bewerten. Denn die für solche Angebote typischen Gestaltungsmerkmale sind<br />

für Kinder nicht nur attraktiv, sie könnten sogar einen durchaus positiven und wichtigen<br />

Beitrag zur kindlichen Ontogenese leisten.<br />

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Ego-Shooter, Prügelspiel, Sportsimulation?<br />

Zur Typologisierung von Computer- und Videospielen<br />

Christoph Klimmt<br />

BERICHTE<br />

Computer- und Videospiele stellen die <strong>Medien</strong>- und <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong> vor<br />

neue Herausforderungen: Angesichts ihrer rasanten Verbreitung und ihrer herausragenden<br />

Stellung unter den medialen Unterhaltungsangeboten besteht erheblicher Forschungsbedarf.<br />

Bisher liegen jedoch nur wenige Abhandlungen und noch weniger empirische<br />

Studien zum Umgang mit Computer- und Videospielen vor. Selbst eine einheitliche<br />

Terminologie und Genreeinteilung für diesen neuen Forschungsgegenstand existiert<br />

(noch) nicht. Der Beitrag stellt daher ausgewählte Taxonomien aus der Praxis und der<br />

Wissenschaft vor und diskutiert ihre Vor- und Nachteile. Alternativ zu einer Taxonomie<br />

werden drei zentrale Ebenen der Beschreibung von Computer- und Videospielen vorgeschlagen,<br />

die als Grundlage für eine systematisch-<strong>wissenschaft</strong>liche Auseinandersetzung<br />

mit diesem Forschungsgegenstand sinnvoll erscheinen.<br />

Keywords: Computerspiel, Videospiel, Interaktivität, Unterhaltung, Genre, Klassifikation,<br />

Typologie, Taxonomie, Gegenstandsbeschreibung<br />

1. Einführung<br />

Der Einzug von Computern in die deutschen Kinder- und Jugendzimmer ist nicht mehr<br />

im vollen Gange – er ist beinahe abgeschlossen. Rund 70 Prozent der Haushalte, in denen<br />

Kinder leben, verfügen heute über einen PC (Franzmann, 2001). Fast die Hälfte der<br />

Jugendlichen besitzt sogar einen eigenen Rechner (Feierabend & Klingler, 2000). Unter<br />

den zahlreichen Nutzungsmöglichkeiten, die der PC bietet, ist „Spielen“ nach wie vor<br />

die beliebteste: Sowohl bei Kindern als auch bei Jugendlichen (Feierabend & Klingler,<br />

2000, 2001) führen Computerspiele in der Rangliste der beliebtesten PC-Anwendungsformen.<br />

Als Plattform für interaktive Unterhaltungsangebote stehen neben dem PC auch so<br />

genannte Videospielkonsolen zur Verfügung: spezielle Computer, die fast ausschließlich<br />

zum Spielen verwendet werden können. Sie werden üblicherweise an einen Fernseher<br />

angeschlossen und sind kleiner, leichter und einfacher zu bedienen als ein PC. Neben<br />

den Geräten für das Wohn- oder Kinderzimmer sind auch tragbare Systeme, allen<br />

voran der „Game Boy“ von Nintendo (vgl. hierzu Sheff, 1995), beliebt. Im Jahr 1999 besaßen<br />

die Deutschen insgesamt rund 11,2 Millionen tragbare und stationäre Videospielsysteme<br />

(VUD, 1999).<br />

Die Verbreitung von Spielsoftware entwickelt sich ähnlich dynamisch wie der Absatz<br />

der Hardware. Im ersten Halbjahr 2000 wurden in Deutschland ca. 14,75 Millionen<br />

Computerspiele auf CD-ROM und 8,24 Millionen Videospiele für die verschiedenen<br />

Konsolensysteme verkauft (VUD, 2001). Die Computerspieleindustrie weist im Vergleich<br />

mit den anderen Sparten der Unterhaltungsbranche seit Jahren die größten<br />

Wachstumsraten auf (Poole, 2000). Denn Computerspielen gehört mittlerweile zu den<br />

beliebtesten Freizeitbeschäftigungen. Rund 65 Prozent der 14- bis 19-jährigen, 40 Prozent<br />

der 20- bis 29-jährigen und noch 32 Prozent der 30- bis 39-jährigen Bundesbürger<br />

spielen laut „Typologie der Wünsche“ (Burda Advertising Center, 2001) zumindest<br />

„selten“ Video- und/oder Computerspiele. Insgesamt können aufgrund dieser Daten<br />

480


Klimmt · Ego-Shooter, Prügelspiel, Sportsimulation<br />

rund 15 Millionen Deutsche zur Gruppe der Spielenden gezählt werden. In den USA<br />

nutzen nach Angaben der Industrie sogar rund 145 Millionen Menschen Computerund/oder<br />

Videospiele (Interactive Digital Software Association, 2000).<br />

Während die Popularität interaktiver Unterhaltungsangebote unumstritten ist, wird<br />

über ihre Konsequenzen heftig debattiert. Im Mittelpunkt steht dabei die Beobachtung,<br />

dass ein Großteil der verfügbaren Computer- und Videospiele Gewalthandlungen beinhaltet<br />

(Dietz, 1998). Deshalb wird hauptsächlich über mögliche aggressionsfördernde<br />

Spielwirkungen diskutiert (z. B. Glogauer, 1999; Grossman & Daegetano, 1999) und geforscht<br />

(im Überblick: Griffiths, 1999).<br />

Insgesamt jedoch steht die Anzahl der bereits durchgeführten empirischen Untersuchungen<br />

und <strong>wissenschaft</strong>lichen Abhandlungen über Computer- und Videospiele in<br />

krassem Missverhältnis zu ihrer enormen Verbreitung. So liegen nur wenige Ansätze<br />

vor, den Prozess des Computerspielens medien<strong>wissenschaft</strong>lich bzw. medienpsychologisch<br />

zu beschreiben und zu erklären (Vorderer, 2000; Grodal, 2000; Klimmt, 2001).<br />

Analog dazu existiert noch keine allgemein anerkannte Systematik zur Beschreibung des<br />

<strong>Medien</strong>angebots „Computer-/Videospiel“. Die vorliegende Arbeit liefert daher einen<br />

Beitrag zur Typologisierung von Computer- und Videospielen: Welche Gattungen bzw.<br />

Genres lassen sich differenzieren?<br />

Im ersten Schritt werden beispielhaft bisherige Versuche aus der Praxis und der Wissenschaft,<br />

Computer- und Videospiele einzuteilen, vorgestellt und kritisch diskutiert<br />

(vgl. unter 2.). Von den Stärken und Schwächen dieser Taxonomien ausgehend wird die<br />

Frage erörtert, inwiefern die Aufstellung eines Genrekatalogs interaktiver Bildschirmspiele<br />

überhaupt Erfolg versprechend ist. Als Alternative zu einem solchen Katalog werden<br />

drei Kriterien vorgeschlagen, anhand derer Computer- und Videospiele aussagekräftig<br />

beschrieben werden können (vgl. unter 3.). Abschließend wird ein Fazit über die<br />

Probleme von Spieletaxonomien gezogen und skizziert, wie die künftige medien<strong>wissenschaft</strong>liche<br />

Forschung über Computer- und Videospiele unter Berücksichtigung der<br />

vorgeschlagenen Beschreibungsebenen vorgehen könnte (vgl. unter 4.).<br />

2. Bisherige Versuche, Computerspiele in Genres einzuteilen<br />

Mit den Begriffen „Gattung“ und „Genre“ wird hauptsächlich in der Literatur-, Filmund<br />

Fernseh<strong>wissenschaft</strong> operiert. Sie bezeichnen Typen oder Klassen von Texten bzw.<br />

<strong>Medien</strong>angeboten, die entweder aufgrund struktureller, das heißt angebotsinhärenter<br />

Merkmale unterschieden werden (vgl. z. B. Horn, 1998, S. 17) oder aber als „kognitive<br />

Schemata, die <strong>Medien</strong>nutzer in ihrem <strong>Medien</strong>handeln herausbilden“ (Gehrau, 2001,<br />

S. 265), konzeptualisiert werden. Während im ersten Fall die Einordnung eines Textes<br />

ausschließlich anhand von Eigenschaften, die „objektiv“ vorhanden sind, vorgenommen<br />

wird (z. B. dem Vorhandensein bestimmter Requisiten in „Western-Filmen“), schließen<br />

Klassifizierungen im zweiten Fall das Urteil der Nutzer/innen (mit) ein: Gattungen und<br />

Genres sind dann Konstrukte des Publikums (Gehrau, 1999). Gehrau (2001) verwendet<br />

im Kontext von Fernsehangeboten „Gattung“ als übergeordneten Begriff, der für Klassifikationen<br />

nach formbezogenen Kriterien dient; Magazine und Filme zum Beispiel bezeichnet<br />

er als Gattungen. Genres dagegen sind Typen fiktionaler Gattungen (Serien,<br />

Spielfilme), d. h. sie werden nach inhaltlichen Kriterien gebildet (z. B. Western, Komödie).<br />

Auf die Begriffsdiskussionen über Gattungen und Genres in den verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen<br />

soll hier nicht näher eingegangen werden. Für das angestrebte Ziel,<br />

die Möglichkeiten, Computer- und Videospiele in Gattungen und/oder Genres einzu-<br />

481


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

teilen, zu diskutieren, bleibt jedoch die Tatsache von Bedeutung, dass man Ordnungsversuche<br />

entweder ausschließlich am Gegenstand (also den Spielen als Angeboten selbst)<br />

ausrichten kann oder aber die Perspektive der Nutzer/innen einnehmen kann. Die im<br />

Folgenden vorgestellten Taxonomievorschläge konzentrieren sich auf Merkmale der<br />

Angebotsseite, berücksichtigen jedoch aufgrund der interaktiven Struktur des Gegenstands<br />

meistens – mehr oder weniger explizit – auch die Perspektive der Nutzer/innen.<br />

Aufgrund der vielen unterschiedlichen Titel und der raschen technischen Weiterentwicklung<br />

von Computer- und Videospielen scheint es schwierig zu sein, eine schlüssige<br />

Genre-Typologie zu entwickeln: Alle „bislang unternommenen Ordnungsversuche haben<br />

sich nach kurzer Zeit als „überholt“ erwiesen“ (Fritz, 1997, S. 87). Mit Klassifikationsansätzen<br />

hat sich bisher vor allem die <strong>Medien</strong>pädagogik beschäftigt (Abschnitt 2.3).<br />

Auch aus der <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong> (2.4.) und der (<strong>Medien</strong>-)Psychologie (2.5.)<br />

liegen Typologievorschläge vor. Einige dieser Vorschläge werden exemplarisch in den<br />

folgenden Abschnitten vorgestellt; Hinweise auf zahlreiche weitere Systematiken finden<br />

sich z. B. bei Pias (1999). Zunächst soll jedoch auf die in der Praxis gängigen Genreeinteilungen<br />

eingegangen werden: An der Einteilung der einschlägigen Publikumszeitschriften<br />

orientieren sich die meisten Spieler/innen (Abschnitt 2.1.). Eine weitere praxisrelevante<br />

Typologie verwendet die Unterhaltungssoftware-Selbstkontrolle (USK,<br />

Abschnitt 2.2.).<br />

2.1 Die Praxis der Computerspiele-Zeitschriften<br />

Aufgrund der Vielzahl an Neuerscheinungen im Computer- und Videospielemarkt hat<br />

sich ähnlich wie im Fernsehbereich eine relativ große Anzahl an Publikumszeitschriften<br />

etabliert, die den Nutzer/innen mit Vorabwertungen, Besprechungen und Lösungstipps<br />

Orientierung verschaffen. Drei Zeitschriften dominieren die Landschaft der Computerspiele-Zeitschriften<br />

in Deutschland: „Computer Bild Spiele“, „GameStar“ und „PC<br />

Games“. Die Redaktionen orientieren sich an historisch gewachsenen Genres und entwickeln<br />

diese entsprechend den immer neu entstehenden Mischformen weiter. So hat<br />

sich eine Fülle von Bezeichnungen etabliert, die meistens als Ausdifferenzierung von<br />

Formaten oder Klassen betrachtet werden. Beispielsweise ist häufig von „Ego-Shootern“,<br />

„Aufbauspielen“, „Echtzeit-Strategie“ oder „Taktik-Spielen“ die Rede. Eine Auflistung<br />

all dieser – nicht unbedingt selbsterklärenden – Spezialtermini würde jedoch zu<br />

weit führen und dürfte kaum zu einer schlüssigen und übersichtlichen Typologie führen.<br />

Daher werden im Folgenden die Genres vorgestellt, welche die Redaktionen den Spezialkategorien<br />

überordnen.<br />

„Computer Bild Spiele“ (Heft 4/2001) unterscheidet 13 verschiedene Genres, ohne<br />

diese jedoch anhand von Beschreibungen voneinander abzugrenzen:<br />

1. Abenteuerspiele<br />

2. Actionspiele<br />

3. Brettspiele<br />

4. Denkspiele<br />

5. Flugsimulationen<br />

6. Geschicklichkeitsspiele<br />

7. Prügelspiele<br />

8. Puzzlespiele<br />

9. Rennspiele<br />

10. Rollenspiele<br />

11. Simulationsspiele<br />

482


Klimmt · Ego-Shooter, Prügelspiel, Sportsimulation<br />

12. Sportspiele<br />

13. Strategiespiele<br />

So ergeben sich Überschneidungen (zum Beispiel zwischen „Flugsimulationen“ und<br />

„Simulationsspielen“) und Unterschiede im Grad der Spezifizierung (so lassen sich<br />

„Prügelspiele“ problemlos unter „Actionspiele“ subsumieren). An der Typologie wird<br />

außerdem ein Problem deutlich, dass auch für fast alle anderen existierenden Einteilungsversuche<br />

zutrifft: Bei einigen Genres wird auf die zu erfüllende Anforderung rekurriert<br />

(z. B. „Geschicklichkeitsspiele“, „Strategiespiele“), bei anderen auf den Inhalt<br />

(z. B. „Sportspiele“, „Abenteuerspiele“). Diese Vermengung von Klassifikationskriterien<br />

schränkt die Anwendbarkeit der Typologien ein: „Geschick“ benötigt man sicherlich<br />

auch in vielen „Sport“-Spielen, und „Strategien“ sind wohl beim Bestehen von „Abenteuern“<br />

zumindest gelegentlich hilfreich.<br />

Die zweite bedeutende Computerspiele-Zeitschrift, „GameStar“, verwendet eine Einteilung<br />

in fünf Klassen, die jeweils kurz charakterisiert werden:<br />

1. Actionspiele: „Zur Action-Rubrik“ gehören Spiele, bei denen Reflexe und das Ausschalten<br />

von Gegnern im Vordergrund stehen. Typische Vertreter sind 3D-Shooter,<br />

Action-Rennspiele, Prügelspiele, Jump-and-runs“ (Steinlechner, 2001, S. 79).<br />

2. Strategiespiele: „Bei Strategiespielen führen Taktik, Ressourcen-Management und<br />

strategische Planung zum Erfolg. Zur Strategie-Rubrik gehören Echtzeit- und Aufbauspiele,<br />

Hexfeldtaktik, Wirtschaftssimulationen, Denkspiele“ (Langer, 2001,<br />

S. 103).<br />

3. Sportspiele: „Das Sport-Genre reicht vom Fußballspiel bis zum Formel-1-Rennen.<br />

Dazu gehören zum Beispiel Mannschaftssportarten, 3D-Rennspiele mit realistischen<br />

Fahrzeugen, Fußballmanager, Flipper“ (Galuschka, 2001, S. 123).<br />

4. Simulationen: „Zu den Simulationen gehören 3D-Spiele, bei denen komplexe Missionen<br />

und Technik im Vordergrund stehen, etwa Flugsimulationen, Mech-Spiele,<br />

U-Boot-Sims, 3D-Weltraumspiele“ (Schnelle, 2001, S. 141).<br />

5. Adventure-Spiele: „Zu den Adventures gehören Spiele, deren Gattung Rätsel, Aufgaben<br />

und eine ausgefeilte Handlung betonen, wie z. B. Grafik-Adventures, Rollenspiele,<br />

Action-Adventures, Detektivspiele“ (Deppe, 2001, S. 149).<br />

Abgesehen von den Tautologien innerhalb der Genrebeschreibungen und den zahlreichen<br />

Spezialtermini, die sich nur erfahrenen Leser/innen erschließen, bietet diese Typologie<br />

den Vorteil der Hierarchisierung, also der Zusammenfassung unterschiedlicher<br />

(Sub-)Typen zu Klassen. Allerdings gelingt auch damit keine problemlose Zuordnung<br />

gegebener Spiele. Denn die Übergänge zwischen „Simulation“ und „Actionspiel“ sind<br />

genauso fließend wie die von „Strategiespielen“ und „Sportspielen“. Wiederum besteht<br />

das Problem in der Vermischung von inhaltlichen Beschreibungen und Spielanforderungen.<br />

Die Zeitschrift „PC Games“ schließlich begnügt sich mit vier Genres, die allerdings<br />

auch nur vage definiert werden (vgl. Heft 4/2001):<br />

1. Strategie: „Strategie / Taktik / Managerspiele“<br />

2. Action: „Ego-Shooter / Action-Adventures / Jump & Runs“<br />

3. Abenteuer: „Rollenspiele / Adventures“<br />

4. Sport: „Sportspiele / Rennspiele / Simulationen“<br />

Auch hier stehen sich primär aufgabenbezogene und primär inhaltsbezogene Kriterien<br />

gegenüber. Wenn ein gegebenes Spiel die Anforderungen eines so definierten Genres mit<br />

dem Inhalt eines anderen Genres kombiniert, fällt eine Zuordnung nach diesem Schema<br />

willkürlich aus. Da keine Hierarchie vorliegt (z. B. „Inhalt vor Anforderung“), bleibt<br />

das Klassifikationsprinzip uneindeutig.<br />

483


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

Computerspiele-Zeitschriften müssen in ihren Genredefinitionen und ihrer Terminologie<br />

mit der starken Dynamik der technischen Entwicklung Schritt halten. Ungenauigkeiten<br />

und Überlappungen sind daher unvermeidlich, sollen die Kategorien einfach,<br />

verständlich und selbsterklärend bleiben. Aus diesem Grund hat auch eine der<br />

führenden amerikanischen Spiele-Zeitschriften, „Computer Gaming World“, ihr ehemals<br />

zehn Genres umfassendes Einteilungsschema aufgegeben. Stattdessen verwendet<br />

die Redaktion heute individuelle Charakterisierungen, die in Bezug auf den jeweiligen<br />

Einzeltitel aussagekräftig sind, jedoch keine Zuordnungen zu Klassen oder Genres mehr<br />

enthalten. So wird z. B. das Spiel „Max Payne“ als „Hong Kong Action Movie Simulation“<br />

bezeichnet (S. Bauman, persönliche Kommunikation, 31.7.2001).<br />

Insgesamt scheinen sich die Computerspiele-Zeitschriften bei ihren Klassifikationen<br />

auf das beträchtliche Vorwissen ihrer Leser/innen zu verlassen. Dadurch verlieren Genreeinteilungen<br />

an Bedeutung, weil sie nur noch eine eingeschränkte Orientierungsfunktion<br />

für die Leser/innen erfüllen (müssen). Für die Zwecke einer systematisch-<strong>wissenschaft</strong>lichen<br />

Beschreibung und Typologisierung von Computer- und Videospielen sind<br />

die Genrekataloge der Spielezeitschriften jedoch nicht ausreichend, weil sie zu wenig<br />

trennscharf sind und die Logik der Klassifizierung keinem stringenten Muster folgt,<br />

etwa weil die Kriterien „Inhalt“ und „Anforderung“ vermengt werden.<br />

2.2 Das Klassifikationsschema der Unterhaltungssoftware-Selbstkontrolle (USK)<br />

Die USK ist eine Institution der freiwilligen Selbstkontrolle und überprüft neu erscheinende<br />

interaktive Unterhaltungsangebote unter Gesichtspunkten des Jugendschutzes.<br />

Sie unterteilt die Landschaft der Computer- und Videospiele in zwölf Kategorien (USK<br />

2001):<br />

1. Simulation allgemein<br />

2. Simulation militärisch<br />

3. Arcade<br />

4. Adventure<br />

5. Sportspiel<br />

6. Strategie militärisch<br />

7. Management<br />

8. Denkspiele<br />

9. Rollenspiele<br />

10. Jump’n’Run<br />

11. 3D-Action<br />

12. Sonstige<br />

Zusätzlich vergibt die USK die Kategorien „Erotik“, „Edutainment“ und „Infotainment“,<br />

die jedoch in Bezug auf Computer- und Videospiele nicht relevant sind.<br />

Als Hauptproblem ihrer Einteilung hat die USK die zahlreichen Mischformen erkannt<br />

(C. Schulz, persönliche Kommunikation, 1.8.2001): Immer wieder überspringen neue<br />

Titel alte Genregrenzen oder entstehen revolutionäre Spiele, die wiederum als Prototypen<br />

für neue Genres dienen (könnten). So behelfen sich die Gutachter/innen der<br />

USK damit, sich in Konfliktfällen für das Genre zu entscheiden, mit dessen Merkmalen<br />

ein gegebenes Spiel am stärksten überein zu stimmen scheint. Das Einteilungsschema<br />

der USK weist demnach ähnliche Probleme auf wie die Ansätze der Spielezeitschriften.<br />

484


Klimmt · Ego-Shooter, Prügelspiel, Sportsimulation<br />

2.3 Genreeinteilungen der <strong>Medien</strong>pädagogik<br />

Im Bereich der <strong>Medien</strong>pädagogik sind mittlerweile zahlreiche Arbeiten über Computer-<br />

und Videospiele veröffentlicht worden (z. B. Fritz, 1995; Fritz & Fehr, 1997b;<br />

Fromme, Meder & Vollmer, 2000), darunter auch verschiedene Ansätze zur Typologisierung.<br />

Fritz und Fehr (1993) legten eine ausführliche Typologie vor, die von fünf<br />

Hauptgruppen ausgeht:<br />

1. Abstrakte Denk- und Geschicklichkeitsspiele<br />

2. Kampfspiele<br />

3. Funny-Games<br />

4. Simulationen<br />

5. Spielgeschichten.<br />

Diese Hauptgruppen werden weiter ausdifferenziert. Abbildung 1 fasst das Klassifikationsschema<br />

zusammen.<br />

Die Einteilung von Fritz und Fehr (1993) ist sehr detailliert und erfasst auch heute<br />

noch einen Großteil der verfügbaren Computer- und Videospiele. Vorteilhaft ist auch<br />

die Anordnung in Haupt- und Untergruppen. Es fällt jedoch auf, dass insbesondere<br />

der Bereich der „Simulationen“ sehr unterschiedliche Untergruppen subsumiert und<br />

dadurch eine wesentlich größere innere Bandbreite aufweist als die anderen Hauptgruppen.<br />

Zwar „simulieren“ alle dort aufgeführten Spielformate eine Form der Wirklichkeit,<br />

doch trifft dies letztendlich auch auf die anderen Hauptgruppen zu (vgl. auch<br />

Mogel, 1994). Fasst man so unterschiedliche Formate wie „Fußball“ und „Heerführung“<br />

unter die Kategorie „Simulation“ zusammen, verliert dieser Begriff an Beschreibungskraft.<br />

Angesichts der Schwierigkeiten, eine dauerhaft zutreffende Genreeinteilung zu gestalten,<br />

schlägt Fritz (1997) vor, von einem Genrekatalog abzurücken und die Landschaft<br />

der Computerspiele anhand von zwei Dimensionen zu charakterisieren<br />

(vgl. Abbildung 2): Das erste Kriterium bezieht sich auf die Art der Tätigkeit, welche<br />

ein gegebenes Spiel von seinen Nutzer/innen verlangt, nämlich „Denken“ oder „Action“.<br />

„Denkspiele“ betonen den Aspekt des planvollen Problemlösens durch Manipulation<br />

von Spielelementen, „Actionspiele“ hingegen die Bedeutung von Reaktionsschnelligkeit<br />

und Kampfkraft einer Spielfigur. Für ältere Spiele genügt nach der Auffassung<br />

von Fritz diese Dimension meistens zur Einordnung. Um auch die größere<br />

Bandbreite neuerer Titel erfassen zu können, ergänzt er die Dimension „Denken – Action“<br />

um das Kriterium der „Geschichte“. Er unterscheidet dabei Spiele, die vornehmlich<br />

einfache, wiederkehrende Handlungselemente beinhalten, von Titeln, die komplexe<br />

Rahmenhandlungen vorgeben und dadurch auch weniger monoton in ihren Aufgabenstellungen<br />

sind. So lassen sich etwa klassische „Ballerspiele“, die immer wieder die<br />

gleichen Handlungsabläufe fordern und höchstens Rudimente einer Rahmenerzählung<br />

aufweisen (z. B. das erfolgreiche „R-Type“), von typischen „Abenteuerspielen“, die<br />

eine ausgedehnte Geschichte erzählen und eine Vielzahl unterschiedlicher Aufgaben<br />

und Anforderungen bereithalten (z. B. die beliebte „Monkey Island“-Reihe), unterscheiden.<br />

Dieses Vorgehen vermeidet das Problem, sich auf ein bestimmtes Genre festlegen zu<br />

müssen und erlaubt so eine aussagekräftige Beschreibung einzelner Titel auf relevante<br />

Dimensionen. Jedoch weist sie einige Suboptimalitäten auf: So stellen die Pole „Denken“<br />

und „Action“ keinen wirklichen Gegensatz dar. Kampfspiele wie „Quake“oder „Dead<br />

or Alive“ setzen ihre Nutzer/innen tatsächlich häufig unter hohen Zeitdruck; andererseits<br />

sind auch hier planvolles Handeln und geschickte Antizipation notwendig. Diese<br />

485


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

Abbildung 1: Typologisierung von Computer- und Videospielen nach Fritz und Fehr<br />

1993 (Quelle: eigene Erstellung)<br />

486<br />

Abstrakte Denk- und<br />

Geschicklichkeitsspiele<br />

Zentrale Merkmale:<br />

Probleme erkennen und schnell<br />

lösen, z. B Tetris<br />

Kampfspiele<br />

Zentrale Merkmale: Konflikte,<br />

Reaktionsschnelligkeit verlangt,<br />

Thema Aggression/Krieg<br />

Funny Games<br />

Zentrale Merkmale: Harmlose<br />

Geschicklichkeitsspiele, lustige<br />

Figuren und Rahmengeschichte<br />

Simulationen<br />

Zentrale Merkmale: Imitation /<br />

Dramatisierung echter Lebensbereiche<br />

/ Begebenheiten /<br />

Technologien<br />

Spielgeschichten<br />

Zentrale Merkmale: Umfangreiche<br />

Rahmenhandlung,<br />

vielseitige Aufgaben, Steuerung<br />

einer Figur


Klimmt · Ego-Shooter, Prügelspiel, Sportsimulation<br />

Abbildung 2: „Landkarte der Bildschirmspiele“ (Quelle: Fritz, 1997, S. 88)<br />

Landkarte der Bildschirmspiele<br />

Geschichten<br />

Komplexe Geschichte;<br />

geschlossener Ablauf;<br />

Vielseitigkeit<br />

Einzelabläufe;<br />

eher einförmiges Geschehen<br />

Denken Action<br />

Steuerung von Spielelementen:<br />

mittelbar und zeitverzögert:<br />

Denken und indirektes<br />

Handeln<br />

Steuerung der Spielfigur;<br />

unmittelbar und aktional;<br />

direktes Handeln:<br />

filmische Abläufe<br />

Form der Anforderung ist also nicht typischen Denkspielen wie „Tetris“ vorbehalten.<br />

Auch die Pole „komplexe Geschichte“ und „Monotonie“ lassen sich zumindest für einige<br />

neuere Spiele nicht aufrecht erhalten. ,Hybridformate‘ wie das Action-Rollenspiel<br />

„Diablo 2“ erzählen zwar eine ausführliche und wendungsreiche Geschichte, verlangen<br />

aber von ihren Nutzer/innen immer wieder „Schwertkämpfe“ mit zahlreichen Antagonisten.<br />

Wiederkehrende Handlungen und narrative Komplexität müssen also nicht unbedingt<br />

Gegensätze darstellen. Schließlich muss zur „Landkarte“ von Fritz angemerkt<br />

werden, dass eine für die Beschreibung von Computerspielen wesentliche Dimension,<br />

nämlich die Darstellungsform, nicht berücksichtigt wird. Auf diesen Aspekt sollte jedoch<br />

nicht verzichtet werden. Denn bestimmte Spielformate unterscheiden sich fast ausschließlich<br />

in der Art und Weise, wie das Spielgeschehen präsentiert wird. Dieser Aspekt<br />

wird im folgenden Hauptabschnitt elaboriert. Zuvor werden jedoch weitere Kategorisierungsvorschläge<br />

aus der Wissenschaft diskutiert.<br />

2.4 Einteilungsvorschlag aus der <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong>: Wolf (2000)<br />

In der <strong>Medien</strong>- und <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong> existiert (noch) weniger Literatur<br />

über Computer- und Videospiele als in der <strong>Medien</strong>psychologie. Entsprechend rar sind<br />

aktuelle Typologien von Computer- und Videospielen. Wolf (2000) hat in Anlehnung<br />

an Filmgenres versucht, Computer- und Videospiele zu kategorisieren. Er hält zwei<br />

nach Buscombe (1970) für Filmgenres relevante Angebotsmerkmale, nämlich „icono-<br />

487


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

graphy“ und „theme“ für übertragbar, zumindest in Bezug auf Spiele, die eine Narration<br />

beinhalten. Jedoch sieht er die Notwendigkeit, „interactivity“ als für die Genrebildung<br />

konstitutives Kriterium zu berücksichtigen, weil die Spieler/innen maßgeblichen<br />

Einfluss darauf haben, wie sich ein Spiel(verlauf) entwickelt. Mit dieser Integration angebotsseitiger<br />

und rezeptionsorientierter Genrekomponenten kommt Wolf zu einer<br />

Liste von insgesamt 42 Typen von Computer- und Videospielen. Aus Platzgründen<br />

wird dieses Schema hier nicht detailliert vorgestellt. Allein die Anzahl unterschiedlicher<br />

Typen legt jedoch die Vermutung nahe, dass hier eine starke Überdifferenzierung vorliegt,<br />

zumindest aber die Praktikabilität des Schemas relativ gering ist. Ein Beispiel verdeutlicht<br />

dieses Problem: Wolf unterscheidet „Driving“- und „Racing“-Spiele. Obwohl<br />

es in beiden Kategorien um schnelles Autofahren geht, wird eine Differenzierung vorgenommen,<br />

weil es bei „Driving“-Spielen darum geht, eine bestimmte Strecke möglichst<br />

schnell zurückzulegen und nicht, wie bei „Racing“-Spielen üblich, darum, schneller als<br />

gegnerische Fahrzeuge zu sein. Der Autor selbst weist trotz solcher feinen Unterscheidungen<br />

auf mögliche Überlappungen von Kategorien hin. So scheint sowohl die Handhabbarkeit<br />

als auch die Aussagekraft des Schemas eingeschränkt zu sein. Es bleibt jedoch<br />

festzuhalten, dass dieser Ansatz ebenso wie die Einteilungen aus der Praxis und das<br />

Schema von Fritz (1997) einerseits narrative Elemente, andererseits den Aspekt der Interaktivität<br />

heranziehen.<br />

2.5 Genreeinteilungen in der (<strong>Medien</strong>-)Psychologie<br />

In der psychologischen Forschung wird vor allem nach negativen Wirkungen intensiver<br />

Spieltätigkeit bei Kindern und Jugendlichen gesucht. Neben der potenziellen aggressionsfördernden<br />

Wirkung (Griffiths, 1999) wird Computerspielen auch ein Suchtpotenzial<br />

unterstellt (Griffiths & Hunt, 1998). Daneben findet auch Forschung zu den<br />

Denk- und Problemlöseprozessen beim Computerspielen statt (Kirsh & Maglio, 1994;<br />

Ohler & Nieding, 2000).<br />

Funk und Buchman (1995; vgl. auch Funk, Hagan & Schimming, 1999) entwickelten<br />

auf der Basis empirischer Daten ein System von sechs Kategorien, indem sie die in einer<br />

Befragung ermittelten Lieblingsspiele von Kindern durch andere Kinder einschätzen<br />

ließen. Sie unterscheiden „General Entertainment“, „Educational“, „Fantasy Violence“,<br />

„Human Violence“, „Nonviolent Sports“ und „Sports Violence“ (ebd., S. 885). Diese<br />

Einteilung zielt hauptsächlich auf den Aspekt der gewalttätigen Inhalte ab. Ziel der Kategorisierung<br />

ist also weniger, verschiedene Typen von Computerspielen, sondern eher<br />

verschiedene Formen von Gewalt(handlungen) in Computerspielen zu differenzieren.<br />

Dieses Vorgehen erscheint für die Untersuchung aggressionsfördernder Wirkungen gewalthaltiger<br />

Spiele angemessen, führt jedoch nicht zu einem Beschreibungssystem, das<br />

für andere <strong>wissenschaft</strong>liche Fragestellungen brauchbar ist (vgl. zur Kritik an diesem<br />

System auch Griffiths, 2000).<br />

Eine andere Genreeinteilung aus der Psychologie stammt von Griffiths (1999); sie orientiert<br />

sich an der Praxis der Spielezeitschriften (vgl. oben: 3.1.). Insgesamt werden neun<br />

Klassen von Spielen unterschieden:<br />

„1. Sport Simulations: This type is self-explanatory. These games simulate sports such as<br />

golf, ice hockey, athletics, etc. …<br />

2. Racers: This type could be considered a type of sport simulation in that it simulates<br />

motor sports like Formula I racing. …<br />

3. Adventures: This type uses fantasy settings in which the player can escape to other<br />

worlds and take on new identities. …<br />

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Klimmt · Ego-Shooter, Prügelspiel, Sportsimulation<br />

4. Puzzlers: This type is self-explanatory. These games are „brainteasers“, which often<br />

require active thinking …<br />

5. Weird Games: These games are not weird as such except they do not fit into any other<br />

category. They would be better called miscellaneous (e. g. SimCity 2000, Populous 3,<br />

etc.).<br />

6. Platformers: These games involve running and jumping along and onto platforms …<br />

7. Platform Blasters: These games involve platformers but also involve blasting everything<br />

that comes into sight …<br />

8. Beat ’Em Ups: These games involve physical violence such as punching, kicking,<br />

etc. …<br />

9. Shoot ’Em Ups: These games involve shooting and killing using various weapons …“<br />

(Griffiths, 1999, S. 210).<br />

Diese Kategorisierung verwendet ausschließlich Beschreibungen der Aufgaben, welche<br />

die jeweiligen Spiele ihren Nutzer(inne)n stellen. Insofern ist sie systematischer als die<br />

vorangegangenen Einteilungen. Doch weist auch sie einige Probleme auf, weil sie „unausgewogen“<br />

ist: Sie ist zum Teil überdifferenziert, denn es erscheint überflüssig, zwischen<br />

„Platformers“ und „Platform Blasters“ zu unterscheiden, und zum Teil unterdifferenziert,<br />

denn die Restkategorie „Weird Games“ schließt einen erheblichen Teil der<br />

verfügbaren Spiele-Titel ein. So gehören die Beispiele, die Griffiths für die Restkategorie<br />

aufführt, zu den besonders erfolgreichen Spielen und sind daher wiederholt von anderen<br />

Titeln imitiert worden.<br />

Trotz der Fokussierung der Aufgaben, die es in dem jeweiligen Genre zu bewältigen<br />

gilt, schwingt auch in Griffiths Ansatz eine narrative Komponente mit: Er charakterisiert<br />

die Aufgaben in ihrer narrativen Bedeutung, spricht also nicht von „Handbewegungen“<br />

und „Reaktionsschnelligkeit“, sondern von „Laufen“, „Springen“ und<br />

„Schießen“. Es ist zu überlegen, ob eine Trennung dieser Ebenen sinnvoll ist, also ob die<br />

eigentlichen Tätigkeiten abstrakt – wie bei Fritz (1997, vgl. oben: 2.3.) mit Begriffen<br />

außerhalb der Spielewelt – beschrieben werden sollten und nur für die narrativen Elemente<br />

konkrete aus der Spielwelt entnommene Bezeichnungen verwendet werden sollten<br />

(vgl. dazu unter 3.).<br />

Eine dritte Systematik psychologischer Provenienz stammt von den australischen<br />

Forschern Durkin und Aisbett (1999, S. 34 – 35). Sie unterscheiden sechs „major types“<br />

von Computer- und Videospielen, die zum Teil noch in Unterkategorien („genres“) zerfallen.<br />

Als „major types“ listen sie „Simulation“, „Shoot ’em ups“, „Fighting Games“,<br />

„Strategy Games“, „Adventure/action Games“ und „Platform Style Games“ auf. „Simulation“<br />

und „Platform Style“ weisen in diesem Schema die größte innere Bandbreite<br />

auf. Unter „Simulation“ werden z. B. sowohl Titel mit Sport als Thema als auch Autorennspiele<br />

und Flugsimulatoren, aber auch Titel mit Science-Fiction-Geschichten wie<br />

„Wing Commander“ gefasst. Insbesondere die Handhabung des Begriffs „Simulation“<br />

ist hier – wie schon bei Fritz und Fehr (1993; vgl. oben: 2.3.) – zu kritisieren, weil er sehr<br />

weit gefasst ist und damit zur Bezeichnung eines eigenen Typs von Computer- und Videospielen<br />

nicht mehr genügend Aussagekraft besitzt. Zudem ist eine Grenzbestimmung<br />

zwischen „Shoot ’em ups“, „Fighting“ und „Adventure/Action Games“ relativ<br />

schwierig. So merken Durkin und Aisbett (1999, S. 35) denn auch selbst zu ihrer Taxonomie<br />

an: „These game types are not mutually exclusive. Like other popular culture<br />

forms it is not easy to categorise a game definitely as a particular genre: they can have<br />

characteristics of more than one“.<br />

489


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

3. Drei Ebenen der Beschreibung von Computer- und Videospielen<br />

Die vorgestellten Versuche aus der Praxis wie aus der Wissenschaft, Computer- und Videospiele<br />

in Genres einzuteilen, haben gezeigt, dass die äußerst dynamische Entwicklung<br />

der Spiele und das häufige Entstehen von ,Mischformen‘ eine zuverlässige Kategorisierung,<br />

die nicht binnen kurzer Zeit überholt ist, kaum zulassen (Fritz, 1997). Schwierigkeiten<br />

bereitet dabei nicht nur die enorme thematische Vielfalt, sondern auch die Interaktivität<br />

der Spiele. Denn für die Entfaltung der Geschichte und insbesondere der<br />

einzelnen Spiel-Ereignisse sind hauptsächlich die Handlungen der Nutzer/innen von<br />

Bedeutung (Vorderer, 2000; Grodal, 2000; Klimmt, 2001). Eine Beschreibung und Klassifizierung<br />

von Computer- und Videospielen als Gegenstände <strong>wissenschaft</strong>licher Forschung<br />

sollte also dem zentralen Anteil der Spieler/innen am Spielgeschehen Rechnung<br />

tragen. Denn welche Komponenten des <strong>Medien</strong>angebots „Computerspiel“ in der Nutzung<br />

überhaupt zum Tragen kommen, hängt zum Gutteil von dem/der jeweiligen Spieler/in<br />

ab.<br />

Damit werden jedoch systematische A-Priori-Beschreibungen von Spieletiteln – ohne<br />

die Einbeziehung von Spieler/innen – schwieriger. Das Schema von Fritz (1997; vgl.<br />

oben: 2.3.) stellt eine mögliche Lösung für das Problem dar: Statt Genres zu definieren,<br />

deren Grenzen kaum zu bestimmen sind, skizziert er Dimensionen eines Raumes, innerhalb<br />

dessen sich gegebene Titel verorten lassen. Dieser Gedanke wird im Folgenden<br />

aufgegriffen und weiterentwickelt.<br />

An die Stelle einer Taxonomie sollen Ebenen treten, welche die zentralen Aspekte einer<br />

medien<strong>wissenschaft</strong>lichen Beschreibung von Computer- und Videospielen darstellen.<br />

Gegenüber einer Liste von Genres bedeutet dieses Vorgehen einen Rückschritt ins<br />

Abstrakte. Die Herangehensweise ist jedoch erforderlich, weil das Beschreibungssystem<br />

dauerhaft anwendbar und damit von der aktuellen Spielelandschaft unabhängig sein soll.<br />

Daher muss er notgedrungen hinter hochdifferenzierte Einteilungen und selbst erklärende<br />

Formatbezeichnungen zurückfallen, um ständige Revisionen des Schemas und<br />

Zuordnungskonflikte in konkreten Einzelfällen zu vermeiden.<br />

Im Wesentlichen können sich einzelne Titel auf drei Ebenen voneinander unterscheiden.<br />

Diese Ebenen sind a) der narrative Kontext, b) die Aufgabe der Spieler und c) die<br />

mediale Repräsentation. Sie werden im Folgenden expliziert.<br />

a) Narrativer Kontext: Die meisten Computer- und Videospiele sind in eine Geschichte<br />

eingebettet (Palme, 1993; Koch, 1999; Wolf, 2000). Narrationen rahmen die eigentlichen<br />

Spielhandlungen ein und werden oftmals durch diese wiederum fortgeschrieben.<br />

So werden zu Beginn vieler Computer- und Videospiele Ereignisse berichtet,<br />

die für die Spieler/innen relevant sein werden. Am Ende, wenn das Spiel „durchgespielt“<br />

ist, wird üblicherweise ein „Happy End“ dargestellt. „Filmsequenzen“, in welche die<br />

Spieler/innen nicht eingreifen können, sind ein typisches Instrument, um die narrativen<br />

Elemente eines Spiels zu vermitteln (Grodal, 2000). Sie führen zum Beispiel die Nutzer/innen<br />

in das Spiel ein („Vorspann“) oder verbinden einzelne Spielabschnitte („Level“<br />

oder „Missionen“) miteinander. Zwei Arten von Informationen machen den narrativen<br />

Kontext eines Computerspiels aus: Hinweise über die Beschaffenheit der Spielwelt<br />

einerseits und Beschreibungen der Rolle, welche die Spieler/innen in der Spielwelt einnehmen,<br />

andererseits.<br />

Einige Spiele bemühen sich darum, möglichst exakt reale Kontexte, etwa die Fußball-<br />

Bundesliga oder den Alltag eines Eisenbahn-Magnaten, zu simulieren. Andere Titel dagegen<br />

breiten historische, futuristische oder fantastische Szenarien aus. Die „Tiefe“ und<br />

„Breite“ der narrativen Informationen schwankt von Spiel zu Spiel: Einige Titel be-<br />

490


Klimmt · Ego-Shooter, Prügelspiel, Sportsimulation<br />

schränken sich auf rudimentäre Hinweise oder verzichten ganz auf solche Rahmungen<br />

(z. B. „Tetris“), andere entwickeln ein ganzes Universum mit spezifischen physikalischen,<br />

ästhetischen, sozialen und moralischen Grundsätzen.<br />

Zum narrativen Kontext können also Informationen über die Geographie der Spielwelt,<br />

ihre Bewohner und die Gesellschaftsform, die sie bilden, über die Beschaffenheit<br />

der Umwelt, etwa die Bedeutung von Magie und Technologie, über ästhetische Besonderheiten,<br />

zum Beispiel die typische Architektur unterschiedlicher Völker, und über<br />

rechtlich-moralische Grundlagen, etwa die Konventionen bezüglich der Anwendung<br />

von Gewalt, gehören. Eine genaue Kenntnis des narrativen Kontexts ermöglicht den<br />

Spieler/innen oftmals erst die erfolgreiche Bewältigung eines Spiels. In der Narration<br />

werden die „Regeln“der Spielwelt vermittelt und begründet.<br />

Neben der „Einrahmung“ der Spielhandlungen in eine Fantasiewelt kommt dem narrativen<br />

Kontext die Funktion zu, die Rolle zu definieren, welche die Spieler/innen übernehmen.<br />

Diese Rolle ergibt sich immer im Wechselspiel mit der „Story“ (vgl. auch Berger,<br />

2000): Die Spieler/innen werden zu Polizisten in einer vom Verbrechen geplagten<br />

Stadt, zu Soldaten in einem wichtigen Krieg, zu Managern in einer kapitalistischen Region.<br />

Der narrative Kontext liefert auch die moralische Legitimation für die Spielhandlungen:<br />

Als Manager darf man Angestellte entlassen, als Feldherr kann man eigene Truppen<br />

opfern, als Anti-Terror-Spezialist soll man Gangster erschießen und muss man Zivilisten<br />

schützen. Neben solchen tätigkeitsbezogenen Rollenkomponenten sind aber<br />

auch persönlichkeitsbezogene Elemente von Bedeutung. Spielfiguren werden durch<br />

narrative Komponenten „lebendiger“ (Klimmt & Vorderer, 2001; McDonald & Kim,<br />

2001): Spieletitel sollten danach unterschieden werden, ob die Spieler/innen in die Rolle<br />

einer anonymen Figur schlüpfen oder aber die Steuerung einer bedeutend komplexer<br />

inszenierten Person wie Lara Croft (vgl. Rettberg, 1999) übernehmen.<br />

Aus diesen Gründen ist der narrative Kontext ein relevantes Merkmal von Computer-<br />

und Videospielen, das zur <strong>wissenschaft</strong>lichen Beschreibung eines gegebenen Titels<br />

herangezogen werden muss. Im Vergleich zu den beiden anderen Beschreibungsebenen<br />

bieten Computer- und Videospiele beim narrativen Kontext wohl die größte Vielfalt: Es<br />

gibt kaum einen Lebensbereich, der nicht als narrative Vorlage für Spieletitel dient. Darüber<br />

hinaus existiert eine Fülle von Fantasieszenarien, die entweder aus anderen <strong>Medien</strong>angeboten,<br />

zum Beispiel Romanen („Der Herr der Ringe“) oder Filmen („Krieg der<br />

Sterne“) stammen oder eigens kreiert wurden („Ultima“, „Monkey Island“). Mittlerweile<br />

migrieren sogar die Rahmengeschichten von Computerspielen in andere <strong>Medien</strong>,<br />

z. B. in Kinofilme („Wing Commander“, „Tomb Raider“, „Pokémon“ oder „Final Fantasy“).<br />

b) Aufgabe der Spieler: Das zentrale Element interaktiver Unterhaltungsangebote ist<br />

die Möglichkeit des aktiven Mitwirkens der Spieler/innen (Vorderer, 2000; Grodal,<br />

2000). Computer- und Videospiele setzen ihre Nutzer/innen aber auch unter Druck,<br />

diese Handlungsmöglichkeiten zu nutzen: Antagonisten, Konkurrenten und widrige<br />

Umstände schaffen immer neue Probleme und Bedrohungen, auf die die Spieler/innen<br />

reagieren müssen (Klimmt, 2001). Daher gehört die Lösung von Aufgaben und Problemen<br />

zu den zentralen Tätigkeiten beim Computerspielen (vgl. z. B. Kirsh & Maglio,<br />

1994; Fromme, Meder & Vollmer, 2000). Die Anforderungen, die zur erfolgreichen Bewältigung<br />

eines Computerspiels erfüllt werden müssen, können auf zwei Ebenen beschrieben<br />

werden. Zum einen kann die narrative Rahmung herangezogen werden, um<br />

die gestellten Aufgaben in den Kategorien der jeweiligen Spielwelt darzustellen. Zum<br />

anderen können Dimensionen der menschlichen Informationsverarbeitung dazu dienen,<br />

die Anforderungen an die Spieler/innen auf einer abstrakteren Ebene zu fassen.<br />

491


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

Verwendet man den narrativen Kontext eines Spiels, um die Aufgaben für die Spieler/innen<br />

zu beschreiben, rückt die Rolle der Spieler/innen in den Vordergrund. Als Kapitän<br />

eines Unterseeboots zum Beispiel müssen die Spieler/innen navigieren, attackieren,<br />

manövrieren, kommunizieren, reparieren usw. Diese Methode, die Spielaufgaben<br />

darzulegen, gleicht den Produktbeschreibungen, wie sie in Computerspiele-Zeitschriften<br />

zu finden sind. Aus medien<strong>wissenschaft</strong>licher Perspektive dagegen gehören diese Informationen<br />

eher zur Dimension des narrativen Kontextes (s. o.).<br />

Betrachtet man die Tätigkeit des Computerspielens dagegen als Prozess des Problemlösens,<br />

lassen sich Aussagen über die Modalitäten der Informationsverarbeitung treffen,<br />

die von den Spieler/innen verlangt werden. Grundsätzlich lassen sich in diesem Zusammenhang<br />

Anforderungen an die Situationswahrnehmung bzw. Problemerfassung,<br />

die Problemlösung bzw. Entscheidungsfindung und die Entscheidungsausführung<br />

unterscheiden (vgl. ausführlich: Kirsh & Maglio, 1994). Zwei Dimensionen sind<br />

für die Beschreibung aller drei Anforderungsarten zentral: Geschwindigkeit und Komplexität.<br />

Wie die konkreten Anforderungen an die Nutzer/innen eines Computerspiels aussehen,<br />

hängt zunächst davon ab, wie schnell sich die Dinge während des Spielverlaufs entwickeln.<br />

Bei Spielen, die ein hohes Tempo besitzen, in denen zum Beispiel Kämpfe ausgefochten<br />

oder Rennen gefahren werden, gestaltet sich das Aufgabenprofil anders als bei<br />

Titeln, die eine geringere Grundgeschwindigkeit besitzen, etwa weil sie ihren Schwerpunkt<br />

im strategischen Bereich setzen (vgl. hierzu Maaß, 1996; Ohler & Nieding, 2000).<br />

Ebenso bedeutsam wie das Tempo ist die Komplexität für das Anforderungsprofil eines<br />

gegebenen Spiels. Die Anzahl der Spielelemente, z. B. der zu kommandierenden Einheiten<br />

im einem Strategiespiel, die Menge an nutzbaren Funktionen, die Variabilität der<br />

Gestaltungsmöglichkeiten, über die Spieler/innen und die ,künstliche Intelligenz‘ des<br />

Computergegners verfügen, tragen beispielsweise zur Komplexität der Spielanforderungen<br />

bei. Je komplexer ein Spiel ist, desto gründlicher müssen die Nutzer/innen ,hinsehen‘,<br />

nachdenken und vorgehen. Geschwindigkeit und Komplexität scheinen damit<br />

konkurrierende Größen zu sein. Die Art und Weise, wie sie ein bestimmtes Computerspiel<br />

miteinander verbindet, entscheidet über die Beschaffenheit der Anforderungen, die<br />

seine Nutzer/innen bewältigen müssen (vgl. Tabelle 1). Daher sollten Beschreibungen<br />

von Spieletiteln auf der Ebene der gestellten Anforderungen die Aspekte Geschwindigkeit<br />

und Komplexität berücksichtigen.<br />

Die Ebene der Anforderungen weist deutliche Übereinstimmungen mit der „interaktiven<br />

Komponente“ bei Wolf (2000) und der Dimension „Denken versus Action“ bei<br />

Fritz (1997) auf. Damit wird also der Bedeutung der Nutzereingaben für den Spiel(verlauf)<br />

Rechnung getragen; dieses Element ist daher für die systematische Beschreibung<br />

von Spieletiteln essenziell.<br />

c) Mediale Präsentation: Der narrative Kontext und die Anforderungen an die Spieler/innen<br />

fließen im Darstellungsmodus eines Computerspiels zusammen. Eine Rahmenhandlung<br />

wird durch Bilder und Klänge erzählt; die Rolle der Spieler/innen bzw.<br />

ihre Aufgabe wird durch die Präsentation erfahr- und umsetzbar.<br />

Die Präsentationsform hängt besonders eng mit der technischen Weiterentwicklung<br />

im Hardware-Bereich zusammen. Neue Grafik- und Sound-Chips ermöglichen immer<br />

detailliertere und reichhaltigere Eindrücke von der Spielwelt. Immer wieder werden<br />

auch vollkommen neuartige Perspektiven eingeführt, aus denen die Spieler/innen auf die<br />

Spielwelt blicken. Zu der narrativ-inhaltlichen und der interaktiven Ebene tritt also als<br />

dritter Teil der Systematik die Form. Grundsätzlich sind zwei Komponenten der Darstellungsform<br />

zu differenzieren: Raum und Zeit.<br />

492


Klimmt · Ego-Shooter, Prügelspiel, Sportsimulation<br />

Tabelle 1: Geschwindigkeit und Komplexität als Dimensionen von Anforderungen an<br />

Computerspieler/innen<br />

Problemerfassung Entscheidungsfindung/ Ausführung der<br />

Planung Planung<br />

Geschwindigkeit Fokussierung der Automatisierte (Re-) motorische<br />

relevanten, Ausblen- Aktionen/Routinen/ Schnelligkeit und<br />

dung irrelevanter kurzfristige Planung Präzision (zeitlich<br />

Informationen (z. B.<br />

Erfassung von Gegnern<br />

in einem Actionspiel)<br />

und räumlich)<br />

Komplexität Gründliche Aufnahme Mehrstufige Ent- Eindeutigkeit, Vollstänvon<br />

Informationen, scheidungsprozesse, digkeit (z. B. Bestim-<br />

Erkennung von Berücksichtigung von mung von Formation<br />

Wechselbeziehungen Wechselwirkungen, und Marschroute eigener<br />

zwischen Problem- Antizipation von Truppen, Befehlsvergabe<br />

elementen (z. B. Kon- langfristigen Handlungs- gemäß einer Prioritäfiguration<br />

und Geome- konsequenzen, tenliste, Sicherstellung<br />

trie eines feindlichen Ressourcenallokation des Einsatzes aller<br />

Angriffs) verfügbaren Ressourcen)<br />

Das erste formale Merkmal von Computer- und Videospielen ist die Perspektive, aus<br />

der den Spieler/innen die Sicht auf bzw. in die Spielwelt eröffnet wird. So vielfältig wie<br />

die Rahmengeschichten und die Anforderungen sind in der modernen Spielelandschaft<br />

auch die Formen der Raumdarstellung (Wolf, 1997). Weit verbreitet ist zum Beispiel die<br />

so genannte „Ego-Perspektive“, bei der die Spieler/innen die Spielwelt „durch die Augen“<br />

der Hauptfigur wahrnehmen. Hier wird bereits die Verknüpfung der Darstellungsebene<br />

mit den anderen Beschreibungsebenen deutlich: Die Ego-Perspektive<br />

kommt vor allem dort zum Einsatz, wo die Spieler/innen in die Rolle einer bestimmten<br />

Einzelperson (z. B. Rennfahrer, Pilot, Einzelkämpfer) schlüpfen und entsprechende Anforderungen<br />

(Bewegung, Reaktion, Timing etc.) erfüllen. Eine andere typische Darstellungsform<br />

ist die „Vogelperspektive“, die den Spieler/innen mehr Übersicht über das<br />

Spielgeschehen ermöglicht. Sie wird hauptsächlich bei Spielen verwendet, in denen die<br />

Rolle von Befehlshabern (Kommandanten, Königen, Managern) eingenommen wird<br />

und die Koordination zahlreicher Spielelemente (Truppen, Mitarbeiter, Wirtschaftsgüter)<br />

gefordert ist. Neben diesen geläufigen Modi der Raumdarstellung gibt es auch zahlreiche<br />

Mischformen; viele neuere Titel ermöglichen es den Spieler/innen auch, zwischen<br />

verschiedenen Perspektiven zu wechseln oder sie je nach aktueller Anforderung frei zu<br />

bestimmen.<br />

Die zweite Komponente der Beschreibungsebene „Form“ ist die Darstellung der<br />

Spielzeit. Fasst man den Prozess des Computerspielens als Kette ineinander greifender<br />

Spielhandlungen auf (Klimmt, 2001), ergeben sich verschiedene Möglichkeiten, diese<br />

Folge von Handlungen zeitlich zu organisieren. Von Brettspielen übernommen ist das<br />

so genannte Rundenprinzip: Ähnlich wie beim Schachspiel wechseln sich die<br />

Spieler/innen und die (vom Rechner gesteuerten) anderen Agenten ab. Rundenbasierte<br />

Spiele bestehen also aus wiederkehrenden Phasen; innerhalb einer Phase dürfen die<br />

Spieler/innen ihre Handlungen durchführen; anschließend werden die Ergebnisse ihrer<br />

Eingaben dargestellt, und die Gegner sind am Zug. Dieser Modus der Zeitdarstellung<br />

kommt vor allem bei Spielen zum Einsatz, in denen strategische Aufgaben (Führung<br />

493


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

von Streitkräften oder Wirtschaftseinheiten) zu bewältigen sind. Auch bei der Zeitdarstellung<br />

gibt es also wechselseitige Abhängigkeiten mit den anderen Beschreibungsebenen.<br />

Eine Konsequenz aus der technischen Weiterentwicklung der Computer ist die Möglichkeit,<br />

viele Rechenoperationen parallel ablaufen zu lassen. Deshalb ist es vor allem bei<br />

jüngeren Computerspielen gebräuchlich, die Nutzereingaben und die Maßnahmen der<br />

Computergegner gleichzeitig umzusetzen. Dieses so genannte ,Echtzeit‘-Prinzip erhöht<br />

die Dynamik des Spielverlaufs erheblich, weil die gemächliche Rundenstruktur aufgebrochen<br />

wird und es für die Spieler/innen keine Ruhepausen mehr gibt. Dabei muss allerdings<br />

die Echtzeit im Spiel nicht mit der wirklichen Zeit übereinstimmen. Oftmals<br />

schrumpfen lange „wirkliche“ Zeitperioden in Computerspielen auf kurze Intervalle zusammen.<br />

So können zum Beispiel die Nutzer/innen vieler Spieletitel mit historischem<br />

narrativen Kontext mehrere Jahrhunderte binnen weniger Stunden „durchleben“. Das<br />

zentrale Merkmal der Zeitrepräsentation in „Echtzeit“ ist vielmehr das parallele Ablaufen<br />

aller Spielprozesse, also der Nutzerhandlungen und der vom Rechner selbstständig<br />

durchgeführten Operationen. Daher ist diese Art der Zeitrepräsentation hauptsächlich<br />

bei Spielen mit hoher Geschwindigkeit anzutreffen, zum Beispiel wenn die Rollen von<br />

Rennfahrern oder Kämpfern zu besetzen sind. Aber auch Spiele mit strategischen Aufgaben<br />

nutzen häufig nicht mehr das Runden-, sondern das Echtzeitprinzip, wobei wiederum<br />

die Komplexität der Anforderung gegenüber rundenbasierten Spielen reduziert<br />

ist.<br />

4. Fazit und Ausblick<br />

Kaum ein anderes Unterhaltungsmedium unterliegt so stürmischen und radikalen<br />

Wandlungsprozessen wie die Computer- und Videospiele. Nur wenige empirische Studien<br />

zur Rezeption bzw. Nutzung dieser relativ jungen Unterhaltungsangebote liegen<br />

bislang vor, wenngleich sich vor allem die <strong>Medien</strong>pädagogik immer intensiver mit Bildschirmspielen<br />

befasst. Auch im Bereich der Gegenstandsbeschreibung und –systematisierung<br />

bestehen sowohl in der <strong>Medien</strong>- und <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong> als auch in<br />

der <strong>Medien</strong>psychologie noch erhebliche Defizite, vor allem weil sich das <strong>Medien</strong>angebot<br />

Computerspiel erst in der interaktiven, individuellen Auseinandersetzung entfaltet<br />

und sich entsprechend für jede/n Nutzer/in anders darstellt. Die Versuche der Kategorisierung<br />

von Computer- und Videospielen weisen deshalb oftmals Suboptimalitäten<br />

auf.<br />

Dieser Beitrag hat versucht, durch die Einführung der Ebenen „narrativer Kontext“<br />

(mit den zentralen Komponenten „Rahmengeschichte“ und „Rolle der Spieler/innen“),<br />

„Aufgabe der Spieler/innen“ (mit den zentralen Komponenten „Geschwindigkeit“ und<br />

„Komplexität“) sowie „mediale Präsentation“ (mit den zentralen Komponenten<br />

„Raumdarstellung“ und „Zeitdarstellung“) ein Gerüst für die <strong>wissenschaft</strong>liche Beschreibung<br />

von Computer- und Videospielen zu schaffen, das der großen Entwicklungsdynamik<br />

dieser Spiele trotzt, auch auf künftige Generationen von Spieletiteln<br />

anwendbar ist und aussagekräftige Informationen für Forscher, Pädagogen und Praktiker<br />

im <strong>Medien</strong>bereich liefern kann. Gegenüber herkömmlichen Taxonomien ist dieses<br />

Gerüst weniger konkret und differenziert, dafür aber ohne innere Widersprüche auf<br />

praktisch alle Spieletitel anwendbar: Wer einen gegebenen Spieletitel auf den skizzierten<br />

Ebenen hinreichend darstellt, stellt eine systematische und m. E. vollständige und<br />

verständliche Beschreibung dieses Titels her, die <strong>wissenschaft</strong>lichen Ansprüchen<br />

genügt.<br />

494


Klimmt · Ego-Shooter, Prügelspiel, Sportsimulation<br />

Dadurch ist jedoch keine Aussage über die Wirkungen der Nutzung solcher Spiele impliziert.<br />

Vielmehr sollte auf der Grundlage des skizzierten Beschreibungssystems nach<br />

Erklärungen für die zahlreichen noch ungenügend erforschten Fragestellungen im Bereich<br />

der Computer- und Videospiele gesucht werden. So besteht zunächst im Bereich<br />

des Nutzungs- bzw. Spielprozesses noch erheblicher Bedarf an theoretischen Modellierungen<br />

und empirischen Erhebungen: Welche Faktoren beeinflussen das Spielvergnügen?<br />

Welche Identifikations- und Interaktionsprozesse finden während des Spielens<br />

statt? Welche Bedeutung kommt virtuellen Spiel-Charakteren zu (Durkin & Aisbett,<br />

1999; Klimmt & Vorderer, 2001)? Als potenziell relevante Faktoren sollten dabei auch<br />

die eingeführten Beschreibungsebenen geprüft werden. Ist zum Beispiel der narrative<br />

Kontext – die Rahmengeschichte und die „Rolle“ der Spieler/innen – von Bedeutung für<br />

das Spielerleben und die Spielmotivation? Wie wirken sich unterschiedliche Aufgabenstellungen<br />

aus? Welche Bedeutung kommt der Darstellungsform zu?<br />

Ausgehend vom Spielprozess und den ihn beeinflussenden Faktoren sollten dann medien<strong>wissenschaft</strong>liche<br />

Anschlussfragen bearbeitet werden. Dazu gehören neben möglichen<br />

Wirkungen intensiven Spielens – z. B. lernunterstützenden oder aggressionsfördernden<br />

Effekten – auch Aspekte der Spielselektion (Fritz & Fehr, 1997a) und der Persönlichkeit<br />

von (Nicht)spieler/innen (z. B. Knobloch, 2000).<br />

Computer- und Videospiele bieten ein weites Feld an offenen Fragen, die sowohl<br />

theoretischer als auch empirisch gestützter Antworten bedürfen. Angesichts der jetzt<br />

schon beachtlichen Popularität dieser Spiele, ihrer schon realisierten und noch zu erwartenden<br />

technischen Fortschritte (Online-Gaming, neue Eingabeinstrumente etc.)<br />

und der Aussicht, dass die mit ihnen aufgewachsenen Generationen auch in höherem Alter<br />

ihr lieb gewonnenes Unterhaltungsmedium weiterhin intensiv nutzen werden, sollten<br />

die <strong>Medien</strong><strong>wissenschaft</strong> und die <strong>Medien</strong>psychologie versuchen, ihre diesbezüglichen<br />

Wissenslücken zügig zu schließen. Einen Beitrag dazu soll die hier vorgestellte Systematik<br />

zur Gegenstandsbeschreibung leisten.<br />

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497


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

Die Regulierung von Geschlechtsrollenklischees<br />

im kanadischen Rundfunk<br />

Lässt sich die klischeehafte Darstellung von Frauen im Rundfunk durch rechtliche<br />

Steuerung verhindern?<br />

Annette von Kalckreuth-Tabbara<br />

Die stereotype Darstellung von Frauen in den Rundfunkmedien, die Auswirkungen der<br />

klischeehaften Bilder auf die Rezipienten und Strategien zu ihrer Vermeidung werden in<br />

der Soziologie und <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong> seit langem untersucht, in der Rechts<strong>wissenschaft</strong><br />

hingegen ist dem Thema bislang wenig Aufmerksamkeit geschenkt worden.<br />

Eine Auseinandersetzung mit dem rechtlichen Regulierungspotenzial erscheint jedoch um<br />

so dringlicher, als sich mittlerweile auch bei den Aufsichtsinstanzen die Einsicht durchgesetzt<br />

zu haben scheint, dass Handlungsbedarf besteht. Die kanadischen Rundfunkregulierer<br />

haben sich seit den 70er Jahren mit der Problematik der gender stereotypes<br />

befasst. Dabei hat die kanadische Bundesmedienanstalt eine Vielzahl von Regulierungsmodellen<br />

erprobt, die für die deutsche Diskussion fruchtbar gemacht werden können. Der<br />

Beitrag analysiert die kanadischen Regulierungsversuche und überträgt sie auf die<br />

deutsche Diskussion über Geschlechtsrollenklischees. Neben positiven Anregungen für einen<br />

dynamischen, kreativen und experimentierfreudigen Umgang mit Geschlechtsrollenklischees<br />

im Rundfunk kann aus den kanadischen Vorgaben auch gelernt werden,<br />

welche Fehler bei der Rundfunkregulierung in diesem Bereich zu vermeiden sind.<br />

Keywords: Geschlechtsrollenklischees, Rundfunk in Kanada, Diskriminierung, Programmgrundsätze,<br />

Gleichstellungsgesetz, Frauenförderung, Stereotypisierung, Sexualisierung,<br />

MediaWatch, Beschwerdeverfahren<br />

Die stereotype Darstellung von Frauen im Rundfunk löst seit geraumer Zeit bei verschiedenen<br />

Stellen Empörung aus. 1 Frauengruppen, <strong>Medien</strong>fachleute, aber auch einige<br />

Aufsichtsbehörden über den Rundfunk haben erkannt, dass die einseitig-verfälschenden<br />

Fernsehbilder Effekte zeigen und die Gefahr besteht, dass sie über kurz oder lang zu<br />

einer Beschränkung weiblicher Entwicklungsspielräume führen. Obwohl bereits seit<br />

den 70er Jahren diverse Studien der <strong>Medien</strong>inhalts- und <strong>Medien</strong>wirkungsforschung das<br />

stereotype Bild der Frau in den Rundfunkmedien dokumentieren, 2 haben sich die deut-<br />

1 Baetz, Brigitte: Elementar. Frauen und Fernsehen: 30. Mainzer Tage der Fernsehkritik, epd medien<br />

Nrn. 37 / 38 1997, S. 14ff.; Döhring, Frauke: Mona Lisa, Bella Block und Dieter Stolte. Zum<br />

Thema der 30. Mainzer Tage der Fernsehkritik, Funkkorrespondenz Nr. 19 1997, S. 3ff.¸<br />

Löwisch, Georg: Grüne Fernsehunschuld, taz vom 29.10.1998; Cornelißen, Waltraud: Die Präsentation<br />

der Geschlechter im Fernsehen – (k)ein Beitrag zur Verwirklichung der Gleichstellung<br />

von Frau und Mann, Zeitschrift für Frauenforschung 1996, S. 31ff.; Beckmann, Maria u. a.:<br />

Zur angemessenen Präsentation der Geschlechter im Fernsehen – Ein Forderungskatalog, Zeitschrift<br />

für Frauenforschung 1996, S. 105ff.<br />

2 Bis heute hat es keine ähnlich umfassende Gesamtstudie wie die von Erich Küchenhoff in den<br />

70er Jahren gegeben. Anhand einer Vielzahl von Einzelstudien zu unterschiedlichen Teilbereichen<br />

der Programmforschung lässt sich jedoch dokumentieren, dass sich das Frauenbild wenig<br />

verändert hat und mehr oder weniger die gleichen Stereotype aufweist. Vgl. aus der umfangrei-<br />

498


von Kalckreuth-Tabbara · Geschlechtsrollenklischees<br />

schen Rundfunkregulierer einer Lösung des Problems nicht entscheidend nähern können.<br />

3 Einige Landesmedienanstalten haben zwar Forschungsaufträge vergeben, deren<br />

Resultate unisono den Trend zur Trivialisierung und Annullierung von Frauenstimmen<br />

im Rundfunk bestätigen. 4 Die Umsetzung der Erkenntnis in konkrete Regulierungsarbeit<br />

lässt in Deutschland allerdings bislang noch auf sich warten.<br />

Im Bereich der Regulierung von Geschlechtsrollenklischees (gender stereotypes) 5 im<br />

Rundfunk dürfte Kanada einen mit keinem anderen Land vergleichbaren Erfahrungsvorsprung<br />

haben. Seit Jahrzehnten experimentieren die kanadischen Rundfunkregulierer<br />

mit diversen Modellen, die zu einer fairen und gleichberechtigten Darstellung von<br />

Frauen und Männern im kanadischen Rundfunk führen sollen. Die erprobten Modelle<br />

haben sich als unterschiedlich erfolgreich und auch als unterschiedlich beständig erwiesen.<br />

Aus verschiedenen Gründen hat bislang noch keine der gewählten Regulierungsstrategien<br />

zu einem Durchbruch im Sinne einer endgültigen Vermeidung von Geschlechtsrollenklischees<br />

geführt. Auf der anderen Seite hat es seit über 20 Jahren aber<br />

auch keinen Abbruch der Bemühungen gegeben, sich für ein vielfältiges und egalitäres<br />

Frauenbild im kanadischen Rundfunk einzusetzen.<br />

Über die Gründe, warum Geschlechtsrollenklischees relativ resistent gegen Veränderungen<br />

durch Regulierung erscheinen, kann nur spekuliert werden. Es spricht viel für<br />

die Annahme, dass zumindest bei der erstmaligen Aufnahme von Regulierungsaufgaben<br />

in diesem Bereich das mangelnde Interesse der Rundfunkveranstalter für die schleppende<br />

Durchsetzung verantwortlich war. Die Rundfunkveranstalter sahen es schlicht nicht<br />

ein, Zeit und Geld auf eine Veränderung programmlicher Standards zu verwenden,<br />

die ihnen – zunächst – nicht Gewinn bringend erschienen. Die Regulierung von Ge-<br />

chen Literatur: Küchenhoff, Erich: Die Darstellung der Frau und die Behandlung von Frauenfragen<br />

im Fernsehen. Eine empirische Untersuchung einer Forschungsgruppe der Universität<br />

Münster, Stuttgart 1975; Weiderer, Monika: Das Frauen- und Männerbild im Deutschen Fernsehen.<br />

Eine inhaltsanalytische Untersuchung der Programme von ARD, ZDF und RTL plus,<br />

Regensburg 1993; Velte, Jutta: Die Darstellung von Frauen in den <strong>Medien</strong>, in: Romy Fröhlich /<br />

Christina Holtz-Bacha (Hrsginnen): Frauen und <strong>Medien</strong>. Eine Synopse der deutschen Forschung,<br />

Opladen 1995, S. 182ff.; Steenland, Sally: Content Analysis of the Images of Women on<br />

Television, in: Cynthia M. Lont (Hrsgin): Women and Media. Content, Careers and Criticism,<br />

Belmont 1995, S. 179ff.; Schmerl, Christiane: Die schönen Leichen aus Chromdioxyd und aus<br />

Papier: Frauenbilder in der Werbung, in: Marie-Louise Angerer / Johanna Dorer (Hrsginnen):<br />

Gender und <strong>Medien</strong>, Wien 1994, S. 134ff.; dies.: Das Frauen- und Mädchenbild in den <strong>Medien</strong>,<br />

Opladen 1984; Klippel, Heike: Orgie in Pastell. Zur Fernsehserie „Golden Girls“, medium<br />

1994, S. 67ff.; Cornelißen, Waltraud: Die Präsentation der Geschlechter im Fernsehen – (k)ein<br />

Beitrag zur Verwirklichung der Gleichstellung von Frau und Mann, Zeitschrift für Frauenforschung<br />

1996, S. 31ff.; Cornelißen, Waltraud / Engbers, Renate: „Anna Maria – Eine Frau geht<br />

ihren Weg“. Eine Fallstudie zur Präsentation der Geschlechter in Fernsehserien, Zeitschrift für<br />

Frauenforschung 1996, S. 64ff.; dies. / Küsters, Kirsten: Zur Rolle der Frau in Nachrichtensendungen,<br />

Zeitschrift für Frauenforschung 1990, S. 108ff.<br />

3 Vgl. dazu: von Kalckreuth, Annette: Geschlechtsspezifische Vielfalt im Rundfunk, Baden-Baden<br />

2000.<br />

4 Vgl. dazu nur: Werner, Petra / Rinsdorf, Lars: Ausgeblendet? – Frauenbild und Frauenthemen<br />

im nordrhein-westfälischen Lokalfunk, Opladen 1998; Wünsch, Marianne / Decker, Jan-Oliver<br />

/ Krah, Hans: Das Wertesystem in Familienserien im Fernsehen, Kiel 1996; Scarbath,<br />

Horst / Gorschenek, Margaretha / Grell, Petra: Sexualität und Geschlechtsrollenklischees im<br />

Privatfernsehen. Inhaltsanalytische Fallstudien, Berlin 1994.<br />

5 Vgl. zum Begriff der „Geschlechtsrollenklischees“ bzw. „gender stereotypes“ unten, B.<br />

499


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

schlechtsrollenklischees teilt darüber hinaus jedoch auch die generelle Durchsetzungsschwäche<br />

der kanadischen Rundfunkregulierung, die nicht allein mit ökonomischen<br />

Interessen begründet werden kann. So wird in Kanada beispielsweise seit Jahren die Einbringung<br />

von canadian content, also spezifisch kanadischer Sendungen und Blickwinkel,<br />

von oberster Stelle gefördert. Dies geschieht, um der übermächtigen US-amerikanischen<br />

Film- und Fernsehindustrie zu begegnen und um eine eigene kanadische Identität<br />

zu erhalten. Die kanadischen Regulierer konnten in diesem Bereich beachtliche Teilerfolge<br />

verzeichnen, wie beispielsweise den Aufbau einer konkurrenzfähigen Filmindustrie.<br />

Dennoch ist diese ökonomisch gewünschte und geförderte Regulierung, die<br />

teilweise weitaus strengeren Anforderungen unterliegt als die Regulierung von Geschlechtsrollenklischees,<br />

ebenfalls mit großen Durchsetzungsschwierigkeiten verbunden.<br />

6<br />

Beispielhaft an den kanadischen Regulierungserfahrungen ist daher weniger ihre Erfolgsquote<br />

im Sinne einer mathematisch messbaren Veränderung, als vielmehr die Tatsache,<br />

dass die Problematik von Geschlechtsrollenklischees im Rundfunk mittlerweile<br />

in jedem Teilsystem des Rundfunks fest verankert ist und durch konstante Aufklärung<br />

und Einflussnahme seitens der kanadischen Bundesmedienanstalt im Bewusstsein der<br />

Rundfunkveranstalter, Werbeindustrie und Öffentlichkeit gehalten wird. Auf diese Art<br />

und Weise wurden seit den 70er Jahren diverse Foren zum Meinungs- und Wissensaustausch<br />

über eine erwünschte und mögliche Form der Darstellung vielfältiger weiblicher<br />

Lebensrealitäten und -räume geschaffen, die auch für die Regulierungsdiskussion in<br />

Deutschland fruchtbar gemacht werden können. Neben positiven Anregungen für einen<br />

dynamischen, kreativen und experimentierfreudigen Umgang mit Geschlechtsrollenklischees<br />

im Rundfunk kann aus den kanadischen Vorgaben aber auch gelernt werden,<br />

welche Fehler bei der Rundfunkregulierung in diesem Bereich zu vermeiden sind.<br />

Im Folgenden werden die verschiedenen in Kanada erprobten Regulierungsmodelle<br />

vorgestellt (B.). Vorher wird eine kurze Einführung in das kanadische Rundfunksystem<br />

gegeben, um die Potenziale der Vergleichbarkeit zur deutschen Rundfunkordnung auszuloten<br />

(A.).<br />

A. Rundfunk in Kanada<br />

Die kanadische Rundfunkpolitik ist seit jeher von zwei Faktoren geprägt: Der Überbrückung<br />

der enormen geographischen und demographischen, insbesondere sprachlichen<br />

Unterschiede in der Bevölkerung und der Wahrung der kulturellen Unabhängigkeit<br />

von dem mächtigen südlichen Nachbarn USA. 7 Die Meinungs- und Rundfunkfrei-<br />

6 Vgl. dazu: Janish, Hudson N.: Aid for Sisyphus: Incentives and Canadian Content Regulation<br />

in Broadcasting, 31 Alta.L.Rev. (1993), S. 575ff.; Meisel, John: Stroking the Airwaves: The Regulation<br />

of Broadcasting by the CRTC, in: Benjamin D. Singer (Hrsg.): Communications in<br />

Canadian Society, 4. Aufl., Toronto 1995, S. 265ff.; Russell, Jim: Demystifying Canadian Content:<br />

Challenging the Television Broadcast Regulator to „Say What It Means and Mean What<br />

It Says“, 3 M.C.L.R. (1993), S. 171ff. Henley, Gail: Preferences About Preferences: A Positive<br />

Justification for Canadian Content Regulation, 3 M.C.L.R. (1993), S. 127ff.<br />

7 Holznagel, Bernd: Canada, in: Hoffmann-Riem, Regulating Media. The Licensing and Supervision<br />

of Broadcasting in Six Countries, New York 1996, S. 191ff.; Desbarats, Peter: Private Television:<br />

The Villain of the Piece Seen in a New Light, in: Helen Holmes / David Taras (Hrsg.):<br />

Seeing Ourselves, Media Power and Policy in Canada, Toronto 1992, S. 77 (79); Eaman, Ross<br />

A.: Putting the „Public“ Into Public Broadcasting, in: Helen Holmes / David Taras (Hrsg.):<br />

500


von Kalckreuth-Tabbara · Geschlechtsrollenklischees<br />

heit wird in Kanada durch section 2 (b) der Canadian Charter of Rights and Freedoms<br />

(Charter) 8 geschützt (II.). Diese Freiheit geht einher mit Allgemeinwohlverpflichtungen,<br />

die insbesondere der 1991 Broadcasting Act 9 konkretisiert (III.). Darunter fallen<br />

auch Anti-Diskriminierungs- bzw. Anti-Stereotypisierungspflichten. Die Bundesmedienanstalt<br />

Canadian Radio and Telecommunications Commission (CRTC) hat die<br />

Aufgabe, für die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zu sorgen (IV.).<br />

I. Das kanadische Rundfunksystem<br />

Die kanadischen Rundfunksender befanden sich in den 20er Jahren zunächst – wie in<br />

den USA auch – in privater Trägerschaft. Im Gegensatz zu den USA wurden die privaten<br />

Sender jedoch nicht kommerziell betrieben. 10 Nach einer Vorschrift des für Rundfunk<br />

zuständigen Department of Marine and Fisheries war sogar die Erhebung einer Gebühr<br />

oder sonstiger finanzieller Ausgleiche für das von dem Lizenzträger gesendete Programm<br />

ausdrücklich verboten. 11 Den privaten Radioveranstaltern war es verwehrt, sich<br />

über Werbung zu finanzieren. 12 Sie sollten vielmehr eine Public Service-Funktion erfüllen13<br />

, vergleichbar mit der vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Sachwalterfunktion<br />

des Rundfunks für die freie Meinungsbildung. 14<br />

In den 30er Jahren wurden auf Betreiben der kanadischen Regierung mehrere Kommissionen<br />

mit dem Thema „Rundfunk“ befasst. 15 Dies war notwendig, weil sich Kana-<br />

Seeing Ourselves, Media Power and Policy in Canada, Toronto 1992, S. 58 (60); Siegel, Arthur:Politics<br />

and the Media in Canada, Toronto 1983, S. 2; Pike, Robert M: Canadian Broadcasting:<br />

ItsPast and Its Possible Future, in: Benjamin D. Singer (Hrsg.): Communications in<br />

Canadian Society, 4. Aufl., Toronto 1995, S. 51ff.<br />

8 Canadian Charter of Rights and Freedoms, Part I of the Constitution Act, 1982, enacted by the<br />

Canada Act, 1982 (U.K.), c.11, Schedule B, Section 2: „Everyone has the following fundamental<br />

freedoms: (…) b) freedom of thought, belief, opinion and expression, including freedom of<br />

press and other media of communication.“<br />

9 Broadcasting Act, R.S.C. 1991, c.11.<br />

10 Auch in den USA gab es zu Beginn Radio in nicht-kommerzieller Trägerschaft. Schon bald setzten<br />

sich aber kommerzielle Anbieter durch. Vgl. zur Geschichte des Rundfunks in den USA im<br />

Einzelnen: Engelmann, Ralph: Public Radio and Television in America. A political History,<br />

Thousand Oaks/London 1996, S. 11ff.; McChesney, Robert: Telecommunications, Mass Media,<br />

and Democracy. The Battle for the Control of U.S. Broadcasting, 1928 – 1935, New York<br />

Oxford, 1993, S. 12ff.<br />

11 Department of Marine and Fisheries, „License to use Radio, 18 April 1923, Public Archives of<br />

Canada, RG 97, Vol. 149, 6206-72-1“, dokumentiert in: Bird, Roger (Hrsg.): Documents of Canadian<br />

Broadcasting, Ottawa 1988, S. 31ff.<br />

12 Das Werbeverbot wurde im Jahre 1924 vom Department of Marine and Fisheries dahingehend<br />

gelockert, dass fortan „direkte Werbung“ verboten, „indirekte Werbung“, eine Art Sponsoring,<br />

jedoch erlaubt war, vgl. Department of Fisheries, „Form Letter, 1924“, dokumentiert in: Bird,<br />

a.a.O. FN 11, S. 35f.<br />

13 Finkelstein, Marie: The Charter and the Control of Content in Broadcast Programming, in: Neil<br />

R. Finkelstein / Brian MacLeod Rogers (Hrsg.): Charter Issues in Civil Cases, Toronto 1988,<br />

S. 213 (227); Desbarats, Peter: Guide to Canadian News Media, Toronto 1990, S. 30.<br />

14 Vgl. dazu grundlegend: BVerfGE 12, 205 (260).<br />

15 Vgl. hierzu insbesondere den so genannten Aird-Report, „Report of the Royal Commission on<br />

Radio Broadcasting“, September 1929, dokumentiert in: Bird, a.a.O. FN 11, S. 41ff. Der Aird-<br />

Commission folgten die Massey Commission im Jahre 1949, die Fowler Commission im Jahre<br />

501


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

da zunehmend mit der Gefahr einer „kulturellen Okkupation“ durch die USA konfrontiert<br />

sah. In den USA waren die technischen Voraussetzungen für die Veranstaltung<br />

von Rundfunk weiter gediehen als in Kanada, 16 und die US-Amerikaner zögerten nicht,<br />

die kanadische Bevölkerung mit ihren Programmen zu bedienen. 17<br />

Die erste mit Rundfunk befasste Aird-Commission schlug gravierende Änderungen<br />

für das kanadische Rundfunksystem vor. 18 So sollten die bestehenden privaten Rundfunkbetreiber<br />

enteignet und statt ihrer ein nationaler Rundfunksender etabliert werden<br />

19 , dem Inhalt und Anspruch nach vergleichbar mit der britischen BBC. Nach Ansicht<br />

der Aird-Commission war dies zur Wahrung der nationalen Identität Kanadas unerlässlich,<br />

da die privaten Veranstalter auch mit gesteigerten Werbeeinnahmen nicht in<br />

der Lage seien, die kanadische Öffentlichkeit hinreichend mit kanadischen Programmen<br />

zu versorgen. 20 Bei den privaten Rundfunkveranstaltern stießen diese Vorschläge erwartungsgemäß<br />

auf Widerstand. Mittlerweile organisiert in der Canadian Association of<br />

Broadcasters (CAB), konnten sie bei der konservativen Bennett-Regierung die Absicherung<br />

des Status quo für private Radiosender durchsetzen. 21<br />

Die Vorschläge der Aird-Commission blieben aber nicht folgenlos. So wurde im Jahre<br />

1932 der erste Canadian Broadcasting Act 22 verabschiedet und mit ihm die erste<br />

öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt Kanadas ins Leben gerufen. Die Canadian Radio<br />

Broadcasting Commission (CRBC) sollte zum einen öffentlich-rechtliche Konkurrentin<br />

für die privaten Veranstalter sein; zum anderen war sie aber auch mit regulativen<br />

Kompetenzen für den privaten Radiobereich ausgestattet. 23 Die CRBC wurde im Jahre<br />

1936 durch die Canadian Broadcasting Corporation (CBC) ersetzt, die auch heute noch<br />

die öffentlich-rechtliche Säule des kanadischen Rundfunksystems darstellt. 24 Im Jahre<br />

1958 wurde die CBC von ihren regulativen Aufgaben entbunden und jene an den Board<br />

of Broadcast Governers (BBC) übertragen. 25 Schließlich ersetzte der zweite Canadian<br />

Broadcasting Act 26 im Jahre 1968 die BBC durch die CRTC, die noch heute die zentrale<br />

Zulassungs- und Aufsichtsbehörde für Rundfunk in Kanada ist. 27<br />

1955 und die Task Force on Broadcasting Policy im Jahre 1986 sowie der im Jahre 1996<br />

erschienene Juneau Report, vgl. Raboy, Marc: Missed Opportunities. The Story of Canada’s<br />

Broadcasting Policy, Buffalo 1990, S. 93ff.<br />

16 Im Jahre 1932 beispielsweise verfügten die USA über eine Sendekraft von 680 Kilowatt,<br />

wohingegen man in ganz Kanada auf weniger als die Stärke einer 50-Kilowatt-US-Station<br />

kam.<br />

17 Desbarats, a.a.O. FN 13, S. 33.<br />

18 Eaman, Ross A.: The Media Society: Basic Issues and Controversies, Toronto/Vancouver 1987,<br />

S. 128.<br />

19 Dieser Vorschlag war sichtlich angelehnt an die in Großbritannien im Jahre 1927 errichtete<br />

BBC.<br />

20 Hierin drückte sich unter anderem die deutliche Aversion des Vorsitzenden der Kommission,<br />

Sir John Aird, gegen Werbung aus, die er als „poor education and bad taste“ bezeichnete, vgl.<br />

dazu Desbarats, a.a.O. FN 13, S. 34.<br />

21 Desbarats, a.a.O. FN 13, S. 35f.<br />

22 An Act Respecting Broadcasting, R.C.S. 1932, c.51, 22&23 Geo.5, dokumentiert in: Bird, a.a.O.<br />

FN 11, S. 115f.<br />

23 Raboy, a.a.O. FN 15, S. 50; Desbarats, a.a.O. FN 13, S. 35.<br />

24 Siegel, a.a.O. FN 7, S. 8; Desbarats, a.a.O. FN 13, S. 35; Raboy, a.a.O. FN 15, S. 60ff.<br />

25 Pike, a.a.O. FN 7, S. 51 (54); Eaman, a.a.O. FN 18, S. 132f.<br />

26 Broadcasting Act, 1968, c.25, 16 & 17 Eliz.<br />

27 Eaman, a.a.O. FN 18, S. 132.<br />

502


von Kalckreuth-Tabbara · Geschlechtsrollenklischees<br />

Das kanadische Radio wurde im Laufe der Zeit vom Fernsehen überholt. Im Jahre<br />

1945 stimmte die kanadische Regierung der Entwicklung eines nationalen Fernsehsenders<br />

zu, und bald darauf begann die CBC in Französisch und in Englisch zu senden. 28<br />

Kanadisches Fernsehen war also – im Gegensatz zum Radio – zunächst eine Domäne<br />

der öffentlich-rechtlichen Sender. Private Fernsehveranstalter konnten sich erst in den<br />

60er Jahren etablieren. 29<br />

Seitdem besteht das kanadische Rundfunksystem aus einem Hybrid von öffentlichrechtlichen<br />

und privaten Veranstaltern. 30 Beide sind aber Teil eines einheitlichen Systems,<br />

das die gleichen Ziele verfolgt. 31 Hierin unterscheidet sich das kanadische Rundfunksystem<br />

vom deutschen, in dem den öffentlich-rechtlichen Rundfunkveranstaltern<br />

die unerlässliche Grundversorgung obliegt, während den privaten Veranstaltern lediglich<br />

die Wahrung eines Standards gleichgewichtiger Vielfalt abverlangt wird. 32 Die<br />

Rundfunkveranstalter haben die nationale Einheit Kanadas zu schützen und erfüllen<br />

eine Public Service-Funktion für die kanadische Öffentlichkeit. Diese und weitere<br />

Grundsätze sind im 1991 Broadcasting Act niedergeschrieben. Sowohl die öffentlichrechtliche<br />

CBC als auch die mehrheitlich in der CAB organisierten privaten Veranstalter<br />

sind der Aufsicht der CRTC unterworfen. 33<br />

II. Section 2 (b) der Canadian Charter of Rights and Freedoms<br />

Anders als in Deutschland hat sich die kanadische Rundfunklandschaft gänzlich ohne<br />

die Hilfe des Verfassungsrechts entwickelt. 34 Kanada verfügt zwar seit dem Jahre 1982<br />

über einen verfassungsrechtlichen Grundrechtekatalog, die Canadian Charter of Rights<br />

and Freedoms (Charter); die entscheidenden rundfunkpolitischen Maßnahmen wurden<br />

jedoch lange vor Inkrafttreten der Charter getroffen.<br />

Das kanadische Verfassungsrecht nimmt mit Bezug auf den Rundfunk eine besondere<br />

Stellung ein. Garantiert wird in section 2 (b) der Charter die Rundfunkfreiheit<br />

als Unterfall der <strong>Medien</strong>freiheit. 35 Die Verfassung kennt als dogmatische Konstruktion<br />

nur schrankensetzende rechtfertigungsbedürftige Gesetze. Einen ausdrücklichen<br />

Ausgestaltungsvorbehalt für Grundrechte sieht sie nicht vor. Allerdings ist<br />

für den Gleichheitssatz der section 15 in Absatz 2 vorgesehen, dass Gesetzen, die<br />

28 Desbarats, a.a.O. FN 13, S. 38.<br />

29 Vgl. dazu Vipond, Mary: The Mass Media in Canada, 2. Aufl., Toronto 1992, S. 52ff.; Desbarats,<br />

a.a.O. FN 13, S. 39f.<br />

30 Jeffrey, Liss: Progress in Canada Toward Women’s Equality and the Media: Access to Expression<br />

and Decision Making, 1980-1994. Unpublished Report Prepared for Status of Women in<br />

Canada. Background Paper for UNESCO International Symposium: Women and the Media:<br />

Access to Expression and Decision Making. Toronto, Ontario, February 28 – March 3, 1995,<br />

S. 2; Pike, a.a.O. FN 7, S. 51 (52).<br />

31 So section 3 (2) 1991 Broadcasting Act.<br />

32 Vgl. nur BVerfG 73, 118 (153); Badura, Peter: Gleichgewichtige Vielfalt im privaten Rundfunk,<br />

JA 1987, S. 180 (186).<br />

33 Meisel, a.a.O. FN 6, S. 265ff.<br />

34 Vgl. zum kanadischen Verfassungsrecht: Hogg, Peter W.: Constitutional Law of Canada, 3.<br />

Aufl., Scarborough 1992.<br />

35 2.: „Everyone has the following fundamental rights: (…) (b) Freedom of thought, belief, opinion<br />

and expression, including freedom of press and other media of communication“.<br />

503


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

zum Schutz der Rechte von Minderheiten erlassen werden, keine Eingriffsqualität zukommt.<br />

36<br />

Auch beschreibt der 1991 Broadcasting Act 37 weit reichende inhaltliche Zielsetzungen<br />

und verpflichtet alle Rundfunkveranstalter auf die Einhaltung gewisser Regeln und<br />

Grundsätze, ohne dass dies als schrankensetzend gewertet wird. 38 Es spricht einiges für<br />

die Vermutung, dass das kanadische Rundfunkrecht längst mit einem „heimlichen“ Ausgestaltungsvorbehalt<br />

operiert. Diese dogmatische Konstruktion wurde möglicherweise<br />

deswegen noch nicht bemüht, da die kanadische Gesetzgebung von jeher sehr extensiv<br />

war und gewisse Regelungsinhalte, die in Deutschland erst der Impulssetzung des Bundesverfassungsgerichts<br />

bedurften, in Kanada auf Betreiben der Öffentlichkeit in Gesetzesform<br />

gebracht wurden. Die Verpflichtung des Gesetzgebers, eine „positive Ordnung“<br />

39 zu schaffen und „verbindliche Leitgrundsätze für das Programm“ 40 vorzugeben,<br />

hat sich in Kanada auch ohne verfassungsrechtliches Gebot durchsetzen können.<br />

Im Folgenden soll der grundrechtstheoretische Ansatz, der der section 2 (b) der Charter<br />

zugrunde liegt, anhand der Interpretation des kanadischen Supreme Court kurz erläutert<br />

werden.<br />

Der Supreme Court interpretiert die Meinungsfreiheit – die er im Übrigen mit der<br />

Rundfunk- und Pressefreiheit gleichsetzt 41 – als die Kernfreiheit der Verfassung. 42 In liberaler<br />

Tradition postuliert der kanadische oberste Gerichtshof die drei fundamentalen<br />

Prinzipien zum Schutz der Meinungsfreiheit: Meinungsfreiheit soll der Entwicklung<br />

und Entfaltung von Wahrheit dienen, sie soll die Partizipation des oder der Einzelnen<br />

im politischen Prozess ermöglichen und schließlich dem Individuum zur Selbstentfaltung<br />

verhelfen. 43 Meinungsfreiheit in Kanada ist ein negatives Recht, das sich als Abwehrrecht<br />

gegen Eingriffe des Staates wendet. 44 Eine Zensur findet nicht statt. 45 Die<br />

Charter legt dem Staat aber explizit keine positiven Handlungspflichten mit Bezug auf<br />

36 15. (1): „Every individual is equal before and under the law and has the right to the equal protection<br />

and equal benefit of the law without discrimination and, in particular, without discrimination<br />

based on race, national or ethnic origin, colour, religion, sex, age or mental or physical<br />

disability. (2) Subsection (1) does not preclude any law, program or activity that has as its<br />

object the amelioration of conditions of disadvantaged individuals or groups including those<br />

that are disadvantaged because of race, national or ethnic origin, colour, religion, sex, age or<br />

mental or physical disability“.<br />

37 Broadcasting Act, R.S.C. 1991, c.11.<br />

38 Vgl. nur: Trudel, Pierre / Abran, France: Le caractère public des fréquences comme limite à la<br />

liberté d’expression (1995) 4 M.C.L.R., S. 219ff.; Meisel, a.a.O. FN 6, S. 265; Henley, a.a.O.<br />

FN 6, S. 136.<br />

39 BVerfGE 57, 295 (320); 73, 118 (152f.); 90, 60 (88).<br />

40 BVerfGE 12, 205 (263); 57, 295 (326).<br />

41 Vgl. dazu Martin, Sheilah M.: Canadian Perspectives on Freedom of Expression, in: Canadian<br />

Comparative Law Association (Hrsg.): Contemporary Law, Montreal 1992, S. 517 (538).<br />

42 Edmonton Journal v. Alberta (1989) 2 S.C.R., 1326 at 1336, Cory J.<br />

43 Ford v. Quebec (A.G.) (1988) 2 S.C.R. 712 at 765; Irwin Toy Ldt. v. Quebec (A.G.) (1989)<br />

1 S.C.R. 927 at 979, Dickson J.; RWDSU v. Dolphin Delivery Ltd. (1986) 2 S.C.R. 573 at 584,<br />

McIntyre J.; R. v. Keegstra (1889) 3 S.C.R. 697 at 752, McLachlin J.; R. v. Zundel (1992) 2 S.C.R.<br />

731 at 728, Dickson J.; vgl. auch Macklem, Timothy: Putting Heart Into Expression, 1 M.C.L.R.<br />

(1991), S. 341 (343).<br />

44 Ford v. Quebec, a.a.O. FN 43; Irwin Toy Ldt. v. Quebec, a.a.O. FN 43; vgl. dazu Trakman,<br />

Leon: Reasoning with the Charter, Toronto 1991, S. 73.<br />

45 Martin, a.a.O. FN 41, S. 517 (525).<br />

504


von Kalckreuth-Tabbara · Geschlechtsrollenklischees<br />

die Grundrechte auf. Der Supreme Court hat in der NWAC-Entscheidung 46 festgestellt,<br />

dass es keinen Anspruch Einzelner oder von Gruppen gegen den Staat auf Einräumung<br />

einer „Plattform“ zur Ausübung des Rechts auf Meinungsfreiheit gibt. 47 Die<br />

Native Women’s Association of Canada (NWAC), eine Frauenorganisation der indigenen<br />

Bevölkerung Kanadas, hatte unter Berufung auf ihr Recht der Meinungsfreiheit gefordert,<br />

gesondert berücksichtigt zu werden, wenn es um die Vertretung ihrer Interessen<br />

gehe. Die bereits bestehenden Interessenvertretungen der Native People seien männlich<br />

dominiert, sodass bei ihrer ausschließlichen Berücksichtigung die Gefahr bestehe,<br />

dass spezifisch weibliche Interessen nicht hinreichend zum Ausdruck gebracht werden<br />

könnten. Nach Ansicht des Gerichts verbietet die Meinungsfreiheit dem Staat zwar,<br />

Knebel anzulegen, umgekehrt ist der Staat aber nicht verpflichtet, Megaphone zu verteilen.<br />

Meinungsfreiheit in Kanada schützt die Äußerung der Meinung (expression)<br />

prinzipiell ohne Ansehen ihres Inhaltes, soweit eine Bedeutung vermittelt wird. 48 Tatbestandlich<br />

erfasst sind dadurch beispielsweise auch Pornografie und „hate speech“. 49<br />

Auf der anderen Seite ist der Schutz der Meinungsfreiheit in Kanada nicht grenzenlos<br />

gewährleistet. In der Butler-Entscheidung 50 hat der Supreme Court entschieden, dass<br />

die Meinungsfreiheit zwar dem Prinzip nach jede Meinung schützt, deren Inhalte aber<br />

dem Umfang nach nicht gleich schutzwürdig sind. 51 Eine Einschränkung der Meinungsfreiheit<br />

ist nach der Rechtsprechung des Supreme Court leichter zu rechtfertigen,<br />

wenn die Meinungsäußerung von ökonomischen Interessen motiviert wird. 52 Dies betrifft<br />

in Kanada vor allem den Bereich von Pornografie, wo eine Einschränkung nur relativ<br />

geringen Anforderungen unterworfen ist. 53<br />

Nicht jeder Eingriff in die Meinungs- oder Rundfunkfreiheit ist in Kanada per se verfassungswidrig.<br />

Einschränkungen sind nach der Verfassung möglich. Zentral für alle<br />

Grundrechte ist der Rechtfertigungsmaßstab aus section 1 der Charter, der für alle<br />

Grundrechte einen Abwägungsmaßstab normiert. 54 Dieser ist in der Anwendung durch<br />

den Supreme Court mit Art. 5 Abs. 2 GG vergleichbar. Für eine rechtfertigende Schrankensetzung<br />

müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Zum einen muss die Einschränkung<br />

zugunsten eines hinreichend schützenswerten Rechtsgutes erfolgen, und zum anderen<br />

muss das Gesetz den so genannten Oakes-Test bestehen, eine Verhältnismäßigkeitsprüfung,<br />

die das Gericht in der Oakes-Entscheidung 55 entwickelt hat und deren<br />

einzelne Schritte der deutschen Verhältnismäßigkeitsprüfung (Geeignetheit, Erforderlichkeit,<br />

Angemessenheit im engeren Sinne) vergleichbar sind. 56<br />

46 Haig v. Canada (1993) 2 S.C.R. 995 at 1035, L’Heureux-Dubé J.<br />

47 Native Women’s Association of Canada v. Canada (1994) 3 S.C.R. 627 at 653, Sophinka J.<br />

48 Irwin Toy Ldt. v. Quebec, a.a.O. FN 43, S. 968.<br />

49 R. v. Keegstra, a.a.O. FN 43, S. 752; R. v. Zundel, a.a.O. FN 43, S. 728. Kritisch: Trakman, a.a.O.<br />

FN 44, S. 889 (913).<br />

50 R. v. Butler (1992) 1 S.C.R., S. 452ff.<br />

51 Rocket v. Royal College of Dental Surgeons of Ontario (1990) 2 S.C.R. 232 at 247, McLachlin J.<br />

52 R. v. Butler, a.a.O. FN 50, S. 501.<br />

53 Ebd., S. 452ff.<br />

54 S. 1 der Charter: „The Canadian Charter of Rights and Freedoms guarantees the rights and freedoms<br />

set out in it subject only to such reasonable limits prescribed by law as can be demonstrably<br />

justified in a free and democratic society“.<br />

55 R. v. Oakes (1986) 1 S.C.R. 103ff.<br />

56 Vgl. dazu Martin, Robert / Adam, Stuart: A Sourcebook of Canadian Media Law, 2. Aufl., Ottawa<br />

1994, S. 129.<br />

505


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

III. Der 1991 Broadcasting Act<br />

Der 1991 Broadcasting Act ist der Versuch einer Vermittlung zwischen zwei widerstreitenden<br />

Prinzipien. 57 Auf der einen Seite soll er der grundsätzlichen Bedeutung von<br />

Rundfunkfreiheit im Sinne der section 2 (b) der Charter Rechnung tragen, auf der anderen<br />

Seite sollen sich darin auch die Prinzipien wiederfinden, die die kanadische Rundfunkgesetzgebung<br />

schon seit Jahrzehnten beschäftigt haben, insbesondere die Wahrung<br />

der kulturellen Identität und die Public Service-Funktion für alle Kanadierinnen und<br />

Kanadier. Der 1991 Broadcasting Act ist in drei Abschnitte unterteilt. Der erste Abschnitt<br />

enthält Prinzipien für die Veranstaltung von Rundfunk. Der zweite Abschnitt<br />

beschreibt die Kompetenzen der CRTC, und der dritte Teil behandelt die Rechte und<br />

Pflichten der öffentlich-rechtlichen CBC.<br />

Der neuralgische Punkt des 1991 Broadcasting Act ist section 3. Detailliert legt sie –<br />

unterteilt in zwei Absätze und 20 Unterabsätze – die rundfunkpolitischen Grundsätze<br />

für Kanada fest. Dazu gehört als Kernpunkt die Feststellung, dass das kanadische Rundfunksystem<br />

den Kanadierinnen und Kanadiern gehört und von ihnen effektiv kontrolliert<br />

werden soll. 58 Die kanadischen Frequenzen werden zum Gemeingut (public property)<br />

erklärt, Rundfunk zur Sache der Allgemeinheit. 59 Section 3 (1)(a) klärt explizit,<br />

dass die kanadischen Frequenzen nicht lediglich Vehikel für US-amerikanische Programme<br />

sein dürfen. 60<br />

Das zweite tragende Prinzip des 1991 Broadcasting Act ist die Erklärung von Rundfunk<br />

zum Public Service. Während die Notwendigkeit einer Public Service-Funktion<br />

des Rundfunks früher 61 – wie in Deutschland auch62 – mit der Knappheit der Frequenzen<br />

begründet wurde, knüpft der 1991 Broadcasting Act das Public Service-Kriterium<br />

an die Notwendigkeit der Wahrung der nationalen Identität. 63 Die Public Service-Funktion<br />

ist von allen Veranstaltern – nicht nur der öffentlich-rechtlichen CBC – zu erfüllen.<br />

64<br />

Im Einzelnen müssen die kanadischen Rundfunkveranstalter dazu beitragen, die Entwicklung<br />

der Meinungsbildung zu fördern, indem sie eine breite Palette von Programmen<br />

senden. 65 Die Programme müssen einen hohen Standard aufweisen. 66 Die Rundfunkveranstalter<br />

müssen den Bedürfnissen und Interessen von kanadischen Männern,<br />

Frauen und Kindern dienen und ihre Lebensumstände und -ziele widerspiegeln, wozu<br />

auch gleiche Rechte gehören. 67 Dieser Pflicht haben die Veranstalter mittels ihrer Programme<br />

und Fairness im Beschäftigungsbereich nachzukommen. 68 In diesen Bereich<br />

fällt auch die Vielfaltsverpflichtung des 1991 Broadcasting Act, wonach die Öffentlich-<br />

57 Zum 1991 Broadcasting Act vgl. ausführlich: Scott, Sheridan: The New Broadcasting Act: An<br />

Analysis, 1 M.C.L.R. (1991), S. 25ff.<br />

58 S. 3 (1)(a).<br />

59 Scott, a.a.O. FN 57, S. 25 (40).<br />

60 Pike, a.a.O. FN 7, S. 51 (56).<br />

61 So noch der 1968 Broadcasting Act.<br />

62 BVerfG 12, 205 (262f.), vgl. auch BVerfG 59, 295 (322).<br />

63 S. 3 (1)(b); Finkelstein, a.a.O. FN 13, S. 213 (217); Henley, a.a.O. FN 6, S. 127 (136).<br />

64 S. 3 (1)(b); Henley, a.a.O. FN 6, S. 127 (136).<br />

65 S. 3 (1)(d)(ii).<br />

66 S. 3 (1)(g).<br />

67 S. 3 (1)(d)(iii).<br />

68 Ebd.<br />

506


von Kalckreuth-Tabbara · Geschlechtsrollenklischees<br />

keit Gelegenheit haben muss, von verschiedenen Meinungen und Belangen des öffentlichen<br />

Lebens angemessen Kenntnis zu erlangen. 69 Die Programme der Veranstalter<br />

müssen „breit gefächert und verständlich sein und eine Balance zwischen Information,<br />

Aufklärung und Unterhaltung für Männer, Frauen und Kinder jeden Alters, Interesses<br />

und Geschmacks bieten“. 70<br />

Die Veranstalter müssen sich mithin mit Gleichberechtigungsfragen sowohl intern als<br />

auch in ihrem Programm befassen. Während die Vielzahl der inhaltlichen Bindungen<br />

von einigen als der untaugliche Versuch des „being all things to all people“ 71 kritisiert<br />

wird, sehen darin andere die Chance, dass Rundfunk nicht länger mit traditionellen Hegemonien<br />

belastet ist, sondern er sich einer gesamtgesellschaftlichen Herausforderung<br />

stellt und zum meinungsbildenden Pool für alle Kanadierinnen und Kanadier wird. 72<br />

Im 1991 Broadcasting Act finden sich neben der Verpflichtung zur Wahrung der nationalen<br />

Identität auch Vielfaltsbindungen, die den kanadischen Zuschauerinnen und<br />

Zuschauern ein möglichst breites und vielfältiges Weltbild vermitteln sollen. Auf die<br />

Berücksichtigung der Interessen von Männern und Frauen wird Wert gelegt. Sie sollen<br />

durch eine durchdachte Programmplanung, aber auch mit Hilfe einer gleichberechtigten<br />

Einstellungspolitik bedient werden. In dieser Hinsicht bietet der 1991 Broadcasting<br />

Act eine Basis für die Regulierung von Geschlechtsrollenklischees.<br />

IV. Die Bundesmedienanstalt CRTC<br />

Die kanadische Bundesmedienanstalt CRTC hat die Aufgabe, das gesamte Rundfunksystem,<br />

bestehend aus der CBC und den privaten Rundfunkveranstaltern, zu kontrollieren.<br />

73 Einen Schwerpunkt bei der Aufgabenbeschreibung legt der 1991 Broadcasting<br />

Act auf die Hilfe bei der Implementation der oben näher erläuterten rundfunkpolitischen<br />

Ziele. Die CRTC hat die Aufgabe, die Interessen der Veranstalter und der Zuschauerinnen<br />

und Zuschauer zu harmonisieren.<br />

Die CRTC ist eine zentrale Aufsichtsbehörde, mit Außenstellen in einigen kanadischen<br />

Provinzen. 74 Sie ist eine unabhängige Stelle und unterliegt – wie die Landesmedienanstalten<br />

und Rundfunkräte auch – keinen staatlichen Weisungen. 75 Plural besetzt<br />

sind ihre Gremien nicht. Im Einzelnen obliegt der CRTC zunächst die Entwicklung von<br />

rundfunkpolitischen Entscheidungen. Über ihre Kontrollfunktion für den Public Service<br />

darf die CRTC beispielsweise die Veranstalter auf gesellschaftliche Probleme auf-<br />

69 S. 3 (1)(h)iv).<br />

70 S. 3(1)(i)(i).<br />

71 Lynn MacDonald, M.P., während der Diskussion der Bill C-149, Standing Committee on Communications<br />

and Culture, 1987.<br />

72 Henley, a.a.O. FN 6, S. 127f.; Horwitz, TV Violence, 52 U.T.Fac.L.Rev. (1994), S. 345ff.; Russell,<br />

a.a.O. FN 6, S. 171ff.<br />

So fordert auch die kanadische Verfassung in s. 28: „Notwithstanding anything in this Charter,<br />

the rights and freedoms referred to in it are guaranteed equally to male and female persons.“<br />

73 S. 3(2): The Commission shall „regulate and supervise all aspects of the Canadian broadcasting<br />

system with a view to implementing the broadcasting policy set out in subsection 3 (1) and, in<br />

so doing, shall have regard to the regulatory policy set out in subsection (2)“; vgl. dazu Meisel,<br />

a.a.O. FN 6, S. 265 (266); Holznagel, a.a.O. FN 7, S. 197ff.<br />

74 Ausführlich: Meisel, a.a.O. FN 6, S. 265 (271ff.); Janisch, a.a.O. FN 6, S. 575 (582).<br />

75 Vgl. aber für die Grenzen der Unabhängigkeit auch: Meisel, a.a.O. FN 6, S. 265 (279).<br />

507


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

merksam machen und eine Umsetzung in die Programme anregen. 76 Mit Bezug auf die<br />

Regulierung von Geschlechtsrollenklischees verfolgt die CRTC bisher zwei Strategien.<br />

Zum einen ermutigt sie die Veranstalter, die on-air-Darstellung von Frauen zu verbessern,<br />

und zum anderen wirkt sie auf eine Einhaltung der Förderung von Frau und Mann<br />

bei der Einstellung und Beförderung innerhalb der Anstalten (off air) hin.<br />

Wichtigstes rundfunkpolitisches Instrument der CRTC ist die Lizenzierung der Veranstalter.<br />

Wie die deutschen Landesmedienanstalten, hat die CRTC die Befugnis, Lizenzen<br />

zu erteilen, zu konkretisieren, zu erneuern und zu widerrufen. 77 Des Weiteren<br />

hat die CRTC das Recht, in Erfüllung ihrer Aufgaben Programmrichtlinien zu erlassen,<br />

um die in section 3 (1) aufgeführten Programmgrundsätze zu präzisieren. 78 Mit Bezug<br />

auf die Gleichberechtigung von Frau und Mann im Programm hat die CRTC für Fernsehen,<br />

Radio, Kabelfernsehen, Spartenkanäle und Pay-TV-Veranstalter eine Richtlinie<br />

erlassen, wonach es den Veranstaltern untersagt ist, zu senden<br />

„(a) anything in contravention of the law;<br />

(b) any abusive comment or abusive pictorial representation that, when taken in context,<br />

tends or is likely to expose an individual or a group of individuals or class of<br />

individuals to hatred or contempt on the basis of (…) sex;<br />

(c) any obscene or profane language or pictorial representation; (…).“ 79<br />

Die von der CRTC erlassenen Richtlinien sind für die Veranstalter bindend. 80 Sie sind<br />

– ebenso wie die Programmgrundsätze des 1991 Broadcasting Act – Bestandteil der jeweiligen<br />

Lizenz. 81<br />

Um ihre Einhaltung effektiv zu sichern, steht der CRTC – wie den deutschen Landesmedienanstalten<br />

– ein abgestuftes Sanktionsinstrumentarium zur Verfügung. Die<br />

CRTC erteilt die Lizenzen für die Veranstalter, wobei es ihr freisteht, sie mit Konkretisierungen<br />

oder Auflagen anzureichern. Sie kann einem Veranstalter, der die Richtlinien<br />

der CRTC missachtet, eine Geldbuße auferlegen. 82 Zu ihren Rechten gehört auch die<br />

Programmüberwachung, insbesondere im Hinblick auf die Einhaltung der gesetzlichen<br />

Grundlagen und Richtlinien. Soweit ein Veranstalter die Weisungen der CRTC miss-<br />

76 So geschehen vor allem mit Bezug auf Gewalt im Fernsehen, vgl. dazu: Dyson, Rose Anne: The<br />

Treatment of Media Violence in Canada Since Publication of the LaMarsh Commission Report<br />

in 1977, unveröffentlichte Dissertation, University of Toronto, 1995; Spears, George / Seydegard,<br />

Kasia: Gender and Violence in the Mass Media. Report Prepared for the Family Violence<br />

Prevention Division, Ottawa 1993.<br />

77 S. 9 (1)(b)ff. 1991 Broadcasting Act.<br />

78 S. 10 (1)(c).<br />

79 Section 5 (1) Television Broadcasting Regulations, SOR/87-49, January 9, 1987, 1987 Canada<br />

Gazette Part II, S. 336, SOR/92-615, October 16, 1992, 1992 Canada Gazette Part II, S. 4152;<br />

Section 3 Radio Regulations, SOR/86-982, September 18, 1986, 1986 Canada Gazette Part II,<br />

S. 4192, SOR/92-613, October 16, 1992, 1992 Canada Gazette Part II, S. 4150; Section 15 (1)<br />

Cable Telecommunications Regulations, SOR/86-831, August 1, 1986, 1986 Canada Gazette,<br />

Part II, S. 3334, SOR/92-610, October 13, 1992, 1992 Canada Gazette, Part II, S. 4147; Section<br />

3 Speciality Services Regulations, SOR/90-106, January 25, 1990, 1990 Canada Gazette Part II,<br />

S. 633, SOR/92-614, October 16, 1992, 1992 Canada Gazette, Part II, S. 4151; Section 3(1) Pay<br />

Television Regulation, SOR/90-105, January 25, 1990, 1990 Canada Gazette Part II, S. 623,<br />

SOR/91-588, October 23, 1991, 1991 Canada Gazette Part II, S. 3432.<br />

80 Meisel, a.a.O. FN 6, S. 265 (273).<br />

81 Vgl. s. 10 (2) 1991 Broadcasting Act.<br />

82 Ss. 10 und 11 1991 Broadcasting Act.<br />

508


von Kalckreuth-Tabbara · Geschlechtsrollenklischees<br />

achtet, kann die Kommission eine öffentliche Anhörung durchführen. 83 Bei besonders<br />

schweren Rechtsverstößen seitens der Veranstalter hat die CRTC das Recht, die Lizenz<br />

zu entziehen. 84 Dies ist jedoch ein Aufsichtsmittel, von dem die Kommission bisher<br />

kaum Gebrauch gemacht hat. 85 Im Falle gravierender Rechtsverstöße wird die CRTC<br />

eher eine Lizenz nicht erneuern oder nur für einen relativ kurzen Zeitraum verlängern,<br />

als einem Veranstalter die Lizenz gänzlich entziehen. 86 Schließlich hat die Kommission<br />

die Möglichkeit, Forschungsaufträge zu vergeben. 87<br />

Die CRTC ist ferner ermächtigt, für Fairness im Bereich der Einstellung und Beförderung<br />

zu sorgen. 88 Diese Regelung war vor ihrem Inkrafttreten sehr umkämpft. 89 Insbesondere<br />

die privaten Veranstalter kritisierten, dass die Beschäftigungsverhältnisse in<br />

ihren alleinigen Zuständigkeitsbereich fielen und dass die Kommission darauf beschränkt<br />

bleiben müsse, eine inhaltliche Überwachung der Programme vorzunehmen. 90<br />

In der Folge wurde die Bestimmung modifiziert, so dass die CRTC nun im Rahmen der<br />

Erteilung der Lizenz auch die Beschäftigungsverhältnisse der Veranstalter, insbesondere<br />

in Bezug auf das Geschlechterverhältnis, kontrollieren kann. 91<br />

Wie Meisel 92 beschreibt, muss als wahrscheinlich wichtigster Arbeitsbereich der<br />

CRTC allerdings die Überzeugungsarbeit angesehen werden, die sie zu leisten hat, um<br />

die Fernseh- und Werbeindustrie auf informellem Wege dazu zu bringen, sich an die gesetzlichen<br />

Vorgaben und Richtlinien zu halten. Auch darin zeigt sich eine Vergleichbarkeit<br />

mit den deutschen Rundfunkkontrolleuren.<br />

B. Die Regulierung von Geschlechtsrollenklischees im kanadischen Rundfunk<br />

Seit den 70er Jahren werden in Kanada unterschiedliche Modelle zur Regulierung von<br />

Geschlechtsrollenklischees erprobt. Dabei entziehen sich sowohl die Bestimmung eines<br />

positiven Regelungszieles als auch die Definition des Begriffes „Geschlechtsrollenklischees“<br />

einer einfachen Definition. Dieses Schicksal teilt der Ausdruck im Übrigen mit<br />

seiner englischen Entsprechung, den „gender stereotypes“. Der im Jahre 1982 von der<br />

CRTC herausgegebene Report „Images of Women“ nimmt sich auf über 200 Seiten des<br />

Problems der Stereotypisierung von Geschlechterrollen an, definiert es aber nicht. S. 4<br />

des Reports sieht den Regulierungsbedarf damit begründet, dass „the media do not<br />

portray women and men as equal, as equally capable, human beings.“ 93 Eine neuere De-<br />

83 S. 12 (1) und s. 18 (1) 1991 Broadcasting Act.<br />

84 S. 9 (1)(b) 1991 Broadcasting Act.<br />

85 Scott, a.a.O. FN 57, S. 46; Holznagel, a.a.O. FN 7, S. 191 (198).<br />

86 Interview mit Donna M. Shewfield, Senior Regional Officer at the CRTC, Atlantic Region,<br />

9. Februar 1996, Halifax, Nova Scotia, Kanada.<br />

87 S. 14 1991 Broadcasting Act.<br />

88 Vgl. zu diesem Kompetenzbereich ausführlich unten, B. V.<br />

89 Henley, a.a.O. FN 6, S. 179.<br />

90 Ebd.<br />

91 Ebd.<br />

92 Meisel, a.a.O. FN 6, S. 274.<br />

93 CRTC: Images of Women. Report of the Task Force on Sex-Role Stereotyping in the Broadcast<br />

Media. Minister of Supply and Services, Ottawa 1982, S. 4. Der Nova Scotia Status of Women<br />

Task Force Report, auf den die CRTC in ihrem Bericht Bezug nimmt, formuliert das Problem<br />

so: „The image of women as portrayed not only in advertising but also in programming<br />

509


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

finition von Scarbath u. a. sieht Geschlechtsrollenklischees als: „(e)in starres, stereotypes<br />

und somit gegen Differenzierungen und lernende Weiterentwicklung relativ immunes<br />

Muster von Weiblichkeit und Männlichkeit sowie vom Umgang der Geschlechter.“<br />

94<br />

Gemeinsam ist dem Versuch neuerer Umschreibungen, dass er geschlechtsneutral<br />

erfolgt, also auch Männer einbezieht. Es zeigt sich aber, dass die Inhaltsstudien und <strong>wissenschaft</strong>lichen<br />

Auseinandersetzungen mit dem Phänomen sich nach wie vor so gut wie<br />

ausschließlich mit dem Frauenbild in den <strong>Medien</strong> beschäftigen. 95 Auch als Frauengruppen,<br />

allen voran die feministische <strong>Medien</strong>organisation MediaWatch, in den<br />

70er Jahren begannen, das stereotype und häufig sexualisierte Frauenbild in der Öffentlichkeit<br />

anzuprangern, ging es ihnen vorrangig um eine Verbesserung der Stellung von<br />

Frauen. 96<br />

So wie der Versuch einer griffigen Definition an die Grenzen des Problems stößt, begegnet<br />

auch die Bestimmung des Regelungsziels Schwierigkeiten. Die Festlegung eines<br />

„erwünschten“, vielleicht „fortschrittlichen“ Frauenbildes würde nicht nur mit der Programmfreiheit<br />

der Rundfunkveranstalter kollidieren 97 , sondern auch seine eigene Zielsetzung<br />

konterkarieren. Schließlich bremst jede verbindliche Festlegung die erwünschte<br />

Vielfalt von Frauenrollen und setzt sich mit der Aufhebung der Homogenität der Darstellung<br />

bzw. mit der Schaffung von realitätsnahen und innovativen Frauenbildern in<br />

Widerspruch. 98 Scheitert aber die positive Bestimmung eines Regelungszieles an den damit<br />

verbundenen Einengungen, so bleibt doch eine negative Annäherung möglich. Die<br />

Regulierung von Geschlechtsrollenklischees im Rundfunk zielt auf eine Verbesserung<br />

der Darstellung von Frauen (und Männern) in den Rundfunkmedien in dem Sinne, dass<br />

Frauen der gleiche Handlungs- und Entwicklungsspielraum zugestanden wird wie<br />

Männern. Sie ist gerichtet auf eine Eliminierung von Stereotypen und Einseitigkeiten,<br />

die eine Person auf ihre „weibliche“ oder „männliche“ Rolle festschreiben. In diesem<br />

Sinne fordert der „Sex-Role Portrayal Code For Television and Radio Programming“<br />

des – weiter unten näher darzustellenden 99 – Selbstkontrollgremiums der privaten<br />

Rundfunkveranstalter, Frauen und Männer in der sich verändernden Interaktion der<br />

Geschlechter und der Vielfalt der bestehenden Familienstrukturen unter Einbeziehung<br />

des gesamten demographischen Spektrums darzustellen und dabei darauf zu ach-<br />

more often than not represents the damaging an inaccurate stereotype that is prevalent in our<br />

male-oriented society.” (Nova Scotia Status of Women, Herself, Status of Women Task Force<br />

Report (1976), zitiert in: Nova Scotia Human Rights Commission, Women and Advertising,<br />

Nova Scotia, The Commission, 1979, S. 1).<br />

94 Scarbath, Horst / Gorschenek, Margarethe / Grell, Petra: Sexualität und Geschlechtsrollenklischees<br />

im Privatfernsehen, Hamburgische Anstalt für neue <strong>Medien</strong>, Hamburg, 1994, S. 29. So<br />

auch Grell, Petra: schärfer fernsehen – Offene und latente Inszenierungen von Geschlechtsrollenklischees<br />

in sexualthematischen Kontexten, in: Dagmar Beinzger u.a. (Hrsginnen): Im Wyberspace<br />

– Frauen und Mädchen in der <strong>Medien</strong>landschaft, Bielefeld, 1998, S. 259 (260).<br />

95 Vgl. dazu die Nachweise oben, Fußnote 2.<br />

96 MediaWatch: Tracing the Roots of MediaWatch: A History. Published by Media Watch/Évaluation<br />

Médias, 517 Wellington St. West, Suite 204, Toronto, Ontario, Canada M5V 1G1, 1993,<br />

S. 5.<br />

97 Vgl. nur BVerfGE 59, 231 (258); 87, 181 (201); 90, 60 (87).<br />

98 Vgl. dazu ausführlich Kalckreuth, a.a.O. FN 3, S. 61ff.<br />

99 Vgl. dazu unten B. VI.<br />

510


von Kalckreuth-Tabbara · Geschlechtsrollenklischees<br />

ten, dass Ausbeutung (exploitation) und sexistische Sprache (sexist language) unterbleiben.<br />

100<br />

Die kanadische Bundesmedienanstalt erprobt seit über 30 Jahren eine Vielzahl von<br />

Steuerungsmodellen am Exempel der gender stereotypes. Die Verwendung unterschiedlicher<br />

Instrumentarien folgte dabei nicht immer der Logik des Regelungsgegenstandes<br />

selbst, sondern griff auch Trends, die außerhalb desselben lagen, mit auf. So wurde<br />

das Thema Geschlechtsrollenklischees in den 80er Jahren von der allgemeinen Deregulierungswelle<br />

erfasst, ohne dass die spezifischen Erfahrungen in diesem Teilbereich<br />

dazu Anlass gegeben hätten. 101 Das kanadische Steuerungsmodell lässt sich daher am besten<br />

begreifen als eine Vielzahl von Instrumenten, von denen allerdings die Selbststeuerung<br />

als das dominante angesehen werden kann. 102 Trotz der Unterschiede und teilweise<br />

auch Überlappungen im Umgang mit Geschlechtsrollenklischees lassen sich zwei Regulierungsprinzipien<br />

feststellen. Die kanadische Rundfunkregulierung setzte im Bereich<br />

von Geschlechtsrollenklischees immer entweder auf Selbst- oder auf Fremdkontrolle.<br />

Teilweise sind die Regelungen jedoch auch äußerst komplex, und es findet eine organisatorische<br />

und prozedurale Verzahnung verschiedener Regulierungsformen statt.<br />

Im Folgenden werden die kanadischen Modelle zur Regulierung von Geschlechtsrollenklischees<br />

im Rundfunk in chronologischer Reihenfolge vorgestellt. Den Grundstein<br />

für Regulierungsbemühungen im Bereich der gleichberechtigten Darstellung von Frau<br />

und Mann legte eine Enquête-Kommission aus dem Jahre 1982 (I.). Die Kommission leitete<br />

eine zweijährige freiwillige Versuchsphase der Veranstalter ein (II.). In einer dritten<br />

Phase machte die kanadische CRTC die Vermeidung von Geschlechtsrollenklischees<br />

zum Gegenstand von Lizenzbedingungen (III). Schließlich erschloss sich der CRTC<br />

auch das Regulierungspotenzial der Beschäftigungspolitik (IV.). Nach einer kurzen Phase<br />

der Selbstregulierung (V.) wurde das jetzige Regulierungsmodell eingeführt, welches<br />

Mischformen von Fremdkontrolle durch die CRTC und Selbstkontrolle durch eine von<br />

den privaten Veranstaltern geschaffene Organisation enthält (VI.).<br />

I. Die Task Force on Sex-Role Stereotyping in the Broadcast Media<br />

In den 70er Jahren begann die kanadische Frauenbewegung, die Einhaltung des Versprechens,<br />

der kanadische Rundfunk sei „Gemeingut“, bei den Rundfunkveranstaltern<br />

und der CRTC einzufordern. Aufgerüttelt durch die gesellschaftliche Debatte über negative<br />

Auswirkungen von Fernsehkonsum, insbesondere im Hinblick auf die steigende<br />

Gewaltbereitschaft Jugendlicher, begannen vor allem Feministinnen die stereotype Darstellung<br />

von Frauen im Fernsehen zu monieren, weil sie darin ein wichtiges Hemmnis<br />

für die Erreichung von Geschlechtergleichheit sahen. 103 Frauen protestierten gegen die<br />

100 Daneben ist darauf zu achten, dass Frauen und Männer in gleicher Zahl als „voice-over“, Experten<br />

und Autoritäten im Progamm erscheinen und sowohl „on“ als auch „off air“ vermehrt<br />

Frauen zu sehen sind. Vgl. zum genauen Wortlaut: Kalckreuth, a.a.O. FN 3, Anhang A,<br />

S. 211ff. Die CBC hat inhaltlich ähnliche Guidelines erlassen, ebd., Anhang B, S. 215f.<br />

101 Vgl. dazu unten B. III.<br />

102 Vgl. zur Umstellung des Rundfunkrechts auf Selbstregulierung in Deutschland jüngst:<br />

Vesting, Thomas: Das Internet als Herausforderung des „dualen Rundfunksystems“, in: Manfred<br />

Kops u. a. (Hrsg.): Von der dualen Rundfunkordnung zur dienstespezifisch diversifizierten<br />

Informationsordnung?, Baden-Baden 2001 (im Erscheinen), S. 275 (290f.).<br />

103 Trimble, Linda: Coming Soon To A Station Near You? The CRTC Policy on Sex-Role Ste-<br />

511


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

stereotype Darstellung von Frauen und ihre Unterrepräsentanz in den <strong>Medien</strong>. Sie wollten<br />

mehr Frauenthemen im Fernsehen aufgegriffen wissen, mehr Frauen in leitenden<br />

und Führungspositionen innerhalb der <strong>Medien</strong> sehen und eine ausgeglichenere Darstellung<br />

der in der Gesellschaft vorhandenen Vielfalt von Frauenleben und -schicksalen im<br />

Fernsehen erreichen. 104 Die Versuche, auf der Protestebene eine Änderung des Frauenbildes<br />

in den <strong>Medien</strong> zu erreichen, führten jedoch nicht zu dem unmittelbaren Ziel der<br />

Programmveränderung. Die Veranstalter reagierten ablehnend auf die Forderungen, da<br />

sie keinen Vorteil für sich erkennen konnten. 105<br />

Im Jahre 1979 beschloss die kanadische Regierung einen Aktionsplan (action plan),<br />

um die Gleichberechtigung von Frauen durchzusetzen und der Diskriminierung, die<br />

Frauen strukturell in der Gesellschaft erfahren, ein Ende zu bereiten. Im Zuge dessen<br />

trat die damalige <strong>Kommunikations</strong>ministerin auch an die CRTC heran und verlangte,<br />

dass bis zum Jahre 1980 geeignete Maßnahmen zu ergreifen und Richtlinien zu erlassen<br />

seien, die eine Beseitigung von Geschlechtsrollenklischees im Rundfunk erwarten<br />

ließen. 106 Sie bemängelte, dass Frauen im Fernsehen weiterhin unterrepräsentiert und<br />

auf traditionelle Rollen beschränkt waren.<br />

Die Kommission verhielt sich ihrer neuen Aufgabe gegenüber zunächst skeptisch.<br />

Linda Trimble 107 nennt drei Gründe für die ablehnende Haltung der CRTC: Zunächst<br />

störte sich die Kommission an der Tatsache, dass ihr als unabhängiger Regulierungsbehörde<br />

staatlicherseits Aufgaben zugetragen wurden. Zweitens befürchtete sie, dass<br />

eine inhaltliche Regulierung der erste Schritt in Richtung Zensur sei, was, drittens, nach<br />

Meinung der CRTC, ihre Kompetenzen überschritt. Trotz dieser Bedenken kündigte<br />

die CRTC aber am 28. September 1982 die Einrichtung der Task Force on Sex-Role Stereotyping<br />

in the Broadcast Media an 108 , einer Art Enquête-Kommission für die Erforschung<br />

von Geschlechtsrollenklischees im kanadischen Rundfunk. 109<br />

Die Mitglieder der Task Force hatten sehr unterschiedliche Wahrnehmungen von Geschlechtsrollenklischees<br />

im Rundfunk. 110 Während die privaten Rundfunkveranstalter<br />

und die Werbeindustrie die Problematik am liebsten intern behandelt hätten, drängten<br />

die Vertreterinnen der Öffentlichkeit auf eine effiziente und von der CRTC kontrollierte<br />

Lösung. 111 Die Task Force widmete deshalb viel Zeit und Energie dem Versuch,<br />

Einigkeit über den Regelungsbedarf zum einen und die Dringlichkeit für Handlungsbe-<br />

reotyping, in: Helen Holmes / David Taras (Hrsg.): Seeing Ourselves, Media Power and Policy<br />

in Canada, Toronto 1992, S. 135 (137).<br />

104 Trimble, Linda: Coming Soon to a Station Near You: The Process and Impact of the Canadian<br />

Radio-televison and Telecommunications Commission’s Involvement in Sex-Role Stereotyping.<br />

Unpublished Doctoral Dissertation. Queen’s University, Kingston, Ontario 1990,<br />

S. 133ff.<br />

105 Dies änderte sich erst, als das Thema zunehmend auch von Seiten des <strong>Kommunikations</strong>ministeriums<br />

und darüber auch der CRTC selbst aufgenommen wurde, vgl. dazu in diesem Kapitel<br />

unten.<br />

106 CRTC, Public Notice, 1986-351.<br />

107 Trimble, a.a.O. FN 103, S. 137ff.<br />

108 CRTC, a.a.O. FN 93, S. xiff.; CRTC, a.a.O. FN 106, S. 2.<br />

109 Die Task Force setzte sich zusammen aus Vertretern der CRTC, der CBC, den privaten Rundfunkveranstaltern,<br />

der Werbeindustrie und Vertretern der Allgemeinheit.<br />

110 Trimble, a.a.O. FN 103, S. 138.<br />

111 Media Watch, a.a.O. FN 96, S. 6; Trimble, a.a.O. FN 103, S. 138.<br />

512


von Kalckreuth-Tabbara · Geschlechtsrollenklischees<br />

darf zum anderen herzustellen. 112 Die Association of Canadian Broadcasters (CAF)<br />

zum Beispiel behauptete, dass die Mehrheit der kanadischen Frauen sich nicht durch die<br />

Darstellung von Frauen beleidigt fühle und warf den Vertreterinnen der Öffentlichkeit<br />

vor, falsche (feministische) Meinungen im vermeintlichen Namen aller Frauen zu vertreten.<br />

113 Diese Haltung empfanden wiederum die Vertreterinnen der Öffentlichkeit als<br />

unbefriedigend, die den Befund an sich bereits breit dokumentiert sahen und konkrete<br />

Maßnahmen ergreifen wollten.<br />

II. Zweijährige Versuchsphase<br />

Die Auseinandersetzungen innerhalb der Task Force Commission führten zu diversen<br />

Empfehlungen, die die unterschiedlichen Stufen der Sensibilisierung der Mitglieder widerspiegelten.<br />

Die Kommission konnte sich nicht darauf verständigen, konkrete Maßnahmen<br />

zur Vermeidung von Geschlechtsrollenklischees vorzuschlagen. Im Jahre 1982<br />

gab die Task Force ihren Bericht „Images of Women“ heraus. 114 In ihm finden sich 20<br />

Empfehlungen, wie das Bild der Frau im kanadischen Rundfunk zu verbessern sei. Die<br />

Empfehlungen waren gerichtet an die CRTC, die Bundesregierung, die CBC, die privaten<br />

Rundfunkveranstalter und die Werbeindustrie.<br />

Die zentrale Empfehlung der Task Force ging dahin, eine zweijährige freiwillige Versuchsphase<br />

zur Vermeidung von Geschlechtsrollenklischees für die Rundfunkveranstalter<br />

und die Werbeindustrie, unter Aufsicht und abschließender Bewertung durch die<br />

CRTC, durchzuführen. Dies stellte einen Kompromiss dar zwischen der Rundfunkund<br />

Werbeindustrie einerseits und den Vertreterinnen der Öffentlichkeit andererseits,<br />

deren Ziel es war, eine möglichst strenge Kontrolle des Verhaltens der Rundfunkveranstalter<br />

und Werbeindustrie festzuschreiben. 115<br />

Im Einzelnen forderte die Task Force von der CRTC, dass sie die Schritte der Rundfunkveranstalter<br />

zur Vermeidung der stereotypen Darstellung von Frauen überwachen,<br />

regelmäßige Zwischenberichte von den Veranstaltern einfordern, Beschwerden über<br />

Geschlechtsrollenklischees gezielt bearbeiten und eigene Initiativen ergreifen sollte, um<br />

eine gleichberechtigte und faire Darstellung der Geschlechter zu erreichen. Zu diesem<br />

Zwecke sollte die CRTC ein Komitee im Bereich Geschlechtsrollenklischees errichten,<br />

das die genannten Aufgaben wahrnehmen sollte. 116<br />

Die kanadische Bundesregierung wurde aufgefordert, zu akzeptieren und zu fördern,<br />

dass das kanadische Rundfunksystem den Interessen und Chancen beider Geschlechter<br />

Rechnung zu tragen hatte. Sie sollte eine aktuelle Liste von Expertinnen im Rundfunkbereich<br />

für die Veranstalter bereithalten, um Anreize für eine vermehrte Einstellung von<br />

Frauen zu schaffen. 117<br />

Von der CBC, die von sich aus bereits „gender portrayal guidelines“, also Richtlinien<br />

über die Darstellung der Geschlechter erlassen hatte, forderte die Kommission, dass<br />

112 CRTC, a.a.O. FN 93, S. 9; Trimble, a.a.O. FN 106, S. 246.<br />

113 CRTC, a.a.O. FN 93, S. 138.<br />

114 CRTC, a.a.O. FN 93; vgl. auch Holznagel, a.a.O. FN 7, S. 204.<br />

115 Media Watch, MediaWatch Brief. In Response to Public Notice CRTC 1990-114, December<br />

28, 1990. Review of Policy on Sex-Role Portrayal, Vancouver, British Columbia, May 1991,<br />

S. 2; Trimble, a.a.O. FN 103, S. 139; CRTC, a.a.O. FN 106, S. 3.<br />

116 CRTC, a.a.O. FN 93, S. 65-66.<br />

117 Ebd., S. 66 – 67.<br />

513


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Programmbereich Kenntnis von den Richtlinien<br />

erlangen müssten und dass die CBC jährliche Berichte über deren Umsetzung und<br />

Wirkung verfassen sollte. 118<br />

Die privaten Rundfunkveranstalter, vertreten durch die CAB, die bislang keine Standards<br />

zur Vermeidung von Geschlechtsrollenklischees im Programm verfasst hatten, erklärten<br />

sich während der zweijährigen Arbeit der Task Force bereit, eine interne Kommission<br />

mit dem Thema zu befassen, die insbesondere Zuschauerbeschwerden bearbeiten<br />

sollte. 119 Dies war ein klares Signal an die Öffentlichkeit, dass auch im Privatfunk die<br />

Problematik von Geschlechtsrollenklischees nicht länger negiert würde. Das Versprechen<br />

trug aber auch der Sorge Rechnung, die CRTC könne von „harter Regulierung“<br />

Gebrauch machen, sollten sich die Rundfunkveranstalter einer Konsensbildung verschließen.<br />

Des Weiteren versprach die CAB, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im<br />

Produktionsbereich für die Vermeidung geschlechtsstereotyper Darstellung zu sensibilisieren.<br />

120 Schließlich wollte das Exekutivorgan der CAB bei seiner nächsten Sitzung<br />

die Vermeidung von Geschlechtsrollenklischees in den CAB Code of Ethics aufnehmen.<br />

121 Der Task Force Report unterstützte die CAB bei ihren Vorhaben und regte an,<br />

dass die CAB ihre Mitglieder ermutigen sollte, für eine erhöhte Präsenz von Frauen im<br />

Fernsehen zu sorgen. 122<br />

Der Task Force Kommission war es wichtiger, bei den einzelnen Rundfunkveranstaltern<br />

eine Sensibilisierung zu erreichen, als regulatorische Maßnahmen für die Vermeidung<br />

geschlechtsstereotyper Darstellungen zu ergreifen. 123 King 124 bezweifelt, ob zu so<br />

einem relativ frühen Zeitpunkt eine von außen motivierte Regulierung überhaupt hätte<br />

Früchte tragen können. Die relativ schwache Stellung der CRTC verbunden mit dem<br />

Umstand, dass die Rundfunkveranstalter wenig Interesse an einer veränderten Darstellung<br />

von Frauen im Rundfunk hatten, ließen die Effektivität etwaiger vorgeschlagener<br />

Maßnahmen zweifelhaft erscheinen. 125 Auf der anderen Seite riskierte die Task Force,<br />

dass die von ihr empfohlene freiwillige Regulierung in einem Bereich, der für die Rundfunkveranstalter<br />

keine Anreize für ihre Umsetzung bot, überhaupt nicht befolgt werden<br />

würde.<br />

Am Ende der zweijährigen Testphase erbat die CRTC von allen Rundfunkveranstaltern<br />

einen Bericht über ihre Maßnahmen und Erfolge im Bereich von Geschlechtsrollenklischees.<br />

126 Die Berichte ließen teilweise einen beachtlichen Aktionismus erkennen:<br />

Die CBC hatte Inclusive-Language-Guidelines erlassen und vier vergleichende Inhaltsanalysen<br />

mit Bezug auf Geschlechtsrollenklischees im Rundfunk in den Jahren<br />

1981 bis 1984 durchführen lassen. Das Büro der CBC für Portrayal of Women konnte<br />

von Seminaren und Konferenzen zum Thema Frauen und <strong>Medien</strong> berichten. Nach An-<br />

118 Ebd., S. 67 – 68.<br />

119 Ebd., S. 68.<br />

120 Ebd.<br />

121 Ebd.<br />

122 Ebd., S. 69. Das Gleiche gilt für die Werbeindustrie.<br />

123 MediaWatch, a.a.O. FN 96, S. 6; Trimble, a.a.O. FN 103, S. 138.<br />

124 King, Linda: Broadcasting Policy for Canadian Women. Unpublished Paper Prepared for<br />

„Adjusting the Image“: A National Conference on Broadcasting Policy, Ottawa, March 20-<br />

22, 1987, S. 10.<br />

125 Ebd.<br />

126 CRTC, Public Notice, 1982-211.<br />

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von Kalckreuth-Tabbara · Geschlechtsrollenklischees<br />

gaben der CBC hatte die Präsenz von Frauen sowohl vor als auch hinter der Kamera zugenommen.<br />

127<br />

Auch die CAB hatte ihre Versprechen teilweise umgesetzt. Sie hatte ein Komitee für<br />

die Problematik von Geschlechtsrollenklischees errichtet und ihren Code of Ethics erweitert.<br />

Allerdings verschmolz bald darauf dieses spezielle Standing Committee on Sex-<br />

Role Stereotyping mit dem thematisch äußerst umfassenden Societal Issues Committee,<br />

so dass das neue Gremium mit einer Vielzahl von Bereichen beschäftigt war, die seine<br />

Einflusssphäre verschwimmen ließen. 128<br />

Die Reaktionen der einzelnen privaten Rundfunkveranstalter fielen höchst unterschiedlich<br />

aus. Teilweise waren die privaten Veranstalter sehr kreativ geworden, um Geschlechtsrollenklischees<br />

in ihren Programmen zu vermeiden. Einige fügten in ihrer Antwort<br />

Aktionspläne und interne Richtlinien bei. 129 Die meisten privaten Rundfunkveranstalter,<br />

die sich nach der zweijährigen Testphase bei der CRTC meldeten, verweigerten<br />

sich jedoch schlicht jeder Form von Regulierung. 130 Die Bandbreite der Reaktionen<br />

lässt sich wahrscheinlich am besten damit erklären, dass die Task Force keine klaren<br />

Maßstäbe gesetzt hatte, wie ihre Empfehlungen umzusetzen seien.<br />

Um sich ein umfassendes Bild von dem Erfolg der freiwilligen Selbstkontrolle machen<br />

zu können, erfasste die CRTC nicht nur die Berichte der Rundfunkveranstalter, sondern<br />

setzte sich auch mit den insgesamt 1.600 Kommentaren der Öffentlichkeit auseinander,<br />

die die CRTC während der zweijährigen Testphase erreicht hatten. 131 Dazu gehörte<br />

auch die Auswertung der öffentlichen Anhörungen (hearings), die die CRTC im April<br />

1986 in Vancouver, Montreal und Hull durchgeführt hatte. 132 Bei diesen Veranstaltungen<br />

wurde der Öffentlichkeit Gelegenheit gegeben, ihre Ansprüche und Wünsche an die<br />

kanadische Rundfunklandschaft zu formulieren.<br />

Darüber hinaus bezog die CRTC in ihre Evaluation die Inhaltsanalysen ein, die sie<br />

selbst, die CBC und die feministische <strong>Medien</strong>organisation MediaWatch durchgeführt<br />

hatten. Hatten die Maßnahmen der Rundfunkveranstalter, allen voran die der CBC, Anlass<br />

zu Hoffnung gegeben, so kamen die Inhaltsstudien übereinstimmend zu relativ unbefriedigenden<br />

Ergebnissen. Die von der CRTC in Auftrag gegebene Studie stellte zusammenfassend<br />

fest:<br />

„First, there are fewer women than men in almost all areas of Canadian broadcasting<br />

– television and radio, programming and advertising. Second, the roles of women and<br />

men differ in all areas; the differences are larger in some areas and smaller in others.<br />

Third, the numerical presence of women and men in broadcast material is linked to<br />

the roles that they occupy in a complex way. Although presence and role are linked a<br />

strategy to balance the portrayal of the sexes would have to address each of these issues<br />

separately.“ 133<br />

127 Vgl. zu den Aktionen der CBC: CRTC, a.a.O. FN 106, S. 6f.<br />

128 Vgl. CRTC, a.a.O. FN 106, S. 7.<br />

129 Trimble, a.a.O. FN 103, S. 140.<br />

130 Ebd.<br />

131 CRTC, a.a.O. FN 106, S. 9.<br />

132 Vgl. zu der Institution der „hearings“ im kanadischen Rundfunk: Holznagel, a.a.O. FN 7,<br />

198.<br />

133 Die Studie wurde von dem renommierten Erin Inc. Research Institute durchgeführt und ist in<br />

CRTC, a.a.O. FN 106, S. 11ff. abgedruckt.<br />

515


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

Die Analyse der CBC zeigte ähnliche Resultate:<br />

„(…)Women and men are generally portrayed in conventional roles. Women are<br />

rather absent from the political and economical scenes not only as newsmakers but<br />

also as experts or reporters. In addition, these images are quite stable in all of the follow-up<br />

analyses (…) The representation of innovative images of men and women is<br />

still to be developed.“ 134<br />

Die feministische <strong>Medien</strong>organisation MediaWatch kam zu dem Schluss, dass als einzige<br />

positive Veränderung eine Reduzierung sexistischer Sprache zu erkennen war. 135<br />

Die gesammelten Informationen deuteten darauf hin, dass sich inhaltlich so gut wie<br />

nichts an der Darstellung der Frau im Rundfunk geändert hatte. Die CRTC erkannte,<br />

dass die anfänglichen Bemühungen der Veranstalter um eine vielfältige und gleichberechtigte<br />

Darstellung von Frauen im Rundfunk über die Zeit kleiner geworden waren,<br />

konstatierte aber dennoch, dass gerade die Erkenntnisse, die die Berichte und öffentlichen<br />

Anhörungen gebracht hätten, geeignet seien, um den Selbstkontrollprozess wieder<br />

anzuregen. 136 Die Kommission befand, dass die Rundfunkveranstalter sichtbar bemüht<br />

waren, sich dem Problem zu stellen, und wertete diese Sensibilisierung als Erfolg. Dennoch<br />

sah die CRTC auch weiter Handlungsbedarf im Bereich von Geschlechtsrollenklischees.<br />

Sie formulierte den Anspruch an die CBC, dass sie eine Vorreiterstellung bei<br />

der Vermeidung von Rollenklischees im Programm einnehmen sollte, die CAB sollte<br />

ihre Richtlinien mit Bezug auf eine gleichberechtigte Darstellung der Geschlechter überarbeiten,<br />

und die Öffentlichkeit wurde aufgefordert, vermehrt Beschwerden an die<br />

CRTC zu richten. 137<br />

In den Jahren 1984 bis 1988 führte die CRTC eine zweite Inhaltsstudie zum Thema<br />

Rundfunk und Geschlechtsrollenklischees durch. Die Zusammenfassung der Resultate<br />

liest sich ernüchternd:<br />

„1. Fewer women than men appear in almost every area of Canadian Broadcasting.<br />

2. The imbalance in the numbers of women and men in television, both programming<br />

and advertising, occurs almost entirely among people in the 35- to 65-year<br />

age bracket.<br />

(…)<br />

4. Where gender differences occur, they are almost without exception in the direction<br />

of traditionally defined gender attributes. (W)omen are aligned with „traditionally<br />

female“ roles such as home and family activities. Men are more strongly<br />

aligned with paid work, vehicles, and violent behavior.” 138<br />

Damit war man fast wieder am Anfang angelangt, denn genau diese Feststellungen<br />

hatten Frauenorganisationen auf die CRTC und die Rundfunkveranstalter Druck ausüben<br />

lassen. So musste die CRTC im Jahre 1990, acht Jahre nach der Einrichtung der<br />

Task Force, zu dem Ergebnis kommen, dass der Versuch, über eine freiwillige Versuchsphase<br />

die Darstellung von Frauen im Rundfunk zu ändern, noch nicht zum gewünschten<br />

Erfolg geführt hatte. 139 Über die Gründe lässt sich nur spekulieren. Es<br />

134 CBC Content Analysis, abgedruckt in CRTC, a.a.O. FN 106, S. 15ff.<br />

135 MediaWatch: Adjusting the Image: Women and Canadian Broadcasting, Ottawa, Department<br />

of Communications, 1987.<br />

136 CRTC, a.a.O. FN 106, S. 36.<br />

137 Ebd., S. 45ff.<br />

138 CRTC, Summary Report, 1990, S. 7.<br />

139 Ebd.: „The four-year period is characterized much more by stability than by change“.<br />

516


von Kalckreuth-Tabbara · Geschlechtsrollenklischees<br />

spricht allerdings einiges für die von King und Trimble geäußerte Ansicht, dass die Veranstalter<br />

keinen Anlass sahen, ihr Programm zu ändern, solange mit der Beibehaltung<br />

eines stereotypen Geschlechterbildes für sie keine negativen Auswirkungen verbunden<br />

waren. 140 Auf der anderen Seite war es gelungen, ein umfassendes Problembewusstsein<br />

auf allen Ebenen des Rundfunkbetriebes zu etablieren. Es stand nunmehr auf der Tagesordnung<br />

eines jeden Rundfunkveranstalters, dass Geschlechtsrollenklischees in ihren<br />

Programmen ein öffentlich wahrgenommenes und bemängeltes Problem waren. Nicht<br />

nur MediaWatch, sondern auch andere Frauenorganisationen innerhalb und außerhalb<br />

des Rundfunks ließen nicht nach, ein egalitäres Frauenbild einzufordern. 141 Auch waren<br />

in den zentralen Institutionen des Rundfunks, der CBC und der CAB, mittlerweile Stellen<br />

geschaffen worden, die sich mit der Thematik auseinander setzten und von denen<br />

weitere Impulse ausgehen konnten. Die ernüchternde Bilanz der Inhaltsstudien machte<br />

jedoch deutlich, dass weitere Maßnahmen zu ergreifen waren, wenn die CRTC die Vermeidung<br />

von gender stereotypes im Rundfunk erreichen wollte.<br />

III. Lizenzbedingung<br />

Auf der Basis der gewonnenen Erkenntnisse erprobte die CRTC im Jahre 1986 daher<br />

eine neue Regulierungsstrategie, die auf die Defizite des bisherigen Ansatzes reagieren<br />

sollte. Die Kommission vollzog einen Wandel von freiwilliger Kooperation der Veranstalter<br />

zu konkreter sanktionsbedrohender Regulierung. Sie kündigte an, dass sie sowohl<br />

bei der Erstvergabe als auch bei der Verlängerung von Lizenzen das Erstellen und<br />

die Einhaltung von Richtlinien der Veranstalter über die Vermeidung von Rollenklischees<br />

als wichtiges Kriterium zugrunde legen werde. 142 Dies verpflichtete die Rundfunkveranstalter,<br />

eigene sex-role portrayal guidelines, also interne Leitfäden für die Vermeidung<br />

geschlechtsstereotyper Darstellungen, für ihre Programme zu entwickeln. Die<br />

zugelassenen öffentlich-rechtlichen Rundfunkveranstalter konnten über die CBC zentrale<br />

guidelines beziehen, und auch die Mitglieder der CAB waren ermächtigt, einheitliche<br />

Leitfäden zu verfassen. Die CRTC verzichtete dabei bewusst darauf, den Veranstaltern<br />

inhaltliche Standards vorzugeben. Sie behielt sich zwar vor, die guidelines der<br />

Veranstalter zu überprüfen und gegebenenfalls zu monieren; sie mischte sich jedoch<br />

nicht in die Grundfragen der programmlichen Gestaltung ein. 143 Dies hätte dem Selbstverständnis<br />

der CRTC widersprochen, die schon zu Zeiten der Task Force befürchtet<br />

hatte, als Zensurbehörde missbraucht zu werden, und wahrscheinlich auch Stürme der<br />

Entrüstung bei den Veranstaltern hervorgerufen.<br />

Mit dem Auferlegen der Lizenzbedingung zeigte die CRTC erstmals in der Regulierungsgeschichte<br />

von Geschlechtsrollenklischees ihre Zähne. Sie hoffte, dass die Richtlinien<br />

und ihre Befolgung diesmal Wirkung zeigen würden, zumal die Kommission eine<br />

strenge Überwachung der Standards angedroht hatte. 144 Da die Nicht-Befolgung der<br />

140 King, a.a.O. FN 124; Trimble, a.a.O. FN 103, S. 135ff.<br />

141 Vgl. nur MediaWatch, a.a.O. FN 135. MediaWatch führte neben ihrer regen Publikationstätigkeit<br />

Informationsveranstaltungen durch, vertrieb Flugblätter und Broschüren über<br />

die Darstellung der Frau im Rundfunk und rief die kanadische Frauenöffentlichkeit beständig<br />

auf, sich gegen die verfälschenden Bilder zu wehren.<br />

142 CRTC, Public Notice, 1990 – 99, S. 2ff.; vgl. auch Holznagel, a.a.O. FN 7, S. 204.<br />

143 Ebd.<br />

144 Ebd.<br />

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M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

Leitlinien einen Verstoß gegen die Lizenzbedingung darstellte, konnte die CRTC im<br />

Fall mangelnder Kooperation der Veranstalter von allen ihren regulativen Sanktionsmechanismen<br />

Gebrauch machen. 145 Dies stellte einen wesentlichen Unterschied zur<br />

vorher praktizierten freiwilligen Selbstkontrolle dar, die der CRTC keine Einflussmöglichkeit<br />

auf das Verhalten der Veranstalter eröffnet hatte. Sie hatte insbesondere nicht<br />

die Möglichkeit gehabt, rechtliche Schritte gegen einen nicht kooperierenden Veranstalter<br />

einzuleiten.<br />

Wie Trimble 146 bemerkte, waren die Zähne, die die CRTC den Veranstaltern zeigte,<br />

jedoch „like ill-fitting dentures that sit in a glass of water because the user finds it more<br />

expedient to go without.“ Die CRTC nutzte ihr regulatives Potenzial nicht in einem einzigen<br />

Fall; sie entwickelte nicht einmal Kriterien mit Hilfe derer die Einhaltung der Standards<br />

überprüft werden konnte. 147<br />

Kurz nach der Ankündigung der Erhebung einer Lizenzbedingung forderte die<br />

CRTC die Veranstalter auf, „eigene Standards zu formulieren, die die existierende Regulierung<br />

ersetzen könnten“. 148 Mit dieser etwas kryptisch anmutenden Formulierung<br />

wollte die CRTC eine Deregulierungspraxis auch im Bereich von Geschlechtsrollenklischees<br />

einführen, die ihre Arbeit seit den 80er Jahren bestimmt hatte 149 , und der sich<br />

auch der Gegenstand „gender stereotypes“ nicht entziehen konnte. Geplant war seitens<br />

der CRTC, die Veranstalter zu ermutigen, ein Selbstkontrollgremium zu errichten, das<br />

fortan für die Überwachung der – von den Veranstaltern erlassenen – Programmstandards<br />

zuständig wäre. Insbesondere die privaten Veranstalter unterstützten diesen Plan.<br />

Die CAB machte sich stark für die Errichtung eines privaten Broadcast Council, der mit<br />

der Überwachung von Geschlechtsrollenklischees, aber auch anderen sozial relevanten<br />

Themen, wie beispielsweise Gewalt im Fernsehen, betraut werden sollte. 150 Als Ausgleich<br />

dafür sollte die Lizenzbedingung von der CRTC fallen gelassen werden. 151 Die<br />

CRTC reagierte prompt. Bereits im Jahre 1988 (das Selbstkontrollgremium war noch<br />

nicht einmal errichtet) kündigte die Kommission an, dass diejenigen Mitglieder der<br />

CAB, die in der Vergangenheit zufrieden stellende Richtlinien und Reports abgeliefert<br />

hätten, einen Antrag auf Befreiung von der Lizenzbedingung stellen könnten. 152 Bei<br />

nicht zufrieden stellendem Verhalten konnte die Lizenzbedingung allerdings wieder<br />

aufleben. 153<br />

Im März 1995 gab die CRTC dann offiziell die Lizenzbedingung der Einhaltung von<br />

Leitlinien über die Vermeidung von Geschlechtsrollenklischees auf. 154 Dies betraf allerdings<br />

nur die Veranstalter, die unbeanstandete Mitglieder (members in good standing)<br />

des Canadian Broadcast Standards Council (CBSC) waren, ein Selbstkontrollgremium<br />

der privaten Rundfunkveranstalter, das im Jahre 1989 gegründet wurde. Dadurch legte<br />

die CRTC faktisch ihre Regulierungsgewalt und die Belange einer gleichberechtigten<br />

145 Vgl. zum Sanktionspotenzial oben A. IV sowie Holznagel, a.a.O. FN 7, S. 198.<br />

146 Trimble, a.a.O. FN 106, S. 433.<br />

147 Ebd., S. 390.<br />

148 CRTC, Public Notice, 1987-205.<br />

149 Vgl. dazu etwa: Meisel, a.a.O. FN 6, S. 265ff.; Russel, a.a.O. FN 6, S. 171ff.<br />

150 CAB, Response to CRTC Public Notice, 1987-9, S. 2.<br />

151 Trimble, a.a.O. FN 103, S. 143f.<br />

152 CRTC, Public Notice, 1988-159.<br />

153 Vgl. dazu ausführlich, Kalckreuth, a.a.O. FN 3, S. 172ff.<br />

154 CRTC, Public Notice, 1995-48.<br />

518


von Kalckreuth-Tabbara · Geschlechtsrollenklischees<br />

und fairen Darstellung von Frauen in die Hände der Rundfunkveranstalter. Sie betonte<br />

zwar, dass sie nach wie vor die Behandlung von Zuschauerbeschwerden durch die Rundfunkveranstalter<br />

streng überwachen werde. 155 Inwieweit die Kommission dieser Aufgabe<br />

gerecht werden konnte, war allerdings fraglich. Zum einen war die Bearbeitung von<br />

Zuschauerinnenbeschwerden alleinige Aufgabe des neuen CBSC und betraf somit gar<br />

nicht mehr den Arbeitsbereich der CRTC. 156 Zum anderen hatte die CRTC durch die<br />

Aufgabe der Lizenzbedingung nur noch stark begrenzte rechtliche Möglichkeiten, Einfluss<br />

auf die Rundfunkveranstalter zu nehmen. Der schleichende Widerstand der Veranstalter<br />

gegen sie bindende Programmregelungen sowie der allgemeine Trend zur Deregulierung<br />

hatten auch vor Geschlechtsrollenklischees nicht Halt gemacht. Hatte die<br />

CAB noch die Lizenzbedingung offen angegriffen und für den Fall der Verhängung von<br />

Sanktionen seitens der CRTC im Bereich der non-compliance von Geschlechtsrollenklischees<br />

mit zivilrechtlichen Schritten gedroht 157 – die allerdings mangels entsprechenden<br />

Vorgehens der CRTC nicht ergriffen wurden – so konnten die Rundfunkveranstalter<br />

nun die Dinge wieder in die eigene Hand nehmen.<br />

IV. Fairness im Beschäftigungsbereich<br />

Das Anliegen der Gleichberechtigung von Frau und Mann stand unverändert weit oben<br />

auf der politischen Agenda der kanadischen Regierung. Der 1985 in Kraft getretene Employment<br />

Equity Act (EEA) 158 , das nicht rundfunkspezifische kanadische Gleichstellungsgesetz,<br />

eröffnete der CRTC seit dem 1991 Broadcasting Act die Regulierungsgewalt<br />

auch für den Bereich der Fairness im Beschäftigungsbereich der Rundfunkanstalten.<br />

159 Die CRTC kann verlangen, dass die Veranstalter Programme über die Fairness<br />

im Beschäftigungsbereich nach dem EEA umsetzen. 160 Die Vorgaben des EEA sind für<br />

die Veranstalter bindend, und es ist Aufgabe der CRTC, die Einhaltung der Vorschriften<br />

bei der Lizenzierung zu überprüfen und während der Dauer der Lizenz zu überwachen.<br />

161<br />

Der EEA verlangt, dass Unternehmen mit mehr als 100 Angestellten Informationen<br />

über die Repräsentation von gesellschaftlich benachteiligten Gruppen – dazu gehören<br />

auch Frauen – bereithalten. 162 Diese Informationen müssen in einem jährlichen Bericht<br />

öffentlich zugänglich gemacht werden. Anhand dieser Informationen muss der<br />

Arbeitgeber einen employment equity plan erstellen, in welchem die Ziele und die<br />

155 Ebd.<br />

156 Die CRTC bearbeitet bei ihr eingehende Programmbeschwerden dementsprechend nicht<br />

mehr selber, sondern leitet sie direkt an den CBSC weiter.<br />

157 CAB, Response to CRTC Public Notice 1987-9, in: CRTC, Public Notice, 1987-205, Guidelines<br />

for Developing industry Standards (30. April 1987), S. 2.<br />

158 Employment Equity Act, R.S.C. 1985, c. 23.<br />

159 Der EEA betrifft nicht nur die Gleichstellung von Frauen und Männern, sondern beinhaltet<br />

Fairness-Regeln für eine Reihe von benachteiligten gesellschaftlichen Gruppen, wie ethnische<br />

Minderheiten oder Menschen mit Behinderungen.<br />

160 S. 3(1)(d)(iii) 1991 Broadcasting Act.<br />

161 CRTC, Public Notice, 1992-59.<br />

162 Dieses Kriterium erfüllen zurzeit nur 113 der 862 zugelassenen Rundfunkveranstalter in Kanada.<br />

Auf der anderen Seite beschäftigen diese 113 Rundfunkveranstalter 66% der gesamten<br />

Angestellten im Rundfunkbereich in Kanada. Die CBC mit rund 12.000 Angestellten fällt<br />

ebenfalls unter den EEA.<br />

519


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

Mittel beschrieben sind, mit denen er die Fairness im Beschäftigungsbereich durchsetzen<br />

will. 163<br />

Die CRTC kündigte zwar Unterstützung für die Ziele des EEA an, beklagte aber<br />

gleichzeitig, dass sie über zu geringe finanzielle und personelle Ressourcen verfüge, um<br />

eine hinreichende Überwachung der Rundfunkveranstalter in dieser Hinsicht zu garantieren.<br />

Zudem befürchtete die Kommission, dass sie in die Gefahr geriete, den Rundfunkbereich<br />

zu „überregulieren“ (overregulate). 164<br />

Bei der Kontrolle der Einhaltung der Bestimmungen des EEA würdigte die Kommission<br />

die Bemühungen des „Büros für Fairness im Beschäftigungsbereich“ der CBC. 165<br />

Sie ließ auch nicht außer Acht, dass die CAB im Jahre 1991 einen speziellen Einstellungsplan<br />

für Minderheiten im Bereich des Privatfunks erarbeitet hatte; bei näherer Betrachtung<br />

der Gleichberechtigungserfolge im Beschäftigungsbereich kam der Vorsitzende<br />

der CRTC jedoch zu dem Ergebnis, dass „noch viel zu tun ist, um eine Beseitigung<br />

der systematischen Barrieren im Beschäftigungsbereich und die vollständige Partizipation<br />

von (Frauen) im Bereich des Rundfunks zu erreichen“. 166 Es wurden<br />

Überlegungen dahingehend angestellt, ob die Employment-Equity-Pläne der Veranstalter<br />

während des Lizenzierungsverfahrens öffentlich zugänglich gemacht werden und<br />

als Entscheidungsgrundlage in die Lizenzerteilung einfließen sollten. 167 Die CRTC befand<br />

jedoch, in Übereinstimmung mit ihrer allgemeinen Deregulierungsphilosophie,<br />

dass Beschäftigungspolitik flexibel gehandhabt werden müsse, und da auch die CAB<br />

deutliche Zurückhaltung in dieser Frage demonstrierte 168 , wurde auf eine derartige Regelung<br />

verzichtet. 169<br />

Bei einer Überprüfung der Bemühungen der Rundfunkveranstalter um Fairness im<br />

Beschäftigungsbereich im Jahre 1994 stellte die Kommission fest, dass eine Verbesserung<br />

der Situation der Frau in den <strong>Medien</strong> nicht in dem erwünschten Maße stattgefunden hatte.<br />

170 Als Kernproblem bezeichnete die CRTC die mangelnde Kommunikation zwischen<br />

den Veranstaltern und den benachteiligten Gruppen. Auf eine Verbesserung derselben<br />

wollte man in Zukunft hinarbeiten. So sollten beispielsweise mit den Veranstaltern<br />

Planstellen ausgehandelt werden, die dann verstärkt mit Frauen zu besetzen<br />

wären. 171<br />

Die Regulierungsstrategie der CRTC war nicht von Erfolg gekrönt. Die Rundfunkveranstalter<br />

hatten – vermutlich aus ökonomischen Gründen – kein Interesse daran, in<br />

stärkerem Umfang als bisher Frauen einzustellen. 172 Es hat sich gezeigt, dass, solange<br />

163 CRTC, a.a.O. FN 161, S. 2f.<br />

164 Ebd., S. 4ff.<br />

165 Ebd., S. 6.<br />

166 Keith Spicer, CRTC News Release, 1. September 1992.<br />

167 CRTC, a.a.O. FN 161, S. 10.<br />

168 Ebd., S. 11.<br />

169 Ebd.<br />

170 CRTC, Public Notice, 1994-69, S. 9.<br />

171 Vgl. CRTC, Public Notice, 1995-98.<br />

172 Über die Gründe der Verweigerung der Veranstalter, sich so genannten Minoritäten zu öffnen,<br />

lässt sich keine eindeutige Aussage treffen. Das Scheitern des Gleichberechtigungsgesetzes<br />

in Deutschland für die private Wirtschaft im Sommer 2001 zeigt jedoch, dass dies kein Einzelphänomen<br />

ist. Zu groß scheint die Angst der Unternehmen vor einem Freiheitsverlust bei<br />

der Personalsuche – und/oder vor den möglichen Auswirkungen einer veränderten Personalstruktur<br />

auf die Unternehmensphilosophie.<br />

520


von Kalckreuth-Tabbara · Geschlechtsrollenklischees<br />

und soweit die Kommission sich darauf beschränkt, ein Problembewusstsein bei den<br />

Veranstaltern herzustellen, dies ohne nennenswerte Erfolge für die Einstellungs- oder<br />

Beförderungsquoten von Frauen bleibt.<br />

V. Selbstregulierung<br />

Neben den gleichstellungspolitischen Obligationen auf der Beschäftigungsebene, denen<br />

die Veranstalter durch den EEA unterworfen waren, blieb die Eliminierung von Geschlechtsrollenklischees<br />

aus den Programmen weiter Aufgabe der Rundfunkpolitik.<br />

Nach dem Wegfall der Lizenzbedingung traten gender stereotypes in eine Phase mehr<br />

oder weniger freiwilliger Selbstregulierung. Ein wichtiger Unterschied zur zweijährigen<br />

Versuchsphase lag allerdings darin, dass mittlerweile jeder zugelassene Rundfunkveranstalter<br />

über Richtlinien zur Vermeidung von Geschlechtsrollenklischees in seinem Programm<br />

verfügen musste. Rein rechtlich war zwar nach wie vor das Vorliegen solcher<br />

Richtlinien Bedingung für die Erteilung einer Lizenz, die Standards waren jedoch durch<br />

die die privaten Rundfunkveranstalter vertretende CAB vereinheitlicht worden. Die<br />

Überprüfung der Einhaltung der Vorschriften ging aus den Händen der Kontrollbehörde<br />

CRTC in die des Selbstkontrollorgans CBSC über.<br />

Der im Jahre 1989 gegründete CBSC hat die Aufgabe, „qualitativ hochwertigen und<br />

verantwortungsvollen Rundfunk in Kanada zu fördern“. 173 Er soll den privaten Rundfunkveranstaltern<br />

helfen, die Standards der CAB umzusetzen, eine Anlaufstelle für Zuschauerinnen<br />

und Zuschauer bzw. deren Programmbeschwerden sein und die Richtlinien<br />

und Codes der CAB verwalten. 174 Zu den von dem CBSC verwalteten Codes<br />

gehört auch der relativ detaillierte Sex-Role Portrayal Code for Television and Radio<br />

Programming. 175 Die Mitgliedschaft im CBSC ist freiwillig; ihm gehören jedoch fast alle<br />

in der CAB organisierten privaten Rundfunkveranstalter an. 176 Da für Mitglieder, die<br />

über mindestens sechs Monate unbeanstandet dem CBSC angehören, die Lizenzbedingung<br />

für Geschlechtsrollenklischees aufgehoben werden kann, ist der Anreiz für private<br />

Veranstalter, dem CBSC beizutreten, sehr groß. 177<br />

Die CRTC unterstützt zwar den Broadcast Standards Council in vollem Umfang, betont<br />

aber, dass sie ihre Aufgaben nach dem 1991 Broadcasting Act weiter wahrnehmen<br />

wird. 178 Sie verlangt jährliche Arbeitsberichte vom CBSC und hat zwar mehrfach angekündigt,<br />

dass sie die Effektivität der Arbeit des CBSC kontrollieren wird. 179 Dies ist<br />

jedoch bis heute nicht geschehen.<br />

173 CRTC, Public Notice, 1992–58, S. 10.<br />

174 CBSC, Annual Report, 1994, S. 1.<br />

175 CRTC, Public Notice, 1990-99 und Public Notice, 1991-109.<br />

176 In der CAB sind 90% der privaten Rundfunkveranstalter organisiert.<br />

177 Die Aufhebung der Lizenzbedingung für unbeanstandete Mitglieder des CBSC scheint mittlerweile<br />

eine reine Formalie zu sein, vgl. aus der Fülle der entsprechenden Entscheidungen der<br />

CRTC nur: CRTC 98-16, 98-15, 98-14, 98-13, 98-12, 98-11, 98-401. Sie kann ihrerseits wieder<br />

aufgehoben werden.<br />

178 CRTC, Public Notice, 1990-90.<br />

179 CRTC, News Release, 30. August 1991; CRTC, Public Notice, 1991–90, S. 7.<br />

521


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

VI. Das aktuelle Regulierungsmodell<br />

Der Bereich des Privatrundfunks wird zurzeit von dem Selbstkontrollgremium CBSC<br />

überwacht, wohingegen die öffentlich-rechtliche CBC mehr oder weniger ihre eigene<br />

Kontrolleurin ist. Beide unterstehen zwar formal der Rechtsaufsicht der CRTC, die jedoch<br />

von ihren Befugnissen im Programmbereich über die Erteilung von Lizenzen hinaus<br />

so gut wie keinen Gebrauch macht. 180 Folglich ist auch die Regulierung von Geschlechtsrollenklischees<br />

im Programm von der eigentlich nach dem 1991 Broadcasting<br />

Act zuständigen CRTC in die Hände der Selbstkontrolle übergegangen. Die Trennung<br />

geht sogar so weit, dass Rechtsverstöße eines Veranstalters, die vom CBSC moniert und<br />

beschieden werden, nicht in die Akte des Veranstalters bei der CRTC aufgenommen<br />

werden. 181 Die CRTC vertraut vollkommen darauf, dass der CBSC seiner Kontrollaufgabe<br />

gerecht wird. 182<br />

Die Arbeit des CBSC im Bereich von Geschlechtsrollenklischees wird im Wesentlichen<br />

bestimmt durch die Anwendung des 1990 von der CAB erlassenen und von der<br />

CRTC genehmigten Sex-Role Portrayal Code For Television and Radio Programming.<br />

183 Danach haben die Veranstalter für eine gleichberechtigte Darstellung von Frauen<br />

und Männern einzustehen. Die Fernsehcharaktere sollen möglichst vielfältig sein und<br />

die jeweils gegenwärtigen sozialen und beruflichen Lebensumstände, Errungenschaften<br />

und Interessen von Frauen und Männern widerspiegeln. Insbesondere sollen die Veranstalter<br />

für den Umstand sensibilisiert werden und ihm Rechnung tragen, welches Geschlechtsrollenmodell<br />

in ihrem Programm vorherrschend ist und es ändern, soweit es<br />

anachronistisch-traditionelle Züge aufweist. Für die CBC gelten die Guidelines on Sex-<br />

Role Portrayal184 , die die oben genannten Grundsätze bestätigen.<br />

Der CBSC ist außerdem zuständig für die Bearbeitung von und Entscheidung über<br />

Beschwerden von Zuschauerinnen und Zuschauern. 185 Eine kontinuierliche Programmüberwachung<br />

seitens des Council findet nicht statt. Soweit also Rechtsverstöße eines<br />

Veranstalters erfasst und geahndet werden sollen, muss die Initiative hierfür von den –<br />

in der Regel nicht gut über die Existenz der bestehenden Codes und Guidelines unterrichteten186<br />

– Zuschauerinnen und Zuschauern ausgehen. Die Beschwerde muss schriftlich<br />

ergehen und den Council innerhalb von 21 Tagen nach Ausstrahlung der beanstandeten<br />

Sendung erreichen. 187 Zunächst wird überprüft, ob die Beschwerde in den Regelungsbereich<br />

eines der Codes fällt. 188 Soweit der CBSC einen Verstoß gegen die<br />

Grundsätze des Codes feststellt, leitet er die Beschwerde an den Rundfunkveranstalter<br />

180 Interview mit Tara Rajan, Executive Director of the CBSC, 12. März 1996, Ottawa, Kanada.<br />

181 Interview mit Morag York und Alda dos Santos, Policy Analysts of the CRTC, am 13. März<br />

1996, CRTC National Office in Hull, Kanada.<br />

182 Ebd.<br />

183 Sex-Role Portrayal Code For Television and Radio Programming, vom 26. Oktober 1990.<br />

184 Guidelines on Sex-Role Portrayal, vom 12. August 1991.<br />

185 CRTC, Public Notice 1991-99.<br />

186 Die Rundfunksender weisen in ihren Programmen nicht auf die Existenz des Councils hin.<br />

MediaWatch informiert die Öffentlichkeit allerdings durch entsprechende Flugblätter, hält ein<br />

Beschwerdeformular bereit und hilft bei der Formulierung von Beschwerden.<br />

187 CBSC, Annual Report, 1994, S. 42.<br />

188 Nahezu die Hälfte der eingehenden Beschwerden ist nicht spezifisch genug, um in den Anwendungsbereich<br />

der Codes zu fallen. Solche Beschwerden werden vom CBSC nicht bearbeitet.<br />

522


von Kalckreuth-Tabbara · Geschlechtsrollenklischees<br />

weiter, der dann innerhalb von 14 Tagen dazu Stellung nehmen muss. Führt die Stellungnahme<br />

des Veranstalters nicht zur Zufriedenstellung der beschwerdeführenden Person,<br />

muss diese sich ein zweites Mal an den CBSC wenden und darstellen, wie sie und<br />

der Veranstalter das Problem diskutiert haben und warum sie der Ansicht ist, dass die<br />

Stellungnahme des Rundfunkveranstalters unzureichend war. 189 Die Beweislast für einen<br />

Rechtsverstoß des Veranstalters liegt bei den Rezipienten. Der Council klärt in diesem<br />

Stadium mit dem Veranstalter ab, ob Bereitschaft besteht, eine Entscheidung des<br />

CBSC als Beweis in einem eventuellen Gerichtsverfahren gegen sich wirken zu lassen,<br />

und unternimmt – soweit der Rundfunkveranstalter dem zustimmt – einen erneuten<br />

Schlichtungsversuch zwischen Veranstalter und der beschwerdeführenden Person. Erst<br />

wenn auch dieser scheitert, ergeht eine formelle Entscheidung des CBSC. 190 Fällt die<br />

Entscheidung zugunsten der beschwerdeführenden Person aus, ist der Rundfunkveranstalter<br />

verpflichtet, sie zur Hauptsendezeit auszustrahlen. Unabhängig von dem Ausgang<br />

der Entscheidung ergeht in jedem Fall eine Pressemitteilung an die regionalen <strong>Medien</strong>.<br />

191<br />

Mit Bezug auf Verstöße gegen den Sex-Role Portrayal Code hat es in den letzten Jahren<br />

nur relativ wenige Entscheidungen gegeben. Die Beschwerden betrafen die Darstellung<br />

einer Vergewaltigung 192 , des Häutens und Tötens von Frauen 193 , entwürdigende<br />

und beleidigende Sprache 194 , sexistische Kommentare 195 , „Erotikfilme“ bzw. „erotische“<br />

Darstellungen von Frauenkörpern 196 , die Darstellung von Frauen als Verführerinnen<br />

197 , Ausbeutung von Frauen in so genannten Fashion Shows 198 und generellen Sexismus<br />

gegenüber Frauen im Rundfunk.<br />

Nur ein Bruchteil der Entscheidungen ging zugunsten der Beschwerdeführerin aus.<br />

Dreimal wurde die in recht populäre und für ihre frauenmissachtende, konfrontative<br />

189 Interview mit Tara Rajan, a.a.O. FN 180.<br />

190 Ebd.<br />

191 CBSC, Annual Report, 1994, S. 42. Soweit die Entscheidung zu ungunsten der Beschwerdeführerin<br />

ausfällt, kann diese sich an die CRTC wenden.<br />

192 CBSC, News Release, Ottawa, August 31, 1995 (Complex of Fear, on the CTV Television<br />

Network), June 13, 1994; CBSC Decision 96/97-0140, Decides June 19, 1997, CKVU-TV re<br />

an episode on Nightstand.<br />

193 CBSC, News Release, Ottawa, August 25, 1995, (Silence of the Lambs on City-TV), February<br />

19, 1995.<br />

194 CBSC, News Release, Ottawa, May 25, 1995, (Beavis and Butt-Head on City-TV), November<br />

10, 199.<br />

195 CBSC, News Release, Ottawa, May 13, 1994, (Afternoon Show on CJSB-AM), August 20,<br />

1993; CBSC, News Release, Ottawa, January 27, 1994, (Morning Show on CHTZ-FM), April<br />

21, 1993.<br />

196 CBSC Decision 95/96-0233, Decided August 14, 1998, CFJP-RC re Été Sensuel (Erotikfilm),<br />

CBSC Decision 98/99-1098 und 1133, Decided November 19, 1999, Showcase TV re Bubbles<br />

Galore (Soft-Porno); CBSC Decision 96/97-0044, Decided February 14, 1997, CIHF-TV re<br />

an episode of Millennium (Strip Club); CBSC Decision 96/97-0104, Decided December 16,<br />

1997, CKX-TV re National Lamppon’s Animal House (Oben Ohne); CBSC Decision 98/909-<br />

0441, Decided February 21, 2000, TQS re the movie Strip Tease.<br />

197 CBSC Decision 95/96-0159, Decided December 16, 1997, DFSK-RV re an episode of Friends.<br />

198 CBSC, News Release, Ottawa, August 11, 1994, (Fashion Television aired on City-TV ), January<br />

23, 1994; CBSC, News Release, Ottawa, April 18, 1994, (Fashion Television Aired on<br />

City-TV), September 19, 1993; CBSC Decision 94/95-0089, Decided March 26, 1996, CITY-<br />

TV re Fashion Television.<br />

523


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

Ausrichtung bekannte Howard Stern Show zurecht gewiesen. 199 Obwohl der CBSC bei<br />

wiederholten Verstößen gegen die von ihm verwalteten Codes die Möglichkeit hat, dem<br />

verantwortlichen Sender die Mitgliedschaft zu entziehen (mit der Folge, dass dieser dann<br />

der – eventuell härteren – Aufsicht der CRTC unterstünde), hat der CBSC auf entsprechende<br />

Maßnahmen verzichtet und den Veranstaltern Glauben geschenkt, sie würden<br />

sich um eine bessere Durchforstung des Materials auf anstößige Szenen kümmern. 200<br />

Eine weitere Entscheidung betraf sexistische und herabwürdigende Kommentare. 201<br />

Die populärste Entscheidung zugunsten einer Beschwerdeführerin betraf die Radiosendung<br />

„Nude Bicycle Riding“. 202 Ein Radiosender aus Winnipeg hatte eine Sendung<br />

promotet, in der eine junge Frau nackt auf einem Fahrrad vom Zentrum der Stadt zu einem<br />

anderen Punkt fuhr. Zu hören war während dieser Fahrt ein Gespräch zwischen<br />

dem Studiomoderator und einem Reporter vor Ort. Das Gespräch drehte sich im Wesentlichen<br />

um die körperlichen Vorzüge der nackten Fahrradfahrerin („saucy“, „hot 18year-old<br />

lady“) und über den Wunsch, ihr sexuell näher zu kommen („to do her“, „you<br />

have her sit straight up on that saddle, buddy, when you stop“). Der Council stellt<br />

zunächst fest, dass das Konzept des „Nude Bicycling“ an sich nicht gegen den Sex-Role<br />

Portrayal Code verstoße. Es sei nicht ersichtlich, dass der Sender nicht auch einen nackten<br />

Mann auf seiner Fahrradfahrt durch die Stadt begleitet hätte. Der Council befand allerdings,<br />

dass das Gespräch der Moderatoren gegen clause 4 des Sex-Role Portrayal<br />

Code verstoßen habe, wonach die Kamera den Körper nicht in herabwürdigender Weise<br />

zeigen darf. 203 In analoger Anwendung auf die Beschreibung von Körper in einer Radiosendung<br />

begründet der Council einen Verstoß gegen die Vorschrift damit, dass auch<br />

anders über das Ereignis hätte berichtet werden können. Anstatt sich über die körperlichen<br />

Vorzüge der jungen Fahrradfahrerin und die sexuellen Notstände der Moderatoren<br />

zu unterhalten, hätten beispielsweise über die Reaktion der Passanten und Autofahrer<br />

berichtet werden oder Kommentare darüber gemacht werden können, wie jemand<br />

auf die Idee kommen kann, im Mai im windig-kalten Winnipeg unbekleidet Fahrrad<br />

zu fahren. Der Sender wurde verpflichtet, zur Prime Time innerhalb der nächsten<br />

30 Tage den genau vorgegebenen Wortlaut der Abmahnung zu senden.<br />

Bemerkenswert ist, dass fast die Hälfte der bei dem CBSC eingehenden Beschwerden<br />

von Männern stammen. 204 So sah sich beispielsweise ein Mann dadurch benachteiligt,<br />

dass ein Sender über den International Women’s Day berichtete, nicht aber über den von<br />

199 CBSC, News Release, Ottawa, October 17, 1997 (Howard Stern Show aired on CHOM-FM);<br />

CBSC, News Release, Ottawa, February 20, 1998 (Howard Stern Show aired on CILQ-FM);<br />

CBSC News Release, Ottawa, June 28, 2001 (Howard Stern Show aired on CILQ-FM).<br />

200 CBSC, News Release, Ottawa, February 20, 1998 (Howard Stern Show aired on CILQ-FM).<br />

201 CBSC, News Release, Ottawa, January 31, 2001 (WWF Raw is War aired on TSN).<br />

202 CBSC Decision 98/99-0476, Decided November 18, 1999, CJKR-FN re a radio contest (Nude<br />

Bicycle Riding).<br />

203 Clause 4 des Sex-Role Portrayal Codes: „Camera focus on areas of the body an similar modes<br />

of portrayal should not be degrading to either sex.“<br />

204 CBSC Decision 95/96-0236, Decided May 8, 1997, CIII-TV re PSA (Bericht über eine junge<br />

Lehrerin); CBSC Decision 97/98-0542, Decided July 28, 1998, CTV re W5 (Bericht über Vergewaltigungsdrogen,<br />

Sexual Assault Drugs); CBSC Decision 95/96-0140, Decided April 30,<br />

1996, CTV re PSA (Family Abuse Crisis Exchange) (Bericht über die Gefahr von sexuellem<br />

Missbrauch in der Familie); CBSC Decision 95/96-0145, Decided October 21, 1996,<br />

CFRA-AM re Family Fortune (Bericht über finanzielle Angelegenheiten, die insbesondere<br />

Frauen betreffen).<br />

524


von Kalckreuth-Tabbara · Geschlechtsrollenklischees<br />

dem Beschwerdeführer eingerichteten Ottawa Men’s Day. 205 Die Nutzung des Council<br />

von Männern, die sich gegen eine Ungleichbehandlung gegenüber Frauen wehren, fügt<br />

sich in den allgemein festzustellenden Trend ein, dass geschlechtsneutral formulierte<br />

Gleichberechtigungsgesetzgebung, die primär dazu geschaffen wurde, die gesellschaftlich<br />

bedingte benachteiligte Stellung von Frauen auszugleichen, von Männern genutzt<br />

wird. 206 Auch die kanadische Rundfunkregulierung sieht sich mit dem Problem konfrontiert,<br />

dass Frauen häufig weder über die Information noch über die Mittel verfügen,<br />

sich die rechtlichen Regelungen zunutze zu machen. 207<br />

C. Kanadische Erfahrungen: Ein Modell für Deutschland?<br />

Auch wenn sich nach über dreißig Jahre währenden Bemühungen um eine Regulierung<br />

von Geschlechtsrollenklischees in Kanada keine einwandfrei messbaren qualitativen<br />

oder quantitativen Erfolge auf der Programmebene nachweisen lassen, wäre es verfehlt,<br />

die kanadischen Erfahrungen als Misserfolg zu werten. Obwohl auch die Regulierungsbemühungen<br />

in diesem Bereich allgemeineren Modetrends in der Regulierung des<br />

Rundfunks unterlagen, so bleibt es bemerkenswert, dass die kanadische Rundfunkregulierung<br />

bei allen Schwierigkeiten und Rückschlägen an dem Ziel, ein gleichberechtigtes<br />

und innovatives Frauenbild in den Rundfunkmedien zu fördern, festgehalten hat. Die<br />

Problematik eines verfälschenden, diskriminierenden Frauenbildes gehört mittlerweile<br />

zum festen Bestandteil der rundfunkpolitischen und -rechtlichen Agenda in Kanada.<br />

Dieser in Gang gesetzte Prozess einer umfassenden Bewusstseinsbildung, der als unablässige<br />

Voraussetzung aller „messbaren“ Erfolge auf Programmebene gelten muss,<br />

bildet daher auch die größte Errungenschaft der kanadischen Regulierung von Geschlechtsrollenklischees.<br />

Der Versuch einer Übertragung von Regulierungsmodellen von einem Land auf ein<br />

anderes ist stets ein höchst voraussetzungsvolles Unterfangen. Dies gilt insbesondere für<br />

den Bereich der <strong>Medien</strong>regulierung, der in besonderem Maße von kulturellen Eigenheiten<br />

der jeweiligen Länder bestimmt wird. Gleichwohl könnte Deutschland von den<br />

kanadischen Erfahrungen im Umgang mit Geschlechtsrollenklischees im Rundfunk<br />

profitieren. Aus den verschiedenen Phasen der Geschlechtsrollenklischeeregulierung<br />

in Kanada, die auf unterschiedliche Kombinationen von Fremd- und Selbstregulierung<br />

setzten, ist dabei zunächst vor allem zu lernen, dass es für die Vermeidung von Geschlechtsrollenklischees<br />

im Rundfunk keine Patentmodelle gibt, sondern dass sich alle<br />

Beteiligten auf einen mühsamen Prozess des Experimentierens und Lernens einzustellen<br />

haben. Dass die Fragen geschlechtsspezifischer Vielfalt trotz aller zu verzeichnenden<br />

Schwierigkeiten in Kanada nie von der Tagesordnung verschwunden sind, ist insbesondere<br />

auch ein Verdienst feministischer <strong>Medien</strong>organisationen wie MediaWatch, die es<br />

verstanden haben, einen beständigen öffentlichen Druck zu entfalten. Ein solcher öffentlicher<br />

Druck lässt sich freilich nicht einfach regulatorisch dekretieren, noch sonst<br />

wie künstlich erzeugen. Für die Rundfunkregulierung in Deutschland kann die bislang<br />

205 CBSC Decision 95/96-0157, Decided Ocotber 21, 1996, CFRA-AM re International Women’s<br />

Day.<br />

206 Vgl. für den Bereich der Diskriminierung im Arbeitsrecht nur: EuGH, Urteil vom 22.04.1998<br />

(Draehmpahl); EuGH, Urteil vom 17.10.1995 (Kalanke).<br />

207 Vgl. zu diesem Themenkomplex, der im amerikanischen „silencing“ genannt wird, ausführlich:<br />

Kalckreuth, a.a.O. FN 3, S. 68ff.<br />

525


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

noch zu konstatierende Abwesenheit solcher Formen organisierter Öffentlichkeit<br />

gleichwohl keine Legitimation für regulative Tatenlosigkeit sein. Eine ganze Reihe von<br />

den Landesmedienanstalten in den letzten Jahren in Auftrag gegebene Gutachten zeigen<br />

denn auch, dass bei den deutschen Rundfunkregulierern erste Ansätze für eine Problemwahrnehmung<br />

in diesem Bereich vorhanden sind. 208 Allerdings gilt es nun, über die<br />

bloße Problembeschreibung hinauszugelangen und stärker Forschungen zu initiieren,<br />

die die Frage ausloten, welche strukturellen, prozeduralen und organisatorischen Veränderungen<br />

im Bereich der Programmaufsicht, aber auch gerade in der Programmproduktion<br />

selbst einer Vermeidung von Geschlechtsrollenklischees zuträglich wären.<br />

Was schließlich die konkreten Ansätze einer Regulierung von Geschlechtsrollenklischees<br />

angeht, lehren die kanadischen Erfahrungen, dass es weniger auf die exakte Formulierung<br />

etwaiger Programmgrundsätze und -richtlinien ankommt, als vielmehr darauf,<br />

einen möglichst revisionsoffenen Prozess in Gang zu setzen, in den alle Akteure<br />

durch einen ständigen Austausch einzubinden sind. Aufgabe der Rundfunkregulierung<br />

könnte es dabei sein, die Vernetzung der bestehenden Fraueninitiativen in den Rundfunkanstalten<br />

209 und der Frauenbeauftragten der Sender bzw. Aufsichtsgremien zu<br />

fördern. Ein weiterer Schritt könnte in dem Ausbau von Frauenquoten im redaktionellen<br />

wie im Aufsichtsbereich bestehen 210 – auch hier ließe sich aus den Bemühungen in<br />

Kanada lernen.<br />

Insoweit die kanadischen Anstrengungen zur Regulierung von Geschlechtsrollenklischees<br />

zeigen, dass eine Regulierung gegen den Willen der Rundfunkveranstalter kaum<br />

Aussicht auf Erfolg hat, bestätigen sie nochmals eine allgemeine Erkenntnis internationaler<br />

<strong>Medien</strong>regulierung. 211 Dies sollte aber kein Anlass zur Resignation sein. So belegten<br />

Jutta Röser und Claudia Kroll 212 in einer Studie für das nordrhein-westfälische Familienministerium,<br />

dass die Mehrheit der weiblichen und männlichen Zuschauer lieber<br />

innovative und moderne Frauenrollen im Fernsehen sähe, als sich mit dem Abspulen von<br />

Klischees zu begnügen. Hier ist es also an der Öffentlichkeit und den Regulierern, Überzeugungsarbeit<br />

zu leisten, um die Veranstalter auf das ökonomische Potenzial aufmerksam<br />

zu machen, das die Entwicklung eines pluralistischen Frauenbildes mit sich bringen<br />

kann.<br />

208 Vgl. die Studie der LfR NRW: Werner, Petra / Ringsdorf, Lars: Ausgeblendet? – Frauenbild<br />

und Frauenthemen im nordrhein-westfälischen Lokalfunk, Opladen, 1998; die Studien der<br />

ULR: Dinkelacker, Karin / Moser, Klaus: Gewalt gegen Frauen in den <strong>Medien</strong>, Kiel, 1996 sowie<br />

Bad Girls – Good Girls. Das Frauenbild im Fernsehen, Dokumentation der Veranstaltung<br />

vom 26. Märtz 1996; die Studie der HAM: Scarbath u.a., a.a.O. FN 4 sowie den Beitrag der<br />

NLM: <strong>Medien</strong>gespräch: „Das Bild der Frau im Fernsehen“, November 1997.<br />

209 Vgl. zu den bestehenden Netzwerken im Einzelnen: Kalckreuth, a.a.O. FN 3, S. 117ff.<br />

210 Zum Teil wird dies im öffentlich-rechtlichen Rundfunk über die Gleichstellungsgesetze der<br />

Länder bereits erfüllt. Die Landesmedien- und Rundfunkgesetze sehen darüber hinaus teilweise<br />

detaillierte Modelle zur anteiligen Berücksichtigung von Frauen in ihren Instanzen vor.<br />

So kennen z.B. das niedersächsische Landesmediengesetz sowie der NDR-Staatsvertrag in<br />

§ 55 Abs. 4 S. 1 LRG Nds bzw. § 17 Abs. 2 NDR-StV eine Muss-Quotierung und Thüringen<br />

bzw. Hessen sehen ein Kooptationsmodell vor (vgl. § 45 Abs. 4 TRG bzw. § 5 Abs. 5 HRG).<br />

211 Vgl. hierzu zuletzt eingehend Hoffmann-Riem, Wolfgang: Regulating Media: The Licensing<br />

and Supervision of Broadcasting in Six Countries, New York, 1996.<br />

212 Röser, Jutta / Kroll, Claudia: Was Frauen und Männer vor dem Bildschirm erleben. Rezeption<br />

von Sexismus und Gewalt im Fernsehen. Ministerium für die Gleichstellung von Frau und<br />

Mann des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.), Hamm, 1995.<br />

526


von Kalckreuth-Tabbara · Geschlechtsrollenklischees<br />

Am Ende steht, wie so oft bei Fragen der Geschlechtergerechtigkeit, aber der lange<br />

Atem, der notwendig ist, um einen dynamischen Regulierungsprozess anzustoßen und<br />

am Leben zu erhalten. Dieser Prozess muss ebenso ergebnisoffen sein, wie das zu verändernde<br />

Frauenbild selbst. Er kann nur erfolgreich sein, wenn er nicht in ein starres<br />

Korsett zu erfüllender Grenzwerte gesteckt wird, sondern aus sich selbst heraus immer<br />

wieder verändert und den neuen gesellschaftlichen und regulatorischen Anforderungen<br />

angepasst werden kann.<br />

527


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

<strong>Medien</strong>- und <strong>Kommunikations</strong>forschung<br />

in Spanien – ein Überblick<br />

Daniel E. Jones<br />

Der Beitrag gibt einen kurzen Überblick über die historische Entwicklung der <strong>Medien</strong>und<br />

<strong>Kommunikations</strong>forschung in Spanien nach dem Ende des Franco-Regimes und<br />

nennt heutige Institutionen, Themen und Autoren in den wichtigsten Forschungsbereichen.<br />

1. Einführung<br />

In Spanien hat sich der Wissenschaftszweig „communicación social“ – übersetzt: soziale<br />

Kommunikation – langsamer als im übrigen Europa und den USA entwickelt, in einigen<br />

Bereichen sogar langsamer als in Lateinamerika. Die Ursache liegt in der langen<br />

Herrschaft des Franco-Regimes (1939 – 1975), das die Entwicklung der Forschung in<br />

diesem Feld nicht gerade begünstigte, obwohl bereits im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts<br />

einige wichtige Lehrtexte veröffentlicht wurden – vor allem in den Bereichen Presse<br />

und Öffentliche Meinung und in geringerem Umfang auch in den Bereichen Filmkunst,<br />

Rundfunk und Werbung.<br />

Die Konsolidierung der <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong> erfolgte nach der Franco-Zeit,<br />

besonders in den 80er und 90er Jahren des 20. Jahrhunderts, als in verschiedenen Regionen<br />

des Landes informations- bzw. kommunikations<strong>wissenschaft</strong>liche Fachbereiche<br />

eingerichtet wurden. Dieser Artikel gibt eine Übersicht über die Entwicklung der Forschung<br />

in diesem Gebiet und zeigt, wer die wichtigsten Akteure waren und sind1 .<br />

Bislang wurde in Spanien noch kein Beitrag veröffentlicht, der die Herausbildung der<br />

<strong>Kommunikations</strong>- und <strong>Medien</strong>forschung, ihre Strömungen, Schulen, Autoren, Institutionen<br />

umfassend darstellt, und es gibt – anders als in anderen Ländern, die bereits über<br />

einige Studien in diesem Bereich verfügen – nur wenige Annäherungen aus unterschiedlichen<br />

Perspektiven. Teilweise ist dies bedingt durch das immer noch geringe Ansehen,<br />

das diese Art von Studien in spanischen Wissenschaft genießen. In den Vereinigten<br />

Staaten und in Kanada dagegen haben verschiedene Forscher die Entwicklung des<br />

Wissenschaftsbereichs rekonstruiert und erklärt2 ; Ähnliches ist in verschiedenen europäischen<br />

Ländern geschehen3 , und auch in Lateinamerika gibt es einige herausragende<br />

Beiträge aus jüngerer Zeit4 .<br />

1 Eine detailliertere Fassung dieses Überblicks findet sich in Jones (1998).<br />

2 Dazu gehören Forscher wie Charles R. Berger, Eleanor Blum, Steven H. Chafee, Garland C. Elmore,<br />

Hanno Hardt, Elihu Katz, Emile G. McAnany, Raymond B. Nixon, David Paletz, Everett<br />

M. Rogers und Wilbur Schramm in den USA und Vincent Mosco und Dallas W. Smythe in<br />

Kanada.<br />

3 In Großbritannien waren entsprechende Wissenschaftler vor allem Jay Blumler, John Corner,<br />

David Crowley, James Curran, Michael Gurevitch, Jeremy Hawthorn und David Mitchell, in<br />

Frankreich Francis Balle, Patrice Flichy, Armand Mattelart und Bernard Miège, in Italien Marino<br />

Livolsi, Paolo Mancini, Franco Rositi und Mauro Wolf.<br />

4 In Mexiko entsprechend hervorgetreten sind Raúl Fuentes Navarro, Guillermo Orozco Gómez<br />

und Enrique E. Sánchez Ruiz, in Brasilien Maria Immacolata Vassallo Lopes und José Marques<br />

528


Jones · <strong>Kommunikations</strong>forschung in Spanien<br />

Obwohl es im spanischen Falle also noch keine umfassende Aufarbeitung gibt, lassen<br />

sich doch Beiträge einiger Autoren nennen, die in den letzten Jahren entstanden sind:<br />

Außer der Pionierarbeit Beneytos (1969) haben Equiza Escudero (1986), Moragas (1988,<br />

1990, 1997), Parés I Maicas (1988, 1997a), Caffarel-Domínguez-Romano (1989), Cáceres-Caffarel<br />

(1993), Urabayen (1994) und Jones (1995a, 1998, 2000) Arbeiten über die<br />

<strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong> in Spanien während der Regierungszeit Francos vorgelegt.<br />

Darüber hinaus wurden Arbeiten zu Teilbereichen veröffentlicht: historiographischer<br />

Natur (Altabella, 1983; Gómez Mompart, 1996), zur Werbung (Herreros Arconada,<br />

1994), über ökonomische Aspekte (Jones, 1995b) oder zum Bereich Dokumentation<br />

(López Yepes, 1995). Liegen damit auch einige Analysen in spanischer Sprache vor,<br />

so ist der Werdegang der spanischen <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong> in Deutschland<br />

noch weitestgehend unbekannt. Vorliegender Text möchte daher einen Gesamtüberblick<br />

liefern, bei dem zunächst zur Kontextualisierung einige Bezüge in die frühere Vergangenheit<br />

geknüpft werden sollen und anschließend die 90er Jahre des 20. Jahrhunderts<br />

detaillierter beschrieben werden.<br />

Die Einordnung erfolgt unter Berücksichtigung der territorialen Verteilung der Forschung<br />

innerhalb des Landes. Im Folgenden werden die entwickeltsten Forschungsbereiche<br />

näher betrachtet: Geschichte, Politik, ökonomische Fragen und Struktur, Theorie<br />

und Soziologie der Kommunikation; Journalismus; Informationstechnologie, Dokumentation,<br />

Ethik, Recht und politische Kommunikation; Erziehung und Werbung,<br />

Marketing und Public Relations. Das Fazit bilden einige Schlussfolgerungen und Anmerkungen<br />

über zukünftige Tendenzen.<br />

1. Historische Vorläufer<br />

Die Mehrzahl der in Spanien durchgeführten Analysen über <strong>Kommunikations</strong>phänomene<br />

sind jüngerer Natur, zumindest diejenigen, die sich als <strong>wissenschaft</strong>lich einstufen<br />

lassen. Bereits seit Ende des 19. Jahrhundert hat sich jedoch eine Reihe von Forschern<br />

– in der Verwaltung, der katholischen Kirche, den Universitäten, aus privater Initiative<br />

oder auch aus systemkritischem Antrieb – zu verschiedenen Zeitpunkten damit<br />

beschäftigt, die soziale Kommunikation aus unterschiedlichen theoretischen Blickwinkeln<br />

zu analysieren.<br />

In Übereinstimmung mit den Phasen der Landesgeschichte lassen sich die Beiträge<br />

zum Thema drei Perioden zuordnen: die erste endet mit dem Bürgerkrieg, die zweite<br />

umfasst den Zeitraum des Franco-Regimes und die dritte die derzeitige demokratische<br />

Periode.<br />

1.1 Das Ende des 19. und das erste Drittel des 20. Jahrhunderts<br />

Die ersten spanischen Forschungsarbeiten zur Geschichte und Berufsausübung im Pressewesen,<br />

zur Öffentlichen Meinung und zu Karikaturen entstanden Ende des 19. und<br />

Anfang des 20. Jahrhunderts; unter ihnen ragen die Arbeiten Manual del perfecto periodista<br />

(Handbuch des perfekten Journalisten) von Carlos und Ángel Osorio y Gallardo<br />

(Madrid 1891), El periodismo (Das Zeitungswesen) von Modesto Sánchez Ortiz (Madrid<br />

1903) und El arte y el periodista (Die Kunst und der Journalist) von Rafael Mainar (Bar-<br />

de Melo, in Argentinien Jorge B. Rivera, in Kolumbien Jesús Martín Barbero sowie in Venezuela<br />

Jesús M. Aguirre und Marcelino Bisbal.<br />

529


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

celona 1906) heraus, die sich wohl als die ersten Handbücher zum Journalismus in Spanien<br />

bezeichnen lassen.<br />

In den ersten drei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts konsolidierten sich die Massenmedien<br />

– besonders in Madrid, in Katalonien und im Baskenland – im Zuge der Industrialisierung,<br />

Urbanisierung und Alphabetisierung, durch den steigenden Lebensstandard<br />

und das Entstehen einer Konsumgesellschaft. Hierdurch entwickelte sich das<br />

Pressewesen in Unternehmensform, es entstanden ein Werbemarkt und neue audiovisuelle<br />

Industrien, besonders die Film-, Hörfunk- und Musik(Schallplatten-)industrie.<br />

Und so veröffentlichten diverse spanische Autoren in diesem Zeitraum die ersten Bücher<br />

zu technischen, beruflichen oder moralischen Aspekten der Werbung, des Filmwesens,<br />

des Hörfunks und des Fernsehens.<br />

In den folgenden Jahren der Diktatur (1923 – 1930) und der 2. Republik (1931 – 1936)<br />

erschienen zahlreiche Titel – sowohl Bücher als auch Zeitschriften – über die genannten<br />

<strong>Medien</strong>. Gleichzeitig etablierte sich die Journalistenschule El Debate (1926 – 36) in Madrid,<br />

gegründet von dem späteren Kardinal Ángel Herrera Oria, der so die Rolle der Kirche<br />

als ideologische Führerin der spanischen Gesellschaft realisieren wollte. Mit Beginn<br />

des Bürgerkrieges und mit dem Sieg der aufständischen Falangisten fand diese Entwicklung<br />

jedoch ein Ende. 5<br />

1.2 Die Bedingungen während des Franco-Regimes<br />

Die zweite Phase, die den langen Zeitraum der Herrschaft Francos umfasst, lässt sich –<br />

wie die Geschichte des Regimes selbst – wiederum in verschiedene Etappen unterteilen,<br />

von der ersten Zeit der wirtschaftlichen und kulturellen Autarkie, dem politischen Faschismus<br />

und der strengen ideologischen Zensur bis zur Liberalisierung der letzten<br />

Jahre. Diese wirtschaftlichen, politischen und sozialen Veränderungen betrafen wesentlich<br />

auch das System der Massenkommunikation und somit ebenso die <strong>wissenschaft</strong>liche<br />

Arbeit über dieses Thema. Diese Forschung lässt sich in ihren Anfängen weniger durch<br />

die Verwendung sozial<strong>wissenschaft</strong>licher Methoden charakterisieren, es gab vielmehr<br />

eine schwer überschaubare Zahl an Konferenzen, Sachtexten, Kolloquien und Vorlesungen,<br />

was den Anschluss an die Forschung in anderen Ländern enorm erschwerte<br />

(Moragas 1981, Equiza Escudero 1986).<br />

1941 wurden die „Escuela Oficial de Periodismo“ – EOP („Offizielle Schule für Journalismus“)<br />

und 1942 die Zeitschrift Gaceta de la Prensa Española (Fachzeitung der spanischen<br />

Presse) gegründet, die beide abhängig waren von der „Delegación Nacional de<br />

Prensa y Propaganda“, dem von Juan Aparicio geleiteten Zensurapparat des Regimes,<br />

und dreißig Jahre existierten. Während die Journalistenschule dazu diente, dem Franco-<br />

Regime ergebene Journalisten auszubilden, diente der Zeitschrift der Verbreitung zahlreicher<br />

Artikel im so genannten „akademisch-faschistischen“ Stil über das Forschungsfeld:<br />

Im Laufe der Jahre erschien eine Vielzahl der Bildung dienender Artikel über die<br />

Presse und den Journalismus.<br />

5 In den 30er Jahren wurde die erste Doktorarbeit über die Presse in Spanien veröffentlicht, an einer<br />

deutschen Universität: Alfred Kästner, Die spanische Presse (Leipzig: Universität Leipzig,<br />

1926). Auch wurde die erste Doktorarbeit an einer spanischen Universität veröffentlicht: Antonio<br />

Rumeu de Armas, Bosquejo histórico de la censura literaria gubernativa en España desde<br />

el año 1700 a 1833 (Madrid: Universidad de Madrid, 1935).<br />

530


Jones · <strong>Kommunikations</strong>forschung in Spanien<br />

Nach der Niederlage der Achsenmächte 1945 modifizierte Franco sein Staatsmodell,<br />

um die große internationale Opposition seinem Regime gegenüber einzudämmen. In<br />

dieser Situation bekamen die konfessionellen Bereiche stärkeres Gewicht, die der „Asociación<br />

Católica Nacional de Propagandistas“ („National-katholischer Propagandistenverband“,<br />

ACNP) nahe standen. Diese erlangten die Kontrolle über das Ministerium für<br />

Nationale Erziehung und richteten ab 1946 Sommerkurse für Journalisten an der Universidad<br />

Internacional Menéndez Pelayo in Santander ein. Fernando Martín-Sánchez<br />

Juliá, einer der herausragenden Ideologen der ACNP, war federführend bei der Ausarbeitung<br />

des Gesetzes über Presse und Druck von 1966 und erstellte mehrere Lehrtexte<br />

über die Rolle des journalistischen Unternehmens in einem kapitalistischen Staat, wie er<br />

in Spanien entstehen sollte.<br />

Die „Escuela Oficial de Periodismo“ in Madrid, die bis 1958 die einzige Lehranstalt<br />

im <strong>Kommunikations</strong>sektor war, arbeitete so gut wie gar nicht auf dem Gebiet der Forschung.<br />

Dasselbe lässt sich von der Filiale der EOP in Barcelona sagen, der „Escuela<br />

Oficial de Publicidad“ (Werbung). Und Gleiches gilt auch für die anderen beiden Akademien<br />

der kirchlichen Journalismus-Schule, der „Escuela Oficial de Cinematografía“<br />

(Film) und der „Escuela Oficial de Radiodifusión y Televisión“ (Hörfunk und Fernsehen),<br />

sowie die Universitäten, obwohl es einige Ausnahmen gab 6 .<br />

Bis zum Erscheinen des Klassikers Mass communications: un panorama de los medios<br />

de información en la sociedad moderna von Juan Beneyeto (Madrid 1957) ist in Spanien<br />

über den Bereich der Kommunikation so gut wie nichts veröffentlicht worden, was aus<br />

<strong>wissenschaft</strong>licher Perspektive heraus erwähnenswert wäre. In den 50er Jahren wurden<br />

auch die ersten Doktorarbeiten veröffentlicht, die sich <strong>wissenschaft</strong>lich der spanischen<br />

Presse zuwandten, allerdings derjenigen des 18. und 19. Jahrhunderts: Nipho y el periodismo<br />

español del siglo XVIII (Der Journalist Nipho und das spanische Zeitungswesen<br />

im XVIII. Jahrhundert) von Luis Miguel Enciso Recio (Universidad de Valladolid,<br />

1955), und La prensa diaria de Barcelona de 1895 a 1910 (Die Tagespresse in Barcelona<br />

von 1895 bis 1910) von Mª Carmen García-Nieto París (Universidad de Barcelona,<br />

1958).<br />

Erst in den 70er Jahren wurden neue Studien in- oder ausländischer Autoren in Spanien<br />

veröffentlicht, vor allem dank der herausgeberischen Tätigkeit der Universidad de<br />

Navarra. Inhaltlich anspruchsvolle Publikationen aus spanischer Produktion gab es immer<br />

noch kaum, während in Europa und in den USA deutliche Fortschritte erzielt wurden<br />

und viele der entsprechenden Veröffentlichungen durch Schmuggel oder über Lateinamerika<br />

7 , wo sie übersetzt wurden, nach Spanien gelangten. Bei den Zeitschriften,<br />

sowohl bei den <strong>wissenschaft</strong>lichen als auch bei den berufsbezogenen Fachzeitschriften,<br />

sah es nicht besser aus, und auch nicht bei den <strong>wissenschaft</strong>lichen Einrichtungen.<br />

6 Bedeutende Forscher der Franco-Periode waren José Altabella, Aníbal Arias Ruiz, Juan Beneyto,<br />

Ángel Benito, Luka Brajnovic, Salustiano del Campo, José Ángel Castro Fariñas, Juan<br />

Díez Nicolás, Gabriel Elorriaga, Ángel Faus Belau, Pedro Gómez Aparicio, Luis Gómez Mesa,<br />

Nicolás González Ruiz, Luis González Seara, José Luis Martínez Albertos, Alejandro Muñoz<br />

Alonso, Alfonso Nieto, Pedro Prat Gaballí, Andrés Romero Rubio, Francisco Sanabria Martín,<br />

Joan Torrent, Jesús M. Vázquez, José Vidal Beneyto und Jorge Xifra Heras.<br />

7 Die von Nueva Visión und Troquel (in Buenos Aires) veröffentlichten Bücher sowie die von<br />

CIESPAL (Quito) herausgegebenen Werke sollten hier Erwähnung finden, ebenso Zeitschriften<br />

wie Comunicación y Cultura (herausgegeben zunächst in Santiago de Chile, später in Buenos<br />

Aires und dann in Mexiko) und Chasqui („Bote“, ebenfalls von CIESPAL)<br />

531


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

Während der letzten Dekade der Franco-Zeit – in der bereits von einer „spanischen<br />

Informationslehre“ gesprochen wurde – existierten öffentliche Einrichtungen, die sich<br />

der Forschung in den Bereichen Information, Propaganda, Öffentliche Meinung, Werbung<br />

und audiovisuelle Kommunikation aus einer soziologischen Betrachtungsweise<br />

näherten. Es handelte sich dabei um die Abteilung „Dokumentation“ beim Ministerium<br />

für Information und Tourismus, das die Zeitschrift Revista Española de Documentación<br />

und den Nachfolgetitel Estudios de Información (1965 – 72) herausgab, das „Instituto de<br />

la Opinión Pública“ („Institut für öffentliche Meinung“), das die Zeitschrift Revista<br />

Española de la Opinión Pública (1965 – 77) unterhielt, das „Instituto Nacional de<br />

Publicidad“ („Nationales Institut für Werbung“), welches Publicidad herausgab (1965<br />

– 75), das „Instituto Oficial de Radio y Televisión“ („Institut für Radio und Fernsehen“),<br />

das die Cuadernos de Documentación (1965 – 77) herausgab, und das „Instituto<br />

de Ciencias Sociales“ („Institut für Sozial<strong>wissenschaft</strong>en“) der Provinzverwaltung von<br />

Barcelona, das für die Revista del Instituto de Ciencias Sociales (1966 – 77) verantwortlich<br />

zeichnete. Diese Publikationen mit dokumentarischer und theoretischer Ausrichtung<br />

veröffentlichten viele Artikel in- und ausländischer Experten auf höherem akademischen<br />

und <strong>wissenschaft</strong>lichen Niveau, sie waren in ideologischer Hinsicht jedoch stets<br />

regimetreu (Beneyeto 1969).<br />

Gleichzeitig entstanden einige kritische Arbeiten über die „Informations- und Kulturindustrie“,<br />

die aus marxistischer Perspektive eine Wirklichkeit zu erklären versuchten,<br />

die dem spanischen Volk bis dahin verborgen geblieben war. Es handelte sich um<br />

engagierte Arbeiten, geboren aus den politischen und sozialen Umständen dieser Jahre.<br />

Besonders hervorzuheben ist hier das Buch Informe sobre la Información (Information<br />

über Informationen) von Manuel Vázquez Montalbán (Barcelona 1962), das sich in kurzer<br />

Zeit zu einem Referenzwerk entwickelte, das nicht nur von Journalisten oder solchen,<br />

die es werden wollten, sondern auch von Studierenden und Forschenden verschiedener<br />

Disziplinen eifrigst rezipiert wurde.<br />

Seit 1958 arbeitete in Pamplona das Journalismusinstitut der Universität von Navarra<br />

(Instituto de Periodismo de la Universidad de Navarra) – wie die gesamte Universität<br />

gefördert vom katholischen Laienorden Opus Dei –, das 1971 – zeitgleich mit der Gründung<br />

der informations<strong>wissenschaft</strong>lichen Fakultäten in Madrid und Barcelona – ebenfalls<br />

in einen Fachbereich umgewandelt wurde. Von Anfang an verfügte diese Einrichtung<br />

über Forscher, die das Institut an die Spitze der damaligen <strong>wissenschaft</strong>lichen Arbeit<br />

in Spanien brachten. Die sorgfältigen Publikationen über die eigene Forschung und<br />

die Übersetzungen ausländischer Autoren waren in anderen Einrichtungen im Lande<br />

und in Lateinamerika, wo es an qualifiziertem Personal und an Finanzmitteln mangelte,<br />

sehr beliebt.<br />

1.3 Expansion in jüngerer Zeit<br />

Seit dem Ende des Franco-Regimes Mitte der 70er Jahre hat Spanien entscheidende politische,<br />

soziale und kulturelle Umwälzungen erlebt. Das autoritäre, durch das Fehlen<br />

von politischer Freiheit und von Meinungsfreiheit gekennzeichnete Regime wandelte<br />

sich allmählich in ein neues demokratisches System – eine parlamentarische Monarchie<br />

–, konsolidiert durch die Inkraftsetzung der Verfassung von 1978. Das neue Grundgesetz,<br />

das unter anderem die Freiheit politischer Verbände, die Meinungsfreiheit und<br />

wirtschaftliche Freiheit garantiert, hat den derzeitigen „Estado de Autonomías“ (Staat<br />

der autonomen Regionen) hervorgebracht, der durch eine starke Stellung der Regionen<br />

charakterisiert ist. Auf diese Weise wurde sehr vorsichtig die Existenz eines multinatio-<br />

532


Jones · <strong>Kommunikations</strong>forschung in Spanien<br />

nalen und multikulturellen Staates garantiert, zusammengesetzt aus verschiedenen historisch<br />

gewachsenen Völkern mit ihren je eigenen Sprachen und Kulturen, vereinigt in<br />

der Gleichheit von Rechten und Freiheiten.<br />

Diese großen allgemeinen soziopolitischen Veränderungen, die die ganze spanische<br />

Gesellschaft betrafen, wurden begleitet durch andere, spezifischere auf dem Gebiet der<br />

Kommunikation und der Massenmedien. Das Konsumniveau ist beträchtlich gestiegen,<br />

und zwar in sämtlichen Bereichen und bei allen Arten von Gütern und Dienstleistungen<br />

im <strong>Medien</strong>- und Kultursektor. Die neuen dominanten Akteure im <strong>Kommunikations</strong>sektor<br />

– die als marktführende Unternehmen im Pressesektor entstanden und sich in<br />

multimedial positionierte Unternehmensgruppen wandelten – forderten bald die Liberalisierung<br />

des Hörfunk- und Fernsehsektors und die Abschaffung der staatlichen <strong>Kommunikations</strong>medien.<br />

Konzentrationsstrategien bei den aus dem Pressewesen stammenden<br />

Unternehmensgruppen – im Wesentlichen Godó, Prisa und Zeta – sollten den Zugang<br />

zum Fernsehmarkt erleichtern. Ab 1983 wurde das staatliche Fernsehmonopol<br />

schrittweise aufgehoben, zunächst durch die Schaffung öffentlich-rechtlicher Sender in<br />

sechs Regionen, dann 1989 durch die Vergabe von drei landesweiten Lizenzen für privates<br />

Fernsehen. Gleichzeitig drängten im Zuge der Liberalisierung der spanischen<br />

Gesetzgebung und der Anpassung an EG-Normen, die mit Einschränkungen auch im<br />

Fernsehsektor umgesetzt wurden, immer stärker internationale (ausländische), vor<br />

allem europäische Unternehmen auf den Markt.<br />

Die Umwälzungen der letzten dreißig Jahre haben starke Auswirkungen auf den Kultur-<br />

und <strong>Kommunikations</strong>sektor, auf seine Industrien und <strong>Medien</strong> gehabt. Entscheidende<br />

Veränderungen gab es vor allem in der Präsentation und bei den Inhalten, aber<br />

auch in Bezug auf die Gesellschaftsformen und Besitzstrukturen der Unternehmen. Verschiedene<br />

Akteure – darunter einige entscheidende aus der Franco-Zeit 8 – verloren an<br />

Bedeutung oder verschwanden ganz, um schrittweise durch neue Akteure anderer Prägung<br />

ersetzt zu werden, die gegen Ende des 20. Jahrhunderts die wirtschaftliche Macht<br />

und Meinungsführerschaft errungen haben.<br />

Die Veränderungen betrafen jedoch in hohem Maße auch die berufliche und die <strong>wissenschaft</strong>liche<br />

Sphäre. In beiden Bereichen gab es in den letzten Jahren ein exponentielles<br />

Wachstum, bedingt unter anderem durch den Zuwachs und die Diversifizierung der<br />

Berufe, die wiederum Resultat des Marktwachstums sind und mit einem Generationswechsel<br />

zusammenfallen, der in Spanien viel ausgeprägter als anderswo ist, während sich<br />

gleichzeitig die Arbeitslosigkeit auf hohem Niveau zu verfestigen scheint 9 . Während in<br />

der Franco-Ära die vier informations<strong>wissenschaft</strong>lichen Fakultäten – Madrid, Bellaterra<br />

(Barcelona), Pamplona und Lejona –, Mitte der 70er Jahre insgesamt zwischen 4.000<br />

und 5.000 Studenten und ca. 500 Lehrkräfte umfassten, hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten<br />

der Umfang kommunikations<strong>wissenschaft</strong>licher Fachbereich verfünffacht.<br />

Heute werden in 20 Zentren verschiedener Universitäten etwa 25.000 Studenten durch<br />

2.000 Lehrkräfte diverser akademischer Grade unterrichtet. Dieses Wachstum ist auch<br />

im internationalen Vergleich bemerkenswert. Spanien verfügt heute über einen starken<br />

Ausbildungsbereich im <strong>Kommunikations</strong>sektor und seinen verschiedenen Sektoren und<br />

8 Man denke an die entscheidende Rolle des staatlichen Sektors (TVE, RNE, Agencia Efe und<br />

Editora Nacional) oder den halbstaatlichen (Prensa y Radio del Movimiento) Bereich und die<br />

Sender der katholischen Kirche (EDICA und COPE).<br />

9 Im Dezember 1994 waren bereits um die 6.000 Informations<strong>wissenschaft</strong>ler als arbeitslos registriert<br />

(El País, 7/7/1995).<br />

533


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

Dienstleistungen – Presse, Rundfunk, Film, Fernsehen, Video, Werbung. Dabei wird<br />

nicht nur für Tätigkeiten in den <strong>Medien</strong> oder Werbeagenturen ausgebildet, die Absolventen<br />

kommen auch in Nachbargebieten, wie dem Bereich Public Relations, sowohl im<br />

öffentlichen Sektor als auch in der Privatwirtschaft unter. Allerdings wird die Arbeitsmarktsituation<br />

für die Absolventen immer schwieriger, denn obwohl es sich beim <strong>Medien</strong>bereich<br />

in den letzten Jahren um einen Wachstumsmarkt handelte (weil die Ausgangsbasis<br />

sehr gering war), hat dieser mittlerweile einen Sättigungsgrad erreicht, der ein<br />

weiteres Wachstum verhindert.<br />

In Spanien ist eine im internationalen Vergleich hohe Zahl an Beschäftigten auf die Erforschung<br />

der <strong>Medien</strong> und Kulturindustrien („Comunicólogos“) spezialisiert. Im Zuge<br />

der Schaffung neuer Fakultäten und bei wachsenden Studentenzahlen musste neues<br />

Lehrpersonal – <strong>wissenschaft</strong>liches und nicht-<strong>wissenschaft</strong>liches – eingestellt werden,<br />

was dazu führte, dass die Zahl professioneller teil- oder vollzeitbeschäftigter Forscher<br />

in diesem Feld exponenziell gewachsen ist. Es gibt also derzeit eine große Gruppe von<br />

<strong>Medien</strong>- und <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong>lern und -studierenden, die somit einen<br />

Pool bilden, der früher oder später auch international bedeutende Beiträge liefern wird.<br />

Derzeit gibt es einige Wissenschaftler, die führenden ausländischen Kollegen in nichts<br />

nachstehen, deren in Spanien durchgeführte Studien allerdings nur selten außerhalb des<br />

Landes Beachtung finden, höchstens vielleicht im lateinamerikanischen und in jüngster<br />

Zeit auch im europäischen Raum.<br />

Aus diesen Gründen lässt sich die Entwicklung der letzten Jahren fast als spektakulär<br />

bezeichnen. Es gibt jedoch immer noch gravierende geographische Ungleichheiten. Im<br />

Hinblick auf die Zahl von Einrichtungen, Personen, Mitteln, Studien und Verlagen waren<br />

bislang Madrid und – in geringerem Maße– Katalonien die Zentren der <strong>Kommunikations</strong>forschung.<br />

Erwähnt werden sollten insbesondere die jüngeren Arbeiten von<br />

Madrider Institutionen wie der Universidad Complutense, der vom Telefónica-Konzern<br />

finanzierten Stiftung Fundesco, des „Instituto Oficial de Radio y Televisión“<br />

(IORTV) der staatlichen Rundfunkgesellschaft RTVE sowie verschiedenster privater<br />

Institute, die sich auf den Bereich der Marktforschung spezialisiert haben und mit Untersuchungen<br />

etwa zum Zuschauerverhalten oder zu Werbeinvestitionen kommerziell<br />

und strategisch relevante Informationen produzieren 10 . Diese Situation hat dazu geführt,<br />

dass Katalonien im Hinblick auf empirische oder angewandte Forschung, die insbesondere<br />

bei der Untersuchung neuer Informationstechnologien große Investitionen<br />

in die personellen und technischen Kapazitäten erfordert, traditionell gegenüber Madrid<br />

benachteiligt war, obgleich es – etwa mit den Arbeiten von Einrichtungen wie der Universidad<br />

Autónoma de Barcelona (seit 1971) oder in jüngerer Zeit der Universitäten<br />

Pompeu Fabra und Ramon Llull sowie des mittlerweile nicht mehr existenten Centre<br />

d’Investigació de la Comunicació (CEDIC) – deutlich besser gestellt ist als die restlichen<br />

spanischen Regionen.<br />

Die besondere Stellung Madrids bei der Kontrolle über die Finanzmittel und bei der<br />

Festlegung der medien- und forschungspolitischen Rahmenbedingungen sowie die Notwendigkeit<br />

der Konsolidierung des neuen auf autonomen Regionen basierenden Staatswesens<br />

haben in den letzten Jahren auch die Forschungsbedingungen und -themen in<br />

10 Mitte der 70er Jahre entstanden im Zuge der Entwicklung des Werbemarktes in Spanien die zwei<br />

wichtigsten Institutionen auf dem Gebiet der Zuschaueranalyse: die Oficina de Justificación de<br />

la Difusión (OJD) und das Estudio General de Medios (EGM). Später etablierten sich weitere<br />

Firmen aus dem Ausland, wie Sofres oder Nielsen.<br />

534


Jones · <strong>Kommunikations</strong>forschung in Spanien<br />

Spanien in hohem Maße bestimmt. Regionalen und lokalen Aspekten ist daher möglicherweise<br />

mehr Aufmerksamkeit gewidmet worden als der Analyse der europäischen,<br />

amerikanischen oder internationalen Situation, obwohl sich in den letzten Jahren eine<br />

stärkere Öffnung insbesondere auf den europäischen Raum hin bemerken lässt. (Jones<br />

1999)<br />

1.4 Territoriale Verteilung<br />

Derzeit gibt es in Spanien über 250 Einrichtungen, die sich weitestgehend mit Lehr-,<br />

Dokumentations- und/oder Forschungstätigkeit im Bereich sozialer Kommunikation<br />

beschäftigen, wobei der Begriff „soziale Kommunikation“ ein komplexes und vielgestaltiges<br />

Themenfeld beinhaltet, das verschiedene <strong>Medien</strong> und Dienste umfasst und vornehmlich<br />

aus sozial- und gesellschafts<strong>wissenschaft</strong>licher Perspektive bearbeitet wird<br />

(Jones 1995a). Einige der mit kommunikations<strong>wissenschaft</strong>lichen Fragestellungen befassten<br />

Einrichtungen in Spanien können auf eine Tradition zurückblicken, die bis zum<br />

Anfang des 20. Jahrhundert zurückreicht. Erst in den letzten drei Jahrzehnten haben sich<br />

diese jedoch auf universitärem, akademischen und <strong>wissenschaft</strong>lichen Niveau konsolidieren<br />

können.<br />

Um einen Überblick über die geographische Verteilung und die wachsende Zahl an<br />

Personen und Einrichtungen zu gewinnen, die sich der Forschung, Dokumentation und<br />

Lehre im Bereich Kommunikation und Massenmedien widmen, richtete das bereits erwähnte<br />

CEDIC mit seiner Gründung im Jahr 1987 die Datenbank COMDAT ein, die<br />

sämtliche Wissenschaftler und Einrichtungen in Spanien sowie – wenn auch sehr selektiv<br />

– in einigen anderen Ländern Europas und auf dem amerikanischem Kontinent erfassen<br />

sollte. Bis zu ihrer Einstellung im Jahr 1997 wurden in dieser Datenbank – neben<br />

12.000 bibliographischen Verweisen – fast 900 Dateneinträge über hauptsächlich spanische<br />

sowie ausländische Institutionen gesammelt und über 2.000 spanische und ausländische<br />

Forscher erfasst. Auf Basis dieser Daten wurden unter anderem folgende Verzeichnisse<br />

veröffentlicht: Directorio español de investigación en comunicaión (1995), Directorio<br />

Iberoamericano de investigación en comunicación (1996) und Bibliografia catalana<br />

de la comunicació, 1769-1996 (1997).<br />

Die gesammelten Informationen erlauben eine quantitative Bewertung der im „Directorio<br />

español“ erfassten Personen und Einrichtungen sowie eine Beantwortung der<br />

Fragen, in welche Richtung im Bereich der <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong> geforscht<br />

wurde, welche <strong>Medien</strong> am häufigsten untersucht wurden und welches die bevorzugten<br />

theoretischen Perspektiven waren; darüber hinaus ist eine geographische Lokalisierung<br />

der betreffenden Einrichtungen möglich.<br />

So lassen sich auf Basis der erfassten Daten auch einige grundlegende Merkmale über<br />

die hier aufgeführten 1.756 spanischen <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong>ler – davon 80%<br />

Männer 11 – herausfinden. Von den 1.195 Personen, deren Wohnort angegeben war, arbeiten<br />

z. B. die meisten in Katalonien (35%) und in Madrid (33%). 12 Sowohl diese beiden<br />

Regionen als auch die sieben folgenden – Navarra (8%), das Baskenland (6%), Andalusien<br />

(6%), Valencia (3%), Kastilien und Leon (3%), Galizien (2%) und die Kana-<br />

11 Obwohl der Anteil der weiblichen Studierenden bei zwei Dritteln liegt.<br />

12 Wenn man diese Daten mit denen von Beneyeto (1969) vergleicht, bemerkt man, dass vor<br />

dreißig Jahren nur acht Einrichtungen und gerade 24 Wissenschaftler (unter ihnen zwei Frauen)<br />

registriert waren.<br />

535


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

rischen Inseln (2%) – verfügen derzeit über informations-/kommunikations<strong>wissenschaft</strong>liche<br />

Fakultäten, was eine stärkere Ansiedlung der Wissenschaftler in diesen Regionen<br />

begünstigte.<br />

1.5 Forschungszentren<br />

Bis vor kurzem lag die kommunikations<strong>wissenschaft</strong>liche Forschung weitestgehend in<br />

den Händen einzelner Personen, deren Arbeit zwar lobenswert war, aber eher eng begrenzte<br />

Resultate zeitigte. Erst in den 70er Jahren entstanden die ersten Team-Arbeiten<br />

unter der Ägide öffentlicher und privater Einrichtungen, die diese Arbeit förderten und<br />

finanzierten (Moragas 1981, 1986, 1988, 1990). Vor allem die multidisziplinär ausgerichteten<br />

informations- und kommunikations<strong>wissenschaft</strong>lichen Fakultäten haben in<br />

den letzten drei Jahrzehnten Hunderte von Diplom- und Doktorarbeiten hervorgebracht13<br />

. Die Lehrenden haben an den verschiedensten Forschungsprojekten über verschiedene<br />

<strong>Medien</strong> und mit unterschiedlichen theoretischen Ansätzen teilgenommen,<br />

auch in Zusammenarbeit mit weiteren öffentlichen und privaten, nationalen und ausländischen<br />

Einrichtungen, die in zahlreichen Studien mündeten. Von diesen erlangten<br />

einige große Bedeutung. Auch andere Fakultäten, wie die der Geschichts- oder der<br />

Kunst<strong>wissenschaft</strong>, haben wichtige Beiträge zur kommunikations<strong>wissenschaft</strong>lichen<br />

Forschung geleistet, vor allem auf dem Gebiet der Filmgeschichte und der Theorien zur<br />

visuellen und audiovisuellen Kommunikation.<br />

Außerhalb des universitären Bereichs haben etliche private und öffentliche Einrichtungen<br />

direkte Forschung betrieben oder diese gefördert. Unter den führenden Institutionen<br />

sei die wichtigste Einrichtung des Landes genannt: Fundesco, die sich drei Jahrzehnte<br />

lang (zwischen 1968 und 1997) der Erforschung audiovisueller Kommunikation<br />

und neuer Technologien in Spanien widmete und mehrere Publikationsreihen, die Zeitschrift<br />

Telos und ein wichtiges Jahrbuch herausgab.<br />

Neben den zentralen, regionalen oder lokalen öffentlichen Verwaltungen treten auch<br />

private Institutionen als Förderer überwiegend universitärer Forschung auf: das „Centro<br />

de Investigaciones Sociológicas“, das IORTV, die „Asociación de Editores de Diarios<br />

Españoles“ oder die „Asociación Hispanoamericana de Centros de Investigación y<br />

Empresas de Telecomunicaciones“ (in Madrid), das mittlerweile geschlossene CEDIC,<br />

das „Institut d’Estudis Catalans“, die „Fundació Jaume Bofill“, das „Centre d’Estudis<br />

de Planificació“, das „Centre d’Estudis Olímpics“, das „Collegi de Periodistes de Catalunya“,<br />

das „Institut del Cinema Català“ und das „Institut de la Comunicació“(in Barcelona);<br />

die „Fundación Instituto de la Comunicación“ (in Murcia), und die öffentlichrechtliche<br />

„Radiotelevisión Valenciana“ sowie die „Filmoteca de la Generalitat Valenciana“<br />

in Valencia. Die genannten Einrichtungen haben vor allem Projekte im <strong>Kommunikations</strong>bereich<br />

gefördert und in der Regel auch veröffentlicht, die eine historische,<br />

soziologische, ökonomische, kulturelle oder linguistische Perspektive einnehmen. Insbesondere<br />

das inzwischen geschlossene CEDIC hat in den 90er Jahren mehrere Dutzend<br />

Studien selbst erstellt, in Auftrag gegeben oder gefördert, von denen etwa 50 publiziert<br />

13 Zwischen 1926 und 1998 wurden 1.550 Doktorarbeiten in Spanien (bzw. im Ausland über spanische<br />

Themen) veröffentlicht; 64% stammen aus den 90er Jahren, 66% wurden von Männern<br />

erstellt, 36% wurden an der Universidad Complutense, Madrid, verfasst, 87% waren in spanischer<br />

Sprache, 26% analysierten das Pressewesen.<br />

536


Jones · <strong>Kommunikations</strong>forschung in Spanien<br />

wurden. Zugleich war es an der Herausgabe mehrerer katalanischer Zeitschriften zum<br />

Thema beteiligt.<br />

Darüber hinaus hat sich die spanische Forschungsgemeinschaft in mehreren Verbänden<br />

zusammengeschlossen, nicht nur in Berufsverbänden, sondern auch in Verbänden<br />

zur Förderung und Verbreitung der Forschung. Ein solcher Verband war in den 80er<br />

Jahren beispielsweise die „Asociación de Investigadores de la Comunicación del Estado<br />

Español“ (AICE) in Madrid. In Barcelona gibt es die „Societat Catalana de Comunicació“<br />

(die zum „Institut d’Estudis Catalans“ gehört), in der etwa 100 Wissenschaftler organisiert<br />

sind, die <strong>wissenschaft</strong>liche Zeitschriften veröffentlichen und Tagungen und Seminare<br />

zum Thema veranstalten. Die „Sociedad de Estudios Vascos“ schuf Anfang der<br />

80er Jahre eine Abteilung <strong>Medien</strong> und eine zum Thema Film, die die entsprechend forschenden<br />

Wissenschaftler des Baskenlandes vereint. Andere Institutionen dieser Art<br />

sind „Film Historia“ und die „Asociación de Historiadores del Cine“, deren Mitglieder<br />

Experten auf dem Gebiet der Geschichte der Filmkunst sind; die „Sociedad Española de<br />

Periodística“, spezialisiert auf Theorien und Analysen zum Thema Journalismus; die<br />

„Asociación de Historiadores de la Comunicación“ sowie die „Asociación de Doctores<br />

y Licenciados en Publicidad y Relaciones Públicas“, gegründet 1987 in Madrid.<br />

2. Die wichtigsten Forschungsrichtungen<br />

Wie bereits oben erwähnt, haben sich im Verlauf des 20. Jahrhunderts diverse spanische<br />

Forscher mit Arbeiten zur Kommunikation beschäftigt, wenngleich anfangs nur mit der<br />

Absicht zu dokumentieren und zu beschreiben. Mit der Schaffung der ersten informations<strong>wissenschaft</strong>lichen<br />

Fakultäten 1971 entstanden dann <strong>wissenschaft</strong>liche Arbeiten,<br />

die in Diplom- und Doktorarbeiten, in Berichten von Projektgruppen, in Artikeln,<br />

Büchern, Berichten und Referaten veröffentlicht wurden und die die Entwicklung, die<br />

Eigenschaften und die Auswirkungen der gegenwärtigen <strong>Kommunikations</strong>phänomene<br />

mehr oder weniger umfassend analysieren.<br />

2.1 Wachstum und Professionalisierung<br />

Seit 1980 hat es im Zuge der politischen, sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung<br />

und der stetigen Entwicklung des <strong>Medien</strong>bereichs auch eine deutliche Steigerung<br />

der Forschungstätigkeit gegeben – sowohl qualitativ als auch quantitativ. Dieser<br />

Aufschwung verdankte sich folgenden Ursachen: der Festigung der politischen Freiheiten,<br />

technologischen Umwälzungen, dem Aufkommen neuer Güter und neuer Dienstleistungen<br />

im <strong>Medien</strong>bereich und einem Wachstum im <strong>Kommunikations</strong>markt, aber vor<br />

allem der Einführung des Privatfernsehens. Infolgedessen ist ein größeres gesellschaftliches<br />

Interesse an diesen Themen entstanden, und eine steigende Anzahl junger Menschen<br />

möchte einen <strong>Medien</strong>beruf ergreifen. Gleichzeitig hat sich das spanische Universitätswesen<br />

dahingehend verändert, dass heutzutage von den Lehrenden eine ausgewiesene<br />

Spezialisierung und akademische Tätigkeit verlangt und die Erstellung <strong>wissenschaft</strong>licher<br />

Arbeiten als Bedingung für eine Festigung der Arbeitsverhältnisse gefordert<br />

wird. Dementsprechend sind die spanischen Forscher heutzutage viel professioneller als<br />

früher. Folglich ist auch die Zahl an Diplom- und Doktorarbeiten gestiegen, es wurden<br />

mehr Fachbücher herausgegeben und einige <strong>wissenschaft</strong>liche Zeitschriften gegründet.<br />

Daneben entstand eine Vielzahl unterschiedlichster Kongresse, Tagungen und Symposien<br />

(Jones 2000). Leider gibt es keine Regelmäßigkeit bei diesen Treffen und auch keine<br />

Jahrestagung der Forschungsgemeinschaft (wie es sie beispielsweise in Brasilien mit<br />

537


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

der INTERCOM gibt). Die 1986 gestarteten „Jornadas Internacionales de Comunicación“<br />

der Universidad de Navarra bilden wohl die älteste jährliche Tagung, die immer<br />

noch veranstaltet wird.<br />

Mehrere private Verlage haben besondere kommunikations<strong>wissenschaft</strong>liche Reihen<br />

eingerichtet und publizieren jährlich einige Hundert Bücher, sowohl von spanischen als<br />

auch von ausländischen Autoren. Zu den wichtigsten Verlagen zählen in Madrid: Akal,<br />

Eudema, Forja, Fragua, Paraninfo, Prámide, Rialp, Taurus und Tecnos; in Barcelona<br />

Ariel, Bosch, Gustavo Gili, Paidós, Pòrtic und ESPR-PPU; und in La Coruña Ediciós<br />

do Castro und Edicións Lea. Natürlich werden diese Verlage häufig von den Herausgebern<br />

der Reihen als Plattform genutzt, um ihre eigenen Texte zu veröffentlichen.<br />

Auch verschiedene öffentliche Einrichtungen zählen zu den wichtigen Herausgebern<br />

in diesem Sektor: etwa die Universidad Complutense und das IORTV in Madrid, das<br />

ehemalige CEDIC in Barcelona, die Universidad del País Vasco in Bilbao, die Filmoteca<br />

de la Generalitat Valenciana in Valencia, aber auch die Regionalregierungen und die<br />

Provinz- und Gemeindeverwaltungen und private Einrichtungen wie Fundesco in Madrid,<br />

das Collegi de Periodistes de Catalunya in Barcelona und die Universidad de<br />

Navarra in Pamplona.<br />

Bei den am häufigsten ins Spanische – auch ins Katalanische – übersetzten Autoren<br />

handelt es sich traditionell um Nordamerikaner, Briten, Franzosen und Italiener, was<br />

deren Einfluss auf ihre spanischen Kollegen erklärt 14 . Selten werden Texte lateinamerikanischer<br />

Autoren veröffentlicht – lediglich einige von international renommierten Wissenschaftlern<br />

wie dem Kolumbianer Jesús Martín Barbero oder dem Mexikaner Eulalio<br />

Ferrer Rodríguez –, und dies, obwohl der Markt auf der anderen Seite des Atlantiks für<br />

die spanischen Verlage von einigem Interesse ist, vor allem für diejenigen, die Lehrbücher<br />

für Beruftätige herausgeben. Einige Professoren an führenden Universitäten haben<br />

ihre eigenen Verlage gegründet, um Lehrbücher für Studierende zu publizieren.<br />

Wissenschaftliche Publikationen zum Thema lassen sich allerdings – ebenso wie die<br />

Zeitschriften – nur schwer und in geringem Umfang verkaufen; meist werden sie fotokopiert.<br />

Der Einfluss der spanischen <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong> im Ausland ist äußerst gering.<br />

Dies lässt sich unter anderem daran erkennen, dass praktisch keine Bücher spanischer<br />

Autoren in andere Sprachen übersetzt werden. Auch ist dies daran erkennbar, dass<br />

spanische Wissenschaftler nur wenige internationale Projekte leiten und kaum an internationalen<br />

Kooperationen beteiligt sind sowie kaum in internationalen <strong>wissenschaft</strong>lichen<br />

Zeitschriften publizieren. Ausnahmen bilden einige Autoren, die Bücher oder Zeitschriftenartikel<br />

im Ausland publiziert haben, wie etwa Manuel Castells, Carmelo Garitaonandia,<br />

Josep Gifreu, Juan A. Giner, Román Gubern, José Luis Martínez Albertos,<br />

Miquel de Moragas, Alejandro Pizarroso Quintero, Emilio Prado, Alfonso Sánchez-Tabernero,<br />

Enric Saperas und Lorenzo Vilches. Die ausländischen Zeitschriften mit der<br />

größten Verbreitung in Spanien sind – neben den lateinamerikanischen – die Zeitschriften<br />

Médias Pouvoirs aus Frankreich und die britischen Publikationen Media, Culture &<br />

Society und das European Journal of Communication.<br />

14 Die in den letzten Jahrzehnten in Spanien wohl meistübersetzten ausländischen Autoren sind<br />

wahrscheinlich der Kanadier Marshall McLuhan, der Amerikaner Noam Chomsky, der Brite<br />

Raymond Williams, der Belgier Armand Mattelart und die Italiener Umberto Eco und Giuseppe<br />

Richeri.<br />

538


Jones · <strong>Kommunikations</strong>forschung in Spanien<br />

2.2 Das thematische Spektrum der Forschung<br />

Die spanische <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong> hat sich in den letzten Jahren mit unterschiedlichen<br />

Aspekten befasst, neben historischen und politischen Arbeiten sowie Forschungsarbeiten<br />

über die Struktur der <strong>Medien</strong> in Spanien sind auch Studien über internationale<br />

Kommunikation, Inhaltsanalysen, Theorie- und Methodenforschung entstanden<br />

sowie Arbeiten zur Erforschung der neuen Berufsfelder in der „sozialen Kommunikation“,<br />

insbesondere im Pressewesen, beim Film und in der Werbung. Im Rahmen<br />

dieses Überblicksbeitrags können nicht alle Forschungsergebnisse angemessen dargestellt<br />

und erwähnt werden. Im Folgenden sollen nur diejenigen Themenbereiche genannt<br />

werden, die für die spanischen Forscher in den letzten Jahren von besonderem Interesse<br />

waren, gegliedert nach den unterschiedlichen theoretischen Perspektiven.<br />

2.2.1 <strong>Medien</strong>geschichte<br />

Aus historischer Perspektive wurden etliche Arbeiten über den Film, den Hörfunk, das<br />

Fernsehen und die Presse erstellt, darunter vor allem viele Werke über die Geschichte<br />

der Filmkunst national und in den Regionen, in der Regel in einer besonderen Periode.<br />

Besonders herausragend sind hier die Arbeiten von Autoren wie Josep Maria Caparrós<br />

Lera, Miquel Porter Moix, Román Gubern, Antonia Lara García und Ángel Luis Hueso<br />

Montón. Eine Bibliographie mit Arbeiten zur Geschichte der Werbung, der politischen<br />

Propaganda oder des Hörfunks fiele dagegen mager aus.<br />

In den letzten Jahren wurden zusätzlich zu einigen allgemeineren Darstellungen Arbeiten<br />

veröffentlicht, die sich mit den Ursprüngen und mit der Zeit des Franco-Regimes<br />

beschäftigen. Erwähnenswert sind hier die Arbeiten von Jesús Pizarroso Quintero über<br />

den Bereich Propaganda und von Ángel Faus Belau, Rosa Franquet, Carmelo Garitaonandia,<br />

Lorenzo Díaz und Luis Ezcurra Carrillo über den Rundfunk.<br />

Zur Geschichte des Fernsehens wurden einige Monographien veröffentlicht, die die<br />

Rolle der öffentlichen, staatlichen und regionalen Sender behandeln, es fehlt jedoch noch<br />

immer ein umfassendes <strong>wissenschaft</strong>liches Werk, das bis in die heutige Zeit reichen würde.<br />

Die beachtenswertesten Arbeiten in diesem Gebiet sind die von Josep M. Baget<br />

Herms, Jesús García Jiménez, Luis Gutiérrez Espada, dem verstorbenen Eduardo Gorostiaga<br />

und dem bereits erwähnten Lorenzo Díaz.<br />

Die <strong>wissenschaft</strong>liche Tätigkeit im Bereich der Pressegeschichte ist hingegen sehr umfangreich.<br />

Hier erschienen Hunderte von Arbeiten über einzelne Presseerzeugnisse und<br />

über unterschiedliche historische Perioden, die sich fast immer auf eine einzelne Region,<br />

Provinz oder Örtlichkeit beziehen. Unter den zahlreichen Arbeiten in diesem<br />

Bereich können einige Autoren hervorgehoben werden, wie Celso Almuiña Fernández,<br />

Jesús T. Álvarez Fernández, María Cruz Seoane, María Dolores Sáiz, Josep Lluís Gómez<br />

Mompart, Amparo Moreno, Joan Manuel Tresserras, Jaume Guillamet, Josep M.<br />

Figueres, José Javier Sánchez Aranda, Carlos Barrera del Barrio, Antonio Laguna Platero<br />

und Andreu Martínez Gallego sowie die kürzlich verstorbenen Ricard Blasso, José<br />

Altabella und Alfonso Braojos Garrido, und auch die französischen Hispanisten Paul<br />

Aubert und Jean-Michel Desvois.<br />

Über die Geschichte des Buches in Spanien – Verlage, Verbreitung, Leserschaft – sind<br />

schließlich in den letzten Jahren einige sehr wichtige Arbeiten veröffentlicht worden,<br />

darunter sollten besonders die Beiträge von Hipólito Escolar Sobrino (dem ehemaligen<br />

Direktor der Nationalbibliothek) und diejenigen des französischen Hispanisten Jean-<br />

François Botrel hervorgehoben werden.<br />

539


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

2.2.2 <strong>Medien</strong>politik und <strong>Medien</strong>system<br />

Die veröffentlichten Studien über politische, ökonomische und strukturelle Aspekte der<br />

<strong>Medien</strong> können danach klassifiziert werden, welche räumliche Dimension der Kommunikation<br />

gewählt wurde, die transnationale, die nationale, die regionale oder die lokale,<br />

und danach, ob sie sich mit dem Gesamtsystem der <strong>Medien</strong> oder aber mit einem spezifischen<br />

Medium beschäftigen.<br />

Über den so genannten „Katalanischen <strong>Kommunikations</strong>raum“ etwa, der für einige<br />

Autoren ausschließlich das Gebiet der heutigen Region Katalonien umfasst, für andere<br />

aber alle Gebiete, die unter dem Einfluss der katalanischen Sprache und Kultur stehen –<br />

insbesondere Katalonien, Valencia, die Balearen, Andorra und Roussillon –, sind einige<br />

sehr wichtige Arbeiten veröffentlicht worden, die als Grundgerüst für eine „Katalanische<br />

Schule“ der <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong> bezeichnet werden könnten. Unter den<br />

herausragendsten Vertretern dieser Schule finden sich Joan M. Corbella, Josep Gifreu,<br />

Maria Corominas und Miquel de Moragas. Im Baskenland gibt es eine ähnliche, wenn<br />

auch weniger stark ausgeprägte Tradition, deren wichtigste Autoren Carmelo Garitaonandia<br />

und Ramón Zallo sind.<br />

Arbeiten zur lokalen Kommunikation haben in den letzten Jahren vor allem in Katalonien<br />

besondere Bedeutung erlangt; sie widmen sich sowohl der Presse als auch dem<br />

Hörfunk und dem Fernsehen. Als Forscher sind hier vor allem Jaume Guillamet, Miquel<br />

de Moragas und Emilio Prado zu nennen.<br />

Die Forschungsrichtung „Internationale Kommunikation“ ist noch wenig entwickelt,<br />

federführend sind hier Autoren wie Esteban López-Escobar, Pedro Lozano Bartolozzi,<br />

Sara Núñez de Prado, Antonio Sánchez-Bravo Cenjor, Josep Gifreu und Marcial Murciano.<br />

Rein ökonomische Arbeiten gibt es nur sehr wenige und sie beschäftigen sich vorrangig<br />

mit Phänomenen wie der Konzentration im Unternehmenssektor und der Internationalisierung;<br />

einschlägige Autoren sind hier Enrique Bustamante, Bernardo Díaz<br />

Nosty, Rosario de Mateo Pérez, Alfonso Sánchez-Tabernero, Juan Carlos Miguel de<br />

Bustos, Ramón Zallo und Lluís Bonet. Betriebswirtschaftliche Studien über „Das Unternehmen<br />

im Informationssektor“ sind zudem vor allem von Alfonso Nieto Tamargo<br />

und Francisco Iglesias sowie vom kürzlich verstorbenen José Tallón durchgeführt und<br />

publiziert worden. Insgesamt gibt es nur wenige Arbeiten, die sich mit anderen Ländern<br />

– speziell europäischen oder amerikanischen – beschäftigen.<br />

2.2.3 <strong>Kommunikations</strong>theorie und -soziologie<br />

Die Arbeiten im Bereich <strong>Kommunikations</strong>theorie und -soziologie lassen sich unterteilen<br />

in diejenigen, die sich für eine allgemeine theoretische Perspektive interessieren,<br />

und diejenigen, die sich soziolinguistisch der Analyse der Sprache, der Wirkungs- und<br />

Zuschauer-/Hörerforschung oder der Gesamtheit des <strong>Kommunikations</strong>prozesses widmen.<br />

Hierzu gibt es eine Reihe von Arbeiten, die sich mit dem sozialen Gebrauch der Kommunikation<br />

durch die Spanier beschäftigen, sowie öffentlich oder privat finanzierte Untersuchungen<br />

über Konsumgewohnheiten, <strong>Medien</strong>ausstattung und den kulturellen<br />

Hintergrund. Erwähnenswert sind hier unter anderem Gonzalo Abril Curto, Ángel Benito,<br />

Javier Davara Rodríguez, Jesús García Requena, Manuel Martín Serrano, Pedro<br />

Orive Riva, José Luis Piñuel Raigada, Vicente Romano García, Antonio Sánchez Bravo,<br />

Felicísimo Valbuena de la Fuente, José Vidal Beneyto, Jordi Berrio, María Dolores Mon-<br />

540


Jones · <strong>Kommunikations</strong>forschung in Spanien<br />

tero, Miquel de Moragas, Manuel Parés i Maicas, Miquel Rodrigo Alsina, Enric Saperas<br />

und Jorge Urrutia.<br />

Als Forscher in dem deutlich hiervon getrennten Bereich der visuellen Kommunikation<br />

können Agustín García Matilla, Jesús González Requena, Justo Villafañe, Jordi Pericot,<br />

Román Gubern, Lorenzo Vilches, Santos Zunzunegui und Joan Costa genannt<br />

werden.<br />

2.2.4 Journalismus<br />

Die Forschung im Bereich des Journalismus beschäftigt sich theoretisch und empirisch<br />

vorwiegend mit den Printmedien und dort mit Inhaltsanalysen, mit den unterschiedlichen<br />

Gattungen und Sonderformen sowie mit dem Berufsalltag in den Redaktionen. Besonders<br />

nennenswert sind hier Héctor Borrat, Lorenzo Gomis, Josep M. Casasús, Manuel<br />

Fernández Areal, José Luis Dader, Javier Fernández del Moral, José Luis Martínez<br />

Albertos, Luis Núñez Ladevéze, José Francisco Sánchez und María Pilar Diezhandino<br />

Nieto.<br />

2.2.5 Informationstechnologie<br />

Der Umfang an Publikationen zum Bereich der Informationstechnologien – hauptsächlich<br />

gefördert durch Fundesco – ist in Spanien nicht sehr groß; die entsprechenden Studien<br />

beschäftigen sich vorrangig mit Aspekten der Infrastruktur und mit den neuen <strong>Medien</strong>.<br />

Mit öffentlichen Mitteln sind in den letzten Jahren einige Weißbücher gefördert<br />

worden, die sich mit den <strong>Kommunikations</strong>-Infrastrukturen beschäftigen und Leitlinien<br />

für eine entsprechende Politik entwickeln sollten. Zugleich haben sich verschiedene<br />

Wissenschaftler mit den derzeitigen und zukünftigen Möglichkeiten der Neuen <strong>Medien</strong><br />

beschäftigt: mit Video, dem Satelliten- und Kabelfernsehen, Bildschirm- und Videotext,<br />

elektronischer Werbung und Multimedia. Zu diesen Forschern gehören unter anderem<br />

Adolfo Castilla und Emilio Lera, Mariano Cebrián Herreros, Emilio Prado, Javier Díaz<br />

Noci und Manuel Castells.<br />

2.2.6 Dokumentation und elektronische Information<br />

In dem besonderen Bereich der Dokumentation, der Datenbanken und der elektronischen<br />

Information sind Ernest Abadal, Maria Eulàlia Fuentes, Lluís Codina, Robert<br />

Coll Vinent, Antonio L. García Gutiérrez, Emilia Currás, Félix Sagredo Fernández, Eugenio<br />

Galdón, Nuria Amat und die Brüder José und Alfonso López Yepes zu nennen.<br />

2.2.7 Ethik, Recht und politische Kommunikation<br />

In Spanien, das Ende der 70er Jahre mit der Einführung der Demokratie den gesamten<br />

rechtlichen Rahmen im Feld der Kommunikation veränderte, ist die auf ethische und<br />

rechtliche Fragen spezialisierte Forschung in den letzten Jahren sehr umfangreich gewesen.<br />

Besonders erwähnenswert sind hier Forscher wie Porfirio Barroso Asenjo, José<br />

María Desantes Guanter, Enrique Gómez Reino, Teodoro González Ballesteros, Jesús<br />

González Bedoya, Francisco Vázquez Fernández, César Molinero, Carlos Soria, Marc<br />

Carrillo und Lluís de Carreras.<br />

In jüngster Zeit hat sich zudem die Forschungsrichtung „Politische Kommunikation“<br />

etabliert, die auf etwas ältere Arbeiten zur Öffentlichen Meinung aufbaut. Nennen las-<br />

541


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

sen sich hier José Luis Dader, Cándido Monzón Arribas, Alejandro Muñoz Alonso, Javier<br />

del Rey, Juan Ignacio Rospir, José A. González Casanova, Jordi Berrio und Manuel<br />

Parés i Maicas.<br />

2.2.8 <strong>Medien</strong>pädagogik<br />

Die jüngeren medienpädagogischen Studien lassen sich vorrangig nach dem in ihnen untersuchten<br />

Medium untergliedern: Presse, Radio, Film, Fernsehen, Video oder neue<br />

multimediale Technologien. Wichtige Vertreter dieser Forschungsrichtung sind Magda<br />

Albero, Mar de Fontcuberta, José Manuel Pérez Tornero, Joan Farrés und Agustín García<br />

Matilla.<br />

2.2.9 Werbung, Marketing und Public Relations<br />

Der Forschungsbereich Werbung, Marketing, Public Relations und Unternehmenskommunikation<br />

hat sich – mit dem starken Wachstum seines Gegenstandsbereichs, des<br />

Werbemarkts und den Veränderungen im spanischen Unternehmenssektor – in den<br />

letzten Jahren sehr stark entwickelt. Die Veränderungen im Unternehmenssektor haben<br />

sich vor allem durch den Eintritt internationaler Unternehmen in den spanischen<br />

Markt ergeben und wurden auf Grundlage des EU-Vertrags und des spanischen<br />

EG-Beitritts 1986 ermöglicht, wodurch der Umgang mit wirtschaftlichen, technischen<br />

und menschlichen Ressourcen neu strukturiert wurde. Neben Studien zum kreativen<br />

Potenzial des Marktes wurden etliche Arbeiten zur Organisation, Regulierung und<br />

Unternehmensverwaltung veröffentlicht, wenige auch zur Geschichte und Ökonomie.<br />

Als Autoren zu nennen sind José Luis Arceo Vacas, Juan Benavides Delgado, José<br />

María de la Cuesta Rute, José Luis Piñuel Raigada, José Ramón Sánchez Guzmán, José<br />

Luis León, Mario Herreros Arconada, Antoni Noguero, Pere Soler, Clemente Ferrer<br />

Roselló und Joan Costa sowie der kürzlich verstorbene Juan Antonio González Martín.<br />

3. Schlussfolgerungen<br />

Die oben genannten Aspekte zeichnen ein zumindest skizzenhaftes Bild über die<br />

Schwerpunkte der Forschung im Bereich der Sozialen Kommunikation in den letzten<br />

Jahren in Spanien. Es lässt sich resümieren, dass sich einige theoretische Fachrichtungen<br />

bereits ausreichend entwickelt haben: so die <strong>Kommunikations</strong>soziologie und die Erforschung<br />

der Öffentlichen Meinung, des politischen Rahmens und der <strong>Medien</strong>struktur –<br />

besonders in Katalonien und im Baskenland –, die Geschichte des Presse- und Filmwesens,<br />

die Journalismusforschung, die Soziosemiotik und die Inhaltsanalysen sowie die<br />

Erforschung der Unternehmenskommunikation. Auch die Forschung über Umwelt-,<br />

Gesundheits- und Frauenaspekte und über die Beziehung zwischen Sport und <strong>Medien</strong><br />

schreitet voran.<br />

Andere Forschungsrichtungen befinden sich hingegen noch im Anfangsstadium, etwa<br />

jene über die wirtschaftlichen, psychologischen, künstlerischen oder anthropologischen<br />

Aspekte. Es fehlt auch noch an grundlegenden Studien zur alternativen, lokalen und regionalen<br />

Kommunikation und zum Bereich der vergleichenden Forschung (Vergleiche<br />

zwischen den <strong>Medien</strong>, zwischen Unternehmen, zwischen Regionen oder Ländern). Die<br />

Forschung im Bereich Neue <strong>Medien</strong> und Dienstleistungen sowie zu den elektronischen<br />

multimedialen Technologien steht erst am Beginn, da sich die bisherigen Arbeiten be-<br />

542


Jones · <strong>Kommunikations</strong>forschung in Spanien<br />

vorzugt auf traditionelle, sowohl gedruckte als auch audiovisuelle <strong>Medien</strong> konzentrieren.<br />

Auch lässt sich festhalten, dass sich die Forschung über <strong>Kommunikations</strong>phänomene<br />

in Spanien auf das <strong>Medien</strong>system konzentriert. Dies ergab sich aus der Gründungs- und<br />

Entstehungsgeschichte der informations- und kommunikations<strong>wissenschaft</strong>lichen Fakultäten,<br />

die die <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong>ler ausgebildet haben. So entstanden bevorzugt<br />

Arbeiten hemerographischen oder historischen Charakters und Analysen über<br />

Inhalte, Rezipienten und die Wirkung der <strong>Medien</strong>; andere wichtige Aspekte menschlicher<br />

Kommunikation aber wurden vernachlässigt.<br />

Es gibt ein großes Interesse an Aus- und beruflicher Weiterbildung, das sich in der<br />

Gründung verschiedenster Arten von Kursen, Seminaren, Symposien und Master-Studiengängen<br />

für alle möglichen Spezialisierungen im Berufsfeld „Kommunikation“ niedergeschlagen<br />

hat – vom Sport über die Wissenschaft bis hin zur Wirtschaft – und immer<br />

mehr private Schulungszentren – einige US-amerikanischen Ursprungs – hat entstehen<br />

lassen, die sich der beruflichen Bildung im Bereich Journalismus, audiovisuelle<br />

Kommunikation, Werbung, Public Relations und Marketing widmen.<br />

Allerdings lässt sich im Bereich der <strong>wissenschaft</strong>lichen Beschäftigung mit den <strong>Medien</strong><br />

auch eine leichte Stagnation nach der großen Steigerung in den letzten Jahren erkennen.<br />

An den Universitäten wird zwar vermehrt promoviert, weil dies weniger kostspielig<br />

ist als der Erwerb eines Master-Titels, und Tausende junger Menschen schreiben sich<br />

hierfür ein, weil sie sich so bessere Berufschancen und eine Erweiterung des im Verlauf<br />

des Studiums erworbenen Wissens erhoffen. Lediglich 10 bis 20 Prozent beenden jedoch<br />

ihre Promotion und erhalten den Doktortitel. Außerdem fehlt es an anhaltendem Interesse<br />

für ein Forschungsfeld: Nachdem ein Studienplatz erst einmal mit viel bürokratischem<br />

Aufwand errungen worden ist, scheint das Interesse am Thema zu schwinden;<br />

vielleicht, weil sich in den Abteilungen der Universitäten wenig Anreize finden lassen.<br />

Diese Situation ist noch viel dramatischer bei den Hunderten von lateinamerikanischen<br />

Studenten, die jährlich nach Spanien kommen, um hier einen Abschluss zu erwerben,<br />

den es in ihren Ländern – außer in Brasilien – nicht gibt, von denen aber nur wenige ihr<br />

Studium erfolgreich abschließen.<br />

Auch ein Teil der Lehrkräfte scheint im Zuge der wachsenden Bürokratisierung des<br />

Lehrkörpers das Interesse daran verloren zu haben, neue Forschungen zu beginnen und<br />

der Wissenschaft neue Perspektiven zu eröffnen. Hinzu kommt, dass einige von ihnen<br />

schon in jungen Jahren zu einer Professur, der höchsten akademischen Auszeichnung,<br />

gekommen sind, und quasi eine Barriere für neue Generationen von Forschern darstellen,<br />

die sich mit niederrangigen Posten in Randpositionen zufrieden geben oder ihre<br />

Forschungen ganz aufgeben müssen, da es für sie keine Lehrperspektiven gibt, es an Fördergeldern<br />

mangelt und die Möglichkeiten für einen Berufseinstieg zu akzeptablen Bedingungen<br />

gering sind.<br />

Insgesamt lässt sich sagen, dass die Bewertung der <strong>Kommunikations</strong>- und <strong>Medien</strong>forschung<br />

in den letzten Jahren positiv ausfällt und sich der Stand der einzelnen Forschungsrichtungen<br />

durchaus mit dem in anderen westlichen Ländern vergleichen lässt.<br />

Es gilt jedoch noch viele Bereiche und Aspekte zu erforschen und noch viele historische<br />

Phasen abzudecken. Dies wird sicherlich immer schwerer in Einzelprojekten realisierbar<br />

sein, so dass interdisziplinäre oder internationale Teams eingerichtet werden sollten,<br />

um zudem eine theoretische und geographische Isolierung zu vermeiden. Es wird also<br />

notwendig sein, die bisherige <strong>Kommunikations</strong>- und <strong>Medien</strong>forschung in Spanien zu<br />

stärken, und zwar unter Mitwirkung von Experten aus anderen Wissenschaftszweigen.<br />

Darüber hinaus ist es besonders wichtig, neue Projekte unter Mitwirkung internationa-<br />

543


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

ler Forschungsteams zu entwickeln. Dies ergibt sich vor allem aus den immer komplexer<br />

werdenden, voneinander abhängigen <strong>Kommunikations</strong>phänomenen.<br />

Übersetzung aus dem Spanischen von Rafael Reimann Igoa<br />

4. Bibliographie<br />

Altabella, José (1983): Fuentes crítico-bibliográficas para la historia de la prensa provincial española.<br />

Madrid: FCI de la UCM, Doktorarbeit, 646 S.<br />

Beneyto, Juan et al. (1969) : Repertorio de información española: centros y especialistas españoles<br />

dedicados al estudio y la investigación de los medios de comunicación de masas. Madrid : Ministerio<br />

de Información y Turismo, 58 S.<br />

Cáceres, María Dolores; Carmen Caffarel (1993) : La comunicación en España: planteamientos<br />

temáticos y metodológicos entre 1987 y 1990. In: La investigación en la comunicación. Madrid :<br />

AICE, S. 23 – 30.<br />

Caffarel, Carmen; Milagros Domínguez; Vicente Romano (1989): El estado de la investigación de<br />

comunicación en España (1978-1987). In: CINCO, Nº3. Madrid: AICE, S. 45 – 57.<br />

Equiza Escudero, Pilar (1986): Juan Beneyto, periodismo y universidad. Alicante: Caja de Ahorros<br />

Provincial, 217 S.<br />

Gómez Mompart, Josep Lluís (ed.) (1996): Metodologías para la Historia de la Comunicación Social.<br />

Bellaterra: UAB, 108 S.<br />

Herreros Arconada, Mario (1994): Presente y futuro de la investigación publicitaria. In: Área 5,<br />

Nº 3. Madrid: UCM, S. 78 – 89.<br />

Jones, Daniel E. (ed.) (1995a): Directori espanyol d’investigació en comunicació, 1995. Barcelona:<br />

CEDIC, 589 S.<br />

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In: Situación, Nº 4. Bilbao: Servicio de Estudios del BBV, S. 295 – 312.<br />

Jones, Daniel E. (1998): Investigación sobre comunicación en España: evolución y perspectivas. In:<br />

Zer, Nº 5. Bilbao: Universidad del País Vasco, S. 13 – 51.<br />

Jones, Daniel E. (1999): Investigaciones en España sobre la comunicación iberoamericana. In:<br />

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S. 229 – 268.<br />

Jones, Daniel E.; Jaume Baró i Queralt; Carmelo Landa Montenegro; José Antonio Ontalba<br />

Ruipérez (2000): Investigación sobre Comunicación en España: aproximación bibliométrica a<br />

las tesis doctorales, 1926–1998. Barcelona: ComCat, 152 S.<br />

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In: Mª Eulàlia Fuentes i Pujol (ed.), Manual de documentación periodística. Madrid: Síntesis,<br />

S. 77 – 88.<br />

Moragas, Miquel de (1981): Teorías de la comunicación: estudios sobre medios en América y Europa.<br />

Barcelona: Gustavo Gili, 362 S.<br />

Moragas, Miquel de (1986): Europa Sur: desequilibrios teóricos y geográficos. In: Telos, Nº 7. Madrid:<br />

FUNDESCO, S. 62 – 83.<br />

Moragas, Miquel de (1988): Los estudios sobre comunicación y nuevas tecnologías en España:<br />

indicaciones sobre sus antecedentes y estado actual. In: CINCO, Nº 1. Madrid: AICE,<br />

S. 11 – 19.<br />

Moragas, Miquel de (1990) : Delante de los negocios, detrás de los acontecimientos: nuevos problemas<br />

de la sociología de la comunicación de masas en España, 1986-1990. In : Telos, Nº 22.<br />

Madrid : FUNDESCO, S. 58 – 64.<br />

Moragas, Miquel de (1997) : Las ciencias de la comunicación en la ‘sociedad de la información’. In :<br />

Retos de la Sociedad de la Información .Salamanca : UPSA, S. 149 – 156.<br />

Parés i Maicas, Manuel; Lluís Badia; Izaskun M. Araiko (1988): Spanish Bibliography on Mass<br />

Communication: With a Profile on the Main Spanish Academic and Scientific Institutions in<br />

the Field of Mass Communication. Bellaterra: UAB, 304 S.<br />

544


Parés i Maicas, Manuel (1997a): El sistema español de comunicaciones: estructura, formación de los<br />

profesionales e investigación. In: Anuário Unesco/Umesp de Comunicação Social, Nº 1. São<br />

Bernardo do Campo: UMESP, S. 11 – 40.<br />

Parés i Maicas, Manuel (ed.) (1997b): La recerca europea en comunicació social. In: Anàlisi, Nº 21.<br />

Bellaterra: UAB, S. 21 – 274.<br />

Urabayen, Miguel (1994): La investigación sobre comunicación social en España: panorama general.<br />

In: Cultura y comunicación social: América Latina y Europa ibérica. Barcelona: CEDIC,<br />

S. 81 – 86.<br />

Adressen<br />

Jones · <strong>Kommunikations</strong>forschung in Spanien<br />

Universidad Autónoma de Barcelona – Facultad de Ciencias de la Comunicación, Edificio I, 08193<br />

Bellaterra, Spanien, http://blues.uab.es/~icap32/menu_cas.htm<br />

Universidad Complutense de Madrid – Facultad de Ciencias de la Información, Avda. de la Complutense<br />

s/n, 28040 Madrid, Spanien, http://www.ucm.es/info/ccinf/dptoscci.htm<br />

Universidad de Navarra – Facultad de Comunicación, Edificio de Bibliotecas, Universidad de Navarra,<br />

31080 Pamplona, Spanien, http://web1.cti.unav.es/un/departamentos/cultura_y_comunicacion.html<br />

Universidad del País Vasco – Facultad de Ciencias Sociales y de la Comunicacion, Barrio Sarriena,<br />

s/n, 48940 Leioa, Spanien, http://www.ehu.es/csc/cas/castellano.html<br />

Universidad Ramon Llull – Facultad de Ciencias de la Comunicación Blanquerna, Valdonzella, 23,<br />

08001 Barcelona, Spanien, http://www.url.es<br />

Universidad Pompeu Fabra – Instituto Universitario del Audiovisual, Àrea de França, Campus de<br />

al Ciutadella, Passeig de Circumval·lació 8, 08003 Barcelona, Spanien, http://www.iua.upf.<br />

es/iua_e.htm<br />

Societat Catalana de Comunició, Carrer del Carme 47, 08001 Barcelona, Spanien, http://www.mediapolis.es/scc/<br />

Instituto Oficial de Radio y Televisión, Ctra. Dehesa de la Villa s/n, 28040 Madrid, Spanien,<br />

http://www.rtve.es/oficial/iortv/iortv.htm<br />

Institut de la Comunicació (InCom) – Universidad Autónoma de Barcelona, Edificio I, 08193 Bellaterra,<br />

Spanien, http://www.portalcomunicacion.com<br />

545


Zur Funktion nichtkommerzieller und Freier Radios<br />

Anmerkungen zum Aufsatz von Jan Pinseler in M&K 3/2001<br />

Klaus-Jürgen Buchholz<br />

DISKUSSION<br />

Auf der Basis einer Fallanalyse zu den Möglichkeiten des alternativen Hörfunks versucht<br />

Jan Pinseler in dem Aufsatz „Sprechen im freien Radio“, der in M&K, Heft 3/2001<br />

erschienen ist, nachzuweisen, dass die „Sprache des Alltags“ ein wesentliches kennzeichnendes<br />

Merkmal Freier Radios sei. Freies Radio lebe geradezu „von einem ungenauen<br />

Sprachgebrauch, der das Nicht-ganz-Verstehen und das Missverständnis“ einkalkuliere.<br />

Vor dem Hintergrund aktueller Forschungsergebnisse, insbesondere zu<br />

nichtkommerziellem lokalen Hörfunk (NKL) in Niedersachsen und Hessen, erscheinen<br />

das methodische Vorgehen, die beschriebenen Befunde und die Schlussfolgerungen des<br />

Autors jedoch äußerst fragwürdig.<br />

Obwohl sich die „Konversationsanalyse“ nur auf 12 Informationssendungen eines<br />

einzigen Freien Radios bezieht, hält es der Autor für „plausibel“ (ohne dies nachvollziehbar<br />

zu begründen), dass seine Ergebnisse „eine Verallgemeinerung für alle bundesdeutschen<br />

freien Radios“ erlauben. Der Autor verweist auf eine „ähnliche Praxis“ anderer<br />

Freier Radios – ohne aber zu wissen, wie diese (Programm-) Praxis aussieht, er hat<br />

sie ja nicht untersucht. Daher: Ich sehe diese Plausibilität nicht.<br />

Indem der Autor die erkennbaren Schwächen Freier Radios (wie auch anderer Formen<br />

des nichtkommerziellen Rundfunks), nämlich die (Nicht-)Anwendung des dem<br />

Medium adäquaten (journalistischen) „Handwerkszeugs“ zum „Potenzial freier Radios“<br />

erhebt, erweist sich seine Untersuchung nicht als eine empirische, sondern als normative.<br />

Dass „freies Radio gar keinen Journalismus (macht)“ (sondern z.B. das „Medium<br />

entzaubert“), ist m.E. eine Behauptung, die sich weder aus theoretischen Überlegungen<br />

des Autors ableiten lässt noch eine Position, die die Freien Radios selbst (in ihrer<br />

Mehrheit) einnehmen dürften. Um sich z. B. vom Offenen Kanal bzw. seiner<br />

Arbeitsweise abzugrenzen, betonen gerade die Freien Radios, so meine Erfahrung, ihre<br />

stärker journalistische Ausrichtung.<br />

M. E. unterscheidet die nichtkommerziellen Lokalradios (einschließlich der Freien<br />

Radios) von etablierten <strong>Medien</strong> zunächst einmal die i.d.R. auch medienrechtlich zugewiesene<br />

Funktion: Sie sollen, als Konkurrenz, die bestehenden <strong>Medien</strong>angebote in der<br />

Region „publizistisch ergänzen“. Die „freien“ unter den nichtkommerziellen Lokalradios<br />

verdichten dieses Ziel – nach meiner Kenntnis immer noch – auf den Begriff bzw.<br />

das Schlagwort der „Gegenöffentlichkeit“. Der „Bundesverband Freier Radios“ (BFR),<br />

der zurzeit 22 der lizenzierten NKL und zehn Radioinitiativen ohne medienrechtliche<br />

Zulassung organisiert, 1 brachte den eigenen Anspruch in seiner 1995 verabschiedeten<br />

Charta folgendermaßen auf den Punkt: Es sollen „gesellschaftliche Zusammenhänge<br />

aufgedeckt“ werden, die „in herkömmlichen <strong>Medien</strong> nicht aufgedeckt werden“. Dieses<br />

will man erreichen, indem „Personen oder Gruppen, die wegen ihrer gesellschaftlichen<br />

Marginalisierung oder sexistischen und rassistischen Diskriminierung in den <strong>Medien</strong><br />

kaum oder nicht zu Wort“ kommen, die „Möglichkeit der unzensierten Meinungs-<br />

1 Bundesweit haben die Landesmedienanstalten derzeit 38 nichtkommerzielle Lokalradios lizenziert.<br />

546


Buchholz · Anmerkungen zu Pinseler<br />

äußerung“ erhalten. 2 Das sind Grundsätze, die regelmäßig auch in den Redaktionsstatuten<br />

wiederzufinden sind, die sich die „Freien Radios“ üblicherweise geben.<br />

Losgelöst vom Selbstverständnis „Freier Radios“ kann der Begriff der publizistischen<br />

Ergänzung als spezifischer Programmauftrag nichtkommerzieller Lokalradios (also eben<br />

nicht nur „Freier Radios“) konkretisiert werden. Dabei sind – unter Abgrenzung gegen<br />

Fetablierte Programmformate – die üblichen Vorgaben der Landesrundfunkgesetze nach<br />

Pluralität und Meinungsvielfalt zu berücksichtigen. Folgt man der Interpretation des<br />

Niedersächsischen Landesrundfunkgesetzes von Volpers et al., dann sollten NKL-Programme<br />

1. sich nicht nur inhaltlich/thematisch, sondern auch in der Präsentation von den Programmen<br />

etablierter kommerzieller und öffentlich-rechtlicher Hörfunkanbieter<br />

deutlich unterscheiden,<br />

2. in der lokalen Berichterstattung ihren Schwerpunkt haben,<br />

3. soziale, kulturelle und politische Aktivitäten des Sendegebietes einbinden sowie<br />

4. Gruppen, die ansonsten in medialen Angeboten unterrepräsentiert sind, Artikulationsmöglichkeiten<br />

eröffnen. 3<br />

Was kennzeichnet nun die Programme nichtkommerzieller Lokalradios in der Realität?<br />

Zunächst: Radiotypisch räumen auch die NKL der Musik einen breiten Raum ein,<br />

vielfach jedoch jenseits des Mainstreams. Zwischen den Sendern gibt es aber „deutliche<br />

quantitative und qualitative Unterschiede des Programms“, wie die Landesanstalt für<br />

Kommunikation Baden-Württemberg bereits 1996 in einer Stichtagsanalyse ihrer NKL<br />

feststellte. 4 Das gilt noch heute. Entscheidend sind nicht nur die Programmphilosophien<br />

(zum Beispiel Hörer- vs. Partizipationsorientierung), ebenso wichtig sind die materiellen<br />

Produktionsbedingungen. Und die sind im bundesweiten Vergleich sehr unterschiedlich.<br />

Volpers et al. (die die Programme der niedersächsischen NKL und die Reichweiten<br />

der hessischen NKL analysierten) charakterisieren die niedersächsischen NKL als<br />

„Mischformen zwischen Tagesbegleit- und Einschaltprogrammen“ – und raten zugleich<br />

von „einer nivellierenden Sichtweise“ ab. 5 Die Notwendigkeit der Differenzierung zeige<br />

sich bereits bei Betrachtung der hörfunkanalytischen Basiskategorien Wort- und<br />

Informationsanteil. In Niedersachsen variiert der Wortanteil der sechs NKL zwischen<br />

23 und 38 Prozent. Bei drei untersuchten NKL in Hessen schwankt er zwischen 23 und<br />

27 Prozent. 6 Für die NKL in Baden-Württemberg hat die dortige Landesmedienanstalt<br />

eine Bandbreite von 10 bis 43 Prozent ermittelt. 7 Das heißt, die NKL erreichen nicht ge-<br />

2 epd/Kirche und Rundfunk 48/1995, S. 16f.<br />

3 Volpers, Helmut/Detlef Schnier/Christian Salwiczek: Programme der nichtkommerziellen Lokalradios<br />

in Niedersachsen. Eine Programm- und Akzeptanzanalyse. Schriftenreihe der NLM,<br />

Bd. 10. Berlin 2000, S. 15.<br />

4 Funkkorrespondenz 1-2/1997, S. 25.<br />

5 Volpers, Helmut/Detlef Schnier/Christian Salwiczek: Programme der nichtkommerziellen Lokalradios<br />

in Niedersachsen. Eine Programm- und Akzeptanzanalyse. Schriftenreihe der NLM,<br />

Bd. 10. Berlin 2000, S. 193<br />

6 Brosius, Hans-Bernd/Stefan Weiler: Programmanalyse nichtkommerzieller Lokalradios in<br />

Hessen. Schriftenreihe der LPR-Hessen, Bd. 10. München 2000, S. 60; vgl. auch Merz, Pia: Bürgerfunk<br />

zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Organisations- und Programmstrukturen nichtkommerziellen<br />

lokalen Hörfunks in Hessen. In: Media Perspektiven 5/1998, S. 254.<br />

7 Landesanstalt für Kommunikation (Hrsg.): Nichtkommerzieller Lokalfunk in Baden-Württemberg.<br />

Stuttgart 2000, S. 51.<br />

547


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

nerell, sondern nur zum Teil Werte, die über den Vergleichswerten privater Formatradios<br />

und öffentlich-rechtlicher Servicewellen liegen. Bezogen auf das jeweilige Gesamtprogramm<br />

liegen die Informationsanteile der niedersächsischen NKL zwischen 15 bis<br />

30 Prozent, bezogen auf die Wortanteile reicht die Bandbreite von 62 bis 82 Prozent.<br />

Die niedersächsische Untersuchung verglich die Programmleistungen der NKL auch<br />

mit denen landesweiter Hörfunkprogramme und lokaler Printmedien. Ergebnis: Die<br />

NKL berichten zeitlich umfangreicher und thematisch vielfältiger über ihre Sendegebiete<br />

als die landesweit verbreiteten Radios. Bezogen auf das Informationsprogramm<br />

erreicht die lokale Berichterstattung Anteile von 59 bis 89 Prozent (für Hessen ermittelten<br />

Brosius und Weiler Werte von 21 bis 72 Prozent). Anders sieht die Situation im<br />

Vergleich zur lokalen Tagespresse aus. Sie leistet nach wie vor die umfangreichere Berichterstattung.<br />

Dennoch verbleibt ein erheblicher Anteil an Themen und Ereignissen,<br />

über die die NKL „exklusiv“ berichten. Insofern ergänzen die NKL das inhaltliche Angebot<br />

der Lokalpresse. Eine Thematisierungsfunktion der NKL für die anderen lokal<br />

berichtenden <strong>Medien</strong> konnte hingegen nicht festgestellt werden. Die NKL setzen (von<br />

Einzelfällen abgesehen) keine lokalen Themen auf die Tagesordnung, die dann von den<br />

anderen <strong>Medien</strong> übernommen werden. 8<br />

Die NKL-Programme sind thematisch vielfältig. Standortabhängig gibt es aber unterschiedliche<br />

inhaltliche Schwerpunkte. Kulturelle Beiträge haben in der Regel den<br />

größten Anteil am Informationsprogramm. Die niedersächsischen Ergebnisse deuten<br />

darauf hin, dass Politik/Wirtschaft/Soziales als wesentlicher Kern der Hardnews insbesondere<br />

bei solchen NKL einen hohen Stellenwert haben, die dem Leitbild öffentlichrechtlichen<br />

Rundfunks und/oder der Gegenöffentlichkeit folgen. Schließlich sind auch<br />

Service und Lokalsport feste Programmbestandteile. Fremdsprachige Sendungen findet<br />

man vor allem bei NKL in Ballungsräumen.<br />

Aktualität ist einer der entscheidenden Vorteile des Hörfunks gegenüber den Printmedien.<br />

Zwischen 49 und 76 Prozent z.B. der niedersächsischen NKL-Berichterstattung<br />

ist tagesaktuell. Damit kommen die NKL in der Spitze zwar an die Vergleichswerte privater<br />

(um 80 Prozent) und öffentlich-rechtlicher (über 90 Prozent) Servicewellen heran.<br />

Im Durchschnitt weisen sie aber doch eine geringere Tagesaktualität als die etablierten<br />

Programme auf. Einer der Gründe dafür dürfte in den besonderen Produktionsbedingungen<br />

der NKL zu suchen sein. Die redaktionelle Arbeit stützt sich wesentlich auf ehrenamtliche<br />

Mitarbeiter, die in zeitlicher und professioneller Hinsicht nicht beliebig disponibel<br />

sind.<br />

Die vorliegende Begleitforschung aus Hessen und Niedersachsen (eingeschränkt auch<br />

aus Baden-Württemberg) bescheinigt den NKL übereinstimmend, inhaltlich und thematisch<br />

der publizistischen Ergänzungsfunktion gerecht zu werden. Eher kritisch wird<br />

allerdings die beschränkte Formen- bzw. Darstellungsvarianz gesehen – die Pinseler, so<br />

scheint es mir, in seinem Aufsatz zu legitimieren versucht.<br />

Volpers et al. vermuten, dass „die NKL-Programmproduzenten die radiophonen<br />

Möglichkeiten des Hörfunks nicht kennen oder nicht für ihre Programmpraxis nutzbar<br />

machen wollen oder können.“ Ihr Berichterstattungsrepertoire wirke eher „spärlich“.<br />

„Akustische Möglichkeiten – neben Sprache, Musik und Jingles – wie Klänge, Hintergrundgeräusche,<br />

O-Töne, szenische Dokumentationen usw.“ würden kaum ausge-<br />

8 Volpers, Helmut/Detlef Schnier/Christian Salwiczek: Programme der nichtkommerziellen Lokalradios<br />

in Niedersachsen. Eine Programm- und Akzeptanzanalyse. Schriftenreihe der NLM,<br />

Bd. 10. Berlin 2000, S. 193f.<br />

548


Buchholz · Anmerkungen zu Pinseler<br />

schöpft, und „radiophone Experimente im Sinne einer formalen Weiterentwicklung des<br />

Mediums“ fänden „überhaupt nicht statt“. 9<br />

Das sind m.E. Ergebnisse, die deutlich im Widerspruch zu den Befunden – bzw. Bewertungen<br />

– von Pinseler stehen. Wenn er z. B. hinsichtlich eines Interviewablaufes feststellt,<br />

dass „die Agierenden im freien Radio in der Lage (sind), zwischen diesen Gesprächsformen“<br />

– Interviewender/Interviewter – „zu wechseln“, dann ist das, so meine<br />

Einschätzung, gerade kein bewusst eingesetztes Stilmittel, sondern geschieht aufgrund<br />

mangelnder Qualifikation derjenigen Person, die das Interview führt (bzw. eben nicht<br />

„führt“). Das hat nichts mit einer „Entzauberung des Mediums“ zu tun, das hat nichts<br />

damit zu tun, dass man „den Akteuren das Wort“ gibt. Das ist einfach nur unprofessionell.<br />

Apropos „den Akteuren das Wort geben“: Die niedersächsische NKL-Programmanalyse<br />

dokumentiert, dass auch im NKL – einschließlich der 2-3 NKL, die sich noch<br />

am stärksten dem Freien Radio verbunden fühlen – „Normalbürger“ eher nachrangig zu<br />

Wort kommen (20–50 % der Fälle). Deutlich höhere Anteile erreichen Personen aus den<br />

lokalen Führungseliten, lokale Funktions- und Entscheidungsträger „nachgeordneter“<br />

Bedeutung sowie Experten. 10<br />

Trotz der „handwerklichen Defizite“ bewertet die vorliegende Forschung in der Gesamtschau<br />

nichtkommerzielle lokale Radios als eine Bereicherung der Hörfunk- und<br />

<strong>Medien</strong>landschaft. Sie erfüllen wesentliche Teile ihres (gesetzlichen) Programmauftrages<br />

und ergänzen die lokale Publizistik. Aber: Ihre Programmpraxis ist, von Ausnahmen<br />

abgesehen, weniger „alternativ“ als ihr medientheoretischer Hintergrund, insbesondere<br />

die Ideologie des „Freien Radios“ erwarten lässt. Bemerkenswert ist das breite Spektrum<br />

der konkreten Programmrealisation der verschiedenen NKL. Es gibt somit nicht „das“<br />

NKL (und wohl auch nicht „das“ Freie Radio), sondern eine Vielfalt von Programmprofilen.<br />

11<br />

Inzwischen liegen neben Organisations- 12 und Inhaltsanalysen 13 auch Reichweitenstudien<br />

14 vor. Sie dokumentieren, dass das Publikum jene Programmleistungen „belohnt“,<br />

die auch der Gesetzgeber üblicherweise vom NKL erwartet – nämlich Information<br />

und Lokalbezug. Die Radios mit den vergleichsweise höchsten Wort- und Infor-<br />

9 Ebd., S. 194.<br />

10 Ebd., S. 46ff.<br />

11 Ebd., S. 196f.<br />

12 Rager, Günther/Lars Rinsdorf: Kommunikatoren im nichtkommerziellen lokalen Hörfunk in<br />

Niedersachsen. Eine Organisationsanalyse. Schriftenreihe der NLM, Bd. 9. Berlin 2000; Fleming,<br />

Jens u. a.: Organisations- und <strong>Kommunikations</strong>struktur nichtkommerzieller Lokalradios<br />

in Hessen. Schriftenreihe der LPR-Hessen, Bd. 11. München 2000.<br />

13 Siehe Volpers, Helmut/Detlef Schnier/Christian Salwiczek: Programme der nichtkommerziellen<br />

Lokalradios in Niedersachsen. Eine Programm- und Akzeptanzanalyse. Schriftenreihe der<br />

NLM, Bd. 10. Berlin 2000, S: 15. Siehe auch Brosius, Hans-Bernd/Stefan Weiler: Programmanalyse<br />

nichtkommerzieller Lokalradios in Hessen. Schriftenreihe der LPR-Hessen, Bd. 10.<br />

München 2000, S. 60; vgl. auch Merz, Pia: Bürgerfunk zwischen Anspruch und Wirklichkeit.<br />

Organisations- und Programmstrukturen nichtkommerziellen lokalen Hörfunks in Hessen. In:<br />

Media Perspektiven 5/1998, S. 254.<br />

14 Emnid-Institut: Die niedersächsischen Bürgermedien und ihr Publikum. Eine Nutzungs- und<br />

Reichweitenanalyse. Schriftenreihe der NLM, Bd. 11. Berlin 2001; Volpers, Helmut/Christian<br />

Salwiczek/Detlef Schnier: Image- und Akzeptanzuntersuchung nichtkommerzieller Lokalradios<br />

in Hessen. Schriftenreihe der LPR-Hessen, Bd. 13. München 2001<br />

549


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

mationsanteilen sowie starkem Lokalbezug haben auch die höchsten Reichweiten. In<br />

Niedersachsen ist es für die Hälfte der Hörer (im so genannten Weitesten Hörerkreis,<br />

WHK) „sehr wichtig“ und für knapp 40 Prozent „ziemlich wichtig“, dass die NKL über<br />

Themen berichten, die andere <strong>Medien</strong> vernachlässigen. 15 Das ist im Übrigen auch eines<br />

der stärksten Motive, im NKL (oder Freien Radio) aktiv mitzuarbeiten. Rund zwei<br />

Drittel der NKL-Aktiven treibt dieses, den Publikumserwartungen entsprechende Interesse<br />

an. 16 Ausdrücklich wird von der Hörerschaft auch die lokale Themenorientierung<br />

gewünscht: Dass ausführlich über die Region informiert wird, halten 45 Prozent<br />

für „sehr wichtig“ und 47 Prozent für „ziemlich wichtig“. 17<br />

Diesen Erwartungen kommen die NKL weitgehend, wenn auch im Einzelfall in unterschiedlichem<br />

Umfang, nach. Interessant ist m.E., dass gerade jene NKL, die sich der<br />

Idee des Freien Radios verpflichtet fühlen, tendenziell den geringsten Lokalbezug aufweisen<br />

(und die geringsten Reichweiten). Für deutlich weniger wichtig halten die Hörer,<br />

dass NKL „politisch klar Position beziehen“ oder „provozieren“ 18 – was sich durchaus<br />

als Absage an den politischen Impetus „Freier Radios“ interpretieren lässt – und ich<br />

denke auch als Absage an die von Pinseler postulierte „Subjektivität“ Freier Radios.<br />

Wie die obigen Ausführungen zeigen, ist es nicht (mehr) richtig, dass die <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong><br />

Freie Radios (bzw. NKL) „fast vollständig ignoriert“, wie Pinseler<br />

in der Einführung seines Aufsatzes behauptet. Aktuelle und empirisch fundierte Organisations-,<br />

Programm- und Nutzungsanalysen liegen sowohl für Hessen als auch für<br />

Niedersachsen vor und sind in den Schriftenreihen der jeweiligen Landesmedienanstalt<br />

veröffentlicht. Eine aktuelle Übersicht über die NKL- bzw. Freie Radio-Landschaft in<br />

Baden-Württemberg einschließlich einiger Forschungsergebnisse zu Programm und<br />

Nutzung hat die Stuttgarter Landesanstalt für Kommunikation letztes Jahr veröffentlicht.<br />

Und mit dem Handbuch „Interview ist nicht gleich Interview“ von Traudel Günnel<br />

gibt es seit zwei Jahren eine (erste) praktische Handreichung gezielt für die medienpraktische<br />

Ausbildung im Bürgerrundfunk. 19<br />

Ich vermute, wären diese Quellen bei der Untersuchung des „Sprechens im freien Radio“<br />

berücksichtigt worden, die Schlussfolgerungen des Autors wären dann andere?<br />

15 Emnid-Institut: Die niedersächsischen Bürgermedien und ihr Publikum. Eine Nutzungs- und<br />

Reichweitenanalyse. Schriftenreihe der NLM, Bd. 11. Berlin 2001, S. 26.<br />

16 Rager, Günther/Lars Rinsdorf: Kommunikatoren im nichtkommerziellen lokalen Hörfunk in<br />

Niedersachsen. Eine Organisationsanalyse. Schriftenreihe der NLM, Bd. 9. Berlin 2000, S. 66.<br />

17 Emnid-Institut: Die niedersächsischen Bürgermedien und ihr Publikum. Eine Nutzungs- und<br />

Reichweitenanalyse. Schriftenreihe der NLM, Bd. 11. Berlin 2001, S. 26.<br />

18 Ebd.<br />

19 Günnel, Traudel/Ulrike Werner: Interview ist nicht gleich Interview. Handbuch für die medienpädagogische<br />

Ausbildung im Audiobereich. München 1999.<br />

550


„Das ist einfach nur unprofessionell“<br />

Eine Antwort auf Klaus-Jürgen Buchholz<br />

Jan Pinseler<br />

Pinseler · Antwort auf Buchholz<br />

Die Kritik an meinem Aufsatz zum Sprechen im freien Radio macht Klaus-Jürgen Buchholz<br />

vor allem an drei Punkten fest: erstens dem Vorwurf, ich hätte eine Fülle von Forschungsergebnissen<br />

zu Freien Radios nicht rezipiert, zweitens der Behauptung, ich würde<br />

normativ statt empirisch vorgehen und drittens dem Vorwurf, ich würde einfach nur<br />

Unprofessionalität in ein Stilmittel umdefinieren. Außerdem vermischt Buchholz konsequent<br />

die Zusammenfassung dessen, was theoretisch das Potenzial freier Radios sein<br />

könnte (Kapitel 2.2.) und die Ergebnisse meiner empirischen Untersuchung (Kapitel 3<br />

und 4). Auf Letzteres möchte ich nicht näher eingehen, da es am Originaltext relativ<br />

leicht ist, die klare Trennung dieser beiden Ebenen nachzuvollziehen. Auf die ersten drei<br />

Kritikpunkte will ich jedoch im Folgenden antworten.<br />

Dankenswerterweise stellt Buchholz im größten Teil seiner Replik eine Reihe von Einzelergebnissen<br />

aus Auftragsstudien verschiedener Landesmedienanstalten zum nichtkommerziellen<br />

Lokalfunk vor. Indem er dies tut, verschwimmen aber die Kategorien,<br />

über die gesprochen wird. Ich habe das Sprechen im freien Radio an dem Fallbeispiel coloRadio<br />

Dresden untersucht, wobei ich als freies Radio alle Radios bezeichnet habe, die<br />

sich selbst so definieren, der Einfachheit halber festgemacht an der Mitgliedschaft im<br />

Bundesverband Freier Radios (BFR). Buchholz geht schnell und ganz nebenbei dazu<br />

über, statt von freien Radios von nichtkommerziellen Lokalradios zu sprechen. Die Daten,<br />

die er nennt, beziehen sich auf nichtkommerzielle Lokalradios im Allgemeinen, nicht<br />

auf freie Radios im Speziellen. Dieser Unterschied hat Folgen. Nichtkommerzieller Lokalfunk<br />

ist jeder Radiosender, der unter dieser Bezeichnung von einer Landesmedienanstalt<br />

lizenziert wurde, darunter neben freien Radios auch Sender, die völlig anders organisiert<br />

sind und ganz andere Vorstellungen davon haben, was in ihren Programmen<br />

gesendet werden soll. Diese sind viel zu unterschiedlich, als dass die Ergebnisse von Untersuchungen<br />

nichtkommerziellen Rundfunks im Allgemeinen automatisch auch für freie<br />

Radios im Speziellen gelten würden. Andere freie Radios sind gar nicht als nichtkommerzielle<br />

Lokalsender lizenziert, sondern als ganz normale privat-kommerzielle Betreiber.<br />

Sie werden von den Untersuchungen nichtkommerziellen Hörfunks gar nicht mit<br />

erfasst. Um die Ergebnisse meiner Forschung in einen Kontext zu stellen, müsste es Analysen<br />

von freien Radios geben. Die jedoch sind rar. Die von Buchholz dargelegten Daten<br />

sagen in der vorliegenden Form jedenfalls nichts über freie Radios aus.<br />

Normativ würde ich in meiner Untersuchung vorgehen, so Buchholz, anstatt empirisch,<br />

was für ihn offensichtlich die einzig legitime Art von Forschung ist. In der Folge<br />

beschreibt er dann, was für ihn ein nicht-normatives Vorgehen ist: Freie Radios müssten<br />

sich an der ihnen „medienrechtlich zugewiesenen Funktion“, an den „Vorgaben der<br />

Landesrundfunkgesetze“ und an der üblichen journalistischen Praxis messen lassen.<br />

Dies ist eine durchaus legitime Forschungsfrage, die empirisch untersucht werden kann<br />

und, wie Buchholz auch erwähnt, untersucht worden ist. Als Maßstab müssten bei diesem<br />

Vorgehen Gesetzestexte und journalistische Standards zugrunde gelegt werden.<br />

Eine solche Vorgehensweise ist aber gerade normativ. In seiner Beschreibung von nichtkommerziellem<br />

Lokalfunk geht Buchholz auch selber, wie seinen Ausführungen zu entnehmen<br />

ist, normativ vor, indem er NKLs an seinen Vorstellungen davon, wie sie sein<br />

sollten, misst.<br />

551


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

Abgesehen davon, dass „empirisch“ und „normativ“ keine sich ausschließenden Kategorien<br />

sind, ist meine Untersuchung in erster Linie empirisch und nur nachrangig normativ.<br />

In ihr bin ich zunächst deskriptiv und in einem weiteren Schritt evaluativ vorgegangen.<br />

Die Konversationsanalyse — die im Übrigen etabliert genug ist, um ohne Gänsefüßchen<br />

auszukommen — fordert vom Forscher, wie jede qualitative Methode, ergebnisoffen<br />

an sein Untersuchungsmaterial heran zu gehen. In der Analyse dieses<br />

Materials geht sie der Frage nach, wie Menschen in ihren alltäglichen Interaktionen<br />

Wirklichkeit reproduzieren. Durch die Untersuchung von Gesprächen im freien Radio<br />

kann also herausgefunden werden, wie dieser spezielle Ausschnitt von sozialer Wirklichkeit<br />

konstruiert und rekonstruiert wird. Die in meinem Aufsatz geschilderten unterschiedlichen<br />

Formen von Gesprächen, die ich vorgefunden habe, sind das Ergebnis<br />

dieser Analyse, nicht theoretische Vorannahme. Dieses Ergebnis dann mit Analysen von<br />

anderen Hörfunksendern zu vergleichen, um gerade aus den Unterschieden die Besonderheiten<br />

freier Radios abzuleiten, scheint mir sehr sinnvoll, bietet es doch die Möglichkeit,<br />

freie Radios gerade nicht an normativen Vorgaben zu messen. Normative Elemente<br />

sind in meinem Aufsatz jedoch selbstverständlich auch enthalten, so wie sie notwendigerweise<br />

in jedem Forschungsprojekt enthalten sind. Mein Forschungsinteresse<br />

etwa speist sich aus einem Verständnis von sozialen Vorgängen, das eben nicht danach<br />

fragt, inwieweit soziale Akteure in ihrem Handeln den Vorstellungen des Gesetzgebers<br />

folgen, sondern das die Akteure selber, ihre Deutungen und ihre Wertungen in den Mittelpunkt<br />

des Interesses stellt.<br />

Genau deshalb hat mich nicht interessiert, inwieweit die Macherinnen freier Radios<br />

journalistisches Handwerk beherrschen, sondern was sie tatsächlich tun, wenn sie Radio<br />

machen. Dabei müssen sie gar nicht verschiedene Arten von Gesprächen als Stilmittel<br />

einsetzen. Sie tun es einfach, auch wenn es ihnen kaum bewusst ist. Der Forscher<br />

kann die angewandte Ethnomethode jedoch analysieren und beschreiben. Genau dies<br />

habe ich in Bezug auf Gespräche im freien Radio getan. Im vorliegenden Aufsatz habe<br />

ich behauptet, es sei plausibel, die gefundenen Ergebnisse auf andere freie Radios zu<br />

übertragen, habe diese Plausibilität jedoch nicht näher begründet, wie Buchholz zu<br />

Recht kritisiert. Diese Schlussfolgerung speist sich aus ethnografischem Material, das ich<br />

durch den Besuch und das Anhören anderer freier Radios (u. a. Radio Dreyeckland in<br />

Freiburg, Freies Sender Kombinat Hamburg, Querfunk Karlsruhe) gewonnen habe. Deren<br />

Sendungen wurden allerdings von mir nicht detailliert konversationsanalytisch untersucht,<br />

sondern nur daraufhin durchgehört, ob sich Widersprüche zu den von mir für<br />

coloRadio Dresden gefundenen Ergebnissen feststellen lassen. Dies war nicht der Fall,<br />

so dass ich von Plausibilität sprechen kann. Inwieweit sich diese Ergebnisse tatsächlich<br />

auf andere freie Radios übertragen lassen, könnte erst nach ähnlichen Untersuchungen<br />

anderer freier Radios endgültig geklärt werden. Sollte sich eine Landesmedienanstalt<br />

dazu entschließen, solch ein Forschungsprojekt zu finanzieren, sähe ich den Ergebnissen<br />

mit großem Interesse entgegen. Dazu sollten dann aber nicht nur die von den Landesmedienanstalten<br />

in Auftrag gegebenen Studien und Bücher von diesen wahrgenommen<br />

werden. So gibt es z. B. seit diesem Jahr ein Lehrheft über Interviews in freien Radios,<br />

dass nicht einfach journalistische Praktiken didaktisch aufbereitet, sondern das Befragen<br />

hinterfragt. 1 Dort werden auch Fragen gestellt wie: Muss eine freies Radio<br />

eigentlich professionell sein? Und was ist überhaupt professionell?<br />

1 Udo Israel, Reto Friedmann (Hrsg.): Notizen zum Interview. Zürich, 2001.<br />

552


Besprechungen<br />

Jutta Röser<br />

Fernsehgewalt im gesellschaftlichen Kontext<br />

Eine Cultural Studies-Analyse über <strong>Medien</strong>aneignung<br />

in Dominanzverhältnissen<br />

Opladen: Westdeutscher, 2000. – 362 S.<br />

ISBN 3-531-13497-3<br />

Geraten Kinder und Jugendliche als Gewalttäter<br />

in die Zeitungsschlagzeilen, stehen die<br />

Schuldigen meist schon fest. Wieder einmal haben<br />

die <strong>Medien</strong> die Straftat ausgelöst. Und auch<br />

die passenden Studien, die „Leichen zählend“<br />

diese Thesen bestätigen, sind schnell zitiert.<br />

„Die Politik findet in den <strong>Medien</strong> einen sie entlastenden<br />

,Sündenbock‘ (…) für gesellschaftliche<br />

Gewaltprobleme, die auf diese Weise zugleich<br />

dramatisiert und bezüglich der eigenen<br />

Verantwortung abgewehrt werden.“ (17) So<br />

das Fazit Jutta Rösers hinsichtlich der Ursachen<br />

dieses längst obsoleten Stimulus-Response-Denkens.<br />

Doch nicht nur die Politik, auch<br />

die Wissenschaft selbst gerät in ihr kritisches<br />

Visier. „Zwar distanziert man sich (…) von<br />

monokausalen Konstrukten, hält aber häufig<br />

trotzdem an kausalen Denkmodellen fest.“ (18)<br />

Ausgangspunkt für Jutta Rösers Habilitationsschrift,<br />

die nun als Buch vorliegt, waren<br />

eklatante Forschungslücken, die trotz der Vielzahl<br />

von Untersuchungen immer noch vorhanden<br />

sind. „Obwohl der Anlass für die häufige<br />

Beschäftigung mit Gewaltdarstellungen insbesondere<br />

im Fernsehen ein zutiefst gesellschaftlicher<br />

ist – nämlich die Frage, ob der Konsum<br />

von <strong>Medien</strong>gewalt zu vermehrter Gewaltausübung<br />

beiträgt – spielen gesellschaftliche (Gewalt-)Strukturen<br />

in Anlage und Durchführung<br />

der meisten Studien keine Rolle.“ (11) So bleibe<br />

ungefragt, „inwieweit soziale Konflikte und<br />

Gewaltverhältnisse das Fundament bilden, auf<br />

dem die symbolischen Gewalterzählungen des<br />

Fernsehens Relevanz erhalten.“ (11) Das Fazit<br />

Rösers: „Soziale Formationen, die sowohl den<br />

Kontext der Rezipierenden strukturieren als<br />

auch in die Gewalttexte eingeschrieben sind,<br />

werden in der Gewaltforschung systematisch<br />

ausgeblendet.“ (12) Erste Hinweise auf die Frage,<br />

worin nun diese Systematik besteht und vor<br />

allem welchen Interessen sie folgt, werden an<br />

dieser Stelle leider nicht gegeben.<br />

LITERATUR<br />

Die zweite Forschungslücke macht Röser in<br />

der fehlenden Auseinandersetzung mit der Geschlechterperspektive<br />

aus. Nicht nur in eigenen<br />

Untersuchungen, sondern auch in anderen Gewaltstudien<br />

findet sie Hinweise, „dass ,Geschlecht‘<br />

ein stabiler differenzierender Faktor<br />

für die Nutzung, Rezeption und Wirkung von<br />

medialer Gewalt ist.“ (12) Dennoch finde dieser<br />

Aspekt in der Mehrzahl der Studien keine<br />

Berücksichtigung.<br />

In ihrem umfassenden Überblick zum Stand<br />

der Forschung nähert sich Röser dem Aspekt<br />

der Systematik und analysiert detailgenau die<br />

impliziten Setzungen bisheriger Untersuchungen<br />

und die Erklärungsperspektiven, die nicht<br />

berücksichtigt werden. Für die deutsche Forschung<br />

der neunziger Jahre stellt sie fest:<br />

„Trotz der Vielzahl von Studien gibt es nur wenige<br />

Untersuchungen zur <strong>Medien</strong>gewalt-Rezeption<br />

a) aus soziologischer Perspektive, b)<br />

auf Basis qualitativer Methoden, c) konzentriert<br />

auf Erwachsene und (…) d) mit Blick auf<br />

alltägliche Formen von Fernsehgewalt (anstelle<br />

von z.B. Horror und Videogewalt).“ (17) Unberücksichtigt<br />

bleibe auch die Perspektive des<br />

Opfers und die Frage nach Angst-Effekten.<br />

(19) Mit der Aggressionszentrierung der bisherigen<br />

Studien werde dem Publikum eine Täterempathie<br />

unterstellt. „Ausgeblendet bleibt<br />

die Möglichkeit, dass Zuschauerinnen und Zuschauer<br />

die Perspektive des Opfers einnehmen.“<br />

(21) Röser diagnostiziert in der Aggressionszentrierung<br />

der Studien eine implizite<br />

ideologische Setzung. Einerseits werde die<br />

Ausübung und das Empfinden von Aggression<br />

als gesellschaftsschädlich definiert, andererseits<br />

genauso implizit Angst „als unproblematisch<br />

oder sogar als nützlich definiert.“ (22) Dies sei<br />

sowohl im Blick auf gesellschaftliche als auch<br />

lebensweltliche Kontexte höchst zweifelhaft.<br />

Schon in ihrem Überblick über den Stand<br />

der Forschung formuliert Röser erste Thesen,<br />

die sie im folgenden Untersuchungsteil exemplifiziert.<br />

So bemerkt sie: „Eine diametrale Rollenumkehr<br />

im <strong>Medien</strong>text bei gleichbleibenden<br />

gesellschaftlichen Kontextbedingungen kann<br />

meiner Ansicht nach nicht zu vertauschten,<br />

sondern nur zu ambivalenten Rezeptionsweisen<br />

führen.“ (36) Sie versucht, ausgehend von<br />

ihrer selbstentwickelten Umsetzung von Methoden<br />

der Cultural Studies das bisherige Untersuchungsspektrum<br />

quantitativer Studien mit<br />

qualitativen Analyseverfahren zu erweitern,<br />

um weitere Aspekte der Wirkung von Gewalt-<br />

553


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

darstellungen erklären zu können. Dabei setzt<br />

sie mit dem gesellschaftlichen Kontext als diskursive<br />

Aktivität der Rezipierenden und den<br />

Geschlechterpositionen zwei Schwerpunkte.<br />

Es bleibt zu fragen, inwieweit ihre vorab entwickelten<br />

Thesen ihre Auswertung von Gruppendiskussionen<br />

beeinflussten. Die moderierten<br />

Diskussionen mit Frauen, Männern und gemischten<br />

Gruppen über zwei ausgewählte Gewaltszenen<br />

des fiktionalen Fernsehprogramms<br />

zeigen geschlechterspezifische Rollenidentifikationen<br />

mit Täter oder Opfer, Reaktionen auf<br />

Gewaltdarstellung ebenso wie implizite Vorstellungen<br />

über Geschlechterrollen und adäquates<br />

Geschlechterverhalten. Die Szenenauswahl<br />

setzt bewusste Differenzen: Es handelt<br />

sich um eine hegemoniale Szene, „in der die<br />

Gewalt dem gesellschaftlichen Machtverhältnis<br />

folgt“ und eine nicht-hegemoniale Szene, „in<br />

der ebenfalls eine Frau bedroht wird, diese<br />

ihren Angreifer jedoch besiegt.“ (13) Bei der<br />

Auswertung werden einige besonders aussagekräftige<br />

Zitate aus den Gruppendiskussion in<br />

ganz unterschiedlichen Analysezusammenhängen<br />

mehrfach verwertet.<br />

Röser konstatiert als Untersuchungsergebnis<br />

einen „tiefgreifenden Einfluss der Kategorie<br />

Geschlecht im Gewaltzusammenhang.“ (350)<br />

Das Geschlechter-Gewalt-Verhältnis sei in „so<br />

eindeutiger Weise strukturiert, wie man es in<br />

Zeiten gesellschaftlicher Uneindeutigkeit nur<br />

selten findet.“ Dabei sind besonders jene Dominanzverhältnisse<br />

einflussreich, „die Ohnmachtpositionen<br />

mit Körperlichkeit verbinden<br />

und begründen.“ (350)<br />

Die Studie ist ein exemplarisches Beispiel für<br />

die Notwendigkeit interdisziplinärer <strong>Medien</strong>forschung.<br />

Durch sie ließe sich die von Werner<br />

Früh konstatierte „wechselseitige, dynamische<br />

Abhängigkeit von <strong>Medien</strong>botschaft und Publikumswahrnehmung<br />

angemessen“ (Früh 1995,<br />

173) berücksichtigen. Die Integration medienund<br />

film<strong>wissenschaft</strong>licher Studien zu den<br />

ökonomischen Rahmenbedingungen der Produktion,<br />

zur Genreforschung und zur Geschlechterdarstellung<br />

hätten noch weitere Erklärungsmuster<br />

liefern können. Auf diese Weise<br />

ließe sich Rösers Auffassung von <strong>Medien</strong>texten<br />

als „symbolische Repräsentationen<br />

gesellschaftlicher, sozialer, kultureller Themen“<br />

(343) stärker untermauern. Die Autorin<br />

selbst spricht „vom Zusammenspiel von Eigenschaften<br />

des Produkts und Konstruktionsleistungen<br />

der Rezipierenden.“ (37) und konsta-<br />

554<br />

tiert: „Erst wenn der Aneignungsprozess im<br />

Spannungsfeld von Text und Kontext in die<br />

Analyse integriert wird, kann die Frage nach<br />

Wirkungen sinnvoll gestellt werden.“ (38)<br />

So ist die Gewaltdarstellung gegen Frauen<br />

genrespezifisch unterschiedlich. Viele in unterschiedlichen<br />

Zusammenhängen ausgewertete<br />

Beiträge der Probanden, etwa ihre Prognosen<br />

über den Handlungsverlauf der Filme aus denen<br />

die Beispielsszenen stammen, lassen sich<br />

auf ihre durch lange Seherfahrung erworbene<br />

Genrekenntnis zurückführen. Zwar konstatiert<br />

Röser eine erstaunliche <strong>Medien</strong>kompetenz ihrer<br />

Gesprächsteilnehmer, geht aber selbst nur<br />

rudimentär auf Genrekonventionen ein. So bezieht<br />

sich die häufig thematisierte Komik des<br />

Rollenwechsels in einer Gewaltszene vor allem<br />

auch auf Genresspezifika des Gendercrossing<br />

etwa in Komödien. Siegfried Kaltenecker hat in<br />

„Spiegelformen. Männlichkeit und Differenz<br />

im Kino“ (Basel, Frankfurt am Main 1996) die<br />

Genrekonventionen dieses Rollenwechsels untersucht.<br />

Für die Gesprächsanalyse wären ergänzende<br />

Untersuchungen aus dem Bereich<br />

Cultural Studies, etwa Andreas Hepps Studie<br />

zur Fernsehaneignung in Alltagsgesprächen,<br />

hilfreich gewesen.<br />

Röser selbst versteht ihren eigenen Ansatz<br />

zur Analyse von Fernsehgewalt und ihrer Wirkung<br />

als Verabschiedung „von der Suche nach<br />

dem objektiven Gehalt medialer Gewalt und<br />

nach globalen Wirkungen“ (342) Für die künftige<br />

Forschung schlägt Röser die stärkere Berücksichtigung<br />

von Themen „wie Macht und<br />

Marginalisierung, soziale Konflikte und Wandlungsprozesse<br />

als Kontext der <strong>Medien</strong>gewaltrezeption<br />

vor“ (348). Mit ihrer Studie hat sie<br />

einen wichtigen Ausgangspunkt für neue Perspektiven<br />

in der Gewaltforschung geleistet.<br />

Joan Kristin Bleicher<br />

Christoph Bieber<br />

Politische Projekte im Internet<br />

Online-Kommunikation und politische<br />

Öffentlichkeit<br />

Frankfurt/New York: Campus, 1999 – 232 S.<br />

ISBN 3-593-36344-5<br />

Das Phänomen „Internet“ stellt mehr noch als<br />

für Bürger und Politiker eine Herausforderung<br />

sowohl für die Politik- als auch für die <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong><br />

dar: Das Problem


eginnt bereits bei der Frage, ob das Internet<br />

etwa ein „Medium“ im kommunikations<strong>wissenschaft</strong>lichen<br />

Sinne sei, und wodurch sich<br />

Online-Kommunikation von herkömmlicher<br />

interpersonaler und <strong>Medien</strong>kommunikation<br />

unterscheide. Christoph Bieber hat mit seinem<br />

Buch die Aufgabe übernommen, der Online-<br />

Kommunikation zumindest im begrenzten<br />

Ausschnitt der politischen Kommunikation<br />

eine <strong>wissenschaft</strong>liche Struktur zu geben. Ziel<br />

der Arbeit ist es, mit einem explorativ angelegten<br />

Vorgehen „eine detaillierte Analyse der im<br />

Entstehen begriffenen Orte sichtbaren politischen<br />

Handelns im Netz“ zu liefern, sowie auf<br />

der Basis einiger Fallstudien auch die „theoretische<br />

Fragestellung nach einer Transformation<br />

der politischen Öffentlichkeit“ (20) im Internet<br />

zu erörtern.<br />

In Kapitel 2 umreißt Bieber den für seine Arbeit<br />

zentralen Begriff der Online-Kommunikation<br />

aus kommunikations<strong>wissenschaft</strong>licher<br />

Sicht. Dabei wird gleich zu Beginn klargestellt,<br />

dass es die spezifischen Eigenschaften von Online-Kommunikation<br />

nicht geben kann. Vielmehr<br />

weisen verschiedene Online-<strong>Kommunikations</strong>formen<br />

(E-Mail, Chats, etc.) ganz unterschiedliche<br />

Merkmale auf, die jeweils im<br />

Einzelfall für deren <strong>wissenschaft</strong>liche Definition<br />

herangezogen werden müssen. Bieber versucht<br />

sinnvollerweise aber ohnehin nicht, eine<br />

endgültige und umfassende Definition von Online-Kommunikation<br />

zu liefern; ihm kommt es<br />

vielmehr darauf an, aus den bereits existierenden<br />

Fragmenten theoretischer Begriffsdefinitionen<br />

(Morris/Ogan 1996; Rössler 1998) ein<br />

Instrumentarium zur intramedialen Unterscheidung<br />

verschiedener Online-Angebote zu<br />

erarbeiten. Für ihn ist dabei das Merkmal der<br />

„Interaktivität“ zentral, das er in vier Dimensionen<br />

ausdifferenziert, die ihm im Weiteren als<br />

Folie für die Analyse verschiedener politischer<br />

Online-Projekte dienen.<br />

Die darauf folgende Beschreibung der „Mechanismen<br />

und Strukturen“ der Online-Kommunikation<br />

ist, obwohl der Text immerhin erst<br />

1999 veröffentlicht wurde, weitgehend überholt.<br />

Das ist allerdings nicht dem Autor, sondern<br />

vor allem der rasanten Entwicklung sowohl<br />

in der Technik als auch der sozialen Aneignung<br />

des Internets anzulasten. Ebenso wie<br />

das Glossar am Ende des Buches dienen die in<br />

diesem Abschnitt vorgestellten Definitionen<br />

der wichtigsten Elemente der Netzkommunikation<br />

wie „Links“, „Suchmaschinen“ oder die<br />

Besprechungen<br />

Darstellung der „aktuellen“ Verbreitung der<br />

Internetnutzung eher als Einstiegslektüre für<br />

<strong>wissenschaft</strong>liche Internet-Neulinge. Davon<br />

dürfte es in der Zielgruppe des Buches heute jedoch<br />

nur noch wenige geben.<br />

Theoretisch eingegrenzt wird Biebers Analyse<br />

der Online-Kommunikation in Kapitel 3<br />

durch das Konzept der „Öffentlichkeit“, das<br />

eine zentrale Rolle in der Beziehung von<br />

<strong>Medien</strong> und Politik spielt. Nahe gelegt wird<br />

dies durch die oft gebrauchte Metapher des<br />

Internets als „Cyberspace“, dem die Öffentlichkeit<br />

als nach Habermas’scher Definition<br />

„im kommunikativen Handeln erzeugter sozialer<br />

Raum“ gegenüber steht. Inwieweit im<br />

virtuellen Raum des Internets also Öffentlichkeit<br />

entsteht – und ob sie dabei in Form einer<br />

spezifischen „Netzöffentlichkeit“ auftritt – ist<br />

die Frage, die durch die Analyse dreier „politischer<br />

Online-Projekte“ im nächsten Abschnitt<br />

geklärt werden soll. Der Hebel, an dem Bieber<br />

ansetzt, sind die Akteure der Öffentlichkeit, die<br />

nach Peters (1993) in Akteure des Zentrums,<br />

der inneren und der äußeren Peripherie differenziert<br />

werden.<br />

Im Kapitel 4, dem umfangreichsten des Buches,<br />

folgen die Analysen von drei „politischen<br />

Projekten“ im Internet. Methodisch<br />

handelt es sich dabei um eine inhaltsanalytische<br />

Untersuchung von im WWW veröffentlichten<br />

Angeboten verschiedener politischer<br />

Akteure. Obwohl in Kapitel 3 das Spektrum<br />

möglicher politischer Akteure und ihrer Online-Aktivitäten<br />

aufgefächert wurde, dient diese<br />

Strukturierung nicht zur Auswahl der konkreten<br />

Fallbeispiele. Als Kriterien erscheinen<br />

hier die drei Begriffe „Entstehung“, „Herstellung“<br />

und „Besetzung von Öffentlichkeit im<br />

Netz“ auf. Damit kommen weitere Dimensionen<br />

ins Spiel, deren Einordnung in das Konzept<br />

der Untersuchung der Leser vermisst.<br />

Andererseits verwendet der Autor viel Sorgfalt<br />

auf eine detaillierte Untersuchung seiner<br />

drei Fallbeispiele: virtueller Parteizentralen,<br />

Online-Wahlkämpfe und politischer Proteste<br />

im Internet (Blue Ribbon Campaign, Kryptographie-Kampagne,<br />

Hochschulstreik im Internet).<br />

Diese Analysen bieten außerordentlich<br />

erhellende Einblicke, weil der Autor einerseits<br />

stark systematisch vorgeht – etwa indem die<br />

Angebote mit einem vorher definierten Kategoriensystem<br />

auf Inhalt und Struktur geprüft<br />

werden –, andererseits weil die Offenheit dieser<br />

explorativen Studie ihm auch die Freiheit<br />

555


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

gibt, auf auffällige Besonderheiten je nach Bedarf<br />

einzugehen.<br />

Das abschließende Kapitel 5 dient Bieber zur<br />

Synthese der empirischen Erkenntnisse mit<br />

dem in Kapitel 3 entwickelten theoretischen<br />

Ansatz der „Netzöffentlichkeit“. Deutlich<br />

wird dabei eine Entwicklung in zwei gegenläufige<br />

Richtungen: Die analysierten politischen<br />

Online-Aktivitäten lassen einmal eine stärkere<br />

„Verdichtung des Akteursgefüges“ (187) durch<br />

eine intensive Vernetzung und interne Kommunikation<br />

erkennen, auf der anderen Seite<br />

öffnet sich das Netz für neue Akteure und vielfältigere<br />

Formen der Kommunikation. Diese<br />

Entwicklungen lassen Bieber schließlich vom<br />

Internet als „vernetzter Teilöffentlichkeit“<br />

(195) sprechen, die sich durch inter- und intramediäre<br />

Vernetzung der Akteure auszeichnet,<br />

die in diesem Umfang und in dieser Vielfalt nur<br />

durch die vielfältigen Formen der Online-<br />

Kommunikation möglich ist. Allerdings zeigt<br />

sich auch, dass mit dieser Vielfalt eine Einschränkung<br />

insoweit verbunden ist, als die<br />

Reichweite der Online-Kommunikation geringer<br />

ist als die der herkömmlichen „Massenkommunikation“:<br />

Es existieren nur noch Teilöffentlichkeiten<br />

statt einer allgemeinen Öffentlichkeit.<br />

Christoph Bieber hat mit seinem Buch sicherlich<br />

einen Eckstein in der politik<strong>wissenschaft</strong>lichen<br />

Online-Forschung gesetzt, nicht<br />

zuletzt deshalb, weil die Literatur in diesem Bereich<br />

bisher größtenteils von kleinteiligen Sammelband-Veröffentlichungen<br />

dominiert ist und<br />

er dem eine nur im Rahmen einer Monographie<br />

zu leistende Tiefe in der Analyse politischer<br />

Online-Kommunikation entgegengesetzt hat.<br />

Besonders wertvoll ist in diesem Zusammenhang<br />

sein empirischer Ansatz: Gerade die politik<strong>wissenschaft</strong>liche<br />

Literatur zum Internet erschöpft<br />

sich bisher zu häufig in theoretischen<br />

Erörterungen des vermeintlichen Potenzials<br />

der Online-Kommunikation für Politik und<br />

Demokratie. Allerdings kann das Buch nur ein<br />

erster Ansatz sein, dem noch viele, evtl. stärker<br />

deduktiv angelegte Untersuchungen folgen<br />

müssen, um ein klares Bild von der Rolle des<br />

Internets für die politische Öffentlichkeit zu<br />

gewinnen.<br />

Martin Emmer<br />

556<br />

Anja Claudia Todtenhaupt<br />

Cyber TV – Die Digitalisierung der Filmund<br />

Fernsehproduktion<br />

Münster: Lit, 2000. – 322 S.<br />

(Beiträge zur Computersoziologie; 2)<br />

ISBN 3-8258-4921-X<br />

Virtualität – wenn etwas die Innovationen im<br />

<strong>Medien</strong>bereich prägt, so ist es dieses Phänomen.<br />

Es beinhaltet, dass das Wahrgenommene<br />

immer mehr immer weniger (wirklich) ist – was<br />

dem Beobachter zu erkennen zunehmend<br />

schwerer fällt. Der Aspekt der Virtualität sticht<br />

bei der (Weiter-)Entwicklung von <strong>Medien</strong>inhalten<br />

nicht besonders hervor, eher im Gegenteil:<br />

Auswirkungen der Rezeption dieser neuen<br />

Form von „Realitäten“ treten eher unterschwellig<br />

auf, wodurch die Gefahr entsteht,<br />

dass sie zu wenig reflektiert werden. Ein Grund<br />

ist darin zu finden, dass sich die Darstellung<br />

virtueller Realität kaum noch von der Wiedergabe<br />

von „Wirklichkeit“ unterscheidet. Der<br />

zweite Band aus der Reihe der Beiträge zur<br />

Computersoziologie, herausgegeben von Dr.<br />

Achim Bühl von der Universität Heidelberg,<br />

setzt an diesem Punkt an, er will die tief greifenden<br />

Veränderungen untersuchen, mitsamt<br />

ihren Auswirkungen auf unsere <strong>Medien</strong>kultur.<br />

Der Buchtitel „Cyber TV“ mag auf <strong>wissenschaft</strong>lich<br />

interessierte Leser leicht abschreckend<br />

wirken, handelt es sich doch um einen etwas<br />

sehr strapazierten Trend-Begriff. Welches<br />

moderne <strong>Medien</strong>unternehmen schmückt die<br />

eigenen Streaming-Aktivitäten im Onlinebereich<br />

nicht auch gerne mit diesem schwammigen<br />

Begriff, der für Kreativität, Zukunft und<br />

Innovation steht/stehen soll? Die Ergänzung<br />

des Titels „Die Digitalisierung der Film- und<br />

Fernsehproduktion“ engt die Blickrichtung des<br />

Werkes nur bedingt ein. Man muss wissen, dass<br />

sich die Reihe, in der das Buch erschienen ist,<br />

mit Computersoziologie beschäftigt, damit<br />

klar wird, dass in diesem Band nicht nur die<br />

umfangreichen Veränderungen im Film- und<br />

Fernsehbereich der letzten Jahre beschrieben<br />

werden, sondern sich die Autorin auch kritisch<br />

damit auseinander setzt.<br />

Erstaunlicherweise bleibt Anja Claudia Todtenhaupt<br />

zu Beginn bei der Definition dieses<br />

Begriffs etwas vage, CyberTV wird als (Freizeit-)Phänomen<br />

beschrieben (S. 3), das „als ein<br />

Element des neuen <strong>Medien</strong>zeitalters zu gravierenden<br />

Veränderungen in unserer <strong>Medien</strong>kul-


tur führen“ wird oder „als ein Produkt der VR-<br />

Technologie […]“(S. 2). Dieser inhaltlich unklare<br />

Eindruck wird auch dadurch verstärkt,<br />

dass das Buch zwar mehrfach in der Schreibweise<br />

„Cyber TV“ betitelt ist, in den einzelnen<br />

Kapiteln das beschriebene und analysierte Phänomen<br />

mit „CyberTV“ (durchweg zusammen<br />

geschrieben) bezeichnet wird.<br />

Der Leser versteht jedoch bei der fortschreitender<br />

Lektüre, was dieser Begriff für die Autorin<br />

letztlich beinhaltet: Die extrem illusorische,<br />

bzw. virtuelle Variante individueller, medienvermittelter<br />

„Realität“, umgesetzt mit virtuellen<br />

Studios, virtuellen Schauspielern und<br />

virtuellen Effekten, die natürlich optischer,<br />

aber auch haptischer und sogar olfaktorischer<br />

Natur sein können. Kurz: Virtuelle Realität<br />

(kurz VR) in Reinform, der sich von verschiedener<br />

<strong>Medien</strong>seite in unterschiedlich schnellen<br />

Schritten technisch genähert wird. Diese unterschiedlichen<br />

Entwicklungen werden Medium<br />

für Medium von der Autorin umfassend und<br />

präzise geschildert, seien es neue digitale Techniken<br />

in der Film- und Fernsehproduktion<br />

oder ähnliche Manipulationsmöglichkeiten der<br />

menschlichen Wahrnehmung, angefangen bei<br />

simplen software-gestützten Modifikationen<br />

von Bildern oder Fotografien, bis hin zur Extremvariante<br />

der VR, wahrnehm- und erlebbar<br />

geworden durch die Illusion perfekt machende<br />

Datenanzüge.<br />

Zur Gliederung des Buches: In den einzelnen<br />

Kapiteln beschreibt und diskutiert die Autorin<br />

verschiedene Aspekte der Bedeutung und Auswirkungen<br />

der Digitalisierung, sowohl aus<br />

technischer als auch aus kultureller Sicht, aber<br />

auch unter dem Gesichtspunkt, welche Veränderungen<br />

sich für die Nutzung und Nutzer von<br />

<strong>Medien</strong> ergeben. Dazu wird im ersten Kapitel<br />

ein Überblick über die Problemstellung und<br />

den aktuellen Forschungsstand geliefert.<br />

In Kapitel 2 stellt Anja Claudia Todtenhaupt<br />

ausgewählte Beispiele vor, die sie als Vorstufen<br />

des Cyber TV bezeichnet (Interaktives Fernsehen),<br />

oder Elemente, die bereits etablierte Anwendungsformen<br />

sind (Funktionsweise von<br />

virtuellen Studios, Kreation von virtuellen<br />

Schauspielern und Effekten). Sie gibt in diesem<br />

Kapitel auch einen Ausblick, wohin die Reise<br />

noch gehen wird bzw. welche Aspekte des Cyber<br />

TV sich noch in der Entwicklung befinden.<br />

Die daraus resultierenden Konsequenzen für<br />

den audiovisuellen Produktionssektor werden<br />

im dritten Kapitel diskutiert. Sie beschreibt den<br />

Besprechungen<br />

Arbeitsmarkt der Zukunft bzw. welche zu erwartenden<br />

Modifizierungsprozesse die betroffenen<br />

Berufsfelder durchlaufen werden, inklusive<br />

der Analyse der Veränderungen, die sich<br />

auf die Produktionsarten, -orte und -kosten beziehen.<br />

In Kapitel 4 geht sie sowohl auf die Bedeutung<br />

des Bildes in der <strong>Medien</strong>kultur ein – als<br />

auch auf dessen Manipulierbarkeit. Daran<br />

schließen sich Überlegungen zur Glaubwürdigkeit<br />

von Bildern allgemein und von virtuellen<br />

Bildern im Besonderen an, daraus schlussfolgert<br />

die Autorin Konsequenzen für den Umgang<br />

mit Bildern in der Zukunft. Sie plädiert<br />

dafür, die Weiterentwicklung der Computertechnologie<br />

nicht unbesorgt voranzutreiben<br />

und die soziale Verträglichkeit von Technologien<br />

eingehend zu untersuchen.<br />

In Kapitel 5 und 6 beschäftigt sich die Autorin<br />

anhand ausgewählter Aspekte mit der „Kultur<br />

der Gegenwart“ bzw. mit „Cyber TV und<br />

<strong>Medien</strong>kultur“. Bei dieser Auseinandersetzung<br />

und der Analyse der Auswirkungen von Virtualität<br />

auf die <strong>Medien</strong>kultur steht der Mensch<br />

im Vordergrund, den sie hinter der technischen<br />

Entwicklung verschwinden sieht. Sie stellt an<br />

dieser Stelle begründete Zweifel an, dass beim<br />

Nutzer genügend Akzeptanz für die technischen<br />

Neuerungen überhaupt vorhanden ist.<br />

Zusammenfassend werden in Kapitel 7 verschiedene<br />

Ansätze zur Theorie des Cyber TV<br />

dargestellt. Die Autorin konstatiert dabei, dass<br />

es „die“ Theorie des Cyber TV (noch) nicht<br />

gibt, jedoch nennt sie im Fazit zentrale Aspekte,<br />

die in der Diskussion und Auseinandersetzung<br />

um Cyber TV eine besondere Bedeutung<br />

haben. Es wird deutlich, dass die VR-Technologie<br />

den <strong>Medien</strong>sektor neu strukturieren wird,<br />

als Stichworte werden neue Distributionsformen<br />

und innovative <strong>Medien</strong>angebote genannt.<br />

Die Autorin versucht in diesem Buch, sehr<br />

viele unterschiedliche Aspekte zu beachten und<br />

zu betrachten, ohne dabei ihre Hauptthese –<br />

dass die Virtualität sich zu einem zentralen Element<br />

unseres Alltagslebens entwickelt – aus<br />

dem Blickwinkel zu verlieren, wobei sie bei<br />

ihren Ausführungen mit medienkritischen Anmerkungen<br />

nicht spart.<br />

Eines kann man über dieses Buch sicher<br />

nicht sagen: Dass es nicht umfassend geworden<br />

ist. Auch die detailreiche Beschreibung der einzelnen<br />

Aspekte in ihrer Arbeit wirkt nur an wenigen<br />

Stellen überladen. Das sind dann die Passagen<br />

im Buch, in denen sich Anja Claudia<br />

557


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

Todtenhaupt in ihren Beispielen etwas verliert,<br />

wenn sie z. B. über mehrere Seiten den Plot der<br />

Fernsehserie „Wild Palms“ wiedergibt, nur um<br />

zu beschreiben, dass viele mittlerweile realisierte<br />

Manipulationsmöglichkeiten schon frühzeitig<br />

von Science-Fiction-Autoren in ihren jeweiligen<br />

Werken aus- bzw. angedacht wurden.<br />

In ihrer Auseinandersetzung mit der VR<br />

führt sie aber auch äußerst interessante Punkte<br />

an, wie z. B. die Kritik an den so genannten<br />

Prothesenmenschen: Sie spannt einen Bogen<br />

vom Pinsel, der, von der Hand geführt, ein Abbild<br />

der Wirklichkeit schafft, bis zum Datenhandschuh,<br />

der virtuelle Realität ,fassbarer‘<br />

machen soll: Ihre Befürchtung ist, dass die<br />

Menschen durch die unreflektierte Weiterentwicklung<br />

von medialen Prothesen mehr und<br />

mehr zu „Behinderten der schönen, neuen <strong>Medien</strong>wirklichkeit“<br />

werden, denen das Denken<br />

abhanden kommt, und sie ihren Prothesen<br />

hörig werden. (S. 273–275)<br />

Erstaunlich ist allerdings, dass die Autorin<br />

angesichts des Themas komplett auf Bilder verzichtet.<br />

Der Leser, der nicht die Entwicklung<br />

virtueller Aspekte bei Film und Fernsehen verfolgt<br />

hat, bleibt so völlig davon abhängig, der<br />

von der Autorin geschilderten Qualität der<br />

Entwicklungsschritte treu zu folgen. Zudem<br />

macht es der reine Fließtext in den einzelnen<br />

Abschnitten bisweilen schwer, sich in der Vielzahl<br />

der Beispiele und Ansammlung von Aspekten<br />

der einzelnen Kapitel zu orientieren.<br />

Andere Schwächen seien ihr aufgrund des<br />

wirklich erschöpfenden Werkes verziehen: So<br />

bleibt unklar, warum sie virtuelle Charaktere<br />

einmal als „Synthespians“ bezeichnet (S. 50)<br />

und später dann auch als ,Avatare‘ (S. 62), ohne<br />

auf Unterschiede oder Gemeinsamkeiten explizit<br />

einzugehen. Auch die Bezeichnung der<br />

technisch wirklich veralteten d-box als „Zauberkästchen“<br />

(S. 40) ist unpassend, mit Magie<br />

hat die Funktionsweise des Settop-Box-Dekoders<br />

nichts zu tun. (Es ist eher verwundernd,<br />

dass sie noch eingesetzt wird.)<br />

Anja Claudia Todtenhaupt hat versucht, die<br />

zunehmende medienvermittelte Virtualität<br />

mittels entlarvendem Faktenreichtum in die<br />

„Realität“ herunter zu brechen. Dabei hat sie<br />

auf jeden Fall einen wichtigen und richtigen<br />

Ansatz verfolgt: Sie hat die Frage nach attraktiven<br />

Einsatzmöglichkeiten von Cyber TV mit<br />

der Diskussion um eine sinnvolle Ausgestaltung<br />

der Zukunft verknüpft.<br />

Frank Fölsch<br />

558<br />

David Gauntlett /Annette Hill<br />

TV Living<br />

Television, Culture and Everyday Life<br />

London, New York: Routledge, 1999. – 315 S.<br />

ISBN 0-415-18486-X<br />

Als sich David Morley vor einigen Jahren zur<br />

ethnografischen Methode äußerte, stellte er unter<br />

anderem fest: „Natürlich ist empirische<br />

Forschung notwendigerweise in Darstellungen<br />

befangen und durchaus keine transparente Widerspiegelung<br />

einer schon immer existierenden<br />

Realität. Zudem sind Aussagen über das Fernsehverhalten<br />

von Zuschauern ohne Interpretation<br />

nicht denkbar.“ In diesem Kontext bemerkte<br />

er bezüglich seiner eigenen Forschung<br />

ergänzend: „[…] so muss ich zugeben, dass ich,<br />

da es über die Interviewsituation hinaus keine<br />

bedeutsamen Elemente der Beobachtung<br />

tatsächlichen Verhaltens von Beteiligten gibt,<br />

nur über die Geschichten verfüge, die mir meine<br />

Interviewpartner erzählten. Diese Geschichten<br />

sind allerdings bezeichnend für und begrenzt<br />

durch den jeweiligen kulturellen und<br />

sprachlichen Bezugsrahmen, über den die Interviewpartner<br />

bei der Formulierung ihrer<br />

Antworten verfügen, […].“ Was haben diese<br />

Feststellungen mit der vorliegenden Analyse zu<br />

tun? Gauntlett und Hill präsentieren die Ergebnisse<br />

einer umfassenden Analyse im Auftrag<br />

des British Film Institute, die sich vorwiegend<br />

auf die selektive Wiedergabe von Tagebuchaufzeichnungen<br />

britischer Fernsehzuschauer<br />

stützt. Das gesamte Buch folgt einer<br />

konsequenten Strategie des Sortierens von<br />

Aussagen über: das Fernsehen, seine alltägliche<br />

Bedeutung, seine Relevanz für bestimmte Zielgruppen,<br />

seine inhaltliche Qualität, seine Bedeutung<br />

für bestimmte Erscheinungen des modernen<br />

Lebens usw. Mit anderen Worten: Vor<br />

den Augen des Lesers breitet sich ein Kaleidoskop<br />

der britischen Fernsehkultur aus.<br />

Die Methode des Tagebuchs (Diary), die hier<br />

zur Anwendung kommt, hat eine lange historische<br />

Tradition, die sich – so wird zumindest gelegentlich<br />

behauptet – bis auf Ideen des amerikanischen<br />

Staatsmanns Benjamin Franklin<br />

zurückführen lässt. Das Verfahren kann der<br />

systematischen Beobachtung des eigenen Verhaltens<br />

dienen, aber auch der Aufzeichnung<br />

von Einstellungen und Bewertungen. Der Einsatz<br />

dieser Methode findet in der empirischen<br />

Rezeptionsforschung bislang eher selten statt,


wohl auch, weil die damit verbundenen Mühen<br />

der Datenverarbeitung forschungsökonomischen<br />

Überlegungen zum Opfer fallen. Standardisierte<br />

Auswertungen von Tagebuchaufzeichnungen<br />

verlangen – wie im Falle der Befragung<br />

generell – theoriegeleitete Vorarbeiten<br />

zu der Frage, was man eigentlich wissen möchte,<br />

um daran anschließend auch entsprechende<br />

Fragen bzw. Kategorien formulieren zu können.<br />

Diese Art der Standardisierung wird von<br />

Gauntlett und Hill nicht favorisiert. Gestützt<br />

auf die Grounded Theory von Anselm Strauss<br />

wird Wert auf eine möglichst unverfälschte<br />

Wiedergabe von Originaltönen gelegt. Diese<br />

Praxis zieht sich – wie bereits angedeutet –<br />

durch das gesamte Buch, und eine Leistung der<br />

Autoren besteht darin, diese Kommentare bzw.<br />

Selbstbeobachtungen nach Themenbereichen<br />

zu gruppieren. Es handelt sich um eine Untersuchung,<br />

die sich in der Tradition der Cultural<br />

Studies sieht und diese nunmehr auch in eine<br />

umfangreiche Feldstudie einfließen lässt. Eine<br />

weitere Bezugnahme auf David Morley wird in<br />

diesem Zusammenhang nahe gelegt. Die Autoren<br />

sehen sich „in Morley’s footsteps“ (S. 3),<br />

ohne seine methodische Vorgehensweise, die er<br />

beispielsweise in der bekannten Nationwide-<br />

Studie praktiziert hat, uneingeschränkt zu<br />

übernehmen. Damit nicht genug: Morley muss<br />

auch erfahren, dass sein viel zitierter „Remote<br />

control“-Befund aus „Family Television“<br />

(1986) Konkurrenz bekommen hat. Die Macht<br />

über die Fernbedienung, die er in den 1980er<br />

Jahren noch den Männern zuschrieb, könne<br />

nicht bestätigt werden, stattdessen eine demokratischere<br />

Form der Programmauswahl (vgl.<br />

S. 241).<br />

„TV Living“ vorausgegangen ist eine im November<br />

1988 durchgeführte Stichtagsbefragung<br />

des British Film Institute, die unter dem Titel<br />

„One Day in the Life of Television“ bekannt<br />

wurde. Damals beteiligten sich annähernd<br />

zwanzigtausend Zuschauer an dieser Form von<br />

,Fernsehdokumentation‘. Nun ändern sich Bewertungsmaßstäbe<br />

und Verhaltensregeln nicht<br />

von heute auf morgen, aber es sollte eben nicht<br />

bei einem erneuten ,one-shot-survey‘ bleiben.<br />

Stattdessen wurde die Audience Tracking Study<br />

als Längsschnittanalyse konzipiert, an der<br />

zunächst 509 Personen beteiligt waren. Im Jahr<br />

1991 begann eine auf insgesamt fünf Jahre angelegte<br />

Begleitforschung, die gezielt auch zu<br />

thematischen Schwerpunktsetzungen verwandt<br />

wurde. Es sollte also nicht nur darum ge-<br />

Besprechungen<br />

hen, das Fernsehverhalten im alltäglichen Sinne<br />

zu dokumentieren, sondern auch Bezug zu<br />

nehmen auf aktuelle Entwicklungen oder Themen,<br />

die den Organisatoren der Studie relevant<br />

erschienen. Somit liegt eine qualitative Panel-<br />

Analyse vor, die im Laufe des schon angesprochenen<br />

Zeitraums eine Drop out-Quote von<br />

16% verzeichnen musste (1991: 509 Teilnehmer,<br />

1996: 427 Teilnehmer). Die Fluktuation in<br />

der Teilnahmebereitschaft ist gleichwohl nicht<br />

gut dokumentiert, wie überhaupt die methodisch<br />

durchaus selbstkritischen Anmerkungen<br />

knapp ausfallen; diese so genannte Panel-Mortalität<br />

ist jedenfalls erstaunlich niedrig. Obwohl<br />

es sich um eine für den Bereich der Cultural<br />

Studies außergewöhnlich umfangreiche<br />

Analyse handelt, erheben die Autoren nicht<br />

den Anspruch auf Repräsentativität. Die insgesamt<br />

ca. dreieinhalb Millionen Wörter, die im<br />

Laufe des Beobachtungszeitraums zusammengekommen<br />

sind, stammen häufiger aus den Federn<br />

der britischen Mittelklasse. Darüber hinaus<br />

ist die ältere Bevölkerung (ab 65 Jahre)<br />

deutlich überrepräsentiert (Tracking Study:<br />

29%, britische Bevölkerung: 16%).<br />

Inhaltlich vermittelt die Studie einen Einblick<br />

in die Vielfalt der Lebenssituationen einerseits<br />

und die Vielfalt der Funktionen eines<br />

leicht verfügbaren Mediums andererseits. Dabei<br />

entspricht die präsentierte Auswahl nur<br />

kleinen Ausschnitten aus unendlich vielen Geschichten,<br />

die das eigene Verhalten, aber auch<br />

das Verhalten anderer hervorbringt. Während<br />

die einen sich beispielsweise mit den Akteuren<br />

der Soap Operas identifizieren, denken andere<br />

bereits über die Konsequenzen nach: „Maybe<br />

one day they’ll start up rehabilitation centres to<br />

get people off soap operas!!! (17-year-old-female<br />

student)“. (S. 31) Überhaupt legen die<br />

Verfasser großen Wert darauf, dass das Publikum<br />

sich sowohl engagierend als auch distanzierend<br />

mit den <strong>Medien</strong>angeboten auseinander<br />

setzt. Man schätzt die Nachrichten als Fenster<br />

zur Welt, erkennt aber gleichsam die Gefahren<br />

einer zunehmenden Verbreitung von „tabloid<br />

news values“ (S. 61). Eingerahmt werden die<br />

Originalkommentare der Beteiligten stets von<br />

einem vorgeschalteten Literaturbericht und<br />

einer Würdigung und Zusammenfassung der<br />

Ergebnisse, wobei der Schwerpunkt eher auf<br />

den Zusammenfassungen liegt. Ein kompakter<br />

Überblick ist somit schnell erreicht, wenn sich<br />

die Lektüre auf die jeweiligen Schlussseiten der<br />

Unterkapitel konzentriert. Verloren geht dann<br />

559


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

aber für den Leser die eigentliche Originalität<br />

der Studie. Selbstverständlich lassen sich alle<br />

hier gegebenen Anregungen und Befunde in so<br />

genannte large scale-Surveys integrieren. Aber<br />

für die „sociological imagination“, die Zahlen<br />

und Statistiken erst Leben einhaucht, liefert<br />

„TV Living“ viele anschauliche und unmittelbare<br />

Beispiele.<br />

„TV Living“ ist ein Plädoyer für Differenzierung,<br />

ohne die Sicht auf Gemeinsamkeiten<br />

zu verlieren. Die These einer Fragmentierung<br />

des Publikums wird ebenso relativiert wie eine<br />

aus Sicht der Verfasser in der Vergangenheit<br />

überzeichnete Differenz zwischen männlichen<br />

und weiblichen Fernsehpräferenzen. Ebenso<br />

wird in einem sehr umfangreichen Kapitel bestätigt,<br />

dass die Funktionsvielfalt eines Mediums<br />

mit dem Erreichen einer bestimmten Altersgrenze<br />

nicht verschwindet. Selbstverständlich<br />

haben ,retired persons‘ nun mehr Zeit als<br />

vorher, und damit mehr Möglichkeiten, sich<br />

den Freizeitangeboten zu widmen. Aber dennoch,<br />

und das ist wiederum ein interessanter<br />

Befund, wirkt gerade bei den älteren Zuschauern<br />

eine „work ethic“ (S. 185) nach, die es beispielsweise<br />

verbietet, bereits am helllichten<br />

Tage das Fernsehen einzuschalten. Ein 60jähriger<br />

pensionierter Ingenieur schrieb beispielsweise<br />

in sein Tagebuch: „[…] My TV watching<br />

is exactly the same as before except that<br />

as I don’t go out in the evenings I don’t have to<br />

record so much! I rarely watch TV during<br />

,working‘ hours unless it is snowing or something,<br />

as I feel slightly guilty that I’m not getting<br />

on with some job and with three and a half<br />

acres to look after no wonder.“ (S. 185)<br />

Nicht zuletzt erlaubt die Längsschnittbetrachtung<br />

den Nachweis von Diskontinuitäten<br />

und Brüchen in der <strong>Medien</strong>erfahrung und -bewertung.<br />

Besonderes Augenmerk legen die<br />

Verfasser in diesem Zusammenhang auf die Beurteilung<br />

der Gewaltdarstellungen im Fernsehen,<br />

im weiteren Sinne auf die Verwendung<br />

von „bad language“ (S. 275). Es zeigt sich eben<br />

nicht nur eine distanzierte Haltung zu übertriebener<br />

Gewalt im Fernsehen, sondern auch eine<br />

ebensolche zur diesbezüglichen <strong>Medien</strong>berichterstattung,<br />

die häufig als einseitig und unsensibel<br />

eingestuft wird. So ergibt sich eine Mischung<br />

aus typischen und kritischen Antworten<br />

auf die Frage, was <strong>Medien</strong>angebote alles<br />

ausrichten können.<br />

Eine Gewichtung der vielen Informationen,<br />

Meinungen und Bewertungen nehmen die Au-<br />

560<br />

toren nicht vor. Es dürfte angesichts der Methodik<br />

und der thematischen Breite auch kaum<br />

möglich gewesen sein. Zumindest geben<br />

Gauntlett und Hill aber der Hoffnung Ausdruck,<br />

„[…] that we have shown the audience<br />

being thoughtful, critical and creative consumers<br />

of broadcast television, aware and somewhat<br />

cautious about its place in their everyday<br />

lives.“ (S. 293) Dieser Grundhaltung entspricht<br />

auch der Kommentar einer 78-jährigen Frau,<br />

die ihren eigenen Anspruch zugleich mit einer<br />

Aufforderung an die Verantwortlichen in den<br />

<strong>Medien</strong> verknüpft: „I have always tried to answer<br />

diary questions honestly. I am aware of<br />

my prejudices but I don’t think flabby answer<br />

und wishy washy criticisms are of much use to<br />

Audience Study. It is important to me that the<br />

impression of criticism should not be interpreted<br />

as ammunition for controlling what<br />

producers put on screen. I feel that every producer<br />

should be constantly reminded of the<br />

powerful effect of their work. They should always<br />

be encouraged to feel responsible for<br />

what they do. As a viewer I am very grateful to<br />

them for all the effort they put in – even when<br />

I dislike the results.“ (S. 290) Engagement und<br />

Distanzierung gehen eben häufig Hand in<br />

Hand.<br />

Michael Jäckel<br />

Ingrid Volkmer<br />

News in the Global Sphere<br />

A Study of CNN and its Impact on Global<br />

Communication<br />

Luton: University of Luton Press 1999. –<br />

237 S.<br />

ISBN 1-86020-554-2<br />

Worum geht es in Ingrid Volkmers Monographie?<br />

Anders als im Untertitel versprochen, beschäftigt<br />

sich die Autorin im empirischen Part<br />

ihrer Studie jedenfalls nicht mit dem Einfluss<br />

des Cable News Network (CNN) auf die globale<br />

Kommunikation. Stattdessen bietet das<br />

Buch erstens einen breit angelegten Überblick<br />

über theoretische Ansätze, die sich mit transnationaler<br />

respektive transkultureller Kommunikation<br />

beschäftigen. Zweitens liefert es, auf der<br />

Grundlage von fünf Leitfadengesprächen mit<br />

Mitarbeitern des Senders, Einschätzungen zu<br />

Aspekten journalistischer Arbeit bei CNN.<br />

Und drittens werden die Ergebnisse einer In-


haltsanalyse von 397 Beiträgen der Sendung<br />

CNN World Report präsentiert.<br />

Relevant für den weiteren <strong>wissenschaft</strong>lichen<br />

Diskurs ist – folgt man Daya Kishan<br />

Thussu und seiner kürzlich vorgelegten Bestandsaufnahme<br />

zur „International Communication“<br />

– vor allem dieser dritte Teil: Volkmers<br />

Befunde liefern Indikatoren für die These, dass<br />

der World Report, der in Kooperation mit mehr<br />

als 100 Rundfunkorganisationen in aller Welt<br />

entsteht, ein Schlüsselfaktor für die internationale<br />

Akzeptanz und das Wachstum von CNN<br />

war. Ich widerspreche Thussu zwar nicht, bewerte<br />

aber den Forschungsüberblick als durchaus<br />

lesenswerte Lektüre, obgleich er weder dezidierte<br />

Spuren in der empirischen Studie hinterlässt<br />

noch zu einem eigenständigen theoretischen<br />

Konzept führt.<br />

Im Kern argumentiert Volkmer so: Die<br />

meisten Annäherungen an das Themenfeld „internationale<br />

Kommunikation“ könnten die<br />

globale Dimension von <strong>Medien</strong>kommunikation<br />

nicht hinreichend beschreiben. Geeignet<br />

dafür sei jedoch der „global culture“-Ansatz,<br />

entwickelt u. a. von Featherstone und Robertson.<br />

Ausgehend von Robertsons Kategorie<br />

der „global human condition“ als Ausdruck eines<br />

zunehmend global verbreiteten „humankind“-Bewusstseins<br />

könne eine „global civil<br />

society“ identifiziert werden, innerhalb derer<br />

globale politische Kommunikation operiere.<br />

Globale Kommunikation führe zur Konstruktion<br />

einer „global public sphere“, die ein neues<br />

Handlungsfeld für politische Akteure darstelle<br />

und die Emergenz einer globalen Zivilgesellschaft<br />

befördere. Um globale Kommunikation,<br />

etwa die Angebote von CNN, zu klassifizieren,<br />

eigneten sich – statt der häufig benutzten Kategorie<br />

der „Foreignness“ – besser die klassischen<br />

philosophischen Begriffe „Universalism“ und<br />

„Particularism“. Beide seien qualitative Pole,<br />

zwischen denen globale politische Kommunikation<br />

zu oszillieren scheine.<br />

Dieser begriffliche Rahmen, auf den ersten<br />

Buchseiten angedeutet, wird in der Studie jedoch<br />

nicht – und das ist mein Haupteinwand –<br />

im Detail ausgearbeitet und konsequent auf die<br />

empirische Untersuchung bezogen. Zu besichtigen<br />

ist dagegen ein Supermarkt von Ansätzen<br />

und Befunden, die für das Thema (irgendwie)<br />

relevant sind. In den Regalen finden sich Boyd-<br />

Barrett, Cooley, Eisenstadt, Galtung, Gerbner,<br />

Giddens, Habermas, Hall, Höhne, Husserl,<br />

Lerner, Luhmann, McLuhan, Robertson,<br />

Besprechungen<br />

Schiller, Schramm, Spinner, Stephens, Wilke –<br />

und andere. Deren Überlegungen und Ergebnisse<br />

werden dargestellt, in zentralen Aspekten<br />

kritisiert und manche interessanten Schlussfolgerungen<br />

gezogen. Die bleiben freilich unverbunden.<br />

Ein Konzept entsteht nicht. Und das<br />

hat Konsequenzen – für die empirische Untersuchung<br />

wie für die Darlegung theoretischer<br />

Ansätze.<br />

In theoretischer Hinsicht kommt es zu Inkonsistenzen.<br />

Dazu ein Beispiel: Zunächst<br />

dient die „global public sphere“ als leitendes<br />

Paradigma (S. 5). Dieses wird später verworfen<br />

und durch die Vorstellung einer „mediation<br />

sphere“ (S. 124) ersetzt, weil der <strong>Medien</strong>bezug<br />

bei der Verteilung und dem Austausch von<br />

Wissen damit besser getroffen werde. Nach<br />

weiteren rund 50 Seiten, mitten in der Darstellung<br />

der empirischen Untersuchung, kehrt<br />

Volkmer zum Ausgangsparadigma zurück und<br />

identifiziert die Sendung World Report als<br />

„mini-global public sphere“ (S. 177). Im letzten<br />

Kapitel, in dem es um die Perspektiven einer<br />

globalen Zivilgesellschaft geht, werden schließlich<br />

eine „traditional public sphere“ und eine<br />

entgegen gesetzte „global media sphere“ unterschieden<br />

(S. 224).<br />

Nach meiner Einschätzung führt das fehlende<br />

theoretische Konzept zu einer unterkomplexen<br />

Auswahl relevanter Variablen bei den beiden<br />

empirischen Untersuchungen, die sich der<br />

Befragung bzw. der Inhaltsanalyse bedienen.<br />

Insbesondere fällt auf, dass die zu Leitbegriffen<br />

erklärten Termini Universalität und Partikularität<br />

keineswegs, wie eigentlich erwartet, intensiv<br />

operationalisiert und in den Untersuchungen<br />

berücksichtigt werden. Und auch generell<br />

werden die empirischen Befunde mit dem<br />

vielfältigen theoretischen Vorbau nur eingeschränkt<br />

verknüpft. Das ist schade, denn mit<br />

Hilfe beider Methoden kommt es zu durchaus<br />

interessanten Einsichten in die Arbeit und das<br />

Programm von CNN. Mit einer wichtigen Einschränkung:<br />

Dass die Inhaltsanalyse einer Bewegtbildsendung<br />

wie dem World Report das visuelle<br />

Material, also die Bewegtbilder selbst,<br />

nicht berücksichtigt, könnte forschungsökonomisch<br />

erklärt werden. Nicht plausibel erscheint<br />

mir die von Volkmer angebotene Erklärung:<br />

„Visual material was not coded because international<br />

news journalism and the presentation<br />

of multicultural ,signs‘ and political codes require<br />

multicultural coders to interpret visual<br />

data correctly.“ (S. 177) Unterliegt denn die Se-<br />

561


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

mantik sprachlicher Zeichen keiner Kulturprägung?<br />

Auch der ergänzende Hinweis, die Präsentation<br />

von Nachrichten werde nicht durch<br />

Bilder, sondern durch Worte dominiert, vermag<br />

keineswegs zu überzeugen.<br />

Mein Fazit fällt dementsprechend ambivalent<br />

aus: Wer sich mit CNN beschäftigen<br />

möchte, wird die Studie in die eigene Arbeit<br />

einbeziehen. Wer sich einen Überblick über<br />

die vielfältigen Ansätze transnationaler und<br />

transkultureller <strong>Kommunikations</strong>forschung<br />

verschaffen will, kann auf das Werk zurückgreifen.<br />

Wer nach neuen differenzierten und<br />

konsistenten Konzepten für die Beschreibung<br />

globaler Kommunikation sucht, wird Anregungen<br />

erhalten. Nicht mehr.<br />

Martin Löffelholz<br />

Wolfgang Hoffmann-Riem<br />

Regulierung der dualen Rundfunkordnung<br />

Grundfragen<br />

Baden-Baden: Nomos 2000. – 374 S.<br />

(Materialien zur interdisziplinären <strong>Medien</strong>forschung;<br />

37)<br />

ISBN 3-7890-6577-3<br />

Das Rundfunkrecht gehört wie seit Jahrzehnten<br />

auch weiterhin zu den politisch und verfassungsrechtlich<br />

hochumstrittenen Gebieten. In<br />

diesen Auseinandersetzungen hat sich der Autor<br />

seit Jahrzehnten politisch und rechtlich engagiert<br />

– als Staatsrechtslehrer, als Leiter des<br />

Hans-Bredow-Instituts, als Gutachter und als<br />

politischer Bürger; drei Dutzend in diesem<br />

Band zitierte eigene Vorveröffentlichungen aus<br />

fast 30 Jahren verdeutlichen die Hartnäckigkeit<br />

und Nachhaltigkeit dieses Engagements, das<br />

sich oft auch an konkreten rundfunkpolitischen<br />

Konflikten entzündet hat. Demgegenüber<br />

zieht dieses Buch auf eine von konkreten<br />

Konflikten abgehobene, auf „Grundfragen“<br />

zielende Zwischenbilanz der geltenden Rundfunkverfassung.<br />

Es geht um den Versuch einer<br />

gegenüber früheren „Lagern“ und Kontroversen<br />

(und damit auch sich selbst) distanzierte<br />

(vgl. z. B. S. 27, 89 138) „Vergewisserung“ des<br />

Diskussionsstandes und der „Zukunftstauglichkeit“<br />

der Rundfunkordnung (S. 16); der<br />

Autor betreibt insofern <strong>wissenschaft</strong>liche Vorratspolitik<br />

im Blick auf denkbare rundfunkpolitische<br />

Konflikte der Zukunft und argumentiert<br />

in einer nur wenigen Autoren verfügbaren<br />

562<br />

multidisziplinären Mischung, die ständig die<br />

verfassungs- und rundfunkrechtlichen, die politischen,<br />

wirtschaftlichen, soziologischen und<br />

psychologischen Argumentationsebenen einander<br />

zuzuordnen sucht. Eine 20-seitige Zusammenfassung<br />

(S. 315–334) und ein Stichwortregister<br />

(S. 369–374) verhelfen dem Buch<br />

auch formal zu einer vermutlich materiell diskussionsbestimmenden<br />

Kraft, die über die Zeit<br />

hinaus reichen könnte, in der der Autor für die<br />

hier angesprochenen Probleme der zuständige<br />

Berichterstatter des Bundesverfassungsgerichts<br />

sein wird.<br />

Der Inhalt widmet sich im I. Teil (S. 21–86,<br />

Mitautor: M. Eifert) der Herausbildung der<br />

dualen Rundfunkordnung mit ihrem Nebeneinander<br />

von kommerziellem und öffentlichrechtlichem<br />

Rundfunk als Folge des Privatisierungsdrucks<br />

aufgrund neuer technischer Möglichkeiten<br />

und ihrer schrittweisen Akzeptanz<br />

durch Politik und Verfassungsjudikatur. Auch<br />

wenn dieser Entwicklung keine systematisch<br />

entwickelte Ordnungspolitik zugrundegelegen<br />

habe (S. 24), so lassen sich ihr doch „Konstruktionsbausteine“<br />

einer konzeptionellen Ordnung<br />

entnehmen (S. 32 ff.), die vor allem in der<br />

„strukturellen Diversifikation“ i. S. eines umfassenden<br />

publizistischen Wettbewerbs zweier<br />

grundverschiedener Organisationstypen mit je<br />

eigenen Stärken und Schwächen gesehen werden<br />

(S. 34 f., aufgenommen z. B. S. 67 ff., 171 ff.,<br />

292 ff., für die zukünftige Informationsordnung<br />

prospektiv S. 306 ff.). Beide sind gleichwohl<br />

vielfältig miteinander verknüpft (S. 41 ff.) und<br />

können sich wechselseitig kompensieren<br />

(S. 68 f.): Publizistisch können z.B. an die Vielfaltsanforderungen<br />

der kommerziellen Rundfunkanbieter<br />

wegen der Existenz des öffentlichrechtlichen<br />

Rundfunks Abstriche zugelassen<br />

werden (S. 33, 67, 215 ff.); ökonomisch stehen<br />

sie im Bereich der Werbefinanzierung in asymmetrischer<br />

Konkurrenz (S. 25 f., 60 ff.); auch<br />

wird z. B. das Wettbewerbsrecht auch gegen das<br />

öffentlich-rechtliche Landesmedienrecht aktiviert<br />

(S. 47 ff., 171 ff.). Die Europäisierung der<br />

Rundfunkordnung und der Übergang zur Multimediaordnung<br />

mit ihren Konvergenzperspektiven<br />

stellen diese duale Rundfunkordnung vor<br />

neue Herausforderungen (S. 74 ff., 80 ff.), die<br />

unverändert eine Rundfunkregulierung gebieten.<br />

Teil II (S. 87–150) widmet sich den Zielen und<br />

Anlässen einer solchen Rundfunkregulierung,<br />

die nach Überwindung der Frequenzknappheit


(S. 89 ff) einer rundfunkspezifischen Neuakzentuierung<br />

bedarf: Maßgebliche Rechtfertigungsgründe<br />

bleiben insoweit unverändert: die<br />

Sicherung der Vielfalt an Meinungen, Programmen,<br />

Anbietern u. a. gegenüber dem Machtpotenzial<br />

des Rundfunks (S. 92 ff., 98 ff., 102 ff.,<br />

304) und die kommunikative Chancengerechtigkeit<br />

für jeden Bürger (S. 100 ff.), einschließlich<br />

von dessen kommunikativer Kompetenz;<br />

sie werden durch ökonomische Entfaltungsinteressen<br />

eher gefährdet, wie sich theoretisch<br />

stringent einerseits aus den strukturellen Besonderheiten<br />

des Rundfunkmarktes ableiten<br />

lässt (S. 118 ff.), andererseits aus den Risiken<br />

beim Umbruch der <strong>Medien</strong>landschaft<br />

(S. 124 ff.). Namentlich dem Ziel der „Zugangschancengerechtigkeit“<br />

für die Kommunikatoren<br />

und Nutzer wird als „neue soziale Frage“<br />

wachsende Bedeutung beigemessen (S. 136 ff.).<br />

Teil III (S. 181–178) gilt „Grundfragen der<br />

Regulierung“ und nimmt Bezug auf die allgemeine<br />

Steuerungsdiskussion und die Leistungsfähigkeit<br />

von Recht und erörtert vor diesem<br />

Hintergrund, namentlich der Leitvorstellung<br />

einer „hoheitlich regulierten Selbstregulierung“<br />

(S. 154 ff., 320 f.), die Grenzen und<br />

Möglichkeiten einer erfolgreichen <strong>Medien</strong>aufsicht<br />

(S. 161 ff., s. schon S. 51 ff.), die weltweit<br />

eher durch Aufsichtsversagen gekennzeichnet<br />

sei (S. 163). Nur eine ganzheitliche Berücksichtigung<br />

aller Teilrechtsordnungen (und nicht<br />

etwa nur des Wettbewerbsrechts) kann zu einer<br />

effektiven Regulierung durch Rahmen- und<br />

Strukturvorgaben führen (S. 168 ff., 323 f.).<br />

Diese allgemeinen Vorüberlegungen werden<br />

in Teil IV (S. 179-256) anhand ausgewählter aktueller<br />

Vorschläge zur „Umsteuerung“ und<br />

Überprüfung der Funktionstauglichkeit des<br />

geltenden Rechts konkretisiert. Der Autor plädiert<br />

– einmal – politisch im Namen der Staatsfreiheit,<br />

der publizistischen Wettbewerbsfähigkeit<br />

und der Integrations- und Komplementaritätsfunktion<br />

des öffentlich-rechtlichen Rundfunks<br />

in sorgfältiger Anti-Kritik einschlägiger<br />

Vorschläge gegen Begrenzungen des Programmauftrags<br />

oder der Anzahl oder Arten der<br />

Programme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks<br />

(S. 185 ff., 201 ff., 206 ff., 215 ff., zsfssd.<br />

S. 325 f.) und hält auch eine bestimmtere Fassung<br />

des gesetzlichen Programmauftrags für<br />

entbehrlich (S. 191), weil es verfassungsrechtlich<br />

keine Schutzzone privaten Rundfunks vor<br />

publizistischem Wettbewerb durch öffentlichrechtlichen<br />

Rundfunk gebe (S. 199 f.), auch<br />

Besprechungen<br />

nicht auf dem Gebiet massenattraktiver Unterhaltung<br />

(S. 222 ff.). Er plädiert – ferner – für<br />

Entwicklungsmöglichkeiten des öffentlichrechtlichen<br />

Rundfunks auch i. S. aller Möglichkeiten<br />

der Einbeziehung des Internet<br />

(S. 227 ff.), wobei der Rundfunkbegriff funktional<br />

auch auf bestimmte Online-Dienste erstreckt<br />

wird (S. 231 ff.) und letztlich auf die Entscheidung<br />

des Gesetzgebers abgestellt wird,<br />

ohne dass darin eine neue Qualität gesehen wird<br />

(S. 244). Weiterhin werden diskutiert: die Möglichkeit<br />

einer Neuregelung der Finanzierungsquellen<br />

für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk<br />

durch Werbeverbote, durch Pay-TV oder<br />

durch Steuermittel (jeweils z. T. eingeschränkt<br />

bejahend: S. 246 ff.).<br />

Teil V (S. 257–302) nimmt die Steuerungsproblematik<br />

erneut auf, differenziert nach der<br />

privatwirtschaftlichen und der öffentlichrechtlichen<br />

Säule sowie ihrem Zusammenspiel.<br />

Für die privatwirtschaftliche Steuerungslogik<br />

gilt das Prinzip der Selbstregulierung, das<br />

durch Stichworte charakterisiert wird wie:<br />

Markt, Privatrecht, Privatautonomie, Eigennutz,<br />

Verdienen, Wirtschaftsfreiheiten, Unternehmensbezug,<br />

Marktbezug, wirtschaftlicher<br />

Wettbewerb, Selbsthilfe- und Selbstkontrolleinrichtungen<br />

der <strong>Medien</strong>wirtschaft (S. 259 ff.);<br />

die Rechtsaufsicht erfolgt durch prinzipiell hoheitlich<br />

agierende Landesmedienanstalten, die<br />

allerdings praktisch weithin auf die Regulierten<br />

einzugehen suchen. Im scharfen Kontrast dazu<br />

sind die maßgeblichen Ordnungsprinzipien der<br />

Selbstregulierung in der öffentlich-rechtlichen<br />

Säule: die „dienende“ Freiheit jenseits von<br />

privatnützigen Gewinninteressen (S. 274 f.) mit<br />

spezifischen (Selbstregulierungs-)Strukturen<br />

der organisationsinternen Selbstregulierung<br />

z. B. durch Rundfunk- und Verwaltungsräte,<br />

der Orientierung allein am publizistischen<br />

Wettbewerb u. a. durch ein Qualitätsmanagement<br />

i. S. einer Public-Serivce-Orientierung<br />

(S. 276 ff., 278 ff., 280 ff.) und der effizienzbezogenen<br />

selbstregulierenden Wirtschaftlichkeitskontrollen<br />

in Kompensation zum Verzicht<br />

auf eine Marktsteuerung (S. 285 ff.). Diese<br />

Elemente der Selbstregulierung werden<br />

durch solche der Außensteuerung ergänzt:<br />

Rechtsaufsicht, Rechnungshofkontrolle, Finanzbedarfsprüfung<br />

der KEF, Öffentlichkeit<br />

(S. 288 ff). Typischerweise sind beide Säulen<br />

nicht durch gegenständliche Programmbegrenzungen<br />

einander zugeordnet (S. 295 ff.), stehen<br />

aber in einem wechselseitigen Ergänzungsver-<br />

563


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

hältnis, dessen Berücksichtigung schonendere<br />

hoheitliche Interventionen erlaube (S. 296 f.),<br />

auch i. S. einer Auffangvorsorge (S. 299 ff.). –<br />

Ein kurzer abschließender Ausblick (Teil VI,<br />

S. 303–312) skizziert die bleibende Aktualität<br />

der skizzierten Prinzipien auch für die zukünftige<br />

ausdifferenzierte <strong>Medien</strong>- und Informationsordnung.<br />

Für eine kritische Analyse springen einige<br />

charakteristische Eigenarten ins Auge:<br />

(a) Obwohl es sich ihrer Intentionen nach<br />

nicht um eine spezifisch verfassungsrechtliche<br />

Studie handelt, spielt die Rechtsprechung des<br />

BVerfG für den Autor weiterhin eine maßgebliche,<br />

die Ausgangs- und Richtpunkte bestimmende<br />

Rolle als „Korridor für medienpolitische<br />

Gestaltung“ (S. 19). Das gilt nicht nur im<br />

Blick auf den Status quo und seine Geschichte<br />

(z.B. S. 25, 32 ff., 65 f., 181), sondern auch bei<br />

der Suche nach neuen Lösungen bzw. Lösungsrichtungen<br />

(z. B. S. 112 ff., 128); eine Basis<br />

bleibt z. B. die Unterscheidung zwischen<br />

Schranken- und Ausgestaltungsregelungen<br />

(S. 95 ff., 106 ff., 114 ff., 131, 168 ff. pass.), ohne<br />

dass die Schwierigkeiten ihrer nicht immer<br />

willkürfreien Abgrenzung allein durch ihre unterschiedlichen<br />

Ziele (S. 98 ff.) allzu sehr vertieft<br />

würden.<br />

(b) Dieser Rechtsprechung korrespondiert<br />

eine für diese Studie fundamentale Zäsur, die<br />

die Qualität der Rundfunkordnung konstituiert:<br />

die Unterscheidung zwischen publizistischem<br />

und ökonomischem Wettbewerb (z.B.<br />

S. 32 ff., 47 f., 172 ff., 278 ff., 293, 295, 309 f.).<br />

Insbesondere die Dynamik marktwirtschaftlicher<br />

Entwicklungen, z. B. betreffend den Werbemarkt<br />

(S. 45 ff.), die Ausdifferenzierung der<br />

Rundfunkveranstaltungen mit ihren Verwertungsketten<br />

bzw. „Wertschöpfungsnetzwerken“<br />

(S. 70 ff., 81 f., 85 f., 110, 145 f.) oder die<br />

Konzentrationskontrolle (S. 52 ff.) aufgrund<br />

des ökonomischen Wettbewerbs mit seinen<br />

„Vermachtungsrisiken“ (z. B. S. 48, 52, 127 f.,<br />

145 ff., 304) stehen im Mittelpunkt der Studie.<br />

Ein leitender Gesichtspunkt ist die Abwehr<br />

von Gefahren eines unwiderruflichen Marktversagens<br />

durch „Regulierungsversagen“ (z. B.<br />

S. 53, 128 f.).<br />

(c) Mit der ökonomischen Analyse eng verbunden<br />

ist die starke methodische Orientierung<br />

an den tatsächlichen Verhältnissen. Auf diese<br />

Weise wird einerseits immer wieder der neueste<br />

soziale Wandel reflektiert, z. B. die technischen<br />

Neuerungen im <strong>Medien</strong>sektor mit konfliktge-<br />

564<br />

nerierenden Folgen (z. B. S. 15, 26, 41 ff., 138 ff.<br />

betr. Zugangsprobleme, 227 f.) oder die ökonomischen<br />

Veränderungen in der <strong>Medien</strong>wirtschaft<br />

und ihrer Märkte (z. B. S. 18, 81 f.,<br />

124 ff.); andererseits wird durch empirischanalytische<br />

Folgenanalysen in funktionaler Betrachtung<br />

die Richtigkeit juristischer Annahmen<br />

reflektiert (z. B. S. 112 ff., 208 ff., 225, 231,<br />

250) bis hin zur Auflösung oder Verunklarung<br />

des Rundfunkbegriffs (s. näher S. 84 ff., 229 ff.).<br />

(d) Durchgängig wird auch die internationale<br />

Entwicklung vergleichend in Bezug genommen<br />

(z. B. S. 89 f., 94 f., 132, 161 f.), jedenfalls<br />

wenn sie den eigenen Argumentationsgang<br />

stützt. Auch versteht es der Verfasser, die verschiedenen<br />

Argumentationsebenen (z. B. verfassungsrechtliche<br />

vs. rundfunkpolitische Argumente)<br />

logisch sorgfältig auseinander zu halten<br />

(z. B. S. 131 ff. betr. politische Reaktionen<br />

auf Fehlentwicklungen; S. 234, 242 betr. die<br />

Unterscheidung von verfassungsrechtlichem<br />

und einfachem Rundfunkbegriff), andererseits<br />

die verschiedenen Ebenen stets auch miteinander<br />

in Beziehung zu setzen.<br />

(e) Das alles ist nur möglich durch eine das<br />

Buch allenthalben kennzeichnende Fähigkeit<br />

zur theoretischen Durchdringung, die bloße<br />

Rechtsdogmatik oder Jurisprudenz i. e. S. überschreitet<br />

bzw. deren Stellenwert richtig einzuordnen<br />

weiß. Auf diese Weise begegnet man<br />

nicht nur einer hohen Differenzierung- und<br />

Systematisierungskraft (z. B. S. 99 f.; zur Differenz<br />

von Interesse und Position: S. 164 ff.) und<br />

findet allenthalben Verknüpfungen mit allgemeinen<br />

theoretischen Diskussionen (z. B. zu<br />

den verschiedenen Arten von Steuerung<br />

S. 153 ff.); freilich schlägt auch die sozial<strong>wissenschaft</strong>lich<br />

imprägnierte Begrifflichkeit auf<br />

die nicht immer jargonfreie sprachliche Gestaltung<br />

durch (vgl. S. 158, 162 u. ä.), die auch modische<br />

Begriffe prägen will (z. B. „Innovationsverantwortung“,<br />

S. 103). Dahingestellt sei, ob<br />

der Abstraktionsgrad eines Begriffs wie „regulierte<br />

Selbstregulierung“ in seiner Multifunktionalität<br />

nicht ein wenig eine holistische Funktion<br />

gewonnen hat.<br />

Insgesamt erreicht die Studie, auch vor dem<br />

Hintergrund eines wachsenden Rechtfertigungsbedarfs<br />

des öffentlich-rechtlichen Rundfunks<br />

(vgl. S. 164), ihr Ziel: auf höchstem Niveau<br />

den aktuellen Diskussionsstand und die<br />

Rundfunkregulierung <strong>wissenschaft</strong>lich zu bilanzieren<br />

und im Blick auf zukünftige Entwicklungen<br />

grundsätzlich zu überprüfen. Es


wird niemanden verwundern, dass Notwendigkeit<br />

und Entwicklungsfähigkeit des öffentlichrechtlichen<br />

Rundfunks in einem neuen Glanz<br />

erstrahlt.<br />

Helmuth Schulze-Fielitz<br />

Susan J. Drucker / Gary Gumpert (Hrsg.)<br />

Real Law @ Virtual Space<br />

Communication Regulation in Cyberspace<br />

Cresskill: Hampton Press, 1999 – 436 S.<br />

ISBN 1-57273-124-9<br />

ISBN 1-57273-125-7<br />

Die gelegentlich geäußerte Einschätzung, dass<br />

das Internet das Ende der Wissenschaft eingeläutet<br />

hat, ist zweifelsohne selbst ein Ausdruck<br />

desjenigen Phänomens, das sie kritisch zu erfassen<br />

sucht. Allein an der schieren Vielzahl der<br />

Veröffentlichungen zu Rechtsfragen im Internet,<br />

zumeist in Form von im wahrsten Sinne<br />

des Wortes Sammelbänden, lässt sich ablesen,<br />

dass dieses Medium mit seinem zwanghaften<br />

Drang zur Abbildung der Welt in Echtzeit für<br />

die Wissenschaft als einer Wissensform, deren<br />

bestimmende Daseinsform jedenfalls bis gestern<br />

in der gedruckten Publikation bestand,<br />

mehr als nur eine Herausforderung darstellt.<br />

Auch der von Drucker und Gumpert herausgegebene<br />

Band ist nicht frei von gewissen <strong>wissenschaft</strong>lichen<br />

Auflösungserscheinungen. In<br />

ihrem Vorwort gestehen die Herausgeber, dass<br />

sie dieses schrieben, während der Fernseher<br />

lief, um noch die letzten Meldungen auf CNN<br />

zu den neusten Entwicklungen der Regulierung<br />

des Internet verarbeiten zu können. Bei<br />

aller Sympathie, die so viel Offenheit verdient,<br />

muss man aber dennoch feststellen: dem veröffentlichten<br />

Buch, in dem in 19 Beiträgen der<br />

(rechtlichen) Regulierung des Internet nachgegangen<br />

wird, ist so viel gehetzte Atemlosigkeit<br />

leider anzumerken.<br />

Dabei ist bis auf zwei Beiträgen, die sich mit<br />

der E-Mail-Therapie und virtuellen Museen<br />

beschäftigen und damit eher entlegenere Spezialinteressen<br />

bedienen, dem Band durchaus<br />

ein Bemühen um Grundsätzliches, über den<br />

Tag der Veröffentlichung Hinausweisendes anzumerken.<br />

Aus rechtlicher, ökonomischer,<br />

ethischer und kommunikations<strong>wissenschaft</strong>licher<br />

Perspektive nähern sich die Autorinnen<br />

und Autoren des Bandes den Feldern künftiger<br />

Regulierung des Internet. Die Leitfrage des<br />

Besprechungen<br />

Bandes, ob bestehende rechtliche Regelungen<br />

auf das Internet anwendbar sind, bzw. ob und<br />

wo Anpassungsbedarf besteht oder ob es gänzlich<br />

neuer Regelungen bedarf, dürfte allerdings<br />

zu grob und zu nahe liegend sein, um für einen<br />

solchen Sammelband ein fokussierendes Bindeglied<br />

herzustellen. Zu den Fragen der Pornografieregulierung,<br />

des Urheberrechts, des Datenschutzes,<br />

der (unerwünschten) Werbung<br />

und des Ehrenschutzes bietet diese Publikation<br />

zwar einen guten Überblick über die in den<br />

USA diskutierten Gerichtsverfahren – doch<br />

darüber hinaus Verallgemeinerbares und Zukunftsweisendes<br />

zu extrahieren, damit tun sich<br />

die Beiträge meist – verständlicher Weise – ungleich<br />

schwerer. In Anlehnung an Kierkegaard<br />

weist Donald Fishman in seinem Beitrag ganz<br />

zutreffend auf ein grundlegendes epistemologisches<br />

Problem hin: „We live forwards but we<br />

understand backwards.“ Es ist daher wenig<br />

überraschend, dass die Darstellung und Aufarbeitung<br />

bestehender, nicht für das Internet entwickelter<br />

Regelungen den größten Raum in<br />

dieser Publikation einnehmen.<br />

Aufschlussreich ist dabei aus deutscher Perspektive<br />

vor allem das, was in dem Sammelband<br />

nicht behandelt wird. Obwohl das First<br />

Amendment, das in den USA den verfassungsrechtlichen<br />

Schutz der <strong>Kommunikations</strong>- und<br />

<strong>Medien</strong>freiheit gewährleistet, noch in der Einleitung<br />

der Herausgeber als eine Art Super-<br />

Rechtsprinzip des Cyberspace beschrieben<br />

wird, das als übergeordnetes Prinzip die Lösung<br />

rechtlicher Einzelkonflikte leiten soll,<br />

wird es lediglich von den vier Beiträgen, die<br />

sich mit der Regulierung von Pornografie im<br />

Internet beschäftigen, positiv in Bezug genommen.<br />

Dort allerdings nur als Beschränkung des<br />

staatlichen Handlungsradius. Dies entspricht<br />

ganz einem in den USA in den vergangenen<br />

Jahren allgemein zu verzeichnenden Trend.<br />

Stand noch bis in die 1970er Jahre der Schutz<br />

politischer Kommunikation ganz im Zentrum<br />

des First Amendment, so ist in der jüngeren<br />

Vergangenheit die Frage nach den zulässigen<br />

Grenzen der Regulierung von Pornografie zunehmend<br />

in den Vordergrund gerückt. Bemerkenswert<br />

ist dabei, dass die für den in den USA<br />

besonders ausgeprägten Schutz der politischen<br />

Kommunikation entwickelten Argumentationsfiguren<br />

mehr oder weniger direkt auf pornografische<br />

<strong>Kommunikations</strong>inhalte und –formen<br />

angewandt werden; so etwa wenn die Anhänger<br />

einer radikalen politischen Minderheit<br />

565


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

mit den Anhängern sexueller Vorlieben, die<br />

von der Mehrheit nicht geteilt und sogar strikt<br />

abgelehnt werden, gleich gesetzt werden. Dabei<br />

gründet sich (auch in den USA) der besondere<br />

Schutz der <strong>Kommunikations</strong>freiheit auf deren<br />

besonderes Näheverhältnis zum demokratischen<br />

Prozess. Mit der Loslösung der etablierten<br />

Argumentationsfiguren von ihrer demokratischen<br />

Fundierung ist aber eine Tendenz zu<br />

einer formalistisch-mechanistischen Jurisprudenz<br />

zu beobachten, die auch die vorliegenden<br />

Beiträge zur Regulierung von Pornografie im<br />

Internet auszeichnet. So beschränken sich alle<br />

vier Beiträge im Grunde darauf zu bestimmen,<br />

welcher der von der Rechtsprechung für die<br />

unterschiedlichen <strong>Kommunikations</strong>mittel entwickelten<br />

Maßstäbe bei der Pornografieregulierung<br />

auf das Internet Anwendung finden<br />

sollte. Den strengsten Anforderungen unterliegt<br />

dabei die Regulierung von Telefonsexanbietern,<br />

eine Mittelposition nimmt das Kabelfernsehen<br />

ein und den größten Spielraum wird<br />

dem Gesetzgeber schließlich beim terrestrischen<br />

Rundfunk zugebilligt. Alle vier Beiträge<br />

halten sich strikt in den Bahnen dieses Schemas<br />

und gelangen mit leichten Variationen in der<br />

Begründung ihrer Analogien zu dem Ergebnis,<br />

dass weit reichende Einschränkungen der Verbreitung<br />

pornografischer Materialien im Internet,<br />

wie sie der inzwischen vom Supreme Court<br />

aufgehobene Communications Decency Act<br />

vorsah, nicht mit dem First Amendment zu<br />

vereinbaren sind.<br />

In einem der einleitenden Beiträge weist<br />

Harvey Jassem jedoch sehr zutreffend darauf<br />

hin, dass die „medienspezifische“ Differenzierung<br />

der First Amendment-Dogmatik zum<br />

Teil eher auf technologischen Spitzfindigkeiten<br />

basiert, die die gesellschaftliche und normative<br />

Begründung für die <strong>Medien</strong>regulierung<br />

in den Hintergrund haben treten lassen. Weil<br />

die traditionelle public interest-Regulierung<br />

des terrestrischen Rundfunks, die den kommerziellen<br />

Rundfunkveranstaltern abverlangte,<br />

Rundfunk nicht nur im Dienste ihrer privaten<br />

Interessen zu betreiben, zu eng mit der<br />

technologischen Sondersituation (Frequenzknappheit,<br />

Wellenchaos ohne Regulierung)<br />

des terrestrischen Rundfunks verkoppelt worden<br />

war, sei eine Übertragung dieser Regulierungsphilosophie<br />

auf „neue“ <strong>Medien</strong> wie das<br />

Kabelfernsehen unterblieben. Bei einer Rückbesinnung<br />

auf die demokratietheoretischen<br />

Grundlagen der public interest-Regulierung,<br />

566<br />

so argumentiert Jassem, biete dieser Ansatz<br />

aber ein nach wie vor zukunftweisendes Modell<br />

für die <strong>Medien</strong>regulierung. Bemerkenswert<br />

ist, dass Jassem aus dem First Amendment<br />

nicht nur keine Unterstützung für die<br />

von ihm geforderte demokratische Rückbesinnung<br />

schöpft, sondern im Gegenteil in dem<br />

mittlerweile vorherrschenden Verständnis der<br />

<strong>Kommunikations</strong>- und <strong>Medien</strong>freiheit in den<br />

USA eines der größten Hemmnisse einer demokratischen<br />

Rückbesinnung der <strong>Medien</strong>regulierung<br />

ausmacht.<br />

Auch der Beitrag von David Donelly, der<br />

sich mit den Problemen der Sicherung der freien<br />

Meinungsbildung angesichts der zunehmenden<br />

Kommerzialisierung des Internet auseinandersetzt,<br />

erkennt im First Amendment<br />

eher eine Verstärkung denn Ansätze zu einer<br />

möglichen Lösung des Problems, dass „[t]he<br />

Internet is becoming, like other media, a place<br />

where most of the information exchanged is<br />

provided by producers and consumed by consumers.“<br />

Hintergrund für diese pessimistischen<br />

Einschätzungen hinsichtlich der Auswirkungen<br />

der <strong>Kommunikations</strong>- und <strong>Medien</strong>freiheit<br />

auf den Zustand der Kommunikation<br />

im Internet ist die mittlerweile das First<br />

Amendment ganz dominierende Metapher des<br />

„free marketplace of ideas“, die u.a. zu einer<br />

grundlegenden verfassungsrechtlichen Gleichstellung<br />

von politischer und kommerzieller<br />

Kommunikation geführt hat. Unter der Dominanz<br />

der Marktplatzmetapher hat sich das<br />

First Amendment zu einem bloßen Echo und<br />

Verstärker der Forderung nach einer strikt<br />

marktwirtschaftlichen Organisation der Kommunikation<br />

entwickelt. Aus der Vorherrschaft<br />

der Marktplatzmetapher im Diskurs der <strong>Kommunikations</strong>freiheit<br />

erklärt sich auch die Suche<br />

der Herausgeber, in den Bereichen der Architektur<br />

und der Städteplanung tragfähige Metaphern<br />

für die Gewährleistung einer virtuellen<br />

Entsprechung traditioneller öffentlicher Räume<br />

zu finden, bietet doch die Marktplatzmetapher<br />

hier kaum viel versprechende Anknüpfungspunkte.<br />

So reduziert sich nämlich etwa<br />

für Roy Leeper und Phillip Heeler, die ganz in<br />

dem Marktplatzparadigma des First Amendment<br />

verhaftet sind, die Frage nach der Regulierung<br />

von Werbung im Internet darauf, wie<br />

die einzelnen Rezipienten davor geschützt<br />

werden können, von ihnen nicht gewünschte<br />

Werbebotschaften (junk email) zu erhalten.<br />

Ausgeblendet bleiben somit aber die gesell-


schaftlichen Auswirkungen einer kommerziellen<br />

Durchdringung des Internet, das, wie Howard<br />

Cohen in dem Band noch einmal sorgfältig<br />

nachzeichnet, in seinen Ursprüngen ganz<br />

darauf bedacht war, kommerzielle Einflüsse<br />

fern zu halten.<br />

Dass auch im Bereich des Datenschutzes das<br />

Marktdenken die Erfassung gesellschaftlicher<br />

Folgekosten aufgrund einer individualistischen<br />

Perspektive erschwert, erhellt der Beitrag von<br />

John Monberg. In den USA, wo dieser Bereich<br />

nur bruchstückhaft geregelt ist, gibt es insbesondere<br />

gegenüber privaten Datensammlern<br />

kein umfassendes Recht auf informationelle<br />

Selbstbestimmung. Da aber jede Transaktion<br />

im Internet eine Datenspur hinterlässt und<br />

sich auf diese Weise umfassende Nutzerprofile<br />

erstellen lassen, gibt es ein starkes ökonomisches<br />

Interesse an einem unbegrenzten Sammeln<br />

personenbezogener Daten. Geschützt<br />

gegen diese private Sammelwut sind aber ironischer<br />

Weise nur berühmte Persönlichkeiten,<br />

die selbst ein kommerzielles Interesse an ihrer<br />

Identität haben. Dass aufgrund der durch das<br />

Internet ermöglichten Marketingmethoden<br />

auch die öffentliche Auseinandersetzung Schaden<br />

nehmen könnte, weil sie die Fragen, mit<br />

denen sich die Mitglieder der Gesellschaft<br />

überhaupt noch konfrontieren, „zielgenau“ reduzieren<br />

könnten, beschreibt eine Herausforderung,<br />

die in einem nur auf die individuelle<br />

Selbstbestimmung fokussierten Schema kaum<br />

zu erfassen ist.<br />

Neue Herausforderungen für den Schutz<br />

der öffentlichen Sphäre, die das Aufkommen<br />

des Internet mit sich bringt, streift auch Donald<br />

Fishman in seinem Beitrag zu den intellectual<br />

property rights im Cyberspace. In<br />

der durch das Internet beschleunigten Informationsökonomie<br />

stellen einerseits (urheberrechtsfähige)<br />

„Informationen“ den wichtigsten<br />

Rohstoff dar, andererseits wird das Kopieren<br />

(urheberrechtsgeschützter) „Informationen“<br />

im Internet ohne Qualitätsverlust schneller,<br />

billiger und verbreiteter. Zuzustimmen ist<br />

Fishman darin, dass die von der US-amerikanischen<br />

Rechtsprechung in anderen Bereichen<br />

vorgenommen Differenzierung zwischen rein<br />

reproduktiver Nutzung (Kopie) und produktiver<br />

Nutzung, die dem Original eine eigenständige<br />

Leistung hinzufügt, einen weiter zu<br />

verfolgenden Ansatz darstellt. Fishman unterschätzt<br />

aber selbst die von ihm angedeuteten<br />

grundlegenden Transformationen der Infor-<br />

Besprechungen<br />

mationsökonomie, wenn er meint, dass der<br />

Cyberspace letztlich keine neuen Probleme<br />

aufwerfe, die nicht in der tradierten Abwägung<br />

zwischen den ökonomischen Anreizen für den<br />

Urheber und einem vernünftigen (reasonable)<br />

Zugang der Öffentlichkeit zu bewältigen seien.<br />

Denn wie er selbst ausführt, wird sich das Verhältnis<br />

von Urheber und Nutzer in Zukunft<br />

grundlegend wandeln. Ein nach wie vor in erster<br />

Linie auf Ausschluss konzeptioniertes (intellektuelles)<br />

Eigentumsrecht, wird weder einer<br />

Informationsökonomie noch einer Informationsgesellschaft<br />

gerecht werden in der<br />

“[t]he relationship between owners and users<br />

of copyrighted materials increasingly will become<br />

more collaborative as the conception of<br />

an ‚end user‘ becomes more complicated.“ Da<br />

aber das, was für den Endnutzer gilt, mindestens<br />

genau so auf den (personalen) Urheber<br />

zutrifft, so hätte es nahe gelegen, Überlegungen<br />

dazu anzustellen, wie ein Prinzip der Zugänglichkeit<br />

zukünftig in den Eigentumsbegriff<br />

selbst einzuschreiben ist, um Prosperität<br />

in einer zunehmend auf Kooperation angewiesenen<br />

vernetzten Informationsökonomie zu<br />

gewährleisten, aber eben auch, um den Risiken<br />

des kommerziellen Ausdörrens der öffentlichen<br />

Sphäre in der Informationsgesellschaft zu<br />

begegnen.<br />

Einige der Beiträge dieses Sammelbandes lesen<br />

sich durchaus mit Gewinn, insgesamt wird<br />

er aber den durch seinen Titel geweckten Erwartungen<br />

nicht gerecht. Wir haben uns vielleicht<br />

schon so sehr daran gewöhnt, dass das<br />

Internet das Medium der vollmundigen<br />

Ankündigungen ist, dass enttäuschte Erwartungen<br />

kaum noch der Rede wert scheinen.<br />

Nach der Lektüre von Real Law @ Virtual<br />

Space bleibt aber die bohrende Frage, wie real<br />

der Begriff des Rechts und wie virtuell der<br />

Raum ist, der – nicht nur – in diesem Band verhandelt<br />

wird. Und vor allem: welche Qualität<br />

das mittlerweile ubiquitäre @ als Konjunktion<br />

in <strong>wissenschaft</strong>lichen Zusammenhängen hat.<br />

In dieser Form dürfte es jedenfalls ein heißer<br />

Kandidat sein, das von besonderer akademischer<br />

Ratlosigkeit kündende „und“ noch zu<br />

unterbieten.<br />

Tarik Tabbara<br />

567


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

Isabella-Afra Holst<br />

Realitätswahrnehmung in politischen<br />

Konflikten<br />

Grundlagen einer Theorie der Wissenskluft<br />

Konstanz: UVK, 2000. – 322 S.<br />

ISBN 3-87940-722-3<br />

Die Dissertation von Isabella-Afra Holst liefert<br />

nicht – wie man vielleicht auf Grund des Titels<br />

meinen könnte – eine Diskussion der theoretischen<br />

Grundlagen der Wissenskluft-Hypothese.<br />

Vielmehr handelt es sich um eine empirische<br />

Überprüfung eines Teilbereiches der These,<br />

nämlich der Veränderung von Wissensbeständen<br />

durch <strong>Medien</strong>nutzung bei politischen<br />

Konflikten.<br />

Die Autorin untersucht anhand des Datenmaterials<br />

aus dem von der DFG geförderten<br />

Forschungsprojekt zur „Instrumentellen Aktualisierung“<br />

die Berichterstattung und den individuellen<br />

Wissensbestand zu drei ausgewählten<br />

politischen Konflikten im Jahr 1984. Die<br />

Untersuchung enthält ein einführendes Kapitel<br />

zur Wissensklufthypothese und zur Konfliktanalyse.<br />

Neben zwei Kapiteln zur Methode der<br />

Inhaltsanalysen und Befragungen werden die<br />

zentralen Befunde der Analyse der <strong>Medien</strong>berichterstattung<br />

und des Wissensbestandes der<br />

Befragten dargestellt und in einem abschließenden<br />

Kapitel auf die Ausgangshypothesen der<br />

Wissensklufthypothese bei politischen Konflikten<br />

rückbezogen.<br />

Der große Vorteil, den die Studie hat, ist<br />

gleichzeitig ihr Nachteil: Es handelt sich um<br />

eine Sekundäranalyse vorhandener – aus einem<br />

anderem Begründungs- und Verwertungszusammenhang<br />

entstandener – empirischer Daten.<br />

So hat die Autorin etwa die komplexe, verschachtelte<br />

Struktur der Befragungsdaten aus<br />

dem genannten Projekt optimal genutzt, um<br />

die dynamischen Effekte der Wissensangleichung<br />

in spezifischen Bildungssegmenten der<br />

Bevölkerung zu analysieren und differenzierter<br />

darzustellen, als dies bisher geschehen ist. Sie<br />

kann zum Beispiel die Faktoren für eine Angleichung<br />

von Wissensbeständen zwischen<br />

stark und schwach Gebildeten über die Zeit<br />

hinweg verfolgen und Aussagen über die Lebensdauer<br />

der Kluft und die Geschwindigkeit<br />

der Angleichung machen, wenn individuelle<br />

Betroffenheit und intensive <strong>Medien</strong>berichterstattung<br />

vorliegen.<br />

568<br />

Was der Leser jedoch in diesem Zusammenhang<br />

vermisst, ist ein Abschnitt zur Reoperationalisierung<br />

der Primärerhebungen: Die unterschiedlichen<br />

Kontexte, in denen die Daten<br />

1984 erhoben und 15 Jahre später ausgewertet<br />

wurden, werden an keiner Stelle gegenübergestellt.<br />

Die Rekonzeptualisierung der primären<br />

Operationalisierungsstrategien wird nicht<br />

transparent gemacht. Dies bezieht sich sowohl<br />

auf zentrale Variablen (etwa Fakten- vs. Strukturwissen)<br />

der Befragungen als auch auf die<br />

Auswahl der Untersuchungseinheiten (etwa<br />

Nachrichtenjournale statt Hauptnachrichten<br />

im Fernsehen) für die Inhaltsanalyse.<br />

Darüber hinaus ist das Alter der Daten besonders<br />

an den Stellen ein großer Nachteil, an<br />

denen die Befunde über die basalen Aussagen<br />

der Wissenskluft-Hypothese hinausgehen und<br />

zu einer Differenzierung des Ansatzes beitragen<br />

– etwa bei der Konsonanz und Intensität<br />

der <strong>Medien</strong>berichterstattung: Wir leben heute<br />

in einer im Vergleich zur Mitte der achtziger<br />

Jahre stark gewandelten <strong>Medien</strong>realität. Die<br />

Einführung der privaten Rundfunkmedien hat<br />

nicht nur das Angebot, sondern auch die Nutzungsgewohnheiten<br />

der Rezipienten stark gewandelt;<br />

von der fortschreitenden Wissensvermehrung<br />

und -vernetzung durch neue Technologien<br />

ganz zu schweigen. Die Studie wirft ein<br />

Schlaglicht auf den Zusammenhang von Wissensvermehrung<br />

und Bildung in einer Zeit, die<br />

mit der heutigen <strong>Medien</strong>umwelt nur noch wenig<br />

gemeinsam hat.<br />

Die Studie ist dort ein wichtiger Beitrag zur<br />

Wissenskluft-Forschung, wo es um die grundlegenden<br />

Wechselwirkungen zwischen sozialem<br />

Status und individuellem Wissenserwerb<br />

auf der Seite des Rezipienten geht. Die Mechanismen,<br />

die bezüglich der <strong>Medien</strong>berichterstattung<br />

und ihrer Nutzung untersucht wurden,<br />

bedürfen aus heutiger Sicht – besonders wenn<br />

man den Nutzwert für die journalistische Praxis<br />

erhöhen will – einer Revision.<br />

Joachim Trebbe


Rolf Parr / Matthias Thiele (Hrsg.)<br />

Gottschalk, Kerner & Co<br />

Funktionen der Telefigur „Spielleiter“ zwischen<br />

Exzeptionalität und Normalität<br />

Frankfurt: Suhrkamp 2001. – 266 S.<br />

ISBN 3-518-12175-8<br />

Gerade die Gebrauchsformen des Fernsehens<br />

sperren sich gegen Analyse. Strukturen des<br />

Werks ins Zentrum zu rücken, wie man es aus<br />

den philologischen Wissenschaften gewöhnt<br />

ist, misslingt ebenso wie sich auf einfache <strong>Kommunikations</strong>funktionen<br />

– Informieren, Berichten,<br />

Unterhalten etc. – zu konzentrieren. Die<br />

ästhetischen Strukturen gerade des Standardfernsehens<br />

und seiner Formen sind weitestgehend<br />

unaufgeklärt. John Hartley spricht vom<br />

Fernsehen als „Schmutz“ und meint damit,<br />

dass es sich herkömmlicher Analyse weitestgehend<br />

entziehe. Es lassen sich danach keine eindeutigen<br />

Einheiten für Analyse mehr bestimmen,<br />

es ist nicht als Folge geschlossener Texte<br />

lesbar – und selbst die Vorstellung eines (individuierten<br />

oder kollektiven) Publikums ist<br />

brüchig, weil die Texte des Fernsehens nicht so<br />

sehr auf individuelle Erfahrungswelten, sondern<br />

auf widersprüchliche diskursive Cluster<br />

treffen, die von Individuen nur repräsentiert<br />

seien.<br />

Dass Fernsehen dennoch kein Medium<br />

außerhalb der Analyse und einer theoretischen<br />

Durchdringung sein muss, stellt der vorliegende<br />

Band manchmal eindrücklich unter Beweis.<br />

Er interessiert sich für Unterhaltungsformen<br />

des Fernsehens – Spiel- und Talkshows, Sportsendungen<br />

u. ä. – und er konzentriert sich auf<br />

die Beschreibung der Leistungen der „Spielleiter“,<br />

der Show- und Talkmaster, der Studiomoderatoren<br />

etc. Der Zugang ist evident, bündeln<br />

diese Figuren doch die meisten der zentralen<br />

kommunikativen und sozialen Funktionen der<br />

Show.<br />

Matthias Thiele gibt einen ausgezeichneten<br />

Forschungsüberblick über die <strong>wissenschaft</strong>liche<br />

Reflexion der Fernsehunterhaltungsformen<br />

und die Analyse der Spielfigur „Spielleiter“.<br />

Die meisten vorliegenden Arbeiten verstehen<br />

die Fernsehunterhaltungsformen als Institutionalisierungs-<br />

und Aufführungsformen<br />

sozialer Kommunikation – darum sind Shows<br />

keine Protokolle sozialer Interaktion, sondern<br />

eigene semiotische Gebilde. Spielleiter sind<br />

dann, wie andere öffentliche Figuren auch<br />

Besprechungen<br />

(Stars, Sportler, celebrities), verdichtete polysemische<br />

Zeichenkomplexe und keine realen Figuren.<br />

Die Differenz zwischen der Spiel- und<br />

<strong>Kommunikations</strong>aufführung in der Show und<br />

realer Kommunikation mit allen Beteiligten ist<br />

eine fundamentale ästhetische Qualität dieser<br />

Fernsehformate – das legt zumindest die bisherige<br />

Forschung nahe.<br />

Hervorgegangen ist der Band aus einem Projekt<br />

zum „flexiblen Normalismus“, was erst in<br />

Parrs einleitendem Artikel durchsichtig wird.<br />

Er verbindet drei Zugänge zum Verständnis des<br />

Spielleiters. Zunächst stellt er Funktionen von<br />

Spielleitern vor. Sinnigerweise versteht er darunter<br />

die Einführung und Moderation der anderen<br />

Figuren (Kandidaten, Gäste, Publikum<br />

etc.). Auch die Animation der Kandidaten und<br />

die „Orgiasmierung“ des Publikums rechnen<br />

zu primären sozial-affektiven Aufgaben, die<br />

der Showmaster umzusetzen hat. Ein zweiter<br />

Funktionskreis ist die Transformation von Unerwünschtem<br />

in Erwünschtes, worunter Parr<br />

einen solchen Umgang mit Zufälligkeiten,<br />

Randereignissen und Störungen versteht, dass<br />

sie in eine verwertbare und formatgerechte<br />

Form umgesetzt werden. Der dritte Funktionskomplex<br />

wird vereinfacht „Transpiration“ genannt<br />

– gemeint ist, dass der Showmaster durch<br />

den eigenen Körper die Anstrengung der Arbeit,<br />

den Ernst der Aufgabe und die emotionale<br />

Wirkung des Geschehens ausdrückt sowie<br />

deutlich macht, dass die Show von persönlichem<br />

Belang sei.<br />

Im zweiten Schritt wird der Spielleiter (resp.<br />

die Show) als Ort interdiskursiver Koppelung<br />

angesehen. Ein „Interdiskurs“ ist in der Diskurstheorie<br />

Jürgen Links ein Zusammenbringen<br />

von solchen gesellschaftlichen Teilbereichen<br />

der Praxis oder des Wissens, die gemeinhin<br />

nicht zusammengehören und auch nicht<br />

zusammengebracht werden. Indem nun Showformate<br />

derartige Koppelungen herstellen<br />

(z. B. von solchen Wissenskomplexen wie<br />

„Spanien“, „Spanien-Deutschland“, „Urlaub“,<br />

„eine Spielshow machen“) und auch für Nachfolgekommunikation<br />

öffnen (wie z. B. für Angebote<br />

von Reiseveranstaltern“), erweisen sich<br />

Shows als semantische Synthesebereiche und<br />

als diskursive Produktionsstätten, die das Gesamtfeld<br />

gesellschaftlichen Wissens in Bewegung<br />

setzen. Die Kombinativität des Diskursiven,<br />

die Shows kommunikativ-unterhaltsam<br />

nutzen, ist gleichwohl nicht ungesteuert, sondern<br />

eine Strategie der Normalisierung und der<br />

569


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

Herstellung neuer Vorstellungen dessen, was<br />

„normal“ ist. „Spielshows und eben auch Spielleiter<br />

bringen ständig die verschiedensten Füllungen<br />

dieser Mitte [einer veränderten Normalität]<br />

ein, d. h. sie unterbreiten ständig Vorschläge,<br />

Normalfelder mal rechts und links<br />

oder oberhalb und unterhalb statistischer<br />

Durchschnitte, dann wieder rund um Normativitäten,<br />

um Habitus, Alltäglichkeiten, Üblichkeiten,<br />

Regelmäßigkeiten, Rituale, Routinen,<br />

Sehgewohnheiten usw. zu errichten, und<br />

zeigen zugleich ihre eigene Normalität, Alltäglichkeit,<br />

Durchschnittlichkeit auf, was sie mit<br />

ihrem Publikum verbindet“, heißt es gelegentlich<br />

(36). So entsteht in Parrs Entwurf eine<br />

höchst anregende dreischichtige und dreidimensionale<br />

Analytik von Shows – zum einen<br />

geht es um die inneren sozialen, kommunikativen<br />

und semiotischen Leistungen des Spielleiters<br />

als der Zentralfigur der Show, zum Zweiten<br />

um einen semantischen Bezug zu den erworbenen<br />

gesellschaftlichen Wissenszusammenhängen,<br />

deren implizite Kombinierbarkeit<br />

in Shows als Prinzip einer semiotisch und wissenssoziologisch<br />

grundierten Rezeptionslust<br />

eingesetzt wird, und schließlich um eine Rückwirkung<br />

in die Bereiche von Wissen und Praxis,<br />

indem Shows beständig an Veränderungen der<br />

Vorstellungen dessen arbeiten, was als „normal“<br />

und „alltäglich“ gelten kann.<br />

Mehrfach wird die These Hallenbergers verworfen,<br />

Shows griffen auf die Formen- und Erfahrungswelt<br />

des Spielens zurück. Vielmehr ist<br />

es nach der Ansicht mehrerer Autoren des Bandes<br />

der Test als situative Kleinform, die in<br />

Shows in vielfältiger Form dramatisiert wird.<br />

Peter Friedrich geht in seinem Artikel sogar so<br />

weit, global vom „Testcharakter des Mediums“<br />

zu sprechen (was in dieser Allgemeinheit<br />

durchaus in Zweifel gezogen werden sollte).<br />

Die Annahme, dass Teile der Showunterhaltung<br />

mittels der Störexperimente der Mikrosoziologie<br />

(Friedrich spricht vom „garfinkeln“ als<br />

Methode) hervorgebracht würden, leuchtet zumindest<br />

am Beispiel der Versteckte-Kamera-<br />

Arrangements ein. Auch hier geht es darum,<br />

eine unterstellte Normalität des Wirklichen<br />

und Alltäglichen außer Kraft zu setzen, das Interesse<br />

der Show ist dann darauf gerichtet, wie<br />

die Beteiligten mit der Störung umgehen, sie ignorieren,<br />

sie reparieren, sie normalisieren oder<br />

mit Panik beantworten. Ähnliche Bezüge zu einem<br />

außertelevisionären Szenario weist Michael<br />

Niehaus auf, wenn er sich für therapeutische<br />

570<br />

Aufgaben des Showmasters interessiert. Zwar<br />

steht in den Gesprächsformen der Talkshows<br />

zunächst ein konfrontatives Gegeneinander<br />

der Beteiligten im Zentrum der Inszenierung<br />

(action talk) – gleichgültig, ob es sich dabei um<br />

authentischen Ausdruck von Erfahrung oder<br />

um Rollenspiel handelt. Nun ist action talk<br />

aber nie allein gegeben, sondern führt immer<br />

die Gegensituation des therapeutischen Gesprächs<br />

mit sich (talking cure) – und in allen<br />

Shows des daily talk finden sich Übergänge von<br />

der einen in die andere Form. Gerade im therapeutischen<br />

Sprechen zeigt sich der Spielleiter<br />

als „Diskurspolizist“, er kontrolliert das, was<br />

als „normal“ gelten kann, er sorgt für political<br />

correctness. Sind Spiel- und Talkshows auf der<br />

einen Seite offen und beweglich und ist die<br />

Möglichkeit der interdiskursiven Koppelung<br />

ein produktives und spannungsgeladenes Moment<br />

der Entwicklung des Geschehens, steht<br />

ihm im Aufführungsformat der Show mit dem<br />

Therapeutischen eine Kontrollinstanz gegenüber,<br />

die ein ungesteuertes Ausbrechen aus den<br />

Rahmen des Normalen verhindert. Signifikant<br />

ist, dass dieser Apparat von Strategien, kommunikative<br />

Macht auszuüben, als therapeutische<br />

– also helfende – Kommunikation getarnt<br />

ist.<br />

Der höchst anregende Band enthält außerdem<br />

Artikel zur Rolle des Moderators in Sportsendungen,<br />

zum „Bühnendespoten“ als eines<br />

neuen Typs von <strong>Medien</strong>clown sowie zur Darstellung<br />

des Fernsehens im Spielfilm.<br />

Hans J. Wulff


Zeitschriftenlese<br />

AfP<br />

Jg 32 (2001) Nr 3<br />

Rath-Glawatz, Michael: Auswirkungen der<br />

Aufhebung von RabattG und ZugabeVO auf<br />

das Anzeigengeschäft. – S. 169 – 174<br />

Mann, Roger: Werbung im Pressevertrieb nach<br />

Aufhebung RabattG und ZugabeVO. – S. 174 –<br />

179<br />

Sevecke, Torsten: „Schockwerbung“ der Firma<br />

Benetton verstößt nicht gegen § 1 UWG. –<br />

S. 179 – 188<br />

Der Beitrag, zugleich eine Anmerkung zur Benetton-<br />

Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem<br />

Jahr 2000, stellt zunächst das der Beschwerde zu<br />

Grunde liegende Urteil des BGH dar, um darauf die<br />

das Urteil tragenden Erwägungen des BVerfG darzustellen.<br />

Im Folgenden stellt der Verfasser die besondere<br />

Bedeutung von Werbung in der Informationsgesellschaft<br />

dar, um schließlich auf die Möglichkeiten<br />

der Steuerung der Werbung durch das Recht einzugehen.<br />

Dabei geht der Verfasser auch auf die Unterschiede<br />

eines bürgerlich-liberalen Grundrechtsverständnisses<br />

und der funktionalen Deutung der <strong>Kommunikations</strong>freiheit<br />

ein.<br />

Fink, Udo: Programmfreiheit und Menschenwürde.<br />

– S. 189 – 193<br />

Comm/Ent<br />

Jg 23 (2001) Nr 1<br />

Sheets, Jason: Copyright misused: the impact of<br />

the DMCA anti-circumvention measures on<br />

fair & innovative markets. – S. 1 – 28<br />

Kaplan, Neal H.: NBA vs. Motorola: a legislative<br />

proposal favoring the nature of property,<br />

the survival of sports leagues, and the public interest.<br />

– S. 29 – 80<br />

Dmitrieva, Irina Y.: State ownership of copyrights<br />

in primary law materials. – S. 81 – 120<br />

Wharton, Meghan A.: Pornography and the international<br />

Internet: Internet content regulation<br />

in Australia and the United States. – S. 121<br />

– 156<br />

Hayashi, Masanori: Japanese insider trading<br />

law at the advent of the digital age: new challenges<br />

raised by Internet and communication<br />

technology. – S. 157 – 170<br />

Zeitschriftenlese<br />

Flate, Lisa A.: New technology clauses aren’t<br />

broad enough: why a new standard of Interpretation<br />

must be adopted for Internet distribution.<br />

– S. 171 – 193<br />

Communicatio Socialis<br />

Jg 34 (2001) Nr 2<br />

Meckel, Miriam: Das Internet: <strong>Medien</strong>evolution<br />

oder <strong>Medien</strong>revolution?. – S. 145 – 154<br />

Hemels, Joan: <strong>Medien</strong> im kirchlichen Dialog:<br />

eine experimentelle Beratung von Journalisten<br />

und Bischöfen in den Niederlanden. – S. 156 –<br />

182<br />

Bauer, Thomas A.: Der interreligiöse Dialog:<br />

Schwächen und Chancen in der Verständigung<br />

zwischen den Religionen. – S. 183 – 195<br />

Fink, Sonja: „Public journalism“: ein neues<br />

journalistisches Konzept und seine Umsetzung<br />

in Lokalredaktionen der USA. – S. 196 – 218<br />

Brand, Peter: Die Zeitung im Schulunterricht:<br />

Projekt des IZOP-Instituts seit 20 Jahren erfolgreich.<br />

– S. 219 – 228<br />

Oertel, Ferdinand: Kirchenzeitungen in katholischen<br />

Schulen: erfolgreiche Projekte in den<br />

USA. – S. 229 – 232<br />

Kopp, Matthias: Gegen das Schweigen: der katholische<br />

Kinder- und Jugendbuchpreis wurde<br />

zum 12. Mal verliehen. – S. 233 – 236<br />

Kopp, Matthias: Tor nach außen: Öffentlichkeitsarbeit<br />

in der Pfarrgemeinde. – S. 237 – 239<br />

Grundlagenpapier zur Öffentlichkeitsarbeit in<br />

der Pfarrgemeinde: eine Handreichung der Publizistischen<br />

Kommission der Deutschen Bischofskonferenz<br />

vom 15. März 2001. – S. 240 –<br />

250<br />

70 Jahre Radio Vatikan: Ansprache von Papst<br />

Johannes Paul II. am 13. Februar 2001. – S. 251<br />

– 254<br />

Communication Research<br />

Jg 28 (2001) Nr 3<br />

Nathanson, Amy I.: Parents versus peers: exploring<br />

the significance of peer mediation of<br />

antisocial television. – S. 251 – 274<br />

Der Aufsatz beschäftigt sich mit der Frage, welche<br />

Rolle peer groups im Hinblick auf die Nutzung von<br />

„antisozialen“ Fernsehinhalten und deren Wirkung<br />

571


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

haben, und zwar im Gegensatz zu dem nicht auf derartige<br />

Fernsehsendungen gerichteten Einfluss der Eltern.<br />

Es wird eine retrospektiv angelegte Befragung<br />

von Studenten dazu durchgeführt, die einen negativen<br />

Peer-Gruppen-Einfluss belegt.<br />

Bonito, Joseph A.: An information-processing<br />

approach to participation in small groups. –<br />

S. 275 – 303<br />

Scheufele, Dietram A.; Shanahan, James; Lee,<br />

Eunjung: Real talk: manipulating the dependent<br />

variable in spiral of silence research. –<br />

S. 304 – 324<br />

Gegen empirische Untersuchungen der Schweigespirale<br />

wird häufig eingewandt, dass die Bereitschaft, eine<br />

abweichende Meinung zu äußern, kaum valide zu erheben<br />

ist, weil die Befragungssituation zu unterschiedlich<br />

ist. Die Autoren untersuchen dieses Problem<br />

empirisch, indem sie der einen Hälfte von 358<br />

Studenten eine entsprechende Frage vorlegen, bei der<br />

anderen Hälfte dagegen nach der Bereitschaft fragen,<br />

dazu an einer Fokusgruppe teilzunehmen – die zweite<br />

Hälfte äußert sich deutlich zurückhaltender und anders.<br />

Hancock, Jeffrey T.; Dunham, Philip J.: Impression<br />

formation in computer-mediated communication<br />

revisited: an analysis of the breadth<br />

and intensity of impressions. – S. 325 – 347<br />

Communications<br />

Jg 26 (2001) Nr 1<br />

Roe, Keith: Guest editor’s introduction: literacy<br />

and the media. – S. 9 – 14<br />

Kraaykamp, Gerbert: Parents, personality and<br />

media preferences. – S. 15 – 38<br />

Roe, Keith; Eggermont, Steven; Minnebo, Jurgen:<br />

Media use and academic achievement:<br />

which effects?. – S. 39 – 58<br />

Adoni, Hanna; Nossek, Hillel: The new media<br />

consumers: media convergence and the displacement<br />

effect. – S. 59 – 84<br />

Robinson, Muriel: Writing and the World<br />

Wide Web: student teachers becoming web<br />

authors. – S. 85 – 102<br />

Computer und Recht<br />

Jg 17 (2001) Nr 5<br />

Brandi-Dohrn, Anselm: Arbeitnehmererfindungsschutz<br />

bei Softwareerstellung: Zugleich<br />

Anmerkung zu BGH v. 24.10.2000 – X ZR<br />

72/98 – Arbeitnehmer-Erfindervergütung für<br />

Wetterführungspläne. – S. 285 – 293<br />

572<br />

Wuermeling, Ulrich: Neue Einschränkungen<br />

im Direktmarketing. – S. 303 – 307<br />

Im Rahmen der Umsetzung der Europäischen Datenschutzrichtlinie<br />

plant der Gesetzgeber neue Beschränkungen<br />

für die Verwendung personenbezogener Daten<br />

im Bereich des Direktmarketings. Der Beitrag analysiert<br />

den vom Bundestag am 6.4.2001 mit Änderungen<br />

des Parlaments beschlossenen Gesetzesentwurf,<br />

der dem Bundesrat zur Zustimmung vorgelegt wurde.<br />

Kröger, Detlef: Die Urheberrechtsrichtlinie für<br />

die Informationsgesellschaft: Bestandsaufnahme<br />

und kritische Bewertung. – S. 316 – 323<br />

Spindler, Gerald: Urheberrecht und Haftung<br />

der Provider: ein Drama ohne Ende?: zugleich<br />

Anmerkung zu OLG München v. 8.3.2001 – 29<br />

U 3282/00. – S. 324 – 332<br />

Sandl, Ulrich: „Open source“-Software: politische,<br />

ökonomische und rechtliche Aspekte. –<br />

S. 346 – 351<br />

Jg 17 (2001) Nr 6<br />

Karger, Michael: Rechtseinräumung bei Software-Erstellung.<br />

– S. 357 – 366<br />

Gramlich, Ludwig: Die Regulierungsbehörde<br />

für Telekommunikation und Post im Jahr 2000.<br />

– S. 373 – 384<br />

„Im Anschluss an frühere Berichte (CR 1999, 489 und<br />

CR 2000, 509) beleuchtet der Beitrag wesentliche<br />

Aspekte der sektorspezifischen Regulierung, wobei<br />

im Hinblick auf die praktische Relevanz lediglich der<br />

Bereich der Telekommunikation behandelt wird.“ Zu<br />

den Schwerpunkten der Telekommunikations-Regulierungspraxis,<br />

über die in diesem Beitrag berichtet<br />

wird, zählen Maßnahmen in den Bereichen Kundenschutz,<br />

Universaldienste, Lizenzwesen, Entgeltregulierung,<br />

Netz-Zugang/Zusammenschaltung, Nummerierung,<br />

Frequenzwesen und technische Regulierung.<br />

Schafft, Thomas: „Reverse Auctions“ im Internet.<br />

– S. 393 – 400<br />

„Das Schlagwort ,Reverse Auction‘ kennzeichnet<br />

Versteigerungen, bei denen die Preise nicht wie üblich<br />

ansteigen, sondern fallen. Das OLG Hamburg hat die<br />

Veranstaltung solcher Auktionen im Internet […] als<br />

sittenwidrig bezeichnet (OLG Hamburg, Urt. V.<br />

7.12.2000 – 3 U 116/00, CR 2001, 340 – Schnäppchen-<br />

Börse), während das OLG München sie in einer anderen<br />

Gestaltung für zulässig hielt (OLG München, Urt.<br />

V. 14.12.2000 – 6 U 2690/00, CR 2001, 338 – Rückwärtsauktion<br />

ohne verpflichtenden Zuschlag). In diesem<br />

Aufsatz wird zunächst die mögliche Verwendung<br />

solcher umgekehrten Versteigerungen durch Verkäufer<br />

oder auch durch Einkäufer beschrieben. Nach allgemeinen<br />

Ausführungen zur Reichweite des Versteigerungsbegriffs<br />

werden umgekehrte Verkaufsauktionen<br />

vor allem in gewerbe- und wettbewerbsrechtlicher<br />

Hinsicht untersucht, während zu umgekehrten


Einkaufsauktionen auch kartell- und vergaberechtliche<br />

Ansprüche angesprochen werden.“<br />

Kamanabrou, Sudabeh: Vorgaben der E-Commerce-Richtlinie<br />

für die Einbeziehung von<br />

AGB bei Online-Rechtsgeschäften. – S. 421 –<br />

424<br />

Jg 17 (2001) Nr 7<br />

Schuppert, Stefan: Exportkontrolle von Krypto-Software<br />

im B2B-Bereich: zur Neuregelung<br />

der Dual-Use-Verordnung. – S. 429 – 433<br />

Hummel, Konrad: Zusammenschaltungsanordnungen:<br />

gestern, heute, morgen. – S. 440 –<br />

446<br />

„Das Instrument der Zusammenschaltung hat<br />

1997/1998 die Öffnung des Marktes für Sprachtelefondienste<br />

ermöglicht, insbesondere durch die Festsetzung<br />

von Entgelten. Die seither gefestigte Regulierungspraxis<br />

ist durch jüngst verwaltungsgerichtliche<br />

Entscheidungen in Frage gestellt. Der Beitrag untersucht<br />

vor diesem Hintergrund zunächst das Verhältnis<br />

von Zusammenschaltungsanordnung und Entgeltregulierung.<br />

Entstehungsgeschichte des TKG und europarechtliche<br />

Vorgaben sprechen für Anordnung der<br />

Zusammenschaltung und Entgeltgenehmigung in einer<br />

einzigen Entscheidung (einstufiges Modell).<br />

Anschließend wird die Vereinbarkeit der behördlichen<br />

Zusammenschaltungsanordnung mit dem verfassungsrechtlichen<br />

Richtervorbehalt (Art. 92 GG) erarbeitet.<br />

Der Beitrag zeigt, dass der deutsche Bundesgesetzgeber<br />

bei fortschreitendem Wettbewerb und<br />

mit dem zu erwartenden neuen europäischen Rechtsrahmen<br />

den Anwendungsbereich der Zusammenschaltungsanordnung<br />

einzuschränken haben wird.“<br />

Janloser, Stefan: Die „Domain“-Pfändung in<br />

der aktuellen Diskussion. – S. 456 – 458<br />

„Unter dem Schlagwort ,Domain-Pfändung‘ wird<br />

derzeit um den richtigen Vollstreckungsgegenstand<br />

beim Zugriff auf den wirtschaftlichen Wert deutscher<br />

Internet-Domains gestritten. Der Beitrag soll einen<br />

Überblick über den aktuellen Meinungsstand vermitteln.“<br />

Baum, Michael; Trafkowski, Armin: Anwaltstätigkeit<br />

und Fernabsatzgesetz. – S. 459 – 462<br />

Computer und Recht international<br />

Jg 2 (2001) Nr 3<br />

Bender, David: Business method patents: an alternative<br />

view. – S. 65 – 67<br />

Wilske, Stefan: Conflict of laws in cyber torts.<br />

– S. 68 – 73<br />

Gaster, Jens L.: European sui generis right for<br />

database: legal protection of chronological lists<br />

of football matches and compilations of data re-<br />

Zeitschriftenlese<br />

lated to horseracing under database right: or<br />

how your judge might get it right or wrong. –<br />

S. 74 – 78<br />

Convergence<br />

Jg 7 (2001) Nr 2<br />

Krueger, Ted: Intelligent environments. – S. 5 –<br />

11<br />

Glanville, Ranulph: An intelligent architecture.<br />

– S. 12 – 24<br />

Jones, Stephen: Intelligent environments: organisms<br />

or objects?. – S. 25 – 35<br />

Polli, Andrea: Rapid fire: eye movements in human<br />

computer interfaces. – S. 36 – 46<br />

„In this article, the author discusses the concept and<br />

technology behind her musical instrument development<br />

and improvisational performance work using<br />

eye movements tracking in relationship to current research<br />

in human eye movements and development of<br />

eye tracking systems. She discusses connections between<br />

the playing of the eye tracking instrument and<br />

research on automatic processes and free improvisation<br />

in music. The perspective is from an artist and<br />

programmer of interactive systems for human computer<br />

interaction.“<br />

Penny, Simon u. a.: Traces: embodied immersive<br />

interaction with semi-automous avators. –<br />

S. 47 – 67<br />

Seaman, Bill: Exchange fields: embodied positioning<br />

as interface strategy. – S. 68 – 79<br />

Oosterhuis, Kas: The form of change. – S. 80 –<br />

89<br />

Anders, Peter: Domains of body and mind. –<br />

S. 90 – 102<br />

Jennings, Pamela: The poetics of engagement. –<br />

S. 103 – 112<br />

Kirsh, David: Changing the rules: architecture<br />

and the new Millennium. – S. 113 – 126<br />

Cultural studies<br />

Jg 15 (2001) Nr 2<br />

Doxtader, Erik: Loving history’s fate, perverting<br />

the beautiful soul: scenes of felicity’s potential.<br />

– S. 206 – 221<br />

Gingrich-Philbrook, Craig: Love’s excluded<br />

subjects: staging Irigaray’s heteronormative<br />

essentialism. – S. 222 – 228<br />

573


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

Hamera, Judith: I dance to you: reflections on<br />

Irigaray’s „I love to you“ in pilates and virtuosity.<br />

– S. 229 – 240<br />

Phelan, Peggy; Heathfield, Adrian: Blood<br />

math. – S. 241 – 258<br />

Sterne, Jonathan: A machine to hear for them:<br />

on the veery possibility of sound’s reproduction.<br />

– S. 259 – 294<br />

Howell, Jeremy; Ingham, Alan: From social<br />

problem to personal issue: the language of lifestyle.<br />

– S. 326 – 351<br />

Linder, Fletcher: Speaking of bodies, pleasures,<br />

and paradise lost: erotic agency and situationist<br />

ethnography. – S. 352 – 374<br />

European Journal of Communication<br />

Jg 16 (2001) Nr 2<br />

Carlson, Tom: Gender and political advertising<br />

across cultures: a comparison of male and female<br />

political advertising. – S. 131 – 154<br />

Der Vergleich der Wahlkampfwerbung männlicher<br />

und weiblicher Kandidaten in Finnland und den USA<br />

ergibt: Ungeachtet der erheblichen Unterschiede in<br />

der politischen Repräsentanz von Frauen in den beiden<br />

Gesellschaften lässt sich gleichermaßen feststellen,<br />

dass die <strong>Kommunikations</strong>strategien der Kandidatinnen<br />

denjenigen ihrer männlichen Kollegen gleichen.<br />

„Harte“ Themen und Personeneigenschaften<br />

werden vorzugsweise herausgekehrt. Allerdings<br />

bemühen sich die Kandidatinnen darüber hinaus,<br />

ihrem Image auch „weichere“ Züge zu geben. Der Autor<br />

vermutet darin eine Reflexion auf in beiden Gesellschaften<br />

anhaltend wirksame Geschlechtsstereotype.<br />

Vreese, Claes H. de: Election coverage: new directions<br />

for public broadcasting: The Netherlands<br />

and beyond. – S. 155 – 180<br />

Die Berichterstattung in einem öffentlich-rechtlichen<br />

Fernsehprogramm in den Niederlanden über den nationalen<br />

Wahlkampf 1998 und die Europawahlen 1999<br />

wird mittels Interviews, teilnehmender Beobachtung<br />

und einer vergleichenden Inhaltsanalyse untersucht.<br />

Dabei wird offenbar, dass die Redaktion einen deutlich<br />

selektiveren Zugang zu dem Wahlkampf entwickelt,<br />

der den normalen Kriterien des „Nachrichtenwerts“<br />

folgt. Inhaltlich lassen sich verstärkt analytische<br />

und interpretative Momente in der Berichterstattung<br />

feststellen. Der Aufsatz ordnet diese Befunde<br />

in eine Diskussion des Wandels in der politischen<br />

Kommunikation sowie der Rolle und Selbstdefinition<br />

eines öffentlich-rechtlichen Programms in einem Umfeld<br />

stärkerer Konkurrenz ein.<br />

Hellman, Heikki: Diversity: an end in itself?:<br />

developing a multi-measure methodology of<br />

television programme variety studies. – S. 181 –<br />

208<br />

574<br />

Ausgehend von einer Diskussion der Kategorie „Vielfalt“<br />

entwickelt der Beitrag ein Konzept mit vier parallel<br />

anzusetzenden Maßstäben: Kanalvielfalt (relative<br />

Entropie), Systemvielfalt, Abweichung und Wahlmöglichkeiten.<br />

Die Methode wird in einer Längsschnittstudie<br />

über die Programme des finnischen<br />

Fernsehens getestet.<br />

Carpentier, Nico: Managing audience participation:<br />

the construction of participation in an<br />

audience discussion programme. – S. 209 – 232<br />

Lauf, Edmund: The vanishing young reader:<br />

sociodemographic determinants of newspaper<br />

use as a source of political information in Europe,<br />

1980-1998. – S. 233 – 244<br />

Human Communication Research<br />

Jg 27 (2001) Nr 3<br />

Drake, Laura E.: The culture-negotiation link:<br />

integrative and distributive bargaining through<br />

an intercultural communication lens. – S. 317 –<br />

349<br />

Armstrong, G. Blake; Kaplowitz, Stan A.: Sociolinguistic<br />

inference and intercultural coorientation:<br />

a Bayesian model of communicative<br />

competence in intercultural interaction. – S. 350<br />

– 381<br />

Kim, Min-Sun u. a.: The effect of culture and<br />

self-construals on predispositions toward verbal<br />

communication. – S. 382 – 408<br />

Sherry, John L.: The effects of violent video<br />

games on aggression: a meta-analysis. – S. 409 –<br />

431<br />

Der Autor wendet das Instrument der Metaanalyse<br />

auf eine Reihe von Studien zu dem Thema der gewaltdarstellenden<br />

Computerspiele an und gelangt zu dem<br />

Schluss, dass Auswirkungen von solchen Computerspielen<br />

in dieser Dimension jedenfalls geringer sind als<br />

entsprechende Auswirkungen von gewaltdarstellenden<br />

Fernsehsendungen. Von Bedeutung dabei sind<br />

natürlich auch sowohl die Art der dargestellten Gewalt<br />

als auch die Dauer, während derer sich jemand<br />

damit beschäftigt.<br />

Boon, Susan D.; lomore, Christine D.: Admirer-celebrity<br />

relationships among young<br />

adults: explaining perceptions of celebrity influence<br />

on identity. – S. 432 – 465<br />

Irish Communications Review<br />

(2000) vol. 8<br />

Brennan, Edward: Cultural and structural<br />

change in Irish television drama. – S. 1 – 13


Cassidy, Tanya M.: „Race to the Park“: Simmel,<br />

the stranger and the state. – S. 14 – 20<br />

Harnett, Alison: Escaping the „Evil Avenger“<br />

and the „Supercrip“: images of disability in popular<br />

television. – S. 21 – 29<br />

Horgan, John: Anti-Communism and media<br />

surveillance in Ireland 1948-1950. – S. 30 – 34<br />

Kirk, Eoin: Driving Ireland past the chequered<br />

flag: Jordan Grand Prix, Formula One and national<br />

identity. – S. 35 – 49<br />

Murphy, Colm: The case for Irish Newspapers<br />

entering the interactive digital market. – S. 50 –<br />

56<br />

O’Neill, Brian: Media education in Ireland: an<br />

overview. – S. 57 – 64<br />

Shoemaker, Pamela J.; Breen, Michael; Stamper,<br />

Marjorie: Fear of social isolation: testing an assumption<br />

from the spiral of silence. – S. 65 – 78<br />

Titley, Gavan: Global theory and touristic encounters.<br />

– S. 79 – 87<br />

Journal of Communication<br />

Jg 51 (2001) Nr 2<br />

Warisse Turner, Jeanine; Grube, Jean A.; Meyers,<br />

Jennifer: Developing an optimal match within<br />

online communities: an exploration of<br />

CMC support communities and traditional<br />

support. – S. 231 – 251<br />

Stivers, Tanya: Negotiating who presents the<br />

problem: next speaker selection in pediatric encounters.<br />

– S. 252 – 282<br />

Hoffner, Cynthia u. a.: The third-person-effect<br />

in perceptions of the influence of television violence.<br />

– S. 283 – 299<br />

Krcmar, Marina; Cooke, Mark C.: Children’s<br />

moral reasoning and their perceptions of television<br />

violence. – S. 300 – 316<br />

Domke, David: The press, race relations, and<br />

social change. – S. 317 – 344<br />

Lee, Chin-Chuan u. a.: Through the eyes of<br />

U.S. Media: banging the democracy drum in<br />

Hong Kong. – S. 345 – 365<br />

Kubey, Robert W.; Lavin, Michael J.; Barrows,<br />

John R.: Internet use and collegiate academic<br />

performance decrements: early findings. –<br />

S. 366 – 382<br />

Zeitschriftenlese<br />

Tanner, Elizabeth: Chilean conversations: Internet<br />

forum participants debate Augusto Pinochet’s<br />

detention. – S. 383 – 403<br />

Journal of Communication Inquiry<br />

Jg 25 (2001) Nr 3<br />

Meehan, Eileen R.: Culture: text or artifact or<br />

action?. – S. 208 – 217<br />

Mosco, Vincent; Foster, Derek: Cyberspace<br />

and the end of politics. – S. 218 – 236<br />

Wasko, Janet: Challenging Disney Myths. –<br />

S. 237 – 257<br />

Stabile, Carol A.: Conspiracy or consensus?:<br />

reconsidering the moral panic. – S. 258 – 278<br />

Riordan, Ellen: Commodified agents and empowered<br />

girls: consuming and producing feminism.<br />

– S. 279 – 297<br />

Tracy, James F.: „Smile while I cut your throat“:<br />

mass media, myth, and the contested „harmonization“<br />

of the working class. – S. 298 – 325<br />

Journal of Media Economics<br />

Jg 14 (2001) Nr 2<br />

Kranenburg, Hans L. von: Economic effects of<br />

consolidations of publishers and newspapers in<br />

The Netherlands. – S. 61 – 76<br />

Powers, Angela: Toward monopolistic competition<br />

in U.S. local television news. – S. 77 – 86<br />

Kennet, D. Mark; Uri, Noel D.: Measuring<br />

productivity change for regulatory purposes. –<br />

S. 87 – 104<br />

Sarrina Li, Shu-Chu; Chiang, Chin-Chih: Market<br />

competition and programming diversity: a<br />

study on the TV market in Taiwan. – S. 105 –<br />

120<br />

Journalism & Mass Communication<br />

Quarterly<br />

Jg 77 (2000) Nr 4<br />

Bunker, Matthew D.: Trespassing speakers and<br />

commodified speech: first amendment freedoms<br />

meet private property claims. – S. 713 – 726<br />

Scheufele, Dietram: Talk or conversation?: dimensions<br />

of interpersonal discussion and their<br />

implications for participatory democracy. –<br />

S. 727 – 743<br />

575


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

Moy, Patricia; Scheufele, Dietram: Media<br />

effects on political and social trust. – S. 744 –<br />

759<br />

Metzger, Miriam J.: When no news is good<br />

news: inferring closure for news issues. – S. 760<br />

– 787<br />

White, H. Allen; Dillon, John F.: Knowledge<br />

about other’s reaction to a public service announcement:<br />

the impact of self persuasion and<br />

third-person perception. – S. 788 – 803<br />

Tewksbury, David u. a.: The interaction of<br />

news and advocate frames: manipulating audience<br />

perceptions of a local public policy issue.<br />

– S. 804 – 829<br />

Cho, Hiromi; Lacy, Stephen: International<br />

conflict coverage in Japanese local daily newspapers.<br />

– S. 830 – 845<br />

Kim, Sung Tae; Waever, David; Willnat, Lars:<br />

Media reporting and perceived credibility of<br />

online polls. – S. 846 – 864<br />

Johnson, Thomas J.; Kaye, Barbara K.: Using is<br />

believing: the influence of reliance on the credibility<br />

of online political information among politically<br />

interested Internet users. – S. 865 – 879<br />

Ven-Hweilo; Paddon, Anna; Wu, Hsiaomei:<br />

Front pages of Taiwan daily newspapers 1952-<br />

1996: how ending martial law influenced publication<br />

design. – S. 880 – 897<br />

Hume, Janice: The „forgotten“ 1918 influenza<br />

epidemic and press portrayal of public anxiety.<br />

– S. 898 – 916<br />

Kommunikation & Recht<br />

Jg 4 (2001) Nr 6<br />

Koenig, Christian; Neumann, Andreas: Gemeinsame<br />

Infrastrukturnutzung beim Aufbau<br />

eines UMTS-Netzwerks und das Gebot. –<br />

S. 281 – 288<br />

„Die sechs Unternehmen, denen im August 2000 Lizenzen<br />

zum Betreiben von Übertragungswegen für<br />

Mobilkommunikationsdienstleistungen der dritten<br />

Generation (Universal Mobile Telecommunications<br />

System, UMTS) erteilt wurden, haben nicht nur die<br />

regulatorische Bürde von Lizenzkosten in Höhe von<br />

jeweils ca. 16 Mrd. DM zu tragen. Sie sehen sich auch<br />

mit der Aufgabe konfrontiert, innerhalb kurzer Zeit<br />

ein UMTS-Netzwerk zu errichten. Die hierfür aufzuwendenden<br />

Kosten werden auf weitere 5 bis 10 Mrd.<br />

DM je Lizenznehmer taxiert. Der folgende Beitrag<br />

geht der Frage nach, welche telekommunikationsrechtlichen<br />

Grenzen den UMTS-Lizenznehmern bei<br />

576<br />

dem Bemühen gesetzt sind, die Kosten zumindest in<br />

der Anfangsphase des Netzaufbaus durch die gemeinsame<br />

Nutzung von Teilen der Netzinfrastruktur zu<br />

senken.“<br />

Stock, Martin: EU-<strong>Medien</strong>freiheit: <strong>Kommunikations</strong>grundrecht<br />

oder Unternehmerfreiheit?.<br />

– S. 289 – 301<br />

„Auf deutsche Initiative beschloss der Europäische<br />

Rat 1999 in Köln die Ausarbeitung einer EU-Grundrechtscharta.<br />

Dafür setzte er ein neuartiges, wesentlich<br />

aus Parlamentariern bestehendes Gremium (‚,Konvent‘)<br />

ein und beauftragte es, einen Charta-Entwurf<br />

vorzulegen, welcher an die EMRK und die gemeinsamen<br />

mitgliedstaatlichen Verfassungstraditionen anknüpfen<br />

sollte. Dabei spielte — insbesondere auf<br />

deutscher Seite — auch die Vorstellung eine Rolle, dabei<br />

könnte es sich bereits um den Grundrechtsteil einer<br />

künftigen Europäischen Verfassung handeln. Der<br />

Grundrechtskonvent stellte binnen weniger Monate<br />

einen Entwurf fertig, welcher Kompromisscharakter<br />

hatte und sich als weithin konsensfähig erwies. Hinsichtlich<br />

der allgemeinen <strong>Kommunikations</strong>grundrechte<br />

blieb es darin bei den – mit deutschen verfassungsrechtlichen<br />

Standards verglichen – undifferenzierten<br />

und veralteten Minimalgarantien des Art.10<br />

EMRK. Auf deutsches Drängen nahm der Konvent<br />

auch ein <strong>Medien</strong>grundrecht in seinen Textvorschlag<br />

auf, das in letzter Stunde folgende Fassung erhielt:<br />

„Die Freiheit der <strong>Medien</strong> und ihre Pluralität werden<br />

geachtet“ (Art.11 Abs.2).“ Der Beitrag beschäftigt<br />

sich mit den Gründen und Folgen der Formulierung<br />

im besonderen und dem Geltungsanspruch der Charta<br />

im allgemeinen.<br />

Bornemann, Roland: Cross-Promotion in<br />

Fernsehprogrammen von Senderfamilien. – S.<br />

302 – 309<br />

„Ein Werbetrailer für eine Serie des Fernsehsenders<br />

Kabel 1 auf dem Sender Pro Sieben — der Begriff<br />

Cross-Promotion bezeichnet Bewerbung eines <strong>Medien</strong>produkts<br />

in einem anderen. Und Cross-Promotion<br />

findet sich nicht nur bei den privaten Sendern, sondern<br />

auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, allerdings<br />

mit unterschiedlicher Bewertung. Der nachfolgende<br />

Beitrag beleuchtet in diesem Zusammenhang<br />

vor allem die Problematik, inwieweit solche Trailer zu<br />

den Werbezeitkontingenten gerechnet werden müssen,<br />

wenn beide Sender zur selben ‚Familie‘ gehören.“<br />

Härting, Niko: Der dauerhafte Datenträger. –<br />

S. 310 – 312<br />

Jg 4 (2001) Nr 7<br />

Degenhart, Christoph: Funktionsauftrag und<br />

„dritte Programmsäule“ des öffentlich-rechtlichen<br />

Rundfunks. – S. 329 – 337<br />

„Der öffentlich-rechtliche Rundfunk will verstärkt<br />

online gehen. Beim WDR war zeitweise die Rede davon,<br />

das Internet neben Hörfunk und Fernsehen zu<br />

einer ‚dritten Programmsäule‘ auszubauen. Das Zweite<br />

Deutsche Fernsehen (ZDF) geht eine strategische<br />

Allianz mit T-Online ein, das als der größte Internet-<br />

Zugangsdienst in Deutschland auf den Markt für In-


halte drängt. Derartige Bestrebungen verleihen der<br />

Frage nach einem spezifisch öffentlich-rechtlichen<br />

Rundfunkauftrag neue Aktualität.“<br />

Engels, Stephan: Haftung für Anzeigen in Online-Angeboten.<br />

– S. 338 – 343<br />

„Online-Werbung stellt ein probates Mittel zur Finanzierung<br />

der reichhaltigen Online-Angebote im Internet<br />

dar. Daher prosperiert dieser Wirtschaftszweig,<br />

und inzwischen bilden sich auch rechtliche Rahmenbedingungen<br />

für die Online-Werbung heraus. Ein<br />

Problemfeld bleibt die Haftung für die Werbeinhalte,<br />

das im nachfolgenden Beitrag eingehend aufbereitet<br />

wird.“<br />

Schneider, Christian: Zur Umsetzung der E-<br />

Commerce-Richtlinie im Regierungsentwurf<br />

zur Schuldrechtsmodernisierung. – S. 344 – 348<br />

Cloppenburg, Jürgen: Die Regulierung von Telekommunikations-Satellitensystemen<br />

in den<br />

Vereinigten Staaten und in Deutschland: ein<br />

Vergleich. – S. 349 – 356<br />

„Das Bedürfnis nach mobiler persönlicher Satellitenkommunikation<br />

nimmt mehr und mehr zu. Der<br />

Markt für Telekommunikations-Satellitensysteme<br />

wächst. Die entstehenden Systeme müssen national<br />

und international koordiniert werden. Doch wie erfolgt<br />

die Regulierung in der Praxis? Welche Voraussetzungen<br />

müssen für eine Lizenzvergabe vorliegen?<br />

Der Autor vergleicht die Lizenzierungsverfahren und<br />

deren Voraussetzungen in Deutschland und in den<br />

Vereinigten Staaten. Trotz ähnlicher Ansätze weisen<br />

die Systeme erhebliche Unterschiede auf. Durch die<br />

Schaffung eines ‚public interest‘-Standards, der die<br />

Förderung nationaler politischer Interessen ermöglicht,<br />

haben die Vereinigten Staaten gegenüber<br />

Deutschland und allen anderen Staaten eine so dominierende<br />

Position erlangt, dass man sogar von einer internationalen<br />

Lex Americana sprechen kann.“<br />

Müller, Ulf: Zuteilung nur gegen Gebühr: neue<br />

Anbieter müssen Rufnummern teuer bezahlen.<br />

– S. 357 – 359<br />

Mass Communication & Society<br />

Jg 4 (2001) Nr 2<br />

Banning, Stephen A.: Do you see what I see?:<br />

third-person-effects on public communication<br />

through self-esteem, social stigma, and product<br />

use. – S. 127 – 148<br />

Blanks Hindman, Douglas; Ernst, Stan; Richardson,<br />

Mavis: The rural-urban gap in community<br />

newspaper editors’ use of Information<br />

Technologies. – S. 149 – 164<br />

Meister, Mark: Cultural feeding, good life<br />

science, and the TV food network. – S. 165 –<br />

182<br />

Grimes, Tom; Bergen, Lori: The notion of convergence<br />

as an epistemological base for evaluating<br />

the effect of violent TV programming on<br />

psychologically normal children. – S. 183 – 198<br />

Sun, Tao; Chang, Tsan-Kuo; Yu, Guoming: Social<br />

structure, media system, and audiences in<br />

China: testing the uses and dependency model.<br />

– S. 199 – 218<br />

Gaziano, Cecilie: Toward a broader conceptual<br />

framework for research on social stratification,<br />

childrearing patterns, and media effects. –<br />

S. 219 – 244<br />

Media Asia<br />

Jg 28 (2001) Nr 1<br />

Vittal, N.: Digital democracy: vision for<br />

the 21st century: an agenda for action. – S. 3 – 8<br />

Der Artikel versucht – am Beispiel Indien – zu erläutern,<br />

wie die Informationstechnologie zu einer besseren<br />

Demokratie und Regierungsarbeit beitragen kann.<br />

Der Autor legt einen Fünf-Punkte-Plan vor, der die<br />

Einführung der „e-governance“ erleichtern soll.<br />

Anil, Samtani: Electronic commerce law in<br />

Asia: legal, regulatory and policy issues. – S. 9 –<br />

16<br />

Iyer, Venkat: Freedom of Information: principles<br />

for legislation. – S. 17 – 22<br />

Loo, Eric: Journalism-Training: are you a<br />

coach or a player?. – S. 23 – 31<br />

Hawthorne, Elizabeth M.: Technology and<br />

teaching: why change?. – S. 32 – 36<br />

Media, Culture & Society<br />

Jg 23 (2001) Nr 3<br />

Zeitschriftenlese<br />

Miles Holden, Todd Joseph: The Malaysian dilemma:<br />

advertising’s catalytic and cataclysmic<br />

role in social development. – S. 275 – 298<br />

Der Artikel stellt eine Studie vor, die sich mit Fernsehwerbespots<br />

in Malaysia und ihrer Rolle im Rahmen<br />

ethnischer Harmonisierung, nationaler Identitätsbildung<br />

und politischer Ideologie befasste. Die<br />

malaysische Regierung kontrolliert die Ausstrahlung<br />

von Werbung, um die sozial schwierige, multiethnische<br />

Situation zu steuern. Als eine Schlussfolgerung<br />

aus der Analyse von 250 Fernsehwerbespots im Jahre<br />

1997 wird angeführt, dass sich durch die ideologische<br />

Dominanz der malaysischen Regierung nur eine geringe<br />

semiotische Kompetenz in der Zuschauerschaft<br />

entwickeln konnte. Dies werde sich aber ändern, da<br />

sich die Vielfalt der Semiotik durch eine steigende An-<br />

577


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

zahl externer Quellen – im Rahmen des Globalisierungsprozesses<br />

– erhöht und daher sukzessive die bisherige<br />

Kontrolle in Frage gestellt werde.<br />

Law, Alex: Near and far: banal national identity<br />

and the press in Scotland. – S. 299 – 318<br />

Syvertsen, Trine: Ordinary people in extraordinary<br />

circumstances: a study of participants in<br />

television dating games. – S. 319 – 338<br />

Ahlkvist, Jarl A.: Programming philosophies<br />

and the rationalization of music radio. – S. 339<br />

– 358<br />

Kwansah-Aidoo, Kwamena: Telling stories:<br />

the epistemological value of anecdotes in Ghanaian<br />

communication research. – S. 359 – 380<br />

Ausgehend von der Feststellung, dass bisher übliche<br />

Methoden der soziologischen Forschung in Ghana,<br />

die z.B. aus der europäischen oder amerikanischen<br />

Forschungstradition übernommen wurden, sich als<br />

ungenügend erwiesen haben, um bestimmte Aspekte<br />

der afrikanischen Gesellschaft und Kultur zu erfassen,<br />

stellt der Autor eine Methode vor, die entsprechendes<br />

leisten kann – das „Geschichten (oder Anekdoten-)<br />

Erzählen“. Der Artikel präsentiert sowohl den theoretischen<br />

Hintergrund zur Entwicklung dieser Methode<br />

als auch ihre Anwendung in Gruppendiskussionen<br />

zur Darstellung und Rezeption des Themas Umweltschutz<br />

in den ghanaischen <strong>Medien</strong>. Die Gründe<br />

für die „Mangelhaftigkeit“ der „klassischen“ Methoden<br />

sind z.B. die starke Orientierung an der sozialen<br />

Gruppe, die die ghanaische Gesellschaft auszeichnet,<br />

sowie die übliche Zurückhaltung der Ghanaer, Fremden<br />

– also auch Forschern – im Gespräch persönliche<br />

Informationen zu vermitteln. Die Vorteile der Analyse<br />

von Anekdoten bzw. Geschichten bestehen innerhalb<br />

der vorgestellten Untersuchung u. a. darin, dass<br />

diese Art der Kommunikation der alltäglichen Art<br />

und Weise zu kommunizieren entspricht und so die<br />

erforderlichen Informationen erhoben werden können.<br />

Allgemein geben Anekdoten und Geschichten,<br />

die in alltäglicher Kommunikation erzählt werden,<br />

angesichts ihres informellen und subjektiven Charakters<br />

implizit die Ideen, Werte und Vorstellungen der<br />

Befragten wieder. Damit erscheint diese Methode<br />

auch für die soziologische und/oder <strong>Medien</strong>forschung<br />

in anderen Ländern als lohnende Ergänzung.<br />

Media lex<br />

(2001) Nr 2<br />

Pugatsch, Sigmund: Lovely cow: neue Anpreisungspraxis<br />

im Lebensmittelrecht?. – S. 59 – 60<br />

Masmejan, Denis: Affaire Grégory: la responsabilité<br />

de la justice. – S. 61 – 62<br />

Dillenz, Walter: Elektronische <strong>Medien</strong>: Entwicklungsschub<br />

in Österreich. – S. 64 – 65<br />

Jongen, Francois: Belgique: remous dans la publicité<br />

télévisée. – S. 66 – 67<br />

578<br />

Mettraux Kauthen, Catherine: La directive de<br />

l’UE sur le droit d’auteur dans la société de l’information.<br />

– S. 68 – 69<br />

Rieder, Pierre: Braucht die SRG einen Beirat?:<br />

die inhaltliche Überprüfung des Service Public<br />

beim Rundfunk. – S. 71 – 80<br />

Poncet, Charles: La répression du négationnisme<br />

sous l’angle de l’art. 10 CEDH. – S. 81 – 90<br />

Gubler, Bettina: Elektronische Pressespiegel:<br />

Grenzen des Eigengebrauchs. – S. 91 – 98<br />

Media Perspektiven<br />

(2001) Nr 5<br />

Darschin, Wolfgang; Zubayr, Camille: Die Informationsqualität<br />

der Fernsehnachrichten aus<br />

Zuschauersicht: Ergebnisse einer Repräsentativbefragung<br />

zur Bewertung der Fernsehprogramme.<br />

– S. 238 – 246<br />

„Nach den Ergebnissen der GfK Fernsehforschung<br />

hat der Nachrichtenkonsum der Bundesbürger in den<br />

letzten Jahren wieder zugenommen. Dieser Anstieg<br />

geht jedoch nicht von den Privatsendern aus, sondern<br />

von den öffentlich-rechtlichen Programmen: rund 76<br />

Prozent vom gesamten Nachrichtenkonsum der Bundesbürger<br />

stammten jedenfalls im Jahr 2000 aus dem<br />

Ersten, dem ZDF, den Dritten Programmen oder 3sat.<br />

Außerdem gelten Das Erste und das ZDF bei den<br />

deutschen Fernsehzuschauern unverändert als die<br />

Sender mit den besten Nachrichten. Dies geht aus den<br />

Ergebnissen einer Wiederholungsstudie zur Bewertung<br />

der Fernsehsender hervor. Nach den Ergebnissen<br />

dieser Repräsentativbefragung mit 4000 Interviews,<br />

die von Infratest/München im Winter 2000<br />

durchgeführt wurde, liegt der Hauptgrund für die<br />

große Wertschätzung der öffentlich-rechtlichen<br />

Nachrichten nach wie vor in dem Vertrauen der Fernsehzuschauer,<br />

bei ‚Tagesschau‘ und ‚heute‘ vollständiger,<br />

verlässlicher und mit größerer Sachkompetenz informiert<br />

zu werden …“<br />

Gerhards, Maria; Grajczyk, Andreas; Klingler,<br />

Walter: Programmangebote und Spartennutzung<br />

im Fernsehen 2000: eine Analyse auf Basis<br />

der GfK-Sendungscodierung. – S. 247 – 257<br />

Rott, Armin; Schmitt, Stefan: Wirkungen von<br />

Programmereignissen auf die Zuschauernachfrage:<br />

eine empirische Analyse am Beispiel von<br />

„Wetten, dass …?“. – S. 258 – 263<br />

Turecek, Oliver; Grajczyk, Andreas; Roters,<br />

Gunnar: Videobranche im Umbruch: Videound<br />

DVD-Markt im Jahr 2000. – S. 264 – 271


(2001) Nr 6<br />

Ridder, Christa-Maria; Hofsümmer, Karl-<br />

Heinz: Werbung in Deutschland: auch 2001 akzeptiert<br />

und anerkannt: Ergebnisse der zweiten<br />

Welle einer Repräsentativerhebung. – S. 282 –<br />

289<br />

Engländer, Julia: Der Werbemarkt 2000: Fernsehwerbung<br />

mit höchster Wachstumsrate. –<br />

S. 290 – 297<br />

Zimmer, Jochen: Werbeträger Internet: Ende<br />

des Booms oder Wachstum aus der Nische?:<br />

der Online-Werbemarkt in Deutschland. –<br />

S. 298 – 305<br />

Trappel, Josef: Fernsehen in Österreich und der<br />

Schweiz: wenig Licht im deutschen Marktschatten:<br />

Strukturprobleme dämpfen Expansionserwartungen.<br />

– S. 306 – 314<br />

(2001) Nr 7<br />

Krüger, Udo Michael; Zapf-Schramm, Thomas:<br />

Die Boulevardisierungskluft im deutschen<br />

Fernsehen: Programmanalyse 2000: ARD,<br />

ZDF, RTL, Sat.1 und ProSieben im Vergleich.<br />

– S. 326 – 344<br />

Feierabend, Sabine; Klingler, Walter: Kinder<br />

und <strong>Medien</strong> 2000: PC/Internet gewinnen an<br />

Bedeutung. – S. 345 – 357<br />

„Computer und Internet ziehen immer stärker in den<br />

Alltag der Kinder ein. Zwar dominieren bei den Sechsbis<br />

13Jährigen in der Freizeit nach wie vor Freunde,<br />

spielen, fernsehen und Tonträger, gleichzeitig steigt<br />

aber die Bedeutung von Computer und Internet.<br />

Doppelt so viele Kinder (16%) wie 1999 (8%) geben<br />

an, sich nahezu täglich mit dem Computer zu beschäftigen,<br />

weitere 29 Prozent nutzen den Computer<br />

ein- bis mehrmals pro Woche (1999: 26%). 60 Prozent<br />

der Kinder erklären, zumindest selten in ihrer Freizeit<br />

Computer zu nutzen (1999: 51%). Entsprechend ist in<br />

Haushalten, in denen Kinder leben, die Ausstattung<br />

mit Computern von Frühjahr 1999 bis Ende 2000 um<br />

10 Prozentpunkte angestiegen, die Internetausstattung<br />

gar um 19 Prozentpunkte …“.<br />

Hultén, Olof; Gröndahl, Aulis: Öffentlicher<br />

Rundfunk und Internet in den nordischen Ländern:<br />

Dänemark, Finnland, Norwegen und<br />

Schweden. – S. 358 – 368<br />

„Das Internet hat sich in den nordischen Ländern sehr<br />

rasch verbreitet, der Anteil der Haushalte mit Internetanschluss<br />

ist hier höher als irgendwo sonst in der<br />

Welt. ... Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten<br />

in der Region verfolgen recht unterschiedliche<br />

Onlinestrategien, teilweise bedingt durch politische<br />

Vorgaben. Während NRK in Norwegen und TV2 in<br />

Dänemark auch kommerzielle Inhalte einschließlich<br />

Werbung anbieten, sind Danmarks Radio, dem zwei-<br />

Zeitschriftenlese<br />

ten dänischen öffentlich-rechtlichen Sender, sowie<br />

SVT und SR in Schweden die Mitfinanzierung ihrer<br />

Webauftritte über Werbung untersagt worden. YLE<br />

in Finnland hält sich in dieser Beziehung ebenfalls<br />

zurück …“<br />

Stipp, Horst: Der Konsument und die Zukunft<br />

des interaktiven Fernsehens: neue Daten und<br />

Erfahrungen aus den USA. – S. 369 – 377<br />

Media psychology<br />

Jg 3 (2001) Nr 2<br />

Chang, Chingching: The impacts of emotion<br />

elicited by print political adverstising on candidate<br />

evaluation. – S. 91 – 118<br />

Mendelson, Andrew: Effects of novelty in news<br />

photographs on attention and memory. – S. 119<br />

– 158<br />

Scharrer, Erica: Men, muscles, and machismo:<br />

the relationship between television violence exposure<br />

and aggression and hostility in the presence<br />

of hypermasculinity. – S. 159 – 188<br />

Pechmann, Cornelia: A comparison of health<br />

communication models: risk learning versus<br />

stereotype priming. – S. 189 – 210<br />

medien + erziehung<br />

Jg 45 (2001) Nr 3<br />

Zacharias, Wolfgang: Alles ist ästhetisch, irgendwie<br />

und sowieso: Plädoyer für die Bedeutung<br />

der ästhetischen Dimension der <strong>Medien</strong>. –<br />

S. 147 – 156<br />

„<strong>Medien</strong>kompetenz ist Teil der ästhetisch-kulturellen<br />

Kompetenz, die als Bildungsziel verankert sein muss.<br />

<strong>Medien</strong>pädagogik als integrierter Bestandteil eines<br />

Bildungskonzepts übernimmt die Aufgabe von kultureller<br />

<strong>Medien</strong>bildung.“<br />

Stracke, Christian: Der Computer ist kein<br />

Nürnberger Trichter: didaktische Kriterien für<br />

Lernsoftware für Kinder. – S. 157 – 160<br />

Interaktivität und die den Lernprogrammen zugrundliegende<br />

implizite Lerntheorie werden von dem Autor<br />

als die beiden wesentlichen Kriterien zur Beurteilung<br />

von Lern-Softwareangeboten für Kinder herausgestellt.<br />

Hingegen spielt die ästhetische Gestaltung der<br />

Angebote lediglich eine untergeordnete Rolle.<br />

Marzok, Eva-Maria: Auf der Suche nach Qualität<br />

im Kinderfernsehen: entsprechende Kriterien<br />

sind jedoch schwierig zu definieren. – S.<br />

161 – 165<br />

Neben Verständlichkeit, vielschichtigen Charakteren,<br />

Alltagsbezug zeichnet sich ein qualitativ hochwertiges<br />

Programmangebot für Kinder der Autorin zufolge<br />

579


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

vor allem durch Vielfalt und ein ausgewogenes Verhältnis<br />

von Unterhaltung und Information aus.<br />

Gelberg, Hans-Joachim: Wenn Bilder und Bilderbücher<br />

zum Erlebnis werden: eine kleine<br />

Schule des Sehens. – S. 166 – 171<br />

„Ein Bild ist nicht ein Bild; es entsteht und verfertigt<br />

sich während der Betrachtung. Für die ästhetische<br />

Ausbildung der Kinder ist es unabdingbar, dass sie eigene<br />

Bilder finden, um so schließlich die Welt begreifen<br />

zu lernen.“<br />

Eppensteiner, Barbara: Österreichische Besonderheiten:<br />

Versuch einer medienpädagogischen<br />

Standortbestimmung. – S. 188 – 192<br />

<strong>Medien</strong> & Zeit<br />

Jg 16 (2001) Nr 2<br />

Pensold, Wolfgang: Krieg und Kamera: Skizzen<br />

zum NS-Kriegsfilm. – S. 4 – 21<br />

Caneppele, Paolo: Beschnittene Schaulust: Entstehung<br />

und Entwicklung der Filmzensur in<br />

Österreich: ein Abriß 1900-1938. – S. 22 – 34<br />

Würtinger, Katharina: Vom Kinematographen<br />

bis zu den „Anfängen“ Hollywoods. – S. 35 –<br />

47<br />

Walitsch, Herwig: Multiplicato imaginorum:<br />

Bildmedien nach 1800. – S. 48 – 67<br />

<strong>Medien</strong> Journal<br />

Jg 25 (2001) Nr 1-2<br />

Hofer, Michael: Die Ökonomisierung der<br />

österreichischen <strong>Medien</strong>landschaft. – S. 3 – 13<br />

„… .Zur Ökonomisierung werden vom Verfasser unter<br />

den Stichworten Globalisierung, Konzentration,<br />

Digitalisierung und Konvergenz grundlegende Überlegungen<br />

in Bezug auf die österreichische <strong>Medien</strong>landschaft<br />

angestellt.“<br />

Altmeppen, Klaus-Dieter: Ökonomisierung<br />

und <strong>Medien</strong>unternehmen. – S. 14 – 20<br />

»Der Beitrag illustriert die Aussagen des Projektmoduls<br />

‚Ökonomisierung‘ mit aktuellen journalistischen<br />

Entwicklungen und ergänzt sie v. a. um die Perspektive<br />

der <strong>Medien</strong>unternehmen. Letztere “entlarvt” er als<br />

tragende Akteure der Kommerzialisierung und diskutiert<br />

die unternehmensinternen Ökonomisierungsprozesse.“<br />

Meier, Werner A.: Kommerzialisierung als Megatrend:<br />

von der Produktorientierung zur Marketingperspektive.<br />

– S. 21 – 25<br />

Neissl, Julia; Renger, Rudi: Zwischen Sein und<br />

Schein: populärjournalistische Tendenzen in<br />

Österreichs <strong>Medien</strong>. – S. 26 – 37<br />

580<br />

Hummel, Roman: Mut zur Lücke: Empfehlungen<br />

für eine umfassende Journalismusforschung.<br />

– S. 38 – 44<br />

„Für die Verpflichtung zu einer umfassenden und<br />

über normative Ansätze hinausgehenden Kommunikator-<br />

bzw. – spezifischer – Journalismusforschung<br />

tritt der Verfasser in seinem Beitrag ein. Dabei diagnostiziert<br />

er zwei ‚journalistische Lebensstile‘, in<br />

welchen sich eine eher funktionsorientierte und eine<br />

eher unternehmensorientierte Operationalisierung<br />

der Nachrichtenfaktoren manifestieren würden.“<br />

Haas, Hannes: Kontexte des Populären Journalismus:<br />

Wandelphänomene und <strong>Medien</strong>reaktionen.<br />

– S. 45 – 49<br />

„Der Verfasser widerspricht … jeder analytischen<br />

Trennung in einen Informations- und Unterhaltungsjournalismus,<br />

denn Journalismus sei per se ein Verfahren,<br />

das mittels bestimmter Techniken komplexe<br />

Inhalte popularisiere, d.h. nutzerInnenfreundlich aufbereite.<br />

Zentral wirkt sich seiner Meinung nach aber<br />

die von den <strong>Medien</strong>unternehmen verfolgte ‚Ökonomie<br />

der Aufmerksamkeit‘ aus, die kompetitiv dramatisierte<br />

News einsetzen, um ihr ‚Kapital‘ an Publikumsbeachtung<br />

zu sichern und maximieren zu können.“<br />

Siegert, Gabriele: Wir über uns: zur Selbstthematisierung<br />

der <strong>Medien</strong>. – S. 50 – 59<br />

Rössler, Patrick: Wer thematisiert wen: und<br />

warum?. – S. 60 – 72<br />

Hohlfeld, Ralf: Im toten Winkel der <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong>.<br />

– S. 73 – 82<br />

medien praktisch<br />

Jg 25 (2001) Nr 3<br />

Fuchs, Max; Fuchs, Simon: Kulturraum Internet:<br />

Herausforderung für Forschung und <strong>Medien</strong>pädagogik.<br />

– S. 4 – 8<br />

Die Herausforderung für die <strong>Medien</strong>forschung und -<br />

pädagogik und damit gleichzeitig die Aufgabe und das<br />

Ziel von <strong>Medien</strong>kompetenz und <strong>Medien</strong>bildung sehen<br />

die Autoren vor allem in der kritischen Analyse<br />

der politischen, ökonomischen und kulturellen Strukturen<br />

und Machtpotentiale des Internets und der Reflexion<br />

potentieller Wirkungen.<br />

Maset, Pierangelo: NetzKunst vs. Kunst im<br />

Netz: die Kunst im Spannungsfeld der neuen<br />

Technologien. – S. 9 – 12<br />

Röll, Franz Josef: Zur Ästhetik des Internets:<br />

Wahrnehmungsdispositive eines neuen Mediums.<br />

– S. 13 – 17<br />

Fleischmann, Monika; Strauss, Wolfgang:<br />

Awareness!: zur Metapher der Navigation im<br />

Zeitalter digitaler Interaktivität. – S. 18 – 21


Der Begriff „Awareness“ wird in der Informationstechnik<br />

mit Wahrnehmung von Aktivität im Zusammenhang<br />

mit Telepräsenz verbunden. „Es geht um die<br />

Entwicklung und Wahrnehmung des elektronischen<br />

Doppelgängers, seiner Spuren im Netz und der Auswirkung<br />

der Netzaktivität auf den realen Raum.“<br />

(S. 19). Wie der Awareness-Gedanke künstlerisch umgesetzt<br />

wird, beschreiben die Autoren am Beispiel von<br />

verschiedenen <strong>Medien</strong>installationsprojekten.<br />

Hoffmann, Bernward: Munition für <strong>Medien</strong>kunst:<br />

das <strong>Medien</strong>museum im ZMK, Zentrum<br />

für Kunst und <strong>Medien</strong>technologie Karlsruhe. –<br />

S. 22 – 25<br />

Thiedeke, Udo: Das ist alles so schön bunt hier:<br />

Notwendigkeit und Entfaltung kreativer <strong>Medien</strong>kompetenz.<br />

– S. 26 – 28<br />

Die vielfältigen Möglichkeiten insbesondere neuer<br />

<strong>Medien</strong> erfordert eine „sozio-technische <strong>Medien</strong>kompetenz“<br />

der Nutzer, d. h. einerseits die Fähigkeit zur<br />

Handhabung neuer Technologien und andererseits<br />

die Fähigkeit, sich bspw. in virtuellen Räumen oder<br />

Gesellschaften bewegen zu können. Der Erwerb dieser<br />

als „kreative <strong>Medien</strong>kompetenz“ bezeichneten<br />

Qualifikation gelingt dem Autor zufolge vor allem<br />

über anwendungsorientierte Projekte, die sich aus Reflexion,<br />

Wissensaneignung und Projektarbeit zusammensetzen.<br />

Stang, Richard: <strong>Medien</strong>Kunst / Kunst <strong>Medien</strong>:<br />

eine Exkursion durch ausgewählte Literatur,<br />

CD-Roms und das Internet. – S. 29 – 30<br />

Feist, Udo: Ins Netz gegangen: art.net.dortmund.de.<br />

– S. 31 – 34<br />

Wulff, Hans J.: Klone im Spielfilm: Geschichten<br />

und Motive der Menschenverdoppelung,<br />

Teil 1. – S. 47 – 52<br />

Vollbrecht, Ralf: „Computer, zum Diktat!“:<br />

automatische Spracherkennung vor dem<br />

Durchbruch?. – S. 53 – 54<br />

Hausmanninger, Thomas: Angriff der Kontrolleure,<br />

Teil 2: Wege zu Ethiken für das Internet.<br />

– S. 55 – 58<br />

Spetsmann-Kunkel, Martin: Daily Talkshows:<br />

zu den Motiven von Teilnehmern und Zuschauern.<br />

– S. 58 – 61<br />

<strong>Medien</strong>impulse<br />

(2001) Nr 36<br />

Tulodziecki, Gerhard: <strong>Medien</strong>kompetenz als<br />

Ziel schulischer <strong>Medien</strong>pädagogik. – S. 4 – 11<br />

Schorb, Bernd: <strong>Medien</strong> oder Kommunikation:<br />

wofür soll sich Kompetenz entfalten?. – S. 12 –<br />

16<br />

Zeitschriftenlese<br />

Ribolits, Erich: Neue <strong>Medien</strong> und das Bildungsideal<br />

(politischer) Mündigkeit. – S. 17 – 21<br />

Filzmaier, Peter: <strong>Medien</strong>kompetenz und neue<br />

<strong>Medien</strong>. – S. 21 – 25<br />

Schachtner, Christina: Lernziel Identität: <strong>Medien</strong>kompetenz<br />

als Identitätskompetenz. –<br />

S. 25 – 33<br />

Plasser, Fritz: Wie glaubwürdig sind die Massenmedien?.<br />

– S. 33 – 36<br />

Krainer, Larissa: Die Verantwortung des Publikums:<br />

Anmerkungen zur Frage des Erwerbs<br />

jugendlicher <strong>Medien</strong>kompetenz aus ethischem<br />

Blickwinkel anhand des österreichischen<br />

Grundsatzerlass „<strong>Medien</strong>erziehung“. – S. 37 –<br />

40<br />

Moritz, Peter: <strong>Medien</strong>kompetenz als Schlüsselqualifikation.<br />

– S. 41 – 44<br />

Schubert, Frank: Erst, wenn es konkret wird,<br />

ist es wirklich schwierig. – S. 44 – 58<br />

Kleedorfer, Jutta: Gesucht: <strong>Medien</strong>kompetenz<br />

– gefunden beim Lesen: die besondere Bedeutung<br />

des Lesens für eine multimediale Gesellschaft.<br />

– S. 59 – 65<br />

Eppensteiner, Barbara: Orte des Eigen-Sinns:<br />

zur Vermittlung von <strong>Medien</strong>kompetenz in der<br />

außerschulischen Jugendarbeit. – S. 66 – 67<br />

Buchegger, Barbara: Die „Neue <strong>Medien</strong>-Generation“:<br />

wie erlangt sie die technische <strong>Medien</strong>kompetenz?.<br />

– S. 68 – 71<br />

Multimedia und Recht<br />

Jg 4 (2001) Nr 5<br />

Klindt, Thomas: Privater Eigenimport „unsicherer“<br />

Produkte via Internet: eine Betrachtung<br />

aus geräte- und produktsicherheitsrechtlicher<br />

Sicht. – S. 275 – 277<br />

Hartung, Stephanie G.; Hartmann, Alexander:<br />

„Wer bietet mehr?“: Rechtssicherheit des Vertragsschlusses<br />

bei Internetauktionen. – S. 278 –<br />

285<br />

Bottenschein, Florian: Namensschutz bei Streitigkeiten<br />

um Internet-Domains. – S. 286 – 291<br />

Libertus, Michael: Das britische Whitepaper<br />

„A new future for communications“: Inhalte<br />

und Implikationen für die Regulierung elektronischer<br />

Kommunikation. – S. 292 – 297<br />

581


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

„Mit dem am 12.12.2000 vorgelegten Whitepaper ,A<br />

New Future for Communications‘ hat die britische<br />

Regierung Perspektiven für die zukünftige Gestaltung<br />

des Regulierungsrahmens für den Bereich elektronischer<br />

Kommunikation aufgezeigt, die dem Phänomen<br />

der Konvergenz vor allem durch die Schaffung einer<br />

einheitlichen Regulierungsbehörde OFCOM Rechnung<br />

tragen soll. Der Beitrag stellt die wichtigsten<br />

Grundaussagen des Whitepaper unter Einbeziehung<br />

der Diskussionen in Deutschland, in anderen europäischen<br />

Ländern sowie auf der Ebene der EU vor.“<br />

Schuster, Fabian: EBC, Flatrate, T-DSL, TAL:<br />

quo vadis, Entgeltregulierung?. – S. 298 – 304<br />

Der Beitrag beleuchtet die Konsequenzen einer Eilentscheidung<br />

des VG Köln, durch die auf Antrag der<br />

DTAG die Vollziehbarkeit der sog. Element-Based-<br />

Charging-Anordnung der Reg TP v. 8.9.2000 aufgehoben<br />

worden ist. Der Verfasser geht insbesondere<br />

der Frage nach, ob die DTAG ihre Leistungen ohne<br />

Anspruch auf Entgelte erbringen muss, wenn sie es<br />

versäumt, einen entsprechenden Entgeltantrag zu stellen.<br />

Jg 4 (2001) Nr 6<br />

Holznagel, Bernd; Kussel, Stephanie: Möglichkeiten<br />

und Risiken bei der Bekämpfung rechtsradikaler<br />

Inhalte im Internet. – S. 347 – 351<br />

„Die Zahl rechtsradikaler Angebote im Internet ist in<br />

jüngster Zeit stark gestiegen. Da die Urheber meist aus<br />

dem anglo-amerikanischen Ausland agieren, sind sie<br />

für die deutschen Strafverfolgungsbehörden nur<br />

schwer greifbar. Das herkömmliche Sanktionsinstrumentarium<br />

des Staates läuft somit weitgehend leer.<br />

Um dem Problem des Rechtsradikalismus im Internet<br />

dennoch Herr zu werden, bedarf es folglich neuer, an<br />

die Bedürfnisse der Informationsgesellschaft angepasster<br />

Lösungsansätze. Hierzu zählt u.a. eine verstärkte<br />

Förderung selbstregulativer Elemente sowie der technische<br />

Selbstschutz durch die Internetnutzer. Der<br />

vorliegende Beitrag unterwirft die verschiedenen<br />

Möglichkeiten zur Bekämpfung des Internetrechtsradikalismus<br />

einer kritischen Bestandsaufnahme, weist<br />

auf Defizite hin und gibt Anregungen für eine effektive<br />

Aus- und Neugestaltung des zur Verfügung stehenden<br />

Handlungsinstrumentariums.“<br />

Heine, Robert; Neun, Andreas: Konkurrentenklagen<br />

im Telekommunikationsrecht: die gerichtliche<br />

Kontrolle von Entscheidungen der<br />

Reg TP. – S. 352 – 360<br />

„Im Bereich des Telekommunikations-(TK-)Rechts<br />

verwaltet der Staat insbesondere mit den Mobilfunklizenzen<br />

ein knappes Gut: Die nur in beschränktem<br />

Umfang zur Verfügung stehenden Frequenzen müssen<br />

unter mehreren privaten Wettbewerbern aufgeteilt<br />

werden; oftmals kann dabei nicht jeder Interessent<br />

berücksichtigt werden. Der Staat muss dann die<br />

Rolle eines Konfliktschlichters übernehmen und die<br />

unterschiedlichen Interessen in sachgerechter Weise<br />

ausgleichen. […] In Anbetracht der großen wirtschaftlichen<br />

Bedeutung der Lizenzen sowie der Komplexität<br />

der Materie werden sich dabei unterlegene<br />

Konkurrenten mit einer behördlichen Entscheidung<br />

oftmals nicht zufrieden geben und ihr Recht im Wege<br />

582<br />

der Konkurrentenklage vor den Gerichten suchen.<br />

Den damit im Zusammenhang stehenden Fragestellungen<br />

widmet sich der folgende Beitrag.“<br />

Lee, Won Ho: Die Regulierung des Telekommunikationsmarkt<br />

in Korea. – S. 361 – 367<br />

„Korea zählt heute zu den weltweit führenden Telekommunikations-(TK-)Märkten.[…]<br />

Die Entwicklung<br />

der TK-Infrastruktur in Korea kann als Modellfall<br />

stellvertretend für viele andere Entwicklungs- und<br />

Schwellenländer herangezogen werden. […] Gegenstand<br />

dieser Erörterung ist die Regulierung des koreanischen<br />

TK-Markts unter besonderer Berücksichtigung<br />

kartell- und wettbewerbsrechtlicher Gesichtspunkte.<br />

Nach einem kurzen Überblick über den Regulierungsapparat<br />

und die Hauptfiguren auf dem<br />

TK-Markt sowie über den geschichtlichen Hintergrund<br />

der Telekommunikation in Korea wird sich diese<br />

Abhandlung mit den wichtigsten koreanischen TK-<br />

Vorschriften befassen. Besonderes Augenmerk wird<br />

dabei der Regulierung des Marktzugangs für Investoren<br />

aus dem Ausland geschenkt. Darauf folgt eine<br />

Analyse der Vorschriften des Kartell- und Wettbewerbsgesetzes<br />

und ihrer Auswirkungen auf den Wettbewerb<br />

auf dem koreanischen TK-Markt.“<br />

Ernst, Stefan: Internetadressen: Stand der<br />

Rechtsprechung. – S. 368 – 374<br />

Jg 4 (2001) Nr 7<br />

Oertel, Klaus: Elektronische Form und notarielle<br />

Aufgaben im elektronischen Rechtsverkehr.<br />

– S. 419 – 422<br />

Pautsch, Arne: Die beihilferechtliche Relevanz<br />

der UMTS-Vergabe im Ausschreibungsverfahren.<br />

– S. 423 – 428<br />

Burgi, Martin; Brauner, Roman J.: Die Infrastrukturgesellschaft<br />

im Anwendungsbereich<br />

des § 50 TKG. – S. 429 – 435<br />

Schalast, Clemens; Schalast, Christoph: Das<br />

Recht der Kabelweitersendung von Rundfunkprogrammen:<br />

aktuelle Fragen bei der Umsetzung<br />

von § 20b UrhG. – S. 436 – 441<br />

„Mit dem 4. UrhGÄndG v. 8.5.1998 wurde in § 20b<br />

UrhG erstmals gesetzlich die sog. „Kabelweitersendung“<br />

[…] als besonderes Verwertungsrecht des Urhebers<br />

an Rundfunksendungen erwähnt. Damit stellt<br />

sich die Frage, ob die Betreiber von Breitbandkabelverteilanlagen,<br />

d. h. Fernsehkabelanlagen, verpflichtet<br />

sind, eine „eigene“ Urheberrechtsgebühr zu zahlen.<br />

Die Verwertungsgesellschaften haben die Gesetzesänderung<br />

unter Führung der GEMA zum Anlass genommen,<br />

von den Betreibern einer Gemeinschaftsantennen-<br />

oder einer Kabelnetzanlage erstmals eine Gebühr<br />

zu verlangen, soweit die Anlage terrestrisch<br />

empfangbare Rundfunkprogramme über eine eigene<br />

Empfangseinrichtung (Kopfstelle) einspeist und mehr<br />

als 75 Wohneinheiten mit Rundfunksignalen versorgt.<br />

[…] Der […] Beitrag konzentriert sich […] auf die Kabeleinspeisung<br />

im Kontext von Wohnanlagen und


zeigt einen Ansatz zur Bestimmung des Anwendungsbereichs<br />

von § 20b UrhG auf.”<br />

Multimedia und Recht, Beilage<br />

Jg 4 (2001) Nr 6<br />

Lüdicke, Jochen; Arndt, Jan-Holger: Der neue<br />

<strong>Medien</strong>erlass: Anmerkungen aus der Beratungspraxis.<br />

– S. 1 – 20<br />

Jg 4 (2001) Nr 7<br />

Schuster, Fabian; Müller, Ulf: Entwicklung des<br />

Internet- und Multimediarechts von Juli 2000<br />

bis März 2001. – S. 1 – 40<br />

New media & society<br />

Jg 3 (2001) Nr 2<br />

Lieshout, M. J. van: Configuring the digital city<br />

of Amsterdam: social learning in experimentation.<br />

– S. 131 – 156<br />

Auf der Basis der Theorie der reflexiven Modernisierung<br />

von Beck und Giddens wird hier Prozessen sozialen<br />

Lernens und damit der sozialen Bedeutung von<br />

Technik anhand der „digitalen Stadt Amsterdam“<br />

nachgegangen.<br />

Dahlberg, Lincoln: Democracy via cyberspace:<br />

mapping the rhetorics and practices of three<br />

prominent camps. – S. 157 – 178<br />

Der Autor befasst sich mit dem Zusammenhang von<br />

Demokratiekonzepten und den Erwartungen, die sich<br />

in der jeweiligen Perspektive mit dem Internet verknüpfen;<br />

dabei unterscheidet er zwischen individualistischer,<br />

kommunitaristischer und deliberativer Demokratie.<br />

Bull, Michael: The world according to sound:<br />

investigating the world of Walkman users. –<br />

S. 179 – 198<br />

Das von der Forschung sonst weitgehend vernachlässigte<br />

Medium Walkman wird hier als Alltagsbegleiter<br />

Jugendlicher wahrgenommen und untersucht. Es<br />

zeigt sich, dass das Medium dazu dient, Wahrnehmungen,<br />

Beziehungen und den sozialen Raum der<br />

Nutzer zu regulieren.<br />

Facer, Keri u. a.: What’s the point of using<br />

computers?: the development of young<br />

people’s computer expertise in the home. –<br />

S. 199 – 219<br />

Die Autoren untersuchen mit einer standardisierte<br />

Befragung von 855 Kindern und 16 detaillierten Fallstudien<br />

die Frage, warum eigentlich Kinder und Jugendliche<br />

Computer nutzen bzw. dazu Expertenwissen<br />

im Vergleich zu Erwachsenen sammeln: Sie dienen<br />

ihnen zum Erreichen einerseits praktischer Zwecke,<br />

andererseits zur Konstitution (geschlechtsspezifischer)<br />

Peergruppenidentitäten.<br />

Zeitschriftenlese<br />

Ribak, Rivka: „Like immigrants“: negotiating<br />

power in the face of the home computer. –<br />

S. 220 – 238<br />

Der Text beschäftigt sich mit dem Dreieck Vater-<br />

Sohn-Computer und der darin vermutlich stattfindenden<br />

Konstruktion von Männlichkeit sowie mit<br />

den sich darum herum rankenden familiären Beziehungen.<br />

Nordicom Review<br />

Jg 22 (2001) Nr 1<br />

Corner, John: Towards the really useful media<br />

researcher?. – S. 3 – 10<br />

Pietilä, Veikko: Reflections on public discussion<br />

in the mass media. – S. 11 – 22<br />

Schroeder, Kim Christian: Beyond the pioneer<br />

days!: where is reception research going?:<br />

cross-fertilizatioin of paradigms: a synthesizing<br />

appraoch to qualitative audience research. –<br />

S. 23 – 36<br />

Lund, Anker Brink: The genealogy of news: researching<br />

journalistic food-chains. – S. 37 – 42<br />

Agger, Gunhild: Fictions of Europe: on „Eurofiction“,<br />

a multinational research project. –<br />

S. 43 – 52<br />

Bondebjerg, Ib: European media, cultural integration<br />

and globalisation, reflections on the<br />

ESF-programme changing media-changing<br />

Europe. – S. 53 – 64<br />

Picard, Robert G.: Relations among media economics,<br />

content, and diversity. – S. 65 – 70<br />

Lehtonen, Mikko: On no man’s land: theses on<br />

intermediality. – S. 71 – 84<br />

Seppänen, Janne: Young people, researchers<br />

and benetton: contest interpretations of a Benetton<br />

Advertisement picture. – S. 85 – 93<br />

Sundholm, John; Vartianine, Pekka: Nationalising<br />

the International Crime Genre. – S. 97 –<br />

104<br />

Political Communication<br />

Jg 18 (2001) Nr 2<br />

Vreese, Claes H. de; Peter, Jochen; Semetko,<br />

Holli A.: Framing politics at the launch of the<br />

Euro: a cross-national comparative study of<br />

frames in the news. – S. 107 – 122<br />

583


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

Holtz-Bacha, Christina; Norris, Pippa: „To<br />

entertain, inform, and educate“: still the role of<br />

public television. – S. 123 – 140<br />

Shah, Dhavan V.; Kwak, Nojin; Holbert, R.<br />

Lance: „Connecting“ and „Disconnecting“<br />

with civic life: patterns of Internet use and the<br />

production of social capital. – S. 141 – 162<br />

Bennett, Stephen Earl; Rhine, Staci L.; Flickinger,<br />

Richard S.: Assessing American’s opinions<br />

about the news media’s fairness in 1996 and<br />

1998. – S. 163 – 182<br />

Callaghan, Karen; Schnell, Frauke: Assessing<br />

the democratic debate: how the news media frame<br />

elite policy discourse. – S. 183 – 214<br />

McLeod, Jack: Steven Chaffee and the future of<br />

political communication research. – S. 215 – 224<br />

Iyengar, Shanto: The method is the message:<br />

the current state of political communication research.<br />

– S. 225 – 230<br />

Mutz, Diana C.: The future of political communication<br />

research: reflections on the occasion<br />

of Steve Chaffee’s retirement from Standford<br />

University. – S. 231 – 236<br />

Chaffee, Steven: Studying the new communication<br />

of politics. – S. 237 – 242<br />

Public Opinion Quarterly<br />

Jg 65 (2001) Nr 1<br />

Koch, Jeffrey W.: When parties and candidates<br />

collide: citizen perception of house candidates’<br />

positions on abortion. – S. 1 – 21<br />

Bernstein, Robert; Chadha, Anita; Montjoy,<br />

Robert: Overreporting voting: why it happens<br />

and why it matters. – S. 22 – 44<br />

Belli, Robert F.; Shay, William L.; Stafford,<br />

Frank P.: Event history calendars and question<br />

list surveys: a direct comparison of interviewing<br />

methods. – S. 45 – 74<br />

Gerber, Alan S.; Green, Donald P.: Do phone<br />

calls increase voter turnout?: a field experiment.<br />

– S. 75 – 85<br />

Sigelman, Lee; Niemi, Richard G.: Innumeracy<br />

about minority populations: African Americans<br />

and Whites compared. – S. 86 – 94<br />

Fournier, Patrick u. a.: Validation of time-ofvoting-decision<br />

recall. – S. 95 – 107<br />

584<br />

Durand, Claire; Blais, André; Vachon, Sébastien:<br />

Review: A late campaign swing or a failure<br />

of the polls?: the case of the 1998 Quebec election.<br />

– S. 108 – 123<br />

Tien, Charles; Nathan, James A.: Trends: American<br />

ambivalence toward China. – S. 124 – 138<br />

Publizistik<br />

Jg 46 (2001) Nr 2<br />

Kepplinger, Hans Mathias: Der Ereignisbegriff<br />

in der Publizistik<strong>wissenschaft</strong>. – S. 117 – 139<br />

„Ziel des Beitrags ist die Klärung des Ereignisbegriffs,<br />

seine Grundlage ist die Unterscheidung von zwei<br />

Handlungsebenen – der Ebene des Berichteten und<br />

der Ebene der Berichterstattung. Das Geschehen auf<br />

beiden Handlungsebenen wirkt sich auf die jeweils eigene<br />

Handlungsebene aus, es beeinflusst sich jedoch<br />

auch wechselseitig. Weder ist die Berichterstattung<br />

unabhängig vom berichteten Geschehen, noch das berichtete<br />

Geschehen von der Berichterstattung. Die<br />

vorgeschlagenen Begriffe sollen wichtige Verschränkungen<br />

zwischen beiden Handlungsebenen aufzeigen<br />

und empirische Analysen des Verhältnisses von Darstellung<br />

und Dargestelltem ermöglichen. Dies betrifft<br />

den Vergleich zwischen der Berichterstattung verschiedener<br />

<strong>Medien</strong>gattungen sowie die Veränderung<br />

der Realitätsdarstellung einer <strong>Medien</strong>gattung. Letzteres<br />

geschieht anhand der Deutschlandberichterstattung<br />

von drei Qualitätszeitungen von 1951 bis 1995.“<br />

Winkel, Olaf: Die Kontroverse um die demokratischen<br />

Potenziale der interaktiven Informationstechnologien:<br />

Positionen und Perspektiven.<br />

– S. 140 – 161<br />

„Mit dem Übergang zur digitalen Informationsgesellschaft<br />

eröffnen sich in fast allen Bereichen neue <strong>Kommunikations</strong>-<br />

und Kooperationsmöglichkeiten, die<br />

überkommene Verfahren zur Disposition stellen.<br />

Auch die Frage nach den Perspektiven der Massendemokratie,<br />

deren <strong>wissenschaft</strong>liche Behandlung<br />

schwerpunktmäßig an der Schnittstelle von Politikund<br />

<strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong> angesiedelt ist, gewinnt<br />

vor diesem Hintergrund eine neue Bedeutung<br />

und neue Facetten. In der vorliegenden Arbeit wird die<br />

Kontroverse, die seit Anfang der Neunzigerjahre um<br />

die demokratischen Potenziale der interaktiven Informationstechnologien<br />

geführt wird, in ihren wesentlichen<br />

Argumentationslinien nachgezeichnet und einer<br />

kritischen Würdigung unterzogen. Dabei geht es dem<br />

Autor auch darum, auf Anhaltspunkte für eine Annäherung<br />

der widerstreitenden Lager aufmerksam zu<br />

machen, die weniger auf der theoretischen als auf der<br />

pragmatischen Ebene liegen, und darum, auf eine Erweiterung<br />

der Forschungsperspektive hinzuwirken.“<br />

Friedrich, Klaus-Peter: Die deutsche polnischsprachige<br />

Presse im Generalgouvernement<br />

(1939–1945): NS-Propaganda für die polnische<br />

Bevölkerung. – S. 162 – 188<br />

Bäuerlein, Heinz: Visuelle Rhetorik als Schlüssel<br />

zum Weißen Haus. – S. 189 – 195


„Im vergangenen Jahr kandidierte für die amerikanische<br />

Präsidentschaft ein Bewerber, der sich in früheren<br />

Jahren als <strong>Medien</strong>theoretiker versucht hat. Albert<br />

A. Gore beschloss sein Studium an der Harvard University<br />

1969 mit einer Untersuchung über die Einwirkung<br />

des Fernsehens auf die Amtsführung des Staatsund<br />

Regierungschefs. Von Truman bis Nixon haben<br />

die Präsidenten, jeder auf seine Weise, sich darum<br />

bemüht, den richtigen Umgang mit den <strong>Medien</strong> zu<br />

finden. Die Präsidentschaft konnte nicht umhin, sich<br />

den Bedürfnissen der elektronischen Information und<br />

Meinungsbildung anzupassen. Gore führt den Begriff<br />

der ‚visuellen Rhetorik‘ ein und sieht voraus, dass die<br />

Präsidenten das Fernsehen als eines der wichtigsten<br />

Instrumente des Regierens benutzen werden. Die<br />

Entwicklung hat seine Vorhersage bestätigt.“<br />

Rtkom<br />

Jg 53 (2001) Nr 2<br />

Kairo, Janne; Paulweber, Michael: High technologies<br />

industries, private restraints on innovation,<br />

and EU antitrust law: the European appraoch<br />

to market analysis of R&D competition,<br />

Teil 2. – S. 68 – 78<br />

Libertus, Michael: <strong>Medien</strong>rechtliche Aspekte<br />

der Umsetzung der E-Commerce-Richtlinie in<br />

Deutschland. – S. 79 – 82<br />

Mit der E-Commerce-Richtlinie (Richtlinie 2000/31/<br />

EG vom 8.6.2000) ist auf der Ebene der Europäischen<br />

Gemeinschaft eine umfassende Rechtsgrundlage für<br />

den elektronischen Geschäftsverkehr in Kraft getreten,<br />

die die Mitgliedstaaten binnen 18 Monaten in nationales<br />

Recht umzusetzen haben. Im Hinblick auf<br />

diese Verpflichtung ist auf Bundesebene am<br />

14.02.2001 vom Bundeskabinett der Entwurf für ein<br />

Gesetz über rechtliche Rahmenbedingungen für den<br />

elektronischen Geschäftsverkehr (EGG) beschlossen<br />

worden. Parallel hierzu haben die Länder Anfang Dezember<br />

2000 einen Entwurf für einen Staatsvertrag<br />

zur Änderung des <strong>Medien</strong>dienste-Staatsvertrages vorgelegt,<br />

der weitgehend mit der geplanten Änderung<br />

des TDG inhaltlich übereinstimmen und zeitgleich in<br />

Kraft treten soll. Der Beitrag beschreibt die Gesetzesentwürfe<br />

und kommt zu dem Schluss, dass die vorgesehene<br />

Novellierung neue Probleme aufwirft, da der<br />

gewählte Ansatz gerade im Hinblick auf die vorgesehene<br />

inhaltlich analoge Aufnahme von neuen Definitionen<br />

der Begriffe „Verteildienste“ bzw. „Abrufdienste“<br />

in das TDG und den MDStV zu nicht notwendigen<br />

begrifflichen Unschärfen sowie zu einer<br />

weiteren Aushöhlung der Zuständigkeit der Länder<br />

für den Bereich des Rundfunks im verfassungsrechtlichen<br />

Sinne führt.<br />

Beese, Dietrich; Müller, Felix: Marktabgrenzung<br />

als Deregulierungsinstrument?. – S. 83 –<br />

90<br />

„Die Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation<br />

hat im Februar 2001 erstmals in einem Endkundenmarkt<br />

die beherrschende Stellung der Deutschen<br />

Telekom verneint und diese damit partiell aus<br />

der Entgeltregulierung der §§ 24 ff. Telekommunikationsgesetz<br />

(TKG) entlassen. Die Entscheidung der<br />

Zeitschriftenlese<br />

Regulierungsbehörde zeigt ebenso wie ein nahezu<br />

zeitgleich veröffentlichtes Diskussionspapier, dass die<br />

Frage nach der Rückführung der sektorspezifischen<br />

Regulierung im Telekommunikationsbereich nunmehr<br />

praktische Dimensionen erlangt. Der vorliegende<br />

Artikel zeigt, dass nach Normzweck und Schutzrichtung<br />

der §§ 24 ff. TKG nur eine einheitliche sachliche<br />

Marktabgrenzung für Telefonverbindungen vertretbar<br />

ist und will damit einen Beitrag zur neu<br />

aufkeimenden Deregulierungsdiskussion leisten.“<br />

Lehr, Gernot; Brosius-Gersdorf, Frauke: Städte<br />

im Internet. – S. 91 – 102<br />

Gegenstand des Beitrags ist die verfassungsrechtliche<br />

Beurteilung der Konkurrenzsituation zwischen Städten<br />

und Zeitungsverlagen bei der Bereitstellung bestimmter<br />

Angebote im Internet. Untersucht wird, ob<br />

und in welchem Umfang die Städte von Verfassungs<br />

wegen unter Berücksichtigung wettbewerbsrechtlicher<br />

Aspekte berechtigt sind, im Internet unter Domains,<br />

die den Stadtnamen beinhalten, eine Plattform<br />

für verschiedene städtische und private Tätigkeiten und<br />

Angebote bereit zu stellen. Der Beitrag erörtert weiterhin<br />

die Frage nach dem Rechtsweg für Klagen Privater<br />

gegen Internet-Auftritte der öffentlichen Hand<br />

sowie den Prüfungsumfang der zuständigen Gerichte.<br />

Rundfunk und Geschichte<br />

Jg 27 (2001) Nr 1-2<br />

Wagner, Hans-Ulrich: Hartmut Geerken: der<br />

Autor, das interaktive Hörspiel und die Trilogie<br />

„Maßnahmen des Verschwindens“: eine<br />

Fallstudie zu Rundfunk und Literatur und eine<br />

Radiographie. – S. 5 – 21<br />

Geserick, Rolf; Vosgröne, Carmen: Hörspiel in<br />

Deutschland (1950–1965): ein Dokumentationsprojekt.<br />

– S. 22 – 29<br />

Fischer, Jens Malte; Kreuzer, Helmut: Frank<br />

Warschauer: Rundfunk und Kritik, ausgewählte<br />

Aufsätze 1927–1933, Teil 1. – S. 30-60<br />

Studies in Communication Sciences<br />

Jg 1 (2001) Nr 2<br />

Dresner, Eli; Dascal, Marcelo: Semantics, pragmatics<br />

and the digital information age. – S. 1 –<br />

22<br />

Renner, Karl Nikolaus: Die Text-Bild-Schere.<br />

– S. 23 – 44<br />

Rigotti, Eddo; Rocci, Andrea: Sens, non-sens,<br />

contresens. – S. 45 – 80<br />

Schulz, Peter: Rationality as a condition for intercultural<br />

understanding. – S. 81 – 100<br />

Shmelev, Alexei: Manipulation in Russian political<br />

journalism. – S. 101 – 116<br />

585


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

Kepplinger, Hans Mathias: Handle the scandal.<br />

– S. 117 – 136<br />

Mantovani, Giuseppe: Shifts in human-computer<br />

interaction: the Internet as a Mediation environment.<br />

– S. 137 – 147<br />

Barone-Adesi, Giovanni: Financial disclosure<br />

and value creation: the role of financial communication.<br />

– S. 159 – 166<br />

Eppler, Martin J.: The concept of information<br />

quality: an interdisciplinary evaluation of recenet<br />

information quality framworks. – S. 167 –<br />

182<br />

Fengler, Susanne: How journalists cover themselves:<br />

a survey of research on media journalism<br />

and media criticism in the United States. – S.<br />

183 – 192<br />

Tota, Anna Lisa: Homeless memories: how societies<br />

forget their past. – S. 193 – 214<br />

TelevIZIon<br />

Jg 14 (2001) Nr 1<br />

Fuchs, Gerhard: Familienfernsehen in der<br />

ARD. – S. 4 – 6<br />

„Die Messlatte der ARD liegt hoch. Sie will ein ,Voll‘-<br />

Programm, in dem jedes Familienmitglied eigene Sendungen<br />

findet, das aber auch zahlreiche Angebote<br />

macht, die für die ganze Familie interessant sind.“<br />

Berthoud, Martin: Familienangebote im ZDF.<br />

– S. 7 – 9<br />

„Auf Veränderungen der Familie und der damit zusammenhängenden<br />

<strong>Medien</strong>rezeption reagiert das<br />

ZDF programmstrategisch mit thematischen, funktionalen<br />

und Genre-Schwerpunkten.“<br />

Zeiler, Gerhard: Mythos Familienfernsehen. –<br />

S. 9 – 11<br />

Familienfernsehen – ein Programm für alle und<br />

niemand?: Programmverantwortliche antworten.<br />

– S. 11 – 15<br />

Petzold, Matthias: Familien heute: sieben Typen<br />

familialen Zusammenlebens. – S. 16 – 20<br />

Morley, David: Familienfernsehen und <strong>Medien</strong>konsum<br />

zu Hause. – S. 20 – 26<br />

„Im Familienfernsehen spielen auch künftig geschlechtsspezifische<br />

<strong>Medien</strong>aneignung und Programmnutzung<br />

eine wichtige Rolle – trotz heftiger<br />

Kritik an den Ergebnissen entsprechender Forschungsarbeiten.“<br />

Bachmair, Ben; Lambrecht, Clemens; Topp,<br />

Claudia: Familien vor dem Bildschirm: Diskus-<br />

586<br />

sion einer Programm- und Nutzungsstichprobe.<br />

– S. 26 – 35<br />

Hofmann, Ole: Sehen Familien anders fern?. –<br />

S. 36 – 40<br />

„Eltern nutzen das Fernsehen anders als gleichaltrige<br />

Zuschauer ohne Kinder. Sie sehen weniger, zu anderen<br />

Zeiten, haben andere Programmvorlieben und<br />

konzentrieren sich auf weniger Sender. Gemeinsames<br />

Fernsehen mit den Kindern findet vor allem am Vorabend<br />

und in der Prime-Time statt.“<br />

Götz, Maya: Kinder- und Familienfernsehen<br />

aus der Sicht der Eltern. – S. 41 – 48<br />

Sander, Ekkehard: <strong>Medien</strong> im Jugendalter:<br />

Rückblicke von Eltern und ihren heranwachsenden<br />

Kindern. – S. 49 – 56<br />

Tolley’s Communications Law<br />

Jg 6 (2001) Nr 3<br />

Abeyratne, Ruwantissa: The use of e-commerce<br />

in carriage by air: some legal issues. – S. 78 –<br />

86<br />

Noeding, Toralf; Bumberger, Kristina: Electronic<br />

signatures in German civil law. – S. 87 – 91<br />

tv diskurs<br />

(2001) Nr 17<br />

Schwanda, Herbert: Neue Regelungen in<br />

Österreich: Bundesfilmkommission erhält Zuständigkeit<br />

für das Fernsehen. – S. 4 – 9<br />

Jugendmedienschutz in Europa: Filmfreigaben<br />

im Vergleich. – S. 10 – 12<br />

Mikos, Lothar: Dynamik und Effekte für den<br />

Sinnenrausch: Ästhetik der Gewaltdarstellung<br />

im Action- und Science-Fiction-Film. –<br />

Zeitter, Ernst; Freitag, Burkhard: „Die janze<br />

Richtung paßt uns nicht“: biographische<br />

Bruchstücke zu einer Geschichte der <strong>Medien</strong>zensur<br />

in Deutschland, Teil 1. – S. 20 – 29<br />

Kaschuba, Wolfgang: Orientierungsverlust als<br />

Preis der Freiheit: Wie entstehen Wertvorstellungen<br />

in pluralistischen Gesellschaften?. – S.<br />

30 – 37<br />

Wunden, Wolfgang: Wer setzt Normen für die<br />

TV-Unterhaltung?: <strong>Medien</strong>ethik im gesellschaftlichen<br />

Wandel. – S. 38 – 41<br />

Hausmanninger, Thomas: Eigentlich lehnen<br />

die Zuschauer Gewaltdarstellungen ab: katho-


lische Sozialethik und der Blick auf populäre<br />

<strong>Medien</strong>. – S. 42 – 49<br />

Grimm, Jürgen: A-Moral, Anti-Moral, zügellose<br />

Moral: zu normativen Aspekten von Daily<br />

Talks. – S. 50 – 57<br />

Schütte, Dagmar: Perpetuum immobile: einige<br />

Bemerkungen zum Diskurs um das Verhältnis<br />

von Privatheit und Öffentlichkeit in den <strong>Medien</strong>.<br />

– S. 58 – 63<br />

Funiok, Rüdiger: Mit <strong>Medien</strong> über Werte sprechen.<br />

– S. 64 – 69<br />

Gottberg, Joachim von: Jugendschutz oder<br />

<strong>Medien</strong>ethik: was kann die Selbstkontrolle leisten?.<br />

– S. 70 – 73<br />

Zeitschrift für <strong>Medien</strong>psychologie<br />

Jg 13 (2001) Nr 1<br />

Winterhoff-Spurk, Peter: Kassensturz: zur<br />

Lage der <strong>Medien</strong>psychologie. – S. 3 – 10<br />

Schaumburg, Heike: Neues Lernen mit<br />

Laptops?: ein Überblick über Forschungsergebnisse<br />

zur Nutzung mobiler Computer in<br />

der Schule. – S. 11 – 21<br />

„Mobilen Computern in der Schule wird vielfach das<br />

Potential zugesprochen, schulisches Lernen grundlegend<br />

zu verändern. In dem vorliegenden Artikel wird<br />

ein Überblick über internationale Forschungsergebnisse<br />

zur Nutzung mobiler Computer in der Schule<br />

gegeben. Dabei wird besonders auf Ergebnisse zum<br />

Lernverhalten der Schüler, zu Unterrichtsveränderungen,<br />

zu Schulleistungen und zum Erwerb fächerübergreifender<br />

Kompetenzen eingegangen. Nach einer<br />

Diskussion der Ergebnisse wird ein Ausblick auf ein<br />

in Deutschland durchgeführtes Pilotprojekt gegeben.“<br />

Klimmt, Christoph: Computer-Spiel: interaktive<br />

Unterhaltungsangebote als Synthese aus<br />

Medium und Spielzeug. – S. 22 – 32<br />

„Computer- und Videospiele gehören mittlerweile zu<br />

den bedeutendsten Unterhaltungsmedien. Die medienpsychologische<br />

Forschung hat sich bislang vornehmlich<br />

mit den Wirkungen ausgiebigen Spielens beschäftigt.<br />

Dagegen wurde der Prozess des Spielens<br />

kaum thematisiert. Im Mittelpunkt dieses Beitrags stehen<br />

Überlegungen zur Faszinationskraft der Tätigkeit<br />

,Computer spielen‘. Der Prozess des Spielens wird aus<br />

medien- und spielpsychologischer Perspektive beleuchtet.<br />

Die zentrale Annahme, dass die besondere<br />

unterhaltende Wirkung von Computerspielen in der<br />

Kombination von Merkmalen klassischer Unterhaltungsmedien<br />

und elektronischer Spielzeuge besteht,<br />

wurde in einem Feldexperiment mit 349 Teilnehmern<br />

überprüft. Demnach besteht die Faszinationskraft von<br />

Computer- und Videospielen darin, dass sie ihren<br />

Nutzern gleichzeitig Handlungsmöglichkeiten anbieten<br />

und eine Handlungsnotwendigkeit suggerieren.“<br />

Zeitschriftenlese<br />

Rothmund, Jutta; Schreier, Margrit; Groeben,<br />

Norbert: Fernsehen und erlebte Wirklichkeit,<br />

Teil 1: ein kritischer Überblick über die perceived<br />

Reality-Forschung. – S. 33 – 44<br />

„Rezeptionsseitige Einschätzungen des Verhaltens<br />

zwischen audiovisuellen <strong>Medien</strong>produkten und der<br />

Realität sind innerhalb der <strong>Medien</strong>psychologie Gegenstand<br />

der Perceived Reality-Forschung. Deren<br />

mehrdimensional Explikationen der erlebten Wirklichkeit<br />

weisen zum einen Unschärfen und Inkonsistenzen<br />

auf, zum anderen fehlt bislang ein integratives<br />

Modell. Bedingt durch die primär medienkritische<br />

Perspektive der Perceived Reality-Forschung wurde<br />

außerdem die Konstruktivität und Komplexität der<br />

rezeptionsseitigen Urteilsbildung nicht hinreichend<br />

berücksichtigt. Der vorliegende erste Teil dieses Beitrags<br />

gibt zunächst einen systematischen Überblick<br />

über die theoretische und empirische Forschung zu<br />

Perceived Reality. Dabei werden die mehrdimensionalen<br />

Konstruktexplikationen dieser Forschungsrichtung<br />

dargestellt sowie deren Unterschiede und Gemeinsamkeiten<br />

herausgearbeitet. Anschließend geben<br />

wir eine Synopse über die Befunde zur Validität der<br />

Perceived Reality und benennen in einem abschließenden<br />

Fazit Forschungsdesiderata.“<br />

Batinic, Bernad; Moser, Klaus: Neue Befragungsmethoden<br />

für die <strong>Medien</strong>psychologie:<br />

online-panels. – S. 45 – 49<br />

Jg 13 (2001) Nr 2<br />

Schwab, Frank: Unterhaltungsrezeption als<br />

Gegenstand medienpsychologischer Emotionsforschung.<br />

– S. 62 – 72<br />

„Der Beitrag unterscheidet Ansätze der Untersuchung<br />

zur Unterhaltungsrezeption in explorative und<br />

theoriegeleitete. Der ,Uses and Gratifications’-Ansatz<br />

sowie der Eskapismusansatz sind dem explorativen<br />

Vorgehen zuzuordnen. Theoriegeleitete Ansätze werden<br />

in erregungspsychologische Ansätze und identitätsorientierte<br />

Konzepte unterteilt und durch eigene<br />

Überlegungen zu emotionspsychologischen Konzepten<br />

ergänzt. Es lässt sich verdeutlichen, dass die Auseinandersetzung<br />

mit Emotionen fruchtbar im Lichte<br />

der Evolution geführt werden kann. Proximative Erklärungsansätze<br />

der Unterhaltungsrezeption lassen<br />

sich am Beispiel des ,Stimulus Evaluation-Check‘-<br />

Modells (SEC) der Emotionsgenese erörtern,<br />

während distale/ultimate Erklärungen mit dem Konzept<br />

,Evolvierter Psychischer Mechanismen‘ (EPMs)<br />

am Beispiel der Funktionsanalyse positiver Emotionalität<br />

dargestellt werden. Ergänzend zum SEC-Modell<br />

wird neben der Berücksichtigung der Realitäts-<br />

Fiktions-Unterscheidung eine Differenzierung positiver<br />

Emotionalität in Freude, Interesse und Zufriedenheit<br />

vorgeschlagen. Diese Unterscheidung führt der<br />

Beitrag aus einer evolutionspsychologischen Perspektive<br />

heraus ein. Die adaptive Funktion positiver Emotionalität<br />

liegt dabei in einer Erweiterung des Denkund<br />

Handlungsraumes. Dies lässt sich ohne weiteres<br />

mit dem identitätsorientierten Ansatz der Unterhaltungsrezeption<br />

in Einklang bringen.“<br />

587


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

Trepte, Sabine; Zapfe, Sina; Sudhoff, Wiebke:<br />

Orientierung und Problembewältigung durch<br />

TV-Talkshows: empirische Ergebnisse und Erklärungsansätze.<br />

– S. 73 – 84<br />

„Im Gegensatz zur landläufigen Meinung unterhalten<br />

tägliche Talkshows nicht nur, sondern werden von einigen<br />

Zuschauern zur Orientierung und Problembewältigung<br />

eingesetzt. Um diese, eher unpopuläre, Rezeptionshaltung<br />

besser verstehen zu können, werden<br />

anhand von drei Studien ihre Antezedenzien, Rahmenbedingungen<br />

und Konsequenzen untersucht. In<br />

der ersten Studie wird in einer Befragung von Teenagern<br />

der Frage nachgegangen, inwiefern die individuelle<br />

Problembelastung im persönlichen Umfeld zu einer<br />

Orientierungssuche in täglichen Talkshows führt<br />

und ob Probleme in bestimmten Bereichen (z. B. mit<br />

den Eltern) eine Selektion entsprechender Themenbereiche<br />

in Talkshows nach sich ziehen. Zur Beleuchtung<br />

der Rahmenbedingungen orientierungssuchender<br />

Rezeption konzentriert sich die zweite Studie auf<br />

die Beziehung der Zuschauer zum Moderator. In einer<br />

Befragung von Jugendlichen wird untersucht, inwieweit<br />

die Suche und Orientierung und Information in<br />

Talkshows die Intensität und Art der Beziehung zum<br />

Host beeinflusst. In der dritten Studie wird in einem<br />

qualitativen Ansatz hinterfragt, ob der Wunsch nach<br />

einem eigenen Auftritt in der Show als Konsequenz einer<br />

involvierten Rezeptionshaltung und des Orientierungsmotivs<br />

aufgefasst werden kann. Auf Basis der<br />

Erkenntnisse aller drei Studien wird ein dreifaktorielles<br />

Erklärungsmodell für die Orientierungssuche in<br />

täglichen Talkshows vorgeschlagen, welches die individuellen<br />

und sozialen Prädispositionen der Zuschauer,<br />

die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und<br />

Charakteristika des <strong>Medien</strong>angebotes als Bedingungsfaktoren<br />

in betracht zieht.“<br />

Rothmund, Jutta; Schreier, Margrit; Groeben,<br />

Norbert: Fernsehen und erlebte Wirklichkeit<br />

II: ein integratives Modell zu Realitäts-Fiktions-Unterscheidungen<br />

bei der (kompetenten)<br />

<strong>Medien</strong>nutzung. – S. 85 – 95<br />

„Rezeptionsseitige Einschätzungen des Verhältnisses<br />

zwischen audiovisuellen <strong>Medien</strong>produkten und der<br />

Realität sind innerhalb der <strong>Medien</strong>psychologie Gegenstand<br />

der Perceived Reality-Forschung. Deren<br />

mehrdimensionale Explikationen der erlebten Wirklichkeit<br />

weisen zum einen Unschärfen und Inkonsistenzen<br />

auf, zum anderen fehlt bislang ein integratives<br />

Modell. Ein erster Teil dieses Betrags (Fernsehen und<br />

erlebte Wirklichkeit I) hat einen systematischen<br />

Überblick über diese Forschungsrichtung gegeben. In<br />

dem vorliegenden zweiten Teil des Beitrags wird nun<br />

ein mehrdimensionales Modell zu ,Realitäts-Fiktions-<br />

Unterscheidungen’ vorgestellt, das die Konzeptualisierungen<br />

der Perceived Reality sowie inkonsistente<br />

Befunde integriert und präzisiert. Zunächst wird das<br />

Modell vorgestellt, in dem zwischen drei Perspektiven<br />

von sogenannten Realitäts-Fiktions-Unterscheidungen<br />

differenziert wird: Werkkategorie, Erfahrungsinhalt<br />

und Erfahrungsmodus. Anschließend wird aufgezeigt,<br />

in welcher Weise diese Perspektiven zu den in<br />

der Perceived Reality-Forschung angesetzten Urteilsdimensionen<br />

stehen und wie sich inkonsistente Befunde<br />

der Perceived Reality-Forschung innerhalb des<br />

vorgestellten Modells plausibel rekonstruieren lassen.<br />

Auf der Grundlage des Drei-Perspektiven-Modells<br />

588<br />

werden abschließend unter Berücksichtigung von<br />

Prozessen der Urteilsbildung Perspektiven einer kritisch-konstruktiven<br />

(medienspezifischen wie -übergreifenden)<br />

Nutzungskompetenz skizziert.“<br />

Mangold, Roland: <strong>Medien</strong>psychologische Methoden:<br />

ist die mimikbasierte Emotionsanalyse<br />

eine verkannte Methode in der <strong>Medien</strong>psychologie?.<br />

– S. 96 – 98<br />

Zeitschrift für Urheber- und <strong>Medien</strong>recht<br />

Jg 45 (2001) Nr 5<br />

Degenhart, Christoph: Wirtschaftliche Betätigung<br />

öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten:<br />

der <strong>Medien</strong>park des ZDF. – S. 357 – 372<br />

Der Artikel stellt die Kurzfassung eines vom Verfasser<br />

erstellten Gutachtens dar. Der Verfasser kommt zu<br />

dem Ergebnis, dass das Betreiben eines <strong>Medien</strong>parks<br />

nicht zum gesetzlichen Aufgabenbereich des ZDF<br />

gehört und diesem auch nicht durch verfassungskonforme<br />

Auslegung zugeordnet werden kann. Der Betrieb<br />

des <strong>Medien</strong>parks stelle einen Verstoß gegen das<br />

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und<br />

eine Beeinträchtigung von Wettbewerbsmöglichkeiten<br />

im Sinne des § 19 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 Nr. 1 GWB und<br />

eine Diskriminierung nach § 20 Abs. 1 2. Variante GWB<br />

dar. Gemeinschaftsrechtlich werde gegen das Beihilfeverbot<br />

des Art. 87 Abs. 1 EGV verstoßen.<br />

Bamberger, Christian: <strong>Medien</strong>öffentlichkeit im<br />

Lichte der Rundfunkfreiheit. – S. 373 – 377<br />

Der Autor setzt vor dem Hintergrund der n-tv-Entscheidung<br />

des Bundesverfassungsgerichts mit § 169<br />

Satz 2 GVG auseinander, der Ton- und Fernseh-<br />

Rundfunkaufnahmen während Gerichtsverhandlungen<br />

untersagt. Das Gericht hatte die Verfassungsbeschwerden<br />

gegen diese Vorschrift zurückgewiesen.<br />

Der Verfasser ist der Auffassung, dass obwohl das Urteil<br />

keinen Handlungsauftrag an den Gesetzgeber enthalte,<br />

das geltende Recht mit dem Ausschluss der <strong>Medien</strong>öffentlichkeit<br />

bereichsspezifisch auf den Prüfstand<br />

gestellt werden sollte. Differenzierende Konzepte<br />

seien gefragt, die auf die unterschiedlichen<br />

Prozessarten und Verfahrensstadien abgestimmt sind.<br />

Mit der gesetzlichen Zuweisung der Entscheidungskompetenz<br />

an das jeweilige Gericht könne eine sachgerechte<br />

Lösung erreicht werden.<br />

Becker, Bernhard von: Veröffentlichung ad ultimo?:<br />

zum Verhältnis zwischen Übersetzer<br />

und Verlag. – S. 378 – 381<br />

Frentz, Raitz von; Becker, Thomas: Die<br />

nachträgliche Bestimmung der Leistungszeit<br />

bei Filmlizenzverträgen: zum Umgang mit „to<br />

be announced“-Vorbehalten im Lizenzvertrag.<br />

– S. 382 – 389<br />

Glatt, Christoph: Vertragsschluss im Internet:<br />

die Artikel 9- bis 11 der E-Commerce-Richtlinie<br />

und ihre Umsetzung im deutschen Recht. –<br />

S. 390 – 397


Marwitz, Petra: Das System der Domainnamen.<br />

– S. 398 – 404<br />

Jg 45 (2001) Nr 6<br />

Schack, Haimo: Neuregelung des Urhebervertragsrecht.<br />

– S. 453 – 465<br />

Frey, Dieter: Peer-to-peer file-sharing, das Urheberrecht<br />

und die Verantwortlichkeit von<br />

Diensteanbietern am Beispiel Napster, Inc im<br />

Lichte des US-amerikanischen und des EG-<br />

Rechts. – S. 466 – 477<br />

Coelln, Christian von: Lebach einmal anders:<br />

die Rundfunkfreiheit fordert ihr Recht. – S. 478<br />

– 486<br />

Der Autor setzt sich mit der zweiten „Lebach-Entscheidung“<br />

des Bundesverfassungsgerichts aus dem<br />

Jahr 1999 auseinander. Gegenstand der ersten Entscheidung<br />

aus dem Jahr 1973 war die Verfassungsbeschwerde<br />

eines Beteiligten am Überfall auf ein Munitionsdepot<br />

im saarländischen Lebach, bei dem vier<br />

Soldaten getötet wurden. Er fühlte sich durch einen<br />

geplanten Dokumentarfilm mit dem Titel „Der Soldatenmord<br />

von Lebach“, bei dem er abgebildet und sein<br />

Name genannt werden sollte, in seinem Persönlichkeitsrecht<br />

verletzt. Im zweiten Fall wehrten sich die<br />

Tatbeteiligten gegen ein Fernsehspiel („Der Fall Lebach“),<br />

das als Pilotfilm einer Sendereihe „Verbrechen,<br />

die Geschichte machten“ geplant war. Der Verfassungsbeschwerde<br />

des Senders wurde stattgegeben,<br />

die Verfassungsbeschwerde eines Täters abgewiesen.<br />

Anders als in der ersten Lebach-Entscheidung liege<br />

keine besonders schwere Beeinträchtigung der Person<br />

vor, da es sich nicht um eine „den Täter identifizierende<br />

Sendung“ handele. In der Entscheidung hieß es,<br />

das allgemeine Persönlichkeitsrecht vermittele<br />

Straftätern „keinen Anspruch darauf, in der Öffentlichkeit<br />

überhaupt nicht mehr mit der Tat konfrontiert<br />

zu werden.“<br />

Oberländer, Stefanie: Gemeinsame Richtlinien<br />

der Landesmedienanstalten als normkonkretisierende<br />

Verwaltungsvorschriften?: zur Bindung<br />

der Gerichte an die auf der Grundlage der<br />

§§ 33 und 46 RStV erlassenen Gemeinsamen<br />

Richtlinien der Landesmedienanstalten. –<br />

S. 487 – 500<br />

Die Autorin untersucht die Rechtsnatur der Gemeinsamen<br />

Richtlinien der Landesmedienanstalten (etwa<br />

Werbung und Jugendschutz) und kommt zu dem Ergebnis,<br />

dass es sich um normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften<br />

und nicht um lediglich norminterpretierende<br />

Verwaltungsvorschriften handelt. Die<br />

Landesmedienanstalten hätten bei der Erstellung der<br />

Gemeinsamen Richtlinien einen gerichtlich nur begrenzt<br />

überprüfbaren Beurteilungsspielraum. Die Autorin<br />

stellt zunächst die Voraussetzungen und Folgen<br />

normkonkretisierender Verwaltungsvorschriften dar.<br />

Nachdem sie festgestellt hat, dass diese Voraussetzungen<br />

auch auf die Gemeinsamen Richtlinien zutreffen,<br />

nimmt sie eine endgültige Einordnung im Wege einer<br />

Abwägung vor.<br />

Zeitschriftenlese<br />

Jg 45 (2001) Nr 7<br />

Koenig, Christian; Kühling, Jürgen: How to<br />

cut a long story short: das PreussenElektra-Urteil<br />

des EuGH und die EG-Beihilfenkontrolle<br />

über das deutsche Rundfunkgebührensystem. –<br />

S. 537 – 546<br />

Die Autoren gehen der Frage nach, welche Auswirkungen<br />

das PreussenElektra-Urteil des EuGH auf die<br />

Einordnung der deutschen Rundfunkgebühren als<br />

verbotene Beihilfen im Sinne des EG-Vertrages haben<br />

können. In dem Urteil vom 13. März 2001 ging es um<br />

die Abnahme- und Vergütungspflichten des Stromeinspeisungsgesetzes.<br />

In seiner Entscheidung gelangte<br />

der EuGH zu einer restriktiven Interpretation des<br />

Tatbestandsmerkmals der staatlichen Mittelherkunft.<br />

Dieser Auslegung zufolge genügt eine rein regulative<br />

Lenkung von Mitteln zwischen Unternehmen, d. h.<br />

eine solche, bei der es zu keiner Zwischenschaltung eines<br />

öffentlichen Haushalts kommt, nicht für die Annahme<br />

einer hoheitlichen Mittelübertragung. Die Autoren<br />

kommen zu dem Ergebnis, dass auch bei der Gebührenfinanzierung<br />

im Rundfunk keine staatliche<br />

Zurechenbarkeit der Finanzmittel vorliege. Die Gebühren<br />

flossen von den Gebührenschuldnern direkt in<br />

die Haushalte der Rundfunkanstalten. Daher scheide<br />

bei konsequenter Umsetzung dieses Urteils auch eine<br />

Einordnung der Rundfunkgebühren als Beihilfen aus.<br />

Boehme-Neßler, Volker: Rechtsprobleme der<br />

Internet-Werbung. – S. 547 – 554<br />

Der Autor stellt zunächst die Werberegeln im Europarecht<br />

und im deutschen Recht dar und untersucht<br />

dann die rechtliche Einordnung spezieller Angebote<br />

im Netz wie Spamming, Key-Word-Advertising,<br />

Meta-Tags, Word-Stuffing, Links und Counter.<br />

Frotscher, Werner: Zlatko und Caroline: der<br />

verfassungsrechtliche Schutz der menschlichen<br />

Würde und Persönlichkeit in der <strong>Medien</strong>berichterstattung.<br />

– S. 555 – 563<br />

Der Autor stellt die Unterschiede zwischen der Berichterstattung<br />

über Prominente und Real-Life-Soaps<br />

im Hinblick auf die Verletzung des Persönlichkeitsrechts<br />

dar. „Während die tägliche Berichterstattung<br />

aus dem Wohncontainer […] mit dem schriftlich niedergelegten<br />

Einverständnis der beteiligten Kandidaten,<br />

ja geradezu dem Wunsch hin erfolgt, fehlt es an einer<br />

solchen Zustimmung bei der nicht autorisierten<br />

Berichterstattung über Prominente. Hier zeigt sich,<br />

dass es in erster Linie Aufgabe des einzelnen Grundrechtsträgers<br />

ist, seine Würde und Persönlichkeit gegenüber<br />

Angriffen Privater zu verteidigen. […] Ein<br />

Schutz der menschlichen Würde und Persönlichkeit<br />

gegen den erklärten Willen des Grundrechtsträgers<br />

[…] muss in einem freiheitlichen, nichtpaternalistischen<br />

Gemeinwesen auf seltene Ausnahmefälle beschränkt<br />

bleiben.“<br />

Pelny, Stefan: Privatrechtliche Beteiligungen<br />

öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten: eine<br />

Entgegnung auf Norbert Seidel. – S. 564 – 566<br />

Dieser Beitrag stellt eine Entgegnung auf den Aufsatz<br />

von Norbert Seidel in ZUM 2001, S. 13 ff. dar. Der<br />

Autor widerspricht der Auffassung Seidels, wonach<br />

589


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

zur rechtlichen Bewertung der Aktivitäten von privaten<br />

Unternehmen, an denen öffentlich-rechtliche<br />

Rundfunkanstalten beteiligt sind, im Hinblick auf die<br />

Vereinbarkeit mit dem gesetzlichen Auftrag der<br />

Rundfunkanstalt und der Prüfungszuständigkeit der<br />

Landesrechnungshöfe, zwischen der Rundfunkanstalt<br />

und dem privaten Unternehmen zu trennen sei. Eine<br />

solche Trennung lasse sich weder aus den einschlägi-<br />

590<br />

gen Vorschriften der Landesgesetze bzw. Staatsverträge,<br />

noch aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts<br />

entnehmen.<br />

Gercke, Marco: Ist die Mehrfachnutzung kostenloser<br />

Internettestzugänge strafbar?. – S. 567<br />

– 573


Literaturverzeichnis<br />

11 Bibliographien. Lexika<br />

12 Jahrbücher. Geschäftsberichte<br />

21 <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong> und -forschung<br />

22 Journalismus. <strong>Medien</strong>berufe<br />

23 Publizistische Persönlichkeiten<br />

24 <strong>Medien</strong>institute<br />

31 Kommunikation<br />

32 <strong>Kommunikations</strong>politik<br />

33 Lokalkommunikation. Bundesländer<br />

41 Massenkommunikation Politik<br />

42 Massenkommunikation Gesellschaft<br />

43 Massenkommunikation Kultur<br />

11 Bibliographien. Lexika<br />

Hörfunk und Fernsehen: Aufsatznachweis aus<br />

Zeitschriften und Sammelwerken; Jahresband<br />

2000. – Köln: WDR, 2001. – 308 S.<br />

Kühner, Anja; Sturm, Thilo: Das <strong>Medien</strong>-Lexikon:<br />

Fachbegriffe von A-Z aus Print, Radio,<br />

TV und Internet. – Landsberg: Verl. Moderne<br />

Industrie, 2001. – 288 S.<br />

12 Jahrbücher. Geschäftsberichte<br />

Deutsche Fachpresse 2001: Jahrbuch der Fachinformation.<br />

– Berlin: VDZ, 2001. – 208 S.<br />

Forschungsbericht 2000/2001. – Hamburg:<br />

Hans-Bredow-Institut, 2001. – 79 S.<br />

Jahrbuch 2001: mit der Spruchpraxis des Jahres<br />

2000. – Bonn: Deutscher Presserat, 2001. –<br />

456 S.<br />

Jahrbuch Fernsehen 2001/ Hachmeister, Lutz<br />

u. a. (Hrsg.). – Marl: Adolf Grimme Institut,<br />

2001. – 583 S.<br />

Jahresbericht 2000/ Hessischer Rundfunk<br />

(Hrsg.). – Frankfurt: HR, 2001. – 96 S.<br />

21 <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong> und -forschung<br />

Kunczik, Michael; Zipfel, Astrid: Publizistik:<br />

ein Studienhandbuch. – Köln: Böhlau, 2001. –<br />

549 S. (UTB für Wissenschaft; 2256)<br />

22 Journalismus. <strong>Medien</strong>berufe<br />

Blakeslee, Ann M.: Interacting with audiences:<br />

social influences on the production of scientific<br />

writing. – London: Erlbaum, 2001. – 141 S.<br />

(Rhetoric, knowledge, and society)<br />

Frauen im Kultur- und <strong>Medien</strong>betrieb III:<br />

Fakten zu Berufssituation und Qualifizierung<br />

= Women in the arts arts and media. – Bonn:<br />

ARCult Media, 2001. – 304 S. (Kultur und Wissenschaft;<br />

19)<br />

Qualität als Gewinn: Salzburger Beiträge zur<br />

Qualitätsforschung im Journalismus/ Rest,<br />

Franz; Fabris, Hans Heinz (Hrsg.). – Innsbruck:<br />

Studien Verl., 2001. – 280 S. (Beiträge<br />

zur <strong>Medien</strong>- und <strong>Kommunikations</strong>gesellschaft;<br />

8)<br />

31 Kommunikation<br />

Dovring, Karin: English as a lingua Franca:<br />

double talk in global persuasion. – London:<br />

Praeger, 1997. – 153 S.<br />

Zukunft mobile Kommunikation: Wirklichkeit<br />

und Vision einer technischen Revolution/<br />

Lamprecht, Rudi (Hrsg.). – Frankfurt: Frankfurter<br />

Allg. Buch, 2001. – 250 S.<br />

32 <strong>Kommunikations</strong>politik<br />

Literaturverzeichnis<br />

51 Telekommunikation. Informationsgesellschaft<br />

52 Neue Technologien. Multimedia<br />

61 Internationale Kommunikation<br />

62 Europa Kommunikation<br />

71 Massenmedien, allgemein<br />

72 <strong>Medien</strong> Bildung<br />

73 <strong>Medien</strong> Ökonomie<br />

74 <strong>Medien</strong> Recht<br />

75 Rundfunk<br />

76 Werbung<br />

81 Publikum. <strong>Medien</strong>nutzung<br />

82 Rezeptionsforschung<br />

83 Kinder Jugendliche <strong>Medien</strong><br />

91 Literatur zu einzelnen Ländern<br />

Froehlich, Pia Maria: Das Problem der Politikvermittlung<br />

in der Demokratie: die Öffentlichkeitsarbeit<br />

der Bundesregierung bei der<br />

Einführung des Euro. – Würzburg: Ergon<br />

591


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

Verl., 2001. – 360 S. (Spektrum Politik<strong>wissenschaft</strong>;<br />

19)<br />

33 Lokalkommunikation. Bundesländer<br />

Böckelmann, Frank: Wirtschaftliche Verflechtungen<br />

und Konkurrenz der <strong>Medien</strong> in Bayern:<br />

Dokumentationsband; eine Untersuchung der<br />

Arbeitsgruppe <strong>Kommunikations</strong>forschung<br />

München (AKM). – München: R. Fischer, 2001<br />

(BLM-Schriftenreihe; 66)<br />

Entwicklungen in Nordrhein-Westfalen: Statistischer<br />

Jahresbericht 2000. – Düsseldorf: Landesamt<br />

für Datenverarbeitung und Statistik<br />

NRW, 2001. – 66 S.<br />

Lenk, Wolfgang; Hilger, Peter; Tegeler, Stefan:<br />

Offene Kanäle in Niedersachsen: eine Organisations-,<br />

Produzenten- und Programmanalyse.<br />

– Berlin: Vistas, 2001. – 281 S. (Schriftenreihe<br />

der NLM; 12)<br />

Lokale TV-Veranstalter in Brandenburg:<br />

Märkte, Programme, Technik/ Liepelt, Klaus<br />

(Hrsg.). – Berlin: Vistas, 2001. – 285 S. (Schriftenreihe<br />

der MABB; 11)<br />

<strong>Medien</strong>standort Leipzig III: eine Studie zur<br />

Leipziger <strong>Medien</strong>wirtschaft 2000. – Leipzig:<br />

Uni. Leipzig, 2001. – 116 S.<br />

41 Massenkommunikation Politik<br />

Knabe, Hubertus: Der Diskrete Charme der<br />

DDR: Stasi und Westmedien. – Berlin: Propyläen<br />

Verl., 2001. – 504 S.<br />

Oy, Gottfried: Die Gemeinschaft der Lüge:<br />

<strong>Medien</strong>- und Öffentlichkeitskritik sozialer Bewegungen<br />

in der Bundesrepublik. – Münster:<br />

Westfälisches Dampfboot, 2001. – 292 S. (Kritische<br />

Theorie und Kulturforschung; 4)<br />

Umbruch ´98: Wähler, Parteien, Kommunikation/<br />

Oberreuter, Heinrich (Hrsg.). – München:<br />

Olzog, 2001. – 289 S.<br />

42 Massenkommunikation Gesellschaft<br />

Aus Politik und Zeitgeschichte: Beilage zur Wochenzeitung<br />

„Das Parlament“; B25-26/01. –<br />

Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung,<br />

2001. – 38 S. (B 25-26; 01)<br />

Technogene Nähe: Ethnographische Studien<br />

zur <strong>Medien</strong>nutzung im Alltag/ Beck, Stefan<br />

(Hrsg.). – Münster: Lit, 2001. – 179 S. (Berliner<br />

592<br />

Blätter: Ethnographische und Ethnologische<br />

Studien; 3)<br />

43 Massenkommunikation Kultur<br />

Handbook of Ethnography/ Atkinson, Paul;<br />

Coffey, Amanda; Delamont, Sara (Hrsg.). –<br />

London: Sage, 2001. – 507 S.<br />

HörWelten: 50 Jahre Hörspielpreis der Kriegsblinden;<br />

1952-2001. – Berlin: Aufbau-Verl.,<br />

2001. – 317 S.<br />

51 Telekommunikation. Informationsgesellschaft<br />

Alkas, Hasan: Preisbündelung auf Telekommunikationmärkten<br />

aus regulierungsökologischer<br />

Sicht. – Bad Honnef: WIK, 2001. – 56 S.<br />

(Diskussionsbeiträge; 219)<br />

Elixmann, Dieter: Der Markt für Übertragungskapazität<br />

in Nordamerika und Europa. –<br />

Bad Honnef: WIK, 2001. – 128 S. (Diskussionsbeiträge;<br />

224)<br />

Elixmann, Dieter; Wörter, Martin: Strategien<br />

der Internationalisierung im Telekommunikationsmarkt.<br />

– Bad Honnef: WIK, 2001. – 64 S.<br />

(Diskussionsbeiträge; 220)<br />

Groß, Wolfgang: Preisdifferenzierung auf Telekommunikationsmärkten:<br />

eine wettbewerbsökonomische<br />

Analyse. – Baden-Baden: Nomos,<br />

2001. – 190 S. (Freiburger Studien zur Netzökonomie;<br />

6)<br />

Heidenreich, Susanne; Trautmann, Ralf: Vernetzte<br />

<strong>Medien</strong>: Analyse und Deskription des<br />

pädagogischen und öffentlichen Diskurses im<br />

Kontext neuer Anforderungen an den Nutzer.<br />

– Chemnitz: RabenStück Verl., 2001. – 166 S.<br />

Nett, Lorenz: Marktorientierte Allokationsverfahren<br />

bei Nummern. – Bad Honnef: WIK,<br />

2001. – 94 S. (Diskussionsbeiträge; 223)<br />

Schlüsselkompetenzen in der Telekommunikation:<br />

Analysen und Erfahrungen des Liberalisierungsprozesses/<br />

Böcker, Jens; Hardtke,<br />

Christoph (Hrsg.). – Wiesbaden: Gabler, 2001.<br />

– 147 S.<br />

Web.Studies: rewiring media studies for the digital<br />

age/ Gauntlett, David (Hrsg.). – London:<br />

Arnold, 2001. – 250 S.


52 neue Technologien. Multimedia<br />

Attention please!: Online-Kommunikation und<br />

Aufmerksamkeit/ Beck, Klaus; Schweiger,<br />

Wolfgang (Hrsg.). – München: R. Fischer,<br />

2001. – 283 S. (Internet Research; 1)<br />

Büllingen, Franz; Stamm, Peter: Mobiles Internet<br />

– Konvergenz von Mobilfunk und Multimedia.<br />

– Bad Honnef: WIK, 2001. – 66 S. (Diskussionsbeiträge;<br />

222)<br />

Elixmann, Dieter; Metzler, Anette: Marktstruktur<br />

und Wettbewerb auf dem Markt für<br />

Internet-Zugangsdienste. – Bad Honnef: WIK,<br />

2001. – 86 S. (Diskussionsbeiträge; 221)<br />

Greis, Andreas: Identität, Authentizität und<br />

Verantwortung: die ethischen Herausforderungen<br />

der Kommunikation im Internet. –<br />

München: KoPäd, 2001. – 316 S. (Kopaed <strong>Medien</strong>ethik;<br />

2)<br />

Hillebrand, Annette; Büllingen, Franz: Internet-Governance:<br />

Politiken und Folgen der institutionellen<br />

Neuordnung der Domainverwaltung<br />

durch ICANN. – Bad Honnef: WIK,<br />

2001. – 80 S. (Diskussionsbeiträge; 218)<br />

Hoff, Dieter: Technische Konvergenz – Fakten<br />

und Perspektiven. – Köln: IRÖ, 2001. – 11 S.<br />

(Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie<br />

an der Universität zu Köln; 147)<br />

Keller, Alice: Elektronische Zeitschriften im<br />

Wandel: eine Delphi-Studie. – Wiesbaden:<br />

Harrassowitz, 2001. – 158 S. (Bibliotheksarbeit;<br />

10)<br />

Lauff, Werner: Neue Inhalte und Nutzungsformen<br />

als Folgen technischer Konvergenz. –<br />

Köln: IRÖ, 2001. – 10 S. (Arbeitspapiere des<br />

Instituts für Rundfunkökonomie an der Universität<br />

zu Köln; 149)<br />

Welker, Martin: Determinanten der Internet-<br />

Nutzung: eine explorative Anwendung der<br />

Theorie des geplanten Verhaltens zur Erklärung<br />

der <strong>Medien</strong>wahl. – München: R. Fischer,<br />

2001. – 274 S. (Internet Research; 2)<br />

71 Massenmedien, allgemein<br />

Bleisteiner, Angela: Literatur im <strong>Medien</strong>wechsel:<br />

eine Studie zur filmischen Adaption von<br />

Dramen Harold Pinters. – Heidelberg: Winter,<br />

2001. – 355 S. (Anglistische Forschungen; 292)<br />

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Linda (Hrsg.). – New Jersey: Hampton Press,<br />

2001. – 333 S. (The Hampton Press communication<br />

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Hörisch, Jochen: Der Sinn und die Sinne: eine<br />

Geschichte der <strong>Medien</strong>. – Frankfurt: Eichborn,<br />

2001. – 440 S.<br />

<strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong> und Gender Studies/<br />

Klaus, Elisabeth; Röser, Jutta; Wischermann,<br />

Ulla (Hrsg.). – Wiesbaden: Westdeutscher<br />

Verl., 2001. – 280 S.<br />

Kreps, Gary L.; Thornton, Barbara C.: Health<br />

communication: theory and practice. – Illinois:<br />

Waveland Press, 1992. – 233 S.<br />

Lawrence, Regina G.: The Politics of force:<br />

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S.<br />

<strong>Medien</strong> im Konflikt – Mittäter oder Mediatoren:<br />

Internationale Konferenz Berlin, 11. Mai<br />

2000. – Bonn: Friedrich-Ebert-Stiftung, 2000. –<br />

127 S.<br />

Milev, Rossen: Europäische <strong>Medien</strong>- und<br />

<strong>Kommunikations</strong>geschichte in Daten und Fakten:<br />

ein geschichtlicher Abriss der wichtigsten<br />

Fakten und Zusammenhänge in der Entwicklung<br />

medialer Kommunikation in Europa von<br />

der Antike bis zur Gegenwart. – Graz: Ed.<br />

Blimp, 2001. – 175 S.<br />

Oette, Mark: Die Qualität medizinischer Berichterstattung<br />

in Printmedien am Beispiel der<br />

Prävention. – Hagen: ISL Verlag, 2001. – 213 S.<br />

(Medizinpublizistische Arbeiten; 18)<br />

Schirmer, Stefan: Die Titelseiten-Aufmacher<br />

der Bild-Zeitung im Wandel: eine Inhaltsanalyse<br />

unter Berücksichtigung von Merkmalen<br />

journalistischer Qualität. – München: R. Fischer,<br />

2001. – 207 S. (<strong>Medien</strong> Skripten; 35)<br />

Wulf, Meike: Erich Honecker im Spiegel der<br />

Presse (1971-1994). – Frankfurt: Lang, 2001. –<br />

259 S. (Europäische Hochschulschriften, Reihe<br />

03; 901)<br />

Wykes, Maggie: News, crime, and culture. –<br />

London: Pluto Press, 2000. – 242 S.<br />

593


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

72 <strong>Medien</strong> Bildung<br />

Borrmann, Andreas; Gerdzen, Rainer: Internet<br />

im Deutschunterricht. – Stuttgart: Klett, 2000.<br />

– 81 S.<br />

Jahrbuch <strong>Medien</strong>pädagogik 1/ Aufenanger,<br />

Stefan; Schulz-Zander, Renate; Spanhel, Dieter<br />

(Hrsg.). – Opladen: Leske + Budrich, 2001. –<br />

463 S.<br />

73 <strong>Medien</strong> Ökonomie<br />

Compaine, Benjamin; Gomery, Douglas: Who<br />

owns the media?: Competition and Concentration<br />

in the Mass Media Industry. – London: Erlbaum,<br />

2001. – 604 S.<br />

Fachpresse Statistik 2000. – Frankfurt: Deutsche<br />

Fachpresse, 2001. – getr. S.<br />

Jahresbericht der Kommission zur Ermittlung<br />

der Konzentration im <strong>Medien</strong>bereich (KEK):<br />

Berichtszeitraum 1. Juli 2000 bis zum 30. Juni<br />

2001. – Potsdam: KEK, 2001. – getr. S.<br />

TV Guide 2000 – Zahlen, Fakten, Hintergründe.<br />

– München: Mediagruppe, 2001. – 47 S.<br />

74 <strong>Medien</strong> Recht<br />

Bullinger, Martin: Deregulierung des Rundfunks<br />

als Folge technischer Konvergenz?: die<br />

rechts<strong>wissenschaft</strong>liche Sicht. – Köln: IRÖ,<br />

2001. – 15 S. (Arbeitspapiere des Instituts für<br />

rundfunkökonomie an der universität zu Köln;<br />

151)<br />

Dörr, Dieter: Möglichkeiten und Grenzen supranationaler<br />

Deregulierung von Rundfunkveranstaltern.<br />

– Köln: IRÖ, 2001. – 24 S. (Arbeitspapiere<br />

des Instituts für Rundfunkökonomie<br />

an der Universität zu Köln; 148)<br />

Fischer, Martin: Kirchliche Beiträge im Fernsehen:<br />

Darstellung eines abgestuften Mitgestaltungsmodells<br />

kirchlicher Beteiligung im Fernsehen.<br />

– Frankfurt am Main: Lang, 2001. – 274<br />

S. (Schriften zum Staatskirchenrecht; 4)<br />

Macciacchini, Sandro: Urheberrecht und Meinungsfreiheit:<br />

untersucht am Gegenstand der<br />

Verwendung urheberrechtlich geschützter<br />

Werke in der Berichterstattung der <strong>Medien</strong>. –<br />

Bern: Stämpfli, 2000. – 242 S. (Schriften zum<br />

<strong>Medien</strong>- und Immaterialgüterrecht; 54)<br />

594<br />

Ring, Wolf-Dieter: Möglichkeiten und Grenzen<br />

nationalstaatlicher Deregulierung von<br />

Rundfunkveranstaltern. – Köln: IRÖ, 2001. –<br />

11 S. (Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie<br />

an der Universität zu Köln;<br />

152)<br />

Rudolf, Eva: Das Recht auf Netzzugang in der<br />

Telekommunikation: Europäisches Gemeinschaftsrecht<br />

und seine Anwendung in §§ 33 ff.<br />

TKG. – Baden-Baden: Nomos, 2001. – 160 S.<br />

(Schriftenreihe Europäisches Recht, Politik<br />

und Wirtschaft; 250)<br />

Schellhaaß, Horst M.: Vermarktungsrechte im<br />

Sport: einige ökonomische Anmerkungen zu<br />

juristischen Gutachten. – Köln: IRÖ, 2001. – 10<br />

S. (Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie<br />

an der Universität zu Köln; 139)<br />

Schulz, Robert: Der Zugang zum „blanken<br />

Draht“ im Telekommunikationsrecht: Wettbewerb<br />

im Netz oder Wettbewerb zwischen Netzen?.<br />

– München: Beck, 2001. – 279 S. (Europäisches<br />

Wirtschaftsrecht; 22)<br />

Stock, Martin: Innere <strong>Medien</strong>freiheit: ein modernes<br />

Konzept der Qualitätssicherung: mit<br />

Texthanhang; Redakteursstatute im Rundfunk.<br />

– Baden-Baden: Nomos, 2001. – 290 S. (Materialien<br />

zur interdisziplinären <strong>Medien</strong>forschung;<br />

39)<br />

Teichmann, Volkmar: Die Finanzbeziehungen<br />

zwischen den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten<br />

der Bundesrepublik Deutschland:<br />

Bestandsaufnahme und Reformvorschläge.<br />

– Frankfurt: Lang, 2001. – 226 S. (Schriften<br />

des Instituts für Finanzen; 5)<br />

Trute, Hans-Heinrich; Spoerr, Wolfgang;<br />

Bosch, Wolfgang: Telekommunikationsgesetz<br />

mit FTEG: Kommentar. – Berlin: de Gruyter,<br />

2001. – 700 S. (De-Gruyter-Kommentar)<br />

Urheberrechtsgesetz: Kommertar/ Nicolini,<br />

Käte; Pahlberg, Hartwig (Hrsg.). – München:<br />

Vahlen, 2001. – 1307 S.<br />

Vesting, Thomas: Rechtsprobleme der unentgeltlichen<br />

Kabelkanalbelegung durch Landesmedienanstalten:<br />

dargestellt am Beispiel des<br />

Art. 33 Abs. 2 BayMG. – München: R. Fischer,<br />

2001 (BLM-Schriftenreihe; 65)<br />

Weber, Rolf H.: Datenschutzrecht vor neuen<br />

Herausforderungen: Marketing – E-Commerce<br />

– Virtuelle Bank – Sachdaten. – Zürich:


Schulthess, 2001. – 135 S. (Publikationen aus<br />

dem Zentrum für Informations- und <strong>Kommunikations</strong>recht<br />

der Universität Zürich; 13)<br />

Wieben, Arne: Die Trennung von Werbung<br />

und redaktionellem Programm: eine rundfunkrechtliche<br />

Bestandsaufnahme unter besonderer<br />

Berücksichtigung der Rundfunkstaatsreform<br />

2000. – Hamburg: Lit, 2001. – 359 S. (Schriften<br />

zum Informations-, Telekommunikations- und<br />

<strong>Medien</strong>recht; 7)<br />

75 Rundfunk<br />

Daily Talkshows unter der Lupe: <strong>wissenschaft</strong>liche<br />

Beiträge aus Forschung und Praxis/ Christian<br />

Scheidenbauer (Hrsg.). – München: R. Fischer,<br />

2001. – 233 S. (Angewandte <strong>Medien</strong>forschung;<br />

20)<br />

Esser, Oliver: Wirtschaftlichkeitsanalyse werbefinanzierter<br />

Lokalfernsehveranstalter, analysiert<br />

anhand der ökonomischen Klubgütertheorie.<br />

– Köln: IRÖ, 2001. – 103 S. (Arbeitspapiere<br />

des Instituts für Rundfunkökonomie<br />

an der Universität zu Köln; 146)<br />

Hussel, Elke: Marcel Reich-Ranicki und „Das<br />

Literarische Quartett“ im Lichte der Systemtheorie.<br />

– Marburg: Tectum Verl., 2000. – 84 S.<br />

No news is bad news: Radio, television, and the<br />

public/ Bromley, Michael (Hrsg.). – Harlow:<br />

Longman, 2001. – 263 S.<br />

Ricken, Kerstin: Risikomanagement für Fernsehunternehmen:<br />

mögliche Strategien für Vollprogrammanbieter.<br />

– Köln: IRÖ, 2000. – 84 S.<br />

(Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie<br />

an der Universität zu Köln; 138)<br />

Schuhbauer, Thomas: Umbruch im Fernsehen,<br />

Fernsehen im Umbruch: die Rolle des DDR-<br />

Fernsehens in der Revolution und im Prozess<br />

der deutschen Vereinigung 1989-1990 am Beispiel<br />

des Jugendmagazins „Elf 99“. – Berlin:<br />

Logos, 2001. – 369 S.<br />

Spallek, Cornelia: Perspektiven des öffentlichrechtlichen<br />

Rundfunks in der Informationsgesellschaft:<br />

eine Analyse ausgewählter Strategiepapiere.<br />

– Köln: IRÖ, 2001. – 118 S. (Arbeitspapiere<br />

des Instituts für Rundfunkökonomie<br />

an der Universität zu Köln; 142)<br />

Thielmann, Kai: Talkshows: Analyse von Konflikten<br />

oder sprachliche Inszenierung?. – Wettenberg:<br />

VVB Laufersweiler, 1999. – 104 S.<br />

76 Werbung<br />

Jöhri, Yvonne: Werbung im Internet: Rechtsvergleichende,<br />

lauterkeitsrechtliche Beurteilung<br />

von Werbeformen. – Zürich: Schulthess,<br />

2000 (Publikationen aus dem Zentrum für Informations-<br />

und <strong>Kommunikations</strong>recht der<br />

Universität Zürich; 8)<br />

81 Publikum. <strong>Medien</strong>nutzung<br />

Hasebrink, Uwe: Fernsehen in neuen <strong>Medien</strong>umgebungen:<br />

Befunde und Prognosen zur Zukunft<br />

der Fernsehnutzung. – Berlin: Vistas,<br />

2001. – 124 S. (HAM-Schriftenreihe; 20)<br />

82 Rezeptionsforschung<br />

Inszeniertes Charisma: <strong>Medien</strong> und Persönlichkeit/<br />

Häusermann, Jürg (Hrsg.). – Tübingen:<br />

Niemeyer, 2001. – 160 S. (<strong>Medien</strong> in Forschung<br />

+ Unterricht: Ser. A; 50)<br />

83 Kinder Jugendliche <strong>Medien</strong><br />

Literaturverzeichnis<br />

Altrogge, Michael: Tönende Bilder: Interdisziplinäre<br />

Studie zu Musik und Bildern in Videoclips<br />

und ihrer Bedeutung für Jugendliche; Teil<br />

1-3. – Berlin: Vistas, 2000.<br />

Barthelmes, Jürgen; Sander, Ekkehard: Erst die<br />

Freunde, dann die <strong>Medien</strong>: <strong>Medien</strong> als Begleiter<br />

in der Pubertät und Adoleszenz. – München:<br />

DJI Verl., 2001. – 321 S. (<strong>Medien</strong>erfahrung<br />

von Jugendlichen; 2)<br />

Daily soaps und daily talks im Alltag von Jugendlichen:<br />

eine Studie im Auftrag der Landesanstalt<br />

für Rundfunk Nordrhein-Westfalen<br />

und der Landeszentrale für private Rundfunkveranstalter<br />

Rheinland Pfalz/ Göttlich, Udo;<br />

Krotz, Friedrich; Paus-Haase, Ingrid (Hrsg.). –<br />

Opladen: Leske + Budrich, 2001. – 417 S.<br />

(Schriftenreihe <strong>Medien</strong>forschung der Landesanstalt<br />

für Rundfunk Nordrhein-Westfalen;<br />

38)<br />

Gangloff, Tilmann P.: Ich sehe was, was du<br />

nicht siehst: <strong>Medien</strong> in Europa; Perspektiven<br />

des Jugendschutzes. – Berlin: Vistas, 2001. –<br />

176 S.<br />

Schorb, Bernd: Jugendmedienschutz – Praxis<br />

und Akzeptanz: eine Untersuchung von Bevölkerung<br />

und Abonnenten des digitalen Fernsehens<br />

zum Jugendmedienschutz, zur Fernseher-<br />

595


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

ziehung und zum Jugendschutzinstrument<br />

Vorsperre. – Berlin: Vistas, 2001. – 197 S.<br />

(Schriftenreihe der Bundesmedienanstalten; 20)<br />

91 Literatur zu einzelnen Ländern<br />

Aktuelle <strong>Medien</strong>trends in den USA: Journalismus,<br />

politische Kommunikation und <strong>Medien</strong><br />

im Zeitalter der Digitalisierung/ Kleinsteuber,<br />

Hans J. (Hrsg.). – Wiesbaden: Westdeutscher,<br />

2001. – 328 S.<br />

Appiah-Gyan, Palmer: Die Entwicklung des<br />

Fernsehens in Ghana. – Marburg: Tectum,<br />

2001. – 132 S.<br />

Cseh, Gabriella; Halmai, Gàbor: The Law of<br />

Broadcasting Enterprises in Hungary. – Wien:<br />

Wirtschaftsuniv. Wien, 2001. – 130 S. (Landesberichte<br />

zum Recht der Rundfunkunternehmen)<br />

Gatzen, Barbara: Fernsehnachrichten in Japan:<br />

Inszenierungsstrategien im interkulturellen<br />

Vergleich mit Deutschland. – Tübingen: Narr,<br />

2001. – 332 S.<br />

Lehmann, Ines: Die Politik, die <strong>Medien</strong> und die<br />

öffentliche Meinung der Sowjetunion. – Frank-<br />

596<br />

furt: Lang, 2001. – 475 S. (Die Deutsche Vereinigung<br />

von außen gesehen – Angst, Bedenken<br />

und Erwartungen; 3)<br />

Müller, Monika: Zwischen Zäsur und Zensur:<br />

das sowjetische Fernsehen unter Gorbatschow.<br />

– Wiesbaden: Westdeutscher Verl., 2000. – 398<br />

S.<br />

Ohashi, Ryôsuke: Japan im interkulturellen<br />

Dialog. – München: Iudicium, 1999. – 220 S.<br />

(Japan und sein Jahrhundert)<br />

Parameswaran, Radhika: Global Media Events<br />

in India: contests over beauty, gender and Nation.<br />

– Columbia: AEJMC, 2001. – 52 S. (Journalism<br />

& communication Monographs; 01/2)<br />

Presse Handbuch 2001. – Wien: Verband<br />

Österreichischer Zeitungen, 2001. – 1008 S.<br />

Seven Swedish Longitudinal Studies in the behavioral<br />

sciences/ Janson, Carl-Gunnar<br />

(Hrsg.). – Stockholm: Forskningsradsnämnden,<br />

2000. – 244 S.<br />

Wong, Kokkeong: Media and culture in Singapore:<br />

a theory of controlled commodification.<br />

– Cresskill: Hampton Press, 2000. – 159 S.


English Abstracts and Keywords<br />

Joachim R. Höflich / Patrick Rössler: Mobile written communication – or: e-mail for<br />

the mobile phone. The significance of electronic short messaging (Short Message<br />

Service) with reference to the example of juvenile mobile phone users (Mobile<br />

schriftliche Kommunikation – oder: E-Mail für das Handy. Die Bedeutung elektronischer<br />

Kurznachrichten (Short Message Service) am Beispiel jugendlicher Handynutzer),<br />

pp. 437 – 461<br />

The rapid diffusion of the mobile phone (German: ‘Handy’) in Germany has also led to<br />

the growing use of the Short Message Service (SMS) as a specific category of use. SMS<br />

lets its user send and receive short text messages, comparable to e-mails. SMS messaging<br />

is particularly popular among juveniles; it represents the predominant form of mobile<br />

phone use, even more popular than mobile telephony. Following up the theoretical positioning<br />

of the Short Message Service in the context of a ‘dialectics’ of mobile communication,<br />

the acquisition of SMS by juveniles is examined in an explorative empirical<br />

study. Against the background of a modified uses and gratifications concept, distinct<br />

gratifications connected with the use of the Short Message Service are sounded out. Exchanging<br />

information on personal feelings and maintaining contacts, with the intention<br />

of staying contactable at all times, emerge as the predominant motives for use. A factoranalytical<br />

compression underlines that mutual reassurance is a main motive of use,<br />

which, although just as associated with the phone, can be implemented in a more purposeful<br />

way through a less obtrusive SMS message. The study also points out genderspecific<br />

differences, which suggest a greater affinity of juveniles females to written forms<br />

of communication.<br />

Keywords: Short Message Service, New Media, technically mediated interpersonal communication,<br />

Uses and Gratifications, Acquisition, juveniles<br />

Peter Vorderer / Ute Ritterfeld / Christoph Klimmt: The fun of listening: Narrative<br />

cassettes as an entertainment form promoting the language acquisition of<br />

preschoolers (Spaß am Hören: Hörspielkassetten als sprachförderliche Unterhaltungsangebote<br />

für Vorschulkinder), pp. 462 – 479<br />

The media use of preschoolers has rarely been investigated by researchers. In contrast to<br />

television, the very popular narrative cassettes have received particularly little attention.<br />

This article briefly reviews the few results of studies on the use of such cassettes by<br />

preschoolers. Subsequently, a theoretical model about the effects of narrative cassettes<br />

on children’s language acquisition – which is a critical stage of development at this age<br />

– is developed. The model is based on the connection of concepts from media and language<br />

psychology and assumes that narrative cassettes can contribute to children’s language<br />

acquisition.<br />

Keywords: Narrative cassettes, preschoolers, media effects, language acquisition, entertainment,<br />

entertainment experience, attention<br />

Christoph Klimmt: Ego-shooter, fighting game, sport simulation? On the typologisation<br />

of computer and video games (Ego-Shooter, Prügelspiel, Sportsimulation?<br />

Zur Typologisierung von Computer- und Videospielen), pp. 480 – 497<br />

597


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

Computer and video games confront media and communication research with new challenges.<br />

In view of their rapidly growing popularity and their prominent status among<br />

media entertainment offerings there is a substantial need for research. So far, however,<br />

there have only been a few research papers and even fewer empirical studies on how people<br />

deal with computer and video games. A common terminology and genre classification<br />

for this new object of research does not (yet) exist either. The article, therefore, presents<br />

selected taxonomies as used in practice and in the scientific community and discusses<br />

their advantages and disadvantages. As an alternative to a taxonomy, three central<br />

levels of describing computer and video games are proposed, which seem meaningful<br />

as a basis for a systematic research discussion of this topic.<br />

Keywords: Computer game, video game, interactivity, entertainment, genre, classification,<br />

typology, taxonomy, object description<br />

Annette von Kalckreuth-Tabbara: The regulation of general role clichés in Canadian<br />

broadcasting. Can the cliché-type presentation of women in broadcasting be prevented<br />

by legal control? (Die Regulierung von Geschlechtsrollenklischees im<br />

kanadischen Rundfunk. Lässt sich die klischeehafte Darstellung von Frauen im<br />

Rundfunk durch rechtliche Steuerung verhindern?), pp. 498 – 527<br />

The stereotypical presentation of women in broadcast media, the effects of the clichétype<br />

images on the recipients, and strategies on how to avoid them have been a research<br />

topic in sociology and communications research for some time now. In law research, on<br />

the other hand, the subject has been given little attention up to now. A discussion of the<br />

potential for legal regulation, however, appears to be all the more urgent in view of the<br />

fact supervisory authorities also seem to have now accepted the need for action. Canadian<br />

broadcasting regulators have been dealing with the problems of gender stereotypes<br />

since the Seventies. The Canadian Federal Media Authority has tested a large number of<br />

regulatory models, which could be used for productive discussion in Germany. The article<br />

analyses Canadian regulation efforts and relates them to the German discussion of<br />

gender role clichés. Alongside positive stimuli for a dynamic, creative and experimentfriendly<br />

approach to the subject of general role clichés in broadcasting the Canadian example<br />

also shows which mistakes can be avoided when regulating broadcasting in this<br />

field.<br />

Keywords: Gender role clichés, broadcasting in Canada, discrimination, programme<br />

principles, Sex Equality Act, Stereotypification, promotion of women’s rights, sexualisation,<br />

MediaWatch, complaints proceedings<br />

Daniel E. Jones: Media and communications research in Spain – an overview (<strong>Medien</strong>-<br />

und <strong>Kommunikations</strong>forschung in Spanien – ein Überblick), pp. 528 – 545<br />

The article provides a brief overview of the historical development of media and communications<br />

research in Spain following the end of the Franco regime and describes today’s<br />

institutions, themes and authors in the most important fields of research.<br />

Keywords: Spain, media research, social communication, journalist qualification, Franco<br />

regime, media history, media policies, media system, communications theory, communications<br />

sociology, information technology, political communication, public relations<br />

598


Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieses Heftes<br />

PD Dr. Joan Kristin Bleicher, Institut für Germanistik II, Universität Hamburg,<br />

Von-Melle-Park 6, 20148 Hamburg, E-Mail: fs5a097@uni-hamburg.de<br />

Dr. Klaus-Jürgen Buchholz, Niedersächsische Landesmedienanstalt für privaten<br />

Rundfunk, Seelhorststraße 18, 30175 Hannover, E-Mail: buchholz.nlm@t-online.de<br />

Martin Emmer, M.A., Institut für <strong>Medien</strong>- und <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong>,<br />

TU Ilmenau, Am Eichicht 1, 98693 Ilmenau, E-Mail: Martin.Emmer@TU-Ilmenau.de<br />

Frank Fölsch, GoldMedia, Oranienburger Str. 27, 10117 Berlin, E-Mail:<br />

Frank.Foelsch@GoldMedia.de oder Frank.Foelsch@ee-consultants.de<br />

Prof. Dr. Joachim R. Höflich, Projekt „Die kommunikative Funktion des Briefes in<br />

der telematischen Gesellschaft“, Lehrstuhl für <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong>, Nordhäuser<br />

Str. 65, 99089 Erfurt, E-Mail: joachim.hoeflich@uni-erfurt.de<br />

Prof. Dr. Michael Jäckel, FB IV Soziologie, Universität Trier, 54286 Trier, E-Mail:<br />

jaeckel@uni-trier.de<br />

Prof. Daniel E. Jones, Departament de Periodisme, Universitat Autònoma de Barcelona,<br />

08193 Bellaterra, Spanien, E-Mail: d.jones@tiscali.es<br />

Dr. Annette v. Kalckreuth-Tabbara, LL.M., Bundesstraße 62, 20144 Hamburg,<br />

E-Mail: VKalckreuth@aol.com<br />

Dipl.-Med.wiss. Christoph Klimmt, Institut für Journalistik und <strong>Kommunikations</strong>forschung,<br />

Hochschule für Musik und Theater Hannover, EXPO-Plaza 12,<br />

30539 Hannover, E-Mail: christoph.klimmt@ijk.hmt-hannover.de<br />

Prof. Dr. Martin Löffelholz, Institut für <strong>Medien</strong>- und <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong>,<br />

TU Ilmenau, Am Eichicht 1, 98693 Ilmenau, E-Mail: Martin.Loeffelholz@rz.<br />

tu-ilmenau.de<br />

Jan Pinseler, M.A., Alaunstr. 80, 01099 Dresden, E-Mail: jan.pinseler@gmx.net<br />

Dr. Ute Ritterfeld, Abteilung für Sozialpsychologie, Differentielle und Persönlichkeitspsychologie,<br />

Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Postfach 4120,<br />

39016 Magdeburg, E-Mail: ute.ritterfeld@gse-w.uni-magdeburg.de<br />

Prof. Dr. Patrick Rössler, Lehrstuhl für <strong>Kommunikations</strong>soziologie und -psychologie,<br />

Universität Erfurt, Nordhäuser Str. 65, 99089 Erfurt, E-Mail:<br />

patrick.roessler@uni-erfurt.de<br />

Prof. Dr. Helmuth Schulze-Fielitz, Lehrstuhl für öffentliches Recht, Umweltrecht<br />

und Verwaltungs<strong>wissenschaft</strong>en, Universität Würzburg, Domerschulstraße 16,<br />

97070 Würzburg, E-Mail: L-Schulze-Fielitz@jura.uni-wuerzburg.de<br />

Tarik Tabbara, LL.M., Bundesstraße 62, 20144 Hamburg, E-Mail:<br />

TarikTabbara@aol.com<br />

Dr. Joachim Trebbe, Institut für Publizistik- und <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong>,<br />

FU Berlin, Malteserstr. 74-100, 12249 Berlin, E-Mail: trebbe@zedat.fu-berlin.de<br />

Prof. Dr. Peter Vorderer, Institut für Journalistik und <strong>Kommunikations</strong>forschung,<br />

Hochschule für Musik und Theater, EXPO-Plaza 12, 30539 Hannover, E-Mail: peter.vorderer@hmt-hannover.de<br />

Prof. Dr. Hans J. Wulff, Institut für Neuere Deutsche Literatur und <strong>Medien</strong>, Universität<br />

Kiel, Leibnizstraße 8, 24118 Kiel, E-Mail: hwulff@litwiss-ndl.uni-kiel.de<br />

599


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

Hinweise für Autorinnen und Autoren<br />

Die <strong>wissenschaft</strong>liche Vierteljahreszeitschrift „<strong>Medien</strong> & <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong>“<br />

(bis Ende 1999 „Rundfunk und Fernsehen – Zeitschrift für <strong>Medien</strong>- und <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong>“)<br />

wird seit 1953 vom Hans-Bredow-Institut herausgegeben<br />

und redaktionell betreut. Die Zeitschrift ist ein interdisziplinäres Forum für theoretische<br />

und empirische Beiträge aus der gesamten <strong>Medien</strong>- und <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong>.<br />

Für die Publikation in „<strong>Medien</strong> & <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong>“ kommen folgende<br />

Textsorten in Betracht:<br />

• Aufsätze sollen ein Moment originärer theoretischer Leistung beinhalten bzw. einen<br />

theoretisch weiterführenden Argumentationsgang bieten;<br />

• Berichte sollen Befunde zu einem ausgewiesenen Problem von theoretischer oder<br />

medienpraktischer Relevanz darstellen;<br />

• Unter der Rubrik Diskussion sollen Beiträge erscheinen, die innerhalb eines <strong>wissenschaft</strong>lichen<br />

Diskurses Position beziehen und die Diskussion voranbringen können.<br />

Dabei können auch spekulative Betrachtungen fruchtbar sein.<br />

• Literaturberichte/-aufsätze sollen Literatur bzw. ausgewählte Literatur zu bestimmten<br />

Problemstellungen systematisch und vergleichend zusammenfassen und<br />

eine Übersicht über den Stand der Theorie und/oder Empirie geben.<br />

Die Redaktion bietet außerdem die Möglichkeit zur Stellungnahme und Erwiderung zu<br />

publizierten Beiträgen der oben genannten Kategorien. Stellungnahmen und Erwiderungen,<br />

die den in „<strong>Medien</strong> & <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong>“ üblichen inhaltlichen und<br />

formalen Standards entsprechen und geeignet sind, die <strong>wissenschaft</strong>liche Diskussion zu<br />

fördern, werden im nächstmöglichen Heft publiziert. Die Redaktion räumt dabei dem<br />

Autor bzw. der Autorin des Beitrages, auf den sich die Stellungnahme bezieht, die Möglichkeit<br />

einer Erwiderung ein.<br />

Manuskripte, die zur Publikation in „<strong>Medien</strong> & <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong>“ eingereicht<br />

werden, dürfen nicht anderweitig veröffentlicht sein und bis Abschluss des Begutachtungsverfahrens<br />

nicht anderen Stellen zur Veröffentlichung angeboten werden.<br />

Im Sinne der Förderung des <strong>wissenschaft</strong>lichen Diskurses und der kumulativen Forschung<br />

sowie der Qualitätssicherung legt die Redaktion bei der Begutachtung von Beiträgen<br />

besonderen Wert darauf, dass größtmögliche Transparenz hinsichtlich der verwendeten<br />

Daten hergestellt wird. Autorinnen und Autoren empirischer Beiträge verpflichten<br />

sich mit der Einreichung des Manuskripts, dass sie die Art und Weise der Datenerhebung<br />

bzw. den Zugang zu Datenbeständen, die von Dritten (z. B. Datenbanken) zur<br />

Verfügung gestellt worden sind, ausreichend dokumentieren, um so die Voraussetzungen<br />

für Sekundäranalysen und Replikationen zu schaffen. Zugleich erklären sie sich bereit,<br />

die verwendeten Daten bei <strong>wissenschaft</strong>lich begründeten Anfragen im Rahmen der jeweils<br />

gegebenen Möglichkeiten für weitere Analysen zur Verfügung zu stellen.<br />

Formalien:<br />

• Manuskripte sind der Redaktion in dreifacher Ausfertigung zuzuschicken.<br />

• Da die eingereichten Manuskripte anonymisiert begutachtet werden, sind zwei Titelblätter<br />

erforderlich: eines mit Angabe des Titels und der Namen und Anschriften<br />

der Autorinnen und Autoren, eines ohne Anführung der Namen und Adressen. Das<br />

Manuskript selbst darf keine Hinweise auf die Autorinnen und Autoren enthalten.<br />

600


• Beizufügen ist eine kurze Zusammenfassung des Beitrags (max. 15 Zeilen), die dem<br />

Leser als selbständiger Text einen hinreichenden Eindruck vom Inhalt des jeweiligen<br />

Beitrags vermittelt.<br />

• Der Umfang der Beiträge soll 20 Manuskriptseiten (55.000 Zeichen) nicht überschreiten.<br />

• Die Manuskriptseiten müssen im DIN A4-Format (einseitig), anderthalbzeilig beschrieben<br />

und mit ausreichendem Rand versehen sein.<br />

• Gliederung des Textes: Jedes Kapitel und Unterkapitel sollte mit einer Überschrift<br />

(in Dezimalzählung) versehen sein.<br />

• Hervorhebungen im Text sind kursiv oder fett zu kennzeichnen.<br />

• Für Hinweise und Literaturbelege bestehen wahlweise zwei Möglichkeiten:<br />

a) durch Angabe von Autor, Erscheinungsjahr und Seitenziffer im fortlaufenden<br />

Text – z. B.: . . . (Müller, 1990: 37 – 40) . . . –, wobei der vollständige bibliographische<br />

Nachweis über ein Literaturverzeichnis im Anschluss an den Beitrag erfolgt;<br />

b) über durchnumerierte Anmerkungsziffern, wobei der Text der Anmerkung auf<br />

der entsprechenden Seite aufgeführt wird.<br />

Über eine Annahme des Manuskripts und den Zeitpunkt der Veröffentlichung entscheidet<br />

die Redaktion auf der Grundlage redaktionsinterner und externer Gutachten.<br />

Dem/der Autor/in wird die Redaktionsentscheidung schriftlich mitgeteilt. Im Falle einer<br />

Entscheidung für Überarbeitung, Neueinreichung oder Ablehnung legt die Redaktion<br />

die Gründe für ihre Entscheidung offen. Dazu werden die anonymisierten Gutachten,<br />

evtl. auch nur in Auszügen, zugesandt. Das Begutachtungsverfahren ist in der<br />

Regel sechs Wochen nach Eingang des Manuskripts abgeschlossen; falls die Begutachtung<br />

längere Zeit erfordert, werden die Autor/inn/en benachrichtigt.<br />

Von jedem Originalbeitrag werden 20 Sonderdrucke kostenlos zur Verfügung gestellt.<br />

Weitere Sonderdrucke können bei Rückgabe der Fahnenkorrektur an die Redaktion<br />

schriftlich gegen Rechnung bestellt werden.<br />

Verlag und Redaktion haften nicht für Manuskripte, die unverlangt eingereicht werden.<br />

Mit der Annahme eines Manuskripts erwirbt der Verlag von den Autorinnen und Autoren<br />

alle Rechte, insbesondere auch das Recht der weiteren Vervielfältigung zu gewerblichen<br />

Zwecken im Wege des fotomechanischen oder eines anderen Verfahrens.<br />

Anschrift der Redaktion: Hans-Bredow-Institut<br />

Heimhuder Straße 21, 20148 Hamburg (Tel. 0 40/45 02 17-41)<br />

<strong>Medien</strong> & <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong><br />

Herausgegeben vom Hans-Bredow-Institut für <strong>Medien</strong>forschung an der Universität Hamburg<br />

ISSN 1615-634X<br />

Die Zeitschrift sowie alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung,<br />

die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des<br />

Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und<br />

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Bezugsbedingungen: Die Zeitschrift erscheint vierteljährlich (4 Hefte jährlich), Jahresabonnement 98,– DM, Jahresabonnement<br />

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Jahresende. Zahlung jeweils im Voraus an Nomos Verlagsgesellschaft, Postscheckk. Karlsruhe 736 36-751 und<br />

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601


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

Inhaltsverzeichnis 49. Jahrgang 2001<br />

AUFSÄTZE<br />

Klaus-Dieter Altmeppen Ökonomisierung aus organisationssoziologischer<br />

Perspektive. Der Beitrag der <strong>Medien</strong>unternehmen<br />

zur Ökonomisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2/195<br />

Andrea Grisold Ökonomisierung der <strong>Medien</strong>industrie aus wirtschaftspolitischer<br />

Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2/237<br />

Jürgen Heinrich Ökonomisierung aus wirtschafts<strong>wissenschaft</strong>licher<br />

Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2/159<br />

Joachim R. Höflich / Julian Gebhardt Der Computer als Kontakt- und Beziehungsmedium.<br />

Theoretische Verortung und explorative Erkundungen<br />

am Beispiel des Online-Chats . . . . . . . . . . . 1/24<br />

Joachim R. Höflich / Patrick Rössler Mobile schriftliche Kommunikation – oder: E-Mail<br />

für das Handy. Die Bedeutung elektronischer Kurznachrichten<br />

(Short Message Service) am Beispiel jugendlicher<br />

Handynutzer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4/437<br />

Manfred Knoche Kapitalisierung der <strong>Medien</strong>industrie aus politökonomischer<br />

Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2/177<br />

Lucy Küng The Internet’s impact on incumbent media firms: a<br />

management perspective . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2/218<br />

Werner A. Meier / Otfried Jarren Ökonomisierung und Kommerzialisierung von <strong>Medien</strong><br />

und <strong>Medien</strong>system. Einleitende Bemerkungen<br />

zu einer (notwendigen) Debatte . . . . . . . . . . . . . . . . 2/145<br />

Michael Meyen Das „duale Publikum“. Zum Einfluss des <strong>Medien</strong>angebots<br />

auf die Wünsche der Nutzer . . . . . . . . . . . 1/5<br />

Gabriele Siegert Ökonomisierung der <strong>Medien</strong> aus systemtheoretischer<br />

Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2/167<br />

Josef Trappel Ökonomisierung aus der Sicht der Online-<strong>Medien</strong><br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2/227<br />

Carsten Winter / Matthias Karmasin Ökonomisierung aus unternehmensstrategischer<br />

Perspektive. Ursachen, Formen und Folgen der globalen<br />

Kommerzialisierung medialer Wertschöpfungsprozesse<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2/206<br />

Thomas Vesting Das Rundfunkrecht vor den Herausforderungen der<br />

Logik der Vernetzung. Überlegungen zu einer horizontalen<br />

Rundfunkordnung für die Ökonomie der<br />

Aufmerksamkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3/287<br />

602


Peter Vorderer / Ute Ritterfeld / Spaß am Hören. Hörspielkassetten als sprachför-<br />

Christoph Klimmt derliche Unterhaltungsangebote für Vorschulkinder<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4/462<br />

Stefan Wehmeier Ökonomisierung des Fernsehens. Ein Beitrag zur<br />

Verbindung von System und Akteur . . . . . . . . . . . . 3/306<br />

BERICHTE<br />

Nicola Döring Persönliche Homepages im WWW. Ein kritischer<br />

Überblick über den Forschungsstand . . . . . . . . . . . 3/325<br />

Johanna Dorer Internet und Geschlechterordnung: Expertinnen im<br />

Gespräch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1/44<br />

Tilo Hartmann / Christoph Klimmt / Avatare: Parasoziale Beziehungen zu virtuellen Ak-<br />

Peter Vorderer teuren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3/350<br />

Daniel Jones <strong>Medien</strong>- und <strong>Kommunikations</strong>forschung in Spanien<br />

– ein Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4/528<br />

Annette von Kalckreuth-Tabbara Die Regulierung von Geschlechtsrollenklischees im<br />

kanadischen Rundfunk. Lässt sich die klischeehafte<br />

Darstellung von Frauen im Rundfunk durch rechtliche<br />

Steuerung verhindern? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4/498<br />

Christoph Klimmt Ego-Shooter, Prügelspiel, Sportsimulation? Zur Typologisierung<br />

von Computer- und Videospielen . . 4/480<br />

Jan Pinseler Sprechen im Freien Radio. Eine Fallanalyse zu Möglichkeiten<br />

alternativen Hörfunks . . . . . . . . . . . . . . . 3/369<br />

DISKUSSION<br />

Inhaltsverzeichnis 49. Jahrgang 2001<br />

Klaus-Jürgen Buchholz Zur Funktion nichtkommerzieller und Freier Radios.<br />

Anmerkungen zum Aufsatz von Jan Pinseler in<br />

M&K 3/2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4/546<br />

Jan Pinseler „Das ist einfach nur unprofessionell“. Eine Antwort<br />

auf Klaus-Jürgen Buchholz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4/551<br />

LITERATUR<br />

Aufsatz Reihe „Klassiker der <strong>Kommunikations</strong>- und<br />

<strong>Medien</strong><strong>wissenschaft</strong> heute“<br />

Friedrich Krotz Marshall McLuhan Revisited. Der Theoretiker des<br />

Fernsehens und die <strong>Medien</strong>gesellschaft . . . . . . . . . . 1/62<br />

Besprechungen<br />

Ruth Ayass Paul L. Jalbert (Hrsg.): Media Studies. Ethnomethodological<br />

Approaches. Lanham/New York/Oxford<br />

1999 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1/82<br />

603


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

Joan Kristin Bleicher Erika Fischer-Lichte / Isabel Pflug (Hrsg.): Inszenierung<br />

von Authentizität. Tübingen: Francke,<br />

2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3/395<br />

Joan Kristin Bleicher Jutta Röser: Fernsehgewalt im gesellschaftlichen<br />

Kontext. Eine Cultural Studies-Analyse über <strong>Medien</strong>aneignung<br />

in Dominanzverhältnissen, Opladen:<br />

Westdeutscher 2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4/553<br />

Karin Böhme-Dürr Michael Bodin: Ausgebrannt ... über den „Burnout“<br />

im Journalismus. Ursachen und Auswege. Wiesbaden:<br />

Westdeutscher Verlag, 2000 . . . . . . . . . . . . . . . 3/396<br />

Heinz Bonfadelli Hubert Eichmann: <strong>Medien</strong>lebensstile zwischen Informationselite<br />

und Unterhaltungsproletariat,<br />

Frankfurt a.M. 2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2/249<br />

Dorle Dracklé Brigitte Busch: Der virtuelle Dorfplatz. Minderheitenmedien,<br />

Globalisierung und kulturelle Identität.<br />

Klagenfurt 1999 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1/85<br />

Martin Emmer Christoph Bieber: Politische Projekte im Internet.<br />

Online-Kommunikation und politische Öffentlichkeit,<br />

Frankfurt/New York: Campus 1999 . . . . . . . . 4/554<br />

Frank Fölsch Anja Claudia Todtenhaupt: Cyber TV – Die Digitalisierung<br />

der Film- und Fernsehproduktion. Münster:<br />

Lit 2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4/556<br />

Ludwig Gramlich Tanja Eisenblätter: Regulierung in der Telekommunikation.<br />

Zum Begriff der Regulierung im TKG unter<br />

besonderer Berücksichtigung der Regulierung<br />

durch Independent Agencies in den USA, Frankfurt<br />

a. M. 2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2/250<br />

Knut Hickethier Jostein Gripsrud (Ed.): Television and Common<br />

Knowledge. London / New York: Rootledge,<br />

1999 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3/397<br />

Joachim R. Höflich Thomas Meyer / Rüdiger Ontrup / Christian Schicha:<br />

Die Inszenierung des Politischen. Zur Theatralität<br />

von <strong>Medien</strong>diskursen. Opladen 2000 . . . . . . . . 1/87<br />

Christina Holtz-Bacha Jens Wolling: Politikverdrossenheit durch Massenmedien?<br />

Der Einfluss der <strong>Medien</strong> auf die Einstellungen<br />

der Bürger zur Politik, Opladen/Wiesbaden<br />

1999 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2/252<br />

Michael Jäckel David Gauntlett /Annette Hill: TV Living. Television,<br />

Culture and Everyday Life, London, New York:<br />

Routledge 1999 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4/558<br />

604


Inhaltsverzeichnis 49. Jahrgang 2001<br />

Manfred Jenke Claudia Mast: Programmpolitik zwischen Markt<br />

und Moral. Entscheidungsprozesse über Gewalt im<br />

Deutschen Fernsehen – eine explorative Studie. Opladen/<br />

Wiesbaden: Westdeutscher Verlag, 1999 . . . 3/399<br />

Claudia Lampert Deutsches Jugendinstitut (Hrsg.): Werbe- und Konsumerziehung<br />

international. Beiträge aus Großbritannien,<br />

USA, Frankreich, Italien und Deutschland.<br />

Opladen 1999 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1/90<br />

Martin Löffelholz Ingrid Volkmer: News in the Global Sphere. A Study<br />

of CNN and its Impact on Global Communication.<br />

Luton: University of Luton Press 1999 . . . . . 4/560<br />

Jens-Uwe Nieland Margot Berghaus (Hrsg.): Interaktive <strong>Medien</strong>, interdisziplinär<br />

vernetzt. Opladen/Wiesbaden 1999 . . . 1/92<br />

Klaus Plake Jo Reichertz: Die frohe Botschaft des Fernsehens.<br />

Kultur<strong>wissenschaft</strong>liche Untersuchung medialer<br />

Diesseitsreligion. Konstanz: UVK, 2000 . . . . . . . . . 3/400<br />

Horst Pöttker Bart Pattyn (Ed.): Media ethics. Opening social dialogue,<br />

Leuven 2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2/254<br />

Jörg Requate Christoph Classen: Bilder der Vergangenheit. Die<br />

Zeit des Nationalsozialismus im Fernsehen der Bundesrepublik<br />

Deutschland 1955-1965. Köln 1999 . . 1/98<br />

Armin Scholl Weiterentwicklung oder Auslaufmodell? Systemtheoretische<br />

Ansätze in der Journalismusforschung<br />

– eine Sammelrezension: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3/384<br />

Stefan Frerichs: Bausteine einer systemischen Nachrichtentheorie.<br />

Konstruktives Chaos und chaotische<br />

Konstruktionen. Wiesbaden: Westdeutscher Verlag,<br />

2000<br />

Martin Löffelholz (Hrsg.): Theorien des Journalismus.<br />

Ein diskursives Handbuch. Wiesbaden: Westdeutscher<br />

Verlag, 2000<br />

Stefan Weber: Was steuert Journalismus? Ein System<br />

zwischen Selbstreferenz und Fremdsteuerung.<br />

Konstanz: UVK, 2000<br />

Dagmar Schütte Annette von Kalckreuth: Geschlechtsspezifische<br />

Vielfalt im Rundfunk. Ansätze zur Regulierung von<br />

Geschlechtsrollenklischees. Baden-Baden: Nomos<br />

2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3/402<br />

Helmuth Schulze-Fielitz Wolfgang Hoffmann-Riem: Regulierung der dualen<br />

Rundfunkordnung. Grundfragen, Baden-Baden:<br />

Nomos 2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4/562<br />

605


M&K 49. Jahrgang 4/2001<br />

Dieter Stammler Matthias Knothe: Die neuen Institutionen des<br />

Rundfunkstaatsvertrages zwischen Rechtsaufsicht<br />

und Staatsfreiheit, Bargstedt 2000. . . . . . . . . . . . . . . 2/255<br />

Rudolf Stöber Adelheid von Saldern / Inge Marßolek: Radiozeiten.<br />

Herrschaft, Alltag, Gesellschaft 1924–1960, Potsdam<br />

1999 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2/256<br />

Tarik Tabbara Susan J. Drucker / Gary Gumpert (Hrsg.): Real Law<br />

@ Virtual Space. Communication Regulation in Cyberspace,<br />

Cresskill: Hampton Press 1999 . . . . . . . . 4/565<br />

Jens Tenscher Klaus Kamps (Hrsg.): Trans-Atlantik – Trans-Portabel?<br />

Die Amerikanisierungsthese in der politischen<br />

Kommunikation. Wiesbaden: Westdeutscher<br />

Verlag, 2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3/404<br />

Barbara Thomaß Julia Morgenthaler: Facts oder Fiction? Kommunikatorstudie<br />

zu den Determinanten für Fakes in<br />

Fernsehboulevardmagazinen, Bochum 2000 . . . . . . 2/258<br />

Joachim Trebbe Isabella-Afra Holst: Realitätswahrnehmung in politischen<br />

Konflikten. Grundlagen einer Theorie der<br />

Wissenskluft, Konstanz: UVK 2000 . . . . . . . . . . . . 4/568<br />

Hans J. Wulff Roberta E. Pearson / Philip Simpson (eds.): Critical<br />

Dictionary of Film and Television Theory. London/New<br />

York: Routledge 2001 . . . . . . . . . . . . . . . 3/406<br />

Hans J. Wulff Rolf Parr / Matthias Thiele (Hrsg.): Gottschalk,<br />

Kerner & Co. Funktionen der Telefigur „Spielleiter“<br />

zwischen Exzeptionalität und Normalität, Frankfurt:<br />

Suhrkamp 2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4/569<br />

Zeitschriftenlese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1/99<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2/260<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3/409<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4/571<br />

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1/114<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2/269<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3/419<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4/591<br />

CHRONIK<br />

Christiane Matzen / Anja Herzog Chronik der Rundfunkentwicklung in Deutschland<br />

2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1/119<br />

English abstracts and keywords . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1/131<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2/273<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3/424<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4/597<br />

606


M&K 2001/4 <strong>Medien</strong> & <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong>

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