Bern, 16.–19. Februar 2012 - Schweizer Jäger
Bern, 16.–19. Februar 2012 - Schweizer Jäger
Bern, 16.–19. Februar 2012 - Schweizer Jäger
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Tierarzt<br />
Bild: Naturpix.ch/Gansner<br />
Der moderne Jäger muss sich auch beim Gamswild mehr und mehr an<br />
der Biologie der Art und weniger an seinen persönlichen Zielen, Wildbret/<br />
Trophäe, orientieren.<br />
erhaltung der Gamsbestände<br />
zumessen. Ebenso wichtig erscheinen<br />
ihnen aber auch der<br />
Altersaufbau, die Sozialstruktur<br />
und das Geschlechterverhältnis<br />
von Gamspopulationen.<br />
Hohe Bedeutung kommt<br />
zudem dem Äsungsangebot in<br />
Gamslebensräumen zu.<br />
Die Rolle der Wilddichte im<br />
Seuchengeschehen<br />
SCHASCHL (2003) hält fest,<br />
dass die Wilddichte immer<br />
dem jeweiligen Äsungsangebot<br />
anzupassen sei. Allerdings<br />
stösst ein Wildbestand ihrer<br />
Meinung nach aber auch unter<br />
optimalen Lebensbedingungen<br />
an eine Obergrenze, deren<br />
Überschreiten die Tiere kümmern<br />
lässt und ihre Krankheitsabwehr<br />
schwächt.<br />
Wie GRESSMANN (2001)<br />
kommt auch sie zum Schluss,<br />
dass es unmöglich sei, allgemeine<br />
Grenzwerte für eine<br />
tragbare Wilddichte anzugeben,<br />
da diese zu stark vom jeweiligen<br />
Gebiet und dessen<br />
Äsungsangebot abhange.<br />
Allerdings erachtet sie einen<br />
Näherungswert von fünf<br />
bis acht Gams pro 100 Hektar<br />
als noch angemessen. GRESS-<br />
MANN erwähnt dazu KNAUS<br />
UND SCHRÖDER, die das Ziel<br />
einer langfristigen Gesunderhaltung<br />
hoher Gamsbestände<br />
dann als erreichbar erachten,<br />
wenn eine konsequente Bestandesreduktion<br />
zur Verbesserung<br />
der Lebensbedingungen<br />
für das Einzeltier führt.<br />
50 <strong>Schweizer</strong> Jäger 1/<strong>2012</strong><br />
Er verweist in diesem Zusammenhang<br />
aber auf die dringende<br />
Notwendigkeit einer revierübergreifenden<br />
Bejagung<br />
solcher Bestände. Nach ihm<br />
darf die Lebensraumkapazität<br />
grundsätzlich nicht überschritten<br />
werden und überdies<br />
hätten die Gamswilddichten in<br />
Seuchenzeiten deutlich darunter<br />
zu liegen.<br />
Er hält auch mit Nachdruck<br />
fest, dass für die Berechnung<br />
der Wilddichte nicht von der<br />
Fläche einer Hegegemeinschaft<br />
oder eines Jagdreviers<br />
ausgegangen werden dürfe,<br />
sondern dass nur die vom<br />
Gamswild auch wirklich nutzbare<br />
Fläche als Bezugsgrösse<br />
Berechtigung hätte.<br />
Zudem verweist er auch auf<br />
die diesbezüglich teilweise<br />
grossen Differenzen zwischen<br />
Sommer- und Winterlebensräumen<br />
und deren zusätzliche<br />
Belastung durch andere<br />
Wildarten und auch Weidetiere.<br />
Dass die Gamsdichte in jedem<br />
Fall dem Äsungsangebot<br />
angepasst werden müsse, kann<br />
auch bei NERL (1995) nachgelesen<br />
werden. Dadurch gesündere<br />
und kräftigere Gams<br />
würden bessere Abwehrkräfte<br />
gegen die Milbe besitzen.<br />
Ganz abgesehen von der Tatsache,<br />
dass die Ausdünnung von<br />
Rudeln zu einer bessern Verteilung<br />
der Tiere im vorhandenen<br />
Lebensraum führe, und<br />
damit die Gefahr der gegenseitigen<br />
Ansteckung sinke.<br />
Die Brunft birgt vor allem auch für den jungen Bock ein hohes<br />
Ansteckungsrisiko.<br />
Ein ausgewogenes<br />
Geschlechterverhältnis als<br />
beste Räudeprophylaxe<br />
Welch wichtige Rolle das<br />
Geschlechterverhältnis für<br />
Gamspopulationen spielt, ist<br />
ebenfalls bei SCHASCHL (2003)<br />
und GRESSMANN (2001) in Erfahrung<br />
zu bringen. Darauf gehen<br />
aber auch FUSCHLBERGER/<br />
NERL (1969), KNAUS/SCHRÖ-<br />
DER (1975), NERL et al. (1995),<br />
SCHNIDRIG-PETRIG (2009) und<br />
MILLER/CORLATTI (2009) ein.<br />
Ausgewogene Geschlechterverhältnisse<br />
von 1:1 bis 1:1,3<br />
tragen zu einer Verkürzung der<br />
Brunft und damit zu einer weit<br />
geringeren Schwächung der<br />
daran beteiligten Böcke bei.<br />
Überwiegt in Gamspopulationen<br />
der Anteil fortpflanzungsfähiger<br />
Geissen, zieht<br />
dies die Brunft unnatürlich in<br />
die Länge und zeitigt gerade<br />
in strengen, lang andauernden<br />
Wintern mit starken Schneefällen<br />
bis in den Frühling hinein<br />
hohe Ausfälle bei den Böcken.<br />
NERL (1981) in GRESSMANN<br />
(2001) konnte aufzeigen, dass<br />
ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis<br />
gerade auf die<br />
Räude bezogen grosse Vorteile<br />
zur Gesunderhaltung von<br />
Gamspopulationen erbringt.<br />
Gressmann vermochte in eigenen<br />
Untersuchungen – er<br />
wertete in seiner Disserta tion<br />
1698 Räudefälle zwischen<br />
1952, ab diesem Zeitpunkt war<br />
Gamsräude in der Steiermark<br />
anzeigepflichtig, bis zum Ende<br />
Bild: Naturpix.ch/Gansner<br />
des Jagdjahres 1998/99 aus –<br />
aufzuzeigen, dass gerade die<br />
Brunftzeit für das Gamswild<br />
eine Zeit hoher Ansteckungsgefahr<br />
darstellt.<br />
Als Gründe dafür gibt er<br />
den engen Tierkontakt in<br />
Brunftrudeln und auch die mit<br />
dem Brunftbetrieb verbundene<br />
Schwächung der Böcke an.<br />
Er warnt davor, den Tierverlust<br />
nach Katastrophenwintern<br />
durch eine übertriebene<br />
Schonung der Geissen und<br />
damit eine Verschiebung des<br />
Geschlechterverhältnisses zu<br />
deren Gunsten auffangen zu<br />
wollen.<br />
Ausgeglichene Geschlechterverhältnisse<br />
führen nach<br />
ihm zur Bildung kleinerer<br />
Brunftrudel, die allerdings<br />
eine entsprechende Anzahl<br />
reifer Böcke voraussetzen.<br />
Diese Gegebenheiten würden<br />
die Brunft verkürzen und dadurch<br />
stärkere Böcke in den<br />
Winter entlassen.<br />
Kleinere Rudel mit Platzböcken<br />
verringern die Gefahr<br />
der Infektion mit Räudemilben.<br />
Zum einen stecken sich<br />
weniger Tiere gegenseitig an.<br />
Und zum andern werden die<br />
Milben weit weniger durch suchende<br />
Böcke in andere Rudel<br />
verschleppt.<br />
Warum Gamspopulationen<br />
mit gestörtem Altersaufbau<br />
räudegefährdeter sind<br />
Für Antworten auf diese<br />
Fragen stütze ich mich wiederum<br />
auf die Arbeit von