Reistagebuch
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von Joseph Beuys erfahren hatte. Das hatte ihn<br />
so elektrisiert, daß er sein Heimatland verlassen<br />
hat, was damals wirklich nicht einfach war.<br />
Dieser Dobromir war jetzt extra mit seinem Sohn<br />
und seiner Frau vom Schwarzen Meer nach Sofia<br />
gekommen, um uns zu treffen. Er freute sich wie<br />
ein Schneekönig und sagte immer wieder: „Johannes,<br />
Du in Sofia, ich kann es gar nicht fassen.<br />
Das hätte ich nie für möglich gehalten, daß ich<br />
das erleben würde!“ Er hat dann Johannes und<br />
mich zum Abendessen zu sich nach Hause eingeladen,<br />
wo wir auch seine Frau, die Bühnenbildnerin<br />
ist, kennengelernt haben. Nach einem schönen<br />
Abend hat er uns dann in ein Taxi gesetzt<br />
und der Taxifahrerin das Hotel genannt, zu dem<br />
sie uns fahren sollte. Die Fahrt kostete deutlich<br />
weniger als die Hinfahrt, aber wir waren<br />
nicht geistesgegenwärtig genug, die Frau zu<br />
fragen, wo denn nun genau das Hotel sei – sie<br />
machte nur eine vage Handbewegung – und wir<br />
waren verloren, weil wir uns überhaupt nicht<br />
orientieren konnten. Wir haben dann fast eine<br />
Stunde gesucht, bis wir das Hotel gefunden haben<br />
und sind kreuz und quer herumgeirrt. Die<br />
Bulgaren, die wir radebrechend nach dem Weg<br />
gefragt haben, waren sehr nett und hilfsbereit,<br />
gaben uns aber lauter widersprüchliche Wegbeschreibungen.<br />
Zwei Leute, darunter ein Taxifahrer<br />
(!), konnten die Visitenkarte des Hotels<br />
nicht lesen, weil sie sich wahrscheinlich keine<br />
Brille leisten konnten. Ein Mann hat uns bereitwillig<br />
über mehrere Häuserblocks begleitet<br />
... es war sehr dunkel und wir konnten ja nicht<br />
einmal die Straßenschilder lesen – eine interessante<br />
Erfahrung, die, wie wir inzwischen<br />
erfahren haben, für den gesamten Balkan ganz<br />
typisch ist.<br />
Für unseren Aufenthalt war auch eine Pflanzaktion<br />
vorbereitet: vor dem Nationalmuseum für ausländische<br />
Kunst haben wir zwei Linden gepflanzt,<br />
vor denen dann Tafeln (eine in bulgarischer und<br />
eine in deutscher Sprache) befestigt wurden.<br />
Für diese Aktion haben wir ganz spontan den OM-<br />
NIBUS vor die Museumstreppe geholt, auf der die<br />
Reden gehalten wurden (die Direktorin des Museums,<br />
Dr. Bartsch vom Goethe-Institut und (ausführlich<br />
und einprägsam) Johannes). Diese Aktion<br />
war auch ein schöner Ausgleich dafür, daß die<br />
Straßenarbeit in Sofia nicht besonders effektiv<br />
war. Wir haben uns mit einem der Übersetzer<br />
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