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46. Jahrgang l<br />

Brief<br />

Heft 3.2009 l G 54747<br />

Zeitschrift des Deutschen Entwicklungsdienstes<br />

Gesundheit<br />

3 Voraussetzungen für Gesundheit<br />

3 HIV/AIDS-Aufklärungsarbeit<br />

3 Traditionelle Medizin


�<br />

Brief 3.2009<br />

INHALT<br />

SPEKTRUM<br />

Andreas Kahler<br />

Mining Watch –<br />

Wie Solwezi in Brüssel Gehör findet 4<br />

Martin Jovanov<br />

Ein Land mit solchen Naturreichtümern<br />

kann die Armut überwinden 6<br />

Was Kondome sind,<br />

weiß heute jeder,<br />

aber ist auch allgemein<br />

bekannt,<br />

dass es spezifische<br />

Frauenkondome gibt?<br />

Sie spielen eine<br />

wichtige Rolle bei<br />

der HIV/AIDS-Aufklärungsarbeit<br />

in Kamerun. Die Autorin versucht<br />

mit Unterstützung ihrer DED-Kolleginnen und<br />

Kollegen, das Thema HIV/AIDS in den Partnerorganisationen,<br />

direkt am<br />

21<br />

Arbeitsplatz der Menschen,<br />

zu thematisieren. Seite<br />

THEMA<br />

Peter Schmitz<br />

Es gilt, das Recht auf Gesundheit<br />

zu verwirklichen 8<br />

Olga Platzer<br />

Kambodscha –<br />

Schicksale hinter den Zahlen 13<br />

In Kambodscha sterben immer noch viele Frauen<br />

bei der Geburt ihres Kindes. Ein erster Schritt, um<br />

etwas dagegen unternehmen zu können, sind<br />

Maternal-Death-Audits. An Hand der Befragungsergebnisse<br />

können Ursachen für die hohe Müttersterblichkeit<br />

aufgezeigt und das Bewusstsein dafür<br />

geschärft werden, was bereits vor der<br />

13<br />

Geburt getan werden muss, um im<br />

Notfall schnell reagieren zu können. Seite<br />

Sabine Rundgren<br />

Kenia –<br />

Sie leiden ein Leben lang an den Folgen 16<br />

Winfried Zacher<br />

HIV/AIDS –<br />

Alle müssen Verantwortung übernehmen 18<br />

Meike Winterhagen<br />

Kamerun –<br />

Emanzipation des Kondoms – das Femidom 21<br />

Yvonne Sartor<br />

Sambia – <strong>Info</strong>rmiere Dich, schütze Dich<br />

und zeige Solidarität mit HIV-Positiven 24<br />

Christine Inongo<br />

Sambia – Ich habe mein Leben<br />

meiner Arbeit gewidmet 26<br />

Till Winkelmann<br />

Äthiopien – Kaffeezeremonien<br />

und Coming Out von HIV-Positiven 28<br />

Die Diskriminierung von HIV-positiven<br />

Menschen ist auch in Äthiopien ein großes<br />

Problem. Eine junge Frau, Genet, hat sich<br />

mutig öffentlich zu ihrer Krankheit bekannt<br />

und engagiert sich jetzt für andere Betroffene.<br />

Für den Abbau von Vorurteilen und Ängsten<br />

ist besonders die Aufklärungs-<br />

28<br />

arbeit in der direkten<br />

Nachbarschaft wichtig. Seite<br />

Christiane Boecker<br />

Malawi / Haiti –<br />

Gesundheit darf kein Geschäft sein 31<br />

Alexander Riesen<br />

Brasilien – Ein Schiff wird kommen 34<br />

Wie kann man in<br />

einem Land mit<br />

den Dimensionen<br />

Brasiliens Gesundheitsversorgung<br />

auch an entlegene<br />

Orte bringen? Zum<br />

Beispiel mit dem Hospitalschiff Abaré, das<br />

73 Gemeinden an den Flussufern des Tapajós<br />

in Amazonien anläuft. 25.000 Behandlungen<br />

werden jährlich auf dem Schiff vorgenommen,<br />

in schweren Fällen bringt das mitgeführte<br />

Schnellboot die Patienten<br />

34<br />

in das nächste Krankenhaus.<br />

Seite


Patrick Sakdapolrak<br />

Indien – Vom Alltagskampf der armen<br />

Stadtbevölkerung um Gesundheit 37<br />

In Vietnam hat die traditionelle<br />

Medizin einen<br />

hohen Stellenwert, die<br />

Heilkundigen genießen<br />

großes Ansehen und<br />

Vertrauen. Auch wenn<br />

die westliche Medizin<br />

gerade von jüngeren<br />

Leuten mehr und mehr zu Rate gezogen wird, so ist dies oft<br />

nur zur Diagnose. Zur Behandlung wird auf traditionelle<br />

Heilmittel zurückgegriffen, nicht zuletzt,<br />

39<br />

weil diese billiger sind. Viele Mediziner<br />

praktizieren heute aber auch beides. Seite<br />

Joyce Dreezens-Fuhrke<br />

Vietnam –<br />

Vertrauen in die überlieferte Heilkunst 39<br />

Marielle Zöllner<br />

Haiti – Zum Vodoopriester oder zum Arzt? 41<br />

BLICKPUNKT<br />

Inland /Ausland 43<br />

Veranstaltungen 44<br />

KULTUR<br />

Literatur 45<br />

OFFENE STELLEN 47<br />

Impressum 47<br />

EDITORIAL<br />

Liebe Leserin, lieber Leser,<br />

in den letzten Jahren ist weltweit im Gesundheitsbereich<br />

das Augenmerk vor allem<br />

auf die Bekämpfung von HIV/AIDS gelegt<br />

worden. Dies geschah sicher zu Recht und<br />

es gibt immer noch unendlich viel zu tun,<br />

um diese Pandemie einzudämmen.<br />

Dennoch dürfen auch die anderen Gesundheitsprobleme der Entwicklungsländer<br />

nicht aus dem Blickfeld geraten, denn nach wie vor verursachen<br />

Durchfallerkrankungen, Malaria und Tuberkulose dort die meisten Todesopfer.<br />

Ungelöst ist darüber hinaus das Problem, dass immer noch nicht ausreichend<br />

qualifizierte Fachkräfte für die Gesundheitsversorgung vor allem der ländlichen<br />

Bevölkerung zur Verfügung stehen.<br />

Unsere Autorinnen und Autoren haben zudem unterschiedliche Vorstellungen<br />

davon, wie die Gesundheitsversorgung in den DED-Partnerländern finanziert<br />

werden sollte: Ist es gerechtfertigt, dass Patienten für medizinische Leistungen<br />

etwas zahlen müssen oder ist es Aufgabe des Staates, eine Basisgesundheitsversorgung<br />

für alle kostenlos sicherzustellen? Kann der Staat dieser Forderung<br />

überhaupt nachkommen? In Brasilien zum Beispiel werden neue Wege<br />

beschritten, um auch den Bewohnern abgelegener Landstriche eine medizinische<br />

Grundversorgung zu gewährleisten.<br />

Und schließlich stellen unserer Autorinnen und Autoren fest, dass Gesundheit<br />

ganz entscheidend von den sozialen Lebensumständen der Menschen<br />

abhängt.Wollen wir also die gesundheitliche Situation der Menschen<br />

verbessern, dann muss es um soziale Grundsicherung gehen, um den<br />

Zugang zu sauberem Trinkwasser, um menschenwürdiges Wohnen,<br />

um ausreichende Nahrung und um Bildung.<br />

Wir näheren uns in diesem Heft dem Thema Gesundheit also unter vielen<br />

Aspekten und mit anschaulichen Beispielen aus unseren Partnerländern.<br />

Im Editorial des letzten Heftes haben wir Sie über den Wechsel in der<br />

Redaktion des DED-Briefes informiert. In dieser Ausgabe möchten wir<br />

Ihnen auch die neue Leiterin der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des DED,<br />

Angela Krug (linkes Foto), vorstellen. Angela Krug ist Politik- und Religionswissenschaftlerin<br />

und begann ihre berufliche Laufbahn in einem landund<br />

forstwirtschaftlichen Projekt des DED in Tansania. Heute hat sie langjährige<br />

Erfahrungen in Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit<br />

und war zuletzt Referentin für Öffentlichkeitsarbeit beim Evangelischen<br />

Entwicklungsdienst.<br />

Wir wünschen viel Spaß beim Lesen und freuen uns über Ihre Kommentare.<br />

Maria Ehrke-Hurtado<br />

2<br />

3


SPEKTRUM<br />

� Brief 3.2009<br />

© Andreas Kahler<br />

Sambia<br />

Mining Watch –<br />

Wie Solwezi in Brüssel Gehör findet<br />

„Glokale“ Momente deutscher Demokratieförderung in Sambia<br />

Solwezi<br />

SAMBIA<br />

Lusaka<br />

Auch im Nordwesten<br />

Sambias ist die Weltwirtschaftskriseangekommen.<br />

Global oder<br />

Crunch sagt schlicht zur<br />

Erklärung, wer sich etwas<br />

nicht (mehr) leisten kann<br />

oder etwa Probleme hat,<br />

Schulden zurück zu zahlen.<br />

Bakwetu, ein lokales<br />

Nachrichtenmagazin,<br />

hat seine jüngste Ausgabe<br />

gleich mit einem Globus<br />

aufgemacht, um die Lage anzuzeigen.<br />

Dabei gilt noch immer ausgerechnet die<br />

Nordwest-Provinz als neue Boomregion<br />

Sambias, dessen Geschick seit jeher aufs<br />

Engste mit dem roten Metall zusammenhängt<br />

und dessen wichtigster Ballungsraum<br />

nicht zufällig Kupfergürtel (Copperbelt)<br />

heißt. Vergangenes Jahr hatte sich der<br />

Moderne Minenfahrzeuge.<br />

© Andreas Kahler<br />

Beeindruckende Dimensionen und laut Betreiber auch neue Standards hat die 2008 eröffnete Kupfermine Lumwana.<br />

Kupferbergbau vor allem im Nordwesten<br />

zu einem kaum geahnten Höhenflug aufgeschwungen,<br />

wodurch Solwezi, das Provinzhauptstädtchen,<br />

zum Aufbruchssymbol des<br />

New Copperbelt wurde. Investoren halten<br />

Einzug, Jobsucher strömen in den entlegenen<br />

Landesteil, um ihr Glück zu machen.<br />

Trieb bislang vor allem die Kupfer- und<br />

Goldmine Kansanshi das Geschehen voran,<br />

so übernimmt nun ein neues Bergwerk die<br />

Führung: Mit Lumwana nahm in Solwezi<br />

kürzlich die größte offene Gruben-Kupfermine<br />

Afrikas ihren Betrieb auf. – A New<br />

Mine! A New Standard!<br />

Während Sambias alter Copperbelt in den<br />

Augen Vieler seine Glanzzeit längst hinter<br />

sich hat, sieht die politische Klasse Lusakas<br />

den Nordwesten als den „Neuen Copperbelt“<br />

und Hoffnungsträger für Wachstum<br />

und Entwicklung. Zu Zeiten des Kupferbooms,<br />

2008, erregten die gigantischen<br />

Investitionen in Solwezi großes Aufsehen:<br />

Neben Kansanshi, der Stadt nah gelegenen,<br />

vor allem kanadischen Kupfer- & Goldmine,<br />

zog insbesondere Lumwana die Menschen<br />

in ihren Bann. Seit sie Ende 2008 ihren<br />

Betrieb aufgenommen hat, beansprucht<br />

Afrikas größte offene Kupfermine – die<br />

künftig auch Uranium abzubauen plant –<br />

„neue Standards“ zu setzen – selbst in<br />

Sachen Nachhaltigkeit.<br />

Welchen Nutzen<br />

hat der Bergbau für die Bevölkerung?<br />

Doch gleich ob Tage des Booms oder Rezessionszeiten<br />

die Wirtschaft prägen, mehren<br />

sich nun Stimmen aus der Zivilgesellschaft<br />

des Kupferlandes, die – unter dem Stichwort<br />

mining watch – nach dem Nutzen des<br />

globalisierten Bergbaus für die Sambier<br />

selbst fragen und negative Auswirkungen<br />

kritisieren. Neben der Kirchen nahen<br />

Nichtregierungsorganisation (NRO) Caritas<br />

hat sich in Solwezi die Civil Society for


Poverty Reduction (CSPR), ein Zusammenschluss<br />

von mehreren Dutzend Nichtregierungsorganisationen,<br />

dieser Kritik<br />

angenommen. Beide Organisationen sind<br />

Partnerinnen des Good-Governance-Programms<br />

von GTZ und DED.<br />

In unserer Zusammenarbeit mit dem Provincial<br />

Programme Management Team von<br />

CSPR kristallisierte sich der Aktionsbereich<br />

mining watch als ein bedeutender Schwerpunkt<br />

heraus. Ein Meilenstein war in dieser<br />

Hinsicht die Konferenz „First Northwestern<br />

Mining Watch“, zu der sich auf Einladung<br />

von CSPR und Caritas vergangenes Jahr<br />

erstmals Minen-Vertreter, Zivilgesellschaft,<br />

Verwaltung, Forschung und Medien im<br />

„Neuen Kupfergürtel“ von Solwezi trafen.<br />

(Eine Dokumentation ist online verfügbar.)<br />

Wissenschaftler wie Prof. John Lungu von<br />

der Copperbelt University stellten ihre neuen<br />

Forschungsergebnisse vor, aber auch CSPR<br />

präsentierte eine Studie über die Folgen des<br />

Grubenbergbaus in der Mine Kansanshi<br />

sowie über eine kleine Mine im Nachbardistrikt<br />

Kasempa, wo Umwelt und Arbeiter<br />

über langer Zeit mit wirklich krimineller<br />

Energie ausgebeutet wurden.<br />

Wie kann der Bergbau<br />

zur Armutsbekämpfung beitragen?<br />

Solwezi zeigt auch die Schattenseite des<br />

abrupten, kaum gesteuerten Wachstums.<br />

<strong>Info</strong>rmelle Siedlungen breiten sich aus, aber<br />

die Entwicklung der Stadt- oder Infrastruktur<br />

kommt kaum voran. Schon haben communities<br />

in Minennähe Probleme, an Wasser<br />

zu kommen. Neben der steigenden ländlichen<br />

Armut droht sich eine urbane<br />

Armut breit zu machen. Während die<br />

ausländischen Unternehmen große Gewinne<br />

machen, erhalten Provinz und Land<br />

nur wenige Einnahmen. Hinzu kommt<br />

das Risiko einer Fixierung auf den Bergbau:<br />

Davon zeugte der Niedergang des vormals<br />

glänzenden Copperbelts, als die Kupferpreise<br />

in den Keller gegangen waren.<br />

Zentrales, wiederkehrendes Thema ist natürlich<br />

die Frage, wie der hiesige Bergbau<br />

mehr zur Armutsbekämpfung beitragen<br />

könne; etwa durch Übernahme von Verantwortung<br />

der globalen Kupferunternehmen<br />

im Sinne von Corporate Social Responsibility,<br />

doch auch durch verbesserte Verhandlungsfähigkeiten<br />

der öffentlichen Verwaltung<br />

sowie der Regierung, wenn es um das Aushandeln<br />

der Auflagen und politischen Vorgaben<br />

zum Kupferabbau geht (Development<br />

Agreements).<br />

Momentan laufen die Vorbereitungen für<br />

eine Folgetagung – voraussichtlich mit Blick<br />

auf das Lumwana-Projekt, das den Spitzenplatz<br />

unter allen Investitionen in Sambia<br />

einnimmt. Es erhebt zugleich den höchsten<br />

Anspruch in Sachen Nachhaltigkeit. Und so<br />

prüfen die zivilgesellschaftlichen Akteure<br />

von CSPR nun, ob die Bergbaubetreiber<br />

tatsächlich ihr Wort halten. Als Lackmustest<br />

haben sie sich den Indikator Nahrungssicherheit<br />

ausgesucht, anhand dessen sie<br />

bewerten wollen, inwieweit Lumwana das<br />

Versprechen hält.<br />

Warum internationale Allianzen<br />

eingehen?<br />

Zusehends gewinnt das Engagement von<br />

CSPR dabei „glokalen“ Charakter. Und<br />

das hat durchaus seine Richtigkeit. Denn<br />

dadurch, dass an den Solwezier Bergbauprojekten<br />

vor allem mächtige, ausländische<br />

Investoren, einschließlich Entwicklungsbanken,<br />

beteiligt sind, müssen die Akteure<br />

der lokalen Zivilgesellschaft in ihrer Auseinandersetzung<br />

mit den global players der<br />

Rohstoffindustrie vermehrt internationale<br />

Allianzen eingehen.<br />

Counterbalance aus Brüssel (CEE Bankwatch<br />

Network/Counter Balance Coalition),<br />

ein Zusammenschluss europäischer Nichtregierungsorganisationen,<br />

die die Geldvergabepraxis<br />

der Europäischen Investitionsbank<br />

unter die Lupe nehmen und Ergeb-<br />

© Andreas Kahler<br />

Weitere <strong>Info</strong>rmationen zu den im Text<br />

genannten Organisationen:<br />

Civil Society for Poverty Reduction (CSPR):<br />

www.cspr.org.zm<br />

www.minewatchzambia.org<br />

www.counterbalance-eib.org<br />

4 5<br />

Offene Diskussionen gab es beim runden Tisch<br />

der ersten Northwestern Mining Watch-Konferenz.<br />

nisse ihrer „Fact Finding Missions“ in Afrika<br />

regelmäßig dem Europäischen Parlament<br />

vorlegen, besuchte in diesem Jahr das<br />

CSPR. Im Anschluss an diesen Besuch<br />

erhielt die CSPR-Koordinatorin Kypalushi<br />

Kapatamoyo von der italienischen NRO<br />

Campagna per la Riforma della Banca<br />

Mondiale (CRBM) eine Einladung und<br />

stellte das Solwezier Mining-Watch-<br />

Projekt auf dem zivilgesellschaftlichen<br />

G8-Gegengipfel im Juli 2009 in Italien<br />

vor. Die internationale Netzwerkbildung<br />

setzt sich also fort.<br />

Andreas Kahler<br />

Andreas Kahler ist Sozialwissenschaftler,<br />

Redakteur und Bildungsmanager und<br />

arbeitete von 2007 bis 2009 als Capacity-<br />

Building-Berater im Rahmen des GTZ-DED-<br />

Kooperationsprogramms Good Governance<br />

in Sambia.<br />

<strong>Info</strong>


SPEKTRUM<br />

� Brief 3.2009<br />

Bolivien<br />

Ein Land mit solchen Naturreichtümern<br />

kann Armut überwinden<br />

UNDP legt Studie über alternative Nutzungsmöglichkeiten der natürlichen Ressourcen vor<br />

Im November 2008 ist die Publikation des<br />

Entwicklungsprogramms der Vereinten<br />

Nationen (UNDP) mit dem Titel „La otra<br />

frontera“ zum Thema Alternative Nutzung<br />

der natürlichen Ressourcen in Bolivien erschienen.<br />

Die Studie soll als Grundlage dienen,<br />

um anhand von Ergebnissen und guter<br />

Beispiele eine Diskussion über eine nachhaltige<br />

Entwicklung in Bolivien anzustoßen.<br />

Die Leitfrage der Studie lautet: „Wie kann<br />

eine nachhaltige Entwicklung erreicht werden,<br />

in der sich die Lebensbedingungen für<br />

die bolivianische Bevölkerung verbessern<br />

und die Armut unter Berücksichtigung des<br />

Umweltschutzes reduziert werden kann?“<br />

La Paz<br />

BOLIVIEN<br />

In Bolivien<br />

gehen jährlich<br />

immer noch<br />

große Waldflächen<br />

durch Abholzung<br />

verloren.<br />

Bolivien genießt einen großen natürlichen<br />

Reichtum mit einer außergewöhnlichen Artenvielfalt,<br />

üppigen Wasservorkommen und<br />

Bodenschätzen sowie einem bedeutenden<br />

Potenzial an Energieressourcen, vor allem<br />

große Erdgasvorkommen. Das laut Human<br />

Development Index ärmste Land in Südamerika,<br />

gehört zu den acht waldreichsten<br />

Ländern der Erde und befindet sich unter<br />

den 20 gering besiedeltesten Ländern der<br />

Welt. Laut Angabe des UNDP Berichtes<br />

hat das Land allerdings in den letzten zehn<br />

Jahren jährlich etwa 300.000 Hektar Waldfläche<br />

durch Abholzung und fortschreitende<br />

Agrarflächennutzung verloren. In vielen<br />

© Daniel Lüthi<br />

Fällen ist eine massive Umweltzerstörung<br />

durch eine kurzfristige, nicht nachhaltige<br />

Nutzung der natürlichen Ressourcen<br />

(Erdöl, Gas, Mineralien, Holzwirtschaft<br />

und konventionelle, großflächige Landwirtschaft)<br />

festzustellen. Die gewünschten positiven<br />

ökonomischen Auswirkungen der zumeist<br />

explorativen Wirtschaftsformen hin<br />

zu einem nachhaltigen und breitenwirksamen<br />

Wirtschaftswachstum, und der damit<br />

verbundenen Schaffung von Beschäftigungsmöglichkeiten,<br />

konnten bislang nicht<br />

erreicht werden. Bolivien hängt nach wie<br />

vor von der Preisentwicklung auf den internationalen<br />

Rohstoffmärkten für Öl, Gas<br />

und Mineralien ab. Gleichzeitig nehmen<br />

Umwelt- und Ressourcenkonflikte, auch<br />

durch den Klimawandel bedingt, deutlich<br />

zu. Dass es dem bolivianischen Staat bisher<br />

nicht gelungen ist, durch Nutzung seiner<br />

reichhaltigen natürlichen Ressourcen seine<br />

Wirtschaft zu diversifizieren und ausreichend<br />

und vor allem qualitativ hochwertige<br />

Arbeitsplätze zu schaffen, lässt sich durch<br />

folgende Zahlen belegen: Während in<br />

Bolivien im Jahre 2007 ein Wirtschaftswachstum<br />

von fünf Prozent zu verzeichnen<br />

war, stieg die Zahl der Menschen, die unter<br />

der Armutsgrenze leben, um knapp 170.000<br />

weiter an. Dies zeigt offenbar, dass die ungleiche<br />

Verteilungspolitik zwar ein gesamtwirtschaftliches<br />

Wachstum bewirkt, ein<br />

pro-poor-growth, also eine Verbesserung der<br />

Lebenssituation der armen Bevölkerung<br />

aber bislang verhindert.<br />

Herausforderungen<br />

für eine nachhaltige Entwicklung<br />

Die Studie kommt zu dem Schluss, dass<br />

angemessene Entwicklungschancen für die<br />

Mehrzahl der Menschen in Bolivien nur gesichert<br />

werden können, wenn der Naturverbrauch<br />

reduziert, natürliche Ressourcen in<br />

Wert gesetzt und nachhaltig bewirtschaftet<br />

werden. Entwicklungsziel muss daher sein,<br />

dass Bolivien künftig die Wertschöpfung in<br />

den alternativen und traditionellen Sekto-


en, vor allem für land- und forstwirtschaftliche<br />

Erzeugnisse, erhöht, um die Arbeitsund<br />

Wirtschaftsleistung zum Wohle aller<br />

Bolivianer und Bolivianerinnen zu steigern.<br />

Die Herausforderungen für staatliche und<br />

nichtstaatliche Einrichtungen, die Privatwirtschaft<br />

und die internationale Gebergemeinschaft<br />

bestehen laut Studie darin,<br />

nachhaltige Wirtschaftsformen zu entwickeln<br />

und zu fördern. Eine fundamentale<br />

Rolle zur Umsetzung der Agenda spielen<br />

Klein-, Mittel-, aber auch Großproduzenten,<br />

die in ihren Regionen angepasste Wirtschaftsmodelle<br />

entwickeln. Produzentenvereinigungen<br />

und Dachverbände wiederum sind<br />

wichtige Pfeiler zur Entwicklung von Sozialstandards,<br />

Zertifizierung von Bioprodukten,<br />

für nachhaltige Waldwirtschaft und Biokommerz.<br />

Die gewonnenen Erfahrungen<br />

der Akteure können zur Breitenwirksamkeit<br />

in anderen Regionen des Landes führen.<br />

Hierzu zählen auch Maßnahmen zur Anpassung<br />

an den Klimawandel.<br />

Gute Praxisbeispiele<br />

Eine nachhaltige landwirtschaftliche Entwicklung<br />

trägt zum Schutz der Umwelt, zu<br />

einer Entwicklung und Diversifizierung der<br />

Wirtschaft, zur Schaffung von Arbeitplätzen<br />

und somit zur Armutsreduzierung bei, das<br />

stellt die Studie eindrucksvoll dar. Alternative<br />

nachhaltige Wirtschafsformen schaffen<br />

bereits heute in den Bereichen Umweltdienstleistungen,<br />

nachhaltige Forstwirtschaft,<br />

Technologien zur CO2-Reduzierung, Biokommerz<br />

und Tourismus neue Arbeitsplätze.<br />

Die Exporterlöse angepasster<br />

Wirtschaftsformen in den verschiedenen<br />

Regionen des Landes (u.a. Kaffee, Kakao,<br />

Paranuss, Quinoa, Vikunjawolle, Leder,<br />

nachhaltige Waldwirtschaft und Gemeindetourismus)<br />

belaufen sich auf 300 Millionen<br />

Dollar pro Jahr. Das entspricht zehn Prozent<br />

der Exporteinnahmen des Landes.<br />

Trotz der räumlichen Zersplitterung und<br />

des noch geringen Umfangs stellen diese<br />

© Anja Bursche<br />

Modellcharakter hat zum Beispiel<br />

der ökologische Kakaoanbau:<br />

Eine Kakaofrucht und die<br />

getrockneten Kakaobohnen.<br />

neuen Marktformen ein enormes Potenzial<br />

für die Entwicklung der bolivianischen<br />

Wirtschaft dar.<br />

In der Studie La otra frontera sind auch Projekte<br />

mit Modellcharakter dargestellt, die<br />

der DED in Bolivien seit Jahren fördert.<br />

Zu den good practice-Beispielen zählen das<br />

Engagement des Dachverbandes ökologischer<br />

Produzenten Boliviens AOPEB, der<br />

Kakaoproduzenten-Kooperative El Ceibo,<br />

des Verbandes der Kaffeeexporteure Boliviens<br />

FECAFEB und der Kaffeeproduzentenkooperative<br />

MINGA. Im Fokus dieser<br />

Produzentenvereinigungen steht die nachhaltige<br />

ländliche Entwicklung. Sie tragen<br />

dazu bei, nachhaltige Landnutzungssysteme<br />

(Agroforstsysteme) zu etablieren und Bioprodukte<br />

(etwa Kaffee, Kakao, Quinoa,<br />

tropische Früchte) und deren Qualität für<br />

den lokalen, nationalen und internationalen<br />

Markt zu entwickeln. Durch die Umsetzung<br />

erster Verarbeitungsschritte bleibt die Wertschöpfung<br />

in steigendem Maße im Lande.<br />

Fazit für den DED in Bolivien<br />

Die Studie betont vor allem, dass die Kapazitäten<br />

in leistungsfähigen Organisationen<br />

auf regionaler und nationaler Ebene zu fördern<br />

sind. Der Beratungsansatz des DED<br />

in Bolivien sieht genau dies vor. Regionale<br />

Organisationen werden dabei unterstützt,<br />

ihre Mitglieder und die kleinbäuerlichen<br />

Familien so zu beraten, dass sie ihre forstund<br />

landwirtschaftlichen Produktionsgrundlagen<br />

nachhaltig bewirtschaften,<br />

qualitativ hochwertige Produkte ernten<br />

und vermarkten und damit ihre Lebenssituation<br />

verbessern.<br />

Doch Entwicklungsprozesse müssen längerfristig<br />

angelegt sein, Organisationsentwicklung<br />

braucht Zeit. Die prozessbegleitende<br />

Beratung des DED in Bolivien führt zu<br />

Aufbau und Entwicklung von Kompetenzen<br />

und Kapazitäten in Nichtregierungsorganisationen,<br />

Produzentenvereinigungen und<br />

Kommunen, so dass sich entwicklungsrelevante<br />

Strukturen nachhaltig festigen und<br />

armutsmindernd wirksam werden können.<br />

UNDP Studie:<br />

La otra frontera.<br />

Usos alternativos<br />

6 7<br />

Im Sinne einer Breitenwirkung alternativer<br />

Wirtschaftsformen ist es jedoch unerlässlich,<br />

gute Ansätze nicht nur auf der lokalen<br />

Ebene zu fördern. Vielmehr ist es sinnvoll,<br />

Synergien zwischen lokalen Initiativen und<br />

staatlichen Einrichtungen (Ministerien und<br />

Präfekturen) herzustellen. Nur so lassen sich<br />

Strategien, Instrumente und Standards für<br />

eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung<br />

zum Wohle für Mensch und Umwelt verbreiten.<br />

Über die Vernetzung der verschiedenen<br />

Ebenen (lokal bis national) kann der<br />

DED mit seinen Partnerorganisationen<br />

künftig einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen<br />

Entwicklung des Landes leisten<br />

und seine regionale wie fachliche Expertise<br />

einbringen.<br />

Martin Jovanov<br />

Martin Jovanov ist Umweltwissenschaftler<br />

und war von 2005 bis 2009 DED-Fachkoordinator<br />

für ländliche Entwicklung in Bolivien.<br />

de recursos natu-<br />

rales en Bolivia.<br />

PNUD Bolivia.<br />

La Paz.<br />

November 2008<br />

Das Dokument finden Sie unter: idh.pnud.bo<br />

<strong>Info</strong>


THEMA<br />

� Brief 3.2009<br />

Es gilt, das Recht auf Gesund<br />

Aufgaben und Herausforderungen des DED im Gesundheitssektor<br />

Seit Beginn der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) geht es im Gesundheitsbereich um die Sicherung der medizinischen<br />

Grundversorgung für die Bevölkerung, um Maßnahmen der reproduktiven Gesundheit, aber auch um sauberes Trinkwasser<br />

und Hygiene – wichtige Aspekte für die Gesundheit der Menschen. Auch wenn schon viel erreicht wurde, die Ergebnisse<br />

sind noch nicht zufriedenstellend. Hinzugekommen sind vielmehr neue Probleme, wie HIV/AIDS oder auch die Aus-<br />

wirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit. Die Akteure der EZ und mit ihnen der DED sind mehr denn je gefragt,<br />

die Entwicklungsländer bei der Lösung der vielfältigen Probleme zu unterstützen.


Das Bild europäischer Ärztinnen und Ärzte,<br />

Krankenschwestern und Pfleger, die sich in<br />

peripheren Krankenhäusern in Afrika engagierten,<br />

ist maßgeblich geprägt vom Krankenhaus Lambarene,<br />

das Albert Schweizer vor rund 100 Jahren im<br />

heutigen Gabun gründete. Als Albert Schweitzer 1965<br />

in Lambarene starb, mangelte es in der Gesundheitsversorgung<br />

in vielen Regionen Afrikas, Asiens und Lateinamerikas<br />

immer noch an ausreichend qualifizierten<br />

Fachkräften im pflegerischen und ärztlichen Bereich.<br />

Das hatte zur Folge, dass die Arbeit von Entwicklungs-<br />

helferinnen und Entwicklungshelfern im Gesundheitssektor<br />

im Wesentlichen in der Versorgung von Patienten<br />

am Distrikt- oder Missionskrankenhaus stattfand. Der<br />

Bedarf war riesengroß. Unter einfachsten Bedingungen<br />

mussten zum Teil unbekannte Tropenkrankheiten<br />

diagnostiziert und behandelt, Notfalloperationen<br />

durchgeführt und Impfprogramme organisiert werden.<br />

Oft mussten all diese Aufgaben von einer Person durchgeführt<br />

beziehungsweise verantwortlich organisiert<br />

werden. Die direkte Behandlung von Patientinnen und<br />

Patienten, kurative, klinische Aufgaben standen im Vordergrund.<br />

Einheimische Fachkräfte wurden angelernt<br />

und ausgebildet.<br />

Sicherung der medizinischen Grundversorgung<br />

Die Erklärung von Alma Ata, dem heutigen Ulan Bator<br />

in der Mongolei, auf der Konferenz der Weltgesundheitsorganisation<br />

(WHO) 1978 war ein entscheidender<br />

Meilenstein für die Gesundheitsversorgung in der Entwicklungszusammenarbeit<br />

(EZ). Anlässlich dieser Konferenz<br />

wurde das Primary Health Care-Konzept aus der<br />

Taufe gehoben. Darin wurden Elemente zur präventiven<br />

und kurativen Gesundheitsversorgung formuliert und<br />

Prinzipien aufgestellt, die sehr eindeutig die politische<br />

Dimension des Rechts auf Gesundheit einfordern.<br />

Beteiligung der Bevölkerung, angepasste Methoden,<br />

Planung und Steuerung auf dezentraler Ebene und<br />

Nachhaltigkeit waren schon damals Kernpunkte der<br />

heit zu verwirklichen<br />

© Annekatrin El Oumrany<br />

Aufklärungsarbeit über Verhütungsmittel in Mali.<br />

Erklärung und belegen, dass das Konzept immer noch<br />

aktuell ist und viele Ziele, sei es bezogen auf die Gesundheitsversorgung<br />

oder auf die Mitbestimmung der<br />

Bevölkerung, noch nicht erreicht wurden. In der Folge<br />

von Alma Ata waren fast alle Arbeitsplätze im Gesundheitsbereich<br />

mit der Umsetzung des PHC-Konzeptes<br />

auf Distriktebene befasst. Immer noch gab es einen großen<br />

Bedarf an klinischer, kurativer Tätigkeit und zusätzlich<br />

kamen Aufgaben in der strukturierten Planung und<br />

Steuerung der Gesundheitsdienste dazu. Viele Aktivitäten<br />

zur Verbesserung der Gesundheit, gerade der armen<br />

8 9


THEMA<br />

� Brief 3.2009<br />

Malaria-<br />

sprechstunde<br />

unter einem<br />

Moskitonetz.<br />

Bevölkerung, orientierten sich an internationalen Ansätzen<br />

der WHO und anderer UN-Organisationen:<br />

Impfprogramme, die Bekämpfung von Durchfallerkrankungen,<br />

die Förderung der Bereitschaft zum<br />

Stillen, Familienplanung und Bereitstellung von<br />

Zusatzernährung bei Unter- und Fehlernährung.<br />

Millenniumsziele Gesundheit<br />

Aufbauend auf diesen Erfahrungen orientieren sich die<br />

Zielsetzungen der EZ im Sektor Gesundheit heute an<br />

den Millenniumszielen (Millennium Development Goals,<br />

MDG). Die MDGs vier bis sechs beziehen sich auf:<br />

Senkung der Kindersterblichkeit (MDG 4), Senkung<br />

der Müttersterblichkeit (MDG 5) und Bekämpfung<br />

von Infektionskrankheiten wie Tuberkulose, Malaria und<br />

insbesondere HIV/AIDS (MDG 6). Leider wird oft<br />

übersehen, dass unter dem MDG 7 auch ganz wesentliche<br />

Ziele formuliert sind, die einen direkten Bezug zu<br />

Gesundheit und Hygiene haben: Der Zugang zu Trinkwasser<br />

und ausreichende Sanitärversorgung. Gerade das<br />

letztgenannte Ziel wird bis 2015 nicht erreicht werden.<br />

Leider muss festgestellt werden, dass auf Grund mangelnder<br />

Hygiene, Mangel an Latrinen und nicht ausreichender<br />

Wasserversorgung immer noch 4.000 Kinder<br />

täglich an Durchfallerkrankungen sterben. Auch müssten<br />

viele Kinder nicht an Lungenentzündungen sterben<br />

(die Erreger der Infektion werden oft über die Hände<br />

weitergegeben), wenn ihre Eltern es sich leisten könnten,<br />

regelmäßig Seife zum Händewaschen zu kaufen.<br />

© Annekatrin El Oumrany<br />

Trotz deutlicher Erfolge in der Gesundheitsversorgung<br />

sterben immer noch 10 Millionen Kinder unter fünf<br />

Jahren jedes Jahr an Krankheiten, die größtenteils<br />

durch Vorbeugung vermieden oder zumindest behandelt<br />

werden könnten. Lungenentzündungen und<br />

Durchfallerkrankungen sind die Haupttodesursachen.<br />

Die meisten dieser Kinder sterben immer noch in den<br />

ersten Stunden und Tagen ihres Lebens, da Mindestanforderungen<br />

an Schwangerenvorsorge und Unterstützung<br />

während und nach der Geburt nicht erfüllt<br />

sind und viele Geburten ohne qualifizierte Unterstützung<br />

stattfinden. Schwangere sterben auf Grund von<br />

Geburtskomplikationen, weil sie keine Möglichkeiten<br />

haben, rechtzeitig im Krankenhaus anzukommen.<br />

Oft sind es nicht die medizinischen Hürden, sondern<br />

der Mangel an anderen strukturellen Voraussetzungen,<br />

fehlende Transportmöglichkeiten, aber auch immer<br />

noch Unkenntnis und traditionelle Verhaltensmuster,<br />

die den Zugang zu der notwendigen Versorgung verhindern.<br />

Schwerpunkte:<br />

reproduktive Gesundheit und HIV/AIDS<br />

Daher sind Themen wie reproduktive Gesundheit, die<br />

Versorgung von Schwangeren und deren Kindern, Zugang<br />

zu Familienplanung unter Einbeziehung der sexuellen<br />

Selbstbestimmung und Schutz vor sexueller Gewalt<br />

wichtige Gesundheitsthemen der EZ. Gerade dieser<br />

Problemkreis steht in engem Zusammenhang mit<br />

den Maßnahmen zur Bekämpfung der Weiterübertragung<br />

von HIV und AIDS und erklärt, dass viele<br />

Arbeitsplätze des DED im Gesundheitswesen in diesem<br />

Bereich verortet sind.<br />

HIV/AIDS hat gewiss eine Sonderstellung, da die damit<br />

verbundenen Probleme vielfältige Folgen in den Gesellschaften<br />

der betroffenen Länder mit sich gebracht haben.<br />

AIDS ist ein Entwicklungshemmnis und muss in<br />

der EZ immer mitgedacht werden. In den Ländern, wo<br />

viele Menschen betroffen sind, werden mainstreaming-<br />

Prozesse gefördert, um für das Thema HIV/AIDS zu<br />

sensibilisieren und Möglichkeiten zu schaffen, Aufklärung,<br />

Vorbeugung, Minderung der Folgen, Behandlung<br />

und Unterstützung von Betroffenen und deren Angehörigen<br />

sicher zustellen. Arbeitsplatzprogramme, die zum<br />

Beispiel durch das AWISA Programm von DED und<br />

InWEnt gefördert werden und Unterstützung der Bevölkerung<br />

in Ihrem Lebensumfeld bieten, werden auch<br />

in der Zukunft wesentliche Programmkomponenten der<br />

EZ im Gesundheitsbereich bleiben.


Zielsetzung muss zudem sein, den Zugang zur Behandlung<br />

von AIDS und den typischen Begleiterkrankungen<br />

mit modernen Medikamenten zu erreichen. Die Anzahl<br />

der Menschen, die diese Behandlung brauchen und sie<br />

tatsächlich bekommen können, ist stetig gewachsen,<br />

dennoch werden bisher nur zwei Millionen von sechs<br />

Millionen erreicht.<br />

Abwanderung qualifizierter Fachkräfte<br />

Ein kritischer Punkt ist der Mangel an ausreichend qualifizierten<br />

Fachkräften in den betroffenen Ländern. Für die<br />

EZ kann das bedeuten, dass wieder mehr entsandte Fachkräfte<br />

in der klinischen Versorgung, etwa in der Ausbildung<br />

oder Supervision, beziehungsweise der Sicherstellung<br />

der kurativen Versorgung vor Ort eingesetzt werden müssen.<br />

Fachkräftemangel und Stärkung der Gesundheitssysteme<br />

sind daher ganz aktuelle Themen in der EZ.<br />

Dabei stoßen wir immer wieder auf alte Probleme, wie<br />

die mangelnde Attraktivität der peripheren Gesundheitsdienste<br />

für einheimische Fachkräfte und geringe Entlohnung<br />

für qualifizierte Leistungen. Darüber hinaus begünstigt<br />

der globale Arbeitsmarkt den Braindrain der qualifizierten<br />

Fachkräfte nach Europa oder in attraktivere Nachbarländer.<br />

Leider führt auch die massive Fokussierung auf<br />

die „big three“, AIDS, Malaria und Tuberkulose, mit modernen<br />

Instrumenten und Kampagnen zu einem internen<br />

Braindrain von einheimischen Fachkräften aus der Gesundheitsversorgung<br />

in die Kampagnenarbeit und Programmplanung<br />

und -gestaltung. Dabei ist die Mitarbeit<br />

im nationalen AIDS Programm sehr viel attraktiver als das<br />

notwendige Engagement zur Bekämpfung der Durchfallerkrankungen<br />

und zur Verbesserung der Hygiene.<br />

Neben dem Fachkräftemangel leiden die Gesundheitsdienste<br />

der betroffenen Länder daran, dass eine ausreichende<br />

Finanzierung über staatliche Stellen trotz<br />

massiver Budgetfinanzierung durch Geberquellen bei<br />

weitem nicht mehr möglich ist. Soziale Absicherung und<br />

Systeme der Krankenversicherung müssen entwickelt<br />

werden, um die Finanzierung einer qualifizierten Gesundheitsversorgung<br />

– zum Teil auch durch Zuzahlung der<br />

Bevölkerung – zu sichern. Erfahrungen aus der Demokratischen<br />

Republik Kongo (siehe Literaturhinweis:<br />

Kinzelbach) haben gezeigt, dass die Bevölkerung auch<br />

unter Krisenbedingungen bereit ist, sich an den Kosten<br />

zu beteiligen. Die Einführung von entsprechenden<br />

Modellen wie in der DR Kongo, gemeindebasierten<br />

Krankenversicherungen in Kambodscha oder genossenschaftlichen<br />

Unterstützungsmodellen sind neue, zukunftsweisende<br />

Arbeitsfelder im Bereich Gesundheit.<br />

© Cornelia Grade<br />

Gesundheitsversorgung und Menschenrechte<br />

Der Zugang zu Gesundheitsversorgung und sozialer<br />

Absicherung ist auch eine Frage der Menschenrechte.<br />

Mindestanforderungen an ein menschenwürdiges<br />

Leben sind klar definiert (siehe Literaturhinweis:<br />

Handbook …). Neben vielen anderen sozialen Kriterien<br />

sind Faktoren und Indikatoren im Bereich Gesundheit<br />

und Soziale Grundsicherung verfügbar, die herangezogen<br />

werden können, um aufzuzeigen, wie weit die Entwicklung<br />

noch von den gesteckten Zielen entfernt ist.<br />

Entscheidenden Einfluss auf die Gesundheitsversorgung<br />

und soziale Sicherung haben dabei die gesellschaftlichen<br />

Rahmenbedingungen. Ein großer Teil der jährlich zehn<br />

Millionen kindlichen Todesfälle steht in direktem Zusammenhang<br />

mit Mangel- und Fehlernährung. Der<br />

Einfluss der Hygiene wurde bereits erwähnt. Um eine<br />

nachhaltige Wirkung zu erreichen, bedarf es in Zukunft<br />

gerade auf lokaler oder regionaler Ebene, also dort wo<br />

die betroffenen Menschen leben, einer ganzheitlichen<br />

Betrachtung und Analyse, um festzustellen, welchen<br />

Beitrag die jeweiligen Sektoren zur Verbesserung der<br />

Lebensbedingungen beitragen können, und wie die<br />

Prioritäten gesetzt werden müssen. Diese Sichtweise in<br />

den Köpfen der Akteure in der EZ und in den Köpfen<br />

der Menschen in den betroffenen Ländern zu verankern,<br />

ist eine Herausforderung für die Zukunft. Dezentralisierung<br />

und Demokratieförderung können Voraussetzungen<br />

schaffen, dass diese Diskussion geführt und Entscheidungen<br />

mit entsprechendem Mandat nah an und<br />

mit der Bevölkerung gefällt werden können.<br />

DED-Arzt im Einsatz<br />

in Tansania.<br />

10 11


THEMA<br />

� Brief 3.2009<br />

<strong>Info</strong><br />

© Malteser International<br />

Viele Infektionskrankheiten<br />

könnten<br />

vermieden werden,<br />

wenn Geld für den<br />

Kauf von Seife<br />

vorhanden wäre.<br />

Klimawandel und Gesundheit<br />

Das wohl aktuellste Thema ist der Zusammenhang zwischen<br />

Klimawandel und Gesundheit global und insbesondere<br />

in den ärmsten Ländern, wo immer mehr Menschen<br />

besonders anfällig für die Folgen sind. Mehr Menschen<br />

werden durch Infektionskrankheiten wie Malaria<br />

und Dengue Fieber bedroht, da die Überträger sich in<br />

Regionen ausbreiten, in denen sie früher nicht vorkamen.<br />

Vermehrte Überschwemmungen werden die<br />

Trinkwasserversorgung und die hygienischen Verhältnisse<br />

wieder verschlechtern und zum Anstieg übertragbarer<br />

Erkrankungen führen. Zusammen mit der Nahrungsmittelkrise,<br />

die der Klimawandel mit sich bringen<br />

wird, verschärfen Mangel- und Fehlernährung die Ge-<br />

Literatur zum Thema<br />

Kinzelbach, A., Schmitz, P.; Kostenbeteiligung bei der Sicherstellung der Gesundheitsversorgung<br />

in 17 Gesundheitszonen in einer Provinz im Osten der DR Kongo –<br />

Erfahrungen von Malteser International; Journal of International Law of Peace<br />

and Armed Conflict, 1/2006<br />

Costello, A. et al.; Managing the health effects of climate change; Lancet Vol. 373,<br />

May 16, 2009, pp1693<br />

Handbook Humanitarian Charter and Minimum Standards in Disaster Response,<br />

The Sphere Project; Oxford 2004. www.sphereproject.org/content/view/27/84/<br />

lang,english/<br />

World Health Report 2008 – Primary Health Care – Now More Than Ever,WHO;<br />

www.who.int/whr/2008/whr08_en.pdf<br />

sundheitsrisiken gerade der Kinder in den betroffenen<br />

Bevölkerungsgruppen. Deren Lebensraum wird direkt<br />

durch häufigere Naturkatastrophen, Überschwemmungen,<br />

Dürren und extreme Witterungsverhältnisse bedroht,<br />

was zu vermehrter Migration von mittellosen<br />

Menschen führen wird, die in vielerlei Hinsicht unterstützt<br />

und versorgt werden müssen. Die Bevölkerungsdynamik<br />

in den ärmeren Ländern wird somit auch<br />

durch die Veränderungen des Klimawandels beeinflusst<br />

und verstärkt die Folgen.<br />

Strategien, die die Folgen des Klimawandels mindern,<br />

müssen dringend umgesetzt werden. Ganz entscheidend<br />

ist die Forderung an die Politik, auf globaler, nationaler<br />

und lokaler Ebene den CO 2-Ausstoß zu mindern.<br />

Gleichzeitig müssen Anstrengungen unternommen werden,<br />

in der Armutsbekämpfung die sektoralen Veränderungen<br />

und Risiken für die besonders anfälligen Bevölkerungsgruppen<br />

zu analysieren und dementsprechend<br />

Kapazitäten aufzubauen. Das ist auch eine Herausforderung<br />

für die Gesundheitsdienste in den betroffenen<br />

Ländern, die dabei vom DED unterstützt werden sollten.<br />

Für den DED stellen sich für den Sektor Gesundheit,<br />

wie auch in anderen Sektoren, vielfältige neue Herausforderungen<br />

und Aufgaben, die sehr viel breiter im Kontext<br />

Entwicklungsförderung verankert sind als die klassischen<br />

präventiven und kurativen Ansätze der Medizin in<br />

der Vergangenheit. Der PHC-Ansatz ist dabei immer<br />

noch aktuell (siehe Literaturhinweis: World Health Report<br />

2008…). Aber die Anforderungen an Sektor übergreifender,<br />

bedarfsgerechter, koordinierter und kohärenter<br />

Planung und Umsetzung auf lokaler Ebene werden<br />

immer deutlicher. Die Beteiligung der Bevölkerung,<br />

wenn es um Themen wie Ernährung, Gesundheit,<br />

Wasserversorgung und Hygiene geht, ist essentiell.<br />

Auf dieser Ebene kann der DED auf viel Erfahrung<br />

zurückgreifen und hier können die Fachkräfte im<br />

Gesundheitssektor auch in Zukunft einen wesentlichen<br />

Beitrag zu nachhaltiger Entwicklung leisten.<br />

Dr. Klaus Peter Schmitz<br />

Dr. Klaus Peter Schmitz ist Arzt, Chirurg und Ingenieur<br />

für Umwelttechnik und seit 2009 Leiter der Fachgruppe<br />

Gesundheit und des Ärztlichen Dienstes des DED. Er war<br />

zuvor seit 2000 Leitender Arzt von Malteser International.<br />

Von 1997 bis 1999 war Dr. Schmitz mit dem DED als<br />

Regional Medical Officer im Norden Namibias.


Kambodscha<br />

Schicksale hinter den Zahlen<br />

Bei Geburten auf dem Lande kommt oft jede Hilfe zu spät<br />

Im Jahr 2008 legte das kambodschanische<br />

Gesundheitsministerium fest, dass landesweit<br />

Maternal-Death-Audits, also Untersuchungs-<br />

verfahren zur Müttersterblichkeit,<br />

obligatorisch durchzuführen seien.<br />

Ziel ist es, mehr darüber in Erfahrung zu bringen,<br />

warum die Zahl der Frauen, die in Kambodscha<br />

bei der Geburt ihres Kindes sterben, so hoch ist.<br />

Die Autorin hat an vielen dieser Audits<br />

teilgenommen.<br />

Die Großmutter kümmert sich um das Baby<br />

Es ist Montagfrüh, mein erster Arbeitstag am<br />

Projektplatz. Ich bin Beraterin für Mutter- und<br />

Kindgesundheit am Provincial Health Department<br />

(PHD) in Kampong Thom, Zentralkambodscha.<br />

Mein Einstand beginnt mit einem traurigen Ereignis:<br />

Das PDH hatte in der Woche zuvor die Nachricht über<br />

den Tod einer Frau bei der Geburt erhalten. Heute werden<br />

wir nach Kampong Svay fahren, um mehr darüber<br />

zu erfahren. Über relativ gute Straßen erreichen wir<br />

schnell das knapp 20 Kilometer entfernte Gesundheitszentrum.<br />

Kambodscha ist um diese Jahreszeit recht karg.<br />

Die vielen Reisfelder sind durch die lang anhaltende<br />

Trockenperiode braun geworden und der Boden reißt<br />

in großen Schollen auf. Nur wenige Bäume spenden<br />

angenehmen Schatten. Das Gesundheitszentrum selbst<br />

ist unscheinbar. Über dem Eingangstor zum Gelände<br />

steht in Khmer und Englisch Kampong Svay Health<br />

Center. Ein überdachter kleiner Wartebereich befindet<br />

sich am Eingang. Dahinter ein kleiner Flur, von dem<br />

zu beiden Seiten Zimmer abgehen. Wir halten uns nur<br />

kurz hier auf, um die zuständige Hebamme abzuholen.<br />

„Wir“: das sind unser Fahrer, mein Kollege vom PHD,<br />

eine Kollegin vom Provinz-Team für Mutter- und<br />

Kindgesundheit sowie der zuständige Mitarbeiter<br />

vom Operational District.<br />

© Olga Platzer<br />

nach dem Tod der Mutter.<br />

Knapp fünf Kilometer liegt das Dorf vom Gesundheitszentrum<br />

entfernt. Dennoch dauert die Fahrt dorthin<br />

sehr lange. Diese Straße ist im Gegensatz zur Hauptstraße<br />

in einem sehr schlechten Zustand. Schmal, aus<br />

roter Erde, von Reisfeldern begrenzt und in einigen Teilen<br />

weg gebrochen, man kann nur erahnen, wie schwierig<br />

es während der Regenzeit sein muss, sie zu befahren.<br />

Ich bin froh, in einem Geländewagen zu sitzen. Doch<br />

die letzten 500 Meter zum Haus der Familie müssen wir<br />

zu Fuß gehen. Es ist ein kleines Holzhaus auf langen<br />

Stelzen, darunter scharrende Hühner und ein paar<br />

Hunde, die uns neugierig beäugen. Eine lange, steile<br />

Leiter führt in das obere Stockwerk. Aus diesem schaut<br />

uns bereits eine ältere Frau freundlich entgegen.<br />

Dieser freundliche Ausdruck verschwindet auch nicht,<br />

als ihr mein Kollege den Grund unseres Besuches erklärt.<br />

Während die beiden sich kurz unterhalten, laufen<br />

bereits Kinder und weitere Dorfbewohner herbei.<br />

Schnell hat sich die Neuigkeit über den unvorhergesehenen<br />

Besuch herum gesprochen.<br />

Wir werden von der Frau höflich ins Haus gebeten.<br />

Dort breitet sie eifrig Strohmatten aus, auf denen wir<br />

Platz nehmen können. Schnell füllt sich der kleine<br />

Raum mit Menschen jeden Alters. Eine junge Frau trägt<br />

ein kleines Bündel ins Zimmer, das sie behutsam in un-<br />

12 13


� THEMA<br />

Brief 3.2009<br />

© Olga Platzer<br />

Schlechte Straßen<br />

erschweren den Zugang<br />

zu den Dörfern.<br />

serer Mitte auf die Strohmatte legt. Ich weiß sofort, das<br />

ist das Kind, das die Mutter zur Welt gebracht hat, bevor<br />

sie starb. Im Inneren des Hauses ist es recht dunkel,<br />

jedoch angenehm kühl. Ein kleiner Bereich ist durch<br />

Vorhänge abgetrennt und dient eindeutig als Schlafplatz.<br />

Bilder hängen an den Wänden. Zumeist Fotos<br />

von Hochzeitspaaren in festlicher kambodschanischer<br />

Kleidung. Fotos aus fröhlichen Tagen. Die Befragung<br />

über die Vorgänge, die zum Tod der Frau führten, erfolgt<br />

durch meinen Kollegen. Unglücklich stelle ich fest,<br />

dass ich trotz langer Sprachvorbereitung nicht in der<br />

Lage bin, alle Details des Gesprächs in Khmer zu verstehen.<br />

So bin ich sehr dankbar, dass mein Kollege die<br />

Fragen und Antworten parallel für mich ins Englische<br />

übersetzt und ich so auch meinerseits Rückfragen stellen<br />

kann.<br />

Verlorener Wettlauf gegen die Zeit<br />

Die Verstorbene hieß Sokheng und war 38 Jahre alt. Es<br />

war ihre vierte Geburt. Sokheng war niemals ernsthaft<br />

krank. Sie war eine starke und kräftige Frau. Während<br />

der letzten Schwangerschaft besuchte sie (vorbildliche)<br />

viermal das Gesundheitszentrum zur Vorsorge. Ihr Mutterpass<br />

wurde ordnungsgemäß geführt und zeigt keinen<br />

Hinweis auf Besonderheiten. Am 6. Februar 2008 morgens<br />

um 10:30 Uhr begannen die Wehen. Die Familie<br />

informierte die traditionelle Geburtshelferin des Dorfes,<br />

doch als diese das Haus gegen 11:30 Uhr erreichte, war<br />

das Kind, ein gesundes Mädchen, bereits geboren. Noch<br />

während die Helferin dabei war, das Kind zu versorgen,<br />

klagte Sokheng über starke Schmerzen. Sie blutete stark.<br />

Besorgt über den starken Blutverlust und die zunehmende<br />

Schwäche ihrer Tochter fuhr Sokhengs Mutter<br />

mit einem geliehenen Moped zum Gesundheitszentrum,<br />

um Hilfe zu holen. Sie hatte Glück und erreichte<br />

die zuständige Hebamme. Beide kamen gegen 13:00<br />

Uhr zum Haus zurück. Sokheng blutete immer noch,<br />

jedoch bereits deutlich weniger. Die Hebamme stellte<br />

schnell fest, dass Sokheng bereits zu viel Blut verloren<br />

hatte. Sie war blass und reagierte kaum noch auf Ansprache.<br />

Einen so kritischen Zustand konnte die Hebamme<br />

vor Ort nicht behandeln. Sokheng musste ins<br />

Krankenhaus, so schnell wie möglich. Doch wie? Die<br />

Ambulanz vom Krankenhaus würde fast eine Stunde benötigen,<br />

um Sokheng in die Notaufnahme zu bringen.<br />

Für eine Transfusion während des Transportes sind die<br />

Fahrzeuge nicht ausgerüstet. Schneller wäre es, sie direkt<br />

dort hinzubringen. Doch dafür muss man Sokheng erst<br />

einmal die steile Treppe hinunter und über das Feld bis<br />

zum Haus des Mannes bringen, der als einziger über ein<br />

Auto verfügt. Noch während die Familie dabei ist, Hängematte<br />

und freiwillige Helfer zu organisieren, verlassen<br />

Sokheng die letzten Kräfte. Sie stirbt gegen 14:00 Uhr<br />

an den Folgen der starken Blutung, nicht einmal drei<br />

Stunden nach der Geburt ihrer Tochter. Sokheng hinterlässt<br />

einen Mann und drei Kinder im Alter von zwölf<br />

und sieben Jahren sowie das Baby.<br />

„Verbale“ Autopsie soll Daten zusammentragen<br />

Kambodscha liegt mit 472 Todesfällen pro 100.000<br />

Schwangerschaften (laut Health Strategic Plan 2008–<br />

2015, Ministry of Health, April 2008) nach Laos und<br />

Ost-Timor, auf einem traurigen dritten Platz in Südostasien<br />

(in Deutschland sind es 8/100.000). Bei geschätzten<br />

365.000 Schwangerschaften im Jahr bedeutet dies<br />

über 1.700 Todesfälle. Zur Rekonstruktion der Umstände,<br />

die zu diesen Todesfällen führen, gibt es nur wenig<br />

aussagekräftige Daten. Während in Deutschland zur<br />

Bestätigung eines Todesfalls per Gesetz ein ärztliches<br />

Gutachten gehört, werden in Kambodscha solche Fälle


© Olga Platzer<br />

Stolze Kambodschanische Mutter mit ihrem Sohn. Typisches Haus einer Familie auf dem Lande.<br />

häufig erst Tage später von den Angehörigen der Kommunalverwaltung<br />

gemeldet. Der buddhistische Glaube<br />

sieht vor, dass die Toten an einem spirituell günstigen<br />

Tag eingeäschert werden müssen. Das kann auch bereits<br />

der darauf folgende Tag sein. Obduktionen sind aus<br />

Glaubensgründen für große Teile der Bevölkerung tabu.<br />

Was bleibt, ist die Rekonstruktion der Ereignisse auf Basis<br />

von Erzählungen und (wenn vorhanden) durch Einsicht<br />

in die medizinische Dokumentation. Diese „verbale“<br />

Autopsie wurde 2008 durch das kambodschanische<br />

Gesundheitsministerium landesweit als obligatorische<br />

Maßnahme festgelegt.<br />

Im Jahr 2008 wurden in Kampong Thom, 22 Maternal-<br />

Death-Audits (MDA) durchgeführt, 18 davon in Begleitung<br />

der DED Fachkraft. Die überwiegende Zahl der<br />

Fälle ereignete sich in abgelegenen Gebieten. Schlechte<br />

oder fehlende Straßen, Flüsse, die überquert werden<br />

müssen, fehlender Transport und Mangel an Telefonen,<br />

aber auch Dunkelheit und überflutete Wege machen es<br />

den Familien unmöglich, schnell Hilfe zu rufen. Was<br />

bleibt, ist die Unterstützung durch traditionelle Hebammen,<br />

welche weder über das Wissen noch über die<br />

Möglichkeiten verfügen, Komplikationen vor, während<br />

oder nach der Geburt zu versorgen. Setzen die Blutungen<br />

erst einmal ein, bleiben den Frauen im Durchschnitt<br />

gerade mal 90 Minuten bis sie an den Folgen<br />

des Blutverlustes sterben. In 17 der 22 Fälle hieß die<br />

Diagnose „Verbluten“.<br />

© Olga Platzer<br />

Die Maternal-Death-Audits werden auch genutzt, um ein<br />

Bewusstsein dafür zu schaffen, dass etwas „schief“ gehen<br />

kann während der Geburt, dass dann nur noch das professionelle<br />

Wissen einer ausgebildeten Hebamme oder<br />

eines Arztes hilft. So wird den Anwesenden erklärt, dass<br />

sie nicht bis zum kritischen Punkt warten dürfen, dass<br />

sie sofort bei Einsetzen der Wehen Hilfe suchen müssen.<br />

Bereits während der Schwangerschaft sollte alles für einen<br />

möglichen Transport organisiert und ein wenig Geld<br />

zurückgelegt werden. Vermittelt wird auch, dass sich<br />

schwangere Frauen auf bestehende Risiken hin untersuchen<br />

lassen müssen. Und dass sie bei diesen Untersuchungen<br />

im Gesundheitszentrum wichtige Arzneimittel<br />

erhalten können, die ihnen und ihrem ungeborenen<br />

Kind helfen, gesund zu bleiben. Für diese Aufklärungsarbeit<br />

sind die MDAs bislang fast das einzige Instrument.<br />

Doch das Interesse an den Untersuchungsergebnissen<br />

steigt. Mehr und mehr werden die Geschichten und<br />

Schicksale hinter den Zahlen gehört. Und es bleibt zu<br />

hoffen, dass zukünftig mehr getan wird, um der Bevölkerung<br />

zu helfen, auf Notfälle vorbereitet zu sein.<br />

Damit keine Frau mehr sterben muss bei dem Versuch,<br />

Leben zu geben.<br />

Olga Platzer<br />

Olga Platzer ist Diplom-Pflegewirtin und arbeitet seit<br />

2007 als Entwicklungshelferin des DED in Kambodscha.<br />

14 15


THEMA<br />

� Brief 3.2009<br />

Kenia<br />

Sie leiden ein Leben lang an den Folgen<br />

Für eine bessere medizinische und psychologische Betreuung von Gewaltopfern<br />

Im Rahmen des Gesundheitsprogramms<br />

der deutschen Entwicklungs-<br />

zusammenarbeit will der DED Kenia<br />

dabei unterstützen, die Betreuungs-<br />

kapazitäten für Opfer von<br />

Gender Based Violence, in der Regel<br />

Gewalt gegen Frauen, auszubauen.<br />

Wichtig ist dabei ebenso,<br />

auf die Änderung von Einstellungen<br />

und Verhalten hinzuwirken, denn<br />

immer noch ist Gewalt gegen Frauen<br />

häufig nur ein „Kavaliersdelikt“.<br />

Männer und Frauen sind in Kenia<br />

noch lange nicht gleichberechtigt.<br />

Gender Based Violence (GBV) wird in der UN-<br />

Erklärung als jegliche Art von Gewalt, die zum<br />

psychischen, sexuellen oder psychologischen<br />

Leid oder Schaden einer Frau führt, definiert. Obwohl<br />

Männer auch Opfer von GBV sein können, sind Frauen<br />

gegenüber Männern aufgrund physischer Gegebenheiten<br />

und eines häufig schlechteren ökonomischen<br />

und sozialen Status weit eher betroffen.<br />

In Kenia sind laut einer Statistik des Nairobi Women’s<br />

Hospital fast 50 Prozent der Betroffenen von GBV Kinder<br />

beziehungsweise Minderjährige. Weiterhin belegen<br />

Statistiken in Kenia:<br />

■ dass alle 25 Minuten eine Frau vergewaltigt wird<br />

■ dass 15 Prozent aller verheirateten Frauen in der Ehe<br />

vergewaltigt worden sind<br />

■ dass die Zahl der erkannten, beziehungsweise gemeldeten<br />

Vergewaltigungen von Kindern von 2005<br />

bis 2006 um 35 Prozent zugenommen hat<br />

■ dass in den meisten Fällen der Täter dem Opfer<br />

bekannt ist<br />

■ dass Vergewaltigung immer noch eines der am<br />

wenigsten angezeigten Verbrechen ist.<br />

In Kenia gilt Gewalt und Vergewaltigung in der Ehe oft<br />

genug als Kavaliersdelikt. Prügel für Frauen ist vielerorts<br />

immer noch eine weithin anerkannte „Erziehungsmaßnahme“<br />

für „widerspenstige“ und „ungehorsame“ Ehefrauen.<br />

Obwohl in Kenia Gewalt gegen Frauen strafbar ist und<br />

offiziell nicht toleriert wird, verschließen sich die Behörden<br />

häufig der konsequenten strafrechtlichen Verfolgung<br />

der Täter. Allzu oft wird auch die Polizei beschuldigt,<br />

Gewalt gegen Frauen nicht als Straftat anzusehen<br />

und dementsprechend dagegen vorzugehen; nicht selten<br />

wird die Polizei selbst zum Täter.<br />

Das wirkliche Ausmaß an Vergewaltigungen, Gewalt in<br />

der Ehe, Misshandlungen jeder Art bleibt weithin im<br />

Dunkeln. Viele Opfer beziehungsweise Überlebende<br />

von GBV lehnen es ab, ihren oder ihre Peiniger anzuzeigen.<br />

Die Gründe hierfür sind vielfältig: Scham, Angst<br />

vor Repressalien oder sogar weiteren Angriffen, Angst<br />

vor Vorwürfen aus Familie und Freundeskreis, Angst,<br />

man könnte als Lügnerin dastehen, unzureichende<br />

finanzielle Möglichkeiten und auch einfach Unkenntnis<br />

über persönliche Rechte und Möglichkeiten dem Angreifer<br />

gegenüber.<br />

© Cornelia Grade


Professionelle Behandlung ist nötig<br />

Für Überlebende von GBV gibt es außerdem immer<br />

noch viel zu wenige Möglichkeiten für eine qualitativ<br />

gute und umfassende medizinische und psychosoziale<br />

Betreung. Für Opfer von Vergewaltigungen etwa ist<br />

eine schnelle medizinische Versorgung innerhalb von<br />

72 Stunden besonders wichtig, um einer möglichen Ansteckung<br />

mit HIV/AIDS vorzubeugen (post exposure<br />

prophylaxe). In einigen, wenn auch bisher noch wenigen<br />

Kliniken und Krankenhäusern mit GBV-Abteilung sind<br />

im Rahmen eines umfassenden Behandlungs- und Betreuungsangebotes<br />

entsprechende Medikamente erhältlich.<br />

Gerade die psychologische Betreuung nach einem<br />

gewaltsamen Übergriff ist von immenser Bedeutung<br />

für die Betroffenen. Die meisten leiden ein Leben lang<br />

unter den Folgen.<br />

Allzu oft kommt die Hilfe zu spät, da die Opfer erst<br />

weite Strecken zurücklegen müssen, ehe sie überhaupt<br />

medizinisch versorgt werden können. Es ist davon auszugehen,<br />

dass viele Opfer von GBV keinerlei professionelle<br />

Behandlung und Unterstützung erhalten. Manche<br />

erfahren erst Hilfe, wenn andere über ihre Notsituation<br />

berichten. So wie im Fall der 68-jährigen Njoki: Njoki<br />

lebt in einem Slumgebiet von Nairobi. Durch einen Unfall<br />

verlor sie ein Bein und trägt seitdem eine Prothese.<br />

Aufgrund dieser Behinderung ist sie arbeitslos und hat<br />

es schwer, für sich zu sorgen. Njoki wurde nachts von<br />

mehreren Männern wiederholt vergewaltigt. Bei dem<br />

Versuch, sich zu wehren, verlor sie ihre Beinprothese.<br />

Ein Zeitungsreporter griff den Fall auf und erst dadurch<br />

erfuhr das Nairobi Women’s Hospital von Nyokis Lage.<br />

Sie wurde gefunden und ins Krankenhaus gebracht.<br />

Jetzt ist sie auf dem Weg der Besserung.<br />

Beratungsleistungen des DED<br />

Vergewaltigung und Gewalt aller Art nehmen besonders<br />

in Krisensituationen und Ausnahmezuständen zu, wie<br />

sie in Kenia während der Nachwahlkrise Anfang 2008<br />

geherrscht haben. Dies belegen die hohen Zahlen an<br />

GBV-Fällen in dieser Zeit. Betroffen waren vor allem<br />

die Armen in Slumgebieten und in den ländlichen Regionen.<br />

Nicht zuletzt angestoßen durch diese erschreckende<br />

Bilanz hat die deutsche Entwicklungszusammenarbeit<br />

den Ausbau des Gesundheitsprogramms um die Komponente<br />

GBV beschlossen. In Kooperation mit der<br />

GTZ wird der DED einen Beitrag dazu leisten, den<br />

Zugang für GBV-Opfer zu<br />

medizinischer und psychosozialer<br />

Betreuung sowie zu<br />

Rechtsberatung zu verbessern.<br />

Zielgruppen sind vor allem<br />

Frauen und Kinder, aber auch<br />

Männer. Der DED wird dazu<br />

mit staatlichen und privaten<br />

Krankenhäusern und Kliniken<br />

zusammenarbeiten.<br />

Es ist angestrebt, Partnerorganisationen<br />

besser zu vernetzen,<br />

den <strong>Info</strong>rmationsaustausch und<br />

die Datenerfassung zu GBV zu<br />

erweitern, Managementkapazitäten<br />

und -standards zu stärken<br />

und schwerer erreichbare Bevölkerung<br />

einzubeziehen (rollout).<br />

Dabei wird es besonders um<br />

Prävention von GBV gehen<br />

und dafür spielt Öffentlichkeitsarbeit<br />

zur Aufklärung und<br />

<strong>Info</strong>rmation über GBV eine<br />

herausragende Rolle. Studien<br />

sollen aufklären helfen, wo<br />

die Gründe für GBV und insbesondere<br />

Gewalt gegen Frauen<br />

und Kinder liegen. Letztendlich<br />

sollen die erfassten Daten auch<br />

als Basis dienen, um besser fundierte<br />

Politiken zur Bekämpfung<br />

von GBV zu entwickeln.<br />

Women’s Hospital.<br />

Die Zusammenarbeit im deutschen<br />

Gesundheitsprogramm in<br />

Kenia bringt Ressourcen zusammen, die ein solch komplexes<br />

Unterfangen realisierbar machen. Letztlich soll<br />

dadurch ein Prozess der Bewusstseinsänderung in Gang<br />

gesetzt werden, denn nur so kann Erfolg auf breiter<br />

Basis eintreten. Auch wenn es noch ein langer Weg ist,<br />

bis GBV in Kenia als verachtungswürdige Menschenrechtsverletzung<br />

angesehen und konsequent strafrechtlich<br />

verfolgt wird, die ersten Schritte hierzu sind getan.<br />

Sabine Rundgren<br />

Sabine Rundgren ist Agraringenieurin und arbeitet seit<br />

2008 als Entwicklungshelferin des DED in Kenia.<br />

© Sabine Rundgren<br />

© Edgar Kaeslin<br />

Das Nairobi Women’s Hospital<br />

bietet Opfern von Gewalt<br />

medizinische und psychologische Hilfe an.<br />

Eine schwerverletzte Frau im Nairobi<br />

16 17


THEMA<br />

� Brief 3.2009<br />

HIV/AIDS<br />

Alle müssen Verantwortung übernehmen<br />

Die Ansätze des DED zur Bekämpfung von HIV/AIDS<br />

Der DED definiert die Bekämpfung<br />

von HIV/AIDS als Querschnittsthema,<br />

es ist also eine Aufgabe, die alle<br />

Interventionsebenen des DED betrifft.<br />

Wie dies konkret umgesetzt wird,<br />

schildert der folgende Beitrag.<br />

Als besonders erfolgreich hat sich dabei<br />

das Instrument der Arbeitsplatz-<br />

programme erwiesen, das von den<br />

Partnern des DED stark nachgefragt wird.<br />

Fest steht, es bleibt weiter viel zu tun,<br />

um die Pandemie zu bezwingen.<br />

Die Arbeiter<br />

hören gebannt zu –<br />

Aufklärung<br />

direkt am Arbeitsplatz<br />

© Winfried Zacher<br />

in Malawi.<br />

Demonstration des Kondomgebrauchs in Sambia.<br />

Seit nunmehr fast zehn Jahren befasst sich der<br />

DED mit der HIV/AIDS-Arbeit. Dabei war<br />

von Anfang an klar, dass es sich um einen Arbeitsbereich<br />

handelt, der – neben spezifischen Interventionsansätzen<br />

– als „Querschnittsthema“ umgesetzt werden<br />

muss. Die Begründung für diese Herangehensweise<br />

war und ist: In vielen Ländern ist HIV beziehungsweise<br />

AIDS ein so gravierendes Problem – oder droht es zu<br />

werden – dass es nicht ausreicht, die Bekämpfung,<br />

das heißt die Prävention, die Behandlung und die<br />

Folgenminderung, dem Gesundheitssystem zu überlassen.<br />

Vielmehr stellt diese Erkrankung eine so große<br />

Bedrohung nicht nur für die betroffenen Individuen,<br />

sondern für ganze Länder und deren Entwicklungschancen<br />

dar, dass alle Bereiche des privaten und des<br />

öffentlichen Lebens in die Bekämpfung eingebunden<br />

werden müssen.<br />

Beim Kampf gegen eine Krankheit einen Beitrag von<br />

allen Menschen, von der gesamten Gesellschaft zu<br />

fordern – das Thema zu mainstreamen – war neu.<br />

Es gab keine einschlägigen Erfahrungen, auf denen<br />

man hätte aufbauen, auf die man hätte zurückgreifen<br />

können. Insofern war davon auszugehen, dass dies ein<br />

Lernprozess werden musste, bei dem sicher auch Fehler<br />

gemacht würden.<br />

Für unterschiedliche Situationen<br />

unterschiedliche Antworten<br />

Von Anfang an war für den DED auch klar, dass ein<br />

solch umfassender Ansatz nur für Länder anzuwenden<br />

wäre, in denen das Problem bereits bedrohlich groß war<br />

oder aber unmittelbar zu werden drohte. Für die anderen<br />

Länder würde es genügen, wenn das Gesundheitssystem<br />

mit gezielten und spezifischen Interventionen<br />

die Ausbreitung in die Gesamtgesellschaft verhindern<br />

würde. Die Arbeit sah und sieht also für unterschiedliche<br />

Länder unterschiedlich aus.<br />

© Karin Perl


Zur Unterscheidung der verschiedenen Interventionsstrategien<br />

benutzen wir – auch wenn die Trennlinien in<br />

der Wirklichkeit oft nicht so scharf gezogen werden<br />

können – die Charakterisierung als „Hochprävalenzland“<br />

oder „Niedrigprävalenzland“ (siehe nebenstehende<br />

<strong>Info</strong>). Die „Grauzone“ zwischen drei Prozent und<br />

fünf Prozent ist bewusst offen gelassen: hier ist von Fall<br />

zu Fall zu entscheiden.<br />

Das Konzept sieht vor, dass jede Entwicklungshelferin<br />

des DED zusammen mit ihrer Partnerinstitution „etwas“<br />

gegen HIV unternehmen soll, dass jeder Entwicklungshelfer<br />

und dessen Partnerorganisation einen „Beitrag“<br />

leisten soll. Wie aber sieht das aus, wenn es sich<br />

um eine Stadtverwaltung mit einem entsandten Städteplaner,<br />

um eine bäuerliche Produktionsgenossenschaft<br />

mit einer Betriebswirtin, um eine Wasserversorgungseinrichtung<br />

mit einem Ingenieur handelt? Reicht es,<br />

ab und zu ein Plakat aufzuhängen? Ist es genug, eine<br />

<strong>Info</strong>veranstaltung zur Demonstration von Kondomen<br />

zu organisieren oder jeden Monat einen Packen <strong>Info</strong>broschüren<br />

auszulegen?<br />

Das sind gute Ansätze – aber sie reichen nicht aus. Seit<br />

langem ist klar, dass eines der Hauptprobleme der Querschnittsaufgabe<br />

darin liegt, die Betroffenen zu befähigen,<br />

dem Anspruch systematisch gerecht zu werden.<br />

Das wichtigste Instrument dazu sind Querschnittsberater<br />

und -beraterinnen. Das sind DED-Fachkräfte, die<br />

über eine Ausbildung und Kompetenzen in der HIV/<br />

AIDS-Arbeit verfügen und den anderen Entwicklungshelfern<br />

und deren Partnerorganisationen bei der Umsetzung<br />

von HIV/AIDS Aktivitäten nicht nur mit Rat,<br />

sondern auch mit Tat unter die Arme greifen.<br />

Wichtigstes Instrument:<br />

HIV/AIDS-Arbeitsplatzprogramme<br />

In der DED-Arbeit hat sich als beste und sehr handfeste<br />

Methode des mainstreaming die Einführung von „Arbeitsplatzprogrammen“<br />

etabliert.<br />

Bei der systematischen Entwicklung und der Korrektur<br />

vieler anfänglicher Fehler dieser Programme hat die<br />

Querschnittsarbeit des DED enorm von AWiSA (AIDS<br />

Workplace Programs in Southern Africa), einem Kooperationsprojekt<br />

mit InWEnt (Internationale Weiterbildung<br />

und Entwicklung gGmbH) profitiert, in<br />

dessen Zentrum solche Arbeitsplatzprogramme stehen<br />

(www.awisa.de).<br />

Länder mit niedriger HIV-Prävalenz<br />

= < 3%<br />

spezifische HIV-Arbeit<br />

durch HIV-Fachkräfte<br />

Voraussetzung für die Formulierung und Durchführung<br />

eines solchen Arbeitsplatzprogrammes ist, dass die Entscheidungsträger<br />

der Einrichtung es wollen und aktiv<br />

unterstützen, dass mindestens eine Person (focal person)<br />

und/oder eine Arbeitsgruppe die Verantwortung übertragen<br />

bekommen und rechenschaftspflichtig sind und<br />

dass Personen und Finanzen bereit gestellt werden, Aktivitäten<br />

zu planen und durchzuführen.<br />

Die wesentlichen Merkmale eines solchen Arbeitsplatzprogrammes<br />

sind dann, dass ein Zyklus von Veranstaltungen<br />

durchgeführt wird, der alle Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter der Einrichtung regelmäßig einbezieht<br />

und aktiv beteiligt:<br />

■ <strong>Info</strong>rmationen zu HIV/AIDS (IEC: information,<br />

education, communication) werden – möglichst interaktiv<br />

– angeboten.<br />

■ Verhaltensänderungen werden intensiv propagiert<br />

(BCC: behavior change communication).<br />

■ Kondome und Femidome werden (umsonst und<br />

diskret) zugänglich gemacht.<br />

■ Ein (unkomplizerter!) Zugang wird eröffnet zu persönlicher<br />

Beratung in Bezug auf HIV-Testung und<br />

die möglichen Konsequenzen sowie Möglichkeiten<br />

von (emotionaler und materieller) Unterstützung.<br />

■ Ein (unkomplizierter) Zugang zu freiwilligen HIV-<br />

Tests wird ermöglicht.<br />

■ Mindestens die Behandlung anderer Geschlechtskrankheiten<br />

und „opportunistischer Infektionen“<br />

wird ermöglicht.<br />

■ Für AIDS-therapiepflichtige Patienten wird nach<br />

Möglichkeiten gesucht, ihnen Zugang zu antiretroviraler<br />

Therapie zu eröffnen.<br />

■ Eine regelmäßige Überprüfung und Anpassung an<br />

veränderte Bedingungen wird durchgeführt.<br />

■ Das Unternehmen/die Einrichtung entwickelt und<br />

verabschiedet eine umfassende, betriebsangepasste<br />

Leitlinie (policy) in Bezug auf HIV/AIDS. Darin<br />

werden soziale, materielle und (arbeits-)rechtliche<br />

Aspekte für den Umgang mit HIV-positiven Mitarbeitern<br />

und Mitarbeiterinnen und an AIDS Erkrankten<br />

niedergelegt und die kontinuierliche und kompetente<br />

Umsetzung des Programms festgeschrieben.<br />

18 19<br />

Länder mit hoher HIV-Prävalenz<br />

= > 5 %<br />

spezifische HIV-Arbeit<br />

durch HIV-Fachkräfte<br />

<strong>Info</strong><br />

zusätzlich Querschnittsarbeit:<br />

alle EH helfen, die HIV-Thematik in die Arbeit<br />

der Partnerorganisation zu integrieren<br />

und werden dazu durch eine Querschnittsfachkraft<br />

motiviert und befähigt.


� THEMA<br />

Brief 3.2009<br />

Die Mobilisierung von Management und focal persons,<br />

die Ausbildung, die Veranstaltungen danach, die kontinuierliche<br />

Nachbetreuung, die Überwindung von<br />

Widerständen ebenso wie von Ermüdungserscheinungen<br />

kosten nicht nur viel Zeit und Energie, sie kosten auch<br />

Geld. Zunächst musste eine Reihe von Querschnitts-<br />

Beratern ihre Arbeit mit so geringen Beträgen bestreiten,<br />

dass sie kaum wirksam werden konnte, aber seit 2008<br />

werden in der DED-Zentrale Mittel für diese mainstreaming-Arbeit<br />

reserviert und Engpässe gezielt ausgeglichen.<br />

Externes Mainstreaming muss im Zentrum stehen<br />

Im Zentrum aller Bemühungen sollte beim mainstreaming<br />

in den Hochprävalenzländern stehen: die<br />

Personen im Arbeitsumfeld der DED-Fachkräfte für<br />

die Gefahren zu sensibilisieren, sie zu einem risikofreien<br />

Verhalten zu motivieren, sie zum Testen zu bewegen<br />

und – wo nötig – den Zugang zu einer Therapie zu eröffnen.<br />

Weil dieses „externe mainstreaming“ eine mühselige<br />

und schwierige Arbeit ist, besteht immer wieder<br />

die Gefahr, dass die Berater des DED den leichteren Weg<br />

gehen und das „interne mainstreaming“ überbetonen,<br />

das Aufklärung und Prävention für die – in der Regel<br />

wenigen – Ortskräfte des DED und die DED-Fachkräfte<br />

selbst betrifft. Das sollte zwar nicht ganz vernachlässigt<br />

werden, aber – im Vergleich zur Arbeit mit den<br />

Partnerorganisationen – nur eine geringe Rolle spielen.<br />

Die großen Programme wie der Global Fund on AIDS,<br />

Tuberculosis and Malaria (GFATM) ebenso wie das amerikanische<br />

President’s Emergency Plan For AIDS Relief<br />

(PEPFAR) haben sich vor allem Verdienste um den Zugang<br />

zur Therapie erworben: Mittlerweile erhalten über<br />

vier Millionen AIDS-Kranke die nötige Medikation.<br />

Das ist eine enorme Leistung. Andererseits ist die Anzahl<br />

der Neuinfektionen immer noch größer als die Anzahl<br />

derer, die Zugang zur Therapie erhalten. Das heißt:<br />

Das Problem ist keineswegs unter Kontrolle, es nimmt<br />

noch zu. Und dies trotz mittlerweile oft ganz guten<br />

Wissens über die Infektions- und Verhütungswege.<br />

Wie beim Rauchen oder dem Übergewicht in Industrieländern<br />

gibt es auch hier eine enorme Diskrepanz zwischen<br />

dem Wissen einerseits und dem individuellen<br />

Verhalten auf der anderen Seite. Das stellt für die AIDS-<br />

Arbeit eine große Herausforderung dar.<br />

Eine erste externe Evaluierung der Querschnittsarbeit<br />

im HIV/AIDS Bereich hat der DED 2006/07 durchgeführt.<br />

Das Ergebnis war insgesamt positiv; eine erneute<br />

© Cornelia Grade<br />

In Kenia unterstützt der Bund der Angestellten FKE<br />

das HIV/AIDS-Arbeitsplatzprogramm.<br />

Umfrage 2008 hat die Ergebnisse bestätigt: das Interesse<br />

der Partnerorganisationen, mehr gegen HIV/AIDS zu<br />

tun, ist unverändert groß; auch die Bereitschaft der<br />

Entwicklungshelfer, sich zu engagieren, ist ausgeprägt.<br />

Dennoch bedarf es kontinuierlicher und intensiver<br />

Unterstützung, um nicht nur viele Interventionsansätze<br />

zu initiieren und fortzuführen, sondern sicherzustellen,<br />

dass auch tatsächlich Wirkungen erzielt werden.<br />

Seit 2007 koordinieren sich die Organisationen der<br />

deutschen EZ unter dem Motto „EZ aus einem Guss“<br />

zunehmend auch im HIV/AIDS-mainstreaming Bereich.<br />

Noch gibt es zum Teil deutliche Differenzen in der<br />

Bekämpfungsstrategie: Während wir beim DED sicher<br />

sind, dass HIV/AIDS als Querschnittsthema in den<br />

Niedrigprävalenzländern nichts (mehr) zu suchen hat,<br />

scheuen sich die anderen, einen klaren Strategiewechsel<br />

in Bezug auf dieses Szenario einzuleiten. Um stärkere<br />

Synergieeffekte zu erzielen, wäre es hilfreich, zu einer<br />

gemeinsamen Strategievorstellung zu kommen.<br />

Winfried Zacher<br />

Winfried Zacher ist Arzt und war über viele Jahre für<br />

Dienste in Übersee (DÜ), die GTZ und den DED im Ausland<br />

und in der DED-Zentrale tätig, zuletzt von 1998<br />

bis 2009 als Leiter der Fachgruppe Gesundheit.


Kamerun<br />

Emanzipation des Kondoms –<br />

das Femidom<br />

Warum der DED in Kamerun die Verbreitung des Frauenkondoms unterstützt<br />

Die Anzahl der Frauen, die in Subsahara-Afrika mit<br />

dem HI-Virus leben, ist größer als die der Männer;<br />

so auch in Kamerun. Dafür gibt es zahlreiche<br />

Gründe biologischer und soziokultureller Natur.<br />

Die Möglichkeiten vieler Frauen, sich vor neuen<br />

Infektionen zu schützen, sind deutlich geringer<br />

als bei uns. So kommt dem in Deutschland<br />

wenig bekannten Frauenkondom in der Präventions-<br />

arbeit in Kamerun eine große Bedeutung zu.<br />

Mit einer HIV-Prävalenz von 5,1 Prozent der<br />

Bevölkerung zwischen 15 und 49 Jahren<br />

gehört Kamerun immer noch zu den sogenannten<br />

Hochprävalenzländern (HIV-Prävalenz<br />

> fünf Prozent), was die Entwicklungschancen dieses<br />

zentralafrikanischen Landes erheblich beeinträchtigt.<br />

Dass HIV als gesamtgesellschaftliche politische Herausforderung<br />

zu sehen ist und nicht lediglich als ein Gesundheitsproblem<br />

behandelt werden kann, ist weltweit<br />

anerkannt. Vor diesem Hintergrund erklärt sich auch<br />

der DED-Beitrag im Kampf gegen die Pandemie.<br />

Sein Engagement zielt darauf, die Anzahl der HIV-<br />

Neuinfektionen durch Präventionsmaßnahmen zu<br />

senken und dass HIV-positive Menschen durch Zugang<br />

zu Behandlung und <strong>Info</strong>rmation möglichst lange ein<br />

aktives Leben führen können, sie nicht stigmatisiert<br />

und ausgegrenzt werden. So sollen negative gesundheitliche<br />

und sozio-ökonomische Folgen für Personen,<br />

Gesellschaften und Staaten geschmälert werden.<br />

Mädchen und Frauen haben in der patriarchalen Gesellschaft<br />

Kameruns eine schwache Position. So ist ihr Zugang<br />

zu Bildung und <strong>Info</strong>rmation eingeschränkt, Sexualität<br />

wird noch weitverbreitet als Tabuthema verstanden<br />

und in Familien und in der Schule wenig erörtert. Frauen<br />

haben oft nicht die Möglichkeit, geschützten Geschlechtsverkehr<br />

zu „verhandeln“. Über Sex zu sprechen, die Initiative<br />

zu ergreifen, eigene Wünsche oder Vorstellungen<br />

vorzutragen, entspricht nicht dem traditionellen Rollenverständnis.<br />

Ein Mangel an Selbstbewusstsein und kommunikativen<br />

und sozialen Kompetenzen erschwert nur<br />

allzu häufig die Möglichkeit, safer sex einzufordern.<br />

Überdies gilt ungeschützter Verkehr als Vertrauens- und<br />

© Meike Winterhagen<br />

Agar Mbianda erklärt die korrekte Benutzung des Frauenkondoms.<br />

Liebesbeweis. Zahlreiche Frauen stehen nach wie vor unter<br />

großem Druck, viele Kinder auf die Welt zu bringen<br />

und schützen sich daher nicht mit Kondomen. Oder sie<br />

befinden sich in anderweitigen Abhängigkeitsverhältnissen,<br />

die es erschweren, deren Verwendung einzufordern.<br />

Hinzu kommt, dass sich Frauen aufgrund der Anatomie<br />

und Physiologie ihres Geschlechtsapparates (große Oberfläche,<br />

Fragilität der Schleimhäute, langer Verbleib des<br />

Spermas, Regelblutung, Menopause, asymptomatischer<br />

Ablauf anderer sexuell übertragbarer Infektionen oder<br />

deren späte Erkennung) leichter infizieren können als<br />

Männer. Darüber hinaus werden Verstöße gegen die<br />

kamerunische Strafgesetzgebung, zum Beispiel Ver-<br />

20 21


THEMA<br />

� Brief 3.2009<br />

<strong>Info</strong><br />

Vorteile des Frauenkondoms<br />

■ Die in Kamerun erhältlichen subventionierten Frauenkondome sind aus Polyurethan.<br />

Das ist ein dünner, geruchloser, feinfühliger Kunststoff, der reißfester<br />

ist als bei den männlichen Kondomen aus Latex. Allergische Reaktionen auf dieses<br />

Material sind bisher nicht bekannt und auch keine anderen Nebenwirkungen.<br />

■ Polyurethan ist ein guter Wärmeleiter, so dass sich der Geschlechtsverkehr trotz<br />

Kondom gefühlsecht und natürlich anfühlt.<br />

■ Aufgrund der Materialbeschaffenheit können auch ölbasierte Gleitmittel verwendet<br />

werden.<br />

■ Es ist – bei korrekter Anwendung – genauso sicher wie das männliche Kondom.<br />

■ Der größere Ring bedeckt die äußeren Schamlippen und bietet daher mehr Schutz<br />

vor der Übertragung von Geschlechtskrankheiten als das männliche Kondom.<br />

■ Es kann bereits vor dem Verkehr eingeführt und muss nicht sofort danach entfernt<br />

werden. So bleibt noch Zeit für ein längeres harmonisches Miteinander.<br />

gewaltigungen oder Menschenhandel, nicht ausreichend<br />

verfolgt. Dies sind nur einige der Gründe, weswegen<br />

Frauen vulnerabler für eine HIV-Infektion sind. Und so<br />

sind in Kamerun etwa 60 Prozent der erwachsenen HIVpositiven<br />

Frauen.<br />

Effektiver Schutz<br />

und Stärkung der Selbstbestimmung<br />

Ein großer Teil der HIV-Arbeit des DED in Kamerun<br />

ist die Prävention vor Neuinfektionen. Über den Mainstreaming-Ansatz<br />

(siehe auch Artikel von Winfried Zacher)<br />

integrieren wir das Thema HIV in alle Interventionsbereiche<br />

des DED. Grundlage dafür kann selbstverständlich<br />

nur die Bereitschaft und Überzeugung der Partner<br />

sein, sich des Themas annehmen zu wollen und es nachhaltig<br />

in ihre jeweiligen Aktivitäten aufzunehmen.<br />

Das Spektrum der Methoden und die Inhalte dafür<br />

sind breit gefächert. Doch egal, wo wir als Querschnittsberater<br />

intervenieren, eines steht aus den oben genannten<br />

Gründen fest: Wir wollen über das Frauenkondom<br />

sprechen. Denn analog zum männlichen Kondom ist<br />

es ein effektiver Schutz gegen ungewollte Schwangerschaften<br />

und sexuell übertragbare Infektionen. Und die<br />

Frauen, die es benutzen, erfahren darüber hinaus ein<br />

Gefühl der Selbstbestimmung ihrer sexuellen und reproduktiven<br />

Rechte, die sonst allzu oft verletzt werden.<br />

Trotz der im nebenstehenden Kasten erläuterten Vorteile<br />

spricht in Kamerun noch vieles gegen die regelmäßige<br />

Benutzung des Frauenkondoms. Ein subventioniertes<br />

Frauenkondom kostet derzeit noch das Vierfache<br />

eines subventionierten männlichen Kondoms. Außerdem<br />

sind Frauenkondome nicht überall erhältlich,<br />

vor allem je ländlicher und abgelegener man sie sucht.<br />

„Das sieht ja aus wie eine Plastiktüte!“<br />

Die meisten unserer Teilnehmerinnen und Teilnehmer<br />

bei Workshops oder anderen Sensibilisierungsveranstaltungen<br />

kennen das Frauenkondom nicht. Manche<br />

haben bereits davon gehört, aber die wenigsten hatten<br />

schon mal eines in der Hand, geschweige denn es benutzt.<br />

So ist das Erstaunen groß, wird zum ersten Mal<br />

eines ausgepackt. „Oh, was ist das denn?“, „Mann, die<br />

sind aber groß!“ oder „Das sieht ja aus wie ’ne Plastiktüte!“<br />

sind Ausrufe, die wir häufig hören. Zu Beginn<br />

einer solchen Diskussion kommen viele Vorurteile ans<br />

Tageslicht. Aussagen wie: „Das macht doch Krach beim<br />

Sex“ oder „Das Femidom ist krebserregend“ werden<br />

debattiert. Danach wird versucht zu erklären, warum<br />

das Frauenkondom größer ist als das männliche Pendant.<br />

Seine korrekte Verwendung und die Vor- und<br />

Nachteile werden im Detail besprochen. So versucht<br />

beispielsweise Agar Mbianda, die als einheimische Fachkraft<br />

im Bereich Mainstreaming HIV für den DED in<br />

Workshop für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mehrerer<br />

DED-Partnerorganisationen im Februar 2009 in Bafoussam<br />

in der Westregion Kameruns.<br />

© Agar Mbianda


Kamerun arbeitet, ihre Zuhörer zu überzeugen, indem<br />

sie versichert: „Ich selbst benutze das Femidom seit langer<br />

Zeit und sage euch, es macht keine unangenehmen<br />

Knistergeräusche. Das war vielleicht früher mal, aber<br />

heute, mit dem neuen Material, hört man nichts. Und<br />

es ist viel angenehmer, weil es sich natürlicher anfühlt,<br />

und der Mann sich nicht so eingeengt fühlt wie im<br />

Männerkondom.“<br />

Am Ende einer solchen Veranstaltung ist die Nachfrage<br />

zumeist sehr groß. Auch Männer, die dem Femidom<br />

zunächst skeptisch gegenüberstanden, wollen es zumindest<br />

mit ihrer Partnerin ausprobieren, um danach besser<br />

urteilen zu können. Und tatsächlich, spricht man sie<br />

einige Zeit später darauf an, so geben viele freimütig zu,<br />

sich „darin wesentlich wohler gefühlt zu haben“.<br />

Das Frauenkondom<br />

als eine Möglichkeit der Prävention<br />

Da das Frauenkondom im öffentlichen Bewusstsein<br />

Kameruns noch keine sehr große Rolle spielt, startet<br />

beispielsweise die Kamerunische Assoziation für Soziales<br />

Marketing (ACMS: Association Camerounaise pour le<br />

Marketing Social), eine der Partnerorganisationen des<br />

DED, mit Unterstützung der kamerunischen Regierung<br />

und des UAFC-Programms (UAFC: Universal Access to<br />

the Female Condom) eine diesbezügliche Kampagne. Das<br />

Frauenkondom soll bekannter und besser angenommen<br />

und seine Verfügbarkeit verbessert werden. Mitte dieses<br />

Jahres begann eine dreijährige Pilotphase der Kampagne<br />

in fünf Regionen des Landes (siehe Interview mit der<br />

Kampagnenleiterin in nebenstehendem Kasten).<br />

Um die Ausbreitung neuer HIV-Infektionen grundsätzlich<br />

zu verringern, bedarf es einer Verhaltensänderung.<br />

Die Benutzung des Frauenkondoms ist nur eine von<br />

mehreren Präventionsmöglichkeiten. Sich mit HIV anstecken<br />

zu können, muss als ein Risiko erkannt werden,<br />

dessen Beeinflussung jede und jeder Einzelne selbst in der<br />

Hand hat. Die Benutzung des Frauenkondoms zu fördern<br />

ist ein Beitrag zur Präventionsarbeit in Kamerun<br />

und wird sowohl direkt durch die Mitarbeit von zwei<br />

DED-Fachkräften bei ACMS als auch durch die Querschnittsarbeit<br />

HIV unterstützt. Auf dem langen Weg zur<br />

gewünschten Verhaltensänderung im Sexualverhalten<br />

kann dies allerdings nur ein kleiner Baustein sein, denn<br />

Faktoren wie zum Beispiel die Förderung des weiblichen<br />

Selbstbewusstseins, Veränderungen im traditionellen<br />

Rollenverhältnis und die Minderung der Benachteiligung<br />

von Mädchen und Frauen innerhalb der Gesellschaft beeinflussen<br />

ebenso eine dauerhaft erfolgreiche Prävention.<br />

Meike Winterhagen arbeitet seit 2008 als HIV-<br />

Querschnittsberaterin für den DED in Kamerun.<br />

Sie ist Physiotherapeutin und M.A. Romanische<br />

Philologie und Biologische Anthropologie.<br />

Meike Winterhagen<br />

22<br />

23<br />

Kurz-Interview<br />

Anni Salla<br />

Abteilungsleiterin Sektor HIV,<br />

ACMS (Association Camerounaise pour le Marketing Sociale), Yaoundé, Kamerun<br />

Wieso startet ACMS 2009 eine Kampagne zur Verbreitung des Frauenkondoms?<br />

ACMS hat festgestellt, dass seit 2002 die Nachfrage nach dem Frauenkondom in Kamerun<br />

stetig wächst, seine Verfügbarkeit bisher aber nur in geringem Maße gegeben<br />

ist. 2008 kam eine totale Lieferunterbrechung hinzu, so dass dieses Kondom eine<br />

Zeitlang überhaupt nicht mehr erhältlich war. Aus diesen Gründen starten wir dieses<br />

Jahr – mit der Unterstützung durch UAFC (Universal Access to the female condom) –<br />

eine ganzheitliche Kampagne zum Frauenkondom, dem Femidom. Diese Kampagne<br />

soll nicht nur seine Verfügbarkeit in Kamerun erhöhen, sondern auch mittels Öffentlichkeitsarbeit<br />

dazu beitragen, dass sich Verhaltensweisen im Zusammenhang mit<br />

HIV verbessern sowie Diskriminierung und Stigmatisierung verringert werden.<br />

Wie sind Ihre Erfahrungen bezüglich der Akzeptanz, ein Frauenkondom zu benutzen?<br />

Die Verkaufszahlen des subventionierten Frauenkondoms weisen seit 2002 eine<br />

deutlich steigende Tendenz auf, das heißt, die Nachfrage und somit auch deren Benutzung<br />

nehmen zu. 2007 wurden etwa achtmal so viele Frauenkondome verkauft<br />

wie noch 2002, auch wenn absolut gesehen die Zahl natürlich noch gering ist.<br />

Wieso kommt es überhaupt zu Lieferschwierigkeiten des Frauenkondoms?<br />

Dass in der Vergangenheit Frauenkondome nicht nachgeliefert wurden, lag an mangelnden<br />

Finanzierungmöglichkeiten der Gebergemeinschaft, die eine regelmäßige<br />

Lieferung gewährleistet hätten.Wir sind uns dieses Problems vor allem seit der Situation<br />

in 2008 bewusst und so wurde zusammen mit der kamerunischen Regierung<br />

und der Intervention von PSI (Population Services International) alles dafür getan,<br />

diese Lieferschwierigkeiten auf ein Minimum zu reduzieren, was uns bisher auch<br />

gelungen ist.<br />

Das Interview führte Meike Winterhagen.


THEMA<br />

� Brief 3.2009<br />

Sambia<br />

<strong>Info</strong>rmiere Dich, schütze Dich<br />

und zeige Solidarität mit HIV-Positiven<br />

Präventionsarbeit einmal anders: Der Mitmach-Parcours zu AIDS, Liebe und Sexualität<br />

Yvonne Sartor mit dem VCT-Team Tigwirizane.<br />

Mit den Menschen offen über alle Fragen der Sexualität und HIV/AIDS<br />

sprechen zu können, ist Ziel des Join in Circuit on AIDS, Love and<br />

Sexuality (JIC). Der JIC geht auf ein Konzept der deutschen Bundeszentrale<br />

für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zurück, das vor über zehn Jahren<br />

im Rahmen der deutschen Kampagne „Gib AIDS keine Chance“ speziell<br />

für Jugendliche entwickelt wurde und in Deutschland „Mitmach-Parcours<br />

zu AIDS, Liebe und Sexualität“ heißt. Mit dem JIC wurde diese Idee 2006<br />

für Sambia adaptiert und wird nun dort sehr erfolgreich eingesetzt.<br />

Die Menschen sind oft überfordert mit den<br />

<strong>Info</strong>rmationen zu HIV und AIDS. Es ist in<br />

unserem Land ein großes Thema. Daher sind<br />

alternative und partizipative Ansätze so wichtig, damit<br />

Menschen sich dem Thema öffnen und Antworten auf<br />

ihre Fragen finden können“, sagt Christine Inonge, die<br />

sich in der Aufklärungsarbeit engagiert und selbst HIVpositiv<br />

ist. (Siehe auch Artikel „Ich habe mein Leben<br />

meiner Arbeit gewidmet.“)<br />

© Karin Perl<br />

Beim Join in Circuit on AIDS, Love and Sexuality (JIC)<br />

stehen <strong>Info</strong>rmationen und der Spaß am Lernen im<br />

Vordergrund: Rätsel, Rollenspiele, Diskussionen oder<br />

einfach nur die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Die<br />

ausgebildeten und kompetenten Moderatorinnen und<br />

Moderatoren der JIC-Teams vermitteln dabei durch<br />

zielgruppengerechte Anleitung differenziertes Fachwissen<br />

und regen die Teilnehmenden zur Reflexion des<br />

eigenen Verhaltens an. In Sambia gibt es zurzeit sechs<br />

aktive Teams, die in den unterschiedlichen Provinzen<br />

des Landes tätig sind.<br />

Die Vorteile der JIC-Methodik liegen unter anderem in<br />

der Möglichkeit, die Teilnehmenden nicht nur auf kognitiver,<br />

sondern auch auf emotionaler und verhaltensbezogener<br />

Ebene anzusprechen. Das Gespräch über Sexualität<br />

wird erleichtert, da sich die Teilnehmenden in ihrer Rolle<br />

als Spielende spontaner ausdrücken und öffnen können.<br />

Die offene Kommunikation regt an, die Gespräche in der<br />

Schulklasse, am Arbeitsplatz und vor allem mit dem Partner<br />

oder der Partnerin weiterzuführen.<br />

Die sambische JIC-Version umfasst sechs Themen zu<br />

HIV/AIDS sowie allgemeinen <strong>Info</strong>rmationen zur Sexualität<br />

und Partnerschaft: Übertragungswege von HIV,<br />

übertragbare Sexualinfektionen, Verhütungsmethoden<br />

und richtige Anwendung von Kondomen (Frauen- und<br />

Männerkondome), Körpersprache rund um das Thema<br />

Liebe und Partnerschaft, Leben mit HIV/AIDS und<br />

Prävention.<br />

Durch den JIC werden primär drei Hauptbotschaften<br />

vermittelt: <strong>Info</strong>rmiere dich, schütze dich und andere<br />

und zeige Solidarität mit Menschen, die mit HIV und<br />

AIDS leben.<br />

Mobile Version des Mitmach-Parcours<br />

Der DED hat in Sambia die Koordination des JIC innerhalb<br />

der deutschen Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit<br />

(EZ) übernommen und wird seit<br />

2006 durch die Münstersche AIDS-Stiftung bei der<br />

Umsetzung von JIC-Aktivitäten, bei der Aus- und Fortbildung<br />

von JIC-Teams sowie der Materialentwicklung<br />

großzügig unterstützt. Die DED-Querschnittsberaterin<br />

HIV/AIDS hat zusammen mit JIC-Moderatoren den<br />

Mitmach-Parcours in ein handlicheres und mobiles<br />

toolkit 2007 (Materialkoffer) umgewandelt. Die mobile


Version macht es den Moderatoren einfacher, ihre unterschiedlichen<br />

Zielgruppen und -orte mit öffentlichen<br />

Verkehrsmitteln zu erreichen und sie können so mehr<br />

Mitmach-Parcours durchführen. Der JIC wird in<br />

Sambia primär an Schulen, bei den Partnerorganisationen<br />

der deutschen EZ-Organisationen in Rahmen<br />

der HIV/AIDS Arbeitsplatzprogramme und in ländlichen<br />

Gemeinden sowie armen urbanen Stadtteilen<br />

(compounds/townships) eingesetzt. Diese Zielgruppen<br />

haben oft nur begrenzt Zugang zu den so notwendigen<br />

aktuellen <strong>Info</strong>rmationen zu Themen wie Sexualität und<br />

HIV/AIDS. Das fehlende Wissen führt zu risikohaften<br />

Verhaltensweisen und zur Stigmatisierung und Diskriminierung<br />

von HIV-Positiven. Da es immer noch keine<br />

Heilung für eine HIV-Infektion und AIDS-Erkrankung<br />

gibt, ist die Präventions- und Aufklärungsarbeit weiterhin<br />

von zentraler Bedeutung.<br />

Wichtige Rolle der Betroffenen bei der Aufklärung<br />

Viele der JIC-Aktivitäten werden mit sambischen Partnerorganisationen<br />

durchgeführt, so zum Beispiel mit<br />

mobilen Voluntary Counselling and Testing (VCT)-<br />

Teams, die in den Gemeinden beziehungsweise in den<br />

Arbeitsplatzprogrammen die Möglichkeit der Beratung<br />

und des HIV-Antikörpertests bieten. Ein wichtiger Teil<br />

der Präventionsarbeit ist der Test, um seinen eigenen<br />

HIV-Status zu kennen und sich und andere vor einer<br />

Infektion mit dem tödlichen Virus zu schützen. Sambia<br />

ist mit einer Fläche von 752.614 Quadratkilometern<br />

zweieinhalbmal so groß wie Deutschland. Die Mehrheit<br />

der Bevölkerung lebt im ländlichen Raum und hat nur<br />

begrenzt Zugang zu VCT und einer Behandlung durch<br />

Anti Retrovirale Therapie (ART) und zu <strong>Info</strong>rmationen<br />

allgemein. Deshalb ist eine enge und systematische Partnerschaft<br />

mit anderen Organisationen aus dem Bereich<br />

der HIV/ AIDS-Präventions- und Behandlungsarbeit<br />

umso wichtiger. Auch Selbsthilfegruppen von Betroffenen<br />

werden in die Arbeit einbezogen, wie zum Beispiel<br />

das Zambian Network for People Living with HIV and<br />

AIDS (NZP+) oder das JIC-Team der sambischen<br />

Nichtregierungsorganisation KARA Counselling.<br />

Menschen, die über ihren HIV-positiven Status, über<br />

ihre eigenen Erfahrungen und Erlebnisse offen sprechen,<br />

leisten einen sehr wertvollen und nicht zu ersetzenden<br />

Beitrag bei der Bekämpfung der Pandemie und<br />

der Diskriminierung von HIV-positiven Menschen bzw.<br />

© Karin Perl<br />

AIDS-erkrankten Menschen. Stigma und Diskriminierung<br />

führen weiterhin dazu, dass sich Menschen „verstecken“,<br />

nicht zum VCT trauen, ihre Behandlung<br />

nicht beginnen oder unterbrechen und den Prozess<br />

zum „Positive Living“ nicht beginnen oder abschließen<br />

können. Der DED hat deshalb ganz bewusst und gezielt<br />

zwei JIC-Teams in Sambia ausgebildet, in denen die<br />

Moderatoren HIV-positiv sind.<br />

Dr. Yvonne Sartor<br />

Dr. Yvonne Sartor ist Diplom-Sozialpädagogin und<br />

arbeitet seit 2007 als HIV/AIDS-Querschnittsberaterin<br />

für den DED in Sambia.<br />

Der Mitmach-Parcours<br />

zu AIDS, Liebe und Sexualität<br />

Eine der sechs<br />

JIC-Stationen:<br />

„Positiv leben“.<br />

24 25<br />

Vor über zehn Jahren entwickelte die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung<br />

(BZgA) im Rahmen der deutschen Kampagne „Gib AIDS keine Chance“, speziell für<br />

Jugendliche den „Mitmach-Parcours zu AIDS, Liebe und Sexualität“.<br />

Wegen der erfolgreichen Umsetzung dieses Instruments in der AIDS-Präventionsarbeit<br />

in Deutschland, entstand die Idee, den Mitmach-Parcours auch in Ländern einzusetzen,<br />

die besonders von HIV und AIDS betroffen sind. Die BZgA ging deshalb eine<br />

Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ)<br />

ein, um den Mitmach-Parcours auch in verschiedenen Pilotländern der deutschen<br />

Entwicklungszusammenarbeit einzuführen. So soll zu den nationalen Bemühungen<br />

der jeweiligen Partnerländer in der HIV/AIDS-Bekämpfung ein kreativer und wirksamer<br />

Beitrag geleistet werden. Das Instrument lässt sich sehr gut adaptieren,<br />

wie das Beispiel Sambia zeigt.<br />

<strong>Info</strong>


THEMA<br />

� Brief 3.2009<br />

Sambia<br />

Ich habe mein Leben<br />

meiner Arbeit gewidmet<br />

Bericht einer Betroffenen, die sich in der HIV/AIDS-Präventionsarbeit engagiert<br />

Christine Inonge bei der Aufklärungsarbeit zu HIV/AIDS.<br />

Christine Inonge ist eine langjährige und sehr erfahrene Moderatorin<br />

des Mitmach-Parcours (Join in Circuit on AIDS, Love and Sexuality, JIC).<br />

Sie berichtet im Folgenden über ihr persönliches Schicksal und ihre Arbeit<br />

für die Nichtregierungsorganisation KARA Counselling in den<br />

armen Stadtteilen von Lusaka, der Hauptstadt Sambias.<br />

Ich heiße Christine Inonge und bin 54 Jahre alt.<br />

Ich komme aus der Westprovinz in Sambia und<br />

ich gehöre der ethnischen Gruppe der Lozi an.<br />

1973 habe ich meinen Mann geheiratet, der Tonga war<br />

und aus der Südprovinz Sambias stammte. Die Tongas<br />

leben in einem polygamen System und ich fand nach<br />

meiner Hochzeit heraus, dass ich die vierte Ehefrau war.<br />

Mein Mann ließ sich von zwei Frauen bereits vor unserer<br />

Trauung scheiden, lebte aber mit seiner dritten Frau<br />

noch zusammen. Somit ging ich als Zweitfrau in die<br />

Ehe ein. Trotz unserer Eheschließung hatte mein Mann<br />

außer mit seinen Ehefrauen, sexuelle Beziehungen mit<br />

anderen Frauen. Dies ist als ein wichtiger Faktor für die<br />

Übertragung von HIV zu betrachten. Wir haben zusam-<br />

© Karin Perl<br />

men eine Tochter mit Namen Monde und ich blieb 15<br />

Jahre trotz seiner vielen Affären und seiner zum Teil gewaltvollen<br />

Übergriffe auf mich bei ihm. Ich litt sehr<br />

häufig unter verschiedenen sexuell übertragbaren<br />

Krankheiten und fand mich immer wieder in medizinischer<br />

Behandlung in lokalen Kliniken. Als mein Mann<br />

eine weitere Frau heiraten wollte, beschloss ich, ihn zu<br />

verlassen und mich scheiden zu lassen. Mein ganzes Hab<br />

und Gut blieb bei ihm und ich war auf meine Verwandten<br />

angewiesen.<br />

In meinem eigenen Haushalt gab es sehr nahrhaftes und<br />

ausreichendes Essen, da mein Mann gut verdiente. Ich<br />

hatte den HI-Virus bereits in mir, wusste es aber noch<br />

nicht, da mein Gesundheitszustand durch die abwechslungsreiche<br />

Nahrung stabil war. Erst nach der Trennung<br />

und den damit einhergehenden Veränderungen in meinem<br />

Leben, verschlechterte sich mein Gesundheitszustand<br />

drastisch. Ich hatte keinen Ort, wo ich hingehen<br />

konnte, war depressiv und hatte nicht mehr viel zu essen.<br />

Das war der Zeitpunkt, wo ich sehr krank wurde.<br />

Ich war oft im Krankenhaus mit unterschiedlichen<br />

Krankheiten und 1992 wurde mir mitgeteilt, dass ich<br />

HIV-positiv sei. Zu diesem Zeitpunkt waren Stigmatisierung<br />

und Diskriminierung in Sambia sehr weit verbreitet<br />

und ich konnte mich niemandem anvertrauen,<br />

da ich Angst vor Ablehnung und sozialer Ausgrenzung<br />

hatte. Ich lebte mit meiner Selbst-Stigmatisierung und<br />

konnte meinen HIV-Status nicht akzeptieren.<br />

Die Wende in meinem Leben<br />

Im Jahr 2002 nahm ich bei KARA Counsellling, einer<br />

sambischen Nichtregierungsorganisation (NRO), an<br />

einem Fachtraining für Menschen, die mit HIV und<br />

AIDS leben, teil. Die vier Monate der Ausbildung und<br />

der Austausch mit anderen betroffenen Menschen hat<br />

mich dazu bewegt zu akzeptieren, dass ich HIV-positiv<br />

bin. Diskriminierung kannte ich aus eigener Erfahrung<br />

und so entschloss ich mich, in der Aufklärungsarbeit tätig<br />

zu werden. <strong>Info</strong>rmationen zu HIV und AIDS waren<br />

nicht sehr weit verbreitet, viele diskriminierende Handlungen<br />

gehen auf fehlendes oder unzureichendes Wissen<br />

zurück. In Sambia glauben einige Menschen an Hexerei.<br />

Sie führen Symptome, die mit einer HIV-Infektion in<br />

Verbindung gebracht werden können, auf Verhexung<br />

(being bewitched) zurück und weigern sich, einen HIV-<br />

Antikörpertest durchzuführen. Ich war zunächst Volon-


tärin bei KARA und fing an, in den armen Stadteilen<br />

(compounds) von Lusaka HIV- und AIDS-Aufklärungsarbeit<br />

zu leisten.<br />

Unterhaltsame Aufklärung<br />

Eine der Voraussetzungen bei KARA arbeiten zu können<br />

ist, dass man seinen HIV-positiven Status akzeptiert<br />

und somit als Vorbild dienen kann. Ich erlebte viele Situationen,<br />

in denen ich und andere in den Gemeinden<br />

aufgrund unseres Status diskriminiert wurden. Der<br />

Kampf gegen die Verbreitung von AIDS war und ist<br />

auch immer noch der Kampf gegen Diskriminierung<br />

von Menschen, die HIV-positiv beziehungsweise an<br />

AIDS erkrankt sind. Der Join in Circuit on AIDS, Love<br />

and Sexuality (JIC) hat uns bei unserer Präventionsarbeit<br />

sehr geholfen. Unser KARA Gemeinwesenarbeitsteam<br />

wurde 2006 zu Moderatoren für JIC ausgebildet.<br />

JIC erleichtert mir die <strong>Info</strong>rmationsvermittlung zu<br />

HIV- und AIDS-Themen. Der Vorteil dieser Methodik<br />

besteht darin, dass der JIC viel mit Bildern arbeitet und<br />

es so meiner Zielgruppe erleichtert wird, die Komplexität<br />

von HIV und AIDS leichter zu begreifen. Eine weitere<br />

Stärke ist, dass der JIC sehr partizipativ ausgerichtet<br />

ist und zugleich auch für Unterhaltung sorgt, zum Beispiel<br />

durch Rollenspiele (Pantomime) und interaktive<br />

Diskussionen sowie Kondomdemonstrationen. Der JIC<br />

ist ein Instrument, das bei unterschiedlichen Zielgruppen<br />

eingesetzt werden kann. Wir haben JIC-Aktivitäten in<br />

Schulen, Gemeinden, bei HIV- und AIDS-Arbeitsplatzprogrammen<br />

(APP) sowie in Ausbildungen und Fortbildungskursen<br />

von HIV und AIDS Peer Educators und<br />

Focal Point Persons eingesetzt.<br />

Wichtig ist, sich testen zu lassen<br />

Besonders in den compounds und Arbeitsplatzprogrammen<br />

bewirkt der JIC, dass die Bereitschaft, sich testen<br />

zu lassen (Voluntary Counselling and Testing, VCT),<br />

wächst. Als Betroffene von HIV weiß ich, wie wichtig<br />

VCT ist und dass dies der Anfang für eine positive<br />

Lebenseinstellung sein kann. Die Teilnehmer des JIC<br />

erhalten <strong>Info</strong>rmationen und haben gleichzeitig die<br />

Option, sich beraten und testen zu lassen. Viele nehmen<br />

das Angebot wahr, da die VCT-Teams nicht aus ihren<br />

Gemeinden stammen und sie sich somit sicher fühlen<br />

können, dass Vertraulichkeit gewahrt wird. Für andere<br />

wiederum ist manchmal das VCT die einzige Möglich-<br />

© Karin Perl<br />

keit, da die nächste Klinik oder das Testzentrum weit<br />

von ihrem Wohnort entfernt liegen.<br />

Dadurch, dass ich selber HIV-positiv bin und offen mit<br />

meinem Status umgehe, suchen mich viele Menschen<br />

auf, um mich um Rat zu bitten. Wir sind durch unsere<br />

Organisation in vielen der townships und compounds von<br />

Lusaka bekannt und so können mich Menschen auch<br />

später wieder aufsuchen.<br />

Die Arbeit hat erst begonnen<br />

Sambia hat noch einen weiten Weg vor sich in der Bekämpfung<br />

der AIDS-Pandemie. Nach wie vor gibt es<br />

viele Menschen, die <strong>Info</strong>rmationen zu Themen aus dem<br />

Bereich HIV und AIDS brauchen. Ich habe mein Leben<br />

meiner Arbeit gewidmet. Oder meine Arbeit ist mein<br />

Leben. Ich bin davon überzeugt, dass ich einen kleinen<br />

Beitrag in diesem großen Kampf leisten kann. Ich sehe<br />

immer noch Menschen, die nicht akzeptieren wollen,<br />

dass sie HIV-positiv sind. Durch meine Erfahrungen<br />

kann ich die Menschen berühren und ihnen zeigen,<br />

dass es mir gut geht und dass ich mein Leben lebe und<br />

genieße wie jeder andere Mensch.<br />

Ich wünsche mir, dass unsere Jugend von HIV verschont<br />

bleibt, dass sie sich zu schützen weiß und in der<br />

Zukunft in Sambia wieder eine Generation ohne HIV<br />

leben wird. Ich habe das Gefühl, dass meine Arbeit erst<br />

beginnt und dass ich mich so lange ich lebe dem Kampf<br />

gegen die Verbreitung von HIV und gegen Stigmatisierung<br />

und Diskriminierung stellen werde.<br />

Aufgezeichnet und übersetzt von Dr. Yvonne Sartor,<br />

HIV- und AIDS-Querschnittsberaterin des DED in Sambia.<br />

26 27<br />

Gruppenfoto des<br />

gesamten Teams<br />

mit Yvonne Sartor<br />

und Christine Inonge.


THEMA<br />

� Brief 3.2009<br />

Äthiopien<br />

Kaffeezeremonien<br />

und Coming Out von HIV-Positiven<br />

Erfolgreicher Kampf gegen Diskriminierung durch lokale Initiativen<br />

Wie in vielen Länder der Welt ist es<br />

auch in Äthiopien ein langwieriger<br />

Prozess, Vorurteile über HIV/AIDS und<br />

vor allem die Angst vor HIV-positiven<br />

Menschen abzubauen. Es ist dem<br />

mutigen Auftreten von Frauen<br />

wie Genet in ihrer unmittelbaren<br />

Nachbarschaft zu verdanken,<br />

dass nun offener über das Thema<br />

gesprochen werden kann und der<br />

Umgang mit den betroffenen Menschen<br />

sich zu normalisieren beginnt.<br />

Genet –<br />

Mitbegründerin<br />

einer Selbsthilfe-<br />

gruppe von<br />

HIV-Positiven<br />

in Addis Abeba.<br />

Der Freiwillige Abiy klärt junge Tagelöhner über die Verwendung von Kondomen auf.<br />

Genet musste in vier Jahren 13 Mal umziehen.<br />

Ihre Vermieter hatten Angst. Angst vor einer<br />

HIV-Positiven, die in öffentlichen Veranstaltungen<br />

in ihrem Stadtteil von ihrem Leben und ihrem<br />

Schicksal erzählt. Genet war die erste in ihrem Stadtteil,<br />

die sich offen zu ihrem Status bekannt hat. Sie hat in Gemeindeversammlungen<br />

und in Schulen ihre Lebensgeschichte<br />

erzählt. Aufgewachsen ist sie auf dem Land im<br />

Norden Äthiopiens. Aus ärmsten Verhältnissen stammend,<br />

heiratete sie bereits mit 15 Jahren einen Soldaten,<br />

damit ihre Familie sie nicht mehr ernähren muss. Genet<br />

erzählt, wie sie kurz darauf ein Kind bekam, sich dann<br />

aber von ihrem Mann trennte, da er sie schlug und „in<br />

jedem Dorf eine Freundin hatte“. Mit 16 Jahren, als ihr<br />

leiblicher Vater die Familie verlässt, steht Genet plötzlich<br />

vor der Aufgabe, nicht nur ein Einkommen für sich und<br />

ihr Baby, sondern auch für ihre Geschwister zu erwirtschaften.<br />

Sie lässt das Baby bei ihrer Mutter zurück, zieht<br />

in die Stadt und prostituiert sich. Nach einiger Zeit<br />

merkt sie, dass sie sich immer krank fühlt. Sie lässt sich<br />

testen und findet heraus, dass sie HIV-positiv ist. Als sie<br />

zu ihrer Familie zurückkehrt, will diese nichts mehr von<br />

ihr wissen. Dabei wusste ihre Mutter immer, woher das<br />

Geld für den Unterhalt der Familie kam. Sie wird verstoßen,<br />

flüchtet todkrank in die Hauptstadt Addis. Noch<br />

schlimmer ist für sie, dass auch ihr Sohn HIV-positiv ist.<br />

Ein Tabuthema der äthiopischen Gesellschaft<br />

AIDS ist Ende der neunziger Jahre ein großes Thema in<br />

den äthiopischen Medien, allerdings werden verstörende<br />

Bilder gezeigt: HIV-Positive sind immer dünn, von Ausschlag<br />

übersät, werden als Skelette, als die lebenden Toten<br />

dargestellt. Diese Mediendarstellung schafft viele<br />

Vorurteile: man könne den Menschen ansehen, das sie<br />

infiziert seien und dass sie sowieso bald sterben würden.<br />

HIV/AIDS ist in der Gesellschaft ein großes Tabuthema,<br />

keiner kann darüber reden. Gerade ältere Menschen<br />

glauben, dass die bloße Benennung schon zu einer<br />

Infektion führen würde.<br />

In der Stadtverwaltung trifft Genet zum ersten Mal andere<br />

HIV-Positive. 2003 gründen sie in Mekanisa, einem<br />

Stadtteil am Stadtrand von Addis, die lokale Nichtregierungsorganisation<br />

(NRO) „Addis Hiwot“ (Neues<br />

Leben). Ziel ist es, die Bedürfnisse der Betroffenen bei<br />

den Behörden besser durchzusetzen, sich aber auch<br />

selbst zu helfen, einander zu versorgen, wenn jemand<br />

krank ist und durch die gemeinsame Beantragung von<br />

Mikrokrediten Unternehmen zu gründen, um Einkommen<br />

zu erwirtschaften.<br />

© Till Winkelmann


Ungefähr zur gleichen Zeit spricht Genet zum ersten<br />

Mal über ihren Status mit einem Fremden. Ein älterer<br />

Mann macht sie im Minibus an und lädt sie zu einem<br />

Kaffee ein. Er eröffnet ihr, dass er gerne mit ihr schlafen<br />

würde, da sie jung und hübsch sei und seine eigene Frau<br />

alt und hässlich. Genet erklärt sich. Zunächst ist der<br />

Mann geschockt. Genet: „Ich sagte ihm, dass ich wie<br />

seine Frau bin. Er solle aufhören, anderen Frauen nachzusteigen<br />

und seine Frau zu gefährden. Er verstand mich<br />

und hatte Mitleid mit mir. Nach diesem Tag habe ich das<br />

allen Männern erzählt, die mit mir schlafen wollten.“<br />

2003 outet sich Genet zum ersten Mal in aller Öffentlichkeit.<br />

Sie fängt an, verschiedene Iddir zu besuchen<br />

und dort ihre Lebensgeschichte zu erzählen. Ein Iddir<br />

ist eine lokale, meist informelle soziale Sicherungsstruktur,<br />

der üblicherweise 200–300 Haushalte angehören.<br />

Im Todesfall wird die in Äthiopien sehr teure Beerdigung<br />

von den Iddirs ausgerichtet und bezahlt, die Hinterbliebenen<br />

bekommen eine Abfindung. Einmal im<br />

Monat findet eine Mitgliederversammlung statt, zu der<br />

verpflichtend alle Haushalte kommen müssen. Eine<br />

gute Möglichkeit also auch über HIV zu sprechen.<br />

Genet: „Eines Tages habe ich eine Veranstaltung in<br />

einem Iddir gemacht. Jeder fühlte sich schlecht, einige<br />

haben auch geweint. Als ich nach Hause kam, fand ich<br />

alle meine Sachen auf der Straße. Die Hausbesitzerin<br />

war in dem Iddir. Ich habe sie gefragt: ,Warum?‘ Sie<br />

sagte: ,Weil Du HIV-positiv bist.‘“<br />

Die Diskriminierung von HIV-Positiven war zu jener<br />

Zeit enorm stark in der äthiopischen Gesellschaft. Jeglicher<br />

Körperkontakt wurde vermieden, sei es das Händeschütteln<br />

als Begrüßung, sei es das gemeinsame Essen.<br />

HIV-Positive wurden in Cafés nicht geduldet, das Virus<br />

könne ja vom Stuhl auf andere Gäste „überspringen“.<br />

Fast alle HIV-Positiven verloren zu dieser Zeit ihre<br />

Wohnung.<br />

Aufklärungsarbeit von HIV-Positiven<br />

in ihrer Nachbarschaft<br />

Fünf Jahre später hat sich die Situation deutlich verbessert.<br />

Die Diskriminierung ist durchaus noch vorhanden,<br />

doch die Menschen sind besser aufgeklärt, haben eine<br />

viel genauere Vorstellung von den Übertragungswegen.<br />

Der zwischenmenschliche Umgang beginnt sich zu<br />

normalisieren, aber nach wie vor ist es schwierig, eine<br />

Wohnung zu finden. So gut wie alle erwachsenen<br />

Obdachlosen in Addis sind<br />

HIV-positiv!<br />

Besonders in den letzten zwei Jahren ist<br />

eine deutliche Veränderung insofern zu erkennen,<br />

als dass die Menschen viel offener<br />

über HIV und auch über Sexualität sprechen<br />

können. Großen Anteil an dieser<br />

Veränderung haben Ansätze auf Gemeindeebene.<br />

Insbesondere durch das Outing von<br />

HIV-Positiven und ihre Aufklärungsarbeit<br />

bei den Nachbarn, das heißt in einer Sprache<br />

und Form, die die Bevölkerung versteht,<br />

bekommt die Zielgruppe einen eigenen<br />

Zugang.<br />

Empirische Untersuchungen über einen<br />

Zeitraum von drei Jahren zeigen, dass insbesondere<br />

Genet und ihre NRO viel dazu<br />

beigetragen haben, dass die Menschen<br />

in Genets Viertel Mekanisa viel offener über HIV reden,<br />

als die in anderen Vierteln. Mittlerweile wird diese Idee<br />

auch von anderen Organisationen umgesetzt: Seit etwa<br />

drei Jahren gibt es in allen Stadtvierteln Home-Based-<br />

Care-Gruppen. Das sind Gruppen von Freiwilligen, meist<br />

jungen Erwachsenen, die sich für 18 Monate verpflichten,<br />

bettlägerige Kranke in ihrem Stadtteil zu versorgen. Sie<br />

werden zum Arzt gebracht; es wird aufgepasst, dass sie<br />

ihre Medikamente regelmäßig einnehmen; es wird aber<br />

auch gekocht, geputzt, gefüttert und eingekauft. Ursprünglich<br />

wurden diese Gruppen als Reaktion auf AIDS<br />

eingerichtet, mittlerweile werden jedoch auch andere<br />

Bettlägerige versorgt. Der Home-Based-Care-Ansatz stellt<br />

ein Novum für die äthiopische Gesellschaft dar: Hauptsächlich<br />

kümmert sich die Familie um Kranke, auch die<br />

enge Nachbarschaft und Freunde helfen mit. Nun kümmern<br />

sich zum ersten Mal Fremde ehrenamtlich um<br />

Fremde. Eine so intensive Versorgung bleibt natürlich<br />

auch von den Nachbarn nicht unbeobachtet. Um Gerüchte<br />

zu vermeiden, wird die Nachbarschaft von der<br />

Home-Based-Care-Gruppe zu einer traditionellen Kaffeezeremonie<br />

eingeladen. Bei frisch gebrühtem Kaffee und<br />

Popcorn wird ungezwungen über HIV aufgeklärt, die<br />

Übertragungs- und Vermeidungswege werden diskutiert<br />

und auch schon mal gezeigt, wie ein Kondom verwendet<br />

wird. Zu diesen Treffen werden häufig HIV-Positive aus<br />

anderen Vierteln als Gäste geladen, um aus ihrem Leben<br />

© Till Winkelmann<br />

28 29<br />

Die Ärmsten der Armen<br />

haben häufig keinen<br />

Zugang zu Aufklärungsmedien.


THEMA<br />

� Brief 3.2009<br />

Aufklärungs-Poster<br />

an einer Hauptstraße<br />

in Addis Abeba.<br />

und von ihren Erfahrungen zu berichten. Und wenn die<br />

Stimmung gut genug ist, dann ist dies auch eine gute Gelegenheit<br />

für die Kranken, sich im Kreis ihrer Nachbarn<br />

zu outen und sie um ihre Unterstützung zu bitten.<br />

In den Untersuchungen hat sich gezeigt, dass diese<br />

Form der persönlichen Ansprache, des persönlichen<br />

Kontakts, die stärkste Wirkung bei der Aufklärung der<br />

Bevölkerung hat. Bei der medialen Vermittlung sind die<br />

Inhalte häufig zu abstrakt, der persönliche Bezug wird<br />

nicht hergestellt.<br />

Veränderungen durch Maßnahmen<br />

auf Gemeindeebene<br />

Bei einem von mir durchgeführten Studie (n = 268)<br />

stellte sich beispielsweise heraus, dass zwar 65,2 Prozent<br />

der Befragten glauben, dass HIV ein sehr großes Problem<br />

für Äthiopien darstellt, für Addis Abeba waren<br />

es noch 41,9 Prozent, für ihren Stadtteil glaubten dies<br />

13,3 Prozent, während nur noch 10 Prozent das für ihre<br />

unmittelbare Nachbarschaft so wahrnahmen. Dabei<br />

wurde die Untersuchung in den Stadtvierteln durchgeführt,<br />

die nach offizieller Einschätzung überdurchschnittlich<br />

stark von HIV betroffen waren. Die offiziellen<br />

Zahlen zu der HIV-Prävalenzquote sind genau „andersherum“:<br />

sehr hoch in den jeweiligen Stadtvierteln<br />

© Till Winkelmann<br />

(etwa 20 Prozent), etwas schwächer in Addis Abeba<br />

(11–16 Prozent), auf nationaler Ebene mit 2,2 Prozent<br />

für Subsahara-Afrika recht gering. Die Studie zeigt, dass<br />

die eigene Exposition unrealistisch eingeschätzt wird.<br />

Dies hat viel mit der Form der Aufklärung zu tun, die<br />

überwiegend medial erfolgt. Ein weiterer Nachteil bei<br />

der medialen Vermittlung, sei es in Form von Plakaten,<br />

Radio oder Fernsehbeiträgen, ist häufig, dass ein großer<br />

Teil der Zielgruppe überhaupt keinen Zugang zu diesen<br />

Medien hat. Obwohl in der Hauptstadt lebend, haben<br />

viele Menschen und insbesondere die mit geringem<br />

Einkommen, meist nur einen eingeschränkten Aktionsradius<br />

und häufig nicht das Geld für Transport, um<br />

dann die riesigen Plakatwände zu AIDS an den Hauptstraßen<br />

zu sehen. Und eben jene sind hoch vulnerabel<br />

gegenüber HIV; sei es, weil ihre Bildung schlecht ist,<br />

weil sie in einseitigen, informellen Abhängigkeitsverhältnissen,<br />

etwa als Dienstmädchen, stehen oder weil<br />

sie als Tagelöhner von der Hand in den Mund leben.<br />

Die Studie gab noch einen anderen wichtigen Hinweis:<br />

HIV-Positive haben überraschenderweise ein beinahe<br />

ebenso schlechtes Wissen zu den HIV-Übertragungswegen<br />

wie die normale Bevölkerung! Für die Praxis<br />

bedeutet dies, dass es wichtig ist, HIV-Positive vor einer<br />

Veranstaltung auf lokaler Ebene gezielt auszubilden,<br />

damit sich Fehlinformationen und auch Vorurteile<br />

nicht noch in der Bevölkerung vertiefen.<br />

Die Untersuchungen zeigten deutlich, dass eine veränderte<br />

Einstellung in der Bevölkerung zum Umgang mit<br />

HIV und AIDS, sei es in Form von veränderten Kommunikationsnormen,<br />

von Sexualhandeln oder vom täglichen<br />

Umgang mit den Virusträgern und deren Pflege,<br />

erst durch Maßnahmen auf Gemeindeebene erreicht<br />

werden konnten. Genet und ihre NRO haben das früh<br />

erkannt, der Erfolg lässt sich sehen: Die Menschen in<br />

ihrem Stadtteil reden nicht nur viel offener über HIV,<br />

auch die Lebensbedingungen für HIV-Positive sind<br />

deutlich besser geworden.<br />

Till Winkelmann<br />

Till Winkelmann ist Geograph und promoviert zu<br />

Risikowahrnehmung und -interpretation von HIV/AIDS<br />

in Äthiopien. Er ist Mitglied des Redaktionsbeirates<br />

des DED-Briefes.


Malawi/Haiti<br />

Gesundheit darf<br />

kein Geschäft sein<br />

Kostenlose Gesundheitsversorgung<br />

versus Kostenbeteiligung der Patienten<br />

Gesundheitsversorgung sollte in den Entwicklungsländern<br />

kostenlos sein. Dafür plädiert die Autorin,<br />

die in verschiedenen Ländern gearbeitet und dabei<br />

unterschiedliche Modelle der Finanzierung<br />

kennen gelernt hat. Sie schildert die Auswirkungen,<br />

wenn Menschen für Gesundheitsleistungen<br />

zahlen müssen, das nötige Geld nicht aufbringen können<br />

und deshalb keine medizinische Hilfe erhalten.<br />

Es besteht die Gefahr, dass Gesundheit zu einem lukrativen<br />

Geschäft auf dem Rücken der Patienten wird.<br />

Sie zeigt aber auch Probleme auf, die bei kostenloser<br />

Gesundheitsversorgung eine gute Behandlung erschweren.<br />

Malawi hat heute ein sogenanntes Basketfunding<br />

für Gesundheit, das heißt, es gibt<br />

verschiedene Geldgeber und diese einigen<br />

sich mit dem Gesundheitsministerium auf ein gemeinsames<br />

Arbeitsprogramm. Die Basis ist das Essential<br />

Health Package (Basisgesundheitsversorgung), das die<br />

wichtigsten Gesundheitsprogramme für alle zugänglich<br />

machen soll. Behandlung von HIV ist eingeschlossen.<br />

Die Gesundheitsversorgung ist in öffentlichen Einrichtungen<br />

kostenlos. Kirchliche Einrichtungen können mit<br />

dem Staat ein Abkommen schliessen, damit ihre Kosten<br />

übernommen werden, wenn sie kostenlose Versorgung<br />

anbieten. Personalkosten dieser Einrichtungen werden<br />

bereits vom Gesundheitsministerium bezahlt. Neben<br />

dem gemeinsamen SWAP-Fond (sector wide approach),<br />

einem von Geldgebern und Ministerium gemeinsam<br />

finanzierten Topf, der die wichtigsten Elemente des<br />

Essential Health Package finanziert, gibt es noch andere<br />

Geldgeber, die vertikale Programme finanzieren (zum<br />

Beispiel das Impf-, das Malaria- und das Tuberkuloseprogramm<br />

sowie mehrere HIV-Programme), die zentral<br />

gesteuert und supervisiert werden.<br />

Während meiner langjährigen Tätigkeit in der Entwicklungszusammenarbeit<br />

habe ich Erfahrungen mit<br />

verschiedenen Systemen der Finanzierung von Gesundheitsversorgung<br />

sammeln können. Mit Cost Recovery –<br />

© Christiane Boecker<br />

was bedeutet, dass Patienten oder Klienten für Gesundheitsleistungen<br />

bezahlen, aber auch mit kostenloser Gesundheitsversorgung.<br />

Malawi hat das am besten ausgestattete und finanzierte<br />

Gesundheitsprogramm, das ich in den letzten Jahren in<br />

armen Ländern gesehen habe. Es gibt Medikamente<br />

und Material, sogar Bettlaken und Narkosegeräte und<br />

vieles mehr. Leider ist aber die Müttersterblichkeit immer<br />

noch höher als selbst in Haiti. Und auch andere<br />

Indikatoren, wie die hohe Sterblichkeit an Malaria und<br />

Lungenentzündung, weisen darauf hin, dass die Gesundheitsversorgung<br />

immer noch schlecht ist. Woran<br />

liegt es? Daran, dass das Gesundheitswesen öffentlich<br />

und kostenlos ist, wie manche glauben?<br />

Konsequenzen von Cost Recovery<br />

Bevor ich nach Malawi ging, war ich in Haiti, wo ich in<br />

einem Programm gearbeitet habe, das Alternativen zur<br />

Politik des Cost Recovery in einem kleinen Gesundheitsdistrikt<br />

aufzeigen wollte. Cost Recovery ist noch immer<br />

die Regel in der Gesundheitsversorgung in den meisten<br />

armen Ländern. In Haiti wie in vielen anderen Ländern<br />

bedeutete das, dass Menschen für alles, angefangen bei<br />

der Sprechstunde über die Untersuchung, das Labor,<br />

die Medikamente, aber auch eine notwendige Operation<br />

Mutter mit<br />

unterernährtem Kind<br />

in Haiti.<br />

30 31


THEMA<br />

� Brief 3.2009<br />

Entbindungsstation<br />

im Malawi Mizmba<br />

Hospital.<br />

bezahlen müssen. Oft muss, bevor ein Kaiserschnitt<br />

gemacht werden kann, die Familie alles dafür Nötige<br />

kaufen – vom Desinfektionsmittel über die Handschuhe<br />

und das Verbandsmaterial bis zum Faden für die Naht –<br />

und dann noch die Operationskosten und Medikamente<br />

zahlen. Wertvolle Zeit geht verloren, wenn die<br />

Angehörigen versuchen, sich überall Geld zu leihen.<br />

Familien bleiben nach einem Krankheitsfall tief verschuldet<br />

zurück. Viele Patienten und Patientinnen<br />

versuchen gar nicht erst, Gesundheitsversorgung zu<br />

bekommen und begnügen sich mit Selbstbehandlung<br />

mit überall auf dem Markt verkauften Medikamenten<br />

oft dubioser Herkunft oder sie gehen zum traditionellen<br />

Heiler, der die Bezahlung abstuft und auch andere Formen<br />

von Bezahlung annimmt.<br />

In Haiti haben wir in unserem kleinen Hospital die<br />

Gesundheitsversorgung subventioniert, um im kleinen<br />

Rahmen zu zeigen, dass Subvention von Gesundheitsleistungen<br />

nicht so teuer und auch in einem armen<br />

Land umsetzbar ist. Die Besucherzahlen des Krankenhauses<br />

gingen sofort in die Höhe, Frauen kamen zum<br />

Entbinden und viele HIV-Kranke suchten Rat. Wir sind<br />

aber mit unserem subventionierten Gesundheitsprogramm<br />

bald an Grenzen gestoßen: In ihrer Not kamen<br />

viele schwerstkranke Patienten von weit<br />

her, deren Versorgung in unserem kleinen<br />

Hospital nicht möglich war. Aus<br />

humanitären Gründen konnten wir sie<br />

nicht wegschicken und haben die Verlegung<br />

und die nötigen Kosten für Operationen<br />

und Untersuchungen bezahlt.<br />

Leider zeigte auch das Gesundheitsministerium<br />

kein großes Interesse an dem<br />

Modell und an einer Fortführung des<br />

Programms, da mit dem aktuellen System<br />

viel Geld verdient werden kann.<br />

In vielen armen Ländern hat Cost<br />

Recovery nämlich dazu geführt, dass Gesundheit<br />

ein Geschäft geworden ist,<br />

Wartende Mütter in der Sprechstunde.<br />

© Christiane Boecker<br />

© Christiane Boecker<br />

bei dem manche Gesundheitsarbeiter sich jeden Handgriff<br />

bezahlen lassen – über und unter dem Tisch. Mit<br />

Medikamentendealern werden Abkommen geschlossen,<br />

damit Gesundheitsarbeiter am Profit beteiligt sind. In<br />

Haiti zum Beispiel gibt es dubiose Apotheken ohne Registrierung<br />

vor jeder Gesundheitseinrichtung, meistens<br />

sind es Angehörige von Krankenschwestern und Ärzten,<br />

die selbst keine pharmakologische Ausbildung haben.<br />

In vielen Gesundheitseinrichtungen habe ich noch etwas<br />

anderes bemerkt: Wenn der Patient ein „Klient“<br />

wird, der das finanzielle Überleben des Gesundheitszentrums<br />

sichert, wird versucht, ihm auf alle Fälle etwas<br />

zu verkaufen, was er vielleicht brauchen könnte. So fand<br />

ich in vielen Gesundheitseinrichtungen alle möglichen<br />

Vitamine und Appetitanreger, Haarcremes und Hautbleichmittel,<br />

Babywäsche und Windeln, Seife und<br />

Shampoo statt der essentiellen Arzneimittel.<br />

Zu wenig Personal im Gesundheitswesen<br />

In Malawi war Gesundheitsversorgung immer kostenlos,<br />

aber in den letzten Jahren des Banda-Regimes war<br />

die Gesundheitsversorgung sehr schlecht, weil das<br />

ausgebildete Personal das Land verließ und es in den<br />

Gesundheitseinrichtungen wenig Medikamente und<br />

Materialien gab. Als dann die Gebergemeinschaft die<br />

aufblühende Demokratiebewegung unterstützen wollte,<br />

wurde auch in die Gesundheit investiert.


Seit dem Ende der Bandazeit werden Ärztinnen und<br />

Ärzte im Land ausgebildet und vermehrt auch Clinical<br />

Officers (eine Art praktischer Arzt im Schnellverfahren),<br />

Schwestern und Medical Assistants (die Sprechstunden<br />

halten und Medikamente verteilen). Dennoch gibt es<br />

immer noch zu wenig Personal im öffentlichen Gesundheitswesen,<br />

weil viele nach der Ausbildung privat<br />

arbeiten, auswandern oder in einem anderen Sektor<br />

Geld verdienen. Ein anderes Problem ist, dass über<br />

15 Prozent sich mit HIV infizieren und einige trotz<br />

Behandlungsmöglichkeiten zu krank werden, um weiterarbeiten<br />

zu können oder sie ziehen es vor zu sterben,<br />

als andere wissen zu lassen, dass sie infiziert sind.<br />

Fortbildung zur Aufbesserung des Gehaltes<br />

Leider ist die Motivation der Gesundheitsmitarbeiter oft<br />

sehr niedrig. Das Gehalt einer Krankenschwester deckt<br />

nicht die Lebenshaltungskosten der Familie und ein<br />

Arzt kann mit seinem Gehalt mal gerade das Allernötigste<br />

zum Überleben bezahlen.<br />

Statt Löhne zu erhöhen oder eine Belohnung für gute<br />

Arbeit zu zahlen, hat es sich in Malawi eingebürgert,<br />

für Fortbildungen und Meetings nicht nur Reise- und<br />

Hotelkosten, sondern auch allowances (Tagegelder) zu<br />

zahlen. Die Teilnahme an einer Fortbildung von sieben<br />

Tagen kann das Gehalt einer Krankenschwester fast verdoppeln.<br />

So bestehen die District Implementation Plans<br />

(Gesundheitsplanung der Distrikte), in denen die Aktivitäten<br />

budgetiert werden, fast nur aus Meetings und<br />

Trainings. Eine Krankenschwester möchte am liebsten<br />

mindestens zwei Wochen im Monat in Fortbildung sein,<br />

um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Was sie dabei<br />

lernt, ist ihr unwichtig. Im Krankenhaus will jeder<br />

zeigen, dass er etwas nicht gut genug kann, um auf ein<br />

Training geschickt zu werden. Oft werden eklatante<br />

Fehler in der Krankenversorgung mit „Ich habe darin<br />

noch kein Training gehabt“ kommentiert.<br />

Die kostenlose Versorgung hat auch zu einer hohen Zahl<br />

an Patienten geführt, so dass die Arbeitslast sehr groß ist.<br />

Ein Medical Assistant, der über hundert Patienten am Tag<br />

sieht, hat einfach keine Zeit, sorgfältig jeden Einzelnen zu<br />

untersuchen. So werden Menschen mit Lungenentzündung<br />

auf Malaria behandelt und Frauen mit einer durchgebrochenen<br />

Eileiterschwangerschaft bekommen Medikamente<br />

für Geschlechtskrankheiten.<br />

© Christiane Boecker<br />

Beratung der Gesundheitsbehörden gefragt<br />

Ich bin in der nördlichen Region von Malawi in sieben<br />

Gesundheitsdistrikten tätig: Gesundheitseinrichtungen<br />

supervisieren, Gesundheitsarbeiter coachen, aber auch<br />

Ratschläge geben, was besser organisiert werden kann,<br />

welche Fortbildung wirklich nötig ist, welche Medikamente<br />

fehlen, was repariert werden muss und vieles<br />

mehr. Unsere Partner sind einerseits die District Health<br />

Management Teams (die Leitung der Distriktkrankenhäuser<br />

und der Gesundheitszentren) und andererseits<br />

das Gesundheitsministerium, die Geber und die Distriktverwaltung.<br />

Wir analysieren auch die Audits über den Tod jeder<br />

schwangeren Frau, um zu sehen, was falsch lief und<br />

wie wir es erreichen können, dass derselbe Fehler nicht<br />

wieder passiert. Dieses Jahr wollen wir auch Todesfälle<br />

von Kindern untersuchen. Wirklich zur Rechenschaft<br />

wird hier niemand gezogen, auch wenn schwerwiegende<br />

Fehler festgestellt wurden, aber vielleicht kann es einfach<br />

zum Nachdenken verhelfen. Auf der anderen Seite<br />

wollen wir versuchen, guten Einsatz zu belohnen, um<br />

zur Nachahmung anzuregen.<br />

Ob das Sinn macht? Ich denke ja. Ich kann meine<br />

Kollegen einladen zu erleben, dass gute Gesundheitsversorgung<br />

Spaß macht, dass es ein gutes Gefühl ist,<br />

zu wissen, dass du alles getan hast, was möglich war,<br />

um ein Leben zu retten oder dass dich an einem Tod<br />

keine Schuld trifft. Gesundheit darf kein Geschäft sein.<br />

Auch wenn Gesundheitsversorgung teuer ist, müssen<br />

Wege gefunden werden, möglichst vielen Menschen<br />

Zugang zu Gesundheitsversorgung zu ermöglichen.<br />

Dr. Christiane Boecker<br />

Dr. Christiane Boecker ist Ärztin und arbeitete in Benin,<br />

im Tschad und in Haiti. Seit 2008 ist sie Entwicklungshelferin<br />

des DED in Malawi.<br />

Werdende Mütter<br />

warten auf die<br />

Entbindung.<br />

32 33


THEMA<br />

� Brief 3.2009<br />

Brasilien<br />

Ein Schiff wird kommen<br />

Unterwegs mit einer schwimmenden Arztpraxis<br />

Ankunft des Hospitalschiffes in einer Gemeinde am Rio Tapajós. Auf dem Hospitalschiff „Abaré“ herrscht immer großer Andrang.<br />

Als ein Modellprojekt betreibt das Projeto Saúde e Alegria (PSA), das Projekt Gesundheit und Freude,<br />

in Amazonien, im brasilianischen Bundesstaat Pará, ein Hospitalschiff, auf dem die Bevölkerung<br />

in abgelegenen Gemeinden am Fluss Tapajós regelmäßig medizinisch versorgt wird.<br />

Abaré,„der Freund, der sich kümmert“, haben die Bewohner das Schiff liebevoll getauft.<br />

Der flache Rumpf des Schiffes gleitet langsam an<br />

das sandige Ufer des Rio Tapajós, der Dieselmotor<br />

blubbert gedämpft. Heute morgen erreichen<br />

wir Acaratinga, eine der zahlreichen kleinen Gemeinden<br />

am Tapajós. Die landschaftliche Kulisse ist<br />

überwältigend. Gigantische Haufenwolken türmen sich<br />

über dem Fluss auf, dessen gegenüberliegendes Ufer nur<br />

als feine, blassgrüne Linie zwischen Wasser und Himmel<br />

am Horizont zu erkennen ist. Der Tapajós hat hier an<br />

seinem Oberlauf und kurz vor seiner Mündung in den<br />

Amazonas eine Breite von bis zu 18 Kilometern, also<br />

ungefähr die Breite des Bodensees.<br />

Dem Fluss zugewandt liegen vor uns die wie in den<br />

Wald gestreuten Stroh- und Holzhütten der etwa 200<br />

Einwohner, auf den ersten Blick pittoresk, doch die<br />

Idylle trügt. Die Verhältnisse sind bescheiden, die Bevölkerung<br />

lebt hauptsächlich vom Fischfang, baut Maniok<br />

an und nutzt in Sammelwirtschaft die mannigfaltigen<br />

Produkte des tropischen Waldes. Die Bewohner und Bewohnerinnen<br />

der Gemeinden sind caboclos, Nachfahren<br />

der ursprünglichen, indigenen Bevölkerung, die sich in<br />

den letzten Jahrhunderten vorwiegend mit den europäischen<br />

Einwanderern weißer Hautfarbe vermischt hat.<br />

© Projeto Saúde e Alegria<br />

Wir werden schon erwartet. Nachdem die Landungsbrücke<br />

festgezurrt ist, strömen Mütter mit Kinderscharen,<br />

Familienväter, ältere Frauen und Männer an Bord.<br />

An der Rezeption bilden sich Warteschlangen. Die ersten<br />

Kinder bekommen Schutzimpfungen gespritzt, Tränen<br />

kullern über Kindergesichter, dann Eintragungen in<br />

abgegriffene Impfpässe der brasilianischen Regierung.<br />

Beim Zahnarzt liegt schon die erste Patientin im Behandlungsstuhl.<br />

Ein Vater bringt seinen humpelnden<br />

Sohn in einen der anderen Behandlungsräume – ein<br />

entzündeter Insektenstich am Bein. Dazwischen wuseln<br />

jede Menge Kinder umher. Die Bordapotheke verteilt<br />

Medikamente nach Rezept. Am Eingang zum Beratungsraum<br />

für Familienplanung geben sich ausschließlich<br />

Frauen die Klinke in die Hand – nebenbei manifestiert<br />

sich so auch ein tradiertes Rollenverständnis. In der<br />

Wartezone des Schiffes führen heute bunt geschminkte<br />

Gaukler in Clownskostümen einen kurzen Sketch zum<br />

Thema Schlangenbisse auf. Alltag auf dem Hospitalschiff<br />

„Abaré“ der Nichtregierungsorganisation (NRO)<br />

Projeto Saúde e Alegria.<br />

© Alexander Riesen


Große Distanzen<br />

erschweren die medizinische Versorgung<br />

Die Situation der Gesundheitsversorgung in Amazonien<br />

ist vor allem außerhalb der großen Städte prekär und<br />

durch große Distanzen und schlechte Erreichbarkeit<br />

geprägt. Es gibt kaum ganzjährig befahrbare Straßen,<br />

meist bestehen nur Zugangsmöglichkeiten über den<br />

Wasserweg. Das gilt auch für viele der entlegenen Gemeinden<br />

am Rio Tapajós in den Kommunen Santarém,<br />

Belterra und Aveiro im Westen des Bundesstaates Pará.<br />

Eine öffentliche Gesundheitsversorgung ist in diesen<br />

durchweg bescheidenen Flussgemeinden bisher lediglich<br />

ansatzweise vorhanden; es gibt nur einige, meist rudimentär<br />

ausgestattete Gesundheitsposten. Und das<br />

nächstgelegene Hospital kann eine ein- oder mehrtägige<br />

Schiffsreise weit entfernt sein, für die zudem auch die<br />

Kosten aufgebracht werden müssen.<br />

Zwar ist in der brasilianischen Verfassung für alle Bürgerinnen<br />

und Bürger ein Recht auf eine öffentliche Gesundheitsfürsorge<br />

verbrieft, in der Praxis und vor allem<br />

in Amazonien konnte dieser Anspruch allerdings bisher<br />

bei weitem noch nicht eingelöst werden.<br />

Angesichts dieser Situation initiierte das Projeto Saúde e<br />

Alegria (PSA) in Santarém bereits vor über 20 Jahren ihr<br />

damaliges Pilotprojekt. Die Gründer der Organisation,<br />

der Arzt Eugênio Scannavino und sein Bruder Caetano<br />

Scannavino, begannen mit einem kleineren Schiff und<br />

einem schmalen Etat eine regelmäßige medizinische<br />

Versorgung in zunächst nur 16 Gemeinden.<br />

2006 dann konnten die Initiatoren die Organisation<br />

terre des hommes aus den Niederlanden als Stifter für ein<br />

professionelles Hospitalschiff sowie auch Finanzier für<br />

die kompletten laufenden Kosten, darunter die Hälfte<br />

der Personalkosten, gewinnen. PSA bewerkstelligt den<br />

Betrieb des Schiffes. Die Kommunen Santarém, Belterra<br />

und Aveiro, in deren Gebiet die versorgten Gemeinden<br />

liegen, entsenden jeweils für die Fahrten die andere<br />

Hälfte des gemischten Teams von Ärzten, Krankenpflegern,<br />

Pharmazeuten und Bordcrew.<br />

Seit Oktober 2006 besucht die mobile Versorgungsstation<br />

im Laufe des Jahres im Regelfall jeweils acht Mal<br />

die 73 Gemeinden an den Flussufern des Tapajós. Auf<br />

diese Weise erreicht das Schiff um die 2.780 Familien<br />

oder rund 15.000 Gemeindemitglieder, jährlich werden<br />

um die 25.000 Behandlungen (einschließlich Zahnbehandlungen)<br />

durchgeführt.<br />

Für akute oder schwerere Fälle, die eine<br />

stationäre Aufnahme erforderlich machen,<br />

gibt es noch die sogenannte Ambulancha,<br />

ein kompaktes Schnellboot für den Transport<br />

direkt zum nächsten Krankenhaus.<br />

Das Hospitalschiff hat das Boot für solche<br />

Fälle im Schlepptau oder ruft es über Funk<br />

herbei.<br />

Das Recht auf Gesundheitsversorgung<br />

ist gesetzlich definiert<br />

„Die ,Abaré‘ garantiert, dass die öffentliche<br />

Gesundheitsversorgung auch die Gemeinden<br />

Amazoniens erreicht, die bisher von<br />

diesem im Gesetz festgeschriebenen Recht<br />

ausgeschlossen waren“, beschreibt der Arzt<br />

Fábio Tozzi, Koordinator für die Abteilung<br />

Gesundheit bei PSA, die Wirkung des Hospitalschiffes.<br />

Mit diesem Modellprojekt will die NRO ein<br />

multiplizierbares Beispiel für die Gesundheitsversorgung<br />

durch die öffentliche Hand schaffen.<br />

Ein Bundesgesetz von 1990 definiert, basierend auf der<br />

brasilianischen Verfassung, das Sistema Único de Saúde<br />

(SUS), etwa das „Einheitsgesundheitssystem“, in dem<br />

die öffentliche Gesundheitsversorgung als ein Recht<br />

aller Bürgerinnen und Bürger und als Pflicht des Staates<br />

festgeschrieben ist. In der Statistik hat sich seitdem die<br />

Gesundheitssituation der Bevölkerung zwar insgesamt<br />

verbessert, aber regional in ganz unterschiedlichem<br />

Maße.<br />

Auch ein Zahnarzt ist an Bord.<br />

© Projeto Saúde e Alegria<br />

Sprechstunde beim Arzt<br />

auf dem Schiff.<br />

© Alexander Riesen<br />

34 35


THEMA<br />

� Brief 3.2009<br />

In einem Land mit kontinentalen<br />

Ausmaßen wie<br />

Brasilien bestehen große<br />

räumliche Ungleichheiten<br />

zwischen dem pulsierenden,<br />

dichter besiedelten Süden<br />

und Südosten, dem traditionellen<br />

Kernraum des<br />

Landes, und dem peripheren<br />

Norden. Allein die<br />

verstreute Verteilung der<br />

Bevölkerung in den riesigen<br />

Kommunen der Flächenstaaten<br />

Amazoniens macht<br />

die Überwindung großer<br />

Das Reservoir für ein Wasserversorgungssystem Distanzen notwendig und<br />

wird installiert.<br />

führt zu fundamental anderen<br />

Bedingungen und Realitäten.<br />

Noch fehlt ein angepasster Einsatz der staatlichen<br />

Mittel für eine verbesserte Basisversorgung innerhalb<br />

des Gesundheitssystems auf der kommunalen Ebene,<br />

die die gesamte Bevölkerung erreicht. Innerhalb des<br />

föderalistischen Systems in Brasilien kommt dabei den<br />

Kommunen eine zentrale Rolle zu.<br />

Ein Schiff allein löst nicht alle Probleme<br />

© Projeto Saúde e Alegria<br />

Das Hospitalschiff „Abaré“ ist Teil der Gesamtstrategie<br />

von PSA, die in einem integrierten Ansatz partizipative<br />

Prozesse der ganzheitlichen und nachhaltigen Gemeindeentwicklung<br />

fördert. Die Bewohner werden nicht nur<br />

passiv versorgt, sondern übernehmen auch aktiv bei<br />

flankierenden Aktivitäten Verantwortlichkeiten in ihrer<br />

Gemeinde. So wurden für den Zugang zu sauberem<br />

Wasser zusammen mit den Bewohnern lokale Wasserversorgungssysteme<br />

(microsistemas) geplant und gebaut,<br />

die von den Gemeinden selbst instand gehalten werden.<br />

Im wasserreichen Amazonien klingt es paradox, aber der<br />

Zugang zu sauberem Wasser bleibt in vielen Gemeinden<br />

immer noch ein großes Problem, verunreinigtes Wasser<br />

verursacht viele Krankheiten und auch Todesfälle, allerdings<br />

heute schon weniger als in der Vergangenheit.<br />

Ein weiteres Element der Strategie des PSA ist die didaktisch<br />

geschickte Wissensvermittlung zum Thema<br />

Gesundheit. Mit kurzen Zirkusaufführungen oder Sketchen<br />

veranschaulichen zur NRO gehörende Gaukler<br />

pantomimisch auf heitere und spielerische Weise zum<br />

Beispiel den Zusammenhang zwischen dem Konsum<br />

verunreinigten Wassers und daraus resultierenden<br />

Durchfallerkrankungen oder geben kleine einprägsame<br />

Songs zum Besten, in denen es um die tägliche persönliche<br />

Hygiene geht. Das bleibt in den Köpfen hängen,<br />

nicht nur bei den Erwachsenen, sondern vor allem auch<br />

bei den Kindern und Jugendlichen.<br />

Das Projekt kann Studien zufolge als Erfolg bezeichnet<br />

werden. Indikatoren wie Kindersterblichkeit oder die<br />

durchschnittlich gesunkene Zahl der Durchfallerkrankungen<br />

bei Kindern belegen bereits spürbare Verbesserungen<br />

der Gesundheitssituation im Einzugsgebiet des<br />

Schiffes. Die Impfquote für Kinder bis zwei Jahre liegt<br />

bei 90 Prozent. Die Aus- und Weiterbildung von Fachpersonal<br />

für die Gesundheitsposten und Hebammen<br />

bleibt aber weiterhin wichtig.<br />

Mittelfristig möchte PSA den Betrieb des Schiffes von<br />

Spendengeldern unabhängig machen. In Zusammenarbeit<br />

mit den Kommunen wurde schon ein „Plan für<br />

Nachhaltigkeit“ entworfen, um die Versorgung durch<br />

eine mobile Einheit als Politik der öffentlichen Hand<br />

zu garantieren und langfristig zu verankern. Die Finanzierungsmodalitäten<br />

beziehungsweise der entsprechende<br />

kommunale Mitteleinsatz ist in den bestehenden<br />

Kontroll- und Partizipationsgremien für<br />

die Zivilgesellschaft, wie zum Beispiel den kommunalen<br />

Gesundheitsbeiräten, weiter auszuhandeln und zu organisieren.<br />

Die Vision für die Zukunft bleibt die Anpassung der<br />

öffentlichen Gesundheitsversorgung an die Bedingungen<br />

Amazoniens und damit die Ausweitung des Modellprojektes<br />

auch auf ganz Amazonien. Dazu erhofft sich<br />

die NRO den Einsatz von vielen „Abarés“ auf den<br />

Flüssen Amazoniens. So soll das verbürgte Anrecht<br />

der Bürgerinnen und Bürger auf eine öffentliche Gesundheitsversorgung<br />

eingelöst werden und die gesamte<br />

Bevölkerung in das Gesundheitssystem (SUS) auf der<br />

kommunalen Ebene eingeschlossen werden.<br />

Alexander Riesen<br />

Alexander Riesen ist Diplomgeograph und seit 2005<br />

Entwicklungshelfer des DED in Brasilien. Er arbeitet<br />

in der Abteilung für Geodatenmanagement und<br />

unterstützt den Gesundheitssektor von PSA mit der<br />

Erstellung von thematischen oder noch nicht vorhandenen<br />

Karten.


Indien<br />

Vom Alltagskampf<br />

der armen<br />

Stadtbevölkerung<br />

um Gesundheit<br />

Trinkwassermangel, Abwasserprobleme<br />

und die gesundheitlichen Folgen<br />

Slumbewohner sind besonders wasserbezogenen Gesundheitsrisiken ausgesetzt. Hier eine Wasserstelle in einem Slum von Chennai.<br />

Wie wichtig sauberes Wasser für die Gesundheit des Menschen ist, ist bekannt. Doch die besorgniserregende Realität ist,<br />

Von ihrer Operation wegen starker Unterleibsblutungen,<br />

die fast ihr Leben gekostet hätte,<br />

hat sich Selvi, die 45-jährige Slumbewohnerin<br />

aus Chennai, nicht mehr erholt. Sie fühlt sich krank und<br />

eigentlich zu schwach zum Arbeiten. Trotzdem steht Selvi<br />

jeden Morgen um vier Uhr auf und bereitet Idlis und<br />

Sambar (gedünstete Reismehlklöße mit einer scharfen<br />

Gemüsesuppe), das lokale Frühstücksgericht, für den<br />

Verkauf vor. Denn nachdem ihr Ehemann nach jahrelangem<br />

exzessivem Alkoholkonsum an einer Leberzirrhose<br />

starb, war sie plötzlich alleine für die Versorgung ihrer<br />

sieben Kinder verantwortlich. Mit der kleinen Garküche<br />

verdient sie gerade soviel, dass es für das tägliche Überleben<br />

reicht. Den Arzt sucht sie daher auch nur in<br />

äußersten Notfällen auf. Für die privaten Ärzte fehlt ihr<br />

das Geld und für die öffentlichen Einrichtungen die Zeit.<br />

Selvi ist eine unter Millionen von Menschen in Indiens<br />

Städten, die täglich um das bloße Überleben kämpfen.<br />

Der rapide Urbanisierungsprozess der letzten 50 Jahre<br />

– die Anzahl der Stadtbewohner hat sich in diesem Zeitraum<br />

auf 338 Millionen mehr als verfünffacht – wird<br />

begleitet von einer Urbanisierung der Armut. Gerade in<br />

den sich dynamisch entwickelnden Millionen- und Megastädten<br />

Indiens, wie Delhi oder Chennai, manifestiert<br />

sich Armut physisch und räumlich in der steigenden<br />

Zahl von Slumsiedlungen. Schätzungen der Vereinten<br />

Nationen zu Folge lebt etwa die Hälfte der Stadtbevölkerung<br />

Indiens in Slums.<br />

Urbane Gesundheitsrisiken<br />

Das rapide und zum Teil unkontrollierte Wachstum der<br />

Millionen- und Megastädte Indiens führt bereits heute zu<br />

krisenhaften Überlastungen der städtischen Kapazitäten,<br />

was sich negativ auf den Gesundheitszustand der Bevölkerung<br />

auswirkt. So sind insbesondere die Armutsgruppen<br />

in den Städten mit gravierenden ökologischen Problemen<br />

wie der Gewässer- und Luftverschmutzung, sowie<br />

unkontrollierter Abwasser- und Abfallentsorgung<br />

konfrontiert. Sie sind zudem häufig auch vom Zugang zu<br />

grundlegender städtischer Infrastruktur (zum Beispiel zu<br />

sauberem Trinkwasser) und Dienstleistungen (zum Beispiel<br />

zu einer bezahlbaren und guten Gesundheitsversorgung)<br />

ausgeschlossen. Diese Problematik lässt sich am<br />

Beispiel Wasser exemplarisch verdeutlichen. Es wird geschätzt,<br />

dass etwa 80 Prozent der Krankheiten weltweit<br />

wasserbezogen sind. Dies gilt vor allem für Entwicklungsländer.<br />

Die mangelnde Versorgung mit Wasser und das<br />

Fehlen einer Abwasserinfrastruktur exponieren die Men-<br />

36 37<br />

© Patrick Sakdapolrak<br />

dass immer noch 80 Prozent der Krankheiten weltweit wasserbezogen sind. Dies hat vor allem in den Megastädten dieser Welt<br />

verheerende Auswirkungen für die armen Bevölkerungsgruppen. Der Autor berichtet darüber am Beispiel der indischen Städte<br />

Delhi und Chennai.


THEMA<br />

� Brief 3.2009<br />

© Patrick Sakdapolrak<br />

schen gegenüber zahlreichen Krankheiten<br />

wie Diarrhö, Guineawurmkrankheit<br />

oder Typhus.<br />

Es wird geschätzt, dass vier Fünftel<br />

von Delhis Haushaltsabwässern (rund<br />

drei Milliarden Liter) ungeklärt bleiben.<br />

Unter dem Abwasserproblem leidet<br />

die Slumbevölkerung besonders.<br />

Ihre Siedlungen sind in der Regel<br />

nicht an das öffentliche Abwassersystem<br />

angeschlossen. Daraus resultiert<br />

Gesundheitsrisiken ergeben sich auch das Problem der Akkumulation von<br />

aus der fehlenden Abwasserinfrastruktur. Fäkalien im öffentlichen Raum. Die<br />

Slumsiedlungen befinden sich zudem<br />

häufig an Wasserwegen, die ungeklärte<br />

Abwässer von wohlhabenderen Wohnsiedlungen führen.<br />

Während Angehörige der städtischen Mittelschicht,<br />

die an das öffentliche Wasserleitungsnetz angeschlossen<br />

sind, bis zu 300 Liter am Tag pro Person beziehen können,<br />

müssen sich die Slumbewohner mit durchschnittlich<br />

16 Litern am Tag begnügen, wenn sie über Tanklastwagen<br />

versorgt werden. Offiziell ist dieses Wasser<br />

zwar kostenlos, doch müssen die Slumbewohner inoffizielle<br />

Zahlungen leisten. So kommt es dazu, dass die Armen<br />

im Durchschnitt 60 Rupien im Monat (etwa einen<br />

Euro) bezahlen, während die Reicheren nur ungefähr<br />

50 Rupien aufwenden müssen. Bezieht man diese Preise<br />

auf die Wassermengen, so bezahlen die wohlhabenden<br />

Stadtbewohner letztlich nur rund 5 bis 6 Rupien für<br />

einen Kubikmeter Wasser, während die Armen für die<br />

gleiche Menge etwa 125 Rupien aufwenden müssen.<br />

Krankheitslast trifft die Armen<br />

Der Gesundheitsstatus der städtischen Bevölkerung ist<br />

insgesamt besser als derjenige der ländlichen Bevölkerung.<br />

Differenziert man jedoch die Stadtbevölkerung<br />

nach sozio-ökonomischen Gruppen, so wird deutlich,<br />

dass der Gesundheitsstatus urbaner Armutsgruppen erheblich<br />

schlechter ist als der der restlichen städtischen<br />

Bevölkerung: Während die Kindersterblichkeit für die<br />

städtische Bevölkerung im Durchschnitt bei 41,7 pro<br />

1.000 Lebendgeburten liegt, beträgt sie für urbane Armutsgruppen<br />

54,6. Wie eine Studie der Weltbank feststellt,<br />

ist die arme Bevölkerung nicht nur verwundbarer<br />

gegenüber übertragbaren, wasserbezogenen Krankheiten<br />

und Problemen reproduktiver Gesundheit, sie konsumiert<br />

darüber hinaus auch häufiger Tabak und Alkohol<br />

und ist somit einem höheren Risiko ausgesetzt.<br />

Eine Studie des Arbeitsbereichs Geographische Entwicklungsforschung<br />

der Universität Bonn unter der Leitung<br />

von Hans-Georg Bohle, die den Gesundheitsstatus von<br />

220 Haushalten in zwei Slumsiedlungen Chennais über<br />

den Zeitraum von 15 Wochen überwacht hat, zeigt auf,<br />

dass sich die ungleiche Verteilung der Krankheitslast auch<br />

innerhalb der Armutsgruppen fortsetzt. Die ärmsten<br />

Haushalte weisen demnach eine deutlich höhere Sterberate<br />

auf als die im Vergleich bessergestellten Haushalte.<br />

Die Ergebnisse der Studie verdeutlichen ferner, dass auch<br />

die Armen kostenpflichtige private Gesundheitsdienstleistungen<br />

in Anspruch nehmen, obwohl in Indien eine kostenfreie<br />

öffentliche Versorgung mit Gesundheitsdienstleistungen<br />

besteht. Die schwach mit Ressourcen ausgestatteten<br />

öffentlichen Einrichtungen – der öffentliche Anteil<br />

der Gesundheitsausgaben Indiens ist einer der niedrigsten<br />

weltweit – werden wegen der langen Wartezeiten und geringen<br />

Qualität gerade bei weniger gravierenden Krankheiten<br />

auch von armen Haushalten gemieden. Nur bei<br />

gravierenden Problemen lassen sie sich in den öffentlichen<br />

Kliniken behandeln. Der Zwang, Privatpraxen zur Behandlung<br />

von Krankheiten aufzusuchen, bedeutet für die<br />

Armutsgruppen natürlich eine erhebliche finanzielle Belastung.<br />

Die Befragung hat ergeben, dass die Bewohner<br />

im Durchschnitt mehr als zehn Prozent ihres monatlichen<br />

Haushaltseinkommens zur Deckung der Krankheitskosten<br />

ausgeben. Dieser Anteil liegt für den ärmeren Teil der<br />

Slumbewohner mit 24 Prozent sogar noch weit höher.<br />

Ein Anteil von Gesundheitsausgaben am Gesamteinkommen<br />

von zehn Prozent wird von vielen Experten schon als<br />

katastrophal eingestuft, da dann Einschnitte vor allem bei<br />

der Nahrungsversorgung gemacht werden müssen.<br />

Der Themenkomplex urbane Gesundheit wird im Zuge<br />

des fortschreitenden Urbanisierungsprozesses in den<br />

kommenden Jahren an Bedeutung hinzugewinnen. Im<br />

Fokus muss dabei vor allem die Lage der wachsenden<br />

Zahl urbaner Armutsgruppen liegen. Eine ganzheitliche<br />

gesundheitspolitische Intervention darf ihren Schwerpunkt<br />

nicht nur auf die Versorgung mit Gesundheitsdienstleistungen<br />

und die Frage der Krankheitskosten legen.<br />

Sie muss ebenso stark die Schaffung einer gesunden<br />

Arbeits- und Lebenswelt für alle Menschen unabhängig<br />

von ihrem sozialen Status forcieren.<br />

Patrick Sakdapolrak<br />

Patrick Sakdapolrak ist Geograph und promoviert an der<br />

Universität Bonn zum Thema gesundheitsbezogene Verwundbarkeit<br />

urbaner Armutsgruppen in Indien.


Vietnam<br />

Vertrauen in die überlieferte Heilkunst<br />

Zum Verhältnis von traditioneller und westlicher Medizin<br />

Seit Jahrhunderten wird in Vietnam<br />

traditionelle Medizin praktiziert. Sie ist neben<br />

der modernen Medizin fest etabliert und genießt<br />

bei der Bevölkerung nicht nur hohes Ansehen,<br />

sondern wird auch rege in Anspruch genommen.<br />

Die traditionelle Medizin macht heute dank<br />

staatlicher Förderung ungefähr ein Drittel der<br />

gesamten medizinischen Versorgung des Landes aus.<br />

Die überlieferte Medizin in Vietnam besteht aus<br />

der Südmedizin (Thuoc Nam), der eigentlich<br />

vietnamesischen Medizin, und der Nordmedizin<br />

(Thuc Bac), der traditionellen chinesischen Medizin.<br />

Beide Medizintraditionen werden unter Dong Y (östlicher<br />

Medizin) zusammengefasst und komplementär<br />

angewandt. Thuoc Nam baut auf das chinesische Yin<br />

und Yang-Prinzip auf und verfolgt einen holistischen<br />

Ansatz. Wie in allen asiatischen Medizintraditionen<br />

wird der Mensch als eine unzertrennliche Einheit von<br />

Körper und Seele betrachtet. Bei einer Erkrankung gilt<br />

es, das harmonische Gleichgewicht der Lebensenergien,<br />

khi, wieder herzustellen.<br />

Es gibt Prioritäten bei der Inanspruchnahme beider<br />

Traditionen. „Ich habe großes Vertrauen zu vietnamesischen<br />

Ärzten. Wenn ich Beschwerden habe, die im Körperinnern<br />

sind, dann suche ich einen Doktor auf, der<br />

vietnamesische Medizin verabreicht. Die macht den<br />

Körper kühl. Die chinesische Medizin ist für allgemeine<br />

Krankheiten gut“, informiert mich Frau Thu.<br />

Es gibt keine Familie in Vietnam, die keinen traditionellen<br />

Arzt oder Heiler kennt. Doch es sind besonders Menschen<br />

mittleren Alters und Ältere, die traditionelle Praktiker<br />

aufsuchen. „Die jungen Leute haben keine Zeit für<br />

langwierige Behandlungen. Sie wollen ganz schnell gesund<br />

werden, aber die Behandlung mit traditionellen<br />

Kräutern braucht Geduld. Der Kundenstamm, der zu<br />

uns kommt, fängt erst mit der Altersgruppe ab 30 Jahren<br />

an“, klagt Herr Ngoc, der traditionelle Arznei verkauft.<br />

Ebenso wenig gibt es Vietnamesen, die nicht ergänzend<br />

westlich ausgebildete Ärzte konsultieren. Bei akuten Erkrankungen,<br />

wie Atemnot oder Fieber, ist das moderne<br />

Krankenhaus die erste Anlaufstelle. Steht die Diagnose<br />

fest, wechseln die Patienten häufig zu einem traditionel-<br />

© Joyce Dreezens-Fuhrke<br />

Heilkräuterladen in der Pho Lan Ong-Straße in Hanoi.<br />

len Heilkundigen (Luong Y) und lassen sich auf eine lang<br />

andauernde Behandlung ein. Der Luong Y wird auch zu<br />

Rate gezogen, wenn der Schulmediziner versagt. Bei<br />

nicht eindeutigen Symptomen und chronischen Erkrankungen<br />

wird der Heiler als erste Wahl bevorzugt. Dies ist<br />

auch der Fall, wenn es darum geht, den Körper wieder<br />

aufzubauen oder das Immunsystem zu stärken, etwa<br />

nach einer Geburt oder nach einer schweren Krankheit.<br />

Gegenüber allopathischer Medizin (Schulmedizin) ist<br />

Skepsis verbreitet. „Normalerweise nehme ich nur traditionelle<br />

Medizin. Die westlichen Medikamente nehme<br />

ich höchstens einen Tag. Wenn es mir wieder gut geht,<br />

höre ich mit der Einnahme sofort auf, da ich Angst vor<br />

Nebenwirkungen habe“, vertraut mir Frau Thu an. Den<br />

Heilkräutern werden im Allgemeinen keine negativen<br />

Nebenwirkungen zugeschrieben.<br />

Traditionelle Behandlungen sind billiger<br />

Das tiefe und langjährige Vertrauen zum Doktor ist ein<br />

wichtiger Aspekt. Seit über 20 Jahren lassen sich Frau<br />

Nguyet und ihre Familie bereits von dem über neunzigjährigen<br />

Arzt Thien Tich und dem über achtzigjährigen<br />

Arzt Nguyen Thien Quyen behandeln, die ihre Ausbildung<br />

in China und in Hongkong absolviert haben.<br />

Eine entscheidende Rolle bei der Heilerwahl spielen die<br />

im Vergleich zur modernen Medizin niedrigen Behandlungskosten<br />

zwischen 60.000 und 200.000 Dong (25.000<br />

38 39


THEMA<br />

� Brief 3.2009<br />

Auch Schlangen<br />

sind als Heilmittel<br />

© Ute Cremer<br />

im Angebot.<br />

Dong entsprechen 1 Euro), oft inklusive der Medikamente.<br />

Diese werden häufig von den Heilern selbst zubereitet.<br />

Dagegen können die in Vietnam hoch entwickelten<br />

Therapiemethoden wie Akupunktur, Akupressur und<br />

Massagen, die zunehmend auch von Ausländern aus dem<br />

Westen nachgefragt werden, durchaus teuer sein.<br />

Wie hoch der Bedarf nach traditionellen Mitteln ist, wird<br />

in Hanoi an den zahlreichen Läden in der Pho Lan Ong-<br />

Straße deutlich, benannt nach dem bedeutenden Heilkundler<br />

Hai Thuong Lan Ong. Ein großer Teil der aus<br />

Kräutern und Tierprodukten bestehenden Heilmittel<br />

stammt aus China. Das Angebotsspektrum ist riesig und<br />

reicht von der offiziell verbotenen, in Schnaps eingelegten<br />

Bärengalle über Tigerpfoten zu gigantischen Pilzen.<br />

Ob es sich immer um echte Ware handelt, ist fraglich.<br />

Der Staat ist um Kontrolle bemüht und deckt hin und<br />

wieder Medikamentenfälschungen auf. Auf traditionelle<br />

Arzneien spezialisierte Apotheken, die von den jeweiligen<br />

Ärzten empfohlen werden, sind vertrauenswürdig.<br />

Unter den Akteuren der traditionellen Medizin hüten<br />

Heiler ohne offizielle medizinische Ausbildung das von<br />

ihren Vorfahren überlieferte Wissen oftmals wie ein Familiengeheimnis.<br />

Diesem informellen Sektor sind auch<br />

Wahrsager zuzurechen, von denen viele Vietnamesen den<br />

günstigsten Zeitpunkt für eine Hochzeit, Schwangerschaft,<br />

Geburt oder Reise erfahren wollen. Demgegenüber<br />

wurden mehr als 3.710 private Anbieter der traditionellen<br />

Heilkunde vom Gesundheitsministerium lizenziert,<br />

denn Vietnams Verfassung schützt und fördert sie.<br />

Das Motto lautet Komplementarität<br />

Vor diesem Hintergrund ist zu betonen, dass der Studiengang<br />

Traditionelle Medizin an vielen medizinischen<br />

Colleges etabliert ist. Bemerkenswerte 50 Prozent der<br />

Ärzte, die traditionelle Medizin praktizieren, haben den<br />

Abschluss eines Medical Colleges. Ungefähr 19 Prozent<br />

arbeiten in einem Public Health Center, während der<br />

größte Teil im privaten Sektor tätig ist.<br />

Im berühmten National Institute of Traditional Medicine<br />

in Hanoi sind alle Ärzte in allopathischer Medizin ausgebildet<br />

und besitzen eine Zusatzausbildung in traditioneller<br />

Medizin. Das Krankenhaus bietet eine ausgezeichnete<br />

medizinische Grundversorgung und wurde<br />

1988 von der World Health Organisation als Lehrkrankenhaus<br />

für traditionelle Medizin akkreditiert.<br />

Neben dem Stadtkrankenhaus hat jedes Stadtviertel in<br />

Hanoi eine traditionelle Gesundheitsstation aufzuweisen.<br />

Die Gesundheitsleistungen in den staatlich registrierten<br />

Einrichtungen für traditionelle Medizin werden<br />

von der Krankenversicherung gedeckt.<br />

In den Provinzen ist die traditionelle Medizin gesellschaftlich<br />

und gesundheitspolitisch noch stärker verankert.<br />

Fast jedes Provinzkrankenhaus besitzt komplementär<br />

zu den schulmedizinischen Stationen eine Abteilung<br />

für traditionelle Medizin und einen Garten für Heilkräuter.<br />

Die Anwendung beider Medizintraditionen ist<br />

hier selbstverständlich. „Für die Diagnose benutzen wir<br />

die modernen Geräte, aber die Therapie erfolgt häufig<br />

in der kostengünstigeren traditionellen Abteilung“, berichtet<br />

Dr. Nguyen Tu Anh aus der Provinz Phu Yen.<br />

Überlieferte Krankheits- und Gesundheitsvorstellungen<br />

spielen zusammen mit den traditionellen Diagnose- und<br />

Therapieverfahren insbesondere im dezentralen Gesundheitssystem<br />

eine bedeutende Rolle und stellen eine<br />

wichtige Komponente des vietnamesischen Gesundheitssystems<br />

dar. Diese Tatsache sollten die an westlicher<br />

Medizin orientierten Entwicklungsprojekte zur Verbesserung<br />

der dezentralen Gesundheitsversorgung stärker<br />

berücksichtigen.<br />

Dr. Joyce Dreezens-Fuhrke<br />

Dr. Joyce Dreezens-Fuhrke ist Medizinethnologin<br />

und seit 2007 in Vietnam Koordinatorin des DED<br />

für den Bereich Gesundheit/Behinderung.


Haiti<br />

Zum Arzt oder zum Voodoopriester?<br />

Eine Zusammenarbeit mit Voodooisten würde die Gesundheitssituation im Lande verbessern<br />

Voodoo ist, neben der katholischen und<br />

protestantischen Kirche, die Volksreligion Haitis<br />

und spielt eine wesentliche Rolle<br />

bei der Vorbeugung und Heilung von Krankheiten.<br />

Leider sind vor allem Voodooisten<br />

wegen Diskriminierung und der mangelnden<br />

Zusammenarbeit zwischen Voodoopriestern,<br />

Heilern, Ärzten, Pastoren und Vertretern<br />

von Nichtregierungsorganisationen extrem anfällig<br />

für Krankheiten wie AIDS, Tuberkulose oder Malaria.<br />

Die Autorin plädiert dafür, den Voodoo<br />

in die Gesundheitsversorgung und besonders<br />

in die HIV/AIDS-Aufklärungsarbeit einzubeziehen.<br />

Ich dachte, ich hätte einen ‚Mò SIDA‘ und bin nicht<br />

ins Krankenhaus gegangen. Wenn ich den HIV-Test<br />

früher gemacht hätte, hätte ich nicht so schnell AIDS<br />

entwickelt. Kaum hatte ich die ersten Medikamente genommen,<br />

ging’s mir gleich besser. Davor hatte ich soviel<br />

Geld in die mystische Behandlung gesteckt. Ich sollte neun<br />

Tage lang jeden Tag sieben Tassen Tee trinken, die Blätter<br />

hier- und dorthin werfen. Danach hatte ich Durchfall“,<br />

berichtet der HIV-Positive Liony Accelus. So wie Liony<br />

geht es vielen Haitianern. Denn die meisten glauben<br />

eher an mystische Ursachen von Krankheiten als an die<br />

moderne Medizinwissenschaft.<br />

Die etwa achteinhalb Millionen Einwohner des Karibikstaates<br />

Haiti sind größtenteils afrikanischer Abstammung.<br />

Mit ihren Vorfahren, die vom 16. bis zum 18. Jahrhundert<br />

als Sklaven nach Haiti gebracht wurden, kam auch der<br />

Voodoo. Heute gehört zwar die Mehrheit der Bevölkerung<br />

den christlichen Kirchen an, glaubt aber gleichzeitig an<br />

den Voodoo. Im Voodoo gibt es neben dem obersten Gott<br />

Bondye mehrere hundert Loas (Geister, Götter), zu denen<br />

Hougans (Voodoopriester) und Mambos (Voodoopriesterinnen)<br />

Kontakt aufnehmen können.<br />

Haiti ist das ärmste Land der westlichen Hemisphäre. Die<br />

Gesundheitssituation ist schlecht: Acht Prozent der Kinder<br />

sterben vor ihrem fünften Lebensjahr. Die HIV-Rate beträgt<br />

landesweit 2,2 Prozent und ist unter Voodooisten mit<br />

zehn Prozent auffällig hoch.<br />

© Marielle Zöllner<br />

Voodoo-Heiler auf einem Volks- und Voodoofest.<br />

„Einer der Gründe, warum Voodooisten besonders gefährdet<br />

sind, ist, dass sie viel Alkohol trinken. Von den 200<br />

Menschen im Peristil (Tempel) sind 150 betrunken; sie gehen<br />

nach Hause und haben Sex ohne Kondom. Mancher<br />

hat zehn Frauen. Wenn er krank ist, sind gleich alle zehn<br />

gefährdet. Unsere Religion erlaubt Homosexualität, vernachlässigt<br />

aber über HIV/AIDS zu sprechen“, beschreibt<br />

die Voodoopriesterin Mirlène Johannis die Situation.<br />

Natürliche und mystische Krankheiten<br />

40 41<br />

Im haitianischen Verständnis gibt es natürliche und mystische<br />

Erkrankungen. Natürliche Erkrankungen<br />

gehen häufig auf Infektionen zurück (etwa<br />

HIV, Malaria, Durchfallerkrankungen). Viele<br />

Voodooisten schwören auf die Vorbeugung<br />

mit Kräutern. Mystische Erkrankungen entstehen,<br />

wenn der Betroffene sein spirituelles<br />

Gleichgewicht verliert und von einem<br />

Mò SIDA = Schlechter Geist,<br />

schlechten Geist besessen ist.<br />

der etwa AIDS hervorruft<br />

„Wenn der Geist ein Problem hat, spiegelt<br />

sich das in einem Problem des Körpers wider.<br />

Wenn etwa eine Frau immer von ihrem Mann<br />

geschlagen wird, ist sie ständig nervös, und es<br />

ist nicht verwunderlich, dass sie zum Beispiel<br />

Nierensteine oder Metastasen bekommt. Ihr<br />

Körper kommt in Unordnung. Wenn man<br />

dagegen in Harmonie ist, hat man mehr Re-<br />

Bondye = Gott<br />

Loa = Geist, Gottheit<br />

Hougan = Voodoopriester<br />

Mambo = Voodoopriesterin<br />

Peristil = Voodootempel<br />

Zombie = Schlechter Geist<br />

eines Untoten<br />

Malfektè = Scharlatan<br />

<strong>Info</strong>


THEMA<br />

� Brief 3.2009<br />

© Marielle Zöllner<br />

© Marielle Zöllner<br />

© Marielle Zöllner<br />

Voodoozeremonie<br />

in Jacmel.<br />

Mirlène Johannis,<br />

Voodoopriesterin<br />

Max Beauvoir,<br />

Oberhaupt<br />

der Nationalen<br />

Voodookonföderation<br />

Smith E. A.,<br />

Voodookundiger<br />

© Marielle Zöllner<br />

sistenz“, sagt Max Beauvoir, Oberhaupt der Nationalen<br />

Voodookonföderation und fügt hinzu: „Ein wichtiges Element<br />

im Leben heißt Vergnügen. Jede Voodoozeremonie<br />

ist ein Vergnügen und sehr wichtig für die mentale Gesundheit<br />

der Menschen.“<br />

Zudem gibt es mystische Krankheiten, die einem von einer<br />

anderen Person geschickt werden können. Diese Schwarze<br />

Magie wird vor allem zur Verteidigung oder Selbstjustiz<br />

angewandt. „Man fabriziert ein Gift oder schickt einen<br />

Zombie und der Betroffene stirbt oder sein Fuß schwillt<br />

an oder sein Geschäft geht Bankrott“, fürchtet Ulrick, ein<br />

Protestant. Einem Menschen allerdings, der sich nichts<br />

zu Schulden kommen lässt oder nicht an Schwarze Magie<br />

glaubt, kann kein Zombie geschickt werden. „Im Gegenteil,<br />

der schlechte Geist hat sogar Angst vor ihm“, beruhigt<br />

der Voodookundige Smith E. A.<br />

Behandlung von Krankheiten<br />

Im Falle einer Erkrankung suchen die meisten zuerst einen<br />

Hougan auf. Wenn man Glück hat und zu einem „sehenden“<br />

Hougan geht, kann dieser mit Hilfe von Karten,<br />

Knochen oder Kerzen feststellen, ob es sich um eine<br />

natürliche oder mystische Krankheit handelt. Wenn es<br />

eine mystische Krankheit ist, „vertreibt er den schlechten<br />

Geist, behandelt die Symptome, wäscht den Betroffenen<br />

und kocht ihm einen Kräutertee“, erklärt Smith E. A.<br />

Wenn es sich um eine natürliche Erkrankung handelt,<br />

behandelt er den Betroffenen mit Medikamenten oder<br />

schickt ihn zum Arzt.<br />

Wenn man allerdings Pech hat, kann man an einen „nichtsehenden“<br />

Hougan geraten, der unfähig ist, Krankheiten<br />

zu erkennen oder zu behandeln. Unter der Behandlung<br />

sterben sogar viele Menschen. Doch Scharlatane gibt es<br />

nicht nur unter Hougans, sondern auch unter Pastoren.<br />

„In meiner Voodoogemeinschaft gab es einen HIV-Positiven.<br />

Ich schickte ihn zu einer Organisation. Dort sagte<br />

eine Krankenschwester zu ihm, wenn er Protestant wäre,<br />

wäre er nicht krank. Er konvertierte. Man gab ihm Medikamente,<br />

die ihn auf wunderbare und göttliche Weise<br />

heilen sollten. Die Krankheit wurde immer schlimmer<br />

und schließlich kam er zurück zum Voodoo“, erzählt mir<br />

Mirlène Johannis. „Man sagt immer, so etwas passiert nur<br />

beim Voodoo, aber in Wirklichkeit ist es die ganze Gesellschaft,<br />

die an magische Heilung glaubt. Hougans nennen<br />

es mystisch, Pastoren nennen es göttlich.“<br />

Zusammenarbeit statt Diskriminierung<br />

„Die größte Verwundbarkeit des Voodoo ist die Diskriminierung.<br />

Die Türen zum Wissen sind für Voodooisten geschlossen.<br />

Niemand traut sich in die Peristile zu gehen, um<br />

mit den Leuten zu sprechen. Doch auch der Voodoo selbst<br />

verschließt sich. Zwischen diesen beiden Welten besteht<br />

eine Kommunikationsbarriere“, sagt Mirlène Johannis.<br />

Es stellt sich die Frage, wie die internationale Zusammenarbeit<br />

diese Diskriminierung überwinden und Voodoogemeinschaften<br />

in ihre Programme integrieren kann.<br />

Da die Bevölkerung eher dem Hougan als dem Arzt glaubt,<br />

sollten Hougans selbst bei der Aufklärung ihrer Gemeinschaft,<br />

idealerweise vor Ort in den Peristilen, beteiligt sein.<br />

Zur <strong>Info</strong>rmationsverbreitung sollten die Strukturen der<br />

Nationalen Voodookonföderation genutzt werden, die in<br />

Kontakt zu 41 über das Land verteilten Voodooorganisationen<br />

und bis zu 40.000 Voodootempel steht.<br />

Auf diese Weise arbeitet seit 2003 die haitianische Organisation<br />

FOVIS (Foyer pour l’intégration sociale des vodouisantes<br />

et vodouisants). „Wir gehen in Peristile, laden<br />

Initiierte und Leute der Umgebung ein, machen Filmvorführungen,<br />

zeigen Fotos von sexuell übertragbaren<br />

Krankheiten wie Gonorrhöe oder HIV/AIDS. Viele der<br />

Teilnehmer sagen dann: ‚Oh, ich dachte, das sind mystische<br />

Krankheiten.‘ Wir sagen dann: ‚Nein, das sind natürliche<br />

Krankheiten und ihr müsst nicht daran sterben,<br />

wenn ihr zum Arzt geht‘“, berichtet Mirlène Johannis.<br />

Eine andere Organisation, PSI (Population Services International)<br />

ist seit 1989 in Haiti tätig und seit 2008 Partnerorganisation<br />

des DED. Sie führt auf Volks- und<br />

Voodoofesten im ganzen Land etwa mit mobilen Filmvorführungen<br />

(„Cinemobile“) Aufklärungsarbeit über<br />

Familienplanung, HIV- und Malariaprävention und<br />

Wasseraufbereitung durch.<br />

„Ich hoffe, dass die internationalen Zusammenarbeit ihre<br />

Verantwortung gegenüber dem Voodoo nicht vergisst“,<br />

sagt mir Mirlène Johannis am Ende unseres Gespräches.<br />

Mareile Zöllner<br />

Mareile Zöllner ist medizinische Geographin und arbeitet<br />

seit 2008 als Kommunikationsfachkraft des DED bei PSI<br />

(Population Services International) in Haiti.


� BLICKPUNKT Brief 3.2009 42 43<br />

Inland<br />

Global-Compact-Mitgliedschaft im DED leben<br />

k Seit 2005 ist der DED Mitglied im internationalen Netzwerk<br />

Global Compact (GC) und setzt sich ideenreich und engagiert in<br />

Zentrale und Außenstruktur für die Weiterentwicklung der Umsetzung<br />

der zehn GC-Prinzipien der Nachhaltigkeit ein.<br />

Die Idee eines Netzwerkes stammt von Kofi Annan, der 1999 während<br />

des Weltwirtschaftsforums in Davos die Wirtschaftsvertreter<br />

in aller Welt aufforderte, sich für den Aufbau sozialer und ökologischer<br />

Eckpfeiler zu engagieren. Seither sind dem Netzwerk<br />

mehr als 5.000 Unternehmen, Arbeitnehmer-, Menschenrechts-,<br />

Umwelt- und Entwicklungsorganisationen beigetreten.<br />

Im DED werden die Prinzipien des Global Compact (zum Beispiel<br />

in Bezug auf Menschenrechte, Arbeitsnormen, Umweltschutz,<br />

Korruptionsbekämpfung) durch soziales und ökologisches Engagement<br />

bei den Geschäftsprozessen in der Zentrale in Bonn und<br />

in den Büros der Außenstruktur umgesetzt. Darüber hinaus unterstützt<br />

der DED in einigen Partnerländern den Auf- und Ausbau<br />

von Corporate Social Responsibility (CSR)-Netzwerken.<br />

Die Dokumentation bewährter Verhaltensweisen und guter Beispiele<br />

aus Zentrale und Außenstruktur ermöglicht, diese im DED<br />

zu verbreiten. Darüber hinaus wird das CSR-Engagement des DED<br />

über die internationale Plattform des Global-Compact der interessierten<br />

Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Der DED berichtet<br />

regelmäßig über sein Engagement, über Fortschritte und Entwicklungen.<br />

Der erste Fortschrittsbericht wurde 2007 veröffentlicht.<br />

Die Berichterstattung 2010 wird von der Global Compact-<br />

Begleitgruppe, die es seit Juni 2007 im DED gibt, bereits vorbereitet.<br />

Sie besteht aus Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen aller Bereiche,<br />

die Ansprechpartner in ihren Arbeitseinheiten sind und<br />

Prozesse zur Umsetzung der GC-Prinzipien aktiv unterstützen.<br />

Jürgen Wilhelm<br />

bleibt Geschäftsführer des DED<br />

k Der Verwaltungsrat des DED verlängerte am 24. August 2009<br />

ohne Gegenstimme den Vertrag von Jürgen Wilhelm. Damit<br />

bleibt der DED-Geschäftsführer bis zum 31. Januar 2012 im Amt.<br />

Der promovierte Jurist leitet den DED bereits seit November 1998.<br />

Unter der Leitung von Jürgen Wilhelm baute der DED seine Kooperationen<br />

mit der deutschen und internationalen Entwicklungszusammenarbeit<br />

stark aus und diversifizierte sein Leistungsangebot<br />

unter anderem über Sonderprogramme wie den<br />

„Zivilen Friedensdienst“ oder „weltwärts mit dem DED“.Während<br />

seiner bisherigen Amtszeit konnte die Zahl der Entwicklungshelferinnen<br />

und Entwicklungshelfer auf rund 1.100 und die Zahl<br />

der Länder in Afrika, Asien und Lateinamerika, in denen der DED<br />

arbeitet, auf 47 erhöht werden.<br />

Red.<br />

So wurde Anfang 2009 ein Ideenwettbewerb ausgeschrieben, bei dem<br />

Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der DED-Zentrale ihre Ideen zum Bereich<br />

„Arbeitsnormen“ einreichen konnten. Die Mitarbeiterschaft hat sich<br />

rege daran beteiligt. Einige Ideen, die sich auf die Verbesserung der Vereinbarkeit<br />

von Beruf und Familie beziehen, sind bereits in dieZielvereinbarung<br />

im Rahmen der Zertifizierung „berufundfamilie“ eingeflossen.<br />

Allgemeine <strong>Info</strong>rmationen zum Global Compact finden Sie unter:<br />

www.unglobalcompact.org und www.globalcompact.de.<br />

Annette Roth, Global Compact Begleitgruppe<br />

Ausland<br />

SÜDAFRIKA<br />

Kooperation<br />

mit Barloworld<br />

und lovelife<br />

© Marielle Zöllner<br />

Dr. Jürgen Wilhelm mit<br />

k Am 13. August unterzeich- Kahnyisile Kweyama (Barloworld)<br />

neten DED-Geschäftsführer und Grace Mathlape (lovelife)<br />

Dr. Jürgen Wilhelm, die Grup- bei der Unterzeichnung des Vertrages.<br />

penleiterin Personalwesen<br />

der südafrikanischen Industriegruppe Barloworld Kahnyisile<br />

Kweyama und die lovelife-Geschäftsführerin Grace Mathlape in<br />

Johannesburg einen Vertrag zur Unterstützung des neuen Programmes<br />

„Connected“ der Nichtregierungsorganisation lovelife<br />

(www.lovelife.org.za). Kern des lovelife-Ansatzes ist die einjährige<br />

Ausbildung von Jugendlichen zwischen 18 und 25 Jahren, die so zu<br />

Vorbildern in Ihren Gemeinden werden sollen. Diese Initiative soll<br />

dazu beitragen, die HIV-Infektionsrate unter Jugendlichen zu reduzieren.<br />

lovelife wird mit einer Million Rand, rund 87.000 Euro, vom<br />

DED und Barloworld im Rahmen einer Private Public Partnership<br />

(PPP) gefördert.<br />

Lovelife will in den nächsten fünf Jahren 5.000 junge Menschen in<br />

unternehmerischen und sozialen Fähigkeiten schulen, um ihnen<br />

neue Zukunftsperspektiven aufzuzeigen und damit die Risikotoleranz<br />

für HIV-Infektionen zu reduzieren. „Connected“ will durch<br />

die Ausbildung sozialer Multiplikatoren eine große Zielgruppe<br />

erreichen und damit die Gesellschaft durch eine „neue“ Generation<br />

von Jugendlichen positiv beeinflussen. Dr. Jürgen Wilhelm sagte zu<br />

der neuen Kooperation:„Wir glauben, dass die Unterstützung<br />

innovativer HIV-Präventionsansätze für die Risikogruppe der<br />

Jugendlichen der Schlüssel zu wichtigen Veränderungen in der<br />

HIV-Prävention in Südafrika ist.“<br />

Maren Lieberum, Entwicklungshelferin des DED in Südafrika


� BLICKPUNKT Brief 3.2009<br />

BOLIVIEN<br />

Handbuch für „gute Praktiken“<br />

zum Qualitätstourismus<br />

k Seit 2005 unterstützt der DED im tropischen Tiefland Boliviens die touristischen<br />

Akteure in den Landkreisen von Reyes, Rurrenabaque und Santa Rosa beim Aufbau<br />

eines ökologisch und sozial verträglichen Qualitätstourismus. Die Verbesserung der<br />

touristischen Serviceleistungen wird durch ein speziell entwickeltes Zertifizierungsverfahren<br />

der Kommunalverwaltungen für private Unternehmen gefördert.<br />

Die Ergebnisse der fast vierjährigen Kooperation und deren „gute Praktiken“ sind in<br />

einem 2009 erschienenen Handbuch dargestellt, das die erste Publikation dieser Art<br />

in Bolivien ist. Autorin ist Karin Allgöwer. Das Manual de Prácticas Responsables de Turismo Sostenible<br />

steht unter www.bolivien.ded.de als Download zur Verfügung. Viel Spaß beim Lesen!<br />

Veranstaltungen<br />

Martin Jovanov, DED-Fachkoordinator in Bolivien von 2005 – 2009<br />

Engagement weltweit<br />

k Die Fachmesse ENGAGEMENT WELTWEIT, die am 28. No-<br />

vember 2009 in Bonn stattfinden wird, bietet Interessierten<br />

die ideale Gelegenheit, sich direkt und umfassend über die<br />

Möglichkeiten des beruflichen Engagements im Ausland, die<br />

verschiedenen Arbeitsfelder, Qualifizierungsangebote, Nachwuchsförderungsprogrammesowie<br />

Entwicklungen und Trends in<br />

der Entwicklungszusammenarbeit<br />

zu informieren.<br />

Mehr als 50 Akteure der personellen<br />

Entwicklungszusammenarbeit, der<br />

Not- und Katastrophenhilfe sowie<br />

der Bildungsarbeit werden mit <strong>Info</strong>rmationsständen<br />

auf der Fachmesse<br />

vertreten sein. Zum Programm gehören<br />

Impulsreferate, Fachvorträge und Diskussionsrunden.<br />

Filme gewähren Einblicke in die unterschiedliche Arbeit von<br />

staatlichen und nicht-staatlichen Organisationen und in die<br />

praktische Arbeit von Fachkräften in den Projekten vor Ort.<br />

ENGAGEMENT WELTWEIT ist in Deutschland die einzige<br />

Fachmesse zum Thema Arbeiten in der Entwicklungszusammenarbeit.<br />

Sie richtet sich insbesondere an berufserfahrene<br />

Fach- und Führungskräfte sowie an Hochschulabsolventen<br />

und Berufseinsteiger.<br />

Veranstalter ist der Arbeitskreis „Lernen und Helfen in Übersee“<br />

e.V. Die Fachmesse findet statt in der Beethovenhalle –<br />

Forum Süd,Wachsbleiche 26 in 53111 Bonn.Weitere <strong>Info</strong>rmationen<br />

finden Sie unter www.engagement-weltweit.de.<br />

Karoline Wiemers-Meyer,<br />

Arbeitskreis „Lernen und Helfen in Übersee“ e.V.<br />

Fahnen gegen<br />

Gewalt an Frauen hissen<br />

k Im Rahmen des Internationalen Gedenktags<br />

gegen Gewalt an Frauen ruft die Organisation<br />

Terres des Femmes am 25. November<br />

2009 zu einer Fahnenaktion auf. Die<br />

Fahne „Frei leben – ohne Gewalt“ soll<br />

in diesem Jahr zum neunten Mal in<br />

vielen Städten wehen. Auch Sie können<br />

sich für ein freies und selbstbestimmtes<br />

Leben für Frauen und Mädchen einsetzen,<br />

indem sie diese Flagge hissen.<br />

Im letzten Jahr konnte die Aktion einen<br />

großen Erfolg verbuchen: Über 5.000<br />

Fahnen wehten in über 850 Städten<br />

als Zeichen gegen Gewalt an Frauen.<br />

Darüber hinaus wird die Fahnenaktion<br />

jährlich von einem vielseitigen<br />

Programm begleitet. So wird in<br />

Tübingen vom 19. bis 25. November<br />

2009 das Filmfest „FrauenWelten“<br />

organisiert. Im Mittelpunkt stehen<br />

Dokumentar- und Spielfilme aus<br />

über 20 Ländern zum Thema<br />

Menschenrechte von Frauen.<br />

Über weitere Veranstaltungen sowie über<br />

Materialien können Sie sich auf der Homepage<br />

www.frauenrechte.de informieren.<br />

Marie-Josephine Keller,<br />

Praktikantin im DED


� KULTUR<br />

Brief 3.2009<br />

»<br />

Kultur<br />

Christoph Schlingensief<br />

in Mosambik<br />

Literatur<br />

3 Auf der Suche nach einem geeigneten Ort für sein geplantes<br />

afrikanisches Festspielhaus war der bekannte Theaterregisseur<br />

auf Einladung von Henning Mankell auch in Mosambik.<br />

Mankell, der schwedische Erfolgsautor und Dramaturg,<br />

ist seit vielen Jahren dem Teatro Avenida in Maputo verbunden,<br />

mit dem auch das DED-Projekt ICMA (Deutsch-mosambikanisches<br />

Kulturinstitut) eng zusammenarbeitet. Die Entwicklungshelferin<br />

Birgit Plank-Mucavele, Kulturmanagerin<br />

des ICMA, hatte das Programm für Schlingensief vorbereitet.<br />

Neben offiziellen Terminen und dem Besuch potenzieller<br />

Standorte war ein Abend auch dem Teatro Avenida gewidmet,<br />

bei dem die Strindberg-Adaptation „Menina Júlia“ und<br />

Auszüge aus dem Stück „Mulher Asfalto“ vorgeführt wurden.<br />

Schlingensief zeigte sich beeindruckt von Mosambik und<br />

seiner quirligen Kunstszene, wird aber das Festspielhaus<br />

vermutlich doch eher in Ouagadougou, im westafrikanischen<br />

Burkina Faso, einrichten.<br />

Eckehard Fricke, DED-Landesdirektor in Mosambik<br />

Go International!<br />

3 Die Neuauflage dieses Buches füllt eine gravierende Lücke: Seit lan-<br />

gem gab es keine aktuelle Einführung für angehende Katastrophenoder<br />

Entwicklungshelfer für den Gesundheitsbereich, die sich auf eine<br />

Arbeit in Entwicklungsländern vorbereiten wollten. Nun ist dieses<br />

Manko behoben – und mit Bravour!<br />

Der Bogen des Buches ist weit gespannt: von einer allgemeinen Einführung<br />

in die Entwicklungszusammenarbeit ebenso wie in die humanitäre<br />

Hilfe – und die „Grauzone“ dazwischen –, reicht es über den<br />

Projektkreislauf und dessen wichtigste Aspekte bis zu Basiswissen<br />

Gesundheitsversorgung . Es enthält konzeptionelle Kapitel zu Primary<br />

Health Care (Basisgesundheitsversorgung) und zu den Millennium<br />

Development Goals (MDG) und stellt die wichtigsten Interventionsfelder<br />

vor – und das unter transkulturellen Aspekten. Schilderungen<br />

konkreter Projekterfahrungen machen die Theorie dann sehr anschaulich.<br />

Ein ausführlicher <strong>Info</strong>teil rundet das Ganze ab.<br />

Wie immer können Sie Bücher gewinnen<br />

Alle vorgestellten Bücher werden wieder verlost. Dazu senden Sie eine<br />

Postkarte mit dem jeweiligen Stichwort bis zum 15. November 2009<br />

an die DED-Brief Redaktion,Tulpenfeld 7, 53113 Bonn.<br />

Alle Einsendungen nehmen teil, der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />

Das Stichwort finden Sie im Anschluss an jede Rezension.<br />

Wüstenblume<br />

3 Unter der Regie von<br />

Sherry Hormann und mit<br />

hervorragender Besetzung<br />

(unter anderen Liya<br />

Kebede, Sally Hawkins,<br />

Benjamin Herrmann und<br />

Danny Krausz) wurde das<br />

Buch „Wüstenblume“<br />

von Waris Dirie verfilmt.<br />

Der Film schildert den<br />

Weg eines afrikanischen<br />

Nomadenmädchens zum<br />

internationalen Topmodel.Waris Dirie hat ihre Bekanntheit genutzt,<br />

um gegen die weibliche Genitalverstümmelung, deren<br />

Opfer sie selbst ist, zu kämpfen. Der Film ist ab 24. September<br />

im Kino und wird sicher an vielen Orten auch Anlass sein, auf die<br />

Arbeit von Organisationen, die gegen die Genitalverstümmelung<br />

kämpfen, aufmerksam zu machen (www.wuestenblume-film.de,<br />

www.netzwerk-integra.de).<br />

Red.<br />

Die umfangreiche Erfahrung ebenso wie das<br />

Engagement der Verfasser sind auf jeder Seite<br />

präsent. Das Buch ist ein must für jeden, der<br />

sich auf eine Arbeit im Gesundheitsbereich in<br />

den Entwicklungsländern vorbereitet;„vor Ort“<br />

ist es mit Sicherheit ein hilfreicher Begleiter.<br />

Winfried Zacher,<br />

Arzt und bis Mai 2009 Leiter der Fachgruppe Gesundheit im DED<br />

Elgin Hackenbruch (Hg.): Go international – Handbuch zur Vorbereitung von<br />

Gesundheitsberufen auf die Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre<br />

Hilfe, 2. Auflage, Verlag Hans Huber, Bern 2009, 508 Seiten, 49,95 Euro<br />

»<br />

Die Gewinner<br />

der Literaturverlosung aus DED-Brief 2/2009:<br />

44<br />

Stichwort: Gesundheit<br />

Jürgen Deubert, Berlin; Christine Gucker-Hellemann,Weilburg;<br />

Marlies Jansen, Berlin; Karl-Heinz Kirchner, Nürnberg;<br />

Nils Nobiling, Herdecke; Jos Schnurer, Hildesheim;<br />

Karin Schüler, Bonn; Georg Sutter, Kißlegg; I.Wendl, Annweiler.<br />

45


� KULTUR<br />

Brief 3.2009<br />

Energie für das Land<br />

3 Eine Broschüre, die gemeinsam von der Ar-<br />

beitsgemeinschaft für Entwicklungshilfe (AGEH)<br />

e.V. und der Katholische Landvolkbewegung<br />

Deutschland (KLB) herausgegeben wurde, befasst<br />

sich mit der Analyse der Energiesituation<br />

in den Ländern des Nordens und des Südens.<br />

An Beispielen aus der Praxis wird nachgewiesen,<br />

dass eine nachhaltige ländliche Energiepolitik<br />

eine wesentliche Voraussetzung für die zukunftsfähige<br />

Entwicklung ist. Die Autoren sind ehemalige<br />

AGEH-Fachkräfte. So führt etwa Regina Frey,<br />

die fünf Jahre in Südamerika gearbeitet hat, in ihrem<br />

Artikel aus, welches Potenzial<br />

in Bezug auf Energieeffizienz<br />

in der deutschen<br />

Landwirtschaft steckt. Ihre<br />

2.000 Legehennen hält sie<br />

in einem mobilen Stall mit<br />

eigener, regenerativer<br />

Stromversorgung. Der benötigt<br />

lediglich ein Prozent<br />

der fossilen Energie eines konventionellen<br />

Vergleichsstalls. Roger Loozen und<br />

Philippe Teller leiten an einem Beispiel für Dieselmotoren,<br />

die mit Palmöl betrieben werden, her,<br />

dass Agrotreibstoffe zum Nutzen von Kleinbauern<br />

eingesetzt werden können.<br />

Die Broschüre kann bestellt werden bei der Arbeitsgemeinschaft<br />

für Entwicklungshilfe (AGEH) e.V.,<br />

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Ripuarenstraße<br />

8, 50679 Köln oder über www.ageh.org.<br />

Arbeitsgemeinschaft für Entwicklungshilfe,<br />

AGEH e.V., Katholische Landvolkbewegung<br />

Deutschland (Hrsg.): Energie für das Land –<br />

Energie vom Land – Chancen und Risiken für den<br />

ländlichen Raum in Nord und Süd, Köln 2009,<br />

44 Seiten, geheftet, 10,00 Euro<br />

Stichwort: Energie<br />

Kleidung im Wandel der Zeit<br />

3 Mit diesem Band hat Melissa Leventon einen<br />

fundierten Überblick über die internationale Geschichte<br />

des Kostüms geschaffen. Die zentrale<br />

Aussage ist dabei, dass Kleider den Körper nicht<br />

nur bedecken, sondern ihn auch schmücken sollen.<br />

Durch ihr Material und ihre Beschaffenheit<br />

haben sie auch immer die Stellung und den<br />

Reichtum ihrer Träger unterstrichen. Die Darstellung<br />

beschränkt sich dabei nicht nur auf die<br />

Religion und globale Entwicklung<br />

3 Religionen sind entscheidende Gestaltungskräfte für gesellschaftliche<br />

Entwicklung. Sie bringen menschliche Entwicklung voran, können<br />

sie aber auch behindern. In einer globalisierten Welt überschreiten<br />

diese Einflüsse Grenzen.<br />

Die europäische Entwicklungspolitik basiert auf unserer säkularen<br />

Staatsordnung. Durch die Fokussierung auf staatliche Systeme ist sie geneigt, Religion als<br />

reines Glaubenssystem zu verstehen. Doch Religionen sind der Ursprung von Weltbildern und<br />

Gesellschaftsordnungen. Sie haben einen entscheidenden Einfluss auf die politische, wirtschaftliche<br />

und soziokulturelle Entwicklung von Gesellschaften; darüber hinaus wirken sie<br />

auf die Verhaltensmentalitäten der Bürger. In diesem Band untersuchen international tätige<br />

Fachleute aus Wissenschaft, Politik und entwicklungspolitischer Praxis den umfangreichen<br />

Themenkomplex aus verschiedenen Perspektiven, um einen Beitrag zur Analyse der vielfältigen<br />

Wechselwirkungen zwischen Religion und Entwicklung im Zeitalter der Globalisierung zu<br />

leisten.<br />

Jürgen Wilhelm, Hartmut Ihne (Hrsg.): Religion und globale Entwicklung,<br />

Berlin University Press 2009, 362 Seiten, 39,39 Euro<br />

Im Blick der Anderen<br />

Stichwort: Religion<br />

3 Wer sich für gesellschaftliche Entwicklungen in Mali interessiert,<br />

sich möglicherweise auf eine Reise oder einen längeren Aufenthalt im<br />

Lande vorbereitet, findet in diesem Band eine Reihe spannender Einblicke.<br />

Studierende der Universität Frankfurt berichten in sechs lesenswerten<br />

Kapiteln über Forschungsprojekte, die sie zusammen mit<br />

malischen Studenten im Land durchgeführt haben. Die Themen<br />

reichen vom Einfluss einer Telenovela auf das Leben malischer Familien, der Bedeutung von<br />

HIV/AIDS in der Gesellschaft Malis, über die Analyse eines Mangoentwicklungsprojektes<br />

bis hin zur Bedeutung des Hip Hop unter malischen Jugendlichen.Wer immer schon einmal<br />

wissen wollte, was Ethnologen eigentlich machen, der findet hier einige Antworten.<br />

Claire Grauer, DED-Entwicklungsstipendiatin von 2006 bis 2007 in Tansania<br />

Ute Röschenthaler, Mamadou Diawara (Hrsg.): Im Blick der Anderen. Auf ethnologischer Feldforschung<br />

in Mali. Verlag: Brandes & Apsel, Frankfurt am Main 2008, 168 Seiten, 14,90 Euro<br />

Stichwort: Ethnologie<br />

westliche Mode, sondern bezieht<br />

Seitenblicke auf die Kleidung<br />

in anderen Kulturen und<br />

Traditionen mit ein. Das Buch<br />

bietet nicht nur eine vergnügliche<br />

Reise durch die Welt der<br />

Mode, sondern lässt zugleich<br />

auch die Stilunterschiede einzelner Kleidungsstücke<br />

in den verschiedenen Epochen erkennen.<br />

Sabine Ludwig,<br />

DED-Entwicklungshelferin in Benin<br />

von 1999 bis 2001<br />

Melissa Leventon (Hrsg.):<br />

Kostüme weltweit, Haupt Verlag,<br />

Bern-Stuttgart-Wien 2009,<br />

352 Seiten, 39,90 Euro<br />

Stichwort: Kleidung


� OFFENE STELLEN Brief 3.2009 46 47<br />

für den Jemen<br />

k Der Zugang zu sauberem Trinkwasser und<br />

eine Basissanitärversorgung sind fundamental<br />

für die Menschen in Entwicklungsländern. Der<br />

DED unterstützt im Jemen Betriebe der Wasserver-<br />

und Abwasserentsorgung. Dazu sucht der<br />

DED dringend technische Berater oder Beraterinnen,<br />

die die Betriebe beim Aufbau einer mobilen<br />

Serviceeinheit für technische Qualitätsverbesserung,<br />

bei der Ermittlung des Fortbildungsbedarfs<br />

und bei der Organisation und Verbesserung<br />

von Betriebsabläufen unterstützen.<br />

Es handelt sich um drei Arbeitsplätze mit unterschiedlichen<br />

Aufgaben. So geht es um die Beratung<br />

bei Betrieb und Wartung von abwassertechnischen<br />

Anlagen (Projektplatz-PP 9709), um<br />

die Wartung der Leitungssysteme sowie Unterstützung<br />

bei der Sicherung der Trinkwasserqualität<br />

(PP 9710) und um Beratung bei Betrieb<br />

und Wartung der elektrotechnischen Anlagen<br />

(PP 9711). Voraussetzungen für die Mitarbeit sind<br />

langjährige Berufserfahrung und spezifische<br />

Fachkenntnisse im jeweiligen oben genannten<br />

Arbeitsbereich sowie ausgeprägte Fähigkeiten<br />

im Umgang mit Mitarbeitern und Auszubilden-<br />

Hebamme in Kambodscha<br />

© Karsten Tolle<br />

Beratung<br />

beim<br />

Betrieb<br />

der neuen<br />

Anlage<br />

im Jemen.<br />

den, gute Englischkenntnisse und interkulturelle<br />

Sensibilität. Die drei Projektplätze sind in der Hauptstadt<br />

Sanaa angesiedelt, es werden aber häufige<br />

Dienstreisen auch an entlegene Standorte erforderlich<br />

sein.<br />

Weitere Details zu diesen Stellen und weitere<br />

Stellenangebote finden Sie unter www.ded.de/<br />

stellenmarkt. Dort können Sie sich mit Angabe der<br />

Projektplatz-Nummer (PP) direkt bewerben.<br />

Bei Rückfragen steht Ihnen Frau Alexander-Monteiro,<br />

Tel. 02 28 /24 34-265 gerne zur Verfügung.<br />

Birgit.Alexander-Monteiro@ded.de<br />

k In Kambodscha trägt der DED zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung mit speziellem Fokus<br />

auf Mutter-Kind-Gesundheit in ausgewählten Einrichtungen der Provinzhauptstadt Kampot bei. Partner-<br />

organisation ist das Provincial Health Department Kampot. Gesucht wird eine Hebamme, die die Weiter-<br />

bildung von Pflegepersonal sowie Hebammen an Gesundheitszentren und dem Provinzkrankenhaus<br />

unterstützt (PP 9863). Im Vordergrund steht dabei die ante- und postnatale Pflege. Die Position ist<br />

eng mit dem Management des Provincial Health Department und dem GTZ-Programm zur Qualitätsverbesserung<br />

der Mutter-Kind-Gesundheit verknüpft. Im gleichen Bereich arbeitet bereits eine weitere<br />

DED-Fachkraft. Voraussetzungen für die Tätigkeit sind praktische Erfahrung in Geburtshilfe, Leitungserfahrung<br />

im Gesundheitsbereich und interkulturelle Kompetenz.<br />

Weitere Details zu dieser Stelle<br />

und weitere Stellenangebote<br />

finden Sie unter www.ded.de/<br />

stellenmarkt. Dort können Sie<br />

sich mit Angabe der Projektplatz-<br />

Nummer (PP) direkt bewerben.<br />

Bei Rückfragen steht Ihnen<br />

Frau Schmitz-Eckert (Mo, Di, Do, Fr),<br />

Tel. 02 28 /24 34-256 gerne zur Verfügung.<br />

Ilse.Schmitz-Eckert@ded.de<br />

© Olga Platzer Technische Berater<br />

Malerische Ansichten<br />

in Sambor, Kambodscha.<br />

Nächste Themen<br />

4/2009<br />

Weltwärts mit dem DED<br />

1/2010<br />

Mobilität<br />

www.ded.de<br />

Impressum<br />

Herausgeber<br />

Deutscher Entwicklungsdienst,<br />

gemeinnützige Gesellschaft mbH,<br />

Tulpenfeld 7, 53113 Bonn<br />

Geschäftsführung<br />

Dr. Jürgen Wilhelm<br />

Redaktion<br />

Angela Krug (V.i.S.d.P.),<br />

Maria Ehrke-Hurtado<br />

Namentlich gekennzeichnete<br />

Beiträge geben die persönliche<br />

Meinung der Verfasser wieder.<br />

Redaktionsbeirat<br />

Jutta Heckel, Karl Moosmann,<br />

Matthias Ohletz, Dr. Annette Roth,<br />

Angela Semmelroth,<br />

Till Winkelmann<br />

Gestaltung<br />

kippconcept gmbh, Bonn<br />

Titelfoto<br />

Britta Radike<br />

Druck<br />

SZ Offsetdruck-Verlag GmbH<br />

Gedruckt auf FSC-zertifiziertem<br />

Papier<br />

Redaktionsadresse<br />

Deutscher Entwicklungsdienst,<br />

DED-Brief,Tulpenfeld 7, 53113 Bonn<br />

Telefon 02 28 /24 34-132<br />

Telefax 02 28 /24 34-139<br />

redaktion@ded.de<br />

Nachdruck frei bei vollständiger<br />

Quellenangabe. Belegexemplare<br />

erbeten an die DED-Brief-Redaktion.


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