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THEMA<br />
� Brief 3.2009<br />
Entbindungsstation<br />
im Malawi Mizmba<br />
Hospital.<br />
bezahlen müssen. Oft muss, bevor ein Kaiserschnitt<br />
gemacht werden kann, die Familie alles dafür Nötige<br />
kaufen – vom Desinfektionsmittel über die Handschuhe<br />
und das Verbandsmaterial bis zum Faden für die Naht –<br />
und dann noch die Operationskosten und Medikamente<br />
zahlen. Wertvolle Zeit geht verloren, wenn die<br />
Angehörigen versuchen, sich überall Geld zu leihen.<br />
Familien bleiben nach einem Krankheitsfall tief verschuldet<br />
zurück. Viele Patienten und Patientinnen<br />
versuchen gar nicht erst, Gesundheitsversorgung zu<br />
bekommen und begnügen sich mit Selbstbehandlung<br />
mit überall auf dem Markt verkauften Medikamenten<br />
oft dubioser Herkunft oder sie gehen zum traditionellen<br />
Heiler, der die Bezahlung abstuft und auch andere Formen<br />
von Bezahlung annimmt.<br />
In Haiti haben wir in unserem kleinen Hospital die<br />
Gesundheitsversorgung subventioniert, um im kleinen<br />
Rahmen zu zeigen, dass Subvention von Gesundheitsleistungen<br />
nicht so teuer und auch in einem armen<br />
Land umsetzbar ist. Die Besucherzahlen des Krankenhauses<br />
gingen sofort in die Höhe, Frauen kamen zum<br />
Entbinden und viele HIV-Kranke suchten Rat. Wir sind<br />
aber mit unserem subventionierten Gesundheitsprogramm<br />
bald an Grenzen gestoßen: In ihrer Not kamen<br />
viele schwerstkranke Patienten von weit<br />
her, deren Versorgung in unserem kleinen<br />
Hospital nicht möglich war. Aus<br />
humanitären Gründen konnten wir sie<br />
nicht wegschicken und haben die Verlegung<br />
und die nötigen Kosten für Operationen<br />
und Untersuchungen bezahlt.<br />
Leider zeigte auch das Gesundheitsministerium<br />
kein großes Interesse an dem<br />
Modell und an einer Fortführung des<br />
Programms, da mit dem aktuellen System<br />
viel Geld verdient werden kann.<br />
In vielen armen Ländern hat Cost<br />
Recovery nämlich dazu geführt, dass Gesundheit<br />
ein Geschäft geworden ist,<br />
Wartende Mütter in der Sprechstunde.<br />
© Christiane Boecker<br />
© Christiane Boecker<br />
bei dem manche Gesundheitsarbeiter sich jeden Handgriff<br />
bezahlen lassen – über und unter dem Tisch. Mit<br />
Medikamentendealern werden Abkommen geschlossen,<br />
damit Gesundheitsarbeiter am Profit beteiligt sind. In<br />
Haiti zum Beispiel gibt es dubiose Apotheken ohne Registrierung<br />
vor jeder Gesundheitseinrichtung, meistens<br />
sind es Angehörige von Krankenschwestern und Ärzten,<br />
die selbst keine pharmakologische Ausbildung haben.<br />
In vielen Gesundheitseinrichtungen habe ich noch etwas<br />
anderes bemerkt: Wenn der Patient ein „Klient“<br />
wird, der das finanzielle Überleben des Gesundheitszentrums<br />
sichert, wird versucht, ihm auf alle Fälle etwas<br />
zu verkaufen, was er vielleicht brauchen könnte. So fand<br />
ich in vielen Gesundheitseinrichtungen alle möglichen<br />
Vitamine und Appetitanreger, Haarcremes und Hautbleichmittel,<br />
Babywäsche und Windeln, Seife und<br />
Shampoo statt der essentiellen Arzneimittel.<br />
Zu wenig Personal im Gesundheitswesen<br />
In Malawi war Gesundheitsversorgung immer kostenlos,<br />
aber in den letzten Jahren des Banda-Regimes war<br />
die Gesundheitsversorgung sehr schlecht, weil das<br />
ausgebildete Personal das Land verließ und es in den<br />
Gesundheitseinrichtungen wenig Medikamente und<br />
Materialien gab. Als dann die Gebergemeinschaft die<br />
aufblühende Demokratiebewegung unterstützen wollte,<br />
wurde auch in die Gesundheit investiert.