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Indien<br />
Vom Alltagskampf<br />
der armen<br />
Stadtbevölkerung<br />
um Gesundheit<br />
Trinkwassermangel, Abwasserprobleme<br />
und die gesundheitlichen Folgen<br />
Slumbewohner sind besonders wasserbezogenen Gesundheitsrisiken ausgesetzt. Hier eine Wasserstelle in einem Slum von Chennai.<br />
Wie wichtig sauberes Wasser für die Gesundheit des Menschen ist, ist bekannt. Doch die besorgniserregende Realität ist,<br />
Von ihrer Operation wegen starker Unterleibsblutungen,<br />
die fast ihr Leben gekostet hätte,<br />
hat sich Selvi, die 45-jährige Slumbewohnerin<br />
aus Chennai, nicht mehr erholt. Sie fühlt sich krank und<br />
eigentlich zu schwach zum Arbeiten. Trotzdem steht Selvi<br />
jeden Morgen um vier Uhr auf und bereitet Idlis und<br />
Sambar (gedünstete Reismehlklöße mit einer scharfen<br />
Gemüsesuppe), das lokale Frühstücksgericht, für den<br />
Verkauf vor. Denn nachdem ihr Ehemann nach jahrelangem<br />
exzessivem Alkoholkonsum an einer Leberzirrhose<br />
starb, war sie plötzlich alleine für die Versorgung ihrer<br />
sieben Kinder verantwortlich. Mit der kleinen Garküche<br />
verdient sie gerade soviel, dass es für das tägliche Überleben<br />
reicht. Den Arzt sucht sie daher auch nur in<br />
äußersten Notfällen auf. Für die privaten Ärzte fehlt ihr<br />
das Geld und für die öffentlichen Einrichtungen die Zeit.<br />
Selvi ist eine unter Millionen von Menschen in Indiens<br />
Städten, die täglich um das bloße Überleben kämpfen.<br />
Der rapide Urbanisierungsprozess der letzten 50 Jahre<br />
– die Anzahl der Stadtbewohner hat sich in diesem Zeitraum<br />
auf 338 Millionen mehr als verfünffacht – wird<br />
begleitet von einer Urbanisierung der Armut. Gerade in<br />
den sich dynamisch entwickelnden Millionen- und Megastädten<br />
Indiens, wie Delhi oder Chennai, manifestiert<br />
sich Armut physisch und räumlich in der steigenden<br />
Zahl von Slumsiedlungen. Schätzungen der Vereinten<br />
Nationen zu Folge lebt etwa die Hälfte der Stadtbevölkerung<br />
Indiens in Slums.<br />
Urbane Gesundheitsrisiken<br />
Das rapide und zum Teil unkontrollierte Wachstum der<br />
Millionen- und Megastädte Indiens führt bereits heute zu<br />
krisenhaften Überlastungen der städtischen Kapazitäten,<br />
was sich negativ auf den Gesundheitszustand der Bevölkerung<br />
auswirkt. So sind insbesondere die Armutsgruppen<br />
in den Städten mit gravierenden ökologischen Problemen<br />
wie der Gewässer- und Luftverschmutzung, sowie<br />
unkontrollierter Abwasser- und Abfallentsorgung<br />
konfrontiert. Sie sind zudem häufig auch vom Zugang zu<br />
grundlegender städtischer Infrastruktur (zum Beispiel zu<br />
sauberem Trinkwasser) und Dienstleistungen (zum Beispiel<br />
zu einer bezahlbaren und guten Gesundheitsversorgung)<br />
ausgeschlossen. Diese Problematik lässt sich am<br />
Beispiel Wasser exemplarisch verdeutlichen. Es wird geschätzt,<br />
dass etwa 80 Prozent der Krankheiten weltweit<br />
wasserbezogen sind. Dies gilt vor allem für Entwicklungsländer.<br />
Die mangelnde Versorgung mit Wasser und das<br />
Fehlen einer Abwasserinfrastruktur exponieren die Men-<br />
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© Patrick Sakdapolrak<br />
dass immer noch 80 Prozent der Krankheiten weltweit wasserbezogen sind. Dies hat vor allem in den Megastädten dieser Welt<br />
verheerende Auswirkungen für die armen Bevölkerungsgruppen. Der Autor berichtet darüber am Beispiel der indischen Städte<br />
Delhi und Chennai.