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© Olga Platzer<br />
Stolze Kambodschanische Mutter mit ihrem Sohn. Typisches Haus einer Familie auf dem Lande.<br />
häufig erst Tage später von den Angehörigen der Kommunalverwaltung<br />
gemeldet. Der buddhistische Glaube<br />
sieht vor, dass die Toten an einem spirituell günstigen<br />
Tag eingeäschert werden müssen. Das kann auch bereits<br />
der darauf folgende Tag sein. Obduktionen sind aus<br />
Glaubensgründen für große Teile der Bevölkerung tabu.<br />
Was bleibt, ist die Rekonstruktion der Ereignisse auf Basis<br />
von Erzählungen und (wenn vorhanden) durch Einsicht<br />
in die medizinische Dokumentation. Diese „verbale“<br />
Autopsie wurde 2008 durch das kambodschanische<br />
Gesundheitsministerium landesweit als obligatorische<br />
Maßnahme festgelegt.<br />
Im Jahr 2008 wurden in Kampong Thom, 22 Maternal-<br />
Death-Audits (MDA) durchgeführt, 18 davon in Begleitung<br />
der DED Fachkraft. Die überwiegende Zahl der<br />
Fälle ereignete sich in abgelegenen Gebieten. Schlechte<br />
oder fehlende Straßen, Flüsse, die überquert werden<br />
müssen, fehlender Transport und Mangel an Telefonen,<br />
aber auch Dunkelheit und überflutete Wege machen es<br />
den Familien unmöglich, schnell Hilfe zu rufen. Was<br />
bleibt, ist die Unterstützung durch traditionelle Hebammen,<br />
welche weder über das Wissen noch über die<br />
Möglichkeiten verfügen, Komplikationen vor, während<br />
oder nach der Geburt zu versorgen. Setzen die Blutungen<br />
erst einmal ein, bleiben den Frauen im Durchschnitt<br />
gerade mal 90 Minuten bis sie an den Folgen<br />
des Blutverlustes sterben. In 17 der 22 Fälle hieß die<br />
Diagnose „Verbluten“.<br />
© Olga Platzer<br />
Die Maternal-Death-Audits werden auch genutzt, um ein<br />
Bewusstsein dafür zu schaffen, dass etwas „schief“ gehen<br />
kann während der Geburt, dass dann nur noch das professionelle<br />
Wissen einer ausgebildeten Hebamme oder<br />
eines Arztes hilft. So wird den Anwesenden erklärt, dass<br />
sie nicht bis zum kritischen Punkt warten dürfen, dass<br />
sie sofort bei Einsetzen der Wehen Hilfe suchen müssen.<br />
Bereits während der Schwangerschaft sollte alles für einen<br />
möglichen Transport organisiert und ein wenig Geld<br />
zurückgelegt werden. Vermittelt wird auch, dass sich<br />
schwangere Frauen auf bestehende Risiken hin untersuchen<br />
lassen müssen. Und dass sie bei diesen Untersuchungen<br />
im Gesundheitszentrum wichtige Arzneimittel<br />
erhalten können, die ihnen und ihrem ungeborenen<br />
Kind helfen, gesund zu bleiben. Für diese Aufklärungsarbeit<br />
sind die MDAs bislang fast das einzige Instrument.<br />
Doch das Interesse an den Untersuchungsergebnissen<br />
steigt. Mehr und mehr werden die Geschichten und<br />
Schicksale hinter den Zahlen gehört. Und es bleibt zu<br />
hoffen, dass zukünftig mehr getan wird, um der Bevölkerung<br />
zu helfen, auf Notfälle vorbereitet zu sein.<br />
Damit keine Frau mehr sterben muss bei dem Versuch,<br />
Leben zu geben.<br />
Olga Platzer<br />
Olga Platzer ist Diplom-Pflegewirtin und arbeitet seit<br />
2007 als Entwicklungshelferin des DED in Kambodscha.<br />
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