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Kambodscha<br />
Schicksale hinter den Zahlen<br />
Bei Geburten auf dem Lande kommt oft jede Hilfe zu spät<br />
Im Jahr 2008 legte das kambodschanische<br />
Gesundheitsministerium fest, dass landesweit<br />
Maternal-Death-Audits, also Untersuchungs-<br />
verfahren zur Müttersterblichkeit,<br />
obligatorisch durchzuführen seien.<br />
Ziel ist es, mehr darüber in Erfahrung zu bringen,<br />
warum die Zahl der Frauen, die in Kambodscha<br />
bei der Geburt ihres Kindes sterben, so hoch ist.<br />
Die Autorin hat an vielen dieser Audits<br />
teilgenommen.<br />
Die Großmutter kümmert sich um das Baby<br />
Es ist Montagfrüh, mein erster Arbeitstag am<br />
Projektplatz. Ich bin Beraterin für Mutter- und<br />
Kindgesundheit am Provincial Health Department<br />
(PHD) in Kampong Thom, Zentralkambodscha.<br />
Mein Einstand beginnt mit einem traurigen Ereignis:<br />
Das PDH hatte in der Woche zuvor die Nachricht über<br />
den Tod einer Frau bei der Geburt erhalten. Heute werden<br />
wir nach Kampong Svay fahren, um mehr darüber<br />
zu erfahren. Über relativ gute Straßen erreichen wir<br />
schnell das knapp 20 Kilometer entfernte Gesundheitszentrum.<br />
Kambodscha ist um diese Jahreszeit recht karg.<br />
Die vielen Reisfelder sind durch die lang anhaltende<br />
Trockenperiode braun geworden und der Boden reißt<br />
in großen Schollen auf. Nur wenige Bäume spenden<br />
angenehmen Schatten. Das Gesundheitszentrum selbst<br />
ist unscheinbar. Über dem Eingangstor zum Gelände<br />
steht in Khmer und Englisch Kampong Svay Health<br />
Center. Ein überdachter kleiner Wartebereich befindet<br />
sich am Eingang. Dahinter ein kleiner Flur, von dem<br />
zu beiden Seiten Zimmer abgehen. Wir halten uns nur<br />
kurz hier auf, um die zuständige Hebamme abzuholen.<br />
„Wir“: das sind unser Fahrer, mein Kollege vom PHD,<br />
eine Kollegin vom Provinz-Team für Mutter- und<br />
Kindgesundheit sowie der zuständige Mitarbeiter<br />
vom Operational District.<br />
© Olga Platzer<br />
nach dem Tod der Mutter.<br />
Knapp fünf Kilometer liegt das Dorf vom Gesundheitszentrum<br />
entfernt. Dennoch dauert die Fahrt dorthin<br />
sehr lange. Diese Straße ist im Gegensatz zur Hauptstraße<br />
in einem sehr schlechten Zustand. Schmal, aus<br />
roter Erde, von Reisfeldern begrenzt und in einigen Teilen<br />
weg gebrochen, man kann nur erahnen, wie schwierig<br />
es während der Regenzeit sein muss, sie zu befahren.<br />
Ich bin froh, in einem Geländewagen zu sitzen. Doch<br />
die letzten 500 Meter zum Haus der Familie müssen wir<br />
zu Fuß gehen. Es ist ein kleines Holzhaus auf langen<br />
Stelzen, darunter scharrende Hühner und ein paar<br />
Hunde, die uns neugierig beäugen. Eine lange, steile<br />
Leiter führt in das obere Stockwerk. Aus diesem schaut<br />
uns bereits eine ältere Frau freundlich entgegen.<br />
Dieser freundliche Ausdruck verschwindet auch nicht,<br />
als ihr mein Kollege den Grund unseres Besuches erklärt.<br />
Während die beiden sich kurz unterhalten, laufen<br />
bereits Kinder und weitere Dorfbewohner herbei.<br />
Schnell hat sich die Neuigkeit über den unvorhergesehenen<br />
Besuch herum gesprochen.<br />
Wir werden von der Frau höflich ins Haus gebeten.<br />
Dort breitet sie eifrig Strohmatten aus, auf denen wir<br />
Platz nehmen können. Schnell füllt sich der kleine<br />
Raum mit Menschen jeden Alters. Eine junge Frau trägt<br />
ein kleines Bündel ins Zimmer, das sie behutsam in un-<br />
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