leben in der anderen - innenwelt magazin

SCHIZOPHRENIEühzeitig (be-)handelnSIND MENSCHEN MITSCHIZOPHRENIE SUIZIDGEFÄHRDET?Das Risiko für einen Suizid ist eindeutigerhöht. Gründe dafür sind auftretende depressiveSymptome, hohe Ansprüche desKranken an sich selbst, Arbeitslosigkeitund Selbstbehandlungsversuche der Krankenmit Alkohol oder Drogen.WAS SIND DIE NÄCHSTENSCHRITTE NACH DER DIAGNOSE?Nach der Diagnose setzt unmittelbar dieBehandlung ein, wobei die Kombinationvon Medikation sowie ausgewählten psychotherapeutischenund soziotherapeutischenVerfahren erforderlich ist. Art undWeise der Therapie hängen vom Schweregradund der Form der Erkrankung ab:Sind negative Symptome vorherrschend,wird anders therapiert, als wenn die positivenSymptome das Krankheitsbild bestimmen.Die Behandlung erfolgt überwiegend ambulant,manchmal wird jedoch eine stationäreEinweisung notwendig sein. ZumBeispiel, wenn:• ... der Patient in einer akuten Krankheitsphaseunter sehr starken Angstzuständenleidet. Im Zuge eines Krankenhausaufenthaltskönnen höhere Medikamentendosenverabreicht werden,was die Angst schneller lindert.• ... es durch das Auftreten von Wahnoder Halluzinationen zu Spannungenmit dem Umfeld kommt. Dieser zusätzlicheStress kann den weiteren Krankheitsverlaufnegativ beeinflussen, weshalbauch hier oft eine stationäre Behandlungzu empfehlen ist.• ... sich der Patient aufgrund seinerSymptome gefährlich verhält.WIE IST DER VERLAUF DER ERKRANKUNG?In den akuten Krankheitsphasen ist überwiegendoder ausschließlich Positiv-Symptomatik zu beobachten. Dazwischenkann es zu einem teilweisen oder vollständigenAbklingen der Symptome kommen.Bei konsequenter Behandlung steigt dieChance, dass die Symptome zwischen denakuten Episoden völlig verschwinden.DIAGNOSE SCHIZOPHRENIE –WELCHE PROGNOSE IST BEIDIESER ERKRANKUNG ZU ERWARTEN?Zu Beginn der Erkrankung ist eine verlässlicheEinschätzung des weiteren Verlaufsim Einzelfall nicht möglich. Grundsätzlichist jedoch zu sagen, dass sich diePrognose der Schizophrenie seit Einführungder medikamentösen Behandlungmit Antipsychotika maßgeblich verbesserthat. Statistisch gesehen, tritt beietwa 20% aller Erkrankten nach Abklingender ersten Episode nie wieder eineschizophrene Episode auf. Bei rund 50%kommt es zu Rückfällen, die aber durcheine entsprechende Therapie relativleicht wieder in den Griff zu bekommensind. Lediglich bei einem Drittel kommtes zu einem chronischen Verlauf, wobeidurch die Behandlung „nur“ eine Erleichterungbezüglich der Symptome erreichtwerden kann.TRENDS UND FAKTENIST IN NAHER ZUKUNFT EIN ANSTIEGDER SCHIZOPHRENIE ZU ERWARTEN?Nach heutigem Stand des Wissens bleibtdie Zahl der Erkrankten in den nächstenJahren stabil.WELCHE FORSCHUNGSSTRATEGIENWERDEN DERZEIT VERFOLGT?Wir wissen, dass sowohl Umweltfaktoren(z.B. soziale Faktoren, Stress) als auch biologischeFaktoren (z.B. Genetik) eine wichtigeRolle bei der Entstehung der Schizophreniespielen. Derzeit versucht man vor allem dieInteraktion zwischen Biologie und Umweltbesser zu verstehen. Auch die Therapien(Medikamente, Psychotherapie, Soziotherapie)versucht man ständig zu optimierenund nebenwirkungsärmer zu machen. Hierist auch mehr Engagement seitens deröffentlichen Hand gefragt:Aktuell bestreitetdie Industrie den Gutteil der ForschungsundEntwicklungskosten.WAS BEDEUTET SCHIZOPHRENIE IMHINBLICK AUF DIE VOLKSWIRTSCHAFT?Eine nicht optimale oder zu spät therapierteSchizophrenie führt zu unnötigem Leidfür den Betroffenen und seine Familie – undzu einem enormen volkswirtschaftlichenSchaden. Je schlechter der Patient behandeltwird, umso größer ist die Wahrscheinlichkeiteines Rückfalls und damiteines Krankenstandes bzw. eines Krankenhausaufenthalts.Derzeit entfallen laut deraktuellen „Cost of Disorders of the Brain inEurope“-Studie ein Drittel der Gesamtkostenfür psychische Erkrankungen aufkrankheitsbedingte Arbeitsausfälle, 20% aufKrankenhausaufenthalte. Für Medikamentewerden – obwohl sie nachweislich einenwesentlichen Teil zur erfolgreichen Behandlungbeitragen – lediglich 3% ausgegeben.Bei Schizophrenie kommt noch hinzu, dassviele Betroffene beim Ausbruch derKrankheit relativ jung sind, d.h. noch mittenin ihrer Ausbildung stecken. Viele Patientenbrechen ihre Lehre, ihre Schule bzw. ihrStudium ab, was nachhaltige Konsequenzenfür ihr weiteres Leben hat. In der Folge gehensie Tätigkeiten nach, die nicht ihrem intellektuellenPotenzial entsprechen, oder sie sindüberhaupt arbeitslos und auf die Hilfe anderer(Familie, Staat) angewiesen. Der Betroffenemuss dabei unterstützt werden, seinenPlatz in der erwerbstätigen Gesellschaft zufinden, um seinen Möglichkeiten entsprechendein selbstständiges Leben zu führen.WIE KÖNNTE MAN DIE BETREUUNGUND THERAPIE SCHIZOPHRENERMENSCHEN NOCH OPTIMIEREN?• Aufklärungsarbeit: Unwissenheit trägtdazu bei, dass die Kranken oft verspätetin Behandlung kommen. Seriöse Informationen,wie sie z.B. auf der Homepageder Österreichischen SchizophrenieGesellschaft zu finden sind, sind hierhilfreich (www.schizophrenie.or.at).• Rückfälle und dadurch wiederholteKrankenhausaufenthalte vermeiden, z.B.durch mehr Soziotherapie• Ausbau von Maßnahmen, welche dieberufliche Wiedereingliederung der Betroffenenunterstützen• Moderne Arzneimittel verstärkt einsetzen:Der frühzeitige Einsatz innovativerMedikamente kann dazu beitragen, dasseine schizophrene Phase weniger starkausgeprägt ist bzw. schneller abklingt.9