26.11.2012 Aufrufe

Die Bedeutung des freien Spiels in der Kindergartendidaktik - 4bis8

Die Bedeutung des freien Spiels in der Kindergartendidaktik - 4bis8

Die Bedeutung des freien Spiels in der Kindergartendidaktik - 4bis8

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

«Kognitive Berufslehre»<br />

In Anlehnung an die Berufslehre entwickelten<br />

Coll<strong>in</strong>s, Brown und Newman (1989) das Modell<br />

«Cognitive Apprenticeship», das häufig als<br />

«kognitive Berufslehre» bezeichnet wird. Dah<strong>in</strong>ter<br />

steht <strong>der</strong> Vergleich, dass Lehrl<strong>in</strong>ge durch die<br />

Anleitung e<strong>in</strong>er Meister<strong>in</strong> o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>es Meisters<br />

selber zu Meister<strong>in</strong>nen und Meistern ihres Fachs<br />

werden. Mittels folgen<strong>der</strong> Methoden kann <strong>der</strong><br />

Lernprozess angeregt und unterstützt werden:<br />

– Modell<strong>in</strong>g (Vormachen): Aufgaben und<br />

Tätigkeiten werden von <strong>der</strong> Lehrperson<br />

bewusst vorgemacht und laufend kommentiert.<br />

<strong>Die</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> können diese beobachten<br />

und sich e<strong>in</strong>e erste Vorstellung machen, wie<br />

die Aufgabe gelöst o<strong>der</strong> die Tätigkeit ausgeführt<br />

wird und welche Überlegungen dah<strong>in</strong>terstehen.<br />

– Coach<strong>in</strong>g (Anleiten): Aufmerksam beobachtet<br />

die Lehrperson, wie die K<strong>in</strong><strong>der</strong> an ihre<br />

Aufgaben herangehen und diese lösen.<br />

Anhand ihrer Beobachtungen entscheidet<br />

sie, welche Formen <strong>der</strong> Hilfestellungen und<br />

Ermunterungen notwendig s<strong>in</strong>d, damit e<strong>in</strong>e<br />

vertiefte Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung und nachhaltige<br />

Er kenntnisse unterstützt werden.<br />

– Scaffold<strong>in</strong>g (Unterstützen): <strong>Die</strong> Lehrperson<br />

gibt den K<strong>in</strong><strong>der</strong>n <strong>in</strong> unterschiedlicher Art<br />

und Weise Hilfestellungen, zum Beispiel mit<br />

gezielten Fragen, H<strong>in</strong>weisen zu Lösungsstrategien,<br />

Materialien zur handelnden Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung.<br />

Ziel ist es, die K<strong>in</strong><strong>der</strong> durch<br />

dieses Gerüst zeitweilig zu unterstützen.<br />

– Fad<strong>in</strong>g (Hilfestellung abbauen): Damit wird<br />

<strong>der</strong> allmähliche Abbau <strong>des</strong> Gerüsts beschrieben.<br />

Für die Lehrperson bedeutet dies, dass sie<br />

<strong>in</strong> Übere<strong>in</strong>stimmung mit dem Vermögen e<strong>in</strong>es<br />

K<strong>in</strong><strong>des</strong> o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er Gruppe, ihre Hilfestellungen<br />

verr<strong>in</strong>gert e<strong>in</strong>e Aufgabe zu lösen o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e<br />

Tätigkeit auszuführen.<br />

Zusätzlich zu den vier Kernelementen kommen<br />

noch Artikulation, Reflexion und Exploration<br />

h<strong>in</strong>zu. Mit Artikulation ist geme<strong>in</strong>t, dass die<br />

Lehrperson die K<strong>in</strong><strong>der</strong> auffor<strong>der</strong>t, ihr Vorgehen<br />

sprachlich zu formulieren. In <strong>der</strong> Reflexion werden<br />

verschiedene Vorgehens­ und Lösungsweisen<br />

betrachtet und auf ihren Gehalt h<strong>in</strong> geprüft.<br />

Im Rahmen <strong>der</strong> Exploration werden aufgrund<br />

<strong>des</strong> Gelernten Anschlussfragen, neue Problemstellungen<br />

und Interessen erkundet, mit dem<br />

4 bis 8 | Spezialausgabe | <strong>Die</strong> <strong>Bedeutung</strong> <strong>des</strong> <strong>freien</strong> <strong>Spiels</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>gartendidaktik<br />

Ziel, diese Herausfor<strong>der</strong>ungen möglichst selbstständig<br />

zu meistern.<br />

Das Modell <strong>der</strong> kognitiven Berufslehre eignet<br />

sich dazu, <strong>in</strong> geführten Sequenzen neue Inhalte<br />

e<strong>in</strong>zuführen, anzuwenden und zu reflektieren.<br />

Zugleich wird e<strong>in</strong> Instrumentarium für die Spielund<br />

Lernbegleitung <strong>in</strong> den verschiedenen Unterrichtsformen<br />

zur Verfügung gestellt.<br />

<strong>Die</strong> Begleitung <strong>des</strong> <strong>freien</strong> <strong>Spiels</strong><br />

<strong>Die</strong> Frage, ob die Lehrperson <strong>in</strong> die Spielpro­<br />

zesse <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> e<strong>in</strong>greifen soll o<strong>der</strong> nicht,<br />

erübrigt sich angesichts <strong>der</strong> Ausführungen<br />

Vygotskys. Vielmehr <strong>in</strong>teressiert, <strong>in</strong> welcher<br />

Art und Weise und zu welchem Zeitpunkt sie<br />

das tut, so dass sie das Lernen <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> im<br />

kognitiven, emo tionalen und sozialen Bereich<br />

för<strong>der</strong>t und unterstützt. Johnson, Christie und<br />

Yawkey (1987) beschreiben folgende Möglichkeiten<br />

zur Begleitung <strong>des</strong> <strong>freien</strong> <strong>Spiels</strong>.<br />

Parallelspiel: Beim Parallelspiel begibt sich die<br />

Lehrperson neben dem K<strong>in</strong>d <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e <strong>Spiels</strong>ituation,<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> sie mit denselben Materialien spielt<br />

und ihre Spieltätigkeit kommentiert. Sie versucht<br />

die Aufmerksamkeit auf ihr Spiel zu lenken.<br />

Dem K<strong>in</strong>d ist es jedoch überlassen, ob es<br />

Ideen aufnimmt o<strong>der</strong> nicht.<br />

Mitspiel: Das E<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen <strong>der</strong> Lehrperson beim<br />

Mitspielen kann durch e<strong>in</strong>e direkte E<strong>in</strong>ladung<br />

<strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> erfolgen. O<strong>der</strong> sie besitzt die Möglichkeit,<br />

selber e<strong>in</strong>e Aufgabe o<strong>der</strong> Rolle im<br />

Spiel zu übernehmen. Durch Fragen und Kommentare<br />

reagiert sie auf das Spiel <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>.<br />

Wesentlich ist jedoch, dass die K<strong>in</strong><strong>der</strong> weiterh<strong>in</strong><br />

den Spielverlauf bestimmen.<br />

Bei diesen Formen <strong>der</strong> Spielbegleitung ist die<br />

Lehrperson darauf angewiesen, dass die K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong>en Spielrahmen hergestellt haben und<br />

das Spiel <strong>in</strong> Gang ist. Im Vergleich zum Parallelspiel<br />

hat sie beim Mitspielen mehr E<strong>in</strong>flussmöglichkeiten,<br />

weil sie mit den K<strong>in</strong><strong>der</strong>n spielbezogene<br />

Gespräche über das Spiel führen<br />

und neue K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>in</strong> das Spiel mit e<strong>in</strong>beziehen<br />

kann. Das ermöglicht ihr, dem Spiel auf subtile<br />

Art und Weise Impulse zu geben und neue<br />

Möglichkeiten zu eröffnen.<br />

Spiel-Tutor<strong>in</strong>g: Das Spiel­Tutor<strong>in</strong>g ist e<strong>in</strong>e weitere<br />

Form <strong>der</strong> Spielbegleitung, unterscheidet<br />

sich jedoch <strong>in</strong> drei Aspekten vom Parallel­ und<br />

Mitspiel. Es ist die Lehrperson, welche neue<br />

Spielepisoden <strong>in</strong>itiiert, e<strong>in</strong>e stärker führende<br />

Rolle und Kontrolle über den Spielverlauf<br />

Beobachten und die Lernbegleitung entsprechend<br />

planen.<br />

übernimmt und die K<strong>in</strong><strong>der</strong> neue Spieltätigkeiten<br />

lehrt. Dazu hat sie zwei Möglichkeiten:<br />

Spiel-Tutor<strong>in</strong>g von aussen: <strong>Die</strong> Lehrperson<br />

bleibt ausserhalb <strong>des</strong> <strong>Spiels</strong> und wendet sich<br />

an das K<strong>in</strong>d o<strong>der</strong> die Gruppe, <strong>in</strong>dem sie nachfragt,<br />

was gespielt wird und den K<strong>in</strong><strong>der</strong>n<br />

Vorschläge zu neuen Spieltätigkeiten, zum<br />

Gebrauch von Spielmaterial o<strong>der</strong> zum weiteren<br />

Spielverlauf macht.<br />

Spiel-Tutor<strong>in</strong>g von <strong>in</strong>nen: <strong>Die</strong> Lehrperson<br />

begibt sich <strong>in</strong> das Spiel h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> und übernimmt<br />

e<strong>in</strong>e führende Rolle. So hat sie die Möglichkeit,<br />

neue Spieltätigkeiten vorzumachen und dem<br />

Spielverlauf e<strong>in</strong>e neue Richtung zu geben.<br />

Das Spiel­Tutor<strong>in</strong>g bietet sich an, wenn K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

kaum über Spielfertigkeiten verfügen, sich<br />

nicht von selbst auf verschiedene Spielformen<br />

e<strong>in</strong>lassen, Schwierigkeiten haben, mit an<strong>der</strong>en<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>n zu spielen o<strong>der</strong> wenn das Spiel sehr<br />

repetitiv ist und bereits nach kurzer Zeit abzubrechen<br />

droht.<br />

Spiel<strong>in</strong>tervention mit System<br />

Speziell für das Rollenspiel und basierend auf<br />

<strong>der</strong> Theorie Vygotskys haben Bodrova und<br />

Leong (2008) e<strong>in</strong>e systematische Spiel<strong>in</strong>ter­<br />

11<br />

Fotos: Stefan Weber

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!