An die Freunde der heiligen Therese - Therese von Lisieux
An die Freunde der heiligen Therese - Therese von Lisieux
An die Freunde der heiligen Therese - Therese von Lisieux
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<strong>An</strong><strong>der</strong>s <strong>Therese</strong>, sie „kehrt nichts unter den Teppich“.<br />
Bei ihr verbindet sich mit Verstehen, Mitgefühl,<br />
Hilfsbereitschaft eine ganz wichtige Eigenschaft:<br />
<strong>die</strong> Wahrhaftigkeit. Weil wahrheitsliebend, ist sie<br />
auch keineswegs konfl iktscheu. Die Wahrheit will<br />
gleichsam <strong>von</strong> ihr gesagt sein. Als <strong>die</strong> langjährige<br />
Priorin Maria Gonzaga nicht wie<strong>der</strong>gewählt wird,<br />
ist <strong>die</strong>se tief enttäuscht, ja sogar verbittert und lässt<br />
<strong>die</strong>s ihre Gemeinschaft auch tagelang spüren. <strong>Therese</strong><br />
ist es, <strong>die</strong> ihr in einem Brief liebevoll, aber auch<br />
unmissverständlich den Spiegel vorhält. Und <strong>die</strong>se<br />
bittere Medizin hat gewirkt.<br />
Vor allem <strong>Therese</strong>s Novizinnen erleben ihren Grundsatz:<br />
„Wer <strong>die</strong> Wahrheit nicht hören will, soll nicht<br />
zu mir kommen.“ <strong>Therese</strong> spürt genau, wo bei einer<br />
Novizin „nachgehende Seelsorge“ dran ist und bei wem<br />
sie warten muss. Beson<strong>der</strong>s ihre Novizinnen, auch <strong>die</strong><br />
lange Zeit schwierige Celine, haben gespürt, in <strong>Therese</strong><br />
ist eine geheimnisvolle, ihr Innerstes berührende Gegenwart,<br />
<strong>der</strong> sie sich auf Dauer beugen müssen. Aber<br />
Eigensinn und Stolz lassen sich nur mühsam zähmen.<br />
<strong>Therese</strong>s Klarheit, Wahrhaftigkeit und ihre Jugend<br />
lösten auch Wi<strong>der</strong>spruch aus. Denn wie einst bei Jesus,<br />
hatte man auch bei ihr den Eindruck, das verborgen<br />
liegende Böse werde in ihrer Nähe zur Selbstenthüllung<br />
gezwungen. Obwohl sie nicht provoziert, explo<strong>die</strong>ren<br />
viele in ihrer Gegenwart. Wer an<strong>der</strong>s ist, verunsichert<br />
an<strong>der</strong>e! Deshalb geht durch ihre Biografi e auch das Bild<br />
vom Ärgernis. In vielen Blicken und auch Bemerkungen<br />
lag <strong>der</strong> herablassende Vorwurf: Sie ist eine Verrückte!<br />
8 | <strong>Therese</strong> 2.2011<br />
V - Wer bist du, <strong>Therese</strong>?<br />
Bekannt ist das Stoßgebet ihrer Ordensmutter Teresa<br />
<strong>von</strong> Avila: „Vor sauertöpfi schen Heiligen bewahre uns,<br />
o Herr!“ Das Ausdrucksmächtigste an <strong>Therese</strong> ist ihr<br />
Lächeln. Wenigstens an <strong>die</strong>ses frohmachende, lebensför<strong>der</strong>nde,<br />
heilende Lächeln erinnern sich nach ihrem<br />
Sterben alle, wenn zu Lebzeiten auch Neid und Eifersucht<br />
zunächst Lob unterdrückten o<strong>der</strong> herabspielten.<br />
Tatsächlich stellte <strong>Therese</strong> ihr Innenleben, in den letzten<br />
18 Monaten auch ihre Passion und ihre innere Nacht,<br />
nicht zur Schau, denn sie hat es erfahren und erlitten:<br />
Erstens „gibt es Dinge, <strong>die</strong> ihren Duft verlieren, wenn<br />
man sie <strong>der</strong> Luft aussetzt..“ Zweitens „soll man an<strong>der</strong>e<br />
nicht mit dem belästigen, was einem Gott zu schicken<br />
für gut hält“. Drittens klingt es wie ein Wahlspruch:<br />
„Ihm, den ich liebe, soll mein Lächeln strahlen, auch<br />
wenn er, mich zu prüfen, sich verbirgt.“ Übrigens hatte<br />
sie sich schon seit ihrer Erstkommunion „angewöhnt,<br />
sich nie zu beklagen o<strong>der</strong> etwas zu entschuldigen“.<br />
Im Gegenteil: „Faire plaisir“. Sie will Jesus Freude<br />
bereiten und ihre Mitmenschen froh machen. Ihre<br />
Novizenmeisterin bestätigt ihr viel Humor und Sinn<br />
für Neckereien. Wörtlich: „<strong>Therese</strong> sorgt in vielen<br />
Erholungsstunden dafür, dass wir uns totlachen. Und<br />
wenn sie abwesend ist, hört man <strong>die</strong> Klage: Heute wird<br />
es nichts zu lachen geben.“ Sie verehrt den Märtyrer<br />
Theophane Venard, weil er ein froher Heiliger ist. Noch<br />
auf dem Krankenlager und Sterbebett kann sie eine<br />
klare Freudigkeit ausstrahlen, so dass ihre Besucher<br />
beschenkt und getröstet ihr Zimmer verließen.