Untitled - Ott Verlag
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Unser Planet Erde soll jetzt etwa viereinhalb Milliarden Jahre alt sein. Da nimmt sich das Alter<br />
der ältesten Gesteine im Berner Oberland mit rund 300 Millionen Jahren geradezu jugendlich<br />
aus. Und nur knapp halb so alt wie diese Aaregranite der Grimselregion sind die ältesten<br />
Felsen im Simmental. Während der Granit in mehreren Kilometern Tiefe bei der allmählichen<br />
Erstarrung des flüssigen Magmas entstanden ist, sind die Berge des westlichen Berner Oberlandes<br />
durchwegs aus einstigen Meeresböden aufgebaut. Die Ablagerungen oder Sedimente<br />
haben sich in sehr unterschiedlicher Wassertiefe gebildet.<br />
In oftmals grosser Tiefe und über lange Zeiträume hinweg sind die festen hellen Kalk- oder<br />
Dolomitfelsen abgelagert worden, die uns etwa an der Simmeflue oder am Stockhorn, in der<br />
Spillgertegruppe oder dem Wildstrubelgebiet auffallen. Kalkgesteine werden mehrheitlich<br />
durch Überreste von kleinen Meeresorganismen gebildet. Ganz anders verlief die Entstehung<br />
des im Diemtig- und Simmental weit verbreiteten Flyschs. Die aus ganz unterschiedlich grobem<br />
Material bestehenden Flyschschichten sind das Ergebnis rasch ablaufender <strong>Verlag</strong>erungen<br />
von Schlamm, Sand und Steinen. Diese haben sich in erdgeschichtlich jüngerer Zeit<br />
ereignet. Nicht selten trifft man im Simmental auch auf eine Art Naturbeton, die sogenannte<br />
Brekzie. In feinstes Schlamm- und Sandmaterial eingelagerte, eckig-scharfkantige Felsstücke<br />
bieten einen Anblick, wie eine soeben erstarrte Betonmischung. Neuzeitliche Mischungen dieser<br />
Art müssen oft schon nach wenigen Jahrzehnten wieder erneuert werden, wie an mancher<br />
Baustelle besichtigt werden kann – der Naturbeton Brekzie dagegen ist auch nach einigen<br />
Millionen Jahren noch von hervorragender Qualität.<br />
Das Bild der heutigen Simmentaler Landschaft ist nicht von Dauer. Unsere Berge sind alles<br />
andere als auf ewige Zeiten stolz dastehende Felsmassive. Die in der Erdkruste wirksamen<br />
planetaren Kräfte haben die einstigen Meeresböden über grosse Distanzen übereinander-<br />
geschoben und mehrere Kilometer hoch angehoben. Während Jahrhunderttausenden bearbeiteten<br />
die gewaltigen Eismassen der Eiszeitgletscher die über das Meeresniveau aufragenden<br />
Kontinente. Erst vor etwa zehntausend Jahren hat der letzte eiszeitliche Simmegletscher die<br />
heutige Landschaft freigegeben.<br />
Auch die Erosionskraft des fliessenden Wassers spielt bei der Gestaltung der Landschaft<br />
eine wichtige Rolle. Als älterer Simmentaler erinnert man sich an eine ganze Reihe von Erdrutschen,<br />
Felsstürzen, Steinschlägen oder an tonnenweise Schuttmaterial, das ein wild gewordener<br />
Bergbach zu Tal beförderte und auf Wiesen und Strassen ablagerte. Nur schon während<br />
einem kurzen Menschenleben passiert in der Landschaft draussen manche Änderung. Man<br />
kann sich unschwer vorstellen, wie tiefgreifend sich das Bild in einigen zehntausend Jahren<br />
wandelt. Und zehntausend Jahre sind im Gang der Jahrmillionen ein Nichts.<br />
Simmental und diemtigtal | 17