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Geschäftsbericht 2010 - Heinrich Schmid

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<strong>Geschäftsbericht</strong> <strong>2010</strong><br />

Unternehmensgruppe<br />

<strong>Heinrich</strong> <strong>Schmid</strong><br />

Maler Ausbauer Dienstleister<br />

HS – Handwerk mit System ®


2 <strong>Heinrich</strong> <strong>Schmid</strong> ® <strong>Geschäftsbericht</strong> <strong>2010</strong><br />

Editorial<br />

Warum nicht einmal einen anderen Einstieg in einen Ge-<br />

schäftsbericht wagen?<br />

Das wär’s doch wohl … „Das aktuelle Sportstudio“ des<br />

ZDF berichtet am Samstagabend, 7. Mai 2011, von 23:00<br />

Uhr bis 00:15 Uhr, über alle Spiele der Fußballbundesliga<br />

in der Saison 2009/<strong>2010</strong>. Renommierte Sportjournalisten<br />

führen Interviews, kommentieren Ereignisse, fein säuber-<br />

lich getrennt nach Heim- und Auswärtsspielen. Zahlen und<br />

Bilder über geschossene, kassierte und Eigentore werden<br />

ebenso präsentiert wie Fouls, Scheren, Schiedsrichterbe-<br />

leidigungen und Spielertransfers. Interviews mit ganz ver-<br />

schiedenen Personen und Persönlichkeiten runden den<br />

Bericht ab. Von ein paar Insidern abgesehen, erfährt die<br />

interessierte Öffentlichkeit in dieser Sendung zum ersten<br />

Mal, was vor 12 bis 17 Monaten in der obersten Spiel-<br />

klasse der Balltreter genau passiert ist … Es braucht nicht<br />

viel Fantasie, um sich die Reaktionen der Menschen vor<br />

dem Bildschirm vorstellen zu können. Die einen würden<br />

sich wahrscheinlich über den „Schnee von gestern“ aufregen,<br />

die anderen über die Verspätung der Berichterstattung<br />

den Kopf schütteln, und die meisten würden wohl<br />

diesen „<strong>Geschäftsbericht</strong>“ mit den markigen Worten<br />

wegzappen: „Ich will Akteure und Aktionen live erleben. Ich<br />

bin doch nicht …“<br />

Für einen klassischen <strong>Geschäftsbericht</strong> gilt letztendlich<br />

Ähnliches. Auch wenn seine tradierte Aufgabe darin besteht,<br />

über das abgelaufene Jahr zu informieren mit Tabellen,<br />

Ziffern, Zahlen und den Geldbeträgen, die in diesem<br />

Zeitraum hin und her flossen. Man weiß beim Studium<br />

des Berichtes, dass die Akteure dieser Spielzüge<br />

längst andernorts in der Arena stehen und Realitäten inzwischen<br />

ganz andere Formen angenommen haben.<br />

Kommt der Wunsch des interessierten Lesers hinzu, mehr<br />

über Menschen und Aktionen zu erfahren, die hinter diesen<br />

Ziffern, Zahlen und Bewegungen stehen, werden die<br />

angebotenen Informationen schnell kurzatmig. Gute Kom-


munikation lebt aber gerade davon, dass Geschichten er-<br />

zählt werden und über die Siege und Niederlagen der Ak-<br />

teure gesprochen und berichtet wird.<br />

Die Unternehmensgruppe <strong>Heinrich</strong> <strong>Schmid</strong> lebt von ihren<br />

Menschen, den Lehrlingen, Gesellen und Meistern, die auf<br />

unseren Baustellen den Erfolg sichern. Dazu kommen Manager,<br />

Assistenten und Dienstleister in den Büros. Teil I unseres<br />

<strong>Geschäftsbericht</strong>s stellt deshalb diese Menschen ins<br />

Zentrum. Nicht aus dem vertrauten Blickwinkel des Mana -<br />

ge ments, sondern aus einer unvoreingenommenen Au ßen -<br />

sicht: Absolventen der „Zeitenspiegel-Reportageschule<br />

Gün ter Dahl“ in Reutlingen (<strong>Heinrich</strong> <strong>Schmid</strong> ist einer der<br />

Hauptsponsoren dieser Schule) schildern aus ihrer Sicht,<br />

wie sie die „Spielmacher“, „Flügelflitzer“ und „mannschafts -<br />

dienlichen Mitspieler“ erleben; in Aktion, drau ßen vor Ort,<br />

hier und jetzt. Wir laden unsere Leser herz lich ein, auf diese<br />

Art hautnah in unser Spielgeschehen einzusteigen, mitzufühlen,<br />

als Insider zu kommentieren und die Macher von<br />

morgen bei <strong>Heinrich</strong> <strong>Schmid</strong> auszuspähen.<br />

Im Geschäftsjahr <strong>2010</strong> ist der Umsatz deutschlandweit<br />

um 11,4 Mio. € gewachsen – er hat sich um plus 4,1 Prozentpunkte<br />

verändert. <strong>2010</strong> war dabei ein hartes Jahr.<br />

Nicht nur die Wirtschafts- und Finanzkrise machte uns zu<br />

schaffen, sondern auch die Witterungsverhältnisse in den<br />

ersten drei Monaten zu Beginn des Jahres und dann noch<br />

einmal die Kälte sowie die heftigen Schnee fälle im Dezember<br />

<strong>2010</strong>. Uns begleitete ziemlich lange die Sorge, dass<br />

diese Bedingungen die Jahresarbeitsstunden pro Mit ar -<br />

beiter unter die Werte von 2009 drücken würden. Zu den<br />

rückläufigen Erlösen käme dann der Sprung der Gemeinkosten<br />

nach oben. Dieser sorgende Blick und unsere vorsorgende<br />

Einstellung haben aber dann bewirkt, dass wir<br />

den Wetterunverträglichkeiten trotzten und 22 Stunden<br />

mehr an Jahresarbeitszeit pro Mitarbeiter geleistet werden<br />

konnten. Es war ein sehr herausforderndes Unterfangen.<br />

Die Umsetzung gelang. Vor Ihnen liegt ein ordentliches<br />

Ergebnis.<br />

„Gemeinsam – und jeden Tag besser“, das prägt unser<br />

Handeln und das ist unser Leitbild für 2011 und die Folgejahre.<br />

Wir sind damit gefordert, Strukturen laufend zu<br />

verbessern und Voraussetzungen zu schaffen, dass jeder<br />

Einzelne und alle zusammen den gemeinsamen Erfolg sichern<br />

können. Die Verantwortung dafür liegt bei uns allen.<br />

Dank<br />

Der Erfolg des Hauses <strong>Heinrich</strong> <strong>Schmid</strong> ist immer ein gemeinsamer<br />

Erfolg. Dies auszudrücken ist uns ein wesentliches<br />

Anliegen. Im Namen der Gesellschafterversammlungen<br />

und im Namen der Geschäftsführung der einzelnen<br />

Gesellschaften bedanken wir uns persönlich bei allen unseren<br />

Kunden, die uns mit ihren Aufträgen nachhaltig ihr<br />

<strong>Heinrich</strong> <strong>Schmid</strong> ® <strong>Geschäftsbericht</strong> <strong>2010</strong> 3<br />

Gerd Zimmermann, Generalbevollmächtigter<br />

Vertrauen bekundet haben. Der Dank gilt auch allen Mitarbeitern,<br />

die mit persönlichem Einsatz und guter Arbeit die<br />

Chancen des Marktes genutzt und zum erfolgreichen Ergebnis<br />

<strong>2010</strong> beigetragen haben.<br />

Besonderer Dank gebührt unseren Banken und Versicherungen.<br />

Sie haben die Ertragskraft von <strong>Heinrich</strong> <strong>Schmid</strong><br />

diskussionsfrei und unbürokratisch proaktiv unterstützt. In<br />

unseren Dank sind auch unsere Lieferanten einbezogen,<br />

deren jahrelanges Vertrauen und deren gute Ratschläge<br />

wir stets zu schätzen wissen. Auch bei unserer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft,<br />

der RWT REUTLINGER<br />

WIRT SCHAFTSTREUHAND GMBH, möchten wir uns bedanken,<br />

denn ihr obliegt es, die Werthaltigkeit der vorgelegten<br />

Finanzzahlen zu überprüfen, zu testieren und sie für<br />

die Veröffentlichung aufzubereiten. Alle Beteiligten haben<br />

es gemeinsam möglich gemacht, dass <strong>Heinrich</strong> <strong>Schmid</strong><br />

klaren und zukunftsweisenden Bestand aufzeigen kann.<br />

Gerd Zimmermann<br />

Generalbevollmächtigter


4 <strong>Heinrich</strong> <strong>Schmid</strong> ® <strong>Geschäftsbericht</strong> <strong>2010</strong><br />

<strong>Heinrich</strong> <strong>Schmid</strong> in Zahlen<br />

4 Standorte<br />

4 Gesamtentwicklung<br />

15 Unternehmens bereiche<br />

und Umsatzanteile<br />

19 Personalstruktur<br />

20 Beschäftigung<br />

im Bau- und Malergewerbe<br />

27 Umsatzentwicklung<br />

33 Weiterbildung<br />

34 Mitarbeiter<br />

<strong>Heinrich</strong> <strong>Schmid</strong> in Zahlen<br />

Gesamtentwicklung <strong>Heinrich</strong> <strong>Schmid</strong>, Deutschland, 2001–<strong>2010</strong><br />

Umsatz<br />

(Mio. Euro)<br />

Mitarbeiter<br />

(Anzahl)*<br />

Personalaufwand<br />

(Mio. Euro)<br />

Cashflow<br />

(Mio. Euro)<br />

Investitionen<br />

(Mio. Euro)<br />

221,8<br />

3 044<br />

105,2<br />

12,3<br />

6,9<br />

– 0,4<br />

– 0,6<br />

+ 0,5<br />

+ 19,4<br />

– 27,4<br />

218,2<br />

2 934<br />

103,3<br />

10,6<br />

6,9<br />

– 1,6<br />

– 3,6<br />

– 1,8<br />

– 13,8<br />

0,0<br />

205,5<br />

2 501<br />

97,5<br />

10,8<br />

5,5<br />

– 5,8<br />

– 14,8<br />

– 5,6<br />

+ 1,9<br />

– 20,3<br />

204,6<br />

2 478<br />

92,9<br />

11,5<br />

5,3<br />

– 0,4<br />

– 0,9<br />

– 4,7<br />

+ 6,5<br />

– 3,6<br />

Madrid<br />

Spanien<br />

212,0<br />

2 524<br />

94,7<br />

13,5<br />

7,5<br />

+ 3,6<br />

+ 1,9<br />

+ 1,9<br />

+ 17,4<br />

+ 41,5<br />

230,8<br />

2 687<br />

97,4<br />

15,1<br />

9,1<br />

Paris<br />

Frankreich<br />

+ 8,9<br />

+ 6,5<br />

+ 2,9<br />

+ 11,7<br />

+ 21,2<br />

249,1<br />

2 806<br />

106,5<br />

24,2<br />

10,0<br />

Bremen<br />

Deutschland<br />

Düsseldorf<br />

Frankfurt<br />

Bern Schweiz<br />

+ 7,9<br />

+ 4,5<br />

+ 9,3<br />

+ 60,2<br />

+ 9,9<br />

Hamburg<br />

Berlin<br />

Stuttgart<br />

München<br />

* Stand 31.12.<strong>2010</strong>, ** Veränderungen im Vergleich zum Vorjahr, *** Veränderungen in der Konsolidierungsstruktur, Anpassung der Vorjahreszahlen<br />

273,0<br />

2 993<br />

112,2<br />

18,6<br />

16,4<br />

+ 9,6<br />

+ 6,7<br />

+ 5,3<br />

– 23,1<br />

+ 64,0<br />

Wien<br />

Österreich<br />

2001*** 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 <strong>2010</strong><br />

abs. %** abs. % abs. % abs. % abs. % abs. % abs. % abs. % abs. % abs. %<br />

272,5<br />

3 037<br />

116,1<br />

17,4<br />

10,3<br />

– 0,2<br />

+ 1,5<br />

+ 3,4<br />

– 6,5<br />

– 37,2<br />

283,9<br />

3 286<br />

118,1<br />

22,1 + 27,0<br />

11,2<br />

+ 4,1<br />

+ 8,2<br />

+ 1,7<br />

+ 8,7


Inhalt<br />

2 Editorial<br />

6 Handwerk trifft Industrie<br />

Edzard Reuter und Carl-Heiner <strong>Schmid</strong> loten<br />

aus, was Industrie und Handwerk von ein -<br />

ander lernen können.<br />

10 Arbeit im Umbruch<br />

Über die Ausstellung zum Wandel der<br />

Arbeitswelt seit 1945 vom Haus der Geschichte<br />

der Bundesrepublik Deutschland<br />

12 Über die Wupper<br />

Viele Städte im Westen Deutschlands sind<br />

überschuldet. Es braucht neue Ideen und<br />

Initiativen, um das Ruder herumzureißen.<br />

Beispiel Wuppertal.<br />

14 Einer für alle ...<br />

Weniger Einwohner – weniger Aufträge?<br />

Das Gegenmittel der Ruhrgebiet-Standorte<br />

heißt Kooperation.<br />

16 Geht los!<br />

Bei null anfangen, ohne Kunden, ohne<br />

Umsatz. Mirko Tipp mann in Dresden knüpft<br />

Netzwerke.<br />

22 Arbeitswelten<br />

Vieles ist richtig im traditionellen Handwerk.<br />

Manches wird besser, wenn man es auf den<br />

Kopf stellt.<br />

26 Der Kundenflüsterer<br />

Verlegen, Malen, Sanieren – das allein reicht<br />

nicht, um Kunden zu erobern und Aufträge<br />

zu bekommen. Nähe ist gefragt.<br />

30 Nachwuchs maßgeschneidert<br />

<strong>Heinrich</strong> <strong>Schmid</strong> sucht gute Mitarbeiter, vom<br />

Lehrling bis zum Regionalleiter. Und macht sie<br />

selbst: Das Unternehmen lässt Haupt- und<br />

Realschüler studieren.<br />

34 Diese Maler muss man sich merken<br />

Oft geben scheinbare Kleinigkeiten den Ausschlag,<br />

ob ein Kunde zufrieden ist. Christian<br />

Schütz in Linz hat sie im Blick.<br />

<strong>Heinrich</strong> <strong>Schmid</strong> ® <strong>Geschäftsbericht</strong> <strong>2010</strong> 5


6 <strong>Heinrich</strong> <strong>Schmid</strong> ® <strong>Geschäftsbericht</strong> <strong>2010</strong>


<strong>Heinrich</strong> <strong>Schmid</strong> ® <strong>Geschäftsbericht</strong> <strong>2010</strong> 7<br />

Handwerk<br />

trifft<br />

Industrie<br />

I n t e r v i e w m i t E d z a r d R e u t e r u n d C a r l - H e i n e r S c h m i d _ M o d e r a t o r : U l r i c h B a u s c h _ F o t o s : C h r i s t o p h P ü s c h n e r<br />

Industrie und Handwerk gelten noch immer als zwei parallele Welten. Wurden in<br />

der Industrie schon vor Jahrzehnten alle Arbeitsabläufe unter dem Gesichtspunkt<br />

der Produktivität optimiert, blieben im klassischen Handwerk Begriffe wie<br />

„Prozess optimierung“ oder „Controlling“ bis heute Fremdwörter. Edzard Reuter,<br />

ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Daimler-Benz AG, und Carl-Heiner <strong>Schmid</strong><br />

haben ausgelotet, was Industrie und Handwerk von einander lernen können, was<br />

sie trennt und was sie verbindet. Das Gespräch leitete Ulrich Bausch, Leiter der<br />

Zeitenspiegel-Reportageschule Günter Dahl.<br />

Voneinander lernen – Carl-Heiner <strong>Schmid</strong><br />

im Diskurs mit Edzard Reuter


8 <strong>Heinrich</strong> <strong>Schmid</strong> ® <strong>Geschäftsbericht</strong> <strong>2010</strong>


„Eine Großbaustelle ist ein mindestens so<br />

komplexer Vorgang wie ein Industrieunternehmen.“<br />

– Zwei Führungspersönlichkeiten, zwei Sichtweisen,<br />

eine Perspektive.<br />

Ulrich Bausch: Herr Reuter, Sie haben einen der weltweit größ-<br />

ten Industriekonzerne geleitet – was bedeutet für Sie Handwerk?<br />

Edzard Reuter: Qualität ist die Wurzel des deutschen Erfolges in<br />

der Welt. Wir werden in Zukunft nur dann unseren Rang als füh-<br />

rende Exportnation behaupten, wenn wir uns auf diese Wurzeln<br />

besinnen: Entscheidend zählt dazu die Tradition des handwerk-<br />

lichen Qualitätsbegriffs.<br />

Bausch: Herr <strong>Schmid</strong>, Handwerk und Industrie – sind das zwei<br />

Welten, die sich nicht allzu viel zu sagen haben …<br />

Carl-Heiner <strong>Schmid</strong>: … deshalb ist es höchste Zeit, mehr von-<br />

einander zu lernen. Was Arbeitsprozesse angeht, hinken wir der<br />

Industrie doch mindestens zwei Generationen hinterher.<br />

Bausch: Inwiefern?<br />

<strong>Schmid</strong>: Es steckt schon im Namen: Hand-Werker. In unserer<br />

Branche wird gearbeitet und gemacht, aber zu wenig analysiert.<br />

Eine Großbaustelle ist aber ein mindestens so komplexer Vorgang<br />

wie ein Industrieunternehmen. Da lässt sich vieles optimieren,<br />

wenn man vorher die Arbeitsabläufe beschreibt und sie an die<br />

jeweilige Situation anpasst. Mit ihrem Prozessdenken ist die Industrie<br />

viel weiter als das Handwerk.<br />

Reuter: Man kann allerdings die Erfahrungen und Abläufe aus der<br />

Industrie nicht einfach übernehmen, sondern muss sie auf die Bedingungen<br />

im Handwerk übersetzen …<br />

<strong>Schmid</strong>: Ich bin da optimistisch. Das Handwerk wird sich wandeln.<br />

Wir sind auf dem Weg zu dem, was ich den Handwerker 2.0<br />

nenne. Das ist einer, der die Dinge miteinander verbindet. Der auf<br />

der Baustelle nicht nur stur seine Malerarbeiten erledigt, sondern,<br />

wenn der Kunde nach einem Gipser oder Bodenleger fragt, antwortet:<br />

Das können wir auch.<br />

Bausch: Wird also der Wettbewerb unter Handwerkern in Zukunft<br />

mehr über die Kundenkommunikation entschieden …<br />

<strong>Schmid</strong>: Richtig. Streichen können die Mitbewerber so gut wie<br />

wir. Aber das kleine Team vor Ort, die Leute auf der Baustelle, die<br />

nicht nur für <strong>Heinrich</strong> <strong>Schmid</strong> arbeiten, sondern <strong>Heinrich</strong> <strong>Schmid</strong><br />

sind, diese Leute entscheiden, ob wir wiederkommen dürfen.<br />

<strong>Heinrich</strong> <strong>Schmid</strong> ® <strong>Geschäftsbericht</strong> <strong>2010</strong> 9<br />

Bausch: … oder über den Preis?<br />

<strong>Schmid</strong>: Die reine Orientierung an den Finanzen hat dazu geführt,<br />

dass wir gegen die Mitbewerber rennen. Dabei sollten wir doch für<br />

den Kunden rennen. Wenn Sie für den Kunden rennen, wird der<br />

Preis zur Nebensache. Der Kundenflüsterer, der einfühlsam mit<br />

seinen Kunden umgeht, wird nie Auftragsnöte haben.<br />

Reuter: Wissen und Können sind das eine. Doch in allen Bereichen<br />

der Wirtschaft ist eben das Bewusstsein gewachsen, dass<br />

es daneben auch immer stärker auf die soziale Kompetenz der<br />

Mitarbeiter ankommt. Respektvoller Umgang sowohl nach innen<br />

wie nach außen. Anstand und Respekt: das sind zutiefst europäische<br />

Werte, an die wir uns wieder stärker erinnern müssen.<br />

Für eine aus der Sicht der Kunden erfolgreiche Teamarbeit eines<br />

Anbieters sind sie unverzichtbar. Die von manchen als Erfolgsgarantie<br />

propagierte Ellenbogenmentalität bewirkt das genaue<br />

Gegenteil. Wir müssen uns wieder darauf besinnen, was unsere<br />

Grundwerte sind. Solidarität und Rücksichtnahme, das bedeutet<br />

kluge Zusammenarbeit anstelle des Vorrangs kurzsichtiger Eigeninteressen.<br />

Wer sich danach richtet, dient zugleich dem Gemeinwohl.<br />

Bausch: In großen Unternehmen ist heute neben der fachlichen<br />

Kompetenz die soziale Verantwortung eines neuen Mitarbeiters<br />

für die Einstellung mit ausschlaggebend. Und im Handwerk?<br />

<strong>Schmid</strong>: Wer das nicht mitbringt, muss es eben lernen. Bei uns<br />

gehört der verantwortungsvolle Umgang mit den eigenen Mitarbeitern,<br />

aber auch der Auftritt vor Kunden zur Ausbildung genauso<br />

dazu. Lernen hört nie auf. Sie bekommen doch heute nur<br />

noch gutes Personal, wenn sie dem Einzelnen Herausforderungen<br />

bieten. Wenn jemand von morgens bis abends nichts anderes<br />

macht, als Wände weiß zu streichen, ist er unterfordert. Seine<br />

Gedanken sind woanders, und er sieht die Tätigkeit nur als Ersatz,<br />

um Geld zu verdienen, mit dem er sich andere Vergnügungen<br />

leisten kann. Geld allein ist eine schlechte Motivationsquelle.<br />

Wenn es uns gelingt, dass die Arbeit motiviert, dann sind wir der<br />

große Gewinner.


10 <strong>Heinrich</strong> <strong>Schmid</strong> ® <strong>Geschäftsbericht</strong> <strong>2010</strong><br />

Arbeit im Umbruch<br />

Über die Ausstellung zum Wandel der Arbeitswelt seit 1945<br />

vom Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland<br />

Te x t : G a b i W u t t k e _ F o t o s : K a t h r i n H a r m s / A r c h i v H a u s d e r G e s c h i c h t e<br />

Die Wasserwellen der jungen Frauen sind frisch<br />

gelegt. Zu zehnt sitzen sie in einer Reihe in der<br />

Werkshalle vor den Nähmaschinen. Das pau-<br />

senlose Rattern meint man noch über ein hal-<br />

bes Jahrhundert später zu hören. „Wirtschafts-<br />

wunder. Da ging’s wieder bergauf“, erinnert der<br />

weißhaarige Betrachter seine Gattin. „War ja al-<br />

les futsch. Jeden Morgen sind wir um 5 Uhr auf-<br />

gestanden, sechs Tage die Woche, bei Wind<br />

und Wetter. Da wurde nicht gemurrt, da wurde<br />

geklotzt, bis die Augen zufielen.“<br />

In Wolfsburg stehen zehn Jahre nach Kriegs -<br />

ende zu viele Karosserien hintereinander, als<br />

dass sie auf ein einziges Bild gepasst hätten.<br />

Die Män ner wuchten schwere Kisten, greifen in<br />

Papp kartons und Metallregale, leeren Paletten,<br />

schrauben, schweißen und passen das Innenleben<br />

des Käfers an. Der Globus trägt auf einem<br />

Werbeplakat von VW einen eleganten grauen<br />

Zylinder und verkündet stolz: „In aller Welt zieht<br />

man den Hut. 1 Million Volkswagen – bei steigender<br />

Qualität und sinkenden Preisen.“<br />

Ob das einstige Wirtschaftswunderkind an dem<br />

Zitat auf der großen Stellwand absichtlich vor bei -<br />

gegangen ist? Es stammt von Hannah Arendt.<br />

Schon 1958 – als die modernsten Automatisierungsanlagen<br />

aus den USA importiert, die ers -<br />

ten Spinnerinnen mit ihren traditionellen Arbeitsschürzen<br />

verbannt worden waren und die<br />

Tätigkeit in den Montagehallen auf immer weniger<br />

Handgriffe reduziert wurde – schrieb die Soziologin:<br />

„Was uns bevorsteht, ist die Aussicht<br />

auf eine Arbeitsgesellschaft, der die Arbeit ausgegangen<br />

ist.“<br />

In der Bundesrepublik Deutschland nahm man<br />

das als Warnung nicht zur Kenntnis – obwohl in<br />

der gewerblichen Industrie einzelne Branchen<br />

bereits an ihre Wachstumsgrenzen gestoßen<br />

waren. Denn die Welt zog ihren Hut nicht, ohne<br />

einen Preis zu fordern: So schrumpfte wegen<br />

der billigeren Konkurrenz aus dem Ausland<br />

die Textil- und Bekleidungsbranche. Aber es<br />

wurde weiter auf Technik gesetzt: Mit der „Arbeitsschauuhr“,<br />

einem kiloschweren, deutschen<br />

Ham merschlagprodukt, das mit einem Lochstreifen<br />

gefüttert und über vier Tasten bedient<br />

wurde. Obwohl mit diesem Gerät die Normzeiten<br />

für die verbliebenen Näherinnen immer weiter<br />

hochgeschraubt wurden, waren viele Betriebe<br />

in den 70er-Jahren nicht mehr satisfaktionsfähig.<br />

Es kam die Stunde null des Dienstleistungssektors.<br />

Die Ausstellung kontrastiert das eindringlich:<br />

Eine Reihe chromblitzender Geldautomaten<br />

und die quietschgelbe Eigenwerbung der Deutschen<br />

Post AG als „Global Player“, stehen<br />

Schwarz-Weiß-Fotos aus der ehrwürdigen<br />

Schalterhalle einer Sparkasse der 50er-Jahre<br />

gegenüber. Die bargeldlose Überweisung war<br />

den meisten noch unbekannt; die Löhne wurden<br />

wöchentlich ausbezahlt, was übrig blieb<br />

kam aufs Sparbuch. Hinter den Schaltern nahmen<br />

Beamte das Geld entgegen und verwalteten<br />

es vertraulich – auf dass der verdiente Wohlstand<br />

sich redlich vermehre.<br />

„Und mit dem ersten Auto ging’s dann ab an die<br />

Riviera“, schwärmt der alte Herr. „Und wann<br />

hast du die ersten Wertpapiere gekauft?“, erkundigt<br />

sich seine Frau. Es muss in den 60er-<br />

Jahren gewesen sein. Da begann für Sparkassen<br />

und Banken das Massengeschäft mit den<br />

kleinen Leuten. 1970 kam die Bankleitzahl, aus<br />

Beamten wurden Angestellte, die ersten Institute<br />

schafften sich EDV- Anlagen an. Das Zeitalter<br />

der Mechanik war vorbei, die Arbeitsabläufe<br />

wurden immer weiter rationalisiert und durch<br />

Kooperationen im Sinne der Unternehmen optimiert.<br />

Die Freude an der Arbeit, auch an harter Arbeit,<br />

als sinnstiftendem Lebenszweck war perdu. Sie<br />

habe ihren Beruf lange geliebt, sagt eine ehemalige<br />

Bankfachfrau in einem der aufgezeichneten<br />

Interviews. Gern und viel habe sie gearbeitet,<br />

um ihre Kunden nach bestem Wissen<br />

und Gewissen zu beraten. Aber in den 70ern<br />

musste sie dann ins Verkaufstraining und der<br />

Druck auf die Messbarkeit der Umsätze sei in<br />

der folgenden Zeit gewaltig geworden. Computer<br />

zogen auch in andere Gewerbe ein. „Je weiter<br />

die Technik fortschritt, umso ersetzbarer wur -<br />

den wir“, erklärt ein Schriftsetzer mit einem bitteren<br />

Lächeln. Bleilettern, Winkelhaken, Ahle<br />

und Pinzette: Heute ist das Kunsthandwerk.<br />

Was also lief falsch? Das fragen sich nicht nur<br />

die Besucher der Ausstellung. Warum wird Arbeit<br />

inzwischen überwiegend als Belastung<br />

empfunden, als Mittel zum Zweck? Weil – so<br />

schreibt auch der Sozialforscher Dieter Sauer im<br />

Katalog – Unsicherheit und Angst natürlich nicht<br />

nur von den Märkten Besitz ergriffen. Weil für<br />

die Parole „Hauptsache Arbeit“ deren „Qualität“<br />

in den Hintergrund gerückt und der Arbeitnehmer<br />

zu einer jederzeit ersetzbaren Figur im großen<br />

Spiel wurde.<br />

Wie ist nun denen entgegenzutreten, die inzwi -<br />

schen auf offene Ohren stoßen, wenn sie das<br />

baldige Ende der Arbeitsgesellschaft verkünden?<br />

Wie ist – angesichts sinkenden Erwerbsvolumens<br />

– den Beschäftigten der zunehmende<br />

zeitliche und räumliche Flexibilisierungsbedarf<br />

schmackhaft zu machen? Wie der Kranken-


stand zu senken? Für eine bessere Zukunft rät<br />

Professor Sauer, Planung und Ausführung wie-<br />

der in die Unternehmen zurückzuholen und da-<br />

bei das Potenzial der eigenen Mitarbeiter zu<br />

nutzen. Strategien (und seien es die weiterer<br />

Rationalisierungen) seien im Verbund mit den<br />

Beschäftigten – die sich auch bei der Balance<br />

zwischen Arbeit und Leben mehr Selbstständigkeit<br />

wünschen – am besten zu entwickeln.<br />

Sein Stichwort: „Subjektivierung der Arbeit“.<br />

Das Rentnerehepaar ist mit dem Thema „Arbeit“<br />

längst durch. Seidensticker, das seine Näherinnen<br />

in den 50er-Jahren fotografieren ließ, hat<br />

überlebt und befindet sich noch heute in Familienbesitz.<br />

„Think global – act local“ ist sein Motto.<br />

Vor einem halben Jahrhundert verdienten<br />

seine Näherinnen durchschnittlich 3 Mark in der<br />

Stunde. Der Wert der in China produzierten T-<br />

Shirts, die allein 2005 nach Deutschland exportiert<br />

wurden, betrug 1687 Millionen Euro. Eine<br />

<strong>Heinrich</strong> <strong>Schmid</strong> ® <strong>Geschäftsbericht</strong> <strong>2010</strong> 11<br />

Wirtschaftswunder –<br />

schön, schön war die Zeit.<br />

Wanderarbeiterin erhält pro Stunde etwa 50<br />

Cent. Nicht nur dieser Umstand sollte uns allen<br />

zu denken geben. Auch die Ausstellung schließt<br />

mit den Worten: Die „Auseinandersetzung um<br />

Arbeit wird auch in Zukunft den Lauf der Geschichte<br />

wesentlich prägen.“<br />

G a b i W u t t k e a r b e i t e t f ü r d i e R e d a k t i o n e n<br />

K u l t u r u n d P o l i t i k v o n D e u t s c h l a n d r a d i o<br />

K u l t u r.


12 <strong>Heinrich</strong> <strong>Schmid</strong> ® <strong>Geschäftsbericht</strong> <strong>2010</strong><br />

Musste früher ein zum Tode Verurteilter von seiner Gefängniszel-<br />

le in Elberfeld zur Hinrichtungsstätte gehen, führte der Weg über<br />

den Fluss Wupper. „Über die Wupper gehen“ wurde so zum Sy -<br />

nonym für das Ende, das Scheitern, den Bankrott. Wie ein Trep-<br />

penwitz der Geschichte muss es daher wirken, dass heute die<br />

Stadt Wuppertal (ein Zusammenschluss der Städte Elberfeld und<br />

Barmen) selbst über die Wupper zu gehen droht. Die Stadt ist na-<br />

hezu pleite. Sie steht unter der Zwangsverwaltung der Bezirksre-<br />

gierung. Mit fast zwei Milliarden Euro steht sie bei Banken in der<br />

Kreide. „Wuppertal gehört den Banken“, sagt der Stadtkämmerer<br />

illusionslos. „Hoffnung“ ist in Wuppertal nur der Name einer Ster-<br />

begeld-Versicherung.<br />

Über die Wupper<br />

Viele Städte im Westen Deutschlands sind überschuldet. Es braucht neue Ideen<br />

und Initiativen, um das Ruder herumzureißen. Beispiel Wuppertal.<br />

Deutschlands siebzehntgrößte Stadt steht damit zwar nicht allei-<br />

ne da, aber nirgendwo hat der wirtschaftliche Niedergang so dra-<br />

matische Folgen wie hier: Fünf Schwimmbäder wurden oder wer-<br />

den in nächs ter Zeit geschlossen, zwei Bibliotheken, mehrere<br />

Schulen. Das Theater, an dem bis vor wenigen Jahren die welt-<br />

berühmte Pina Bausch wirkte, wird 2012 zugemacht. Eintritts-<br />

preise für öffentliche Einrichtungen wurden dagegen drastisch er-<br />

höht. Die Stadt blutet aus: Sie hat in den vergangenen 50 Jahren<br />

rund 70000 Einwohner verloren. Heute leben noch 353000 Menschen<br />

hier. Verhältnisse, die an den Osten der Republik erinnern:<br />

Jährlich verliert die Stadt rund 2000 vorwiegend junge Menschen.<br />

Und den Dagebliebenen geht es schlecht: Laut einer Befragung<br />

der Wirtschaftsauskunftei „Creditreform“ reicht fast jedem fünften<br />

Einwohner der Stadt das Einkommen nicht aus, um die Ausgaben<br />

zu decken. Das ist trauriger Spitzenplatz in Deutschland. Allein der<br />

Wohnkostenzuschuss für die rund 45000 Langzeitarbeitslosen in<br />

der Stadt, so recherchierte die Wochenzeitung „Die Zeit“, verschlingt<br />

im Jahr rund 100 Millionen Euro.<br />

Im Zentrum von Wuppertal-Elberfeld erinnert ein markantes Hochhaus<br />

an bessere Zeiten. Hier, nahe der Schwebebahnstation Ohligsmühle,<br />

arbeiteten noch vor wenigen Jahren 5000 Angestellte<br />

der Firma Glanzstoff. Kunstseide und Nylon verhalfen der Textilindustrie<br />

nach dem Zweiten Weltkrieg zu einer letzten Blüte. Fast ein<br />

Drittel der Arbeitsplätze in Wuppertal hing in den 50er-Jahren noch<br />

an der Stoffverarbeitung. Heute arbeiten gerade einmal vier Prozent<br />

der Wuppertaler Arbeitnehmer in der Textilindustrie. Im Hochhaus<br />

stehen ganze Etagen leer.<br />

„Smile“ steht über einem leeren Ladengeschäft im Stadtteil Oberbarmen.<br />

Nichts ist in dem ehemaligen Ein-Euro-Shop zurückgeblieben,<br />

bis auf die orangefarbenen Zettel in den Schaufenstern:<br />

„Ladengeschäft provisionsfrei zu vermieten“.<br />

Eine Telefonnummer steht nicht darauf. Große Hoffnung auf einen<br />

neuen Mieter hat der Besitzer offenbar nie gehabt. Was für ein Geschäft<br />

soll sich auch halten in einer Stadt, in der sogar Billigläden<br />

pleitegehen?<br />

Fast hoffnungslos klingt es auch, wenn der Oberbürgermeister der<br />

Stadt, Peter Jung, vom Land Nordrhein-Westfalen einen Entschuldungsfonds<br />

fordert, der seiner und den anderen überschuldeten<br />

Kommunen wieder auf die Beine helfen soll.


Wuppertal Wuppertal<br />

Viele Grüße aus Wuppertal<br />

Wer nach der Schuld für den Niedergang sucht, findet ein kom-<br />

pliziertes Geflecht aus Großmannssucht vergangener Tage, Struk-<br />

turwandel mit damit verbundenen Steuerverlusten und politischen<br />

Vorgaben, die den Städten und Gemeinden über Gebühr Kosten<br />

auflasteten. Allein für den Aufbau Ost musste Wuppertal in den<br />

vergangenen 20 Jahren 300 Millionen abdrücken.<br />

Im vergangenen Jahr zeigten neun junge Filmemacher aus Wuppertal<br />

ihre Sicht der Dinge. Ihre Kurzfilme tragen den wenig po -<br />

etischen Obertitel: „Wuppertal kackt ab.“ Doch steckt vielleicht gerade<br />

in dieser Totalabrechnung der jungen Filmemacher jene kreative<br />

Kraft, die es braucht, um diese Stadt und ihre Region wieder<br />

aufstehen zu lassen. Hoffnung sollte man schließlich nicht nur für<br />

die Sterbenden reservieren.<br />

Te x t : T h o m a s K r a u s e _ F o t o s : F r a n k S c h u l t z e<br />

Schöne Schöne Grüße Grüße<br />

aus aus Wuppertal<br />

Wuppertal<br />

<strong>Heinrich</strong> <strong>Schmid</strong> ® <strong>Geschäftsbericht</strong> <strong>2010</strong> 13<br />

Wuppertal,<br />

wie es rostet und leidet.


14 <strong>Heinrich</strong> <strong>Schmid</strong> ® <strong>Geschäftsbericht</strong> <strong>2010</strong><br />

Einer für alle ...<br />

Weniger Einwohner – weniger Aufträge?<br />

Das Gegenmittel der Ruhrgebiet-Standorte heißt Kooperation.<br />

Te x t : A n n e M e y e r _ F o t o s : F r a n k S c h u l t z e<br />

Was das Wort Strukturwandel bedeutet, kann man im<br />

Ruhrgebiet seit beinahe fünfzig Jahren beobachten. Ze-<br />

chen und Kokereien wurden stillgelegt, Arbeitsplätze sind<br />

rar. Viele Menschen wandern ab, und wer bleibt, bekommt<br />

weniger Kinder. Für die Handwerker in der Region bedeu-<br />

tet das: Weniger Einwohner haben auch weniger Aufträge<br />

zu vergeben. Ausgerechnet hierhin kommt <strong>Heinrich</strong><br />

<strong>Schmid</strong>, um mit seinem Angebot Fuß zu fassen. Ein Wag-<br />

nis? Innerhalb von 15 Jahren wuchsen in der Region sie-<br />

ben <strong>Heinrich</strong>-<strong>Schmid</strong>-Standorte.<br />

Der graue Himmel hängt tief überm Bochumer Stadion-<br />

viertel. Christian Kewitz marschiert zwischen Siedlungs-<br />

bauten hindurch, die in den Zwanzigerjahren für die Stahl-<br />

arbeiter gebaut wurden. „Entweder neu machen oder ab-<br />

reißen“, konstatiert der Bauingeni-<br />

eur. „Eine andere Chance ha-<br />

ben die Wohnungsgenos-<br />

senschaften nicht, sonst<br />

verlieren sie ihre Mieter. Es<br />

stehen genügend andere<br />

Wohnungen leer, in die sie<br />

umziehen könnten.“ Kewitz<br />

sieht das ganz nüchtern,<br />

weil er weiß: Auch im Handwerk kann man trotz Struktur-<br />

wandel einen guten Job machen – vorausgesetzt, man<br />

passt sich an.<br />

Das hat Kewitz getan. Er ist nun auf seiner Baustelle an-<br />

gekommen, wo er 48 triste, zugige Behausungen mit Koh-<br />

leheizung in 42 großzügige Wohnungen mit Zentralhei-<br />

zung, hell gestrichenen Fassaden und geräumigen Balko-<br />

nen verwandelt. Vor zwei Jahren hat er am Essener Stand-<br />

ort von <strong>Heinrich</strong> <strong>Schmid</strong> die Abteilung Komplettausbau<br />

gegründet und fungiert heute mit drei weiteren Bauinge-<br />

nieuren als Team, das seinen Kunden von Maler- und<br />

Dämmarbeiten über Trockenbau und Parkettlegen bis zum<br />

Dachdecken, Fensterbauen und zur Haustechnik ein<br />

Rundum-Sorglos-Paket zurechtschnürt.<br />

Von diesem Rundum-Sorglos-Paket profitieren zuallererst<br />

die Kunden. Aber auch Jörg<br />

Buschmann. Der Maler -<br />

meis ter und Leiter des Bo-<br />

chumer Standorts von<br />

<strong>Heinrich</strong> <strong>Schmid</strong> erhält<br />

einige Aufträge<br />

aus Essen, denn<br />

fast alle Gewerke,


... und alle für einen: Jörg Buschmann (oben mit schwarzem Pullover)<br />

und seine Mitarbeiter ko operieren mit Christian Kewitz (unten).<br />

Davon profitieren alle.<br />

die <strong>Heinrich</strong> <strong>Schmid</strong> zu bieten hat, werden auch von <strong>Heinrich</strong><br />

<strong>Schmid</strong>-Handwerkern aus ganz Nordrhein-Westfalen ausgeführt.<br />

Die Kölner sanieren Balkone in Bochum, die Bochumer dämmen<br />

und malen in Mülheim und Bochum, die Essener in Viersen. „Bevor<br />

ich die Arbeiten nach außen vergebe, mache ich immer zuerst<br />

unseren Leuten ein Angebot“, erklärt Kewitz.<br />

Im Ruhrgebiet gibt es noch viele Genossenschaftswohnungen aus<br />

den vergangenen Jahrzehnten. Sie zu sanieren ist für <strong>Heinrich</strong><br />

<strong>Schmid</strong> attraktiv. <strong>2010</strong> haben die Essener immerhin Aufträge im<br />

Wert von über acht Millionen Euro ausgeführt, für knapp drei Millionen<br />

gingen die Aufträge an andere <strong>Heinrich</strong>-<strong>Schmid</strong>-Standorte.<br />

Für die gute Zusammenarbeit in Nord -<br />

rhein-Westfalen machen Kewitz und<br />

Buschmann auch den Regionalleiter<br />

Michael Holtkamp verantwortlich. Er<br />

war es, der monatliche Treffen der<br />

Standort- und Abteilungsleiter von<br />

<strong>Heinrich</strong> <strong>Schmid</strong> eingeführt hat. Damit<br />

<strong>Heinrich</strong> <strong>Schmid</strong> in Zahlen<br />

Unternehmensbereiche und Umsatzanteile <strong>2010</strong><br />

90,8 %<br />

Maler<br />

9,2 %<br />

Ausbauer und Dienstleister<br />

<strong>Heinrich</strong> <strong>Schmid</strong> ® <strong>Geschäftsbericht</strong> <strong>2010</strong> 15<br />

man Probleme besprechen und sich kennenlernen kann. „Da<br />

müssen wir unseren Ärger nicht verstecken, wenn es welchen<br />

gibt“, sagt Kewitz. Buschmann ergänzt: „Bei Spannungen geht es<br />

eigentlich immer um Geld und Personal. Das lässt sich klären.“<br />

Noch wichtiger sei aber, dass die Leute einander kennenlernen.<br />

Seit sie sich einmal im Monat sehen, da sind sich beide einig, tritt<br />

<strong>Heinrich</strong> <strong>Schmid</strong> geschlossener nach außen auf.<br />

Und noch etwas hat sich verändert: Plötzlich reden alle offen über<br />

ihre Auftragslage. „Früher wollte keiner zugeben, wenn es mal<br />

nicht so gut lief. Und hinterher erfahren wir dann, dass der eine ein<br />

ganz schlechtes Frühjahr hatte, während der andere zusätzliche<br />

Mitarbeiter einstellen musste, um alles schaffen zu können.“ Dabei<br />

sei es ja ganz normal, dass man mal mehr und mal weniger<br />

Aufträge habe. „Jetzt können wir das innerhalb der Region viel<br />

besser ausgleichen“, sagt Buschmann. Und Kewitz nickt.


16 <strong>Heinrich</strong> <strong>Schmid</strong> ® <strong>Geschäftsbericht</strong> <strong>2010</strong><br />

Geht los!<br />

Bei null anfangen, ohne Kunden, ohne Umsatz. Mirko Tipp mann in Dresden knüpft Netzwerke.<br />

Te x t : M a r k u s W a n z e c k _ F o t o s : E r i c V a z z o l e r<br />

Erst planen, dann zupacken: Mirko Tippmann<br />

(Bildmitte) im Gespräch mit Ralf Lepski (links),<br />

Enrico Welke und Sven Lukas (rechts).


In den Jahren nach der Wiedervereinigung<br />

herr schte unter Sachsens Handwerkern eine<br />

„Aufbau Ost“-Goldgräberstimmung. Heute hat<br />

sie nüchterner Normalität Platz gemacht: Kun-<br />

den wollen umworben, Aufträge aktiv akquiriert<br />

wer den. Gefragt sind kreative Dienstleister wie<br />

der Dresdner Standortleiter Mirko Tippmann.<br />

Binnen fünf Jahren hat er ein verlässliches Kun-<br />

den- und Partnernetzwerk aufgebaut, von dem<br />

alle Seiten profitieren.<br />

Ein kalter Morgen, kurz nach acht. Als Mirko<br />

Tippmann seinen schwarzen Passat Kombi<br />

über die Dresdner Albertbrücke steuert, tut sich<br />

eine großartige Perspektive auf. Es ist nicht die<br />

imposante Elb-Skyline mit Frauenkirche, Hof -<br />

kirche, Semperoper – die liegt hinter einem<br />

grauen Schleier aus Nieselregen verborgen –,<br />

sondern die Perspektive eines Großauftrags:<br />

„Mirko, so etwas hast du noch nicht gese-<br />

hen!“, tönt es aus Tippmanns Freisprechanlage.<br />

Am an deren Ende der Telefonverbindung ist<br />

Mat thias Brankatschk, ein Stuckateur aus dem<br />

Dresdner Umland. Brankatschks Stimme über-<br />

schlägt sich fast, als er seinen Auftrag schildert:<br />

„1600 Quadratmeter Goldtapeten ... Stuck oh-<br />

ne Ende …“ Der Auftrag wird das Winterge-<br />

schäft ordentlich beleben. Allein Tapeten im<br />

Wert von fast 60000 Euro sollen geklebt wer-<br />

den. Die Maler- und Stuckarbeiten werden ein<br />

Vielfaches betragen.<br />

Der Kombi steuert entlang der Tramlinie 3 durch<br />

die nördlichen Stadtteile Dresdens, Pieschen,<br />

<strong>Heinrich</strong> <strong>Schmid</strong> ® <strong>Geschäftsbericht</strong> <strong>2010</strong> 17<br />

Trachau, nach Trachenberge. Hier liegt der Hein -<br />

rich-<strong>Schmid</strong>-Standort auf einem bewaldeten<br />

Hügel in der Weinbergstraße. Noch ehe Tipp-<br />

mann sie erreicht, hat er mit Brankatschk einen<br />

Termin ausgemacht. Zum Schluss sagt er, was<br />

er oft sagt am Ende eines Gesprächs: „Geht<br />

los!“ Zwei Worte, die alles enthalten, wo rauf es<br />

für Handwerksbetriebe heute in Sach sen ankommt:<br />

Dynamik, Eigeninitiative, Optimis mus.<br />

Kurz nach dem Mauerfall war Optimismus in der<br />

Handwerksbranche der neuen Länder noch der<br />

Normalzustand: Ganz Ostdeutschland sollte saniert<br />

werden, dafür floss der Geldstrom für den<br />

„Aufbau Ost“, der viele Milliarden D-Mark in Renovierungs-<br />

und Restaurierungsprojekte spülte.<br />

Doch dem Aufschwung folgte der Umschwung.


18 <strong>Heinrich</strong> <strong>Schmid</strong> ® <strong>Geschäftsbericht</strong> <strong>2010</strong><br />

Der Alltag Ost mit seiner Arbeits- und Perspek-<br />

tivlosigkeit ließ viele junge Menschen west wärts<br />

abwandern. Seit 1989 ist Ostdeutsch l and um<br />

fast zwei Millionen Einwohner geschrumpft.<br />

Nach Schätzungen des Bundesverbandes<br />

deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen<br />

stehen heute zwischen Ostsee und<br />

Erzgebirge eine Million Wohnungen leer. „Spätestens<br />

mit der Wirtschaftskrise 2001 ist der<br />

Markt gekippt“, erinnert sich Tippmann. „Vorher<br />

gab es einen großen Bedarf an Handwerksfirmen.<br />

Heute haben wir einen Käufermarkt – es<br />

gibt zu viele Anbieter, und die unterscheiden<br />

sich für den Kunden nur über den Preis.“<br />

In einem solchen Markt sind Macher gefragt.<br />

Leute wie der 36-jährige Tippmann, die Gesprä -<br />

che mit „Geht los!“ beenden. Leute, die bestän -<br />

Dienen vor Verdienen: Mirko Tippmann und<br />

Arbeitsgruppenleiter Enrico Vogel (rechts im Bild).<br />

dig an einem Kunden- und Partnernetzwerk<br />

knüp fen. Tippmann – helles Hemd, Sei ten schei -<br />

tel, silberne Ringe in beiden Ohren – hat Spaß<br />

an dieser Aufbauarbeit: „Eine schnelle Kalt ak -<br />

qui se, bei der man seinen Partner nicht kennt,<br />

liegt mir nicht unbedingt. Mir geht es darum,<br />

lang fristige Kontakte zu knüpfen.“ Das habe<br />

nichts mit den alten DDR-Klüngeln zu tun, beeilt<br />

er sich hinzuzufügen: „Eine Lichtmaschine für<br />

den Trabi gegen vier Kästen Radeberger Bier –<br />

so läuft das nicht mehr!“<br />

Es ist viel einfacher. Ein freundschaftliches Vertrauensverhältnis<br />

zu Kunden und Partnern aufzubauen<br />

sei eben wichtiger als der schnelle Profit.<br />

Darum auch das „Du“ zwischen ihm und<br />

Matthias Brankatschk, der mit ihm vorhin am<br />

Au totelefon über einen Großauftrag sprach. An<br />

ihn hatte sich Tippmann ursprünglich gewandt,<br />

weil er jemanden suchte, um einige <strong>Heinrich</strong>-<br />

<strong>Schmid</strong>-Mitarbeiter für ein Großprojekt zu schulen<br />

– 7000 laufende Meter Stuck pro file. Damals<br />

floss das Geld in die eine Richtung. Heute<br />

kommt etwas zurück.<br />

Als Mirko Tippmann, damals noch Abteilungsleiter<br />

in Chemnitz, 2005 die Leitung des Dresdner<br />

Standorts übernahm, stand dieser vor<br />

einem radikalen Umbruch. „Von öffentlich aus -<br />

ge schrie benen Aufträgen und Generalunterneh -<br />

mern wollten wir uns vollständig trennen“, erklärt<br />

er. Der Bürokratieaufwand sei zu hoch, die<br />

Gewinnmargen seien zu niedrig gewesen. Das<br />

hieß, bei null anzufangen. Ohne Kunden, ohne<br />

Umsatz. Der erste Auftrag war gleich ein Prestigeprojekt:<br />

ein Überholungsanstrich im Grünen


<strong>Heinrich</strong> <strong>Schmid</strong> in Zahlen<br />

Personalstruktur bei <strong>Heinrich</strong> <strong>Schmid</strong> <strong>2010</strong><br />

(Angaben absolut)<br />

Dienstleister ❯❯❯<br />

Sekretärinnen<br />

kaufm. Mitarbeiter<br />

11 Regional-/Gebietsleiter ❯❯❯<br />

33 Niederlassungsleiter ❯❯❯<br />

91 Abteilungsleiter ❯❯❯<br />

83 Teamleiter ❯❯❯<br />

373<br />

306<br />

<strong>Heinrich</strong> <strong>Schmid</strong><br />

<strong>Heinrich</strong> <strong>Schmid</strong> ® <strong>Geschäftsbericht</strong> <strong>2010</strong> 19<br />

580<br />

469<br />

❮❮❮ Arbeitsgruppenleiter<br />

❮❮❮ Lehrlinge<br />

1340<br />

❮❮❮<br />

❮❮❮ Vorarbeiter<br />

Gesellen

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