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Geschäftsbericht 2010 - Heinrich Schmid

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12 <strong>Heinrich</strong> <strong>Schmid</strong> ® <strong>Geschäftsbericht</strong> <strong>2010</strong><br />

Musste früher ein zum Tode Verurteilter von seiner Gefängniszel-<br />

le in Elberfeld zur Hinrichtungsstätte gehen, führte der Weg über<br />

den Fluss Wupper. „Über die Wupper gehen“ wurde so zum Sy -<br />

nonym für das Ende, das Scheitern, den Bankrott. Wie ein Trep-<br />

penwitz der Geschichte muss es daher wirken, dass heute die<br />

Stadt Wuppertal (ein Zusammenschluss der Städte Elberfeld und<br />

Barmen) selbst über die Wupper zu gehen droht. Die Stadt ist na-<br />

hezu pleite. Sie steht unter der Zwangsverwaltung der Bezirksre-<br />

gierung. Mit fast zwei Milliarden Euro steht sie bei Banken in der<br />

Kreide. „Wuppertal gehört den Banken“, sagt der Stadtkämmerer<br />

illusionslos. „Hoffnung“ ist in Wuppertal nur der Name einer Ster-<br />

begeld-Versicherung.<br />

Über die Wupper<br />

Viele Städte im Westen Deutschlands sind überschuldet. Es braucht neue Ideen<br />

und Initiativen, um das Ruder herumzureißen. Beispiel Wuppertal.<br />

Deutschlands siebzehntgrößte Stadt steht damit zwar nicht allei-<br />

ne da, aber nirgendwo hat der wirtschaftliche Niedergang so dra-<br />

matische Folgen wie hier: Fünf Schwimmbäder wurden oder wer-<br />

den in nächs ter Zeit geschlossen, zwei Bibliotheken, mehrere<br />

Schulen. Das Theater, an dem bis vor wenigen Jahren die welt-<br />

berühmte Pina Bausch wirkte, wird 2012 zugemacht. Eintritts-<br />

preise für öffentliche Einrichtungen wurden dagegen drastisch er-<br />

höht. Die Stadt blutet aus: Sie hat in den vergangenen 50 Jahren<br />

rund 70000 Einwohner verloren. Heute leben noch 353000 Menschen<br />

hier. Verhältnisse, die an den Osten der Republik erinnern:<br />

Jährlich verliert die Stadt rund 2000 vorwiegend junge Menschen.<br />

Und den Dagebliebenen geht es schlecht: Laut einer Befragung<br />

der Wirtschaftsauskunftei „Creditreform“ reicht fast jedem fünften<br />

Einwohner der Stadt das Einkommen nicht aus, um die Ausgaben<br />

zu decken. Das ist trauriger Spitzenplatz in Deutschland. Allein der<br />

Wohnkostenzuschuss für die rund 45000 Langzeitarbeitslosen in<br />

der Stadt, so recherchierte die Wochenzeitung „Die Zeit“, verschlingt<br />

im Jahr rund 100 Millionen Euro.<br />

Im Zentrum von Wuppertal-Elberfeld erinnert ein markantes Hochhaus<br />

an bessere Zeiten. Hier, nahe der Schwebebahnstation Ohligsmühle,<br />

arbeiteten noch vor wenigen Jahren 5000 Angestellte<br />

der Firma Glanzstoff. Kunstseide und Nylon verhalfen der Textilindustrie<br />

nach dem Zweiten Weltkrieg zu einer letzten Blüte. Fast ein<br />

Drittel der Arbeitsplätze in Wuppertal hing in den 50er-Jahren noch<br />

an der Stoffverarbeitung. Heute arbeiten gerade einmal vier Prozent<br />

der Wuppertaler Arbeitnehmer in der Textilindustrie. Im Hochhaus<br />

stehen ganze Etagen leer.<br />

„Smile“ steht über einem leeren Ladengeschäft im Stadtteil Oberbarmen.<br />

Nichts ist in dem ehemaligen Ein-Euro-Shop zurückgeblieben,<br />

bis auf die orangefarbenen Zettel in den Schaufenstern:<br />

„Ladengeschäft provisionsfrei zu vermieten“.<br />

Eine Telefonnummer steht nicht darauf. Große Hoffnung auf einen<br />

neuen Mieter hat der Besitzer offenbar nie gehabt. Was für ein Geschäft<br />

soll sich auch halten in einer Stadt, in der sogar Billigläden<br />

pleitegehen?<br />

Fast hoffnungslos klingt es auch, wenn der Oberbürgermeister der<br />

Stadt, Peter Jung, vom Land Nordrhein-Westfalen einen Entschuldungsfonds<br />

fordert, der seiner und den anderen überschuldeten<br />

Kommunen wieder auf die Beine helfen soll.

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