Bildungsmesse 2010: Gemeinde Flieden: Steuer- und - IHK Fulda
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Die Zukunft ist weiblich<br />
„Wir brauchen einen Dialog der Geschlechter“<br />
In 20 Jahren hat das Frauenbüro <strong>Fulda</strong> viel erreicht<br />
Mit einem „frauenpolitischen Frühling“<br />
feiert das Frauenbüro <strong>Fulda</strong> 20-jähriges<br />
Bestehen <strong>und</strong> gleichzeitig auch die<br />
20. <strong>Fulda</strong>er Frauenwoche. Von März bis Juni setzen<br />
Ausstellungen, internationale Erzählcafés,<br />
Fachtage <strong>und</strong> diverse politische Aktionen vielseitige<br />
Akzente - darunter der erste „<strong>Fulda</strong>er Familientag“<br />
<strong>und</strong> der „Infotag Wiedereinstieg“, bei<br />
dem die <strong>IHK</strong> einer der Partner ist. In WRF lädt<br />
Hildegard Hast, Frauenbeauftragte der ersten<br />
St<strong>und</strong>e, Unternehmen zur Zusammenarbeit ein.<br />
Frau Hast, wenn Sie zurückblicken, welches Resümee<br />
ziehen Sie nach 20 Jahren frauenpolitischer<br />
Arbeit in <strong>Fulda</strong>?<br />
In <strong>Fulda</strong> hat sich sehr viel getan: Wichtige Stichworte<br />
sind zum Beispiel die Entwicklung der<br />
Kinderbetreuung (Krippe, Kita, Hort) <strong>und</strong> die<br />
Möglichkeiten, die sich daraus für die Vereinbarung<br />
von Beruf <strong>und</strong> Familie ergeben. Oder Maßnahmen<br />
gegen häusliche <strong>und</strong> sexuelle Gewalt.<br />
Von jungen Frauen hören wir inzwischen<br />
manchmal: „Was wollt Ihr denn, wir können<br />
doch alles machen“ - bis das erste Kind kommt.<br />
Vordergründig haben wir die Gleichstellung erreicht.<br />
Mittlerweile haben sich auf B<strong>und</strong>es-, auf<br />
Landesebene <strong>und</strong> in <strong>Fulda</strong> viele Netzwerke gebildet,<br />
die frauenpolitische Zielsetzungen verfolgen.<br />
Auch heute sind (noch) viele Fragen offen<br />
<strong>und</strong> es wird Zeit brauchen, Antworten zu fi nden:<br />
Wie wird Arbeit, die traditionell Frauen leisten,<br />
gerecht entlohnt? Ist es gestattet, auch alte Rollenbilder<br />
zu leben? Jeder muss bei sich selbst<br />
anfangen <strong>und</strong> seine Einstellungen hinterfragen.<br />
Ist es beispielsweise genauso selbstverständlich,<br />
dass der Mann „mitzieht“ <strong>und</strong> selbst berufl ich<br />
zurücksteckt, wenn seiner Frau ein toller Job in<br />
einer anderen Stadt angeboten wird, um nur ein<br />
ganz alltägliches Beispiel aufzugreifen?<br />
Noch gilt häufi g: Frauen „dürfen machen“, solange<br />
es ins Männerdenken passt. Die entscheidende<br />
Frage aber ist, welche Maßstäbe dabei<br />
gelten. Wer muss die Anpassungsleistung erbringen?<br />
Um dieses Thema geht es auch bei der Eröffnung<br />
des Frauenpolitischen Frühlings am 6.<br />
März um 11 Uhr im Fürstensaal des Stadtschlosses.<br />
Dr. Antje Schrupp, Journalistin <strong>und</strong> Politologin<br />
aus Frankfurt ist der Überzeugung, dass nach<br />
der Gleichstellung erst die Epoche beginnt, in der<br />
Frauen Verantwortung für die Welt übernehmen,<br />
ohne sich an männlichen Maßstäben zu orientie-<br />
Wirtschaft Region <strong>Fulda</strong> 03/<strong>2010</strong><br />
Frauenbeauftragte Hildegard Hast<br />
ren. Auch Männer sind zu diesem Vortrag wie<br />
immer herzlich eingeladen.<br />
In Führungsetagen sind Frauen noch immer eine<br />
Minderheit. Brauchen wir noch Frauenquoten?<br />
Unbedingt. Untersuchungen zeigen: Erst wenn<br />
30 bis 40 Prozent der Belegschaft Frauen sind,<br />
ändert sich automatisch etwas. Sind es weniger,<br />
müssen sich Frauen stark anpassen oder kämpfen.<br />
Beispiele aus andern Städten <strong>und</strong> Ländern<br />
zeigen, dass der Frauenanteil in Gremien <strong>und</strong><br />
Aufsichtsräten nur durch gezielte Maßnahmen –<br />
unter anderem der Frauenquote – gesteigert<br />
wird. Der hohe Wert einer paritätischen Besetzung<br />
von Gremien wie auch Arbeitsteams wird<br />
meines Erachtens leider noch immer nicht genügend<br />
erkannt <strong>und</strong> geschätzt.<br />
Im Laufe der Jahre bin ich Frauen gegenüber<br />
aber auch viel fordernder geworden. Sie müssen<br />
wissen, was sie wollen, sich dafür einsetzen <strong>und</strong><br />
nicht passiv in Benachteiligungsstrukturen verharren.<br />
Mädchen interessieren sich noch immer<br />
viel zu wenig für Naturwissenschaft <strong>und</strong> Technik.<br />
Wir müssen uns überlegen, wie wir sie unterstützen<br />
<strong>und</strong> herausfordern können.<br />
Was liegt Ihnen besonders am Herzen?<br />
Wir brauchen einen Dialog der Geschlechter,<br />
neudeutsch Gender-Diskussion. Die unselige<br />
Auseinandersetzung „Was kann Mann/Frau besser“,<br />
sollte der Vergangenheit angehören. Wenn<br />
ein Mann seine weibliche <strong>und</strong> eine Frau ihre<br />
männliche Seite leben will, geschieht das nicht<br />
automatisch. Beide müssen quasi einen „Sprung<br />
im Kopf machen“.<br />
Ein Baustein auf diesem Weg ist Ihre Gender-<br />
Fachtagung am 10. Mai, zu der auch Gäste aus<br />
Unternehmen herzlich eingeladen sind. Worum<br />
geht es?<br />
Rollenverständnis <strong>und</strong> die gesellschaftlichen Erwartungen<br />
haben sich gr<strong>und</strong>legend gewandelt.<br />
Wir tragen zum Teil Rollenbilder <strong>und</strong> Traditionen<br />
aus drei, vier Generationen in uns. Neue<br />
Studien weisen darauf hin, dass Konfl iktpotenzial<br />
nicht nur zwischen Männern <strong>und</strong> Frauen,<br />
sondern zwischen „traditionelleren“ <strong>und</strong> „moderneren“<br />
Lebensmustern auftritt. Die Lebensentwürfe<br />
sind vielfältiger <strong>und</strong> bunter, aber<br />
damit auch unkalkulierbarer geworden. Wie<br />
können Mädchen <strong>und</strong> Jungen auf diese Situation<br />
reagieren? Was müsste in Familie, Kindergarten<br />
<strong>und</strong> Schule geschehen? Männer <strong>und</strong><br />
Frauen müssen neu verhandeln, wie sie miteinander<br />
umgehen wollen. Daraus kann sich eine<br />
schöne Spannung ergeben.<br />
Was wünschen Sie sich von den Unternehmen der<br />
Region?<br />
Es wäre schön, wenn sich Firmen aktiv an diesem<br />
Prozess beteiligen. Ich wünsche mir, dass<br />
Unternehmen konsequent offen bleiben für die<br />
Frage: Was heißt männlich, was heißt weiblich?<br />
Um ein praktisches Beispiel zu geben: Weil das<br />
eine Mädchen sich nicht im „Männerberuf“ <strong>und</strong><br />
der eine Junge sich nicht im „Frauenberuf“ bewährt<br />
hat, muss das bei den beiden nächsten<br />
nicht so sein. Wir müssen mehr auf die Persönlichkeiten<br />
schauen - wer ist wofür geeignet - <strong>und</strong><br />
weniger auf das Geschlecht. Und natürlich wünsche<br />
ich mir, dass die Unternehmen neue Wege<br />
ausprobieren, um Familie <strong>und</strong> Beruf zu vereinbaren,<br />
auch wenn es sicher nicht einfach ist.<br />
Apropos Möglichkeiten: Am 20. März organisieren<br />
Sie den „Infotag Wiedereinstieg“ im Stadtschloss.<br />
Daran beteiligen sich unter anderem die<br />
<strong>IHK</strong> <strong>und</strong> Unternehmen aus dem <strong>IHK</strong>-Bezirk. Was<br />
ist das Ziel der Veranstaltung?<br />
Der Infotag soll ein Tag der Perspektiven für<br />
Frauen <strong>und</strong> ihre Familien sein. An Info-Ständen<br />
<strong>und</strong> in Vorträgen bieten ihnen die regionalen<br />
Institutionen Tipps, Informationen <strong>und</strong> Unterstützung<br />
zur Berufsrückkehr an. Vor dem demografi<br />
schen Hintergr<strong>und</strong> ist es wichtig, Unternehmen<br />
für dieses Thema zu sensibilisieren.<br />
Infos<br />
�<br />
unter: www.frauenbuero-fulda.de.<br />
Interview: Roswitha Birkemeyer, <strong>IHK</strong> <strong>Fulda</strong>