Bildungsmesse 2010: Gemeinde Flieden: Steuer- und - IHK Fulda
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30<br />
Berichte<br />
Hohe Investitionen unabdingbar<br />
Der hessische Finanzminister zur <strong>Steuer</strong>- <strong>und</strong> Haushaltspolitik<br />
Herr Minister Weimar, zur Beschleunigung<br />
des Wirtschaftswachstums hat<br />
die neue B<strong>und</strong>esregierung Unternehmen<br />
steuerlich entlastet. Aus Sicht der<br />
Wirtschaft sind aber weitere Sofortmaßnahmen<br />
notwendig. Wie beurteilen<br />
Sie den Vorschlag, die Begrenzung<br />
beim Abzug von Zinsaufwand (Zinsschranke)<br />
<strong>und</strong> die gewerbesteuerlichen<br />
Hinzurechnungen unverzüglich für zwei<br />
Jahre auszusetzen?<br />
Ich halte die im Wachstumsbeschleunigungsgesetz<br />
umgesetzten Maßnahmen<br />
bei der Zinsschranke, dem Mantelkauf,<br />
der Gr<strong>und</strong>erwerbsteuer <strong>und</strong><br />
der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung<br />
für wichtig, um krisenverschärfende<br />
Wirkungen zu vermeiden. Gerade<br />
die Zinsschranke wird mit der<br />
dauerhaften Verdreifachung der Freigrenze<br />
<strong>und</strong> der Möglichkeit des Ebitda-Vortrags<br />
deutlich verbessert <strong>und</strong><br />
den krisenbedingten Gewinnrückgängen<br />
<strong>und</strong> steigenden Zinskosten<br />
angepasst. Die Aussetzung der Zinsschranke<br />
<strong>und</strong> der gewerbesteuerlichen<br />
Hinzurechnung für zwei Jahre ist deshalb<br />
keine Option, den Unternehmen<br />
schnell aus der Krise zu verhelfen. Die<br />
Unternehmen sind durch die Anpassung ihrer<br />
Finanzierungsstrukturen an die Vorgaben der<br />
Zinsschranke gestärkt in die Krise gegangen.<br />
Im Übrigen hat die Zinsschranke wegen der<br />
nunmehr dauerhaften Festschreibung der<br />
Freigrenze von drei Millionen Euro für die<br />
meisten kleinen <strong>und</strong> mittleren Unternehmen<br />
ohnehin keine Bedeutung. Die Zinsschranke<br />
über die beschlossenen Verbesserungen hinaus<br />
zeitweise aufzugeben, halte ich für falsch.<br />
Die Mehrwertsteuer steht in ihrer jetzigen<br />
Ausgestaltung für den Zustand unseres <strong>Steuer</strong>rechts:<br />
Eine Ausnahme führt zur nächsten,<br />
<strong>und</strong> am Ende fühlen sich doch alle benachteiligt.<br />
Der reduzierte Mehrwertsteuersatz für<br />
Beherbergungsleistungen ist eine weitere Ausnahmeregelung.<br />
Sollte das Mehrwertsteuer-<br />
Wirtschaft Region <strong>Fulda</strong> 03/<strong>2010</strong><br />
Finanzminister Karlheinz Weimar: Erklärtes Ziel der Landesregierung<br />
ist es, den Wirtschaftsstandort Hessen durch Investitionen<br />
weiter zu stärken<br />
system nicht überarbeitet <strong>und</strong> sollten die<br />
zahlreichen Ausnahmen nicht erheblich eingeschränkt<br />
werden?<br />
Da stimme ich zu. Die Überprüfung des Umsatzsteuersystems<br />
<strong>und</strong> der ermäßigten <strong>Steuer</strong>sätze<br />
ist Ziel der Koalition auf B<strong>und</strong>esebene.<br />
Die B<strong>und</strong>esregierung beabsichtigt, eine Kommission<br />
zur Reform der <strong>Gemeinde</strong>fi nanzen -<br />
insbesondere auch der Gewerbesteuer - einzuberufen.<br />
Welche Ratschläge geben Sie dem<br />
Gremium mit auf den Weg?<br />
Überlegungen zu einer gr<strong>und</strong>legenden Reform<br />
der <strong>Gemeinde</strong>fi nanzen, insbesondere der<br />
Gewerbesteuer, gab es zuletzt im Jahr 2003<br />
<strong>und</strong> im Vorfeld der Unternehmenssteuerreform<br />
2008. Hierbei sind mehrere Modelle untersucht<br />
<strong>und</strong> diskutiert worden, geändert hat<br />
sich nichts. Ich denke, dass eine neue<br />
Kommission als Ergebnis letztlich nur<br />
alten Wein in neuen Schläuchen präsentieren<br />
kann. Mein Ratschlag an<br />
eine künftige Kommission: Bedenken<br />
Sie insbesondere die administrativen<br />
Aspekte der Reformmodelle. Beispielsweise<br />
schafft ein kommunaler <strong>und</strong> hebesatzabhängiger<br />
Zuschlag auf alle<br />
Einkommensteuer- <strong>und</strong> Körperschaftsteuerzahler<br />
viele neue Komplizierungen<br />
<strong>und</strong> würde das Ziel der <strong>Steuer</strong>vereinfachung<br />
konterkarieren.<br />
Die Erbschaftsteuer ist auch nach der<br />
Reform äußerst komplex ausgestaltet<br />
<strong>und</strong> führt zu großen Unsicherheiten bei<br />
den Unternehmen. Unterstützen Sie<br />
unseren Vorschlag, bei der Erbschaftsteuer<br />
ein Niedrigtarifmodell umzusetzen<br />
beziehungsweise die <strong>Steuer</strong> im<br />
Idealfall ganz abzuschaffen?<br />
Eine Abschaffung der Erbschaftsteuer<br />
mit adäquatem Aufkommensersatz an<br />
anderer Stelle wäre aus Sicht der Vereinfachung<br />
sicherlich der beste Weg, ist<br />
aber unter gesellschafts- <strong>und</strong> verteilungspolitischen<br />
Erwägungen schwierig,<br />
auch weil Erbschaftsteuern international<br />
üblich sind. Deutschland liegt<br />
gemessen am Anteil des Erbschaftsteueraufkommens<br />
am Bruttoinlandsprodukt von 0,18<br />
Prozent im Jahr 2005 im Durchschnitt der „alten“<br />
24 OECD-Staaten. Die USA, Großbritannien<br />
<strong>und</strong> unsere Nachbarn Frankreich, Niederlande,<br />
Belgien <strong>und</strong> Schweiz liegen da zum Teil<br />
erheblich höher. Die <strong>Steuer</strong>befreiung des Betriebsvermögens<br />
zu 85 oder gar 100 Prozent<br />
kann aber nicht zum Nulltarif erfolgen, weil<br />
das B<strong>und</strong>esverfassungsgericht sie an sehr enge<br />
Voraussetzungen geknüpft hat. Die in der Kritik<br />
stehenden Behaltensfristen <strong>und</strong> Lohnsummengrenzen<br />
gewährleisten die verfassungsrechtliche<br />
Begründbarkeit dieser weitreichenden<br />
Begünstigung. Diese Bedingungen wurden<br />
aktuell durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz<br />
zugunsten der Wirtschaft entschärft.