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Charlemagne oder Karl der Große - G/Geschichte

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www.g-geschichte.de<strong>Charlemagne</strong> <strong>o<strong>der</strong></strong> <strong>Karl</strong> <strong>der</strong> <strong>Große</strong>Zwei Seiten eines KaisersEr steht am Anfang <strong>der</strong> gemeinsamen <strong>Geschichte</strong> von Deutschen undFranzosen: <strong>Karl</strong> aus dem fränkischen Geschlecht <strong>der</strong> Pippiniden, König <strong>der</strong>Franken seit 768, in Rom 800 zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches desAbendlands gekrönt, gestorben und begraben 814 in Aachen beziehungsweiseAix-la-Chapelle, wie die Franzosen die Stadt nahe <strong>der</strong> Sprachgrenze nennen.Mit seinem Zepter regierte er über die Menschen von den Pyrenäen bis zurNordsee, von <strong>der</strong> Bretagne bis zum Böhmerwald, und auch wenn ihn nurwenige seiner Untertanen je persönlich zu Gesicht bekamen, so waren sie sichdoch alle bewusst, Gefolgsleute des großen Kaisers <strong>Karl</strong>s und Teil einesReiches zu sein. Doch wie sie diese Teilhabe sahen, welches Bild sie sich vomfernen Herrscher auf dem Thron machten – darüber gab und gibt es zu beidenSeiten des Rheins durchaus Unterschiede ...<strong>Charlemagne</strong>Für die Franken im Westen und in <strong>der</strong> Mitte des Reichs war Charles <strong>der</strong> Trägerund Vollen<strong>der</strong> „ihres“ Reichs, <strong>der</strong> Erbe von Dynastien und politischenKonzepten, die drei Jahrhun<strong>der</strong>te – für die Zeitgenossen war das seitundenklichen Zeiten – zurückreichten. Die Dynastie, das war dasHerrschergeschlecht <strong>der</strong> Franken, zunächst verkörpert von den Merowingern.Als sich diese Familie in Uneinigkeit, Dekadenz und Intrigen aufgeriebenhatte, schlüpften die Pippiniden, die man bald die Karolinger nannte, leichtund locker in <strong>der</strong>en zu groß gewordenen Stiefel – sie hatten das Reich jalange genug als Hausmeier regiert. Dass sich <strong>der</strong> ungekrönte König danntatsächlich die Krone aufsetzte, war nur logisch gewesen.Das politische Konzept war das Bündnis von Thron und Altar, dieZusammenarbeit von weltlicher Macht und Kirche. Begründet hatte es um 500<strong>der</strong> Frankenkönig Chlodwig mit seiner Taufe in die katholische Kirche – einweitsichtiger Schachzug, denn nun beteten Herrscher und Untertanen zumselben Allmächtigen, besuchten dieselben Gotteshäuser und fühlten sichdadurch auch spirituell verbunden. Im Vergleich zu den höchst rudimentärenstaatlichen Strukturen, die sich letztlich auf die persönlichen Beziehungenzwischen dem König und den höchsten Adeligen beschränkten, war die Kircheumfassend und wirkungsvoll durchorganisiert. Das ganze Land war in


Die Bayern im Südosten hingegen wären schon damals durchaus zufriedengewesen, ihren eigenen Staat zu tragen, und Herzog Tassilo III. sah auch garnicht ein, warum er einem Frankenkönig Gefolgschaft leisten sollte, selbstwenn dieser sein Vetter mütterlicherseits war. Doch als Grenzmark gegen dieAwaren und Brücke nach Italien war das Land für den Karolinger viel zuwichtig, um es außer seiner Kontrolle zu belassen. Herzog Tassilo beschloss soseine Tage als Gefangener in einem Kloster, und die Rolle Bayerns als Teileiner größeren Gemeinschaft war besiegelt. Aber auch die Bayern fanden sichrasch mit dieser Einvernahme ab und schlossen ihrerseits den großen <strong>Karl</strong> inihre eigenen Traditionen ein. Es war nicht zuletzt diese Integrationskraft, auchgegenüber Besiegten und Unterworfenen, mit <strong>der</strong> sich <strong>der</strong> Franke seinengroßen Beinamen für die Nachwelt sicherte.Das gemeinsame ErbeAls 1957 die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft mit denGründungsmitglie<strong>der</strong>n Frankreich, Bundesrepublik Deutschland, Italien,Belgien, Nie<strong>der</strong>lande und Luxemburg entstand, stellte <strong>der</strong> historisch geschulteBetrachter verblüfft fest, dass die Grenzen des neuen Bündnisses nahezudeckungsgleich mit jenen des Reichs <strong>Karl</strong>s des <strong>Große</strong>n waren. So waren esnicht nur tagespolitische Sachzwänge, die gerade diese Län<strong>der</strong>zusammenführten. Das Bewusstsein einer gemeinsamen Vergangenheit, dieErinnerung an eine Zusammengehörigkeit ganz am Beginn <strong>der</strong> Staatswerdungwar nicht verloren gegangen. Sie hat unbestreitbar mit dazu beigetragen,dass all die Grenzen und Gräben hintangestellt wurden, die sich seit <strong>Karl</strong>s des<strong>Große</strong>n Zeiten im Abendland aufgetan hatten. So trägt auch die wichtigsteAuszeichnung, die für Bemühungen um die Einheit Europas verliehen wird,den Namen des großen Kaisers, und verliehen wird sie von „seiner“Kaiserstadt Aachen. Als „Vater Europas“ hatten Kaiser <strong>Karl</strong> schließlich schonzeitgenössische Chroniken erkannt und gefeiert.FRANZ METZGER

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