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Im Interview: Professor Dr. Inés de Castro vom ... - G/Geschichte

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<strong>Im</strong> <strong>Interview</strong>: <strong>Professor</strong> <strong>Dr</strong>. <strong>Inés</strong> <strong>de</strong> <strong>Castro</strong>„Eine nachhaltige Nutzung und <strong>de</strong>r Erhalt <strong>de</strong>sKulturerbes sollte an erster Stelle stehen“Die Direktorin <strong>de</strong>s Lin<strong>de</strong>n-Museums Stuttgart, <strong>Professor</strong> <strong>Dr</strong>. <strong>Inés</strong> <strong>de</strong><strong>Castro</strong>, erklärt im <strong>Interview</strong> mit Franz Metzger welche Be<strong>de</strong>utung daskulturelle Erbe <strong>de</strong>r Inka heute hat. Sie gewährt außer<strong>de</strong>m Einblick in dieAusstellung „Inka – Könige <strong>de</strong>r An<strong>de</strong>n“, die am 12. Oktober 2014 beginnt.G/GESCHICHTE: Frau <strong>Professor</strong> <strong>de</strong> <strong>Castro</strong>, Sie haben dieSon<strong>de</strong>rschau „Inka – Könige <strong>de</strong>r An<strong>de</strong>n“ als europaweit ersteSchau über die Kultur <strong>de</strong>s An<strong>de</strong>nvolkes angekündigt. Was ist <strong>de</strong>rUnterschied zu früheren Ausstellungen mit Inka-Objekten?PROFESSOR INÈS DE CASTRO: Frühere Ausstellungen haben oft dieBezeichnung „Inka“ im Titel getragen, haben jedoch nur wenige Inka-Objekte gezeigt. Meist wur<strong>de</strong>n trotz <strong>de</strong>s Titels die Vorläuferkulturen wieChimú, Moche o<strong>de</strong>r Nasca in <strong>de</strong>n Mittelpunkt gesetzt. Eine Ausstellung, diesich ausschließlich <strong>de</strong>r Inka-Kultur widmet, gab es bislang noch nicht. Unddies verwun<strong>de</strong>rt in Anbetracht <strong>de</strong>s vermeintlich hohen Bekanntheitsgra<strong>de</strong>s<strong>de</strong>r Inka und <strong>de</strong>r wichtigen Be<strong>de</strong>utung dieser Kultur.Die Ausstellung im Lin<strong>de</strong>n-Museum gibt also <strong>de</strong>n aktuellen Stand<strong>de</strong>r Inka-Forschung wie<strong>de</strong>r. Was betrachten Sie als diewichtigsten Ergebnisse dieser Forschung in <strong>de</strong>n letzten Jahren?Wir beziehen unsere Kenntnisse über die nicht-schriftführen<strong>de</strong> Kultur <strong>de</strong>rInka vorwiegend aus von Europäern verfassten schriftlichen Quellen <strong>de</strong>rKolonialzeit. In <strong>de</strong>n letzten Jahren wur<strong>de</strong>n neue Dokumente in Archivenent<strong>de</strong>ckt, die wirklichen Neuerungen brachten jedoch groß angelegtearchäologische Projekte vor allem im Hochtal von Cusco und in <strong>de</strong>nangrenzen<strong>de</strong>n Gebieten.


Und was waren die größten Überraschungen?Die größte Überraschung für uns war die Vielfalt an Inka-Objekten inEuropa, auch in <strong>de</strong>r eigenen Sammlung <strong>de</strong>s Lin<strong>de</strong>n-Museums. EinenReferenzkatalog, aus <strong>de</strong>m man ersehen konnte, was in welchem Museumzu fin<strong>de</strong>n ist, gab es nur bedingt. Wir haben mit <strong>de</strong>n Kollegen viele Depotsdurchforstet und für Ausstellung die besten Stücke herausgesucht.Welches neue und auch korrektere Bild von <strong>de</strong>n Inka hoffen Siedurch die Ausstellung zu vermitteln?Viele neue Forschungserkenntnisse sind in <strong>de</strong>r Ausstellung und im Katalogeinbezogen wor<strong>de</strong>n: eine verän<strong>de</strong>rte Chronologie, die <strong>de</strong>n Beginn <strong>de</strong>rInka-Kultur um 200 Jahre zurückdatiert, eine genauere Zuordnung vonEroberungen, ein neuer Blick auf die Hauptstadt Cusco o<strong>de</strong>r neueErkenntnisse über die imperialen Muster auf Textilien, um nur einigePunkte zu nennen. Unsere Lateinamerika-Expertin Doris Kurella, Kuratorin<strong>de</strong>r Ausstellung, hat hieraus ein wun<strong>de</strong>rbares Gesamtbild gemacht.Es ist Ihnen gelungen, für die Ausstellung ungewöhnliche undseltene Objekte zu gewinnen. Worüber sind Sie beson<strong>de</strong>rs erfreut?Was sollten die Besucher auf keinem Fall verpassen?Die Besucher sollten diese einzigartige Gelegenheit nicht verpassen, einenguten Überblick über diese spannen<strong>de</strong> Kultur zu erhalten. Viele <strong>de</strong>rObjekte sind erstmals zu sehen. Gefreut hat uns vor allem die großeBegeisterung <strong>de</strong>r Kollegen weltweit an Ausstellung und Katalogmitzuarbeiten. Viele großen Häuser haben uns kostbare Leihgaben zurVerfügung gestellt: Das Larco Museum Lima, das Museo <strong>de</strong> Arqueología,Antropología e Historia <strong>de</strong>l Perú, das Museo <strong>de</strong> América Madrid, das BritishMuseum und das Ethnologische Museum Berlin.Die Erforschung <strong>de</strong>r präkolumbischen Kulturen war lange Zeit voneuropäischen und nordamerikanischen Wissenschaftlern geprägt.Welchen Stellenwert nimmt heute die Erforschung und Bewahrung<strong>de</strong>r vorkolonialen Kulturen in <strong>de</strong>n südamerikanischen Staaten ein?Die lateinamerikanischen Staaten sind sich heute ihrer reichenVergangenheit bewusst. Sie investieren im Rahmen ihrer Möglichkeitenviel in die Erforschung und in <strong>de</strong>n Erhalt <strong>de</strong>s Kulturerbes.Forschungsprojekte wer<strong>de</strong>n heute nur bilateral durchgeführt unterBeteiligung einheimischer Wissenschaftler.Der Tourismus zu <strong>de</strong>n alten Kulturstätten macht einen wichtigenWirtschaftsfaktor in diesen Län<strong>de</strong>rn aus. Er stellt aber auch eineBelastung für dieses historische Erbe dar. Was sind hier diegrößten Probleme?


Überall auf <strong>de</strong>r Welt muss man eine Balance zwischen <strong>de</strong>m Erhalt vonKulturgut und <strong>de</strong>n Vorteilen <strong>de</strong>s Massentourismus fin<strong>de</strong>n. Auch inLateinamerika profitiert man stark <strong>vom</strong> Tourismus. <strong>Im</strong> Hinblick auf <strong>de</strong>nInka-Landsitz Machu Picchu stellt sich sicher die Frage, ob diese Stätte<strong>de</strong>n großen touristischen Andrang verkraftet.Über welche Ansätze ließen sich diese Probleme verringern?Eine nachhaltige Nutzung und <strong>de</strong>r Erhalt <strong>de</strong>s Kulturerbes sollte an ersterStelle stehen. Eine Beschränkung von Besucherzahlen ist aber nichteinfach durchzuführen.Was sind die wichtigsten Aufgaben für die zukünftige Inka-Forschung?Die Zukunft liegt sicher in <strong>de</strong>r Fortführung von großräumigenarchäologischen Projekten und <strong>de</strong>m Abgleich <strong>de</strong>r Ergebnisse mit <strong>de</strong>rethnohistorischen Forschung.Herzlichen Dank für dieses Gespräch und viel Erfolg mit „Inka-Könige <strong>de</strong>r An<strong>de</strong>n“.Zur Person: <strong>Professor</strong> <strong>Dr</strong>. <strong>Inés</strong> <strong>de</strong> <strong>Castro</strong> ist seit 2010 Direktorin <strong>de</strong>sLin<strong>de</strong>n-Museums Stuttgart. Sie wur<strong>de</strong> 1968 in Buenos Aires geboren undwar zuvor stellvertreten<strong>de</strong> Direktorin <strong>de</strong>r ethnologischen Sammlungen<strong>de</strong>s Roemer- und Pelizaeus-Museums Hil<strong>de</strong>sheim. Promotion und dasStudium <strong>de</strong>r Ethnologie und Altamerikanistik absolvierte sie an <strong>de</strong>rUniversität Bonn. Schwerpunkt ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit sind dieKulturen Mesoamerikas.Das <strong>Interview</strong> führte Franz Metzger

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