Dr. h. c. Annemarie Renger - Mitmischen.de
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Ich habe mich in <strong>de</strong>r Fraktion selber für das Amt <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>stagspräsi<strong>de</strong>nten<br />
vorgeschlagen. Glauben Sie, man hätte mich sonst genommen?<br />
An Selbstbewusstsein und Initiative hat es ihr je<strong>de</strong>nfalls nie gemangelt. Als sie nach <strong>de</strong>m<br />
Krieg von Kurt Schumacher hörte, sagte sie:<br />
Den Mann muss ich kennenlernen.<br />
Auch hier war sie es, die die Initiative ergriff und ihm ihre Mitarbeit antrug.<br />
Bei ihrer Kandidatur 1972 galt es für <strong>Annemarie</strong> <strong>Renger</strong> gleich eine doppelte Herausfor<strong>de</strong>rung<br />
zu meistern; <strong>de</strong>nn zum einen stand das hohe Amt überhaupt zum ersten Mal in<br />
<strong>de</strong>r neuen Republik <strong>de</strong>n Sozial<strong>de</strong>mokraten zu, und zum an<strong>de</strong>ren war <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>stag ausgerechnet<br />
1972 extrem männerdominiert. Zu Beginn <strong>de</strong>r 7. Wahlperio<strong>de</strong> saßen lediglich<br />
30 Frauen im Deutschen Bun<strong>de</strong>stag. Damit betrug <strong>de</strong>r Frauenanteil bei <strong>de</strong>n Abgeordneten<br />
lediglich 5,8 Prozent – so wenig wie in keiner Legislaturperio<strong>de</strong> zuvor und natürlich in keiner<br />
danach. Rückblickend sagte <strong>Annemarie</strong> <strong>Renger</strong>:<br />
Ich war <strong>de</strong>r Meinung, dass man je<strong>de</strong>s Amt annehmen muss, das Frauen in <strong>de</strong>n<br />
Stand setzt zu beweisen, Frauen können es genauso gut – vielleicht sogar besser<br />
als Männer.<br />
Energisch, resolut, selbstbewusst, stark – das sind Attribute, mit <strong>de</strong>nen <strong>Annemarie</strong><br />
<strong>Renger</strong> immer wie<strong>de</strong>r charakterisiert wird. Wer sie erlebt hat, kann bestätigen, dass sie alle<br />
zutreffend sind. Ein anschauliches Beispiel für ihre Resolutheit, <strong>de</strong>r sich kaum jemand entziehen<br />
konnte, stammt aus <strong>de</strong>n parlamentarischen Anfangsjahren <strong>de</strong>r Grünen – 1987 –: Als<br />
damals <strong>de</strong>r Abgeordnete Thomas Ebermann, an <strong>de</strong>n sich <strong>de</strong>r eine o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re noch erinnern<br />
wird, in recht salopper Kleidung zum Rednerpult geht, weist ihn die amtieren<strong>de</strong><br />
Sitzungspräsi<strong>de</strong>ntin <strong>Annemarie</strong> <strong>Renger</strong> ebenso kurz wie ein<strong>de</strong>utig zurecht: „Machen Sie das<br />
Hemd zu.“ Das war so unmissverständlich und ultimativ, dass selbst Thomas Ebermann <strong>de</strong>r<br />
Auffor<strong>de</strong>rung unverzüglich Folge leistete.<br />
(Heiterkeit)<br />
Sie selbst, stets Gran<strong>de</strong> Dame, fiel durch stilvolle Kleidung auf. Ihre Hüte und Frisuren<br />
waren legendär. Ihre natürliche Autorität blieb ihr bis ins hohe Alter. Als das Präsidium <strong>de</strong>s<br />
Deutschen Bun<strong>de</strong>stages zu ihrem 85. Geburtstag hier im Hause einen Empfang gab, dominierte<br />
sie ganz selbstverständlich die Szene und verteilte <strong>de</strong>monstrativ ihre durchaus abgestuften<br />
Sympathiebekundungen.<br />
<strong>Annemarie</strong> <strong>Renger</strong> hatte nicht nur Bewun<strong>de</strong>rer und Freun<strong>de</strong>. Das trifft übrigens auch für<br />
die Frauen zu, <strong>de</strong>ren Sache ihr doch stets am Herzen lag. Aber <strong>de</strong>m Feminismus konnte sie<br />
die von manchen erwartete Be<strong>de</strong>utung nie richtig abgewinnen. Auch ihre Partei hatte es<br />
nicht immer leicht mit ihr – und sie nicht immer nur Freu<strong>de</strong> an ihrer Partei. Gelegentliche<br />
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