6 Die Gruppe vor dem He<strong>im</strong>atmuseum Prien Freundschaft, Solidarität, Gesang und Spaß trotz Regen Zwei Berichte vom Deutsch-Französischen Freundschaftstreffen in Prien am Chiemsee vom 1. bis 9. August 2010 von Clémence und Bettina von Hanffstengel 15 Französinnen sind mit dem Nachtzug von Paris nach München gefahren mit dem Vorsatz, Frauen der <strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong>-<strong>Vereinigung</strong> <strong>Deutschland</strong> kennen zu lernen und eine tolle Woche zusammen zu verbringen. Gleich am Montag stand die Besichtigung von Schloß Herrenchiemsee auf dem Programm. Einige konnten auch kurz in den See springen! Leider spielte das Wetter überhaupt nicht mit und wir mussten das Programm anpassen. Aber es hat uns nicht davon abgehalten, Spaß zu haben und nette Aktivitäten zu machen. Das Erlebnisbad, die Besichtigung Münchens, der KZ-Gedächtnisstätte Dachau, Massagen und die Wanderung auf die Kampenwand haben unsere Woche gut ausgefüllt. Die Abendprogramme bestanden aus einem Quizabend mit Spielen über Vorurteile, die Deutsche und Franzosen gegeneinander haben können, einem Theaterkurs, Kinoabende, et cetera. Alle Französinnen waren völlig begeistert vom Austausch mit den deutschen Mädels, die sich bemüht haben, ihnen ihre Sprache und Kultur beizubringen. Trotz der Tatsache, dass es viel weniger Deutsche als Französinnen gab, konnten die Deutschen sich dank ihrer Dynamik und ihrer Lebensfreude in der Gruppe sehr gut integrieren! Wir bedanken uns ganz herzlich bei Bettina, die dafür gekämpft hat, dass von der deutschen Seite her genügend Mädchen kommen können. Wir sind uns darüber einig, das Treffen nächstes Jahr noch einmal zu veranstalten, diesmal aber in Frankreich. Zum Glück gibt es Internet mit Facebook und E-Mails, um den Kontakt miteinander aufrechterhalten zu können in der Erwartung, uns alle nächstes Jahr wieder zu sehen. Wir freuen uns schon alle darauf! Eure Clémence Un, deux, trois – girlpower! Ein Bericht von Bettina von Hanffstengel Der Sommeraufenthalt am Chiemsee war so vielfältig und so reich, dass ich gar nicht weiß, was ich erzählen soll, denn ein vollständiger Bericht würde den Rahmen sprengen. Bei diesem Sommeraufenthalt handelt es sich um Urlaub. Hier wird nicht ernsthaft über das Ullrich-<strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong> diskutiert, sondern alle sollen ihren Spaß miteinander haben. Das Programm sollte jeder etwas bieten: Besichti- gungen in der näheren Umgebung: Wir fuhren mit dem Dampfer zur Herreninsel und besichtigten Schloß Herrenchiemsee. Als wir zur Fraueninsel kamen, regnete es so stark, dass wir so schnell wie möglich nach Prien zurückkehrten. Auch das He<strong>im</strong>atmuseum in Prien mit der für Oberbayern typischen volkstümlichen Variante des Trompe I‘oeil (einer Malerei, die das Auge täuscht und zum Beispiel Mauervorsprünge und Säulen vortäuscht), der Lüftlmalerei an der Fassade, sahen wir uns an. Fahrt in die „große“ Stadt und Shopping: In München hatten wir am Vormittag eine Führung, die die große Geschichte mit Geschichten verband. Am Nachmittag konnten die Mädchen shoppen gehen. Geschichte: Führung auf französisch durch die KZ-Gedächtnisstätte in Dachau. Das machte eine gebürtige Italienerin. Da französisch nicht ihre Muttersprache ist, sprach sie ein wenig langsamer und alle konnten sie verstehen. Sport: Die Mädchen fuhren mit der Seilbahn auf die Kampenwand. Hinunter wurde gelaufen. Da konnte ich nicht mithalten und hatte Zeit für eine Extratour. Extratouren: Wer nicht alles mitmachen konnte oder wollte, musste das nicht tun. So blieb mir unter anderem Zeit, um nach Chieming zu fahren, an den Ort, an dem ich in meiner Kindheit die Ferien verbracht hatte. Auch Chantal hätte die Kampenwand nicht erstürmen können und so fuhren wir zu zweit dahin und mäanderten durch den Tag (taten das, wonach uns der Sinn stand). Spaß: Die Mädchen badeten <strong>im</strong> Spaßbad Prienavera, einmal sogar <strong>im</strong> Chiemsee, wir sahen uns DVDs an, machten Theaterübungen und aßen am letzten Abend <strong>im</strong> Biergarten der „König-Ludwig-Stubn“ in Prien. Aber das war noch lang nicht alles. Am ersten Abend stellten wir alle uns auf deutsch und französisch vor. Das kostete Überwindung bei all denjenigen, die in der anderen Sprache nicht sattelfest waren. Ich musste mein Schulfranzösisch aus der hintersten, verstaubten Ecke hervorzerren. Jenny plauderte munter auf französisch und hätte auch nichts dagegen die deutsche Sprache abzuschaffen. Am zweiten Tag machte Clémence am Vormittag eine Einführung in beide Sprachen: die Monate, die Zahlen, Körperteile, Geschirr und Besteck. Den deutschen Mädchen fiel dann sogleich ein Lied zu den Monaten ein, das wir alle gemeinsam sangen. Dann sangen wir zusammen mit Inbrunst die „Marseillaise“ und die deutsche Nationalhymne. Gesungen wurde sehr viel, laut und meistens auf französisch. Gesprochen wurde deutsch, französisch, mit Händen und Füßen und englisch. Neugierde und Mitteilungsbedürfnis siegten über die Sprachbarriere. Am zweiten Abend leitete Clémence ein Quiz in drei Gruppen an, wobei <strong>im</strong>mer zwei Deutsche in einer Gruppe waren. Nun konnte jede ihr Wissen über das andere Land unter Beweis stellen, denn Clémence stellte den Französinnen Fragen über <strong>Deutschland</strong> und den Deutschen Fragen über Frankreich. Dann hatten wir noch die Möglichkeit, Vorurteile pantom<strong>im</strong>isch darzustellen. Am dritten Abend und am fünften Abend sahen wir uns DVDs an, am vierten Abend gab es Gesellschaftsspiele. Um uns von dem Besuch der KZ-Gedächtnisstätte in Dachau zu erholen, hatte Clémence Theaterübungen <strong>im</strong> Bereich M<strong>im</strong>ik geplant. Als ich davon hörte, revoltierte meine schwermütige deutsche Seele: Nicht nur, dass es mir vor dem Besuch in Dachau grauste. Kann ich wirklich so locker damit umgehen und am Abend, anstatt den Besuch „ordentlich“ zu reflektieren, alles abschütteln und in Gelächter auflösen, sich selbst danach etwas Gutes tun? Ich weiß nicht, ob „man“ kann, aber wir konnten. C‘est „savoir-vivre“!Am Samstagvormittag leitete Bertille eine Fußmassage an. Wir wären wahrscheinlich noch öfter in den Chiemsee gehüpft, wenn uns nicht das typische Chiemgau-Wetter, nämlich unbeständig und regnerisch, einen Strich durch die Rechnung gemacht hätte. Erst am Tag unserer Abreise erstrahlte der H<strong>im</strong>mel in den bayerischen Farben weiß und blau. So, ihr lieben Mädels und Frauen, nun seid ihr an der Reihe! Es gibt ein schönes Treffen für diejenigen, die dem Weibertreffen entwachsen sind und nun nach einer anderen Möglichkeit suchen, sich gut zu unterhalten und auch für die, die nicht <strong>im</strong>mer nur das Thema Ullrich-<strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong> in all seinen Facetten beharken wollen: Den séjour franco-allemand! Nächstes Jahr findet er wieder <strong>im</strong> August, aber in Frankreich statt und wird wieder von Clémence und Bertille organisiert. Und an dieser Stelle: „Hip-hip pour Clémence et Bertille, hip-hip pour Clémence et Bertille, hip-hip pour Clémence et Bertille, hip-hiphurra!“ Dieses Mal könnt ihr euch, in guter deutscher Tradition, darauf lange und ausführlich vorbereiten. Bei uns fangen <strong>im</strong> September die VHS-Kurse wieder an. Eigentlich wollte ich ja unbedingt mongolisch lernen, aber nun habe ich mich entschieden — für alle Fälle! — mein Französisch wieder aufzufrischen. Eure Bettina aktuell Am sechsten Tag aber war es so weit: Die deutschen Mädchen wollten mit den französischen Mädchen über das Ullrich-<strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong> sprechen: „Wann sie es erfahren hätten, wie sie damit leben und ob sie einen Freund haben.“ Clémence war nicht begeistert von dieser Idee, denn wo bliebe der Spaß? Wird aus einem schönen, heiteren Sommerurlaub mit einem Mal ein schwermütiger Workshop über das Ullrich-<strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong>? Wird die St<strong>im</strong>mung in den Keller gehen? Nach Beratung mit Bertille, die bisher den französischen Sommeraufenthalt organisiert hat, haben wir es dann doch gemacht. Vorher habe ich eine jüdische Geschichte erzählt und danach ging es los. Und was ist dabei herausgekommen? Das müsst ihr Jenny, Sabrina, Ruth, Miriam, Carolina und Franziska schon selber fragen. 7