STRATEGIE + VERTRIEbINTERVIEw MIT PROF. DR. PHILIPP JANETZKEIT FINANCE Professor Janetzke, Sieempfehlen Finanzdienstleistern denverstärkten Einsatz von Regelwerken– zur Verbesserung von Qualität,Effizienz und Beratungserfolg. was istdas Besondere an Regelwerken? Lau -fen nicht alle IT-Systeme geregelt ab?DR. JANETZKE In der Tat gibt es hier wesentlicheUnterschiede. Selbstverständlichgibt es Regeln in den Köpfen der handelndenPersonen, und auch in jederSoftware sind Regeln fest codiert. Beiden Regelwerken, von denen hier dieRede ist, handelt es sich um gesonderteSysteme, die ein weitgespanntes Gefügevon Regeln enthalten, die für bestimmtekomplexe Fragestellungen auf die definiertenFakten (Kundendaten) angewendetwerden. Die Regeln sind untereinandervernetzt, so dass sie aufeinanderaufbauen oder sich gegenseitig ergänzen.Dadurch ergeben sich immense Möglichkeitenzur raschen, automatischen Generierungvon Lösungen für schwierigsteProblemstellungen.IT FINANCE Solche Regelwerkehaben viel mit Automatisierung zu tun,und sie werden deshalb zum Beispielin der Industrie vielerorts schon erfolgreicheingesetzt. warum hinkt dieFinanzberatung so weit hinterher?DR. JANETZKE Vor allem wird wohl dasAutomatisierungs- und damit Effizienzpotenzialunterschätzt, das durch eine durchgehendeintelligente IT-UnterstützungIT-UNTERSTÜTZTE FINANZBERATUNGauf Basis von Regelwerken entlastetBerater, beschleunigt Prozesse und sorgtfür mehr Rechtssicherheit.Fotocredit: XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX6 IT FINANCE
„Mit Regelwerken erreichen wireine Automatisierung der Beratung,die kommunikative freiräume fürden umgang mit Kunden schafft.“Prof. Dr. Philip Janetzke, Hochschule Weihenstephan-Triesdorferschlossen werden kann, in der Regelwerkeeine wichtige Komponente darstellen.Aber das ganze Thema sollte mandifferenziert sehen. Regelwerke werdendurchaus bereits eingesetzt, aber imGrunde noch sporadisch und zu unsystematisch.Bei Versicherungen findet manhäufig sehr effiziente Abläufe im Vorfelddes eigentlichen Kundenkontakts, anschließendaber laufen die Prozesse oftvöllig unstrukturiert. Oder nehmen Sie dieBonitätsprüfung von Kreditnehmern inBanken, die meist regelbasiert abläuft –dafür liegen andere, durchaus geeigneteThemenfelder völlig brach. Bei der Finanzberatungselbst werden Regelwerkeschlicht vernachlässigt. Hier finden sichhöchstens in Anwendungen für isolierteBeratungsthemen fest codierte Regeln,nach denen die Software Produktvorschlägeauswirft. Sobald es komplexerwird, etwa mit Blick auf ganzheitliche Beratung,ist die Kreativität des Beraters gefragt,der dann sein eigenes Regelwissenanwendet.IT FINANCE Aber wird dann durchden Einsatz der Regelwerke nicht derBerater entmündigt und seine Kreativitätgeknebelt?DR. JANETZKE Eigentlich beobachten wirja den gegenläufigen Prozess: Der Beraterwird immer mehr zum Beziehungsmanagerund Lösungsbeschaffer für den Kunden.Angesichts von mehr als 400.000Finanzprodukten kann er aber kaum noch„Regelwerke ziehen indie individuelle beratungein nachvollziehbares,gleichbleibendes Faktenfundamentein. das istein konstitutives Elementvon Qualität.“Fachmann für alle Themen felder sein.Dieses Spannungsfeld aus Anforderungenan soziale Kompetenz, Qualität derBeratungslösung und öko no mischen Zielenwird vielfach als enorme Belastungerlebt, als Konflikt, der lähmt und von dereffizienten Betreuung der Kunden ablenkt.Indem man Regelwerke als zentraleBestand teile in Finanzplanungssystemeeinbaut, schafft man hier an einer besonderswichtigen Stelle Entlastung: nämlichbei den Feldern der Informationsbeschaffungund -aufbereitung, die der Berater alszäh und unfruchtbar erlebt. Und selbstwenn das Regelwerk eine eindeutige Lösungsempfehlungvorlegt: selbst solcheLösungen bedürfen noch des Feinschliffsdurch den Berater, gerade bei Sonderfällen.Und, mit solchen Vorschlägen entlastetman den Berater, setzt ihn also geradefrei für die kreativeren Aspekte und die,wo seine soziale Kompetenz als Verkäuferund Beziehungsmanager gefragt ist. Umdas noch etwas Technischer zu untermauern:Es liegt auch an der Einstellung derRegelwerke durch das Unternehmen, anwelchen Stellen Anpassungen zugelassenwerden und wer sie vornehmen darf. MitRollenkonzepten lässt sich festlegen, welcherBerater mit welcher Qualifikationwelche Themen mit welchen Freiheitsgradenberaten kann.IT FINANCE Erlauben Regelwerkealso individuelle Betreuung aufGrundlage gesicherter Empfeh lungen?DR. JANETZKE Genau da liegt der Qualitätsgewinnfür die Finanzdienstleistungsunternehmen!Wir haben das einmal sodefiniert: „Qualität in der Finanzberatungist eine durch Gesetze flankierte, umfassendeDienstleistung, die individuelleKundenerwartungen und Notwendigkeitennach objektiven Kriterien zur nachhaltigenZufriedenheit der Kunden erfüllt.“Und hier bedeutet das konkret: Wir kommenendlich weg von der unbefriedigendenSituation, in der Beraterin A dem Kundendie Strategie Q empfiehlt mit denProdukten V und X als Eckpfeilern, währendeine Tür weiter bei gleicher AusgangslageBerater B die Strategie R einschlägtund versucht, die Produkte W undY zu verkaufen. Regelwerke ziehen in dieindividuelle Beratung ein nachvollziehbares,gleichbleibendes Faktenfundamentein. Das ist ein konstitutives Element vonQualität.IT FINANCE Das verleiht den Beraternselbst auch eine größereSicherheit und hilft gegen das weitIT FINANCE 7