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TÜRKEIVerpflichtung zum Flüchtlingsschutz auf alle Flüchtlingealler Staaten ausweitet, unterschrieben hat,wird von Seiten der EU kritisiert. Derzeit genießenso nur Flüchtlinge aus Europa einen Zugang zumAsylrecht in der Türkei. Allen übrigen bietet dieTürkei nur temporären und prekären Schutz. Außerdemist es enorm schwierig, überhaupt einenAntrag auf Flüchtlingsschutz in der Türkei zu stellen.Dazu kommt die Zuweisung von Flüchtlingen insogenannte Satelliten-Städte, wo überfüllte Flüchtlingslager,lange Wartezeiten und ungünstige Bedingungenfür die Arbeits- und Wohnraumsucheherrschen. Dies sind gute Gründe für Flüchtlinge,sich nicht in der Türkei niederzulassen, sondernweiterhin den Weg in die Europäische Union zu suchen.Die Visumpolitik der Türkei ist der dritte wesentlicheKritikpunkt der Europäischen Union ander türkischen Migrationspolitik. Zahlreiche Staaten,die auf der „Schwarzen Liste“ der EU für visumpflichtigeStaaten stehen, benötigen keine Visa fürdie Einreise in die Türkei oder können unkompliziertan der Grenze ein Visum bekommen. Nachdem dieTürkei dem Drängen der EU schrittweise nachgekommenwar und die Visumpflicht für eine Reihevon Staaten eingeführt hatte, vollzog sie ab 2005einen Schwenk und hob die Visumpflicht für einigeStaaten wieder auf, darunter Syrien, Jordanien, Libanon,Russland und Serbien. Dies kann als Indizfür das Interesse der türkischen Regierung gewertetwerden, die Beziehungen zu den Nachbarländernzu verbessern und die Türkei in ihrer Rolle als Regionalmachtzu stärken. Einen Beitritt zur EuropäischenUnion, so scheint es, will die Türkei nichtum jeden Preis.EUROPÄISCHESGRENZMANAGEMENTDie wachsende EU-Skepsis in der Türkei bedeutetnicht, dass die türkische Regierung nicht großeAnstrengungen unternommen hat, in verschiedenenBereichen europäischen Interessen entgegenzukommen.Dies ist insbesondere auch in der Migrationspolitikder Fall, wo ein erstaunlich liberalesMigrationsgesetz auf den Weg gebracht wurde. Danebenkonzentrieren sich die türkischen Bemühungenauf die Überwachung der Grenzen und denKampf gegen irreguläre Migrant_innen und Flüchtlinge.Hier hat die Türkei in den letzten Jahrenzahlreiche neue Verwaltungsstrukturen geschaffen,die Grenzsicherung ausgebaut und Schritte unternommen,um die Grenzkontrollen von militärischenin zivile Strukturen zu überführen. Noch jedochsind verschiedene Behörden und Sicherheitskräftein die Grenzkontrollen involviert. Das führt zueinem Wirrwarr an Kompetenzen und erschwertinsbesondere auch den Zugang zu Schutz für Migrant_innenund Flüchtlinge.In diesem Umbauprozess erhielt die Türkei substanzielleeuropäische Leistungen. Zur Unterstützungder Anpassungen der türkischen Migrations- undAsylpolitiken an europäische Anforderungen wurdenallein zwischen 2003 und 2004 acht „Twinning-Projekte“ durchgeführt: Zur Stärkung von Institutionenim Kampf gegen Menschenhandel, Visapolitikund -praxis, Asyl, Grenzkontrolle, Strafverfolgungund Migrationsfragen. Seit 2010 werden mindestenszwei Twinning-Projekte im Bereich Asyl und Migrationumgesetzt, eines zur „Unterstützung derKapazitäten der Türkei bei der Bekämpfung irregulärerMigration durch die Einrichtung von Abschiebezentren“.Mehrere Haftanstalten wurdensowohl an den türkischen Westgrenzen wie an derOstgrenze errichtet oder erweitert. Das zweiteProjekt sieht die Einrichtung eines Systems zurUnterbringung von Asylsuchenden und Flüchtlingenvor. An den Twinning-Projekten sind jeweils einoder mehrere EU-Staaten beteiligt. Neben der materiellenUnterstützung dienen Twinning-Projekteauch dem Austausch zwischen Behörden und derImplementierung von europäischen Standards. DieEU und beteiligte Mitgliedstaaten investierten überdiese Twinning-Projekte mehrere Hundert MillionenEuro. Auch Frontex kooperiert in verschiedenenBereichen, z.B. Risikoanalysen und Trainings, mittürkischen Sicherheitsbehörden.DER PUFFER VOR DER EU?Die geografischen Eigenheiten der türkischenGrenzen – ihre Länge, gebirgige Gebiete und unübersichtlicheSeegrenzen –, die ärmlichen, Schmuggelbegünstigenden Lebensbedingungen in denGrenzregionen, die sicherheitszentrierte, autoritäreRhetorik bezüglich Grenzkontrollen bei der gleichzeitigboomenden türkischen Wirtschaft und internationalenBeziehungen, die durch einen Ansatzder offenen Türen geprägt sind, führen zu einemerheblichen Politikdilemma.17

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