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Bildungsbeteiligung und Sozialstruktur im beruflichen Schulsystem

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Einleitung: Ausbildungsberuf <strong>und</strong> berufliches <strong>Schulsystem</strong> 9ging 1970 noch als ungelernte Arbeitskraft direkt von der Schule in die Beschäftigungüber. Ausbildungskapazitäten lagen genau deshalb brach. 12Heute orientieren sich die Betriebe an der Signalfunktion des <strong>Schulsystem</strong>s, stellenalso segmentweise Knappheitsbedingungen für die Rekrutierung geeigneter Jugendlicherbei gleichzeitig steigenden Nettokosten der Ausbildung her. 13 Betriebe konkurrierenmittlerweile sowohl untereinander wie auch mit dem Hochschulsystem umJugendliche, die leistungsbezogene Signale vor allem aus dem <strong>Schulsystem</strong> aufweisenkönnen. 14 Diejenigen Betriebe, die sich mit schwächeren Schulerfolgsnachweisen zufriedengeben (z.B. Maler <strong>und</strong> Lackierer), sehen sich ausbildungs<strong>beruflichen</strong> Standardsgegenüber, die zu hohen Scheiterquoten bei den Prüfungen am Ende der Ausbildungführen. 15 Auch hier handelt es sich um eine aus der Bewährung an schulischen Standardshervorgehende Signalbildung, die auf die Ausbildungsbereitschaft rückwirkt.M.a.W.: Der Korridor, in dem es möglich ist, die Bewährung <strong>im</strong> betrieblichen Arbeitsprozessauf die formalen, durch Prüfungen <strong>und</strong> Zeugnisse best<strong>im</strong>mten Anerkennungsmechanismen<strong>im</strong> Ausbildungssystem zu übertragen, hat sich verengt. Bei Klein- <strong>und</strong>Mittelbetrieben, die das bedeutendste Kontingent an Ausbildungsplätzen stellen, zähltdie unterstellte mangelnde Lernfähigkeit zu den drei zentralen Ausbildungshemmnissen– neben den Kosten <strong>und</strong> der Abwesenheit vom Betrieb. 16 Legt man Pisa-Standardszugr<strong>und</strong>e kommen 56% der Hauptschul- <strong>und</strong> 30,8% der Absolventen einer integriertenGesamtschule für eine Ausbildung nicht direkt in Frage. 17 Gleichzeitig hat sich dasin Ausbildungsberufen <strong>und</strong> in der Berufsschule abverlangte Wissen seit den siebzigerJahren theoretisiert <strong>und</strong> verdichtet. Das Angebot an Jugendlichen wird systemisch verknappt,ohne dass es von der Zahl der Schulabgänger her notwendigerweise bereitsknapp sein müsste: Ca. ein Viertel der Betriebe, die Ausbildungsstellen unbesetzt lassen,tun dies, weil sie kein Vertrauen in die Leistungsfähigkeit der jugendlichen Ausbildungsplatzbewerberhaben. 18In den sozial- <strong>und</strong> bildungsräumlichen Austauschprozessen zwischen Schulen,Schulab schlüssen <strong>und</strong> betrieblichen Auswahlpraktiken kommt es deshalb zu spezifischenSegmentat ionslinien. In einer Untersuchung über die Schulabschluss- <strong>und</strong>Notenabhängigkeit des Aus bildungstesterfolgs von bankkaufmännischen Ausbildungsbewerbernin einer Ruhrgebiets stadt konnten die dort deutlich schlechteren Erfolgschancenvon Gesamtschul- <strong>im</strong> Vergleich zu Gymnasial- <strong>und</strong> Berufskollegabiturientendie Irrelevanz einer speziellen kauf männischen Vorbildung für den Testerfolgsowie die erfolgschancenmindernde Auswirkung der (über wiegend an Berufskollegserworbenen) Fachhochschulreife gegenüber dem Abitur nachgewiesen werden. 19 Hintersolchen Segmentationslinien steht nicht etwa die Qualität best<strong>im</strong>mter Schulformenoder auch die materielle Eignung von Schulabsolventen für die Arbeit in Betrieben.Sie sind vielmehr das Resultat komplexer, durch die regionale <strong>und</strong> lokale Anordnungvon Schulen <strong>und</strong> Sozialräumen herbeigeführter Verteilungs- <strong>und</strong> Über gangsprozesse.Hierbei interagieren die <strong>beruflichen</strong> Schulen mit einer auf Vorbildung, Migrationshin-12 Stooss (1999), S. 171-188.13 Vgl. B<strong>und</strong>esinstitut für Berufsbildung (2001), S. 180; siehe auch Sadowski (2000).14 Vgl. Drexel (1997).15 Vgl. B<strong>und</strong>esinstitut für Berufsbildung (2001).16 Vgl. Beutner (2001); Harney / Hartz / Weischet (2001).17 PISA (2001), S. 181.18 Vgl. Pfeiffer (1996), S. 600.19 Vgl. Harney / Voss / Weischet (2004), S.121-132.

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