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Max Weber - Lehrstuhl Prof. Dr. Armin Nassehi

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<strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong>Institut für SoziologieVorlesungSoziologische TheorieSoSe 2012Mo 1015-1145 Uhr, Audi<strong>Max</strong>30. April 2012<strong>Max</strong> <strong>Weber</strong>:Soziologie ohne Gesellschaft<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong> Seite 1


<strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong>Institut für Soziologie<strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong>:Soziologie. Zehn einführende Vorlesungen2. Aufl.Wiesbaden: VS-Verlag 2011.Hans Joas/Wolfgang Knöbl:Sozialtheorie. Zwanzig einführende VorlesungenAktualisierte AuflageFrankfurt/M./Berlin: Suhrkamp 2004.<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong> Seite 2


Kursbuch 170 Krisen lieben<strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong>Institut für SoziologieKursbuch 170Krisen liebenSven Murmann Vorwort • <strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong>, Peter FelixbergerEin Anfang • HenningMarmulla 1965/ 2012 • <strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong>Der Ausnahmezustand als Normalfall • Dietmar DathLegitimiert euch doch selbst! •Werner PlumpeOhne Krisenkeine Harmonie • Gunter Dueck Ich hasse Krisen • RomualdHazoumèEuropa in der Krise •Daniela Roth KanisterkunstJasmin Siri Krise organisieren • Florian Rötzer Medien inder Krise • Wolfgang Schmidbauer Krisen der Psychotherapie• Katja Mellmann Literatur alsKrisenerzählung • KathrinRöggla Frühjahrstagung, HerbsttagungDas Kursbuch ist wieder da, hg. von <strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong>Vorzugsabo für Studierende:<strong>Dr</strong>ei Ausgaben/Jahr € 36,- (statt € 44,-)Zu beziehen überwww.kursbuch-online.deMURMANN Februar 2012 € 19,– / sFr. 27.–<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong> Seite 3


<strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong>Institut für Soziologie30.04.<strong>Max</strong> <strong>Weber</strong>:Soziologie ohne Gesellschaft<strong>Max</strong> <strong>Weber</strong>: Über einige Kategorien der verstehenden Soziologie, in: ders.: Schriften 1894-1922, ausgew. v. Dirk Käsler,Stuttgart 2002, S. 275-313.07.05.George Herbert Mead:Gesellschaft als universe of discourse/Soziologie als VerhaltenswissenschaftGeorge Herbert Mead: Geist, Identität und Gesellschaft. Hrsg. von Charles W. Morris. Frankfurt/M. 1992, S. 194-221 und230-265.14.05.Theodor W. Adorno/<strong>Max</strong> Horkheimer:Gesellschaft als das unwahre Ganze/Soziologie als kritische TheorieTheodor W. Adorno: Soziologische Schriften I, in: ders.: Gesammelte Schriften. Band 8, Darmstadt 1998, S. 9-19.<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong> Seite 5


<strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong>Institut für Soziologie21.05.Talcott Parsons:Gesellschaft als politische Einheit/Soziologie als Theorie sozialer SystemeTalcott Parsons: Das System moderner Gesellschaften, München 1972, S. 12-42.28.05. Pfingstmontag04.06. keine Vorlesung11.06.Alfred Schütz/Peter Berger/Thomas Luckmann:Gesellschaft als Lebenswelt/Soziologie als Phänomenologie und AnthropologieAlfred Schütz/Thomas Luckmann: Die Lebenswelt des Alltags und die natürliche Einstellung, in: dies.: Strukturen derLebenswelt. Band 1, Frankfurt/M. 2003, S. 29-50.18.06.Jürgen Habermas:Gesellschaft als System und Lebenswelt/Soziologie als AufklärungsprojektJürgen Habermas: Der normative Gehalt der Moderne, in: ders.: Der philosophische Diskurs der Moderne. ZwölfVorlesungen, Frankfurt/M. 1985, S. 390-425.<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong> Seite 6


<strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong>Institut für Soziologie25.06.Niklas Luhmann:Gesellschaft ohne Zentrum und Spitze/Soziologie als AufklärungNiklas Luhmann: Das Moderne der modernen Gesellschaft, in: ders.: Beobachtungen der Moderne, Opladen 1992, S. 11-49.02.07.Pierre Bourdieu:Gesellschaft als Distinktionsraum/Soziologie als (Selbst-)AufklärungPierre Bourdieu: Leçon sur la leçon, in: ders.: Sozialer Raum und ‘Klassen’. Leçon sur la leçon. Zwei Vorlesungen,Frankfurt/M. 1985, S. 49-81.09.07.Bruno Latour:Gesellschaft posthumaner Kollektive/Soziologie als Theorie hybrider AkteureBruno Latour: Wir sind nie modern gewesen. Versuch einer symmetrischen Anthropologie, Berlin 1995, S. 174-19316.07.Klausur<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong> Seite 7


<strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong>Institut für SoziologieWeitere Informationen:Die Texte werden in den Hauptfachtutorien bearbeitet und sollen von allen sonstigen Teilnehmerinnen und Teilnehmernder Vorlesung mitgelesen werden.Die Anmeldeformalitäten für die Klausur bzw. für die Anmeldung zu den Theorie II-Veranstaltungen werden im Laufeder Vorlesung erläutert.Sonntags ab spätestens 23.00 Uhr (meist früher) lassen sich die Folien des darauf folgenden Montags von derHomepage des <strong>Lehrstuhl</strong>s herunterladen (www.nassehi.de).<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong> Seite 8


<strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong>Institut für Soziologie<strong>Max</strong> <strong>Weber</strong> (1864-1920)<strong>Max</strong> <strong>Weber</strong>: Wirtschaft und Gesellschaft(J.C.B. Mohr, Tübingen 1972)S.111: S.1: §1. Soziologie (im hier verstandenen Sinn dieses sehrvieldeutig gebrauchten Wortes) soll heißen: eine Wissenschaft,welche soziales Handeln deutend verstehen und dadurch in seinemAblauf und seinen Wirkungen ursächlich erklären will. „Handeln“soll dabei ein menschliches Verhalten (einerlei ob äußeres oderinnerliches Tun, Unterlassen oder Dulden) heißen, wenn undinsofern als der oder die Handelnden mit ihm einen subjektiven<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong> Seite 9


<strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong>Institut für SoziologieSinn verbinden. „Soziales“ Handeln aber soll ein solches Handelnheißen, welches seinem von dem oder den Handelnden gemeintenSinn nach auf das Verhalten anderer bezogen wird und daran inseinem Ablauf orientiert ist.<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong> Seite 10


<strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong>Institut für SoziologieS.12: §2. Wie jedes Handeln kann auch das soziale Handelnbestimmt sein 1. zweckrational: durch Erwartungen des Verhaltensvon Gegenständen der Außenwelt und von anderen Menschen undunter Benutzung dieser Erwartungen als „Bedingungen“ oder als„Mittel“ für rational, als Erfolg, erstrebte und abgewogene eigneZwecke, - 2. wertrational: durch bewussten Glauben an den –ethischen, ästhetischen, religiösen oder wie immer sonst zudeutenden – unbedingten Eigenwert eines bestimmtenSichverhaltens rein als solchen und unabhängig vom Erfolg, - 3.affektuell, insbesondere emotional: durch aktuelle Affekte undGefühlslagen, - 4. traditional: durch eingelebte Gewohnheit.<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong> Seite 11


<strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong>Institut für SoziologieS.13: 5. Sehr selten ist Handeln, insbesondere soziales Handeln,nur in der einen oder der andren Art orientiert. Ebenso sind dieseArten der Orientierung natürlich in gar keiner Weise erschöpfendeKlassifikationen der Arten der Orientierung des Handelns, sondernfür soziologische Zwecke geschaffene, begrifflich reine Typen,denen sich das reale Handeln mehr oder minder annähert oder ausdenen es – noch häufiger – gemischt ist. Ihre Zweckmäßigkeit füruns kann nur der Erfolg ergeben.<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong> Seite 12


<strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong>Institut für Soziologie<strong>Max</strong> <strong>Weber</strong>: Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre(Zweite Auflage, Verlag J. C. B. Mohr, Tübingen, 1951)S.191: Er [der Idealtypus] wird gewonnen durch einseitigeSteigerung eines oder einiger Gesichtspunkte und durchZusammenschluss einer Fülle von diffus und diskret, hier mehr,dort weniger, stellenweise gar nicht, vorhandenenEinzelerscheinungen, die sich jenen einseitig herausgehobenenGesichtspunkten fügen, zu einem in sich einheitlichenGedankenbilde. In seiner begrifflichen Reinheit ist dieseGedankenbild nirgends in der Wirklichkeit empirisch vorfindbar, esist eine Utopie, und für die historische Arbeit erwächst dieAufgabe, in jedem einzelnen Falle festzustellen, wie nahe oder wie<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong> Seite 13


<strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong>Institut für Soziologiefern die Wirklichkeit jenem Idealbilde steht, inwieweit also derökonomische Charakter der Verhältnisse einer bestimmten Stadt als„stadtwirtschaftlich“ im begrifflichen Sinn anzusprechen ist. Fürden Zweck der Erforschung und Veranschaulichung aber leistetjener Begriff, vorsichtig angewendet seine spezifischen Dienste.<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong> Seite 14


<strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong>Institut für SoziologieS.149:... denn wir sind der Meinung, dass es niemals Aufgabe einerErfahrungswissenschaft sein kann, bindende Normen und Ideen zuermitteln, um daraus für die Praxis Rezepte ableiten zu können.Was folgt aber aus diesem Satze? Keineswegs, dass Werturteiledeshalb, weil sie in letzter Instanz auf bestimmten Idealen fußenund daher „subjektiven“ Ursprungs sind, der wissenschaftlichenDiskussion überhaupt entzogen seien. Die Praxis und der Zweckunserer Zeitschrift würde einen solchen Satz ja immer wiederdesavouieren. Die Kritik macht vor den Werturteilen nicht Halt.Die Frage ist vielmehr: Was bedeutet und bezwecktwissenschaftliche Kritik von Idealen und Werturteilen?<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong> Seite 15


<strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong>Institut für SoziologieS.151 f.: Eine empirische Wissenschaft vermag niemanden zulehren, was er soll, sondern nur was er kann und – unterUmständen – was er will. Richtig ist, dass die persönlichenWeltanschauungen auf dem Gebiet unserer Wissenschaftenunausgesetzt hineinzu-spielen pflegen auch in die wissenschaftlicheArgumentation, sie immer wieder trüben, das Gewichtwissenschaftlicher Argumente auch auf dem Gebiet der Ermittlungeinfacher kausaler Zusammen-hänge von Tatsachen verschiedeneinschätzen lassen, je nachdem das Resultat die Chancen derpersönlichen Ideale: die Möglichkeit, etwas Bestimmtes zu wollen,mindert oder steigert. Auch die Her-ausgeber und Mitarbeiterunserer Zeitschrift werden in dieser Hin-sicht sicherlich „nichtsMenschliches von sich fern glauben“. Aber von diesem Bekenntnismenschlicher Schwäche ist es ein weiter<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong> Seite 16


<strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong>Institut für SoziologieWeg bis zu dem Glauben an eine „ethische“ Wissenschaft der Nationalökonomie,welche aus ihrem Stoff Ideale oder durch Anwendungallgemeiner ethischer Imperative auf ihren Stoff konkreteNormen zu produzieren hätte. – Richtig ist noch etwas weiteres:gerade jene innersten Elemente der „Persönlichkeit“, die höchstenund letzten Werturteile, die unser Handeln bestimmen und unseremLeben Sinn und Bedeutung geben, werden von uns als etwas „objektiv“Wertvolles empfunden. Wir können sie ja nur vertreten,wenn sie uns als geltend, als aus unseren höchsten Lebenswertenfließend, sich darstellen und so, im Kampfe gegen die Widerständedes Lebens, entwickelt werden. Und sicherlich liegt die Würde der„Persönlichkeit“ darin beschlossen, dass es für sie Werte gibt, aufdie sie ihr eigenes Leben bezieht.<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong> Seite 17


<strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong>Institut für SoziologieS.152: Nur unter der Voraussetzung des Glaubens an Wertejedenfalls hat der Versuch Sinn, Werturteile nach außen zuvertreten. Aber: Die Geltung solcher Werte zu beurteilen, ist Sachedes Glaubens, daneben vielleicht eine Aufgabe spekulativerBetrachtung und Deutung des Lebens und der Welt auf ihren Sinnhin, sicherlich aber nicht Gegenstand einer Erfahrungswissenschaftin dem Sinne, in welchem sie an dieser Stelle gepflegt werden soll.<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong> Seite 18


<strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong>Institut für Soziologie<strong>Max</strong> <strong>Weber</strong>: Wissenschaft als Beruf (in: Studienausgabe der<strong>Max</strong>-<strong>Weber</strong>-Gesamtausgabe, Band I/17, Tübingen: Mohr 1994)S. 7f.: Verehrte Anwesende! „Persönlichkeit“ auf wissenschaftlichemGebiet hat nur der, der rein der Sache dient. Und nicht nurauf wissenschaftlichem Gebiet ist es so. Wir kennen keinen großenKünstler, der je etwas anderes getan hätte, als seiner Sache und nurihr zu dienen. Es hat sich, soweit seine Kunst in Betracht kommt,selbst bei einer Persönlichkeit vom Range Goethes gerächt, dass ersich die Freiheit nahm: sein „Leben“ zum Kunstwerk machen zuwollen. ... Auf dem Gebiet der Wissenschaft aber ist derjenige ganzgewiß keine „Persönlichkeit“, der als Impresario der Sache, der ersich hingeben sollte, mit auf die Bühne tritt.<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong> Seite 19


<strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong>Institut für SoziologieS. 17: Je nach der letzten Stellungnahme ist für den einzelnen daseine der Teufel und das andere der Gott, und der einzelne hat sichzu entscheiden, welches für ihn der Gott und welches der Teufelist. Und so geht es durch alle Ordnungen des Lebens hindurch. ...Die alten vielen Götter, entzaubert und daher in Gestalt unpersönlicherMächte, entsteigen ihren Gräbern, streben nach Gewaltüber unser Leben und beginnen untereinander wieder ihren ewigenKampf. Das aber, was gerade dem modernen Menschen so schwerwird, und der jungen Generation am schwersten, ist: einem solchenAlltag gewachsen zu sein. Alles Jagen nach dem „Erlebnis“ stammtaus dieser Schwäche. Denn Schwäche ist es: dem Schicksal derZeit nicht in sein ernstes Antlitz blicken zu können.<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong> Seite 20


<strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong>Institut für SoziologieM.W.: Wirtschaft und Gesellschaft, a.a.O.S.28: §16. Macht bedeutet jede Chance, innerhalb einer sozialenBeziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstrebendurchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht.Herrschaft soll heißen die Chance, für einen Befehl bestimmtenInhalts bei angebbaren Personen Gehorsam zu finden; Disziplinsoll heißen die Chance, kraft eingeübter Einstellung für einenBefehl prompten, automatischen und schematischen Gehorsam beieiner angebbaren Vielheit von Menschen zu finden.<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong> Seite 21


<strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong>Institut für Soziologie<strong>Max</strong>. <strong>Weber</strong>: Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie I(UTB, Tübingen1988)S.36: In der Tat: jener eigentümliche, uns heute so geläufige und inWahrheit doch so wenig selbstverständliche Gedanke der Berufspflicht:einer Verpflichtung, die der Einzelne empfinden soll undempfindet gegenüber dem Inhalt seiner „beruflichen“ Tätigkeit,gleichviel worin sie besteht, gleichviel insbesondere ob sie demunbefangenen Empfinden als reine Verwertung seiner Arbeitskraftoder gar nur seines Sachgüterbesitzes (als „Kapital“) erscheinenmuss: - dieser Gedanke ist es, welcher der „Sozialethik“ der kapitalistischenKultur charakteristisch, ja in gewissem Sinne für sievon konstitutiver Bedeutung ist.<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong> Seite 22


<strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong>Institut für SoziologieM.W.: Wirtschaft und Gesellschaft, a.a.O.S. 339: [Die Diskrepanz zwischen der gottgewollten Ordnung undder unvollkommenen Welt wird dadurch aufgelöst, dass der ] Sündigende... von allen Sünden immer wieder durch relgiöses GelegenheitshandelnAbsolution erhalten kann. ... Nicht der gesamte,durch Askese oder Kontemplation oder beständig wache Selbstkontrolleund Bewährung stets neu festzustellende habitus der Persönlichkeit,sondern das konkrete einzelne Tun wird gewertet. Esfehlt daher die Nötigung, die certitudo salutis selbst, aus eigenerKraft zu erringen und diese ganze ethisch so wirksame Kategorietritt überhaupt an Bedeutung zurück.<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong> Seite 23


<strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong>Institut für SoziologieM.W.: Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie, a.a.O.S. 74: Die Leistung der Reformation war es zunächst, dass, imKontrast gegen die katholische Auffassung, der sittliche Akzentund die religiöse Prämie für die innerweltliche, beruflich geordneteArbeit mächtig schwoll.S.252: Interessen (materielle und ideelle), nicht: Ideen, beherrschenunmittelbar das Handeln der Menschen. Aber: die „Weltbilder“,welche durch „Ideen“ geschaffen wurden, haben sehr oft als Wiechenstellerdie Bahnen bestimmt, in denen die Dynamik der Interessendas Handeln fortbewegte. Nach dem Weltbild richtete es sichja: „wovon“ und „wozu“ man „erlöst“ sein wollte und – nicht zuvergessen: - konnte.<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong> Seite 24


<strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong>Institut für SoziologieS.93: Denn alle Kreatur ist durch eine unüberbrückbare Kluft vonGott geschieden und verdient vor ihm, soweit er nicht zurVerherrlichung seiner Majestät ein anderes beschlossen hat,lediglich den ewigen Tod. Was wir wissen, ist nur: dass ein Teil derMenschen selig wird, ein anderer verdammt bleibt....Gottes Gnade ist, da seine Ratschlüsse unwandelbar feststehen,ebenso unverlierbar für die, welchen er sie zuwendet, wieunerreichbar für die, welchen er sie versagt....S.93 f: In der für die Menschen der Reformationszeit entscheidendstenAngelegenheit des Lebens: der ewigen Seligkeit, war derMensch darauf verwiesen, seine Straße einsam zu ziehen, einemvon Ewigkeit her feststehenden Schicksal entgegen. Niemand<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong> Seite 25


<strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong>Institut für Soziologiekonnte ihm helfen. Kein Prediger: - denn nur der Erwählte kann dasGotteswort spiritualiter verstehen. Kein Sakrament: - denn die Sakramentesind zwar von Gott zur Mehrung seines Ruhms verordnetund deshalb unverbrüchlich zu halten, aber kein Mittel, GottesGnade zu erlangen, sondern subjektiv nur „externa subsidia“ desGlaubens. Keine Kirche: - denn es gilt zwar der Satz „extra ecclesiamnulla salus“ in dem Sinne, dass, wer sich von der wahren Kirchefernhält, nimmermehr zu den von Gott Erwählten gehörenkann; aber zur (äußeren) Kirche gehören auch die Reprobierten, jasie sollen dazu gehören und ihren Zuchtmitteln unterworfen werden,nicht um dadurch zur Seligkeit zu gelangen, - das ist unmöglich,- sondern weil auch sie zu Gottes Ruhm zur Innehaltung seinerGebote gezwungen werden müssen. Endlich auch: - kein Gott:<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong> Seite 26


<strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong>Institut für SoziologieS.195: Soweit die Macht puritanischer Lebensauffassung reichte,kam sie unter allen Umständen – und dies ist natürlich weit wichtigerals die bloße Begünstigung der Kapitalbildung – der Tendenzzu bürgerlicher, ökonomisch rationaler Lebensführung zugute; siewar ihr wesentlichster und vor allem: ihr einzig konsequenter Träger.Sie stand an der Wiege des modernen „Wirtschaftsmenschen.“<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong> Seite 27


<strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong>Institut für SoziologieS.204: Niemand weiß noch, wer künftig in jenem Gehäuse wohnenwird und ob am Ende dieser ungeheuren Entwicklung ganz neuePropheten oder eine mächtige Wiedergeburt alter Gedanken undIdeale stehen werden, oder aber – wenn keins von beiden –mechanisierte Versteinerung, mit einer Art von krampfhaftem Sichwichtig-nehmenverbrämt. Dann allerdings könnte für die „letztenMenschen“ dieser Kulturentwicklung das Wort zur Wahrheitwerden: „Fachmenschen ohne Geist, Genussmenschen ohne Herz:dies Nichts bildet sich ein, eine nie vorher erreichte Stufe desMenschentums erstiegen zu haben.“<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Armin</strong> <strong>Nassehi</strong> Seite 28

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