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Verkehrsunfälle und Unfallrekonstruktion Medizinische Aspekte

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➤ Sattelverletzungen<br />

➤ Mitverschulden des Radfahrers<br />

➤ Helmtragepflicht<br />

➤ Schädelbasisringtraktionsfraktur<br />

Motorradfahrer sind bei schweren Unfällen<br />

vor allem durch Kopf- <strong>und</strong> Thoraxverletzungen<br />

gefährdet<br />

➤ Schutzkleidung<br />

Die Verletzungsschwere des Motorradfahrers<br />

ist auch von der Endlage im Verhältnis<br />

zum Kollisionsgegner abhängig<br />

➤ Daumenverletzungen<br />

44 Rechtsmedizin 1·2002<br />

den. ➤ Sattelverletzungen am Gesäß sind ein Hinweis dafür, dass der Radfahrer gefahren<br />

ist. Stellt sich heraus, dass der Fahrradfahrer vorschriftswidrig fahrend die<br />

Straße auf dem Zebrastreifen überquert hat, als er von dem herannahenden Fahrzeug<br />

erfasst wurde, bedeutet dies ein ➤ Mitverschulden des Radfahrers mit Kürzungen<br />

bei Schadensersatz <strong>und</strong> Schmerzensgeld.<br />

Schutzhelm <strong>und</strong> Verletzungen<br />

Für Radfahrer besteht keine Helmtragepflicht. Dementsprechend kommt rechtlich<br />

ein Mitverschuldensvorwurf nicht in Betracht. Ungeachtet dessen vermindert ein<br />

ordnungsgemäß getragener Fahrradhelm entscheidend das Kopfverletzungsrisiko.<br />

Bei motorisierten Zweiradfahrern besteht eine ➤ Helmtragepflicht. Ein zugelassener<br />

Schutzhelm muss ordnungsgemäß aufgesetzt <strong>und</strong> mit geschlossenem Kinnriemen<br />

getragen werden. War zum Unfallzeitpunkt ein Schutzhelm nicht ordnungsgemäß<br />

aufgesetzt <strong>und</strong> erlitt der Zweiradfahrer hierdurch vermeidbare Kopfverletzungen,<br />

führt dies rechtlich zu einem Mitverschulden des Zweiradfahrers.<br />

Bei höheren Kollisionsgeschwindigkeiten kann auch der ordnungsgemäß aufgesetzte<br />

Helm eines Motorradfahrers abgeschleudert werden. In diesem Fall ist insbesondere<br />

auf Abdruckmarken des Kinnriemens an der Halsvorderseite zu achten<br />

sowie auf kratzerartige Verletzungen im Gesicht, die beim Abschleudern des Helmes<br />

durch den Kinnbügel eines Integralhelmes entstehen können. Letzten Aufschluss gibt<br />

die Untersuchung des Helmes durch den technischen Sachverständigen. Ist beispielsweise<br />

die Stoßpolsterung des Schutzhelmes komprimiert, ist dies, wenn es sich<br />

nicht um eine vorbestehende Beschädigung handelt, der Beweis dafür, dass sich z. Z.<br />

der Belastung des Helmes der Kopf des Motorradfahrers im Helm bef<strong>und</strong>en haben<br />

muss.<br />

Eine nicht seltene <strong>und</strong> typische Verletzung des Motorradfahrers ist die ➤ Schädelbasisringtraktionsfraktur.Verhakt<br />

sich der Körper des Motorradfahrers beim Unfall,<br />

bewegt sich der Kopf aufgr<strong>und</strong> der Massenträgheit in Fahrtrichtung weiter. Bei Überschreitung<br />

der Belastungsgrenzen reißt der Kopf an seiner schwächsten Stelle ab, in<br />

der Regel an der oft relativ dünnen Schädelbasis zirkulär um das Foramen magnum.<br />

Eine Komplikation dieser Verletzung ist die Luftembolie des rechten Herzens <strong>und</strong> der<br />

Lungenarterien.<br />

Die Belastungsgrenze der Schädelbasis wird früher erreicht, wenn ein Schutzhelm<br />

getragen wird <strong>und</strong> durch seine Masse die Zugbelastung an der Schädelbasis erhöht.<br />

Der Verletzungsmechanismus spricht nicht gegen die Benutzung insbesondere<br />

moderner leichter Helme. Die Entstehung einer Schädelbasisringtraktionsfraktur<br />

erfordert meist eine hohe Kollisionsschwere, so dass zusätzlich schwerste Verletzungen<br />

in anderen Körperregionen vorliegen. Neben dem Kopfverletzungsrisiko, das<br />

durch Tragen eines Helms vermindert werden kann, ist der Motorradfahrer bei<br />

schweren Unfällen vor allem durch Thoraxverletzungen gefährdet.<br />

Stürzt ein Motorradfahrer aus voller Fahrt, hängt die Verletzungsschwere neben<br />

der Schutzhelmbenutzung entscheidend von der getragenen ➤ Schutzkleidung <strong>und</strong><br />

der Tatsache ab, ob sich ein Anprallhindernis in der Abwurf- <strong>und</strong> Abrollbahn befindet.<br />

Prallt ein Motorradfahrer gegen einen Pkw, ist die ungünstigste Konstellation ein<br />

seitlicher Anprall gegen die Fahrgastzelle. Hierbei sind insbesondere der Kopf durch<br />

Anstoß gegen die seitliche obere Dachkante, der vordere Rumpf durch den Fahrgastzellenanprall<br />

<strong>und</strong> die Knie durch direkten Anstoß gegen die Seitenteile gefährdet.<br />

Generell gilt, dass eine um so höhere Verletzungsschwere des Motorradfahrers zu<br />

erwarten ist, je näher sich die Endlage beim Fahrzeug befindet. In diesem Fall hat er<br />

den größten Teil der Aufprallenergie in seinem Körper umgesetzt <strong>und</strong> nicht in einer<br />

Abwurf- oder Abrollstrecke abgebaut.<br />

Frage der Fahrereigenschaft<br />

Bei zwei Motorradaufsassen kann sich die Frage nach der Fahrereigenschaft stellen.<br />

Hier muss – je nach gegebener Kollision – das Verletzungsmuster der beiden Aufsassen<br />

abgeglichen <strong>und</strong> einzelnen Fahrzeugstrukturen oder der Abwurfphase zugeordnet<br />

werden. Handverletzungen, insbesondere ➤ Daumenverletzungen durch den<br />

Kontakt mit dem Lenker, können einen Hinweis auf die Fahrereigenschaft geben.

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