Kommunikations- wissenschaft - Medien ...
Kommunikations- wissenschaft - Medien ...
Kommunikations- wissenschaft - Medien ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
M&K 50. Jg. 2002/4 E 20039 F<br />
&<br />
HANS-BREDOW-INSTITUT<br />
<strong>Medien</strong><br />
<strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong><br />
Helge Rossen-Stadtfeld<br />
Verfassungsrechtliche Perspektiven des dualen Rundfunksystems<br />
Manuela Pietraß<br />
Gestaltungsmittel als Interpretationshinweise. Eine rahmenanalytische<br />
Betrachtung des Infotainment nach E. Goffman<br />
Mirko Marr<br />
Das Ende der Gemeinsamkeiten? Folgen der Internetnutzung für<br />
den medialen Thematisierungsprozess<br />
Susanne Wolf / Helena Bilandzic<br />
Chatten als <strong>Kommunikations</strong>spiel<br />
Olaf A. Schulte<br />
„the next best thing to being there“ – ein Überblick zu 25 Jahren<br />
Videokonferenzforschung<br />
Nomos Verlagsgesellschaft<br />
Baden-Baden<br />
Die neue Rundfunk und Fernsehen
II<br />
Anzeige<br />
2. Umschlagseite
M&K 50. Jg. 2002/4<br />
HANS-BREDOW-INSTITUT<br />
<strong>Medien</strong><br />
<strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong><br />
&<br />
Redaktion:<br />
Joan Kristin Bleicher, Hardy Dreier, Christiane Eilders,<br />
Uwe Hasebrink, Anja Herzog, Uwe Jürgens, Claudia Lampert,<br />
Christiane Matzen, Hermann-Dieter Schröder, Wolfgang Schulz,<br />
Jutta Simon, Ralph Weiß<br />
Nomos Verlagsgesellschaft<br />
Baden-Baden
M&K 50. Jahrgang 4/2002
AUFSÄTZE<br />
Helge Rossen-Stadtfeld Verfassungsrechtliche Perspektiven des dualen<br />
Rundfunksystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 481<br />
Manuela Pietraß Gestaltungsmittel als Interpretationshinweise. Eine<br />
rahmenanalytische Betrachtung des Infotainment<br />
nach E. Goffman . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 498<br />
BERICHTE<br />
Mirko Marr Das Ende der Gemeinsamkeiten? Folgen der Internetnutzung<br />
für den medialen Thematisierungsprozess<br />
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 510<br />
Susanne Wolf / Helena Bilandzic Chatten als <strong>Kommunikations</strong>spiel . . . . . . . . . . . . . . 533<br />
Olaf A. Schulte „the next best thing to being there“ – ein Überblick<br />
zu 25 Jahren Videokonferenzforschung . . . . . . . . . 551<br />
LITERATUR<br />
INHALTSVERZEICHNIS<br />
Besprechungen<br />
Joan Kristin Bleicher Dieter Prokop: Der Kampf um die <strong>Medien</strong>. Das<br />
Geschichtsbuch der neuen kritischen <strong>Medien</strong>forschung.<br />
Hamburg 2001<br />
Jochen Hörisch: Der Sinn und die Sinne. Frankfurt<br />
2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 571<br />
Roland Bornemann Urban Pappi: Teledienste, <strong>Medien</strong>dienste und<br />
Rundfunk. Ihre Abgrenzung im Recht der elektronischen<br />
<strong>Medien</strong>. Baden-Baden 2000 . . . . . . . . . . . . 573<br />
Jens Eder Clemens Schwender: <strong>Medien</strong> und Emotionen. Evolutionspsychologische<br />
Bausteine einer <strong>Medien</strong>theorie.<br />
Wiesbaden 2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 575<br />
Klaus Hurrelmann Stefan Aufenanger / Mike Große-Loheide / Claudia<br />
Lampert / Uwe Hasebrink: Alkohol – Fernsehen –<br />
Jugendliche. Hamburg 2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 578<br />
Manfred Kammer Gebhard Rusch (Hrsg.): Einführung in die <strong>Medien</strong><strong>wissenschaft</strong>.<br />
Konzeptionen, Theorien, Methoden,<br />
Anwendungen. Wiesbaden 2002 . . . . . . . . . . . . . . . 579<br />
Michael Meyen Patrick Rössler / Susanne Kubisch / Volker Gehrau<br />
(Hrsg.): Empirische Perspektiven der Rezeptionsforschung,<br />
München 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 581<br />
479
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
Ekkehard Sander Eike Hebecker: Die Netzgeneration. Jugend in der<br />
Informationsgesellschaft. Frankfurt 2001 . . . . . . . . 583<br />
Gabriele Siegert / Nina Hautzinger Bernd W. Wirtz: <strong>Medien</strong>- und Internetmanagement.<br />
2. voll. überarb. und erw. Auflage. Wiesbaden 2001 584<br />
Martin Stock Claudia Roider: Perspektiven einer europäischen<br />
Rundfunkordnung. Eine Untersuchung der gemeinschaftsrechtlichen<br />
Direktiven unter besonderer<br />
Berücksichtigung des Pluralismusgebots. Berlin<br />
2001<br />
Jürgen Schwarze / Albrecht Hesse (Hrsg.): Rundfunk<br />
und Fernsehen im digitalen Zeitalter. Die Sicherung<br />
von <strong>Medien</strong>freiheit und <strong>Medien</strong>vielfalt<br />
im deutschen und europäischen Recht. Baden-Baden<br />
2000<br />
Nizza, die Grundrechte-Charta und ihre Bedeutung<br />
für die <strong>Medien</strong> in Europa. EMR-Fachtagung in Zusammenarbeit<br />
mit der Europäischen Rechtsakademie<br />
Trier vom 22.-23. März 2001 im ERA Kongress<br />
Zentrum, Trier. Baden-Baden 2001 . . . . . . . . . . . . . 586<br />
Thomas Vesting Christoph Degenhart: Der Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen<br />
Rundfunks in der „Digitalen<br />
Welt“. Heidelberg 2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 592<br />
Carsten Winter Ekkehard Sander: Common Culture und neues Generationenverhältnis.<br />
Die <strong>Medien</strong>erfahrungen jüngerer<br />
Jugendlicher und ihrer Eltern im empirischen<br />
Vergleich. München 2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 597<br />
Zeitschriftenlese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 599<br />
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 624<br />
English abstracts and keywords . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 632<br />
Autorinnen und Autoren<br />
dieses Heftes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 634<br />
Hinweise für Autorinnen<br />
und Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 635<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
50. Jahrgangs 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 637<br />
480
Verfassungsrechtliche Perspektiven des dualen<br />
Rundfunksystems<br />
Helge Rossen-Stadtfeld<br />
AUFSÄTZE<br />
Der Wandel der Strukturen gesellschaftlicher Kommunikation beeinflusst auch die Entwicklungsperspektiven<br />
des deutschen dualen Rundfunksystems. Hierauf reagieren zwei<br />
verfassungsrechtlich begründete Vorschläge zur Neuordnung des Rundfunksystems. Der<br />
eine Vorschlag zielt auf die Kombination eines deregulierten kommerziellen Marktrundfunks<br />
mit einem öffentlich-rechtlichen Kulturrundfunk. Nach der anderen Konzeption<br />
soll grundsätzlich auf rundfunkspezifische Regulierung verzichtet, zugleich aber<br />
kulturelle Vielfalt gezielt gefördert werden. Den normativen Vorgaben, die in der Rechtsprechung<br />
des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG entwickelt worden<br />
sind, genügen beide Ansätze nicht; sie können das Modell, das diesen Vorgaben zugrunde<br />
liegt, nicht ersetzen.<br />
Keywords: Rundfunkrecht, duales System, Rundfunksystem, Konvergenz, Marktrundfunk,<br />
Kulturrundfunk<br />
Die Entwicklungsperspektiven des deutschen dualen Rundfunksystems erscheinen derzeit<br />
besonders unsicher. Die Umwelt dieses Systems ist durch vermachtete Weltmärkte,<br />
global operierende <strong>Medien</strong>konzerne, Kommerzialisierungstendenzen, starken – technisch,<br />
wirtschaftlich und politisch induzierten – Konvergenzdruck und nicht zuletzt<br />
auch den Zusammenbruch der „new economy“ geprägt. Sie verändert sich schnell und<br />
tief greifend. Das alles ist auch von der Diskussion um verfassungsrechtliche Grundlagen,<br />
Spielräume und Ziele einer Ausgestaltung des deutschen Rundfunksystems zur<br />
Kenntnis genommen worden. Daraufhin zeichnet sich eine neue Entwicklungsstufe des<br />
dualen Modells ab: ein marktnah eingerichteter Unterhaltungsrundfunk, der eine mehr<br />
oder weniger ausgeweitete Kulturnische aufweist (Bullinger, 2001; Vesting, 2001a).<br />
I. Fortschritt zum Marktmodell?<br />
Ausgangspunkt dieser neueren Ansätze ist die Mahnung, die Wirklichkeit einer „Ökonomie<br />
der Aufmerksamkeit“ (Franck, 1998) – geprägt durch oligopolisierte Produktionsstrukturen<br />
und die Ausrichtung auf möglichst billige und quotenstarke Unterhaltungsprogramme<br />
– zu akzeptieren, realitätsferne duale Konstruktionen fallen zu lassen<br />
und auf realitätsnähere Modelle umzustellen. So rückt das Marktmodell wieder in den<br />
Vordergrund der rundfunkrechtlichen Auseinandersetzung.<br />
1. Marktrundfunk als „Normalfall“?<br />
Die Möglichkeit hierzu eröffnet zum einen die grundrechtstheoretische Prämisse, es seien<br />
die Grundrechte in erster Linie reine Abwehrrechte, gerichtet gegen einen Staat, der<br />
durch sie grundsätzlich an jedem Eingriff in bürgerliche Freiheiten gehindert werde. Da<br />
die Knappheitsprobleme heute nicht mehr bestünden, die ein gesetzlich befestigtes öffentlich-rechtliches<br />
Rundfunkmonopol zunächst hätten rechtfertigen können, verlange<br />
Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG nach einem Abbau aller normativen Hemmnisse, die einer nur<br />
übergangsweise und vorläufig dispensierten Rundfunkunternehmerfreiheit bislang ge-<br />
481
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
zogen worden seien. Das andere Argument, mit dem das Marktmodell als Gestaltungsvorgabe<br />
plausibilisiert werden soll, macht ein allmähliches Zusammenwachsen der europäischen<br />
Rundfunkordnungen geltend. In diesem Vorgang erscheint der Rundfunk –<br />
im Kern: die im Programm eingefangene Aufmerksamkeit möglicher Kunden derjenigen<br />
Unternehmen, die Werbezeit eingekauft haben (Heinrich, 1999, S. 277 ff.) – als ein<br />
Wirtschaftsgut unter anderen in einer europäischen Wirtschaftsordnung und die nationale<br />
Rundfunkordnung als Teil eines überwölbenden Rundfunk-Binnenmarktes (dazu<br />
Hoffmann-Riem, 2000, S. 74 ff. m. w. N.). Zusammengenommen erlauben das grundrechtstheoretische<br />
und das europarechtliche Argument die Anmahnung der „Normalität“<br />
eines nach dem Marktmodell ausgestalteten Rundfunkwesens (so bei Schoch, 1998,<br />
193 ff.; s. auch Starck, 1999, Rn. 115 ff.; in der Grundtendenz auch Bullinger/Mestmäcker,<br />
1996, S. 71 ff.). Das duale Rundfunksystem offenbart sich unversehens wieder als rechtfertigungsbedürftiger<br />
Sonderfall, womöglich als Abirrung. Korrekturen in die Richtung<br />
auf den marktnäheren Normalfall erscheinen dann nahe liegend und selbstverständlich.<br />
Dieses Ergebnis ist nicht neu (so zu Recht Eifert, 2002, S. 60). Die Behauptung einer<br />
verkannten und daraufhin wieder in ihr Recht zu setzenden marktwirtschaftlich-wettbewerblichen<br />
„Normalität“ begleitet die Entwicklung des dualen Rundfunksystems seit<br />
dessen Beginn, wenn auch zum Teil auf weitere oder anders gewichtete Argumente gestützt.<br />
Auch für die jüngeren Ausprägungen, in denen diese ältere Behauptung heute erhoben<br />
wird, gelten deshalb die Einwände weiter, die immer schon gegen die Forderung<br />
eines reinen Marktrundfunks vorgebracht worden sind (Diskussion bei Hoffmann-<br />
Riem, 2000, S. 116 ff., 171 ff. m. w. N.).<br />
2. Verzicht auf rundfunkspezifische Vermittlung?<br />
Die Einwände gegen eine rundfunkverfassungsrechtliche Normalität nach Maßgabe des<br />
Marktmodells leiten sich vor allem aus der Feststellung ab, dass in einem System ökonomischen<br />
Wettbewerbs letztlich die Funktion nicht erfüllt würde, die Art. 5 Abs. 1 GG<br />
in seiner Auslegung durch das Bundesverfassungsgericht dem Rundfunk zuweist. In einem<br />
nach dem Marktmodell ausgestalteten System ist das Programmangebot in erster<br />
Linie darauf ausgerichtet, das Versprechen einer möglichst weit reichenden und stabilen<br />
Aufmerksamkeitsbindung so überzeugend erscheinen zu lassen, dass stets in hinreichendem<br />
Umfang Werbegelder eingeworben werden können. In den verbleibenden –<br />
bislang allerdings sehr kleinen – Teilbereichen der Entgeltfinanzierung wird das Programm<br />
selbst unmittelbar zur Ware, die auf möglichst gute Marktgängigkeit bei niedrigen<br />
Erstellungskosten hin produziert und angeboten werden muss. In beiden Fällen ist<br />
der Rundfunk nicht mehr Medium und Faktor freier, chancengleicher und umfassender<br />
Meinungsbildung, ob in öffentlichen oder in individuell-privaten Bezügen. Das Marktmodell<br />
und das ihm zugrunde liegende Paradigma wirtschaftlichen Wettbewerbs erlauben<br />
von vornherein schon gar keine Aussagen zur Erfüllbarkeit der Funktion, die dem<br />
Rundfunk im Hinblick auf die kommunikationsverfassungsrechtliche Basisgewährleistung<br />
der Meinungsbildungsfreiheit normativ zugeschrieben wird. Für die ökonomische<br />
Analyse ist allein maßgeblich, dass das Rundfunkprogramm den Konsumentenpräferenzen<br />
gemäß produziert und angeboten wird und dass es im Übrigen möglichst geringe<br />
Kosten verursacht (Heinrich, 1999, S. 46). Für diese Analyse müssen demgegenüber<br />
normativ aufgeladene Ziele unberücksichtigt bleiben, die sich auf die Ermöglichung freier,<br />
umfassender und chancengleicher Meinungsbildung, auf die Gewährleistung vielfältiger<br />
Information, Bildung und Unterhaltung sowie ein stetig hohes Qualitätsniveau der<br />
Rundfunkprogramme richten. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts<br />
482
Rossen-Stadtfeld · Verfassungsrechtliche Perspektiven<br />
gelten diese Zielvorgaben für alle Rundfunkprogramme, auch die kommerziellen Angebote<br />
sind nicht von ihnen ausgenommen (BVerfGE 73, 118 [158, 180, 199]; 83, 238 [297,<br />
315 ff.]; 87, 181 [198]).<br />
Die Ausblendung dieser normativen Vorgaben bedarf der Rechtfertigung. Die Option<br />
für eine marktnahe „Normalisierung“ des Rundfunkwesens trägt die Beweislast dafür,<br />
dass kommunikativ hochgradig ausdifferenzierte Gesellschaften keiner massenmedialen<br />
Vermittlungsfunktion mehr bedürfen. Es muss gezeigt werden, dass eine Vermittlungsfunktion<br />
jedenfalls mit dem anspruchsvollen Gehalt obsolet geworden ist, den das Bundesverfassungsgericht<br />
– in Orientierung an einem Prozessmodell gesellschaftlicher<br />
Kommunikation, in dem diese als Zusammenhang selbstregulativer, in fortwährender<br />
Umstrukturierung befindlicher gesellschaftlicher <strong>Kommunikations</strong>netzwerke vorgestellt<br />
wird – dieser Funktion zugewiesen und als ein Kernelement des Normgehalts von<br />
Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG entfaltet hat (seit BVerfGE 12, 205 [260] st. Rspr., s. etwa E 57,<br />
295 [319 ff.]; 83, 238 [295 ff.]; 90, 60 [87 ff.]). Dieser Beweis ist bislang nicht nur nicht<br />
erbracht worden. Es gibt vielmehr im Gegenteil zahlreiche Anhaltspunkte dafür, dass<br />
die Erschließungs-, Analyse-, Synthetisierungs-, Ergänzungs-, Entdeckungs-, Orientierungs-<br />
und mit alledem letztlich Integrationsleistungen, die zur Verwirklichung der<br />
Vermittlungsfunktion des Rundfunks erbracht werden müssen, im Zuge der weiteren<br />
medientechnischen und medienstrukturellen Entwicklung immer wichtiger werden<br />
(Trute, 1998, S. 230 ff., 249 ff.; Holznagel, 1999, S. 39 ff., 118 ff.; Hoffmann-Riem, 2000,<br />
S. 136 ff., 311 f.; a. A. Determann, 1999, S. 395 ff.).<br />
II. Modifikationen des dualen Systems<br />
Das normative Leitmodell des dualen Rundfunksystems zielt auf lebhafte und vielfaltsfördernde<br />
publizistische Konkurrenz (BVerfGE 74, 297 [326]; Diskussion bei Kiefer,<br />
1994). Die tatsächliche Befindlichkeit dieses Systems ist durch starke Tendenzen einer<br />
programmlich-inhaltlichen „Konvergenz nach unten“ gekennzeichnet. Der Abstand<br />
zwischen Modell und Realisierung ist in der rundfunkrechtlichen Diskussion bemerkt<br />
worden. Das hat bislang, soweit erkennbar, zwei Vorschläge einer modelltheoretischen<br />
Neuorientierung veranlasst.<br />
1. Die Zuspitzung: öffentlich-rechtliche Kultur, deregulierte Privatwirtschaft<br />
Die erste dieser beiden Konzeptionen (Bullinger, 2001) knüpft bei dem Dualismus an,<br />
der die derzeitige Ausgestaltung des Rundfunkwesens in Deutschland kennzeichnet,<br />
und sucht ihn zuzuspitzen. Ihren Ausgang nimmt diese Konzeption bei einer Schilderung<br />
des Wandels im Realbereich der Grundrechtsnormen aus Art. 5 Abs. 1 GG, die für<br />
das deutsche duale Rundfunksystem maßgeblich geworden sind. Es wird hingewiesen<br />
auf neue Übertragungstechniken bzw. -formen (Digitalisierung) und Übertragungswege<br />
(Direktfunksatelliten, Internet), auf die vertikale und horizontale Verflechtung und<br />
Konzentration im Bereich der Veranstaltung kommerziellen Rundfunks, auf Anpassungszwänge<br />
und Konvergenzdruck im öffentlich-rechtlichen Sektor des dualen Systems,<br />
auf ein weltweit verbreitetes, aber individuell abrufbares Angebot zunehmend<br />
spezialisierter elektronischer Dienste und schließlich auf die „globale Ökonomisierung<br />
der Telekommunikation“ (Bullinger, 2001, S. 198 ff., 200 ff.; ders., 1980; s. auch Vesting,<br />
1997, S. 159 ff., 182 ff., und Reimers, 1999).<br />
Dieser Ausgangsbefund steht nicht mehr im Mittelpunkt medien<strong>wissenschaft</strong>licher,<br />
medienpolitischer oder medienrechtlicher Diskussionen. Wichtigster Gegenstand sol-<br />
483
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
cher Debatten sind mittlerweile vielmehr die Folgerungen, die aus diesem Befund gezogen<br />
werden können oder gar müssen. Auch die hier vorgestellte Konzeption zur Entwicklungsperspektive<br />
des dualen Rundfunksystems beruht auf solchen Folgerungen. Sie<br />
erscheinen erläuterungsbedürftig.<br />
a) Unklarheiten und offene Fragen<br />
Das betrifft schon die Feststellung, es verliere die Knappheit terrestrischer Frequenzen<br />
wegen neuer Übertragungswege und -techniken zusehends an Bedeutung (Bullinger,<br />
2001, S. 198). Der beträchtliche Modernisierungsbedarf in den Kabelnetzen und die Unsicherheit<br />
bezüglich der weiteren Netzentwicklung (Woldt, 2002; Lauff, 2002) stehen<br />
dieser These entgegen. Vor allem aber erschließt sich ihre Relevanz heute nicht mehr von<br />
selbst. Immer wieder ist in der Literatur im Anschluss an das FRAG-Urteil (BVerfGE<br />
57, 295 [322]) darauf hingewiesen worden, dass die Rechtfertigung „positiver“ Rundfunkregulierung<br />
gerade nicht von dem Fortbestand der Knappheitslagen bei den Übertragungsmöglichkeiten<br />
abhänge (s. nur Hoffmann-Riem, 2000, S. 89 ff. m. w. N.). Da sie<br />
auf diese Hinweise nicht eingeht, gelangt die Konzeption schon hier in eine Schieflage.<br />
Sie meldet weiterhin Regelungsbedarf an, vor allem zur Sicherung eines öffentlich-rechtlichen<br />
„nationalen Kulturrundfunks“, aber auch zur Konzentrationskontrolle und zum<br />
Jugendschutz im kommerziellen Sektor (Bullinger, 2001, S. 206 ff., 211 ff.). Zugleich<br />
aber unterstellt sie dabei unausgesprochen, dass mit der Vermehrung von Übertragungsmöglichkeiten<br />
ein deregulierter „‚Markt‘ für Rundfunk“ (a. a. O., S. 198) zum<br />
Normalfall werde, demgegenüber sich die bestehende Ausgestaltung des dualen Rundfunksystems<br />
als normalisierungsbedürftig erweist.<br />
An die Stelle des herkömmlichen „Fernsehvolks“ trete nun eine „im Ansatz spontan<br />
agierende und reagierende, ja ‚chaotische‘ globale Informationsgesellschaft“, der auch<br />
das Prädikat „interaktiv“ zugeschrieben wird (a. a. O. S. 201). Dieser Befund ist so<br />
vertraut (Schulz/Held, 2001, S. 111 m. w. N.) wie klärungsbedürftig. In der nationalen<br />
Binnenperspektive wird hier der Teil der Bevölkerung als konzeptionell unerheblich<br />
erachtet, der sich in der Rolle einer vor dem Fernsehgerät abgelegten „coach potatoe“<br />
wohlfühlt und Interaktionsaufforderungen dann als Zumutung zu empfinden scheint<br />
(Dörr/Janik/Zorn, 2002, S. 65 f. m. w. N.). Dabei handelt es sich nach den derzeit<br />
verfügbaren <strong>Medien</strong>nutzungsdaten um die Mehrheit der Gesamtbevölkerung (Ridder/Engel,<br />
2001, S. 107 ff.). Wieder scheint sich die These zu bewahrheiten, dass neue<br />
<strong>Medien</strong> die alten <strong>Medien</strong> nicht revolutionär ablösen, sondern allenfalls evolutionär ergänzen<br />
(Lerg, 1981, in Fortführung einer Spekulation von McLuhan; s. auch Stipp,<br />
1996, S. 5 f.). In einer nach außen gewandten Blickrichtung bleiben ferner die rund<br />
zwei Drittel der Weltbevölkerung und ganze Erdteile (Afrika, große Teile Asiens) unberücksichtigt,<br />
die nach wie vor keinen gesicherten Zugang zu globalen Netzen haben<br />
und diesen, soweit derzeit absehbar, wohl auch nicht erhalten werden (Metze-<br />
Mangold, 2001).<br />
Problematisch ist der Begriff der „Informationsgesellschaft“ auch aus anderen Gründen.<br />
Information entsteht erst im Zusammenhang von Mitteilung und Verstehen, sie ist<br />
der bestimmte Sinn, der einem Datum erst noch gegeben werden muss (Steinmüller,<br />
1993, S. 189 ff., 211 ff.). In den modernen Massenmedien und im Internet sind also<br />
zunächst keineswegs Informationen, sondern bloße Daten vorfindlich. Letztere müssen<br />
erst noch zu Informationen werden. Dieser Prozess ist komplex und voraussetzungsvoll<br />
(Hofstadter, 1985, S. 174 ff.; Luhmann, 1984, S. 193 ff.; rechts<strong>wissenschaft</strong>liche Folgerungen<br />
bei Albers, 1996, insbes. S. 117, 121; Schulz, 1998, S. 24 f.). Das wird im Begriff<br />
484
Rossen-Stadtfeld · Verfassungsrechtliche Perspektiven<br />
der „Informationsgesellschaft“ tendenziell unterschlagen. Gleiches gilt für den Umstand,<br />
dass die Befähigung in modernen Gesellschaften erst erworben und dann trainiert<br />
werden muss, in den wachsenden Wüsten des Nichtwissens gezielt die Oasen verfügbarer<br />
Daten aufzufinden und zu Informationen zu verarbeiten (Rossen-Stadtfeld, 1999,<br />
S. 224). Was schließlich ist von dem Begriff der „Informationsgesellschaft“ zu halten,<br />
wenn in den damit bezeichneten Gesellschaften die Kluft immer größer wird zwischen<br />
denen, die neue <strong>Medien</strong> und Datenquellen produktiv für sich nützen können, und denen,<br />
die das nicht können? Manches spricht dafür, dass es genau diese sich immer weiter<br />
öffnende Schere ist, die eine so genannte moderne „Informationsgesellschaft“ kennzeichnet<br />
(Kuhlen, 1995; Rötzer, 1999). Alles dies sind Fragen, die auch und gerade in<br />
einer rundfunkrechtlichen Perspektive Bedeutung erlangen müssten, die das Leitprinzip<br />
freier, umfassender und chancengleicher Meinungsbildung in öffentlichen und privaten<br />
Bezügen nicht preisgeben will. Die ungenaue, Ökonomisierungs- und sonstige Vermachtungserscheinungen<br />
ausblendende (Michalski, 1997) Rede von der „Informationsgesellschaft“<br />
führt demgegenüber in der Regel dazu, dass diese Fragen von Vornherein<br />
ungestellt bleiben.<br />
Schließlich bedürfte auch die „Interaktivität“ genauerer Betrachtung, die hier, wie<br />
überhaupt in vielen Darstellungen zum Internet, hervorgehoben wird. Es erschließt sich<br />
nicht unmittelbar, in welchem Sinn die Auswahl und Bestellung aus einem Warenkatalog<br />
oder die Einholung von Service-, Markt- und Ratgeberinformationen als Interaktion<br />
anzusehen sein könnten. In diesen Vorgängen erschöpft sich ein Großteil der auf das<br />
Internet bezogenen Nutzungsinteressen (Oemichen, 2002, S. 30 ff.). Jedenfalls erschiene,<br />
wenn die hier gemeinte „Interaktivität“ typischerweise in solchen Vorgängen zum<br />
Ausdruck käme, der Begriff einigermaßen trivial. Er wäre dann ungeeignet, kühne Visionen<br />
einer netzgestützten gesellschaftlichen Kommunikation zu fundieren, und könnte<br />
auch nicht den emphatischen Überschuss mit sich führen, auf den die Pragmatik seiner<br />
Verwendung doch so häufig setzt. Auch was eine „interaktive globale Gesellschaft“<br />
sein könnte, bleibt undeutlich. Vorderhand gilt immer noch, dass „die Armen schauen,<br />
die Reichen senden“ (Krönig, 2001, S. 3; Reljič, 2001) und dass diese „Armen“ – es handelt<br />
sich um Rezipienten in den bevölkerungsreichsten Regionen dieser Welt – kaum<br />
eine Chance haben, das mediale Angebot einer westlichen Populär- und Kommerzkultur<br />
folgenreich „interaktiv“ zu beeinflussen.<br />
b) Zwei eigenständige Rundfunkordnungen<br />
Es mag sein, dass die Unklarheiten ausgeräumt werden können, die der hier vorgestellten<br />
Rundfunkkonzeption noch anhaften. Der Diskussion bedarf aber auch dann noch<br />
die Hauptthese und wichtigste Entwicklungsmaßgabe für das duale Rundfunksystem<br />
Deutschlands, in der diese Konzeption ausmündet: In der bezeichneten Gesamtentwicklung<br />
bedürfe es einer schärferen funktionellen und finanziellen Abgrenzung der<br />
beiden Teilbereiche des dualen Rundfunksystems. Auf der einen Seite müsse „im machtvollen<br />
Strom globaler Ökonomisierung der Telekommunikation“ ein wirtschaftsferner<br />
nationaler und regionaler Rundfunk erhalten bleiben, „als Kristallisationsschwerpunkt<br />
für heimische Politik und Kultur und damit für eine nationale ‚Gesellschaft‘“ (Bullinger,<br />
2001, S. 205). Ein aus Gebühren oder vergleichbaren öffentlichen Abgaben finanzierter<br />
„nationaler Kulturrundfunk“ sei deshalb einer gesteigerten öffentlich-rechtlichen<br />
Pflichtenbindung, gerade auch in programmlicher Hinsicht, zu unterwerfen. Er habe<br />
weiterhin „die Gesamtheit der Meinungen und Interessen im Wesentlichen vollständig<br />
und ausgewogen zum Ausdruck zu bringen (Ausgewogenheitspflege)“ (a. a. O., S. 211)<br />
485
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
und müsse insoweit „Vorbildwirkung“ auch und gerade den kommerziellen Anbietern<br />
gegenüber entfalten können (a. a. O., S. 213 f.; das Petitum einer genaueren Vorgabe des<br />
öffentlich-rechtlichen Programmauftrags schon bei Bullinger, 1999, S. 23 f., 43 ff., 115<br />
ff.). Ihm gegenüber sei ein „weltmarktmäßig agierender, aus Werbung und anderen<br />
kommerziellen Einnahmen finanzierter privatwirtschaftlicher Rundfunk“ zuzulassen,<br />
dessen Pflichtenbindung auf das Maß zurückzuführen sei, „das sich auch im weltweiten<br />
Wettbewerb als Sozialbindung rechtfertigen läßt.“ (a. a. O., S. 210). Für dieses reduzierte<br />
Pflichtenmaß könne die periodische Massen-Presse als Vorbild dienen (Verpflichtung<br />
zu journalistischer Sorgfalt bei Nachrichten und Kommentaren, Jugendschutz),<br />
sonstige „marktfremde“ Bindungen müssten freilich aus öffentlichen Mitteln<br />
abgegolten werden (a. a. O., S. 212). Zeitliche Werbebeschränkungen seien aufzuheben,<br />
da sie ihren Rechtfertigungsgrund in der vielfaltssichernden Aufgabe gefunden hätten,<br />
an die der kommerzielle Rundfunk künftig nicht mehr gebunden sei (a. a. O., S. 211 f.).<br />
Insgesamt sei dies der Weg, auf dem „die Rundfunkfreiheit von einer nationalen Dienstpflicht<br />
zum tragenden Element einer weltoffenen Informationsgesellschaft werden<br />
kann“ (a. a. O., S. 193).<br />
Ein weitgehend deregulierter kommerzieller Rundfunk wird hier als Fortschritt aus<br />
überholten Bindungen, als Normalität der in Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG geschützten Freiheit<br />
und als letztlich unumgänglich empfohlen. Dieser Rundfunk kann und soll keine „dienende“<br />
Funktion mehr im Hinblick auf die Meinungsbildungsfreiheit erfüllen (a. a. O.,<br />
2001, S. 215, 217). Er wird in die Freiheit ausschließlich kommerzieller Zielsetzung entlassen.<br />
Damit aber wird sich das duale Rundfunksystem den Bedingungen einer „Ökonomie<br />
der Aufmerksamkeit“ weiter unterwerfen, ohne dass diese Entwicklung durch<br />
rundfunkspezifische Sicherungen noch verlangsamt werden könnte. Dass von einem öffentlich-rechtlichen<br />
Angebot allein schon deshalb „Vorbildwirkung“ für den kommerziellen<br />
Rundfunk ausgehen könnte, weil es qualitativ höherwertig erscheint, ist unrealistisch.<br />
Mit der Wirklichkeit eines kommerziellen Rundfunks auf engen und vermachteten<br />
Märkten hat diese Überlegung nichts zu tun. Wohl könnte eine Vorbildfunktion<br />
des öffentlich-rechtlichen Programmangebots für die externe Beobachtung und Ausgestaltung<br />
des <strong>Medien</strong>systems nutzbar gemacht werden (Holznagel, 1999, S. 42 f.; Eifert,<br />
2002, S. 71). Ohne eine derart regulative Umsetzung wird sie die funktionale Eingliederung<br />
des kommerziellen Rundfunks in die Wirtschaft der Gesellschaft nicht aufbrechen<br />
können: Zum Vorbild wird ein öffentlich-rechtliches Angebot erst dann, wenn und soweit<br />
dies eine Erhöhung der Quoten erwarten lässt. An letztlich denselben Problemen<br />
läuft auch der Vorschlag auf, kommerzielle Veranstalter durch Subventionen zur Produktion<br />
und Veranstaltung „marktfremder kultureller Sonderleistungen“ zu veranlassen<br />
(Bullinger, 2001, S. 214; Vesting, 2001a, S. 303, s. schon Engel, 1996, S. 63 f., 113).<br />
Dieser Vorschlag erscheint zunächst inkonsequent. Das Anliegen der hinter ihm stehenden<br />
Konzeption geht gerade dahin, den kommerziellen Rundfunk endlich ganz in<br />
eine so weit wie möglich deregulierte Wirtschaftsfreiheit jenseits aller extern vorgegebenen<br />
Qualitätsmaßgaben zu entlassen. Vor allem aber ist der Vorschlag bereits praktisch<br />
erprobt und hat sich dann als wenig erfolgreich erwiesen (Holznagel, 2002, S. 2355<br />
m. w. N.). Wie sich gezeigt hat, kann ein Rundfunk, sind dessen funktionale Bindungen<br />
in der Public Service-Tradition erst einmal gelöst worden, über Subventionen offenbar<br />
nicht in vergleichbarer Weise auf ein bestimmtes Programmniveau hingesteuert werden.<br />
Jedenfalls besteht derzeit keine Veranlassung, die motivierende Kraft von Subventionen<br />
als ein funktionales Äquivalent für die rechtsnormative Konkretisierung einer „dienenden<br />
Funktion“ des Rundfunks im deutschen <strong>Kommunikations</strong>verfassungsrecht anzusehen.<br />
486
Rossen-Stadtfeld · Verfassungsrechtliche Perspektiven<br />
In grundrechtsdogmatischer Hinsicht führt diese Rundfunkkonzeption dazu, dass<br />
mit zweierlei Rundfunk, zweierlei Rundfunkgewährleistungen, zweierlei funktionalen<br />
Ausrichtungen (sc. Meinungsbildung vs. Ratings) des Rundfunks zu rechnen ist (Stock,<br />
2001, S. 124 f.). Kommerzieller Rundfunk ist nun allerdings in funktionaler Hinsicht beliebigen<br />
<strong>Medien</strong>diensten bis zur Ununterscheidbarkeit nahe gerückt. Damit sind zum<br />
einen kompetenzrechtliche Konsequenzen zu überlegen: Bundeszuständigkeit für Telekommunikation<br />
und Wirtschaft (Art. 73 Ziff. 7, Art. 74 Ziff. 11 GG; Vesting, 2001, 295)?<br />
Zum anderen sind in dem Umfang, in dem die Merkmale der „Darbietung“ und des meinungsbildenden<br />
Charakters immer weniger ein zerstückeltes, individualisiertes und<br />
„banalisiertes“ (Bullinger, 2001, S. 203; ausführlicher ders., 1980, S. 53 ff.) kommerzielles<br />
Angebot kennzeichnen sollen, der Charakter dieses Angebots als „Rundfunkprogramm“<br />
und die an diesen Charakter gebundenen Privilegien – vor allem im Hinblick<br />
auf Übertragungsmöglichkeiten – zu überprüfen. Im Übrigen wäre wohl auch die Möglichkeit<br />
in Rechnung zu stellen, dass im dauerhaften Konsum der Angebote solcher als<br />
Rundfunkprogramm getarnter <strong>Medien</strong>dienstleistungen die Kompetenz zur selbstbestimmten<br />
Wahrnehmung, Unterscheidung und Beurteilung medialer Angebote auf<br />
Dauer beschädigt werden könnte. Die Rezipienten könnten schließlich infolge immer<br />
weiter verminderter „<strong>Medien</strong>kompetenz“ (hierzu Lauffer/Volkmer, 1995; Fromm u. a.,<br />
2000) durch ein anspruchsvolles Qualitätsprogramm schon gar nicht mehr erreicht, jedenfalls<br />
von vornherein überfordert werden. Die Meinungsbildungsfreiheit aller Rezipienten<br />
ist grundrechtlich aber nicht nur in ihren Bestands-, sondern auch in ihren<br />
Entstehensbedingungen geschützt (Rossen, 1988, S. 112 ff.). Die verfassungsrechtliche<br />
Legitimation getarnter <strong>Medien</strong>dienstleistungen, deren Konsum die Entwicklung von<br />
<strong>Medien</strong>kompetenz ausschließt oder hindert, erscheint deshalb zweifelhaft.<br />
Nur der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist in dieser Konzeption noch der Gewährleistung<br />
freier, umfassender und chancengleicher Meinungsbildung in öffentlichen und<br />
privaten Bezügen „dienend“ zugeordnet. In der dogmatischen Konstruktion eines Gewährleistungsgefüges,<br />
das von der Basisgewährleistung des <strong>Kommunikations</strong>verfassungsrechts<br />
zusammengehalten wird (Rossen, 1988, S. 167 ff., 317 ff.), zeigen sich Erosionserscheinungen.<br />
Die Einheit dieses Gewährleistungsgefüges zerbricht, wenn für einen<br />
bestimmten Rundfunktyp kein Ort mehr in diesem Gefüge, keine konstitutive Beziehung<br />
zur Meinungsbildungsfreiheit mehr rekonstruiert werden kann. Letztlich bleibt<br />
dabei auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht unberührt. Grundrechtsdogmatisch<br />
ist nicht mehr erkennbar, in welcher spezifisch verfassungsrechtlichen Grundlage<br />
die „besondere Pflichtenstellung“ wurzeln könnte, die dem öffentlich-rechtlichen<br />
Rundfunk in seiner Kulturnische hier noch zugeschrieben wird. Wenn die Meinungsbildungsfreiheit<br />
für Ausgestaltung und Praxis des kommerziellen Rundfunks kein normativer<br />
Bezugspunkt mehr sein soll, warum dann für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk?<br />
Die hier vorgestellte Konzeption beruht auf einer Meinungsbildungsfreiheit, die<br />
in ihrer rechtlich-maßstäblichen Bedeutung aus Gründen halbiert ist, die ihrerseits<br />
grundrechtsdogmatisch nicht rekonstruiert werden können (dazu Grimm, 2001, S. 29).<br />
Die Verfassung, die nach Wortlaut und Telos des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG keine typologisch-funktionale<br />
Unterscheidung innerhalb des Rundfunkbegriffs vornimmt oder<br />
zulässt, ist bereits mit den unterschiedlichen Anforderungsniveaus für öffentlich-rechtlichen<br />
und kommerziellen Rundfunk (BVerfGE 73, 118 [157]) aufs Äußerste strapaziert<br />
worden (Rossen, 1988, S. 375 ff.). Sie gerät als Grundlage spezifisch rechtlicher Unterscheidungen<br />
jetzt ganz außer Sicht. An die Stelle verfassungsrechtlicher und grundrechtsdogmatischer<br />
Argumente tritt das Anerkenntnis der Übermacht ökonomischer<br />
Mechanismen.<br />
487
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
c) Ökonomische Kolonisierung, verfassungsrechtliche Delegitimation<br />
Verfassungsrecht, auch und gerade <strong>Kommunikations</strong>verfassungsrecht, hat an der Spitze<br />
(oder Grundlage) der Rechtsordnung die Funktion, die Möglichkeit – wenn auch nicht<br />
den Erfolg – des rechtlichen Arguments gegen die Wucht anderer funktionssystemspezifischer<br />
Imperative offen zu halten und abzusichern (Rossen-Stadtfeld, 2000, S. 182 ff.,<br />
184 ff.). Es handelt sich um eine der verschiedenen Vorkehrungen moderner Gesellschaften,<br />
das historisch erreichte Maß an funktionaler Differenzierung nach Möglichkeit<br />
aufrecht erhalten zu können. Mit diesem Maß verknüpft ist aber auch das Maß an<br />
Vielfalt und Heterogenität der Perspektiven, Optionen, Maßstäbe und „Weltsichten“,<br />
das eine Gesellschaft zu einem bestimmten Zeitpunkt kennzeichnet. Wo der Geltungsbereich<br />
des verfassungsrechtlichen Arguments in der beschriebenen Weise zugunsten<br />
ökonomischer Gesichtspunkte verkürzt wird, findet Entdifferenzierung statt. Die betroffene<br />
Gesellschaft wird dann dimensional öder und verarmt. Eine Gesellschaft, die<br />
sich zunehmend nur noch nach Maßgabe und in den Grenzen der systemischen Imperative<br />
ihrer Ökonomie marktförmig integriert, ist weit davon entfernt, einer Vielfalt von<br />
Beobachtungsperspektiven, Orientierungsmodellen und Entscheidungsalternativen<br />
wirklich Raum geben zu können (scharfsichtig hierzu Ross, 1997, S. 99). Sie verliert aber<br />
auch an Potenzial, die problematischen, dysfunktionalen und womöglich zerstörerischen<br />
Nebenfolgen eines ungebremsten ökonomischen Diskurses in ihren <strong>Medien</strong><br />
kenntlich zu machen und dann vielleicht Wege zu finden, diese Nebenfolgen auszubalancieren.<br />
Niemals wird etwa die unter ökonomischen Gesichtspunkten (Werberatings,<br />
Konsumanreize, endloser/unbegrenzter Bedarf bei stets nur kurzfristiger Befriedigung<br />
etc.) jederzeit vorzugswürdig erscheinende „Spaßgesellschaft“ den unerfüllten utopischen<br />
Überschuss ihres bildungsbürgerlichen Herkommens aufnehmen und umsetzen<br />
können. Ebenso wenig kann sie neue Probleme auch nur in Umrissen fassen, mit denen<br />
es die Gegenwart immer drängender zu tun bekommt (etwa: Entwicklungsungleichzeitigkeiten<br />
innerhalb „multikultureller“ Gesellschaften, Persönlichkeitsentwicklung ohne<br />
vorgegebene Rollenschemata und außerhalb einer herkömmlichen Erwerbsbiografie,<br />
Jungsein und Altwerden ohne sozialen Ort, aber auch jüngere Fragen wie die nach einer<br />
gentechnisch erweiterten Perfektibilität des Menschen und seiner Umwelt).<br />
Die Konzeption einer Übersteigerung des dualen Systems wirft noch weitere Fragen<br />
auf. Wenn kommerzielle und öffentlich-rechtlich verantwortete Angebote unter verschiedene<br />
Pflichtenregime gestellt, wenn die beiden Sektoren des dualen Systems weiter<br />
und deutlicher auseinander gezogen werden sollen, dann bedarf es juristisch handhabbarer<br />
Kriterien, anhand deren die Trennlinie in Konfliktfällen ausgezeichnet werden<br />
kann. Diese Kriterien können sich, da der kommerzielle Rundfunk dereguliert und von<br />
(noch bestehenden) Pflichtenbindungen nach Möglichkeit freigestellt werden soll, nur<br />
auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk beziehen. Es muss also festgelegt werden, was<br />
dieser Rundfunk unter der leitenden Maßgabe „gesteigerter Pflichtenbindung“ zu leisten<br />
und worin er sein spezifisches programmliches Profil zu finden hat. Diese Festlegung<br />
eines öffentlich-rechtlichen „Funktionsauftrags“ (als Nachfolger der älteren „Grundversorgung“)<br />
wiederum kann in dem Ansatz dieser Konzeption nicht dem Rundfunk<br />
überlassen bleiben. Sie stellt eine grundrechtswesentliche Aufgabe dar, die der Gesetzgeber<br />
selbst bearbeiten muss, indem er den Programmauftrag über das heute schon erreichte<br />
Maß hinaus weiter konkretisiert. Auch wenn das in dieser Deutlichkeit nicht ausgesprochen<br />
wird: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk verlöre letztlich die ihm derzeit<br />
noch unbestritten verfassungsrechtlich garantierte Programmautonomie (Eifert, 2002,<br />
S. 89 ff.; Hoffmann-Riem, 2000, S. 188 f.).<br />
488
Rossen-Stadtfeld · Verfassungsrechtliche Perspektiven<br />
Es ist also eine beträchtliche Verschiebung der grundrechtsnormativen Gewichte, der<br />
hier das Wort geredet wird. Sie wiegt umso schwerer, als keineswegs ausgemacht<br />
erscheint, dass quantitative oder inhaltsbezogen-qualitative Festlegungen über den<br />
(niedrigen) Genauigkeitsgrad des derzeitigen Programmrechts hinaus tatsächlich steuerungswirksam<br />
werden, in der Begrifflichkeit der hier behandelten Konzeption also eine<br />
„gestärkte Pflichtenbindung“ bewirken könnten. Die derzeit verfügbaren sozial<strong>wissenschaft</strong>lichen<br />
Daten sprechen dagegen (Eifert, 2002, S. 44 ff. m. w. N.). Ein öffentlichrechtlicher<br />
Rundfunk, der auf ein möglichst hohes Qualitätsniveau in seinen Programmen<br />
verpflichtet werden soll, bedarf verbesserter Einrichtungen der Selbststeuerung<br />
und Selbstkontrolle, eines moderneren Qualitätsmanagements, vielleicht auch eines intensivierten<br />
Zusammenspiels interner und externer Programmbeobachtung (Vorschläge<br />
bei Eifert, 2002, S. 113 ff. m. w. N.). Weniger dringend bedarf er eines weiter konkretisierten,<br />
ausdifferenzierten und so zur Bereichsabgrenzung tauglichen Programmrechts.<br />
2. Die Aufhebung: Markt statt Recht, „Kultur“ statt Meinungsbildung<br />
Auch ein zweiter Vorschlag zur Zukunft des dualen Rundfunksystems knüpft bei dem<br />
beschleunigten Wandel an, der sich im Realbereich der normativen Gewährleistungen<br />
des Art. 5 Abs. 1 GG derzeit vollzieht (Vesting, 2001a). Dargestellt wird der Wandel in<br />
dieser Konzeption unter dem Leitbegriff einer „Logik der Vernetzung“. Gemeint ist damit,<br />
dass die medientechnische Entwicklung (insbesondere: Internet) und das Interesse<br />
an der Maximierung der Einschaltquoten, der Aufmerksamkeit und damit der Werbeerlöse<br />
ein Verhältnis wechselseitiger Beförderung eingingen. In ihm löse sich die Unterscheidung<br />
zwischen Rundfunk, Telekommunikations- und <strong>Medien</strong>diensten immer stärker<br />
auf, verliere die Veranstalterfunktion in langen und unübersichtlichen Verwertungsketten<br />
an Bedeutung, erweise sich die Prominenz von Personen und Themen als<br />
neue „Währung“ des <strong>Medien</strong>systems und sei eine Steuerung des dualen Rundfunksystems<br />
durch „positives“, an der verfassungsrechtlichen Vorgabe der Meinungsbildungsfreiheit<br />
orientiertes Rundfunkrecht nicht mehr möglich (a. a. O., S. 287 ff.). Die Schilderung<br />
der Wandlungsprozesse deckt sich mit der Darstellung, von der die Zuspitzungs-Konzeption<br />
ausgeht (neue Techniken, Entdifferenzierung, Verwischung herkömmlicher<br />
Unterscheidungen, Ökonomisierungsdruck, Konvergenztendenzen). Die<br />
Konsequenzen, die aus dieser Schilderung des Wandels gezogen werden, sind gleichfalls<br />
problematisch.<br />
a) Keine Regulierung gegen die „Logik der Vernetzung“<br />
Eine Grundthese lautet, dass das moderne duale Rundfunksystem sich weder politisch<br />
verantworten noch rechtlich regulieren lasse (a. a. O., S. 294). Der Zugang zu einem<br />
neuen Rundfunkmodell sei in einer Perspektive der „Erhaltung gesellschaftlicher und<br />
vor allem wirtschaftlicher Innovationsfähigkeit“ zu suchen, nicht aber mehr über eine<br />
„staatszentrierte Vorstellung von ‚Meinungsbildung‘ oder über Begriffe wie ‚Zugangsgerechtigkeit‘<br />
oder ‚Chancengleichheit‘“ (a. a. O., S. 296). Der These fehlt die überzeugende<br />
Begründung. Im theoretischen Entwurf mag „die Logik der Vernetzung durch<br />
eine Steigerung der Optionenräume die Diskriminierungskapazität von Grenzbegriffen“<br />
unterlaufen (a. a. O., S. 289). Im Zielbereich der Konzentrations- und Vermachtungsschübe,<br />
die im Zusammenbruch der New Economy derzeit zu beobachten sind,<br />
aber auch etwa in dem unter Quotendruck und Werbeflaute zunehmend „einfältiger“<br />
489
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
gestalteten kommerziellen Programmangebot, wird es freilich noch eine Weile dauern,<br />
bis sich von dort her ausgeweitete „Optionenräume“ abzeichnen könnten. Immerhin<br />
bleibt auch dann noch die Erkenntnis, dass dieselbe digitale Übertragungstechnik schon<br />
jetzt ganz unterschiedliche Programm- und Dienstleistungsangebote zu befördern geeignet<br />
ist. Bei dieser Technik anknüpfende Abgrenzungen geraten also in die Gefahr,<br />
kein klares Substrat mehr zu finden. Regulierung, die auf trennscharfe Rechtsbegriffe<br />
angewiesen ist, stößt hier in der Tat auf Schwierigkeiten. Dass diese aber sogleich zur<br />
Unmöglichkeit der Regulierung führen sollen, ist damit noch nicht zureichend nachgewiesen.<br />
Insbesondere in dem wichtigen Teilbereich der rechtlichen Erfassung, Einordnung<br />
und Steuerung von Online-Leistungen des Rundfunks sind ausführliche und differenzierte<br />
Vorschläge zu Regulationsansätzen vorgelegt worden (Hoffmann-Riem,<br />
2000, S. 229 ff., 233 ff.). Sie zeigen, dass Regulationsbemühungen jedenfalls nicht schon<br />
von vornherein als aussichtslos angesehen werden müssen. Wiederum unbestreitbar sind<br />
ferner eine immer wieder versagende Praxis der internen („gesellschaftlichen“) Rundfunkkontrolle<br />
und der externen <strong>Medien</strong>aufsicht sowie schließlich die Feststellung einer<br />
– freilich in Ausmaß und Dimensionen sehr umstrittenen und erläuterungsbedürftigen<br />
– „Konvergenz nach unten“ im Gesamtprogrammangebot des dualen Rundfunksystems.<br />
Solche Mängelbefunde können auch (niemals allein) in zu wenig, in zu viel, in<br />
schlechter oder – der Regelfall – in unzureichend durchgesetzter rechtlicher Regulation<br />
(Zulassung, Programmaufsicht, Konzentrationskontrolle) ihre Ursachen finden. Die<br />
Grundthese einer unmöglich werdenden Rundfunkregulierung durch Recht lässt sich<br />
durch sie also kaum schon ausreichend stützen.<br />
Allerdings wird auch auf eine „Logik der Vernetzung“ (a. a. O., S. 287; Begriff schon<br />
bei Ladeur, 1999, S. 68 ff.) verwiesen, die Regulierungskonzepte nach Art des Rundfunkstaatsvertrages<br />
ins Unwirkliche und Unvollziehbare treibe. Dieser Verweis impliziert<br />
die Vorstellung eines unentrinnbaren Geschicks („Logik“), dem die Gesellschaft<br />
preisgegeben sei. Die Beiläufigkeit, mit der Meinungsbildungsfreiheit, Chancengleichheit<br />
und Zugangsgerechtigkeit als normativ und konzeptionell leitende Gesichtspunkte<br />
beiseite geschoben werden und stattdessen „Innovationsfähigkeit“ in den Mittelpunkt<br />
gerückt wird, könnte in einer solchen Hintergrundvorstellung ihre Erklärung finden.<br />
Wo aber heute die Steigerung von „Innovationsfähigkeit“ gefordert oder ähnliche<br />
Schreckworte (etwa: „Flexibilität“, „Dynamik“, „Herausforderung“) gebraucht werden,<br />
heißt es aufmerken. Meist soll den so Angesprochenen angezeigt werden, dass härtere<br />
Zeiten bevorstehen, und zwar vor allem ihnen. Dementsprechend ergeht auch in dieser<br />
Rundfunkkonzeption eine ernste Ermahnung an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk,<br />
sich „im Wettbewerb der Aufmerksamkeit“ nicht auf „Strategien der Marktverstopfung“<br />
einzulassen (a. a. O., S. 293, 304 f.; ebenso Ladeur, 2000). Ob das im Niedergang des<br />
dualen Systems wirklich ein aktuelles Zentralproblem darstellt, ob demgegenüber nicht<br />
eher darauf zu achten wäre, eine ebenso bedrohte wie für moderne Gesellschaften unverzichtbare<br />
Public Service-Tradition gegen den immer mächtiger werdenden Kommerzialisierungsdruck<br />
zu verteidigen, soll hier dahingestellt bleiben. Die Erwägung, dass<br />
gesellschaftliche Entwicklung, wenn schon nicht gesteuert, so doch nach Maßgabe einigermaßen<br />
freier, aufgeklärter und vernünftiger Entscheidungen immerhin beeinflusst<br />
werden könnte, liegt jedenfalls weit jenseits der Perspektive, die mit dieser Konzeption<br />
zur Entwicklung des dualen Rundfunksystems eröffnet wird. Dieser Rundfunkkonzeption<br />
geht es in erster Linie um die Anpassung der <strong>Kommunikations</strong>strukturen moderner<br />
Gesellschaften an das, was auch so schon unwiderstehlich genug erscheint: die<br />
funktionalen Imperative von Wirtschaft und Technik. Anderes als diese Anpassung befördere<br />
nur die „Flucht in abstrakte Glaubensbekenntnisse“ (a. a. O., S. 295).<br />
490
Rossen-Stadtfeld · Verfassungsrechtliche Perspektiven<br />
b) Ein problematischer Kulturbegriff<br />
Damit gerät diese Konzeption in die Gefahr, sich selbst den Boden unter den Füßen<br />
wegzuziehen. Sie hat nämlich durchaus ein Regulierungsanliegen. Eine zweite Grundthese<br />
dieser Konzeption geht zunächst dahin, dass die Abgrenzung zwischen öffentlichrechtlichem<br />
und kommerziellem Rundfunk ohnehin längst fiktiv geworden sei, so dass<br />
auf sie verzichtet werden solle (a. a. O., S. 293). Sodann sei für das derart wieder vereinheitlichte<br />
Rundfunksystem ein „neues rundfunkrechtliches Ordnungsmodell“ zu entwerfen.<br />
Dieses dürfe keinesfalls mehr auf die Gewährleistung freier, umfassender und<br />
chancengleicher Meinungsbildung in öffentlichen und privaten Bezügen ausgerichtet<br />
sein und darin alteuropäisch-bildungsbürgerlich verengt werden. Stattdessen sei die leitende<br />
Maßgabe des neuen Ordnungsmodells künftig allein in der „Sicherung kultureller<br />
Vielfalt“ zu sehen (a. a. O., S. 296). Hier also soll durchaus noch reguliert werden,<br />
wenn auch erst nach einer „Verschiebung des verfassungsrechtlichen Ansatzpunktes<br />
von Politik auf Kultur bzw. auf die Erhaltung kultureller und wirtschaftlicher Innovationsfähigkeit“<br />
(a. a. O., S. 298).<br />
Wenn die bisherige Grundnorm des sich aus Art. 5 Abs. 1, 2 GG ergebenden <strong>Kommunikations</strong>verfassungsrechts,<br />
die Gewährleistung der Meinungsbildungsfreiheit, derart<br />
entschieden durch einen Leitwert „Kultur“ ersetzt werden kann, wird man hierfür<br />
eine spezifisch verfassungsrechtliche Begründung erwarten dürfen. Die hier vorgestellte<br />
Rundfunkkonzeption setzt eine solche Begründung schon voraus. Für sie ist ausgemacht,<br />
dass auf „rechts- und verfassungstheoretischer Ebene … ein solches Konzept unterstellen<br />
[kann], dass es ein öffentliches Interesse an der Sicherung kultureller Vielfalt<br />
gibt“ (a. a. O., S. 296). Als deskriptiv-empirische ist diese Feststellung keineswegs<br />
selbstverständlich. Seit jeher und nicht nur in Deutschland hat „kulturelle Vielfalt“ als<br />
Politikziel ohnehin keinen guten Stand. Derzeit aber kann in Deutschland von einem öffentlichen<br />
Interesse an ihr etwa im Hinblick auf die öffentliche Finanznot, auf vordringliche<br />
Arbeitsmarktprobleme und weitere damit verbundene Verschiebungen im<br />
gesellschaftlichen Präferenzhaushalt, auf innenministerielle Assimilationsforderungen<br />
oder auch etwa auf das Programmangebot des kommerziellen Rundfunks keine Rede<br />
sein. Wenn überhaupt in der parteipolitischen oder auch medienrechtlichen Diskussion<br />
die Forderung nach kultureller Vielfalt erhoben wird, dann scheint dies in erster Linie<br />
der Ungreifbarkeit und Plastizität beider Wörter geschuldet. Ihr operationalisierbarverpflichtender<br />
Gehalt geht nicht über die Substanz hinaus, die etwa Versprechen einer<br />
„wirksamen Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit“, der „Sicherung des Weltfriedens“<br />
oder einer „nachhaltigen Verbesserung der Umweltqualität“ aufweisen. Ein öffentliches<br />
Interesse an kultureller Vielfalt bleibt also zumindest äußerst zweifelhaft.<br />
Die Empfehlung, das Rundfunkverfassungsrecht auf „Kultur“ umzustellen, wird<br />
noch auf ein zweites Argument gestützt. Dabei werden „biologische Diversität“ als<br />
„Voraussetzung für die Evolution lebender Systeme“ einerseits und „kulturelle Vielfalt“<br />
als „Voraussetzung für die Sicherung der laufenden Selbsterneuerung einer (post-)modernen<br />
Gesellschaft“ andererseits parallelisiert (a. a. O., S. 296). Biologismen indizieren<br />
Begründungsprobleme, als Argumente sind sie nutzlos. Die hier diskutierte Rundfunkkonzeption<br />
schiebt aber ein drittes Argument nach. Das öffentliche Interesse an der Erhaltung<br />
kultureller Vielfalt lasse sich „auch deshalb schwerlich in Frage stellen, weil die<br />
Erhaltung der Innovationsfähigkeit der Kultur für die Innovationsfähigkeit der Wirtschaft<br />
mehr und mehr von ausschlaggebender Bedeutung ist“ (ebd.). Kultur in dienender<br />
Funktion der Ökonomie zugeordnet – das könnte praktisch funktionieren, doch<br />
dürfte diese neue Art funktionaler Grundrechtsinterpretation mit Wortlaut und Sinn<br />
491
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG kaum mehr in Deckung zu bringen sein. Die Umstellung des<br />
Rundfunkverfassungsrechts auf einen Leitwert „kulturelle Vielfalt“ wird also mit einer<br />
zweifelhaften Unterstellung, mit einem Biologismus und schließlich ökonomisch begründet.<br />
Das Bundesverfassungsgericht entwirft demgegenüber von der Meinungsbildungsfreiheit<br />
aus einen Zusammenhang konstruktiv-dogmatisch aufeinander bezogener<br />
Teilgewährleistungen des Art. 5 Abs. 1 GG, in den dann schließlich auch eine „kulturelle<br />
Verantwortung“ des Rundfunks (BVerfGE 90, 60 [90]; s. schon BVerfGE 73, 118<br />
[158]; 74, 297 [324]) eingebaut werden kann, und es sucht diesen Zusammenhang immer<br />
wieder in den Realbereichen der ihn tragenden Normen abzusichern. Das ist besser<br />
nachzuvollziehen und wohl auch verfassungsrechtlich anschlussfähiger.<br />
Der „Kultur“ kommt in dieser Rundfunkkonzeption eine entwicklungsstrategisch<br />
maßgebliche Bedeutung zu. Was aber könnte dieser Begriff hier meinen? Kultur sei<br />
„eine Art zerstreutes und flexibles Gedächtnis“, ein „Filter des Erinnerns und Vergessens“,<br />
durch den man „je nach Lage und Situation, Vergangenheit in Anspruch nehmen<br />
und den Variationsrahmen der Zukunft bestimmen kann“; Kultur sei „dispers und kontingent“<br />
geworden, „von Situationen und Ereignissen abhängig“, auch unterliege sie,<br />
unter Beteiligung der Massenmedien, der „dauernden Selbstveränderung“ (Vesting,<br />
2001a, S. 297). Damit wird der in der Tat einzige einigermaßen scharf geschnittene Kulturbegriff<br />
aufgenommen, der zurzeit in den Sozial<strong>wissenschaft</strong>en zur Verfügung steht.<br />
Bei Luhmann (etwa 1997, S. 409 ff., 587 f.) und Baecker (2000) bezeichnet Kultur den<br />
Gesichtspunkt, unter dem einer interessierten Beobachtung alles mit allem vergleichbar<br />
wird. Es ist eine wichtige, für moderne pluralistische Gesellschaften wahrscheinlich<br />
überlebenswichtige Leistung, die so erbracht werden kann. Es kann alles Fremde und<br />
Überraschende zunächst einmal – „wie interessant!“ – in die Wahrnehmung eingebaut<br />
werden. Weiteres wird sich finden, nach Maßgabe der Kriterien nämlich, die das Interesse<br />
jeweils lenken. Das muss dann nicht immer Erinnern bedeuten. Interesse kann auch<br />
abgezogen werden, dann fallen ehedem als kulturell bedeutsam erachtete Gehalte dem<br />
Vergessen anheim, auch dies ist eine notwendige Leistung für Gesellschaft und Individuen.<br />
Ein <strong>Medien</strong>system allerdings, dessen oberster verfassungsrechtlicher Ansatzpunkt<br />
eine so verstandene Kultur sein soll, gerät in schwerstes Wasser. Dieser Ansatzpunkt ermöglicht<br />
schon per definitionem keinen Gegenhalt mehr, wenn etwa quotengestützte<br />
Entdifferenzierungs- und Simplifikationszumutungen der „Ökonomie der Aufmerksamkeit“<br />
abgewehrt werden müssten. Zwar legt die hier vorgestellte Konzeption immer<br />
wieder einen inneren Zusammenhang zwischen „Kultur“ und „Vielfalt“ nahe (etwa<br />
a. a. O., S. 296). Worin dieser Zusammenhang bestehen könnte, wird aber nicht näher<br />
erläutert. Der als Referenz benannte Kulturbegriff jedenfalls beinhaltet einen solchen<br />
Zusammenhang keineswegs. Ganz im Gegenteil: „Kultur verhindert ... die Überlegung,<br />
was man anstelle des Gewohnten anders machen könnte“ (Luhmann, 1997, S. 588) –<br />
Kultur wird hier also als Variationsbremse begriffen, anders könnte sie ja auch kaum zur<br />
Praxisform der Unterscheidung zwischen Erinnern und Vergessen werden. Diese „Kultur“<br />
auf der einen und „Vielfalt“ auf der anderen Seite haben strukturell nichts miteinander<br />
zu tun. Kultur ist danach vielmehr das, was nach dritten Maßstäben (im Rundfunk<br />
etwa: unterstellter Massengeschmack, Simplizität, Rasanz, Sexappeal, Brutalität, „Starpower“<br />
etc., s. Vesting, 2001a, S. 291 f., 299 f.) als „interessant“ eingestuft und zur Rezeption<br />
feilgeboten wird. Was nach diesen Maßstäben als uninteressant gilt, ist für die<br />
betreffende Wahrnehmung nicht mehr Kultur. Es kann dann zwar nach anderen Maßstäben<br />
und in anderer Wahrnehmung noch als „interessant“ eingestuft werden. Für die<br />
massenmedial gestützte gesellschaftliche Kommunikation bleibt es aber uninteressant<br />
492
Rossen-Stadtfeld · Verfassungsrechtliche Perspektiven<br />
und damit: nicht existent. Nur folgerichtig ist deshalb der Vorschlag, auf die Vorgabe regulativer<br />
Ziele zu verzichten und „sich“ (gemeint ist wohl das Rundfunkrecht) auf „den<br />
zeitlichen Fluss der sich von Moment zu Moment vollziehenden ... Selbstreproduktion<br />
des Rundfunks und der <strong>Medien</strong>wirtschaft einzulassen“ (a. a. O., S. 298). Erneut also<br />
wendet sich der Blick der Ökonomie zu. Das ist konzeptionell stimmig. Dort in der Tat<br />
werden jene dritten Maßstäbe vor allem festgelegt, anhand derer die kulturelle Relevanz<br />
von <strong>Medien</strong>angeboten bestimmt wird – und die, so die konzeptionelle Idee, dann von<br />
den rundfunkrechtlichen Maßgaben normativ abgestützt werden müssen.<br />
c) Qualitätsmanagement ohne Qualitätsbegriff<br />
Überraschen muss dann freilich, dass das hier empfohlene neue Rundfunkrecht doch<br />
noch veranlassen und fördern soll, was ausdrücklich als „Qualitätsmanagement“ bezeichnet<br />
wird (a. a. O., S. 302 f., 304). Wie immer selbstregulativ dieses Management nun<br />
auch ausfallen soll, wie immer „kooperativ“ seine Kontrolle zu sein hat, wie immer die<br />
Schwellenwerte zur Erzwingung dieses Managements gebildet werden könnten (Andeutungen<br />
dazu a. a. O., S. 301 f.) – Qualitätsmanagement benötigt, soll der Begriff nicht<br />
ganz inhaltsleer sein, einen Begriff von Qualität. Dieser Begriff muss Maßstäben aufruhen,<br />
die eine Unterscheidung zwischen qualitativ Wertvollem und qualitativ Wertlosem<br />
ermöglichen. Eben diese Maßstäbe werden einer <strong>Medien</strong>regulierung aber aus der Hand<br />
genommen, der als zentraler Leitwert nur noch „Kultur“ im skizzierten Verständnis<br />
vorgegeben ist. Diese <strong>Medien</strong>regulierung kann gar nicht anders verfahren, als extern bestimmte<br />
Maßstäbe zu übernehmen. Wie unter solchen Bedingungen ein programmbezogenes<br />
Qualitätsmanagement auch nur entworfen, geschweige denn regulativ durchgesetzt<br />
werden könnte, ist nicht zu erkennen.<br />
3 Meinungsbildungsfreiheit und Public Service<br />
Beide vorstehend nachgezeichneten Konzeptionen zur weiteren Entwicklung des dualen<br />
Systems nehmen bei der Beobachtung eines Wandels der technischen, wirtschaftlichen,<br />
soziokulturellen und politischen Rahmenbedingungen des Rundfunks ihren Ausgang.<br />
Sie gelangen von dort aus einmal zu einer zuspitzenden Übersteigerung, im anderen<br />
Fall zu einer Aufhebung der systemprägenden Dualität. In beiden Fällen, auch in der<br />
Variante der Übersteigerung, gibt es dasjenige duale Rundfunksystem, dessen Grundlinien<br />
in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vorgezeichnet worden sind,<br />
am Ende nicht mehr. In beiden Fällen sind es ökonomische Interessen und Funktionsimperative,<br />
von denen die weitere Entwicklung des Rundfunks maßgeblich bestimmt<br />
werden soll. In beiden Fällen schließlich fehlt es den vorgestellten Rundfunkmodellen<br />
an einer verfassungsrechtlich tragfähigen Begründung. Im Übersteigerungs-Modell zerbricht<br />
mit der Herauslösung des kommerziellen Rundfunks aus den Bindungen, die in<br />
der Meinungsbildungsfreiheit ihren Ursprung haben, der Gewährleistungszusammenhang<br />
des Art. 5 Abs. 1 GG. Mit diesem entfällt aber nicht zuletzt auch die verfassungsrechtliche<br />
Begründung einer gesteigerten Pflichtenbindung des öffentlich-rechtlichen<br />
Rundfunks. Der Vorschlag einer vereinheitlichenden Aufhebung des dualen Systems<br />
wiederum sucht sich schon von vornherein ausdrücklich und entschieden von allen bislang<br />
gültigen kommunikationsverfassungsrechtlichen Vorgaben zu trennen.<br />
493
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
a) Auch meinungsbildende Unterhaltung ...<br />
Die Konzeption des Bundesverfassungsgerichts erscheint demgegenüber verfassungsrechtlich<br />
besser begründet, vielfaltsförderlicher, deutlich realitätszugewandter und vor<br />
allem wesentlich entwicklungsfähiger. Meinungsbildung findet danach keineswegs nur<br />
in den Bereichen Information und Bildung statt. Sie reicht in „gesellschaftlich-kulturelle<br />
Tiefendimensionen“ (Stock, 2001, S. 121) hinein. Deshalb kann ihr auch das Unterhaltungsangebot<br />
des Rundfunks Grundlage und Substrat werden. Die Gewährleistung<br />
der Meinungsbildungsfreiheit ist nicht auf Nation oder Staat bezogen. Sie hat Verfassungsrang<br />
erlangt, weil ihr im Hinblick auf die Sicherung gesellschaftlicher Öffentlichkeit<br />
und die laufende Persönlichkeitsentwicklung in sozialen Beziehungen Bedeutung<br />
zukommt. Schließlich vollzieht sich verfassungsrechtlich geschützte Meinungsbildung<br />
keineswegs nur in öffentlichen Räumen, sondern auch in individuell-privaten Innenwelten.<br />
Sie wird dabei zum Konstituens nicht nur der Demokratie, sondern gerade auch<br />
unverfügbarer personaler Subjektivität. Das alles wird in den konzeptionell maßgeblichen<br />
Entscheidungen des Gerichts seit langem als selbstverständlich mitgeführt (s. etwa<br />
BVerfGE 35, 202 [222 f.]; 57, 295 [319]; 73, 118 [152]; st. Rspr.).<br />
Auch der Verdacht, dass die in der Meinungsbildungsfreiheit zentrierte Konzeption<br />
des Bundesverfassungsgerichts kognitiv-„politisch“ und etatistisch verengt sei (Vesting,<br />
2001b, S. 230 f.), ist deshalb unbegründet. Die Dimensionen, in denen Meinungsbildung<br />
verfassungsrechtlichen Schutz genießt, sind mit dem Begriff der Meinungsbildungsfreiheit<br />
nicht festgelegt. Auch sie sind dem offenen, niemals abgeschlossenen Prozess überantwortet,<br />
den dieser Begriff bezeichnet (Eifert, 2002, S. 23 f.). Es lässt sich ein Konzept<br />
verfassungsrechtlicher Vorgaben für die Rundfunkordnung entwerfen, das wichtige<br />
Funktionen der Massenmedien für den politischen Prozess anerkennt, ohne deshalb<br />
ebenso wichtige Funktionen derselben Massenmedien für die Aufrechterhaltung zivilgesellschaftlicher,<br />
staatsvergessener Pluralität und Selbstbestimmungsfähigkeit sowie<br />
für die Entwicklung und laufende Selbstvergewisserung bürgerlicher Subjektivität leugnen<br />
zu müssen (Rossen, 1988, S. 97 ff., 109 ff., 112 ff., 317 ff.). Die Rechtsprechung des<br />
Bundesverfassungsgerichts kann in einem solchen Konzept abgestützt werden. In ihr<br />
wird vielfach auf die Bedeutung der Massenmedien für die Orientierung der Einzelnen<br />
in ihren gesellschaftlichen Beziehungen (die den demos politikos, wenn man Luhmann<br />
folgen will, einschließen mögen, also über ihn hinausreichen) und für die Entwicklung<br />
der individuellen Persönlichkeit hingewiesen (s. o.).<br />
b) ... als Gegenstand der Medium-und-Faktor-Funktion des Rundfunks<br />
Der Bereich, in dem sich Meinungsbildung ereignet und in dem deshalb der Rundfunk<br />
eine „dienende Funktion“ innehat, wird damit allerdings in der Tat sehr weit ausgezogen.<br />
Dies ist die Konsequenz einer grundrechtsdogmatischen Konzeption, die das Ziel<br />
freier, umfassender und chancengleicher Meinungsbildung in öffentlichen und in privaten<br />
Bezügen in seiner ganzen Vielschichtigkeit ernst zu nehmen sucht. Eines der großen<br />
Rätsel einer einfachrechtlich konkretisierten <strong>Medien</strong>verfassung, die eine lebendige, reiche<br />
und vielfältige gesellschaftliche Kommunikation sicherstellen will, besteht gerade<br />
darin, wie die unverfügbare Subjektivität der <strong>Kommunikations</strong>teilnehmer anerkannt<br />
und gewährleistet, zugleich aber auch zur Beförderung des „gemeinen Wesens“ einer<br />
Gesellschaft befähigt und motiviert werden könnte, die zutiefst differenziert, pluralisiert<br />
und individualisiert ist und das auch bleiben soll. Die FRAG-Entscheidung (BVerfGE<br />
57, 295 [319 ff.]) ist deshalb eine der besseren Entscheidungen des Bundesverfassungs-<br />
494
Rossen-Stadtfeld · Verfassungsrechtliche Perspektiven<br />
gerichts, weil sie die Spannung aufnimmt, die von jenem Rätsel ausgeht. Diese Entscheidung,<br />
fortgeführt vor allem in dem NRW-Urteil (BVerfGE 83, 238 [295 ff.]), lässt<br />
vereinfachende Marktrundfunktheoreme ebenso wie jeden paternalistischen Gestus<br />
weit hinter sich. Sie legt zur Lösung des Rätsels vielmehr eine Konstruktion nahe, in der<br />
eine mediale und faktorielle Funktion des Rundfunks normativ auf die gleiche umfassende<br />
Meinungsbildungsfreiheit aller ausgerichtet und zur eigenständigen, professionellen<br />
und organisierten Bearbeitung in besonderen Berufsrollen ausdifferenziert ist. Die<br />
Wahrnehmung dieser Funktion kann (nicht: muss!) das ihre dazu beitragen, dass selbstbewusste<br />
Persönlichkeiten an vielfältigsten Kommunikationen teilhaben können (nicht:<br />
müssen!), nicht zuletzt also auch an denjenigen Kommunikationen, in denen unter kulturellen,<br />
sozialen, ästhetischen, politischen oder wirtschaftlichen Gesichtspunkten Meinungen<br />
zur weiteren Ausgestaltung gesellschaftlicher Kommunikation gebildet werden.<br />
Was gelingende Meinungsbildung ausmachen könnte, soll sich (und kann sich auch nur,<br />
s. Eifert, 2002, S. 36, 49 ff., 143 ff. ) nach diesem Modell in professionell ermöglichten<br />
bzw. vermittelten Prozessen freier und umfassender Meinungsbildung, an denen alle<br />
teilhaben können (nicht: müssen!), herausstellen. Die neueren Entwürfe zur Zukunft des<br />
dualen Rundfunksystems, die oben diskutiert worden sind, bleiben weit hinter der<br />
Komplexität des verfassungsgerichtlichen Modells zurück; sie nähern sich dem Rätsel<br />
nicht einmal von ferne, auf das dieses Modell schon eine Antwort vorschlägt.<br />
c) Public Service als Verpflichtung<br />
Der Markt ist jedenfalls kein Medium, in dem dieser Gefahr durchgreifend begegnet<br />
werden könnte. Das wird in rundfunkökonomisch instruierten Diskussionsbeiträgen<br />
zur Entwicklung des dualen Systems durchaus gesehen, ebenso wird dort zum Teil auch<br />
die Notwendigkeit einer normativen Ausrichtung dieser Entwicklung eingeräumt (zusammenfassend<br />
Eifert, 2002, S. 61 ff. m. w. N.). Das Leitmodell, das sich hierbei abzeichnet,<br />
nimmt eine ältere Tradition auf, um sie in gewandelte Rahmenbedingungen<br />
fortzuführen. Es ist die Tradition des Rundfunks als Public Service (dazu Jarren u. a.,<br />
2001a, S. 35 ff. m. w. N.), in der das Bundesverfassungsgericht dem Rundfunk eine dienende<br />
Funktion als Medium und Faktor freier öffentlicher und privater Meinungsbildung<br />
zugeschrieben hat. In dieser Tradition kann (und muss) das verfassungsgerichtliche<br />
Leitmodell weiterentwickelt werden. Vorschläge hierzu liegen, wie bemerkt, bereits<br />
vor (Hoffmann-Riem, 2000, Teile V-VII; Jarren/ Donges, 2001; für den öffentlich-rechtlichen<br />
Rundfunk Jarren u. a., 2001a, S. 155 ff.; Eifert, 2002, Teil 3; mit Blick auf die Perspektive<br />
einer „dienstespezifisch diversifizierten Informationsordnung“ Schulz/Held,<br />
2001, S. 124 ff.). Aus dieser Tradition heraus öffnet sich schließlich auch der einzig gangbare<br />
Weg, auf dem von dem deutschen <strong>Kommunikations</strong>verfassungsrecht Anregungen<br />
für eine tatsächlich zukunftsoffene und zukunftsfähige <strong>Medien</strong>ordnung Europas ausgehen<br />
könnten (Stock, 2000, S. 53 ff. u. pass.).<br />
Literatur<br />
Albers. Marion (1996): Zur Neukonzeption des grundrechtlichen »Datenschutzes«, in: Haratsch,<br />
A./Kugelmann, D./Repkewitz, U. (Hrsg.), Herausforderungen an das Recht der Informationsgesellschaft,<br />
Stuttgart u. a., S. 113 – 128.<br />
Baecker, Dirk (2000): Wozu Kultur?, Berlin.<br />
Bullinger, Martin (1980): <strong>Kommunikations</strong>freiheit im Strukturwandel der Telekommunikation,<br />
Baden-Baden.<br />
495
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
Bullinger, Martin (1999): Die Aufgaben des öffentlichen Rundfunks. Wege zu einem Funktionsauftrag,<br />
Gütersloh.<br />
Bullinger, Martin (2001): <strong>Medien</strong>, Pressefreiheit, Rundfunkverfassung, in: Badura, Peter/Dreier,<br />
Horst (Hrsg.), Festschrift 50 Jahre Bundesverfassungsgericht, Tübingen, S. 193 – 218.<br />
Bullinger, Martin/Mestmäcker, Ernst-Joachim (1996): Multimediadienste, Baden-Baden.<br />
Determann, Lothar (1999): <strong>Kommunikations</strong>freiheit im Internet, Baden-Baden.<br />
Dörr, Dieter/Janik, Viktor/Zorn, Nicole (2002): Der Zugang zu den Kabelnetzen und die Regelungen<br />
des europäischen Rechts, in: Die Landesmedienanstalten (Hrsg.), Der Zugang zum digitalen<br />
Kabel, DLM-Schriftenreihe Bd. 22, Berlin.<br />
Eifert, Martin (2002): Konkretisierung des Programmauftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks,<br />
Baden-Baden.<br />
Engel, Christoph (1996): <strong>Medien</strong>ordnungsrecht, Baden-Baden.<br />
Franck, Götz (1998): Ökonomie der Aufmerksamkeit, München.<br />
Fromm, Martin/Haase, Frank/Schlottke, Peter F. (Hrsg.) (2000): Inszenierte Wirklichkeiten – Lernen<br />
und Entwicklung in der <strong>Medien</strong>welt, Baden-Baden.<br />
Grimm, Dieter (2001): Steuerung medienvermittelter Kommunikation – Verfassungsrechtliche<br />
Grundlagen, in: Rossen-Stadtfeld, H./Wieland, J. (Hrsg.), Steuerung medienvermittelter Kommunikation,<br />
Baden-Baden, S. 25 – 33.<br />
Heinrich, Jürgen (1999): <strong>Medien</strong>ökonomie, Bd. 2: Hörfunk und Fernsehen, Opladen/Wiesbaden.<br />
Hoffmann-Riem, Wolfgang (2000): Regulierung der dualen Rundfunkordnung, Baden-Baden.<br />
Hofstadter, Douglas (1985): Gödel, Escher, Bach, 5. Aufl., Stuttgart.<br />
Holznagel, Bernd (1999): Der spezifische Funktionsauftrag des Zweiten Deutschen Fernsehens<br />
(ZDF), Mainz.<br />
Holznagel, Bernd (2002): Konvergenz der <strong>Medien</strong> - Herausforderungen an das Recht, NJW,<br />
S. 2351 – 2356.<br />
Jarren, Otfried/Donges, Patrick (2001): <strong>Medien</strong>regulierung als gesellschaftliche Aufgabe?, in: Rossen-Stadtfeld,<br />
H./Wieland, J. (Hrsg.), Steuerung medienvermittelter Kommunikation, Baden-<br />
Baden, S. 35 – 50.<br />
Jarren, Otfried/Donges, Patrick/Künzler, Matthias/Schulz, Wolfgang/Held, Thorsten/Jürgens,<br />
Uwe (2001a): Der öffentliche Rundfunk im Netzwerk von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft,<br />
Baden-Baden.<br />
Kiefer, Marie-Louise (1994): Wettbewerb im dualen Rundfunksystem, Media Perspektiven, S. 430<br />
– 438.<br />
Krönig, Jürgen (2001): Tanz ums goldene Kalb. Globales TV: Die Armen schauen, die Reichen senden,<br />
epd medien Nr. 74 v. 19.09.01, S. 3 f.<br />
Kuhlen, Rainer (1995): Informationsmarkt. Chancen und Risiken der Kommerzialisierung von<br />
Wissen, Schriften zur Informations<strong>wissenschaft</strong> 15, Konstanz.<br />
Ladeur, Karl-Heinz (1999): Die Regulierung von Telekommunikation und <strong>Medien</strong> im Zeitalter ihrer<br />
Konvergenz: das Beispiel des Universal Mobile Telecommunications System (UMTS), RTkom<br />
1999, S. 68 – 75.<br />
Ladeur, Karl-Heinz (2000): Der „Funktionsauftrag“ des öffentlich-rechtlichen Rundfunks – auf<br />
„Integration“ festgelegt oder selbst definiert?, M&K 2000, S. 93 – 96.<br />
Lauff, Werner (2002): „Einer klingelt an der Tür“. Kabel in Not: ein epd-Interview mit dem Unternehmensberater<br />
Werner Lauff, epd medien, Nr. 60 v. 3.8.2002, S. 3 ff.<br />
Lauffer, Jürgen/Volkmer, Ingrid (Hrsg.) (1995): Kommunikative Kompetenz in einer sich verändernden<br />
<strong>Medien</strong>welt, Opladen.<br />
Lerg, Winfried B. (1981): Verdrängen oder ergänzen die <strong>Medien</strong> einander? Innovation und Wandel<br />
in <strong>Medien</strong>systemen, Publizistik 26, S. 193 – 201.<br />
Luhmann, Niklas (1984): Soziale Systeme, Frankfurt a. M.<br />
Luhmann, Niklas (1997): Die Gesellschaft der Gesellschaft, Bd. 1, Frankfurt a. M.<br />
Metze-Mangold, Verena (2001): Digitale Zeitenwende. Zur politischen Bedeutung zivilisatorischer<br />
Regeln, epd medien Nr. 79 v. 6.10.2001, S. 23 – 31.<br />
Michalski, Hans-Jürgen (1997): Die Geburtsstätte einer Zweiten Renaissance? Die „Informations-<br />
496
Rossen-Stadtfeld · Verfassungsrechtliche Perspektiven<br />
gesellschaft“ aus politökonomischer Perspektive, Rundfunk und Fernsehen 45, H. 2, S. 194 –<br />
214.<br />
Oemichen, Ekkehardt (2002): Offliner 2001 – Internetverweigerer und potenzielle Nutzer, Media<br />
Perspektiven, S. 22 – 33.<br />
Reimers, Ulrich (1999): Rundfunkpolitik und Technik, in: Schwarzkopf, D. (Hrsg.), Rundfunkpolitik<br />
in Deutschland, Bd. 1, München.<br />
Reljič, Dušan (2001): Der Vormarsch der Megamedien und die Kommerzialisierung der Weltöffentlichkeit,<br />
in: Brühl, T./Debiel, T./Hamm, B./Hummel, H./Martens, J. (Hrsg.), Die Privatisierung<br />
der Weltpolitik, Bonn, S. 58 – 81.<br />
Ridder, Christa-Maria/Engel, Bernhard (2001): Massenkommunikation 2000: Images und Funktionen<br />
der Massenmedien im Vergleich, Media Perspektiven, S. 102 – 125.<br />
Rötzer, Florian (1999): Megamaschine Wissen. Vision: Überleben im Netz, Frankfurt a. M.<br />
Ross, Jan (1997): Staatsfeindschaft. Anmerkungen zu einem neuen Vulgärliberalismus, Merkur 575,<br />
Nr. 2, S. 93 – 98.<br />
Rossen, Helge (1988): Freie Meinungsbildung durch den Rundfunk, Baden-Baden.<br />
Rossen-Stadtfeld, Helge (1999): Wissen, Vertrauen, Recht, Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung<br />
und Rechts<strong>wissenschaft</strong>, S. 223 – 238.<br />
Rossen-Stadtfeld, Helge (2000): Verfassungsgericht und gesellschaftliche Integration, in: Schuppert,<br />
G. F./Bumke, Chr. (Hrsg.), Bundesverfassungsgericht und gesellschaftlicher Grundkonsens,<br />
Baden-Baden, S. 169 – 195.<br />
Schoch, Friedrich (1998): Öffentlich-rechtliche Rahmenbedingungen einer Informationsordnung,<br />
VVDStRL 57, S. 158 – 215.<br />
Schulz, Wolfgang (1998): Rechtsfragen des Datenschutzes bei Online-Kommunikation, http://<br />
www.rrz.uni-hamburg.de/hans-bredow-institut/ws-lehr/aktuelles/lfr-datenschutz.pdf.<br />
Schulz, Wolfgang/Held, Thorsten (2001): Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen einer dienstespezifisch<br />
diversifizierten Informationsordnung, in: Kops, M./Schulz, W./Held, Th. (Hrsg.),<br />
Von der dualen Rundfunkordnung zur dienstespezifisch diversifizierten Informationsordnung?,<br />
Baden-Baden/Hamburg, S. 111 – 149.<br />
Starck, Christian (1999): Kommentierung zu Art. 5 Abs. 1, 2, in: v. Mangoldt, H./Klein, F./Starck,<br />
Chr. (Hrsg.), Das Bonner Grundgesetz, Bd. 1, 4. Aufl., München.<br />
Steinmüller, Wilhelm (1993): Informationstechnologie und Gesellschaft, Darmstadt.<br />
Stipp, Horst (1996): Eli Noams Cyber TV. Kritische Anmerkungen zu einer Multimedia-Vision,<br />
epd/kifu Nr. 19 v. 13.3.1996, S. 4 – 7.<br />
Stock, Martin (2000): <strong>Medien</strong>freiheit in der EU-Grundrechtscharta: Art. 10 EMRK ergänzen und<br />
modernisieren!, Frankfurt a. M.<br />
Stock, Martin (2001): <strong>Medien</strong>vermittelte Kommunikation: Gestaltungsoptionen und Steuerungsperspektiven,<br />
in: Rossen-Stadtfeld, H./Wieland, J. (Hrsg.), Steuerung medienvermittelter<br />
Kommunikation, Baden-Baden, S. 117 – 134.<br />
Trute, Hans-Heinrich (1998): Öffentlich-rechtliche Rahmenbedingungen einer Informationsordnung,<br />
VVDStRL 57, S. 216 – 268.<br />
Vesting, Thomas (1997): Prozedurales Rundfunkrecht, Baden-Baden.<br />
Vesting, Thomas (2001): Das Internet als Herausforderung des „dualen Rundfunksystems“, in:<br />
Kops, Manfred/Schulz, Wolfgang/Held, Thorsten (Hrsg.), Von der dualen Rundfunkordnung<br />
zur dienstespezifisch diversifizierten Informationsordnung?, Baden-Baden, S. 275 ff.<br />
Vesting, Thomas (2001a): Das Rundfunkrecht vor den Herausforderungen der Logik der Vernetzung,<br />
<strong>Medien</strong> & <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong> 49, H. 3, S. 287 – 308.<br />
Vesting, Thomas (2001b): Zur Entwicklung einer „Informationsordnung“, in: Badura, P./Dreier,<br />
H. (Hrsg.), Festschrift 50 Jahre Bundesverfassungsgericht, Tübingen, S. 219 – 240.<br />
Woldt, Runar (2002): Konturen des digitalen Kabelmarkts, Media Perspektiven, S. 34 – 49.<br />
497
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
Gestaltungsmittel als Interpretationshinweise<br />
Eine rahmenanalytische Betrachtung des Infotainment nach E. Goffman<br />
Manuela Pietraß<br />
Mit der „Rahmen-Analyse“ legt Erving Goffman einen interaktionstheoretischen Ansatz<br />
zur Organisation sozialer Wirklichkeit und ihrer Erfahrung vor. Rahmen stellen<br />
skriptartige Anweisungen dar, an die sich alle an einer Interaktion Beteiligten halten<br />
müssen, um in einem gemeinsamen Verstehenszusammenhang zu kommunizieren. Die<br />
Rezeption von <strong>Medien</strong>produkten kann ebenfalls als ein gerahmter Interaktionszusammenhang<br />
verstanden werden. Das <strong>Medien</strong>produkt enthält Interpretationshinweise darauf,<br />
welche Rahmen jeweils gültig sind. Auf ihrem korrekten Nachvollzug basiert das<br />
Verstehen des Rezipienten. Rahmenhinweise werden durch die jeweils eingesetzten Gestaltungsmittel<br />
und -stile gegeben. Welche Bedeutung ihnen beim Einordnen und Verstehen<br />
von Aussagen zukommt, wird am Beispiel des Infotainment aufgezeigt.<br />
Keywords: Goffman, Rahmen-Analyse, Infotainment, Gestaltungsmittel, Realität und<br />
Fiktion, Glaubwürdigkeit, Genre<br />
1. Problemstellung<br />
Neue Vermittlungstechnologien und eine veränderte Praxis beim Einsatz der formalen<br />
Gestaltungsmittel sind gemeinsam an der Aufhebung bisheriger Genregrenzen und der<br />
Entstehung neuer Programmformen beteiligt. Ästhetisch gesehen sind die Wirklichkeitsbereiche<br />
Fiktion und Realität – als Grundkategorien von <strong>Medien</strong>wirklichkeiten –<br />
nicht mehr eindeutig zuzuordnen: Realität wird dramatisiert, inszeniert, ins Hyperreale<br />
überhöht und rückt so in den Bereich des Fiktionalen, nicht-Authentischen (z. B. Göttlich/Nieland/Schatz,<br />
1998); und die Differenz des Fiktionalen zur Realität wird aufgehoben,<br />
indem das Fiktionale mit gering ästhetisierenden Gestaltungsmitteln ausgestattet<br />
wird. Durch die narrative Dramatisierung von realen Ereignissen wie im so genannten<br />
Reality TV (z. B. Theunert/Schorb, 1995; Wegener, 1994; Winterhoff-Spurk u. a.,<br />
1994), die Inszenierung von Authentizität bei Dokusoaps (Mikos, 2000; Pietraß, 2002;<br />
Winter, 2000), den Einbezug von Darstellungsstilen, die ursprünglich anderen Genres<br />
angehörten, wie beim Infotainment, werden Wirklichkeitsbereiche ästhetisch miteinander<br />
vermischt.<br />
Die Präsentation von Fernsehbotschaften folgt einer typischen Verwendung von Gestaltungsmitteln<br />
für spezifische <strong>Kommunikations</strong>anlässe, was hier als Genre bezeichnet<br />
werden soll. Die Entwicklung von Genres unterliegt einem historischen Verlauf, ihre<br />
Konventionen ändern sich mit der Zeit. Aus kunstgeschichtlicher Perspektive kann dies<br />
als ein ästhetischer Wandel aufgefasst werden, der lediglich Geschmacksfragen berührt<br />
(Mukařovsky, 1970). Berücksichtigt man allerdings, dass <strong>Medien</strong> nicht wie Kunstwerke<br />
einen abgegrenzten Raum etablieren, sondern konstitutiver Bestandteil der sozialen<br />
Orientierung sind, so besitzt die Frage, welche Auswirkungen der Wandel von Gestaltungsmitteln<br />
besitzt, nicht nur eine ästhetische, sondern vor allem eine wissenssoziologische<br />
und medienpädagogische Dimension. Wie Menschen <strong>Medien</strong>botschaften hinsichtlich<br />
ihrer Verbindlichkeit einschätzen, besitzt eine erhebliche Bedeutung für das gemeinsame<br />
Handeln und das Weltwissen.<br />
Programmformate wie das Infotainment gehören zu Genreentwicklungen, deren Spe-<br />
498
Pietraß · Gestaltungsmittel als Interpretationshinweise<br />
zifität die Vermischung von Gestaltungsmitteln aus dem Unterhaltungs- und Informationsbereich<br />
ist. Mit Infotainment wird die „Konvergenz zwischen Information und<br />
Unterhaltung in den <strong>Medien</strong>“ (Mikos, 2000: 30) bezeichnet. Beim Infotainment wird<br />
über reale Sachverhalte und Ereignisse berichtet, durch den Einbezug von dramatisierenden<br />
Gestaltungsmitteln aber werden diese in die Nähe von (fiktionalen) Unterhaltungsfilmen<br />
gerückt und/oder es wird durch die Verwendung emotionaler Gestaltungsmittel<br />
boulevardisiert. Wirth nennt folgende Strategien zur Infotainisierung: „Emotionalisierung“,<br />
„Narrativisierung/Personalisierung“ und „Dynamisierung“. Alle drei Dimensionen<br />
gehörten „typischerweise eher zum Unterhaltungsgenre (Spielfilme, Shows,<br />
Theater)“ (Wirth, 2000: 63). Infotainment stelle sich als Kontinuum dar, „das auf der einen<br />
Seite ausschließlich auf Information und Informieren und auf der anderen Seite auf<br />
Unterhaltung gerichtet ist“ (64). Beim Reality TV werden durch die Verwendung spezifischer<br />
Gestaltungsmittel reale 1 Ereignisse dramatisiert und fiktionalisiert, z. B. durch<br />
die Konzentration auf und Darstellung von Einzelpersonen in schicksalhaften Situationen<br />
(Winterhoff-Spurk u. a., 1994). Vereinfachend kann man sagen, dass Inhalte in eine<br />
Erzählform gebracht werden, die eher dem Bereich der fiktionalen Unterhaltungssendungen<br />
zugeordnet wird. Aufgrund des real bestehenden Lebensweltbezuges der Sendungsinhalte<br />
(Mikos, 2000) ist es jedoch für den Zuschauer wichtig, die Glaubwürdigkeit<br />
der Informationen und den Wirklichkeitsgehalt der Bilder richtig einschätzen zu<br />
können.<br />
Die Frage nach den Einschätzungen der Zuschauer soll bezüglich der formalen Gestaltungsmittel<br />
gestellt werden, da die Vermischung von bisher abgegrenzten Formaten<br />
vor allem durch die Wahl der Gestaltungsmittel entsteht (die Ebene der Inhalte soll hier<br />
ausgeblendet werden; siehe dazu Pietraß, 2002). Sie wird i. E. bezüglich der Bedeutung<br />
des Genres für die Bewertung der Glaubwürdigkeit von Informationen und hinsichtlich<br />
der Einordnung von Ereignissen als real oder fiktional verfolgt.<br />
Um etwas über die Bedeutung der gewählten Gestaltungsmittel für die Einordnung<br />
von <strong>Medien</strong>botschaften durch die Nutzer zu erfahren, steht die Rezeptionsforschung<br />
vor einer doppelten Aufgabe: Sie muss einerseits hinsichtlich der Gestaltungsmittel produktanalytisch<br />
vorgehen und andererseits den Aussagegehalt der Gestaltungsmittel durch<br />
das rezeptionsanalytische Vorgehen klären. Dazu ist ein Ansatz erforderlich, der die direkte<br />
Bezugnahme beider Perspektiven aufeinander ermöglicht. Geeignet sind interaktionstheoretische<br />
Ansätze, die Rezeption als eine Interaktion zwischen dem Rezipienten<br />
und der Botschaft verstehen (Mikos, 2001). Von einem interaktiven Geschehen kann<br />
man sprechen, weil Text und Leser sich jeweils auf soziale Bedeutungshorizonte beziehen,<br />
über die beide – als Voraussetzung für Kommunikation – verfügen. Mit Goffmans<br />
Ansatz sind Text-Leser-Interaktionen als Einordnung von Botschaften in Aussagekontexte<br />
erklärbar. Gerade bezüglich der Entwicklung von neuen Programmformaten ist<br />
dies relevant, weil sie durch die Vermischung bisheriger Gestaltungsstile Aussagekontexte<br />
– die als Hybridformen von Wirklichkeiten erscheinen – verschwimmen lassen.<br />
2. Grundlagen der Rahmen-Analyse und Rahmen in den <strong>Medien</strong><br />
E. Goffmans Rahmen-Analyse (1993, erstmals 1974) beschreibt die Herstellung semantischer<br />
Verbindlichkeiten in Interaktionszusammenhängen, also die Festsetzung der Bedeutung<br />
von Zeichen durch typische Organisationsweisen des kommunikativen Aus-<br />
1 Die Bezeichnung „real“ wird in Abgrenzung zu „fiktional“ resp. „gestellt“ verwendet.<br />
499
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
tauschs. Als einen tragenden Bezugspunkt verwendet Goffman die Ausführungen<br />
G. Batesons über das Spiel („Ökologie des Geistes“, 1981). Bateson beschreibt am Beispiel<br />
von Ottern, dass die im Spiel wie im Kampf gleichen Aktionen durch ihre jeweils<br />
unterschiedlichen Kontexte resp. Rahmen „Spiel“ und „Kampf“ spezifische Interpretationshinweise<br />
enthalten, die der Aufrechterhaltung der jeweils gültigen Handlungsmuster<br />
dienen. Im Fall des Spiels sind sie eine Drohung als-ob und im anderen Fall besser<br />
nicht misszuverstehen! Goffman (1993) überträgt die Bedeutungsherstellung einer<br />
Handlung durch ihren Kontext auf soziale Alltagssituationen: Rahmen sind seiner Definition<br />
nach Organisationsformen von alltäglicher Erfahrung (22). Gut ist das Rahmenkonzept<br />
zu verstehen, wenn man sich vergegenwärtigt, dass für eine begrenzte Zahl<br />
von Einzelzeichen mit dem im Lauf der Sozialisation wachsenden Erfahrungshintergrund<br />
ebenfalls wachsende Bedeutungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen (Soeffner,<br />
1989: 149). Die eingeschränkte Semantik von Zeichen wird durch ihre jeweilige Kontextabhängigkeit<br />
ausgeweitet.<br />
Grundlage der Bedeutung von Interaktionen sind primäre Rahmen, „elementare<br />
Strukturen des untransformierten Sinnhintergrunds, der als Grundlage von Sinntransformationen<br />
fungiert“ (Willems, 2000: 216). Primäre Rahmen sind das, was wir als wirklich<br />
erfahren, worauf wir unsere Gewissheit zurückführen. Der Sinn primärer Rahmen<br />
kann transformiert werden, wenn sie in einen anderen Kontext resp. Rahmen gestellt<br />
werden, z. B. wenn die Ottern kämpfen spielen. Die Handlung stellt nun nicht das dar,<br />
was sie im primären Rahmen bedeutet (Biss), sondern das, was sie im primären Rahmen<br />
bedeuten würde. Für die Transformation stehen bestimmte Konventionen zur Verfügung,<br />
die Goffman als „Modul“ (key) bezeichnet:<br />
„Darunter verstehe ich das System von Konventionen, wodurch eine bestimmte<br />
Tätigkeit, die bereits im Rahmen eines primären Rahmens sinnvoll ist, in etwas transformiert<br />
wird, das dieser Tätigkeit nachgebildet ist, von den Beteiligten aber als etwas<br />
ganz anderes gesehen wird.“ (Goffman, 1993: 55)<br />
Durch Modulation wird etwas systematisch transformiert, das bereits in einem anderen<br />
Rahmen sinnvoll war, sie basiert auf der „Kopie“ einer Handlung(sabfolge) von einem<br />
„Original“ (ebd.). Goffman unterscheidet insgesamt fünf grundlegende Module, so<br />
ist z. B. das „So-Tun-als-ob“ eine Handlung, „die für die Beteiligten eine offene Nachahmung<br />
oder Ausführung einer weniger transformierten Handlung ist, wobei man weiß,<br />
dass es zu keinerlei praktischen Folgen kommt“, (60) und weist in den Bereich der Fiktion.<br />
Primäre Rahmen und Module sind Organisationsformen sozialer Interaktionen, welche<br />
auch durch <strong>Medien</strong> vermittelt werden. Damit der Rezipient erkennen kann, ob und<br />
welche Rahmen und Module jeweils vorliegen, müssen ihm entsprechende Hinweise<br />
vermittelt werden. Rahmungshinweise werden durch die jeweils eingesetzten Gestaltungsmittel<br />
gegeben. In der praktischen <strong>Medien</strong>kommunikation haben sich Gestaltungsstile<br />
etabliert, anhand deren Typik die jeweils gültigen Rahmen für den Zuschauer<br />
erkennbar werden. Genres als Träger spezifischer Gestaltungsstile markieren einerseits<br />
Grenzen, wie etwas durch die <strong>Medien</strong> vermittelbar ist, und andererseits stellen sie als<br />
Rahmen Orientierungsmuster dar, die dem Verstehen von <strong>Medien</strong>informationen und<br />
ihrer Bewertung dienen. Zugleich sind „Genre-Rahmen“ Grenzen der Interpretationsfreiheit<br />
der Zuschauer „für einen ‚aktiven‘ Umgang mit <strong>Medien</strong>erzeugnissen“ (Willems,<br />
2000: 219), d. h. nicht nur das Produkt, sondern auch die Rezeption unterliegt den historisch<br />
gewachsenen Rahmen der Darstellungs- und Interpretationsfreiheit. Die durch<br />
die Rahmen gegebenen Metaanweisungen zum richtigen Verstehen implizieren „eine<br />
objektive Sinnkomplexität (…), die die Theater- und <strong>Medien</strong>akteure ebenso wie deren<br />
500
Pietraß · Gestaltungsmittel als Interpretationshinweise<br />
Publika typischerweise intuitiv verstehen“ (Willems, 2000: 217). Konsequenterweise<br />
könnte die Übertragung bestimmter Darstellungsstile in andere Rahmen als bisher bedeuten,<br />
dass die Zuschauer nun „intuitiv“ den falschen Rahmen zuordnen, einfach weil<br />
bestimmte Gestaltungsmittel und -stile bisher für einen solchen Rahmen verwendet<br />
wurden. In einem solchen Fall könnte der Zuschauer z. B. den gestellten Schaukampf<br />
„Wrestling“ für einen echten Kampf halten, weil die Bewegungen und der Übertragungsstil<br />
wie bei einem echten Boxkampf aussehen (Aufenanger, 1996a) und die Transformation<br />
vom Kampf zum Spiel nicht durch zusätzliche Rahmenhinweise erkennbar<br />
gemacht wird. Ist ein solcher Rahmungsfehler auf die Präsentationsform zu schieben, so<br />
könnte es auch zu Fehlinterpretationen aufgrund begrenzter Kompetenzen der Zuschauer<br />
kommen. Dies ist vor allem ein medienpädagogisches Problem, das hier nicht<br />
verfolgt werden soll.<br />
2.1 Gestaltungsstile als allgemeine Bewertungsrahmen bei Genres<br />
Die durch das Genre gegebenen Rahmen bieten den Zuschauern die Möglichkeit einer<br />
generellen Einstufung von <strong>Medien</strong>botschaften ohne nähere Kenntnis des je spezifischen<br />
Inhalts. Anhand des Gestaltungsstils kann der Zuschauer rasche und wichtige Bewertungen<br />
vornehmen und zu einer sozialen Orientierung aufgrund seiner Genre-Kenntnisse<br />
gelangen. Welche Rolle solche generellen Rahmen-Einstufungen für die Bewertung<br />
von Informationen hinsichtlich ihrer Glaubwürdigkeit spielen, lässt sich mit einer<br />
Untersuchung von Schultheiss und Jenzowsky (2000) zum Infotainment zeigen. Sie<br />
untersuchten die Rolle des Unterhaltungscharakters für den Glaubwürdigkeitsgehalt.<br />
Drei Sendungen aus der Reihe „Reporter“ wurden in Originalversion („starkes Infotainment“)<br />
und als manipulierte Version („schwaches Infotainment“) vorgeführt, bei<br />
der manipulierten Version wurden emotionalisierende Elemente wie Bebilderung und<br />
Hintergrundbild, Musik, Sprache, Sprechstil, Mimik und Gestik herausgenommen. Da<br />
weiterhin zwischen Anmoderation und Beitrag unterschieden wurde, entstanden vier<br />
Untersuchungsgruppen (Originalversion, manipulierte Version, Kombination aus manipulierter<br />
Anmoderation und Originalbeitrag und umgekehrt). Untersucht wurde die<br />
Wirkung von Unterhaltungselementen im Informationsbereich, wobei darunter solche<br />
Elemente verstanden werden, die „nicht zu einer Intensivierung des Informationswertes,<br />
aber zu einer Intensivierung des Unterhaltungswertes und der Emotionalisierung<br />
der Zuschauer beitragen“ (64). Die Untersuchungsergebnisse lassen sich als Hinweis auf<br />
die Bedeutung der genrespezifischen Gestaltungsstile für die Bewertung von Informationen<br />
deuten:<br />
1) So konnte gezeigt werden, dass die Version „starkes Infotainment“, also das nicht<br />
manipulierte Material, gegenüber der schwachen Version weniger glaubwürdig ist.<br />
Dies wurde sowohl hinsichtlich der Glaubwürdigkeit des Moderators wie der Glaubwürdigkeit<br />
des Beitrags nachgewiesen. Da die negative Bewertung der Glaubwürdigkeit<br />
auf einer Ablehnung des Präsentationsstils beruht – der Inhalt selbst war ja<br />
bei beiden Versionen derselbe –, ist zu vermuten, dass die mangelnde Glaubwürdigkeit<br />
auf eine genre-orientierte Bewertung als Interpretation des Gestaltungsstils<br />
zurückgeführt werden kann: Die studentischen Probanden besitzen ein vergleichsweise<br />
hohes Bildungsniveau und, wie die Autoren vermuten, damit verknüpft eine<br />
stark ausgeprägte Ablehnung von „Sensationalismus“ und „Boulevardjournalismus“<br />
(vgl. S. 81). Die in der Originalversion eingesetzten emotionalisierend-affektorientierten<br />
Gestaltungsmittel erinnern aber genau an ein solches Genre und sind für die<br />
Probanden damit ein Zeichen für mindere Glaubwürdigkeit. Insofern stellt sich<br />
501
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
die Frage, ob andere Untersuchungsgruppen mit anderen Geschmackspräferenzen zu<br />
einer gleichen Bewertung gekommen wären, also deren genreorientierte Rahmung<br />
andere Bewertungsmuster enthielte.<br />
2) Der genre-orientierten Bewertung folgend wird weiterhin erklärbar, warum entgegen<br />
der Hypothese, dass das Vorhandensein von Unterhaltungselementen den Unterhaltungswert<br />
steigert, den Untersuchungsteilnehmern jene Sendungen besser gefielen,<br />
die weniger Unterhaltungselemente besaßen. Nach Deutung der Autoren haben<br />
die Probanden die Berichte als „Infotainmentangebot mit primär informierendem<br />
Anspruch“ (Schultheiss/Jenzowsky, 2000: 80) wahrgenommen, also nicht<br />
primär als Unterhaltungs-, sondern als Informationsangebot. Erklärt wird dies mit<br />
dem Effekt der sozialen Erwünschtheit, die Untersuchungsteilnehmer hätten sich auf<br />
ein informatives, weil sozial stärker akzeptiertes Programm eingestellt. Die Untersuchung<br />
war eingeführt worden unter dem Vorwand, dass das Konzept der Sendung<br />
„Reporter“ geändert werden solle – mit dem Ziel, eine neutrale Einstellung bei den<br />
Probanden zu erreichen. Ist die These der sozialen Erwünschtheit richtig, so hatten<br />
die Probanden jedoch keine neutrale Einstellung, sondern eine genre-orientierte,<br />
nämlich auf die Darstellung von Informativität gerichtet. D. h. sie erwarteten von<br />
dem Angebot einen sachlich-informativen Präsentationsstil, wie auch ihre oben beschriebene<br />
Ablehnung des unterhaltenden Präsentationsstils belegt. Mit einer solchen<br />
Erwartung aber ist das Gefallen nicht an den Unterhaltungswert, sondern an den Gestaltungsstil<br />
geknüpft, dessen Emotionalität dann der Erwartung von sachlicher Information<br />
widerspricht.<br />
Die Ergebnisse von Schultheiss/Jenzowsky können als Beleg dafür gedeutet werden,<br />
dass Genres den Zuschauern generelle Orientierungen erlauben, die nicht an den Inhalt<br />
geknüpft sind, sondern an den genrespezifischen Gestaltungsstil. Der Genre-Rahmen<br />
gibt vor, wie über bestimmte Dinge gesprochen wird, wie und von wem diese präsentiert<br />
werden, und ermöglicht so eine rasche Orientierung bei der wachsenden Vielfalt<br />
von Gestaltungsstilen. Insofern erlaubt er generelle Bewertungen und lässt umgekehrt<br />
das Vorhandensein von Geschmackspräferenzen spezifischer Nutzergruppen vermuten.<br />
2.2 Der Rahmen als Hinweis auf Realität oder Fiktion<br />
Ermöglicht die Kenntnis des Genre-Rahmens generelle Bewertungen, wie bezüglich der<br />
Glaubwürdigkeit ausgeführt, so gibt der Rahmen als Modulationsangabe Hinweise auf<br />
die Einordnung eines Ereignisses als real oder fiktional. Weil ein Ereignis häufig nicht<br />
nur einen Rahmen besitzt, insbesondere in den <strong>Medien</strong>, enthält ein Rahmen mehrere<br />
Schichten: Z. B. kann in einem Fernsehkrimi ein Einschub vorliegen, in dem die Schauspieler<br />
einen Ausschnitt aus einem Kinofilm ansehen, hier ist also die Modulation einer<br />
Modulation enthalten. Die äußerste aller Schichten ist der „Rand“ des Rahmens, „der<br />
uns sagt, welchen Status das ganze eigentlich in der äußeren Welt hat“ . In der inneren<br />
Schicht spielt sich das Ereignis ab, das „den Beteiligten gefangennimmt“ (Goffman,<br />
1993: 96). Goffman erklärt am Beispiel der Probe eines Stückes und der Probe eines<br />
Stückes als Inhalt des Drehbuchs, dass es sich zwar in beiden Fällen um Proben, aber um<br />
verschiedene Rahmenränder handelt, einmal um eine Probe für eine Theateraufführung<br />
und im zweiten Fall um eine Theateraufführung. Insofern wird vom Rahmenrand her<br />
die im Rahmen enthaltene Modulation beschrieben, was insbesondere bei solchen Rahmen<br />
wichtig ist, bei denen nicht, wie z. B. bei primären Rahmen, „Rand und innerster<br />
Kern zusammenfallen“ (ebd.). Rahmen seien von diesem äußersten Rand her zu beschreiben,<br />
also als Probe oder als Theater-Rahmen, jedoch, wie Goffman anmerkt, sei<br />
502
Pietraß · Gestaltungsmittel als Interpretationshinweise<br />
nicht zu vergessen, dass „oft nicht der Rahmen als ganzes beschrieben wird, sondern nur<br />
die in ihm enthaltene Modulation“ (S. 97).<br />
Wie wichtig die Kenntnis des Rahmenrandes, also die Kenntnis dessen ist, dass eine<br />
Modulation vorgenommen wurde, lässt sich an den Reaktionen auf das Hörspiel „The<br />
War of the Worlds“ illustrieren (Regie: Orson Welles, 1938; basierend auf dem gleichnamigen<br />
Werk von H. G. Wells, 1898). Aufgrund seines äußerst realistischen Gestaltungsstils<br />
war offensichtlich nicht für alle Hörer erkennbar, dass der Rahmenrand eindeutig<br />
die Fiktionalität des Ereignisses und damit seine Transformation in das Modul<br />
des „So-tun-als-ob“ festlegte (Faulstich, 1981). Ohne Kenntnis der Modulation wirkte<br />
der Beitrag wie ein Bericht über ein reales Geschehen und nicht als das, was er tatsächlich<br />
war: der realitätsnah gestaltete Bericht über ein fiktionales Geschehen.<br />
Da es sich in den <strong>Medien</strong> immer um mehrschichtige Rahmen handelt, weil selbst<br />
primäre Rahmen nur als vermittelte primäre Rahmen erscheinen können, ist die Analyse<br />
der Aufschichtung von Rahmen ein wichtiges Instrument, um die vom Zuschauer zu<br />
erbringenden Verstehensleistungen aufzuschlüsseln. Insbesondere die neuen Programmformate<br />
erzeugen durch ihre unkonventionelle Verwendung von Gestaltungsmitteln<br />
verwirrende Angaben über die bestehende Modulation. Der Rahmenrand, z. B.<br />
die Programmankündigung, Vorspann oder Anmoderation, weist auf die bestehende<br />
Modulation hin. Wenn der Zuschauer nicht von Anfang an zugeschaltet ist, kann er noch<br />
immer die Gestaltungsmittel als Interpretationshilfe dafür nützen, ob eine Modulation<br />
vorliegt. Sind diese jedoch uneindeutig, wie im genannten Fall des Hörspiels, kann die<br />
vorgenommene Modulation unerkannt bleiben und die fiktionale Live-Berichterstattung<br />
über fliehende Menschen als reale Live-Berichterstattung missverstanden werden.<br />
Wie wichtig die Vergewisserung am Rahmenrand ist, wenn nicht eindeutig zuzuordnende<br />
Gestaltungsstile vorliegen, kann aus einer Untersuchung Buckinghams (1996) an<br />
zwei Sendungen abgelesen werden, die einen realistisch wirkenden Gestaltungsstil einsetzten,<br />
deren Inhalt aber fiktional war („Casualties“, eine Unterhaltungsserie aus dem<br />
Krankenhausalltag, und „Ghostwatch“, eine fingierte Geisterjagd). Mit einer Stichprobe<br />
von 72 Kindern (6 bis 16 Jahre) führte er qualitative Interviews zu dem Problem der<br />
Einordnung von Sendungs-Mischformen als real oder fiktional durch. Wie Aussagen aus<br />
den Interviews zeigen, drängt eine hohe Realitätsnähe der Aufnahmen den Zuschauer<br />
zur wiederholten (Selbst-)Vergewisserung darüber, dass es sich tatsächlich um eine Modulation,<br />
also gestellte (!) Aufnahmen handelt und nicht um reales Geschehen. Ein anderes<br />
Thema ist, dass die offensichtlich fiktionalen Ereignisse selbst (Marsmännchen,<br />
Geister) nicht als Hinweis auf die Fiktionalität des Ereignisses erkannt wurden.<br />
Welch große Bedeutung dem Rahmenrand zukommt, lässt sich weiterhin an zwei Studien<br />
von Grimm (1993) und Früh/Kuhlmann/Wirth (1996) zeigen. Grimm prüfte nach,<br />
ob es einen Unterschied macht, wenn ein Film als real („faction“) oder als „Fälschung<br />
mit gestellten Szenen“ („fiction“) angekündigt wird. Zwei verschiedenen Versuchsgruppen<br />
(n = 80) wurde ein äußerst gewalttätiger Filmbeitrag von RTL Explosiv vorgeführt,<br />
in welchem gezeigt wird, wie Menschen Lynchjustiz durchführen und Terroristen<br />
mit Benzin übergießen und verbrennen, einmal als „real“ und einmal als „Fälschung“<br />
angekündigt. Dieser Rahmenhinweis wirkte sich in der Untersuchung signifikant auf<br />
das Bewertungsprofil der gezeigten Szenen aus. Insbesondere am Item „glaubwürdigunglaubwürdig“<br />
wird erkennbar, wie stark die Rezeption des Filmmaterials von der<br />
Ankündigung beeinflusst wird – die Bewertungen beider Versuchsgruppen weichen hier<br />
am stärksten voneinander ab.<br />
Zu einem vergleichbaren Ergebnis kommen Früh/Kuhlmann/Wirth in ihrer Untersuchung<br />
zum Reality TV. Die Forscher interessierten sich für die Einflüsse der drama-<br />
503
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
turgischen Aufbereitung und des Realitätsbezugs dieses Genres auf den subjektiven Unterhaltungs-<br />
und Informationsgehalt der Rezipienten. Im vorliegenden Zusammenhang<br />
ist insbesondere die Frage interessant, inwiefern Realität des Ereignisses den Informationswert<br />
gegenüber seiner vermeintlichen Fiktionalität erhöht, also welchen Einfluss<br />
der als gültig vermutete Rahmen besitzt. Als Untersuchungsmaterial wurden zwei Originalversionen<br />
der RTL-Reihe „Auf Leben und Tod“ gewählt und deren Darstellungsmittel<br />
variiert. Es wurden jeweils verschiedene Versionen eingesetzt, die einmal einen<br />
„mäßigen“ (im Stil Aktenzeichen XY) und einmal einen starken Einsatz an dramaturgischen<br />
Gestaltungsmitteln (Stil des modernen Reality TV) besaßen. Beide Versionen<br />
wurden einmal als real und einmal als fiktional angekündigt, so dass insgesamt vier verschiedene<br />
Versionen vier Untersuchungsgruppen (n = 262) vorgeführt wurden. Die Informationsaspekte<br />
(„kann sich gut über aktuelle Ereignisse informieren“, „…einen recht<br />
genauen Eindruck der Wirklichkeit“, „mehr Einblick in die ‚tragischen Schicksale …<br />
hinter den Ereignissen‘“, „globale Relevanz“, S. 439) trafen in beiden als real angekündigten<br />
Versionen signifikant stärker zu als bei den als fiktional angekündigten Versionen.<br />
Bei beiden Untersuchungen dient damit die Ankündigung als real oder fiktional resp.<br />
gestellt als Orientierungskategorie für die durch die Gestaltungsmittel gegebenen Informationen<br />
und bestimmt die Bewertung des Ereignisses mit. Diese vergewissernde<br />
Funktion des Rahmenrandes ist beim Infotainment vor allem deswegen relevant, weil<br />
der Zuschauer bei dem beim Infotainment bestehenden uneindeutigen Gestaltungsstil<br />
des Ereignisses, also der inneren Rahmenschicht, ebenfalls uneindeutige Rahmungshinweise<br />
erhält. Mit anderen Worten ermöglicht es der Gestaltungsstil des Infotainments,<br />
dass dasselbe Ereignis mit unterschiedlichen Rahmen belegt werden kann, so dass für die<br />
Einordnung des Ereignisses in den richtigen Rahmen der Rahmenrand zur entscheidenden<br />
Deutungshilfe wird, während die Ereignisebene selbst unterschiedlichen Rahmen<br />
(und damit Realität oder Fiktion!) zugeordnet werden könnte.<br />
2.3 Verwirrende Unstimmigkeit zwischen Rahmenrand und innerer Schicht<br />
Der <strong>Medien</strong>nutzer ist am dargestellten Ereignis nicht selbst beteiligt, sondern dessen Beobachter.<br />
Zum Verstehen der Interaktionen und zur korrekten Einordnung in Rahmenbezüge<br />
ist er darauf angewiesen, dass ihm jenes Wissen vermittelt wird, das den am<br />
Rahmen Beteiligten vorliegt und deren gemeinsames Handeln und dessen Bedeutungen<br />
koordiniert. Rahmen in den <strong>Medien</strong> enthalten grundsätzlich verschiedene Rahmenschichten.<br />
So sind die dem Ereignis selbst gegebenen Rahmen von jenem Rahmen zu unterscheiden,<br />
in den es durch die <strong>Medien</strong>darstellung gesetzt wurde: Bei Aufnahmen von<br />
Straßenkämpfen in einem Krisengebiet ist die Verortung in einem Programm, die äußerste<br />
Rahmenschicht, z. B. eine Live-Aufzeichnung in den Abendnachrichten, vom Rahmen<br />
des Ereignisses selbst zu unterscheiden, im genannten Beispiel der primäre Rahmen<br />
des tatsächlich erfolgten Straßenkampfes. Die eingesetzten Gestaltungsmittel (Filmmaterial,<br />
Hinweise des Moderators und Reporters auf die Entstehung der Bilder etc.) enthalten<br />
die entsprechenden Hinweise darauf, ob eine Modulation stattfindet. Gerade bei<br />
Programm-Mischformen kann allerdings eine fehlende Stimmigkeit zwischen Rahmenrand<br />
und Gestaltungsstil der inneren Schicht bestehen, wie im bereits erwähnten Beispiel<br />
Buckinghams, wo die Realitätsnähe der Darstellung so überzeugend war, dass sich<br />
die Zuschauer über die bestehende Modulation (Fiktion) rückversichern mussten.<br />
Bei der oben erwähnten Untersuchung von Grimm (1993) entstand offensichtlich<br />
durch die Ankündigung der gemäßigten und starken Reality TV-Version als „gefälsch-<br />
504
Pietraß · Gestaltungsmittel als Interpretationshinweise<br />
te Aufnahmen“ eine Unstimmigkeit zwischen dem durch die Ankündigung etablierten<br />
Rahmen (Fälschung) und jenem Rahmen, den das Ereignis aufgrund seines realistischen<br />
Gestaltungsstils tatsächlich zu haben schien. Die Bilder von extremer Gewalt und Leid<br />
wirkten auf die Probanden so real (was sie ja tatsächlich auch waren), dass die offenen<br />
Antworten einen erfahrenen Widerspruch zwischen der Realitätsnähe der Darstellung<br />
und dem Hinweis, alles sei nur gestellt, aufweisen:<br />
• „Die Brutalität (…) die ist so realistisch nachgestellt, dass man da schon mitempfinden<br />
kann.“<br />
• „Der Realismus des Verbrennens war schon sehr groß, und ich meine, es ist vielleicht<br />
doch kein Unterschied, ob es eine filmische Darstellung ist oder eine wirkliche Verbrennung,<br />
letztendlich nähern sich die Dinge an.“<br />
• „Es war so eigenartig, ich hab mich immer nur damit beschäftigt, weil da ja stand, es<br />
sei nachgestellt worden, wie haben die das nachgestellt? Das muss ein sehr aufwendiger<br />
Trick gewesen sein…“. (Grimm 1993, S. 24f)<br />
Grimm bringt diese Zitate als Beispiel für den „empathetischen Zwang“, den extreme<br />
Gewalt- und Leiddarstellungen auslösen und „der die Unterscheidung von ‚fiction‘ und<br />
‚faction‘ unterläuft“ (S. 25). Auf kognitiver Ebene jedoch setzen sich die Probanden mit<br />
der Unterscheidung von real und nachgestellt auseinander und messen den „faction“am<br />
„fiction“-Rahmen. Die Angabe „gestellt“ wird von ihnen nicht bezweifelt, und dennoch<br />
erscheint den Probanden die Realitätsnähe der Darstellung aufgrund der Gestaltungsmittel<br />
der inneren Rahmenschicht als „realistisch“, als aufwändig zu präsentieren,<br />
dass es wirkt wie echt. Ohne es zu wissen, erkennen die Versuchspersonen den tatsächlich<br />
vorliegenden primären Rahmen des Gewaltaktes, über dessen Präsentationsstil<br />
Grimm zwar keine Angaben macht, der aber offensichtlich dem entspricht, was die Probanden<br />
als zu realen Informationen passend einstufen. Insofern zeigen die Untersuchungen<br />
von Buckingham und Grimm, wie auch der Fall des Hörspiels „War of the<br />
Worlds“, dass die Gestaltungsmittel einen wichtigen Hinweis für die Einordnung eines<br />
Ereignisses darstellen, es mit einem Wort also durchaus bedeutsam für das Verstehen<br />
und die klare Einordnung von „<strong>Medien</strong>wirklichkeiten“ ist, welchen Gestaltungsstil ein<br />
vermitteltes Ereignis besitzt.<br />
2.4 Täuschungen durch irreführende Rahmenhinweise<br />
Die Untersuchungen Grimms und Frühs veranschaulichen, wie die Anschauung des Ereignisses<br />
unter die gegebene Rahmenangabe gestellt und entsprechend bewertet wird. In<br />
den zuletzt zitierten Aussagen der Untersuchung Grimms aber wird deutlich, dass es lediglich<br />
der Rahmenrand war, der das an Realitätsnähe überbordende Ereignis mit seinem<br />
vermeintlichen Rahmen eines tatsächlichen Geschehens noch in der mit der<br />
Ankündigung „gestellt“ vorgegebenen Begrenzung hielt. Möglich war dies vermutlich<br />
nur aufgrund des Vertrauens auf die Glaubwürdigkeit der Angaben der Versuchsleiter.<br />
Ist dessen Glaubwürdigkeit weniger gesichert, könnte der Gestaltungsstil des Rahmeninneren<br />
ein Hinweis darauf sein, dass eine Täuschung stattfindet. Bezogen auf die<br />
Untersuchung Grimms: Hätten die Probanden Grund gehabt, an der Glaubwürdigkeit<br />
des Hinweises auf gestellte Bilder zu zweifeln, hätten sie ihrem eigenen Augenschein,<br />
der ihnen zeigte, dass die Bilder nicht gestellt sind, stärker vertraut. Nach Goffman wurde<br />
hier eine Täuschung der Untersuchungsteilnehmer vorgenommen, denen vorenthalten<br />
wurde, dass es sich tatsächlich um nicht gestellte Aufnahmen handelte. Auch in der<br />
Untersuchung von Früh/Kuhlmann/Wirth wurde durch die Vorgabe der Fiktionalität<br />
des Untersuchungsmaterials ein Täuschungsmanöver vorgenommen.<br />
505
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
Täuschungen als bewusst herbeigeführte Rahmenvorgaben gehören neben den Modulationen<br />
zur zweiten großen Gruppe der Transformationsformen. An ihnen lässt sich<br />
ex negativo darstellen, worum es in der Rahmen-Analyse geht. Eine Täuschung ist „das<br />
bewußte Bemühen eines oder mehrerer Menschen, das Handeln so zu lenken, daß einer<br />
oder mehrere andere zu einer falschen Vorstellung von dem gebracht werden, was vor<br />
sich geht“ (Goffman, 1993: 98). Während bei Modulationen alle Beteiligten in Kenntnis<br />
dessen sind, welche Transformation jeweils vorliegt, besitzen bei Täuschungsmanövern<br />
nicht alle Beteiligten denselben Kenntnisstand: „… für die Wissenden bei einem Täuschungsmanöver<br />
geht ein Täuschungsmanöver vor sich; für die Getäuschten geht das vor<br />
sich, was vorgetäuscht wird“ (S. 99). Eine getäuschte Person glaubt den Rahmenrand zu<br />
kennen, tatsächlich aber gibt es eine weitere Rahmenschicht. So diente die Begutachtung<br />
der vermeintlichen „Hitler-Tagebücher“ durch Spezialisten hinsichtlich ihrer Authentizität<br />
(Koch, 1990) der Nachprüfung des Verdachts, ob durch Betrug ein weiterer Rahmen<br />
vorläge. Letztendlich entscheidet die Verbindlichkeit des Rahmenrands, in diesem<br />
Fall zunächst des „Stern“, darüber, inwieweit der <strong>Medien</strong>nutzer diesem auch dann vertraut,<br />
wenn das Ereignis selbst dieser Verbindlichkeit zu widersprechen scheint.<br />
Der Getäuschte nimmt Verstehenshinweise für gültig, die, von dieser Kenntnis ist er<br />
aber ausgeschlossen, etwas vorgeben, was nicht tatsächlich stattfindet. Bei Gewahrwerden<br />
eines Täuschungsmanövers bricht für die getäuschte Person das, was „vorher für sie<br />
noch Wirklichkeit war“, in sich zusammen (Goffman, 1993: 99). Insofern erhebt sich<br />
die Frage, wie die Untersuchungsteilnehmer der Untersuchungen von Grimm und<br />
Früh/Kuhlmann/Wirth die Inhalte bewertet hätten, wäre ihnen die Existenz der weiteren<br />
Rahmenebene (Manipulation durch die Versuchsleiter) bekannt gemacht worden.<br />
Die in den oben zitierten offenen Antworten bei Grimm deutlich geäußerten Zweifel<br />
daran, dass die Aufnahmen gestellt sind, zeigen wie gesagt, dass in Anschauung des Ereignisses<br />
die vorgegebene Modulation akzeptiert wurde, dies aber auf die Glaubwürdigkeit<br />
der Versuchsleiter zurückzuführen ist. Tatsächlich nähren Unstimmigkeiten<br />
zwischen Rahmenrand und innerer Schicht den Verdacht auf zusätzlich bestehende<br />
Rahmenebenen. Arthur Schütz, der Anfang des letzten Jahrhunderts mit seinen „Grubenhund-Attacken“<br />
die österreichische Presse hinter das Licht führte, beherrschte es<br />
ausgezeichnet, eine stilistische Stimmigkeit zwischen dem (vorgegebenen) Rahmenrand<br />
sowie der Darstellung des Ereignisses herzustellen (Schütz 1996; Wagner, 1996: 169ff).<br />
Schütz‘ Mittel waren die Erzeugung eines seriösen Eindrucks der (fingierten) Nachrichtenquelle,<br />
also einem Bestandteil des Rahmenrandes, und des Stils, in dem das Ereignis<br />
präsentiert wurde. Er achtete dabei nicht nur auf Name und Stand des Absenders,<br />
sondern auch auf deren stilistische Stimmigkeit (äußere Form und Stil der Zuschrift,<br />
Thema und Tonfall) mit dem Kommunikat resp. Rahmeninneren (vgl. Wagner, 1996:<br />
129ff) und konnte so gänzlich unsinnige Inhalte glaubwürdig erscheinen lassen. In der<br />
neueren Zeit wurde der Journalist Michael Born (1997) mit seinen Fälschungen auffällig,<br />
bei denen er gestelltes Bildmaterial bereitstellte, um Beiträgen eine größere Brisanz<br />
und Glaubwürdigkeit zu verleihen. Wird jedoch ein „Fake“ (Born, 1998) aufgedeckt, so<br />
wird der Rahmenrand der betrügerischen Inszenierung sichtbar, und alles, was vorher<br />
die Glaubwürdigkeit für den Getäuschten belegte, kann jetzt nur noch als „gut gemacht“<br />
erscheinen.<br />
Gerade dadurch, dass Aussagen in den <strong>Medien</strong> immer noch eine eigene, durch die Vermittlung<br />
bedingte Rahmung besitzen, sind sie für Täuschungsmanöver anfällig. Der<br />
Nutzer muss darauf vertrauen, dass die ihm für ein Ereignis als gültig angegebene Rahmung<br />
richtig ist und keine weiteren Rahmen existieren. Eine fehlende Übereinstimmung<br />
zwischen Rahmenrand und innerer Schicht ist für den Zuschauer ein Hinweis auf feh-<br />
506
Pietraß · Gestaltungsmittel als Interpretationshinweise<br />
lende Glaubwürdigkeit. Aufgrund der Bedeutung des Rahmenrandes für die Sicherung<br />
des Status einer Aussage kommt diesem, auch bei fehlender Übereinstimmung zwischen<br />
beiden Schichten, eine wesentliche Bedeutung für die Glaubwürdigkeit zu. Gemäß der<br />
Vermischung von Sachlichkeit und Inszenierung beim Infotainment ist der denkbare<br />
Fall einer Täuschung die Nachstellung von Ereignissen unter der Vorgabe dessen, dass<br />
keine Modulation bestehe, also der Vorgabe von Authentizität. Allerdings ist die Voraussetzung<br />
hierfür die Glaubwürdigkeit der Quelle, da sie das Vorhandensein weiterer<br />
Rahmenschichten ausschließen muss. Es zeigt sich also, wie wichtig es ist, dass der Zuschauer<br />
sich nicht durch die Quelle zu vorschnellen Rahmungen verführen lässt, auch<br />
wenn Inhalt und Gestaltungsstil sozusagen von innen her den Rahmenrand fragwürdig<br />
machen können. Für die Untersuchung des Infotainments bedeutet dies, dass die Wirkung<br />
der eingesetzten Gestaltungsmittel nicht allein auf das Untersuchungsmaterial,<br />
sondern auch auf das Genre, die Anmoderation oder den Untersuchungsleiter zurückgeführt<br />
werden kann.<br />
3. Schluss<br />
Die vorliegend diskutierte Fragestellung betraf die Bedeutung der Gestaltungsmittel für<br />
die Einordnung von <strong>Medien</strong>botschaften. Aktuelle Relevanz erhält sie aufgrund der Entstehung<br />
neuer Programmformate, die unterhaltende und informierende, „authentisierende“<br />
und „fiktionalisierende“ Gestaltungsmittel (Pietraß, 2002) vermischen. Zur<br />
Klärung dieser Frage wurde der Ansatz Goffmans herangezogen und die Bedeutung der<br />
formalen Gestaltungsmittel unter rahmenanalytischer Perspektive an Beispielen erläutert.<br />
Folgende Schlussfolgerungen können hinsichtlich der orientierenden Rolle der Gestaltungsmittel<br />
für das Infotainment abgeleitet werden:<br />
• Genres zeichnen sich durch spezifische Gestaltungsstile aus, anhand deren Typik es<br />
den Rezipienten möglich ist, generelle Bewertungen vorzunehmen. Insofern können<br />
Bewertungen von Probanden auf solche typischen Einstufungen zurückzuführen<br />
sein. Z. B. wird bestimmten Probanden(gruppen) Reality TV grundsätzlich als weniger<br />
glaubwürdig erscheinen als Nachrichten der öffentlich-rechtlichen Anbieter.<br />
Nicht die Unterhaltsamkeit aufgrund der Wirkung emotional-affektorientierter Gestaltungsmittel<br />
würde danach eine mindere Glaubwürdigkeit bedingen, sondern die<br />
emotional-affektorientierten Gestaltungsmittel würden als Hinweis auf eine weniger<br />
seriös erscheinende Berichterstattung gedeutet werden. Notwendig ist es hier zu untersuchen,<br />
inwiefern solche aufgrund des Genres vollzogenen ästhetischen Bewertungen<br />
in Abhängigkeit von Rezipientenmerkmalen stehen.<br />
• Der Rahmenrand gibt hinsichtlich der Einordnung von <strong>Medien</strong>botschaften als real<br />
oder fiktional, als authentisch oder gestellt etc. den Ausschlag gebenden Hinweis. Für<br />
Programm-Mischformen lässt sich daraus ableiten, dass redaktionelle Angaben darüber,<br />
ob Bilder authentisch oder gestellt sind, unerlässlich sind. Wie anhand der genannten<br />
Beispiele zum Realitäts- und Informationsgehalt gezeigt wurde, beeinflusst<br />
diese Angabe die Bewertung von <strong>Medien</strong>botschaften maßgeblich mit. Gerade beim<br />
Infotainment scheint sie wichtig, da sein zwischen Informations- und Unterhaltungsgenre<br />
schwankender Gestaltungsstil klare Interpretationshinweise verwischt.<br />
• Uneinheitlichkeiten zwischen Rahmenrand und innerer Schicht können ein Hinweis<br />
darauf sein, dass der vermeintliche Rahmen nicht korrekt ist. Besitzt jedoch die Informationsquelle<br />
resp. der Rahmenrand eine hohe Glaubwürdigkeit, so wird der erkennbare<br />
Bruch zugunsten der Quelle entschieden, was sich z. B. an jenen Untersuchungen<br />
zeigt, bei denen der Versuchsleiter für die Glaubwürdigkeit der Modulati-<br />
507
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
onsangabe (real oder fiktional resp. gestellt) bürgte. Die Bewertung von Inhalten aufgrund<br />
der formalen Gestaltungsmittel ist in Konsequenz auch von der Seriosität der<br />
Rahmenangaben abhängig. Täuschungen allerdings kann der Zuschauer nicht innerhalb<br />
des Rahmens, sondern durch Einbezug außerhalb des Rahmens liegender Informationen<br />
aufdecken – was nicht nur auf notwendige Kompetenzen der Nutzer, sondern<br />
auch die Verantwortung der Produzenten verweist.<br />
Literatur<br />
Aufenanger, Stefan (1996): Lustige Gewalt? München: Fischer.<br />
Aufenanger, Stefan (1996a): „Also manchmal denk’ ich, daß es gut wäre, wenn ich auch so kämpfen<br />
könnte – wie Kinder und Jugendliche Wrestling-Sendungen rezipieren. In: Bachmair, Ben/<br />
Kress, Gunther (Hrsg.): Höllen-Inszenierung Wrestling. Opladen: Leske + Budrich, S. 87 – 99.<br />
Bateson, Gregory (1981): Ökologie des Geistes. Frankfurt: Suhrkamp.<br />
Born, Michael (1997): Wer einmal fälscht … Köln: Kiepenheuer & Witsch.<br />
Buckingham, David (1996): Moving images. Manchester University Press.<br />
Faulstich, Werner (1981): Radiotheorie. Tübingen: Gunter Narr.<br />
Früh, Werner/Kuhlmann, Christoph/Wirth, Werner (1996): Unterhaltsame Information oder informative<br />
Unterhaltung? Zur Rezeption von Reality-TV. Publizistik 41, S. 428 – 451.<br />
Goffman, Erving (1993): Rahmen-Analyse. Frankfurt: Suhrkamp.<br />
Göttlich, Udo/Nieland, Jörg-Uwe/Schatz, Heribert (1998): In: dies. (Hrsg.): Kommunikation im<br />
Wandel. Köln: Herbert von Halem, S. 7 – 19.<br />
Grimm, Jürgen (1993): Vom wahren Schrecken. <strong>Medien</strong> praktisch 17 (1), S. 22 – 26.<br />
Hömberg, Walter (1992): Arthur Schütz – Person und Werk. In: Schütz, Arthur: Der Grubenhund<br />
(hrsg. von Walter Hömberg): München: Reinhard Fischer, S. 9 – 30.<br />
Kepplinger, Hans Matthias (1992): Ereignismanagement. Zürich: Edition Interform.<br />
Koch, Peter-Ferdinand (1990): Der Fund. Hamburg: Facta Oblita.<br />
Mikos, Lothar (2000): Big Brother als performatives Realitätsfernsehen. In: Big Brother. Münster:<br />
LIT, S. 161 – 178.<br />
Mikos, Lothar (2001): Rezeption und Aneignung. In: Rössler, P./Hasebrink, U./Jäckel, M. (Hrsg.):<br />
Theoretische Perspektiven der Rezeptionsforschung. München: Reinhard Fischer, S. 59 – 72.<br />
Mukařovsky, Jan (1970): Kapitel aus der Ästhetik. Frankfurt: Suhrkamp.<br />
Pietraß, Manuela (2001): Die Differenzierung medialer Wirklichkeiten bei der Bildrezeption. In:<br />
Baum, Achim/Schmidt, Siegfried (Hrsg.): Fakten und Fiktionen. Konstanz: UVK Verlagsgesellschaft,<br />
S. 367 – 378.<br />
Pietraß, Manuela (2002): Bild und Wirklichkeit. Opladen: Leske + Budrich (im Druck).<br />
Schultheiss, Britta M./Jenzowsky, Stefan A. (2000): Infotainment: Der Einfluss emotionalisierendaffektorientierter<br />
Darstellung auf die Glaubwürdigkeit. <strong>Medien</strong> & <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong><br />
48. Jg., Heft 1, S. 63 – 84.<br />
Schütz, Arthur (1996): Der Grubenhund. In ders.: Der Grubenhund (hrsg. von Walter Hömberg).<br />
München: Reinhard Fischer, S. 31 – 105.<br />
Soeffner, Hans Georg (1989): Auslegung des Alltags – Der Alltag als Auslegung. Frankfurt: Suhrkamp.<br />
Theunert, Helga/Schorb, Bernd (1995): „Mordsbilder”. Berlin: Vistas.<br />
Wagner, Hans (1996): Das Fach-Stichwort: Das Grubenhund-Gesetz – Die Rationalität sozialer<br />
Orientierung. In: Schütz, Arthur: Der Grubenhund (hrsg. von Walter Hömberg). München:<br />
Reinhard Fischer, S. 119 – 192.<br />
Wegener, Claudia (1994): Reality-TV. Opladen: Leske + Budrich.<br />
Willems, Herbert (1997): Rahmen und Habitus. Frankfurt: Suhrkamp.<br />
Willems, Herbert (2000): <strong>Medien</strong>produktion, <strong>Medien</strong>produkt und <strong>Medien</strong>rezeption. <strong>Medien</strong> &<br />
<strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong> 48. Jahrgang, Heft 2, S. 212 – 225.<br />
Winter, Rainer (2000): Die Hoffnung auf Sex. Zur Wirklichkeitskonstruktion in Big Brother. Sonderheft<br />
der Zeitschrift medien praktisch Nr. 3, S. 61 – 66.<br />
508
Pietraß · Gestaltungsmittel als Interpretationshinweise<br />
Winterhoff-Spurk, Peter/Heidinger, Veronika/Schwab, Frank (1994): Reality TV. Saarbrücken:<br />
Logos-Verlag.<br />
Wirth, Werner (2000): Infotainment. In: Paus-Haase, Ingrid / Schnatmeyer, Dorothee / Wegener,<br />
Claudia (Hrsg.): Information, Emotion, Sensation. Bielefeld, S. 62 – 91.<br />
509
Das Ende der Gemeinsamkeiten?<br />
Folgen der Internetnutzung für den medialen Thematisierungsprozess<br />
Mirko Marr<br />
BERICHTE<br />
Mit der Zunahme und Ausdifferenzierung der <strong>Medien</strong>angebote wächst die Gefahr einer<br />
fragmentierten und individualisierten <strong>Medien</strong>nutzung und einer daraus resultierenden<br />
Beeinträchtigung des massenmedialen Thematisierungsprozesses. Auf der Basis eines<br />
Agenda-Setting-Designs fragt die in der Schweiz durchgeführte Studie nach der Rolle des<br />
Internets als Parademedium für Angebotsausdifferenzierung und individualisierte Nutzung<br />
in diesem Prozess. Sie ermittelt deutliche Unterschiede zwischen <strong>Medien</strong>- und<br />
Publikumsagenden. Gleichzeitig kann mit den gewonnenen Daten die Internetnutzung<br />
als Ursache dieser Agendenklüfte ausgeschlossen werden.<br />
Keywords: Desintegration, Fragmentierung, Agenda-Setting, Online-Kommunikation,<br />
Agenda Setting, <strong>Medien</strong>nutzung, Internetnutzung, <strong>Medien</strong>agenda, Publikumsagenda<br />
1. Einleitung<br />
„La suisse n’existe pas“. Mit diesem kryptischen Slogan empfing die Schweiz die Besucher<br />
ihres Pavillons auf der Weltausstellung von 1992 in Sevilla und löste damit vor<br />
allem im eigenen Land reichlich Irritationen aus. Die Subversion der Parole bestand<br />
darin, dass sie, indem sie die Existenz der Schweiz in Frage stellte, eine Diskussion über<br />
das auslöste, was die Schweiz eigentlich sei, und allein damit die Antwort selbst produzierte.<br />
Was die Schweiz zusammenhält, lässt sich angesichts der nationalen Vielfalt, Widersprüchlichkeit<br />
und Multikulturalität nur unzureichend mit dem Rückgriff auf<br />
„natürliche“ Grundlagen wie Sprache, Geographie, Geschichte oder Kultur bestimmen.<br />
Ihre wahre Identität bezieht die Schweiz als „Willensnation“ aus der permanenten Auseinandersetzung<br />
mit ihrer Identität und der dabei stattfindenden Selbstvergewisserung.<br />
„Viele kulturelle, soziale und politische Ereignisse und Entscheidungen werden unter<br />
dem Aspekt betrachtet: Fördert oder gefährdet dies den Zusammenhalt der Nation, der<br />
Sprachgruppe oder des Landesteils?“ (Jarren 2000: 25) In diesem Sinne existiert die<br />
Schweiz nur insofern, als es ihr gelingt, sich in einem kontinuierlichen Integrationsdiskurs<br />
ihrer übergreifenden Gemeinsamkeiten zu vergewissern.<br />
Es liegt auf der Hand, dass ein solcher Integrationsdiskurs ausgesprochen fragil ist und<br />
nur auf Dauer gestellt werden kann, wenn es gelingt, ihn zu institutionalisieren. Die wohl<br />
spektakulärste Form einer solchen Institutionalisierung ist die alle 25 Jahre stattfindende<br />
Landesausstellung. Mit ihr gönnt sich jede Generation einen öffentlichen Anlass, der<br />
ihr die Gelegenheit zu einer umfassenden Selbstreflexion und nationalen Standortbestimmung<br />
bietet. Die Expo des Jahres 2002 hat diese Funktion auf exemplarische Weise<br />
erfüllt, obwohl oder gerade weil im Vorfeld der Sinn einer solchen Veranstaltung bis zum<br />
Beinaheabbruch in Frage gestellt wurde und obwohl oder gerade weil sich einige Westschweizer<br />
Kantone eher kritisch zu ihr ins Verhältnis setzten.<br />
Als weniger spektakulär, dafür aber kontinuierlicher und nachhaltiger muss die Leistung<br />
des nationalen <strong>Medien</strong>systems für die Aufrechterhaltung des Integrationsdiskurses<br />
erachtet werden. Die von den Massenmedien hergestellte Öffentlichkeit konstituiert<br />
seinen wichtigsten Austragungsort und garantiert seine Zugänglichkeit und Transparenz.<br />
Darüber hinaus tragen Massenmedien zur Steuerung dieses Diskurses bei, indem<br />
510
Marr · Das Ende der Gemeinsamkeiten?<br />
sie auf der Basis von Selektionsentscheidungen und Relevanzzuweisung eine Fokussierung<br />
der öffentlichen Aufmerksamkeit auf prioritäre Themen ermöglichen. Umso verständlicher<br />
ist es, dass einem möglichen Zerfall dieser Öffentlichkeit und einer Beeinträchtigung<br />
der Thematisierungs- und Orientierungsfunktion der Massenmedien, wie er<br />
mit der Ausweitung und Ausdifferenzierung des medialen Angebotes droht, hierzulande<br />
große Aufmerksamkeit geschenkt wird. Dies wird bei der gerade laufenden Debatte<br />
um die Novellierung des Bundesgesetzes über Radio und Fernsehen deutlich, in der Integration<br />
als Leistung des Rundfunks immer wieder eingefordert wird (vgl. Donges 2002).<br />
Mit dem Internet, dessen Verbreitung in der Schweiz mit vergleichsweise hoher Geschwindigkeit<br />
erfolgt (vgl. Bonfadelli/Marr 2002), kommt es ähnlich wie mit dem privaten<br />
Rundfunk zu einer weiteren Zunahme des zur Verfügung stehenden Angebotes,<br />
das mehrheitlich von Anbietern zur Verfügung gestellt wird, die unabhängig von journalistischen<br />
Berufsnormen oder Qualitätsstandards und vor allem jenseits irgend eines<br />
nationalen Integrationsanspruches operieren. Dessen ungeachtet blieb das neue Medium<br />
vom Vorwurf der Dysfunktionalität für den Integrationsdiskurs bisher weitgehend verschont.<br />
Stattdessen setzen die staatlichen Akteure auf die durch das Internet entstehenden<br />
Möglichkeiten des E-Government und deshalb auf eine möglichst schnelle und<br />
flächendeckende Implementierung der neuen Technologie (vgl. Schweizerischer Bundesrat<br />
1998). Desintegrative Gefahren werden allein in der unvollständigen und demographisch<br />
ungleichmäßigen Diffusion der neuen Technologie und der daraus resultierenden<br />
Digitalen Spaltung gesehen (vgl. Koordinationsgruppe Informationsgesellschaft<br />
2001, Saxer 2002).<br />
Vor diesem Hintergrund geht die folgende Studie der allgemeinen Frage nach, welche<br />
negativen Folgen das Internet für die durch Massenmedien geleistete gesellschaftliche<br />
Integration zeitigt. Dabei konzentriert sie sich auf mögliche Beeinträchtigungen, die sich<br />
aus der Nutzung des Netzmediums für die gemeinsame Themenorientierung des Publikums<br />
ergeben. Zunächst wird an Hand vorliegender theoretischer Positionen diskutiert,<br />
worin der Desintegrationsverdacht gegen das Internet besteht und inwiefern sich dieser<br />
erhärten lässt. Anschließend erfolgt eine empirische Überprüfung dieses Verdachtes auf<br />
der Basis einer Agenda-Setting-Untersuchung. Ungeachtet der dabei vorgenommenen<br />
Fokussierung auf die besondere Situation in der Schweiz dürften die gewonnenen Befunde<br />
auch über die Landesgrenzen hinaus von Interesse sein. Schließlich stellt sich unter<br />
dem Eindruck von Globalisierung oder Europäisierung die Frage nach der eigenen<br />
Identität und ihrer medialen Absicherung im Internetzeitalter mittlerweile auch für solche<br />
Nationen, die sich bisher keine Gedanken darüber machen mussten, ob es sie wirklich<br />
gibt.<br />
2. Das Internet unter Desintegrationsverdacht<br />
Die Erwartungen an die Integrationsleistungen der Massenmedien sind zahlreich und<br />
vielfältig, leiden aber in den meisten Fällen an einer Überschätzung des Wirkungspotenzials<br />
der <strong>Medien</strong> (vgl. Rühl 1985, McQuail 1994, Jarren 2000). Zu den wenigen realistischen<br />
Forderungen können dagegen jene gezählt werden, die von der Presse, dem<br />
Radio und dem Fernsehen eine Fokussierung der Aufmerksamkeit des Publikums auf<br />
relevante gesellschaftliche Fragestellungen und Themen erwarten. Insbesondere im<br />
Rahmen der Agenda-Setting-Forschung hat die Publizistik<strong>wissenschaft</strong> eine Reihe von<br />
empirischen Belegen für die tatsächliche Erbringung solcher Thematisierungsleistungen<br />
geliefert (vgl. u. a. Brosius 1994, Rössler 1997a). Die Notwendigkeit dieser Themenfokussierung<br />
durch die Massenmedien wächst in dem Maße, in dem die Ausdifferen-<br />
511
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
zierung und Individualisierung der Gesellschaft voranschreitet, und die Bedeutung,<br />
Reichweite und Verbindlichkeit traditioneller Vermittlungsinstanzen erodieren<br />
(vgl. Jarren 1994b). Da aber das Angebot der <strong>Medien</strong> und seine Nutzung ebenfalls Tendenzen<br />
der Ausdifferenzierung und Individualisierung unterliegen, sinkt die Wahrscheinlichkeit,<br />
dass die Massenmedien ihrer Thematisierungsfunktion gerecht werden<br />
können. Langfristig würden dadurch die Massenmedien selbst von Erosionsprozessen<br />
erfasst. „Der Raum, in dem eine gemeinsame Agenda politischer Prioritäten ausgehandelt<br />
wird, der damit zugleich auch Identifikationsmöglichkeiten bietet und so das<br />
Zusammengehörigkeitsgefühl fördert und identitätsstiftend wirkt, droht […] an Bedeutung<br />
zu verlieren und seine Funktion einzubüßen“ (Holtz-Bacha 1997: 17).<br />
In der Publizistik<strong>wissenschaft</strong> untersucht man diese Tendenz, die vor allem mit der<br />
Deregulierung im Rundfunkbereich sichtbar wurde (vgl. u. a. die Beiträge in Jarren<br />
1994a), unter dem Etikett der Kettenhypothese zur Fragmentierung des Publikums<br />
(vgl. Holtz-Bacha/Peiser 1999). Unter dem Eindruck einer zunehmenden Ausdifferenzierung<br />
und einer verstärkten Zielgruppenorientierung des <strong>Medien</strong>angebotes und im<br />
Anschluss an die in der Soziologie geführte Individualisierungsdebatte (vgl. Beck 1994,<br />
Schroer 2000) geht man dabei wahlweise von einer Fragmentierung oder von einer<br />
Polarisierung des Publikums durch die differenzierte Nutzung der neuen Vielfalt aus<br />
(vgl. u. a. Neuman 1991, Hasebrink 1994, McQuail 1997, Schulz 1999, Handel 2000).<br />
Die daraus resultierende Zersplitterung führe in einem nächsten Schritt dazu, „dass das<br />
Publikum immer weniger gemeinsame medial vermittelte Erfahrung macht“ (Holtz-<br />
Bacha/Peiser 1999: 41). Sofern gesellschaftliche Integration auf dem „gleichartigen Tun,<br />
dem Wissen davon und der Kommunikation darüber [beruht]“ (Krotz 1999: 361), hat<br />
Fragmentierung und Polarisierung langfristig die Tendenz, desintegrativ zu wirken (vgl.<br />
Heuser 1996, McQuail 1997, Schulz 1997). Eine Beeinträchtigung der Thematisierungsfunktion<br />
wäre dann gegeben, wenn die Schnittmenge zwischen den Themenagenden der<br />
<strong>Medien</strong> und des Publikums abnimmt und sich im Zuge dessen „diese Themenagenden<br />
so sehr unterscheiden, dass Anschlusskommunikationen ausbleiben“ (Jäckel 1999: 14).<br />
Mit dem Internet, seiner raschen Diffusion und seiner hohen Akzeptanz bei den Nutzern<br />
einerseits, mit seiner geringen Allgemeinverbindlichkeit, der unüberschaubaren<br />
Menge an bereitstellbaren Informationen und den spezifischen Möglichkeiten ihrer Selektion<br />
sowie seiner individualisierten Nutzung andererseits ist den herkömmlichen<br />
Massenmedien und ihrer Thematisierungsfunktion eine Konkurrenz entstanden, auf die<br />
sich der Verdacht der Desintegration, wie er im Rahmen der Kettenhypothese zur Fragmentierung<br />
des Publikums formuliert wurde, übertragen lässt. Insofern ist es nicht überraschend,<br />
dass dieser Verdacht in der <strong>wissenschaft</strong>lichen Diskussion um die Chancen<br />
und Risiken der neuen Technologie immer wieder auftaucht (vgl. u. a. Rössler 1997b und<br />
1998, Schulz 1997, Krotz 1999, Wirth/Schweiger 1999, Neuman 2000, Lievrouw 2001,<br />
Bonfadelli/Marr 2002).<br />
Eine viel beachtete Ausformulierung dieses Desintegrationsverdachtes gegen das Internet<br />
stammt von Cass Sunstein, einem angesehenen Juristen der University of Chicago,<br />
und soll hier beispielhaft skizziert werden. Unter dem Titel „The Daily We“ präsentierte<br />
Sunstein im Sommerheft 2001 des Boston Review 1 den Vorabdruck eines Kapitels<br />
aus seinem 2002 erschienenen Buch republic.com. Ausgangspunkt der dort ent-<br />
1 Im gleichen Heft findet sich eine ausgiebige Diskussion namhafter Experten zum Beitrag und<br />
zu den Thesen von Sunstein. Eine Zusammenfassung der Debatte liefert James Fallows in ‚The<br />
New York Review of Books’: http://www.nybooks.com/articles/15180.<br />
512
Marr · Das Ende der Gemeinsamkeiten?<br />
wickelten Argumentation sind zwei Prämissen, die der Autor als unabdingbar für den<br />
demokratischen Prozess erachtet.<br />
„First, people should be exposed to materials that they would not have chosen in<br />
advance. Unanticipated encounters, involving topics and points of view that people have<br />
not sought out and perhaps find irritating, are central to democracy and even to freedom<br />
itself. Second, many or most citizens should have a range of common experiences. Without<br />
shared experiences, a heterogeneous society will have a more difficult time addressing<br />
social problems and understanding one another“ (Sunstein 2001: 4).<br />
Im Internet sieht der Autor nun eine Technologie, die diese Prämisse maßgeblich ins<br />
Wanken bringe. Die Bedrohung erwachse aus der technischen Möglichkeit, durch vordefinierte<br />
Filterprozesse (‚Daily Me’) nur noch mit solchen Informationen und Themen<br />
konfrontiert zu werden, die den individuellen Interessen entsprechen und allein auf die<br />
persönlichen Bedürfnisse der Nutzer zugeschnitten sind. Damit sinke die Wahrscheinlichkeit<br />
von unvorhergesehenen Begegnungen und gemeinsamen Erfahrungen. Sunstein<br />
betont, dass das Phänomen interessengesteuerter <strong>Medien</strong>nutzung nicht neu sei, konstatiert<br />
aber angesichts des Internets „a difference of degree if not of kind“. Diese Differenz<br />
bestehe in dem gegenläufigen Prozess eines „dramatic increase in individual control<br />
over content, and a corresponding decrease in the power of general interest intermediaries,<br />
including newspapers, magazines, and broadcasters“ (Sunstein 2001: 4). Dies<br />
bedeute, dass die Errungenschaft des „Daily Me“ langfristig zum Verlust des „Daily<br />
We“ führe und damit ein Ende der Gemeinsamkeiten drohe.<br />
Wer sich selbst schon einmal sein Informationsmenü durch einen technischen Dienst<br />
im Internet zusammenstellen ließ, der weiß, dass der Kontakt mit Themen außerhalb des<br />
vordefinierten Interessengebietes wesentlich wahrscheinlicher ist als die Chance, wirklich<br />
auf das zu stoßen, was man erwartet. Insofern ist das „Daily Me“ bei Sunstein mehr<br />
eine Metapher als ein Grund zur Beunruhigung. Betrachtet man aber die von individuellen<br />
Interessen gesteuerte Internetnutzung und den schwindenden Einfluss von General-Interest-<strong>Medien</strong><br />
als Kern seines Desintegrationsverdachtes, so werden die Parallelen<br />
zur Fragmentierungsdebatte evident.<br />
3. Relativierung des Desintegrationsverdachtes<br />
Gegen die Annahme einer Bedrohung der bisher von den Massenmedien hergestellten<br />
Öffentlichkeit und damit auch der mit dieser Herstellung verbundenen Thematisierungsfunktion<br />
durch das Internet, lassen sich zwei grundsätzliche Argumente ins Feld<br />
führen, die den Verdacht zwar nicht völlig ausräumen, allerdings deutlich relativieren<br />
können.<br />
Zum einen hat sich im Zuge der Forschung zur Fragmentierung des Publikums durch<br />
die Angebotszunahme des Fernsehens gezeigt, dass sich ungeachtet der empirisch nachweisbaren<br />
Verstreuung der Rezipienten auf die vielen neuen und zielgruppengerechten<br />
Programme und Sendungen zahlreiche Überlappungen in den individuellen <strong>Medien</strong>menus<br />
feststellen lassen (vgl. Jäckel 1996, Hasebrink 1997). Somit ist die Chance auf gemeinsame<br />
medienvermittelte Erfahrung auch unter der Bedingung der Publikumsfragmentierung<br />
weiterhin gegeben, und es darf gezweifelt werden, ob sich mit dem Internet<br />
daran etwas ändert (vgl. Krotz 1999). Zurückhaltung ist in diesem Zusammenhang auch<br />
gegenüber der Erwartung eines hyperaktiven Publikums angebracht (vgl. Schönbach<br />
1997), das nicht nur in der Argumentation Sunsteins implizit unterstellt wird.<br />
Zum anderen gilt bei aller Faszination für die neue Technologie, „dass die virtuelle<br />
Welt der Netze keinen isolierten Raum darstellt, sondern einen, der zu den überkom-<br />
513
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
menen Formen von Öffentlichkeit hinzutritt und von ihnen eingebettet wird“ (Winkel<br />
2001: 154). Olaf Winkel, von dem dieses Zitat stammt, sieht in einer solchen Position ein<br />
Charakteristikum, mit dem sich ein pragmatischer Neutralismus im <strong>wissenschaft</strong>lichen<br />
Umgang mit den interaktiven <strong>Kommunikations</strong>technologien von den einseitigen Argumentationen<br />
der Netzoptimisten und der Netzpessimisten gleichermaßen abgrenzen<br />
lässt (vgl. Winkel 2001) 2 . „Die Relevanz neuer <strong>Kommunikations</strong>technologien muss also<br />
stets vor dem Hintergrund der Wirkungen traditioneller <strong>Medien</strong> betrachtet werden, die<br />
nach wie vor existieren“ (Rössler 1999: 149 f.). Allein von den spezifischen Merkmalen<br />
des Internets wie etwa die Angebotserweiterung oder die Selektionsmodalitäten auf<br />
mögliche Folgen für den gesellschaftlichen Thematisierungsprozess zu schließen, greift<br />
deshalb zu kurz. Zu beachten sind die Wechselwirkungen mit dem bestehenden <strong>Medien</strong>ensemble<br />
(vgl. Jarren 1998) und die forschungslogische Notwendigkeit, erwartbare Effekte<br />
relational und nicht absolut zu bestimmen.<br />
Beide Relativierungen des Desintegrationsverdachtes lassen die Schlussfolgerung zu,<br />
dass der Einfluss des Internets auf die Thematisierungsfunktion der Massenmedien<br />
maßgeblich davon abhängt, welche Stellung das Internet im <strong>Medien</strong>nutzungsmenü der<br />
User einnimmt und welche Folgen dies für die Nutzung der herkömmlichen <strong>Medien</strong> hat.<br />
Innerhalb der Forschung wird das Verhältnis von neuen und alten <strong>Medien</strong> unter dem<br />
Gegensatz der substitutiven oder komplementären Nutzung diskutiert (vgl. Hagen<br />
1998). Die Ergebnisse dazu fallen bisher widersprüchlich aus. Während Nie und Erbring<br />
(2000) in einer amerikanischen Studie substitutive Nutzungstendenzen auf Kosten des<br />
Fernsehens und in etwas geringerem Maße auf jene der Zeitungslektüre feststellen, zeigt<br />
ein ebenfalls in den USA über den Zeitraum von fünf Jahren durchgeführter Längsschnittvergleich<br />
der <strong>Medien</strong>nutzung von Usern und Non-Usern, dass diese sich in der<br />
Nutzung traditioneller <strong>Medien</strong> kaum unterscheiden (vgl. Stempel/Hargrove/Bernt<br />
2000). Auch die regelmäßig durchgeführte ARD/ZDF-Online Studie kann bisher keine<br />
Substitutionseffekte erkennen. Stattdessen gehen ihre Autoren davon aus, „dass die Zeit,<br />
die insgesamt mit <strong>Medien</strong> verbracht wird, ansteigen wird“ (van Eimeren/Gerhard/Frees<br />
2001: 396). Die Ursachen für die Differenzen können in den unterschiedlichen Fragestellungen<br />
und in der Kontrolle soziodemographischer Variablen gesehen werden<br />
(vgl. Bonfadelli 2000: 200 f.). Werden Drittfaktoren kontrolliert, „zeigen sich Substitutionseffekte<br />
beim Fernsehen und bei der Tageszeitung, Komplementaritätseffekte beim<br />
Radio und bei bestimmten Typen von Publikumszeitschriften“ (Hagen 1998: 121).<br />
Unabhängig von diesen widersprüchlichen Befunden kann aber generell festgestellt<br />
werden, dass eine vollständige Substitution der klassischen <strong>Medien</strong> durch das Internet<br />
ins Reich der Mythen gehört. Unter dieser Voraussetzung stellt sich die Frage, welches<br />
eigenständige Thematisierungspotenzial das Internet in das <strong>Medien</strong>ensemble einbringt.<br />
Für ihre Beantwortung kann auf die Forschung zum Agenda-Setting-Prozess zwischen<br />
den Massenmedien und dem Publikum zurückgegriffen werden (vgl. Dearing/Rogers<br />
1996, Rössler 1997a, McCombs/Shaw/Weaver 1997). Zu den Modifizierungen der Ausgangshypothese<br />
eines einfachen Agendentransfers von den <strong>Medien</strong> zu den Rezipienten<br />
gehört die Einsicht, „dass verschiedene <strong>Medien</strong> wie etwa die Zeitung oder das Fernsehen<br />
über ein unterschiedliches Wirkungspotential verfügen“ (Rössler 1997a: 144) und<br />
somit einen unterschiedlichen Beitrag zur Themensetzung leisten. Empirische Überprüfungen<br />
dieser Vermutung haben deutlich gemacht, dass sich das Thematisierungs-<br />
2 In der englischsprachigen Literatur findet sich eine vergleichbare Unterscheidung der so genannten<br />
Technorealisten von den Utopians und den Dystopians (vgl. Fisher/Wright 2001).<br />
514
Marr · Das Ende der Gemeinsamkeiten?<br />
potenzial eines Mediums erhöht, wenn es folgende Kriterien erfüllt: Es sollte über eine<br />
große Reichweite verfügen, diese sollte bekannt sein und von den Rezipienten unterstellt<br />
werden können, sein Angebot sollte wenigstens zu einem gewissen Teil aus politikrelevanten<br />
Informationen bestehen, seine Nutzung sollte informationsorientiert erfolgen,<br />
sein publizistisches Angebot sollte beim Publikum ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit<br />
genießen und es sollte über formale Mittel verfügen, Themen per Präsentation Relevanz<br />
zuzuschreiben.<br />
Überträgt man diesen Kriterienkatalog auf das Internet, so muss dessen relatives Thematisierungspotenzial<br />
vorläufig als gering veranschlagt werden. Zwar sind die Wachstumszahlen<br />
der Internetnutzer beeindruckend (für die Schweiz vgl. Abbildung 1) und<br />
die Diffusionsgeschwindigkeit wesentlich höher als bei den Vorgängermedien, allerdings<br />
erfolgt diese Diffusion soziodemographisch ungleichmäßig und eine Reichweite,<br />
wie sie etwa das Fernsehen oder das Radio erreichen, ist eher unwahrscheinlich. Vielmehr<br />
geht man von der Erwartung aus, „dass in absehbarer Zeit die Rede vom Alltagsmedium<br />
Online bzw. Internet nur auf bestimmte Milieus und Bevölkerungsgruppen zutrifft“<br />
(ARD/ZDF-Arbeitsgruppe Multimedia 1999: 422).<br />
Abbildung 1: Entwicklung der Internetnutzung in der Schweiz (1997–2002)<br />
5-10/1997 1997/98 5-10/1998 1998/99 4-9/1999 1999/2000 4-9/2000 2000/2001 4-9/2001 2001/2002<br />
Weitester Nutzerkreis Enger Nutzerkreis (mehrmals pro Woche)<br />
Tagesreichweite<br />
Quelle: Halbjahresdaten der AG für Werbemedienforschung (WEMF), eigene Zusammenstellung<br />
Das Internet gilt gemeinhin als Leitmedium des Informationszeitalters, was allein schon<br />
auf eine informationsorientierte Nutzung schließen lassen könnte. Entsprechende Untersuchungen<br />
(zuletzt: Ridder/Engel 2001, Oehmichen/Schröter 2001) bestätigen dies<br />
und es lässt sich bilanzieren, „dass die Informationsfunktion für die Nutzer der Online-<br />
<strong>Medien</strong> als deren wesentliche Gratifikationsleistung dominiert“ (Hagen/Kamps 1999:<br />
214). Fragt man aber spezifischer nach der Nutzung der für Agenda-Setting-Prozesse<br />
bedeutungsvollen politikbezogenen Inhalte, so muss man konstatieren, dass diese „für<br />
die meisten Nutzer nur eine unter- bzw. nebengeordnete Rolle spielen“ (Hagen/Kamps<br />
515
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
1999: 219). Dies gilt auch für die Schweiz, wo die im Anschluss an Wahlen oder Volksabstimmungen<br />
durchgeführten VOX-Analysen zeigen, dass sich nur etwa 5% der<br />
Stimmberechtigten via Internet über Kandidaten oder Abstimmungsvorlagen informieren<br />
und die Tendenz bei den letzten vier Abstimmungen sogar nach unten weist (vgl.<br />
Trechsel 2002: 109).<br />
Was die Glaubwürdigkeit des Internets betrifft, so werden die Urteile darüber vorläufig<br />
noch sehr vorsichtig gefällt. Fest steht wohl nur, dass dem Internet kaum mehr<br />
Vertrauen entgegengebracht wird als den herkömmlichen <strong>Medien</strong>. Vielmehr „vertrauen<br />
im Zweifelsfalle […] die weitaus meisten Webnutzer den herkömmlichen <strong>Medien</strong> Tageszeitung<br />
und Fernsehen“ (Schweiger 1999: 108). Auch mit einem engeren Fokus auf<br />
die politische Berichterstattung finden sich wenig Anzeichen dafür, dass gerade das Internet<br />
einen „Königsweg aus der Unglaubwürdigkeitsfalle“ (Marshall 1999:169) darstellt.<br />
Traditionelle <strong>Medien</strong> selektieren die Themen nicht nur, sondern präsentieren sie in einer<br />
Relevanzhierarchie, die wiederum eine wichtige Voraussetzung für Agenda-Setting-<br />
Prozesse darstellt (vgl. Graber 1988). Die formalen Mittel hierfür sind bei der Tageszeitung<br />
etwa die Titelseite oder beim Fernsehen und Radio die Erstmeldung. Für das Internet<br />
werden diese formalen Möglichkeiten der Relevanzzuweisung angesichts der<br />
Fragmentierung seines Inhalts (vgl. Donges/Jarren 1999: 94) und der Gleichrangigkeit<br />
und Gleichberechtigung aller Informationen (vgl. Marshall 1997: 317) ebenfalls als gering<br />
eingeschätzt.<br />
4. Fragestellungen und Hypothesen<br />
Ausgehend von den dargestellten Positionen soll die Frage nach den Folgen der Internetnutzung<br />
für den Agenda-Setting-Prozess der traditionellen Massenmedien einer empirischen<br />
Prüfung unterzogen werden. Ungeachtet der im Kapitel 3 dargelegten Relativierungen<br />
soll im Sinne einer größeren analytischen Klarheit der Desintegrationsverdacht<br />
gegen das Internet als Ausgangspunkt der Untersuchung dienen. Die Prüfung dieses<br />
Verdachtes erfolgt in drei Schritten. Zunächst wird untersucht, welchen Einfluss die<br />
Internetnutzung auf die Nutzung der traditionellen <strong>Medien</strong> hat (Substitution vs. Komplementarität).<br />
Dies geschieht sowohl hinsichtlich der retrospektiven Selbsteinschätzung<br />
als auch in Bezug auf die faktische <strong>Medien</strong>nutzung, wobei das besondere Interesse<br />
der Hinwendung zu politisch relevanten Informationsangeboten gilt. Sofern sich eine<br />
Nutzung des Internets auf Kosten der herkömmlichen <strong>Medien</strong> nachweisen ließe, wäre<br />
eine zentrale Voraussetzung für heterogene Publikumsagenden erfüllt. Darauf aufbauend<br />
soll nach den Übereinstimmungen und Unterschieden zwischen den Themenagenden<br />
von Netznutzern und Nichtnutzern gefragt werden (Homogenität vs. Heterogenität).<br />
Der Vergleich soll dabei eine Differenzierung erfahren, indem das Interesse sowohl<br />
auf die Themenreichweite (awareness) als auch auf die Themengewichtung (priority)<br />
gerichtet wird (für die Unterscheidung dieser Dimensionen vgl. McCombs 1977).<br />
Unter Berücksichtigung der soziodemographisch ungleichmäßigen Diffusion des Internets<br />
werden bei dieser Gegenüberstellung die Variablen Bildung, Alter und Geschlecht<br />
über ein quasiexperimentelles Samplingverfahren kontrolliert. Schließlich werden in einem<br />
dritten Schritt die beiden Publikumsagenden zu Themenagenden der traditionellen<br />
<strong>Medien</strong> ins Verhältnis gesetzt, um zu prüfen, inwiefern sich letztere in den Agenden der<br />
Vergleichsgruppen niederschlagen (Agenda-Setting).<br />
Die Interpretation der präsentierten Daten fragt nach sich abzeichnenden desintegrativen<br />
Konsequenzen der Internetnutzung. Sie geht aus von drei aufeinander aufbauenden<br />
Hypothesen:<br />
516
Marr · Das Ende der Gemeinsamkeiten?<br />
H1: Onliner nutzen das Internet auf Kosten der traditionellen <strong>Medien</strong> (Substitution).<br />
Dies gilt sowohl für die Dauer der <strong>Medien</strong>nutzung allgemein als auch in Bezug auf die<br />
Intensität informationsorientierter Nutzung der Angebote von Radio, TV und Printmedien.<br />
H2: Die Themenagenda der Onliner unterscheidet sich von jener der Offliner. Dies<br />
gilt sowohl für die Reichweite von Themen als auch für deren Gewichtung (Heterogenität).<br />
H3: Die Themenagenda der Offliner weist in beiden Themendimensionen eine größere<br />
Übereinstimmung mit der Agenda traditioneller <strong>Medien</strong> auf als jene der Onliner (Beeinträchtigung<br />
des Agenda-Setting).<br />
5. Methodische Umsetzung<br />
Die Untersuchung basiert auf einem klassischen Agenda-Setting-Design, d. h. es werden<br />
Befragungsdaten über die Themenreichweite und Themenwichtigkeit in der Bevölkerung<br />
ins Verhältnis gesetzt zu inhaltsanalytisch gewonnenen Befunden über die<br />
Themensetzung der <strong>Medien</strong>. Die Bestimmung der <strong>Medien</strong>agenda beruht auf einer<br />
sekundäranalytischen Auswertung des vom Forschungsbereich Öffentlichkeit und Gesellschaft<br />
der Universität Zürich durchgeführten kontinuierlichen Issue-Monitoring.<br />
Die Bevölkerungsagenda sowie Daten zur <strong>Medien</strong>nutzung wurden im Rahmen<br />
einer vom Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) finanzierten Untersuchung unter<br />
der Leitung des Verfassers mit Hilfe telefongestützter Interviews im März 2001 unter<br />
840 Personen zwischen 20 und 60 Jahren in den Regionen Basel und Zürich erhoben3<br />
.<br />
5.1 <strong>Medien</strong>agenda<br />
Das Issue-Monitoring des Forschungsbereichs Öffentlichkeit und Gesellschaft zielt auf<br />
eine permanente Beobachtung der Themenentwicklung in der <strong>Medien</strong>öffentlichkeit der<br />
Schweiz. Dabei werden die wichtigsten Tages- und Wochenzeitungen sowie die Hauptinformationsgefäße<br />
überregionaler Radio- und Fernsehanbieter archiviert und hinsichtlich<br />
ihrer thematischen Bezüge codiert. Codiereinheiten sind Artikel im Printbereich<br />
und Beiträge im elektronischen Angebot. Auf der Basis dieser Codierungen wurde für<br />
die vorliegende Arbeit eine <strong>Medien</strong>agenda über die vier, der Befragung vorausgehenden<br />
Monate (November 2000 bis Februar 2001) ermittelt. Tabelle 1 listet die dabei berücksichtigten<br />
Deutschschweizer <strong>Medien</strong> auf.<br />
Für die Ermittlung der <strong>Medien</strong>agenda wurde eine Auswahl von zehn verschiedenen<br />
Themenkomplexen getroffen (Tabelle 2). Auswahlkriterium war zum einen der nationale<br />
Bezug. Alle Themen sollten sich auf Problemlagen beziehen, die in unmittelbarem<br />
Zusammenhang mit der politischen Situation in der Schweiz stehen. Zum anderen sollten<br />
die Themen gegeneinander abgrenzbar sein, um eine trennscharfe Zuordnung der<br />
differenzierten Kategorisierungen, wie sie durch das Issue-Monitoring vorgenommen<br />
werden, zu gewährleisten. Schließlich wurde mit Blick auf mögliche Zusatzauswertungen<br />
(die in diesem Beitrag unberücksichtigt bleiben) entschieden, fünf Themen mit hoher<br />
sowie fünf mit geringer <strong>Medien</strong>präsenz zu berücksichtigen.<br />
3 Die Feldarbeit wurde vom IPSO-Forschungsinstitut in Dübendorf übernommen.<br />
517
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
Tabelle 1: Berücksichtigte <strong>Medien</strong><br />
Medium Titel/Sendung Reichweite 2000 (in %)<br />
Tageszeitung Blick 18,5<br />
Tages-Anzeiger Zürich 15,3<br />
Neue Zürcher Zeitung 7,7<br />
Wochenzeitungen Sonntagsblick 24,9<br />
Sonntagszeitung 18,7<br />
Weltwoche 8,4<br />
Zeitschriften Facts 13,5<br />
Radio Rendez-Vous am Mittag<br />
(werktags von 12.30-13.00 Uhr auf DRS1)<br />
Echo der Zeit<br />
(werktags von 18.00-18.45 Uhr auf DRS1,<br />
18,4<br />
von 19.00-19.45 auf DRS2) 7,2<br />
TV Tagesschau<br />
(täglich von 19.30-19.50 Uhr auf SF1 und SF2)<br />
Zehn vor Zehn<br />
21,0<br />
(werktags von 21.50-22.20 Uhr auf SF1) 13,0<br />
Quelle: Printmedien = AG für Werbemedienforschung (WEMF), Elektronische <strong>Medien</strong> = SRG-<br />
Forschungsdienst<br />
Tabelle 2: Berücksichtigte Themen<br />
Themen mit hoher <strong>Medien</strong>präsenz Themen mit geringer <strong>Medien</strong>präsenz<br />
Die Beziehung der Schweiz zur EU Die Neuausrichtung der Schweizerischen<br />
(EU-Initiative) Armee (Armeereform)<br />
Das Schicksal der Schweizerischen Luftfahrt Die Qualität und die Kosten der Ärzte, Spitäler<br />
(SwissAir, Crossair, Fluglärm, Flughafen<br />
Kloten)<br />
und der medizinischen Versorgung<br />
Der Kampf gegen Wirtschaftskriminalität Die Ausländerthematik / Die Integration<br />
und Geldwäscherei von Ausländern<br />
Die Korrektur von Fehlern in der Die Belastung der Schweizerischen Straßen<br />
Landwirtschaftspolitik (BSE, MKS) durch (Alpen-)Transit- und Schwerverkehr<br />
Die Privatisierung staatlicher Betriebe Die Schweizerische Kandidatur für die<br />
(Post, SBB, Strom) Olympischen Winterspiele 2010<br />
Unter den Bedingungen der vorgenommenen zeitlichen, medialen und thematischen<br />
Einschränkungen konnten insgesamt 2163 Analyseeinheiten berücksichtigt werden, von<br />
denen 1864 auf die Printmedien und die übrigen auf die elektronischen <strong>Medien</strong> entfielen.<br />
Die <strong>Medien</strong>agenda wurde als Themenrangordnung auf der Basis der Häufigkeiten,<br />
mit der die einzelnen Themen codiert wurden, erstellt.<br />
518
Marr · Das Ende der Gemeinsamkeiten?<br />
5.2 Publikumsagenda<br />
Wie in den Hypothesen festgelegt, bestand das Ziel der Auswertung in einem Vergleich<br />
der Themenagenden von Internetnutzern und Nicht-Nutzern. Ein solcher Vergleich<br />
von Nutzern und Nicht-Nutzern eines Mediums, dessen Diffusion soziodemographisch<br />
ungleichmäßig erfolgt, steht vor dem methodischen Problem, den verzerrenden<br />
Einfluss der soziodemographischen Variablen zu berücksichtigen. Grundsätzlich gibt es<br />
zwei Möglichkeiten diesem Problem zu begegnen. Entweder können die demographischen<br />
Variablen durch statistische Verfahren im Nachhinein kontrolliert werden oder<br />
ihr Einfluss wird vorgängig durch den Sampling-Prozess minimiert. Bei der vorliegenden<br />
Untersuchung wurde der zweite Weg gewählt.<br />
5.2.1 Samplingverfahren<br />
Auf der Basis eines quasiexperimentellen Samplingdesigns wurden bei der Auswahl der<br />
Befragten Quotierungen für die Variablen Alter, Bildung und Geschlecht vorgegeben<br />
und mit Hilfe von Screener-Fragen umgesetzt. Diese Quoten entstammen dem soziodemographischen<br />
Profil der MA-Net, einer von der AG für Werbemedienforschung<br />
(WEMF) halbjährlich durchgeführten Repräsentativbefragung von etwa 10 000 Personen<br />
in der Schweiz. Ziel des Samplingprozesses war es, zwei Gruppen von Internetnutzern<br />
und Nicht-Nutzern zu erhalten, die in ihren soziodemographischen Profilen der<br />
Deutschschweizer Bevölkerung im Alter von 20 bis 60 Jahren entsprechen. Als Internetnutzer<br />
(Onliner) galten dabei jene Personen, die angaben, das Netz mindestens einmal<br />
pro Woche zu nutzen. Als Nichtnutzer (Offliner) galten Personen, die über keine<br />
Nutzungserfahrungen mit dem neuen Medium verfügten. Tabelle 3 gibt Auskunft über<br />
die sich daraus ergebende Samplestruktur.<br />
Quasiexperimentelle Untersuchungen werden im Gegensatz zu experimentellen dann<br />
angewendet, wenn die zu vergleichenden Teilpopulationen nicht künstlich hergestellt<br />
werden können, sondern in der sozialen Realität bereits existieren (vgl. Cook/Campbell<br />
1979). Die Zuordnung der Untersuchungsteilnehmer zu den jeweiligen Teilpopulationen<br />
ist somit nicht durch eine Randomisierung herstellbar, sondern durch die unabhängige<br />
Variable vorgegeben. Das Problem quasiexperimenteller Untersuchungen besteht<br />
nun darin, dass die unabhängige Variable selbst von theoretisch unendlich vielen weiteren<br />
Variablen abhängig sein kann und mit diesen kofundiert ist. Daraus folgt, „dass letztlich<br />
nicht entschieden werden kann, welche Variablen für die Unterschiede in der abhängigen<br />
Variable verantwortlich sind“ (Bortz/Döring 1995: 491).<br />
Um die Zahl möglicher Erklärungsalternativen dennoch zu reduzieren, d. h. die geringere<br />
interne Validität zu steigern, existieren eine Reihe von Samplingverfahren, die<br />
eine Kontrolle personengebundener Störvariablen ermöglichen. In der vorliegenden<br />
Untersuchung wurde das der Parallelisierung gewählt, bei dem der Einfluss der Störvariablen<br />
ausgeschaltet wird, indem dafür gesorgt wird, dass diese in den Teilpopulationen<br />
gleichermaßen wirksam sind. Voraussetzung für dieses Verfahren ist ein möglichst<br />
umfassendes Wissen über die Störvariablen. Was die Nutzung des Internets anbetrifft,<br />
existieren hier relativ gesicherte Erkenntnisse über den zentralen Einfluss von Alter, Bildung<br />
und Geschlecht (für die Schweiz vgl. Bonfadelli 2002). Deshalb wurden diese Variablen<br />
als Grundlage für die Parallelisierung herangezogen. Der Preis für das Parallelisierungsverfahren<br />
besteht darin, dass entweder eine Gruppe an die andere oder – wie im<br />
vorliegenden Fall – beide an eine dritte angepasst werden müssen und somit die entsprechenden<br />
Populationen nicht mehr richtig repräsentiert sind. Diese Einschränkung<br />
519
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
Tabelle 3: Stichprobenstruktur<br />
MA-Net 1/2000 Offliner Onliner<br />
Sex Bildung4 Alter5 N % N % N %<br />
männlich niedrig jung 802 15,6 62 15,6 69 15,6<br />
mittel 457 8,9 35 8,8 39 8,8<br />
alt 516 10,0 40 10,1 44 10,0<br />
männlich hoch jung 317 6,2 24 6,0 27 6,1<br />
mittel 266 5,2 21 5,3 23 5,2<br />
alt 292 5,7 23 5,8 25 5,7<br />
weiblich niedrig jung 843 16,4 65 16,3 73 16,5<br />
mittel 572 11,1 44 11,1 49 11,1<br />
alt 643 12,4 50 12,6 55 12,4<br />
weiblich hoch jung 205 4,0 16 4,0 18 4,1<br />
mittel 115 2,2 9 2,3 10 2,3<br />
alt 122 2,4 9 2,3 10 2,3<br />
Gesamt 5150 100 397 100 443 100<br />
der externen Validität sowie die Möglichkeit, dass neben Alter, Bildung und Geschlecht<br />
weitere Störvariablen wirksam sein können, gilt es bei der Interpretation der Ergebnisse<br />
zu berücksichtigen.<br />
5.2.2 Operationalisierung<br />
<strong>Medien</strong>nutzung<br />
Der Vergleich der <strong>Medien</strong>nutzung erfolgt auf zwei Ebenen. Zum einen soll nach den<br />
Unterschieden in der Nutzungszeit für verschiedene <strong>Medien</strong> gefragt werden. Zum anderen<br />
soll die Intensität, mit der die informationsorientierte Nutzung verschiedener <strong>Medien</strong><br />
in den beiden Vergleichsgruppen erfolgt, gegenübergestellt werden. Der Vergleich<br />
der Nutzungszeiten erfolgt einerseits auf der Basis retrospektiver Selbsteinschätzungen<br />
der Befragten und andererseits anhand der von ihnen angegebenen faktischen Nutzungsdauer.<br />
Themenreichweite (awareness)<br />
Die Befragten wurden gebeten, zu allen zehn Themen der <strong>Medien</strong>agenda anzugeben, ob<br />
sie davon in den letzten Wochen in den <strong>Medien</strong> (traditionelle Massenmedien und Internet)<br />
etwas gelesen oder gehört haben. Auf der Basis der Anteile, mit der eine solche<br />
Wahrnehmung bestätigt wurde, konnte die Awareness-Rangfolge der Themen für beide<br />
Gruppen ermittelt werden.<br />
4 Niedrige Bildung = Primarschule, Real-/Sekundarschule, Berufsschule; Hohe Bildung = Mittelschule,<br />
Gymnasium, Seminar, Fachhochschule, Universität, Eidgenössische Technische<br />
Hochschule (ETH).<br />
5 Jung = 20 bis 34 Jahre; Mittel = 35 bis 44 Jahre; Alt = 45 – 60 Jahre.<br />
520
Themengewichtung (priority)<br />
Darüber hinaus wurde von den Befragten eine Einschätzung der aktuellen Dringlichkeit<br />
der Themen für die Schweiz auf einer vierstufigen Skala verlangt. Die Fragestellung lautete:<br />
„Können Sie mir für jedes von den folgenden Problemen sagen, wie dringlich das<br />
Problem ihrer Meinung nach zurzeit für die Schweiz ist?“ Die daraus ermittelbaren<br />
Durchschnittswerte dienten als Grundlage für die Erstellung der Priority-Rangfolge<br />
beider Gruppen.<br />
6. Ergebnisse<br />
Marr · Das Ende der Gemeinsamkeiten?<br />
6.1 <strong>Medien</strong>nutzung von Off- und Onlinern<br />
Umverteilungen von Nutzungszeiten für die verschiedenen <strong>Medien</strong> sind langfristige<br />
Prozesse. Will man Informationen mit einer Querschnittserhebung gewinnen, kann dies<br />
entweder mit retrospektiven Selbsteinschätzungen der Befragten oder mit dem Vergleich<br />
ihrer faktischen Nutzungszeiten geschehen. Beides soll hier erfolgen, wobei die<br />
Selbsteinschätzung der Veränderungen, die sich durch den Netzeinstieg ergeben haben,<br />
natürlich nur von Netznutzern getroffen werden können.<br />
Die Befunde, die mit Hilfe der Retrospektion gewonnen wurden, indizieren vor allem<br />
für das Fernsehen deutliche Substitutionsprozesse (Abbildung 2). Jeder vierte Onliner<br />
gibt an, seinen Fernsehkonsum durch die Netznutzung verringert zu haben. Für die Zei-<br />
Abbildung 2: Einfluss der Internetnutzung auf die Nutzung anderer <strong>Medien</strong><br />
(Selbsteinschätzung der Onliner)<br />
tungsnutzung äußern dies nur noch 13% und nur jeder zehnte Onliner meint, seine Radionutzung<br />
eingeschränkt zu haben.<br />
Ein anderes Bild ergibt sich, wenn man die Angaben von Off- und Onlinern zu ihren<br />
täglichen Nutzungszeiten vergleicht (Abbildung 3). Während die Nutzung des Internets<br />
für die Printmedien offensichtlich folgenlos bleibt, erhöht sich die für das Radio aufgewendete<br />
Zeit sogar um 5 Minuten. Substitutionstendenzen zeigen sich allein für das<br />
Fernsehen. Die TV-Nutzungszeit der Onliner verringert sich im Vergleich zu den Offlinern<br />
um 10 Minuten. Den eigentlichen Unterschied macht aber die Internetnutzung.<br />
521
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
Durch sie erhöht sich die tägliche Bruttomediennutzung der Onliner um mehr als eine<br />
Stunde. Inwiefern die zusätzliche Nutzungszeit durch Parallelnutzung oder durch Reduktion<br />
anderer Tätigkeiten gewonnen wird, muss an dieser Stelle offen bleiben.<br />
Abbildung 3: Durchschnittliche Nutzungsdauer pro Tag<br />
Fokussiert man die Fragestellung nach möglichen Substitutionen auf die Nutzung von<br />
informationsorientierten Angeboten der verschiedenen <strong>Medien</strong>typen, so lässt sich für<br />
die Offliner eine etwas häufigere Nutzung der elektronischen <strong>Medien</strong> feststellen (Abbildung<br />
4). Die Unterschiede beschränken sich allerdings auf Radionachrichten und politische<br />
Sendungen im Fernsehen.<br />
Wesentlich deutlicher werden die Differenzen bei den Printmedien. Hier sind es die<br />
Onliner, die eine intensivere Nutzung an den Tag legen (Abbildung 5). Sowohl beim Inlandsteil<br />
der Tageszeitungen als auch bei Fachzeitschriften und Sachbüchern liegt der<br />
Anteil der intensiven Nutzer unter den Onlinern um zehn Prozent über dem der Offliner.<br />
Dieses Nutzungsübergewicht wird zusätzlich mit dem neuen Medium Internet<br />
kombiniert. Jeder fünfte Onliner bezeichnete sich als häufiger Rezipient von Online-<br />
Abbildung 4: Nutzung von Infoangeboten elektronischer <strong>Medien</strong> (sehr häufig/häufig)<br />
522
News und jeder Zehnte nutzt kontinuierlich politische Berichte im Netz. Somit zeichnet<br />
sich bei der informationsorientierten <strong>Medien</strong>nutzung ein komplementäres Verhältnis<br />
zwischen Print- und Onlinemedien ab.<br />
Die präsentierten Daten zur faktischen <strong>Medien</strong>nutzung von Off- und Onlinern lassen<br />
die Schlussfolgerung zu, dass sich durch die Nutzung des Internets durchaus Veränderungen<br />
für die klassischen <strong>Medien</strong> ergeben, wenn auch nicht in dem Maße, wie dies subjektiv<br />
erfahren wird. Onliner verringern ihre Zuwendung zum Fernsehen, erhöhen aber<br />
gleichzeitig ihre Radionutzung. Geht es um die Nutzung der Informationsangebote,<br />
zeigt sich eine gesteigerte Affinität der Onliner zu den Printmedien. Die zusätzliche<br />
Nutzung des Internets führt zu einer Ausweitung der absoluten <strong>Medien</strong>nutzungszeit<br />
der Onliner. Für die Thematisierungsleistungen der traditionellen <strong>Medien</strong> bedeutet dies,<br />
dass Onliner weniger vom Fernsehen, dafür aber stärker von den Printmedien erreicht<br />
werden. Damit zeigt sich die Datenlage widersprüchlicher als mit der Hypothese 1 angenommen.<br />
Dies gilt es bei der Gegenüberstellung der Themenagenden der Vergleichsgruppe<br />
zu berücksichtigen.<br />
6.2 Themenagenden von Off- und Onlinern<br />
Marr · Das Ende der Gemeinsamkeiten?<br />
Abbildung 5: Nutzung von Infoangeboten der Printmedien (sehr häufig/häufig)<br />
6.2.1 Themenreichweite<br />
Verglichen werden soll zunächst die Themenreichweite, d.h. die Anteile derjenigen, die<br />
angaben, von den vorgegebenen Themen in den <strong>Medien</strong> etwas gehört oder gelesen zu<br />
haben. Wie Tabelle 4 zeigt, lässt sich bei neun von zehn Themen eine größere Reichweite<br />
unter den Netznutzern feststellen. So haben etwa die <strong>Medien</strong>berichte zu den Problemen<br />
der schweizerischen Luftfahrt 85% der Onliner, aber nur 77% der Offliner erreicht. Die<br />
höhere Printorientierung sowie die Nutzung des zusätzlichen Vermittlungskanals korrespondieren<br />
also mit einer größeren Wahrscheinlichkeit, von den verschiedenen Themen<br />
erreicht zu werden.<br />
Dies hat allerdings keinen Einfluss auf die Rangfolge der Themen. Sie ist bei den Vergleichsgruppen<br />
quasi identisch. Allein die mögliche Olympiakandidatur der Schweiz<br />
tauscht mit der Thematik der Privatisierung staatlicher Betriebe in den beiden Gruppen<br />
523
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
die Ränge 8 und 9. Die hohe Übereinstimmung findet ihren Ausdruck in einer signifikanten<br />
Awareness-Rangkorrelation von .97.<br />
Tabelle 4: Themenreichweite (awareness)<br />
… in den <strong>Medien</strong> davon gehört/gelesen (in%) Offliner Onliner Gesamt<br />
Beziehungen der Schweiz zur EU (EU-Initiative) 84 88 86<br />
Schweizerische Luftfahrt (SwissAir, Fluglärm) 77 85 81<br />
Qualität/Kosten der medizinischen Versorgung 73 76 74<br />
Fehler in der Landwirtschaftspolitik (BSE, MKS) 71 76 74<br />
Ausländerthematik/Integration von Ausländern 62 68 65<br />
Wirtschaftskriminalität und Geldwäscherei 56 60 58<br />
(Alpen-)Transit- und Schwerverkehr 56 57 57<br />
Schweizerische Olympiakandidatur 44 57 51<br />
Privatisierung staatl. Betriebe (Post, SBB, Strom) 49 48 49<br />
Neuausrichtung der Armee (Armeereform) 35 46 41<br />
6.2.2 Themengewichtung<br />
Während die Themenreichweite eher als Indikator für die <strong>Medien</strong>aufmerksamkeit gesehen<br />
werden kann, gibt die Themengewichtung Auskunft über die subjektiv empfundene<br />
Dringlichkeit, die die Befragten den Themen zuordnen. Die Priorities-Rangfolge der<br />
beiden Gruppen, wie sie in Tabelle 5 präsentiert wird, basiert auf den Mittelwerten der<br />
Dringlichkeitseinschätzung.<br />
Tabelle 5: Themengewichtung (priority)<br />
… besonders (4) bis Offliner Onliner Gesamt<br />
gar nicht dringlich (1) M SD M SD M SD<br />
Fehler in der Landwirtschaftspolitik<br />
(BSE, MKS)<br />
3.38 .71 3.39 .70 3.38 .71<br />
Qualität/Kosten der medizinischen<br />
Versorgung<br />
3.40 .59 3.34 .71 3.36 .66<br />
Wirtschaftskriminalität und<br />
Geldwäscherei<br />
3.27 .72 3.21 .70 3.24 .71<br />
Ausländerthematik/Integration<br />
von Ausländern*<br />
3.12 .84 3.23 .73 3.18 .78<br />
(Alpen-)Transit- und Schwerverkehr * 3.11 .72 2.97 .77 3.03 .75<br />
Schweizerische Luftfahrt<br />
(SwissAir, Fluglärm)<br />
2.63 .84 2.67 .84 2.65 .84<br />
Beziehungen der Schweiz zur EU<br />
(EU-Initiative)**<br />
2.33 1.0 2.62 .93 2.49 .98<br />
Privatisierung staatl. Betriebe<br />
(Post, SBB, Strom)*<br />
2.29 .84 2.43 .94 2.37 .90<br />
Neuausrichtung der Armee<br />
(Armeereform)<br />
2.28 .84 2.33 .88 2.31 .86<br />
Schweizerische Olympiakandidatur 1.66 .77 1.71 .78 1.69 .78<br />
* p
Ein Vergleich der Mittelwerte liefert für vier der zehn Themen signifikante Unterschiede.<br />
Während die Onliner die Beziehungen der Schweiz zur EU, die Ausländerproblematik<br />
und die Privatisierung staatlicher Betriebe für dringlicher erachten als die Offliner,<br />
schätzen letztere die Probleme, die sich für die Schweiz aus dem Transitverkehr<br />
ergeben, als lösungsbedürftiger ein als die Internetnutzer. Diese Unterschiede bleiben<br />
für die Priorities-Rangfolge allerdings folgenlos. Ebenso wie bei den Reichweiten, finden<br />
sich auch bei den Gewichtungen kaum Abweichungen. Allein über die Vergabe der<br />
ersten beiden Rangplätze besteht Uneinigkeit. Während die Offliner der medizinischen<br />
Versorgung die höchste Dringlichkeit einräumen, stehen für die Onliner die Versäumnisse<br />
der Landwirtschaftspolitik an erster Stelle. Daraus ergibt sich ein signifikanter<br />
Wert von .98 für die Rangkorrelation zwischen beiden Agenden, der damit ebenso hoch<br />
liegt wie jener für die Awareness-Rangfolge. Die Forschungsvermutung, dass die Internetnutzung<br />
zu heterogenen Publikumsagenden führt, lässt sich somit nicht bestätigen.<br />
Der Desintegrationsverdacht findet keine empirische Bestätigung.<br />
6.3 Vergleich von <strong>Medien</strong>- und Publikumsagenda<br />
Mit dem Nachweis homogener Themenagenden ist die Frage nach dem Einfluss des Internets<br />
auf den medialen Thematisierungsprozess im Grunde beantwortet und ein Vergleich<br />
mit der <strong>Medien</strong>agenda erübrigt sich. Er soll hier dennoch durchgeführt werden,<br />
weil er in Bezug auf die Agenda-Setting-Hypothese Unerwartetes an den Tag bringt.<br />
Werfen wir zunächst einen Blick auf die Ergebnisse der Inhaltsanalyse.<br />
6.3.1 <strong>Medien</strong>agenda<br />
Die Agenda der berücksichtigten Deutschschweizer <strong>Medien</strong> wird von drei Themen dominiert<br />
(Tabelle 6). An der Spitze rangieren die Beziehungen der Schweiz zur EU, dicht<br />
gefolgt von den Problemen der Schweizerischen Luftfahrt und der Wirtschaftskriminalität.<br />
Knapp die Hälfte aller Analyseeinheiten konnten diesen drei Themen zugeordnet<br />
werden. Mit etwas Abstand folgen die Landwirtschaftspolitik und die Privatisierung<br />
staatlicher Betriebe. Die geringste Beachtung schenken die <strong>Medien</strong> der Olympiakandidatur.<br />
Tabelle 6: <strong>Medien</strong>agenda<br />
Marr · Das Ende der Gemeinsamkeiten?<br />
Print TV/Radio Gesamt<br />
Beziehungen der Schweiz zur EU (EU-Initiative) 17.3 12.7 16.6<br />
Schweizerische Luftfahrt (SwissAir, Fluglärm) 16.1 17.1 16.3<br />
Wirtschaftskriminalität und Geldwäscherei 16.0 16.4 16.0<br />
Fehler in der Landwirtschaftspolitik (BSE, MKS) 13.0 20.1 14.0<br />
Privatisierung staatl. Betriebe (Post, SBB, Strom) 12.9 12.4 12.8<br />
Neuausrichtung der Armee (Armeereform) 8.3 8.4 8.3<br />
Qualität/Kosten der medizinischen Versorgung 6.8 2.7 6.2<br />
Ausländerthematik/Integration von Ausländern 4.6 2.3 4.3<br />
(Alpen-)Transit- und Schwerverkehr 3.8 4.7 3.9<br />
Schweizerische Olympiakandidatur 1.2 3.3 1.5<br />
N 1’864 299 2’163<br />
525
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
Die Gesamtagenda wird aufgrund der Fallzahlen deutlich von der Agenda der Printmedien<br />
geprägt. Für die Berichterstattung der elektronischen <strong>Medien</strong> ergeben sich einige<br />
Abweichungen. Der Schwerpunkt liegt dort eindeutig beim Themenkomplex „Rinderwahnsinn“<br />
und seinen Begleitumständen. Erst dann folgen die drei Topthemen der<br />
Printagenda, wobei deren Spitzenreiter Schweiz-EU nur von 13% der Beiträge in Funk<br />
und Fernsehen thematisiert wird. Auffällig ist auch, dass die Olympiakandidatur für Radio<br />
und TV attraktiver ist als die schwer visualisierbaren Themen der medizinischen<br />
Versorgung und der Integration von Ausländern.<br />
6.3.2 Agendenvergleich<br />
Stellt man nun die verschiedenen Agenden nebeneinander, wie es in Tabelle 7 geschehen<br />
ist, so wird auf den ersten Blick deutlich, dass die <strong>Medien</strong>agenda nur wenig mit der<br />
Awareness-Agenda und fast nichts mit der Priorities-Agenda der Befragten gemein hat.<br />
Tabelle 7: Agendenvergleich (Rangfolgen)<br />
<strong>Medien</strong> Awareness Priorities<br />
Print TV/R Off On Off On<br />
Beziehung der Schweiz zur EU<br />
(EU-Initiative)<br />
1 4 1 1 7 7<br />
Schweizerische Luftfahrt<br />
(SwissAir, Fluglärm)<br />
2 2 2 2 6 6<br />
Wirtschaftskriminalität und<br />
Geldwäscherei<br />
3 3 6 6 3 4<br />
Fehler in der Landwirtschaftspolitik<br />
(BSE, MKS)<br />
4 1 4 3 2 1<br />
Privatisierung staatl. Betriebe<br />
(Post, SBB, Strom)<br />
5 5 8 9 8 8<br />
Neuausrichtung der Armee<br />
(Armeereform)<br />
6 6 10 10 9 9<br />
Qualität/Kosten der medizinischen<br />
Versorgung<br />
7 9 3 3 1 2<br />
Ausländerthematik/Integration<br />
von Ausländern<br />
8 10 5 5 4 3<br />
(Alpen-)Transit- und Schwerverkehr 9 7 6 7 5 5<br />
Schweizerische Olympiakandidatur 10 8 9 7 10 10<br />
Rangkorrelationen (Spearman-Rho) .79** .97** .98**<br />
** p
Stattdessen geraten die Verbraucherthemen BSE/MKS und die Gesundheitskosten deutlich<br />
stärker in den Wahrnehmungshorizont des Publikums als dies von ihrer Präsenz in<br />
den <strong>Medien</strong> her zu erwarten wäre.<br />
Noch größere Abweichungen ergeben sich bei der Dringlichkeitseinschätzung. In der<br />
persönlichen Wichtigkeit der Schweizerinnen und Schweizer rücken die Beziehungen<br />
der Schweiz zur EU als Spitzenthema der <strong>Medien</strong> deutlich in den Hintergrund und finden<br />
sich nur noch auf Platz sechs wieder. Was den Befragten unter den Nägeln brennt,<br />
sind ganz klar auch hier die beiden Verbraucherthemen BSE/MKS und die medizinische<br />
Versorgung 6 . Die Probleme der Landwirtschaft sind zwar für die elektronischen <strong>Medien</strong><br />
von höchster Priorität, gehören aber nicht zu den drei Spitzenthemen der Printagenda.<br />
Die Gesundheitskosten rangieren dagegen bei beiden <strong>Medien</strong>agenden auf den hinteren<br />
Plätzen.<br />
Die Kluft zwischen <strong>Medien</strong>- und Bevölkerungsagenden lässt sich auch an den Rangkorrelationen<br />
ablesen, die in Tabelle 8 ausgewiesen sind. Keiner der Koeffizienten für<br />
die verschiedenen Gegenüberstellungen erreicht ein signifikantes Niveau. Während die<br />
Zusammenhänge zwischen <strong>Medien</strong> und Themenreichweite (awareness) noch moderat<br />
ausfallen, tendieren die Werte beim Vergleich von <strong>Medien</strong> und Themenwichtigkeit<br />
(priorities) gegen Null. Im <strong>Medien</strong>vergleich zeigt die Printagenda mehr Gemeinsamkeiten<br />
mit den beiden Publikumsagenden als die der elektronischen <strong>Medien</strong>.<br />
Tabelle 8: Agendenvergleich (Korrelationen)<br />
Marr · Das Ende der Gemeinsamkeiten?<br />
Rangkorrelationen <strong>Medien</strong>agenden<br />
(Spearman-Rho) Print TV/Radio Gesamt<br />
Awareness Offliner .58 .29 .58<br />
Onliner .57 .32 .57<br />
Publikumsagenden<br />
Priorities Offliner .14 .08 .14<br />
Onliner .12 .09 .12<br />
7. Zusammenfassung<br />
Die in dieser Studie präsentierten Daten liefern keine Hinweise auf ein mögliches Ende<br />
der Gemeinsamkeiten in Folge der Internetnutzung. Sie stützen die theoretischen Zweifel<br />
an den Auswirkungen der Publikumsfragmentierungen und an einem eigenständigen<br />
Thematisierungspotenzial des neuen Mediums, obwohl in Folge der Internetnutzung<br />
moderate Umverteilungen bei der Zuwendung zu den einzelnen <strong>Medien</strong>typen zu beobachten<br />
sind. Der Befund gilt sowohl für die Wahrnehmung von Themen als auch für die<br />
persönliche Einschätzung ihrer aktuellen Dringlichkeit für die Schweiz. Damit lässt sich<br />
der Desintegrationsverdacht gegen das Internet entkräften. Die relative Gelassenheit ge-<br />
6 Die hohe Dringlichkeit, die dem Thema Gesundheit in der Schweiz zugeschrieben wird, dokumentiert<br />
auch das vom GfS-Forschungsinstitut (2001) erstellte Sorgenbarometer, welches im<br />
Auftrag der Credit Suisse jährlich im Oktober/November bevölkerungsrepräsentativ erhoben<br />
wird. Rangierte das Thema 1999 noch auf Platz drei, galt es im Jahr 2000, also sechs Monate vor<br />
der Datenerhebung der vorliegenden Studie, als des Schweizers/der Schweizerin größte Sorge<br />
und blieb es auch 12 Monate später.<br />
527
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
genüber dieser Gefahr in der Schweiz, kann im Lichte der hier gewonnenen Daten<br />
durchaus als Ausdruck des Realitätssinns des Landes in der Antizipation von Gefahren<br />
für den gesellschaftlichen Integrationsdiskurs interpretiert werden. Die hohen Wellen,<br />
die Cass Sunsteins Thesen oder auch die von Robert Putnam (2000) initiierte Diskussion<br />
um die ‚Balkanisierung’ durch das Internet in den USA geschlagen haben, zeigt,<br />
dass die Beunruhigung dort ungleich größer zu sein scheint.<br />
Dessen ungeachtet bleibt als zweiter Befund festzuhalten, dass die Agenden beider<br />
Vergleichsgruppen deutlich von jener der traditionellen <strong>Medien</strong> abweichen. Dies trifft<br />
auf die Gewichtung und in etwas geringerem Maße auf die Reichweite der Themen zu.<br />
Ein solcher Befund gibt vor dem Hintergrund der Agenda-Setting-Forschung Rätsel<br />
auf. Ohne Zweifel ist die Frage der Einbindung des Landes in den europäischen Integrationsprozess<br />
für die Schweiz eine Frage von hoher wirtschaftlicher, politischer und<br />
kultureller Priorität. Die Massenmedien tragen dem Rechnung, indem sie das Thema an<br />
die Spitze ihrer Agenda setzen. Allerdings gelingt es ihnen nicht, eine entsprechende<br />
Sensibilisierung beim Publikum zu erreichen. Für die Bevölkerung stehen Themen im<br />
Vordergrund, die sich durch eine hohe Alltagsrelevanz auszeichnen und mit dem aus der<br />
Agenda-Setting-Forschung geläufigen Begriff der „obtrusive issues“ (vgl. Zucker 1978)<br />
beschrieben werden können. Interessanterweise sind aber die Topthemen des Publikums<br />
wie BSE/MKS, die Wirtschaftskriminalität oder die Ausländerproblematik eng<br />
mit der Frage der europäischen Integration verknüpft und können als deren alltagsrelevante<br />
Seite betrachtet werden. In dieser Lesart steht die Kluft zwischen <strong>Medien</strong>- und<br />
Publikumsagenda auch für die Kluft zwischen der Sensibilisierung für Ursachen und<br />
Folgen gesellschaftlicher Zusammenhänge. Sollte den <strong>Medien</strong> deren Überbrückung jemals<br />
gelungen sein, dann haben wir es hier mit einem Prozess zu tun, der die Aufmerksamkeit<br />
künftiger Forschung mehr als verdient.<br />
Ein weiteres Fragezeichen lässt sich in Bezug auf die Themendefinition setzen. Diese<br />
bewegte sich in engen inhaltlichen Grenzen und lässt sich bezüglich der Klassifikation<br />
von Themenabstraktionen in „abstract issues“, „concrete issues“ und „events“, wie sie<br />
Yagade und Dozier (1990) vorgeschlagen haben, wohl in der Mehrzahl der Fälle den<br />
„concrete issues“ zuordnen. Fraglich ist diese Zuordnung allerdings beim Thema<br />
„Schweiz-EU“, das durchaus auch als „abstract issue“ begriffen werden könnte, obwohl<br />
in der Fragestellung mit dem Zusatz „EU-Initiative“ eine Konkretisierung und Verknüpfung<br />
mit einem aktuellen Ereignis versucht wurde. Wenn es stimmt, dass Agenda-<br />
Setting-Effekte mit steigendem Abstraktionsgrad unwahrscheinlicher werden (vgl.<br />
Yagade/Dozier 1990: 4), dann könnte die geringe Dringlichkeit des EU-Themas für die<br />
Bevölkerung auch mit seinem höheren Abstraktionsgrad erklärt werden.<br />
Wie auch immer man die Agenden-Kluft interpretiert, mit der vorliegenden Untersuchung<br />
kann die Internetnutzung als mögliche Ursache ausgeschlossen werden. Allerdings<br />
nur unter den konzeptionellen Voraussetzungen, die bei der Studie getroffen wurden.<br />
Mit dem quasi-experimentellen Samplingdesign konnten zwar verzerrende Einflüsse<br />
demographischer Drittvariablen kontrolliert werden, gleichzeitig wurden dazu<br />
Vergleichsgruppen gebildet, die so in der sozialen Realität nicht existieren. Eine Überprüfung<br />
der Befunde anhand bevölkerungsrepräsentativer Studien ist dringend geboten.<br />
Methodisch folgenreich könnte schließlich auch die etwas grobe Operationalisierung<br />
der Internetnutzung gewesen sein. Eine Differenzierung über die einfache Unterscheidung<br />
„keine Nutzung/regelmäßige Nutzung“ hinaus, würde unter Umständen jene<br />
Unterschiede produzieren, die so nicht sichtbar werden. Um Forschungen in diese<br />
Richtung zu stimulieren, sei eine letzte Auswertung angefügt. Vergleicht man die<br />
Agenden von Offlinern mit der jener Onliner, die angaben, das Internet für die Infor-<br />
528
mation über nationale Ereignisse den anderen <strong>Medien</strong> vorzuziehen (N = 82), ergibt<br />
sich eine nicht-signifikante Awareness-Rangkorrelation von r = 0.6, was auf eine abweichende<br />
Themenreichweite bei Nicht-Nutzern und internetabhängigen Nutzern<br />
hindeutet. Allerdings verschwindet dieser Unterschied bei den Priorities-Agenden<br />
(r = 0.9) wieder. Eine Fortsetzung dieser Differenzierung ist mit unseren Daten nicht<br />
möglich, da damit die Parallelisierung der Vergleichsgruppen nicht aufrechterhalten<br />
werden kann.<br />
Literatur<br />
Marr · Das Ende der Gemeinsamkeiten?<br />
ARD/ZDF-Arbeitsgruppe Multimedia (1999): Nichtnutzer von Online: Einstellungen und Zugangsbarrieren.<br />
In: Media Perspektiven, Nr. 8, S. 415 – 422.<br />
Beck, Ulrich (1994): The Debate on the „Individualization Theory“ in Today’s Sociology in Germany.<br />
In: Soziologie. Journal of the Deutsche Gesellschaft für Soziologie, Special Edition 3,<br />
S. 191 – 200.<br />
Bonfadelli, Heinz (2000): <strong>Medien</strong>wirkungsforschung II. Anwendungen in Politik, Wirtschaft und<br />
Kultur. Konstanz.<br />
Bonfadelli, Heinz (2002): The Internet and Knowledge Gaps. A Theoretical and Empirical Investigation.<br />
In: European Journal of Communication 17, H. 1, S. 65 – 84.<br />
Bonfadelli, Heinz/Marr, Mirko (2002): Die <strong>Medien</strong> in der Informationsgesellschaft. In: Bundesamt<br />
für Statistik (Hrsg.): Informationsgesellschaft Schweiz. Standortbestimmung und Perspektiven.<br />
Neuchâtel, S. 49 – 67.<br />
Bortz, Jürgen/Döring, Nicola (1995): Forschungsmethoden und Evaluation. Berlin, Heidelberg,<br />
New York.<br />
Brosius, Hans-Bernd (1994): Agenda-Setting nach einem Vierteljahrhundert Forschung: Methodischer<br />
und theoretischer Stillstand? In: Publizistik 39, H. 3, S. 269 – 288.<br />
Cook, Thomas D./Campbell, Donald T. (1979): Quasi-Experimentation: Design and Analysis Issues<br />
for Field Settings. Chicago.<br />
Dearing, James W./Rogers, Everett M. (1996): Agenda-Setting. Thousand Oaks.<br />
Donges, Patrick (2002): Durchsetzung von Integrationsanforderungen an den Rundfunk über Verhandlungssysteme?<br />
In: Imhof, Kurt/Jarren, Otfried/Blum, Roger: Integration und <strong>Medien</strong>.<br />
<strong>Medien</strong>symposium Luzern, Band 7. Wiesbaden, S. 336 –346.<br />
Donges, Patrick/Jarren, Otfried (1999): Politische Öffentlichkeit durch Netzkommunikation. In:<br />
Kamps, Klaus (Hrsg.): Elektronische Demokratie? Perspektiven politischer Partizipation. Opladen,<br />
S. 85 – 108.<br />
Fisher, Dana R/Wright, Larry M. (2001): On Utopias and Dystopias: Toward an Understanding<br />
of the Discourse Surrounding the Internet. In: Journal of Computer-Mediated Communication<br />
6, H. 2, In: http://www.ascusc.org/jcmc/vol6/issue2/fisher.html .<br />
GfS-Forschungsinstitut (2001): Ereignisse, politische und wirtschaftliche Zyklen als Determinanten<br />
des Problembewusstseins. Schlussbericht zum „Sorgenbarometer 2001“ für das Bulletin der<br />
Credit Suisse. Bern, erhältlich unter: http://emagazine.credit-suisse.ch.<br />
Graber, Doris A. (1988): Processing the News: How People Tame the Information Tide. White<br />
Plains.<br />
Hagen, Lutz (1998): Online-Nutzung und Nutzung von Massenmedien. Eine Analyse von Substitutions<br />
und Komplementärbeziehungen. In: Rössler, Patrick (Hrsg.): Online-Kommunikation.<br />
Beiträge zur Nutzung und Wirkung. Opladen, S. 105 – 122.<br />
Hagen, Lutz M./Kamps, Klaus (1999): Netz-Nutzer und Netz-Nutzung. Zur Rezeption politischer<br />
Informationen in Online-<strong>Medien</strong>. In: Kamps, Klaus (Hrsg.): Elektronische Demokratie.<br />
Perspektiven politischer Partizipation. Opladen, S. 209 – 226.<br />
Handel, Ulrike (2000): Die Fragmentierung des <strong>Medien</strong>publikums. Bestandsaufnahme und empirische<br />
Untersuchung eines Phänomens der <strong>Medien</strong>nutzung. Wiesbaden.<br />
Hasebrink, Uwe (1994): Das Publikum verstreut sich. Zur Entwicklung der Fernsehnutzung. In:<br />
529
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
Jarren, Otfried (Hrsg.): <strong>Medien</strong>wandel – Gesellschaftswandel? Zehn Jahre dualer Rundfunk in<br />
Deutschland: Eine Bilanz. Berlin, S. 265 – 287.<br />
Hasebrink, Uwe (1997): „Ich bin viele Zielgruppen.“Anmerkungen zur Debatte um die Fragmentierung<br />
des Publikums aus kommunikations<strong>wissenschaft</strong>licher Sicht. In: Scherer, Helmut/Brosius,<br />
Hans-Bernd (Hrsg.): Zielgruppen, Publikumssegmente, Nutzergruppen. Beiträge aus der<br />
Rezeptionsforschung. München, S. 262 – 280.<br />
Heuser, Uwe J. (1996): Tausend Welten. Die Auflösung der Gesellschaft im digitalen Zeitalter. Berlin.<br />
Holtz-Bacha, Christina (1997): Das fragmentierte <strong>Medien</strong>publikum. Folgen für das politische System.<br />
In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Beilage zur Wochenzeitung ‚Das Parlament‘, H. 42,<br />
S. 13 – 21.<br />
Holtz-Bacha, Christina/Peiser, Wolfram (1999): Verlieren die Massenmedien ihre Integrationsfunktion?<br />
Eine empirische Analyse zu den Folgen der Fragmentierung des <strong>Medien</strong>publikums.<br />
In: Hasebrink, Uwe/Rössler, Patrick (Hrsg.): Publikumsbindungen. <strong>Medien</strong>rezeption zwischen<br />
Individualisierung und Integration. München, S. 41 – 56.<br />
Jäckel, Michael (1996): Wahlfreiheit in der Fernsehnutzung. Eine soziologische Analyse zur Individualisierung<br />
der Massenkommunikation. Opladen.<br />
Jäckel, Michael (1999): Individualisierung und Integration. Die Bedeutung von <strong>Medien</strong>angeboten.<br />
In: Hasebrink, Uwe/Rössler, Patrick (Hrsg.): Publikumsbindungen. <strong>Medien</strong>rezeption zwischen<br />
Individualisierung und Integration. München, S. 11 – 19.<br />
Jarren, Otfried (Hrsg.) (1994a): <strong>Medien</strong>wandel – Gesellschaftswandel? Zehn Jahre dualer Rundfunk<br />
in Deutschland: Eine Bilanz. Berlin.<br />
Jarren, Otfried (1994b): <strong>Medien</strong>-Gewinne und Institutionen-Verluste? – Zum Wandel des intermediären<br />
Systems in der <strong>Medien</strong>gesellschaft. In: Jarren, Otfried (Hrsg.): Politische Kommunikation<br />
in Hörfunk und Fernsehen. Opladen, S. 23 – 34.<br />
Jarren, Otfried (1998): Internet – neue Chancen für die politische Kommunikation? In: Aus Politik<br />
und Zeitgeschichte, H. 40, S. 13 – 21.<br />
Jarren, Otfried (2000): Gesellschaftliche Integration durch <strong>Medien</strong>? Zur Begründung normativer<br />
Anforderungen an die <strong>Medien</strong>. In: <strong>Medien</strong> & <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong> 48, H. 1, S. 22 –<br />
41.<br />
Koordinationsgruppe Informationsgesellschaft (KIG) (2001): Dritter Bericht der Koordinationsgruppe<br />
Informationsgesellschaft an den Bundesrat. Biel.<br />
Krotz, Friedrich (1999): Individualisierungsthese und Internet. In: Latzer, Michael/Maier-Rabler,<br />
Ursula/Siegert, Gabriele/Steinmaurer, Thomas (Hrsg.): Die Zukunft der Kommunikation.<br />
Phänomene und Trends in der Informationsgesellschaft. Innsbruck, Wien, S. 347 – 366.<br />
Lievrouw, Leah A. (2001): New Media and the „Pluralization of Life-Worlds“. A role for information<br />
in social differentiation. In: New Media & Society 3, H. 1, S. 7 – 28.<br />
Marshall, Stefan (1997): Politik „online“ – Demokratische Öffentlichkeit dank Internet? In: Publizistik<br />
42, H. 3, S. 304 – 324.<br />
Marshall, Stefan (1999): Glaubwürdigkeit in der politischen Online-Kommunikation. Politische<br />
Netzöffentlichkeiten in der ‘Unglaubwürdigkeitsfalle. In: Rössler, Patrick/Wirth, Werner<br />
(Hrsg.): Glaubwürdigkeit im Internet. Fragestellungen, Modelle, empirische Befunde. München,<br />
S. 157 – 172.<br />
McCombs, Maxwell E. (1977): Agenda Setting Function of Mass Media. In: Public Relations Review<br />
3, H. 4, S. 89 – 95.<br />
McCombs, Maxwell E./Shaw, Donald L./Weaver, David H. (Hrsg.) (1997): Communication and<br />
Democracy: Exploring the Intellectual Frontiers in Agenda-Setting Theory. Hillsdale.<br />
McQuail, Denis (1994): Mass Communication Theory. An Introduction. London.<br />
McQuail, Denis (1997): Audience Analysis. Thousand Oaks.<br />
Neuman, W. Russell (1991): The Future of the Mass Audience. Cambridge.<br />
Neuman, W. Russell (2000): The Impact of the New Media. In: Bennett, W. Lance/Entman, Robert<br />
M. (Hrsg.): Mediated Politics. Communication in the Future of Democracy. New York: Cambridge<br />
University Press, S. 299 – 320.<br />
Nie, Norman H./Erbring, Lutz (2000): Internet and Society. A Preliminary Report. Stanford.<br />
530
Marr · Das Ende der Gemeinsamkeiten?<br />
Oehmichen, Ekkehart/Schröter, Christian (2001): Information: Stellenwert des Internets im Kontext<br />
klassischer <strong>Medien</strong>. Schlussfolgerungen aus der ARD/ZDF-Online-Studie 2001. In: Media<br />
Perspektiven H. 8, S. 410 – 421.<br />
Putnam, Robert D. (2000): Bowling Alone: The Collapse and Retrival of American Community.<br />
New York.<br />
Ridder, Christa-Maria/Engel, Bernhard (2001): Massenkommunikation 2000: Images und<br />
Funktionen der Massenmedien im Vergleich. Ergebnisse der 8. Welle der ARD/ZDF-<br />
Langzeitstudie zur <strong>Medien</strong>nutzung und -bewertung. In: Media Perspektiven, H. 3, S. 102 –<br />
125.<br />
Rössler, Patrick (1997a): Agenda-Setting. Theoretische Annahmen und empirische Evidenzen einer<br />
<strong>Medien</strong>wirkungshypothese. Opladen.<br />
Rössler, Patrick (1997b): Die Definitionsmacht für Themen des politischen Diskurses in einer veränderten<br />
<strong>Kommunikations</strong>welt. Agenda-Setting und die Individualisierungstendenzen im Online-Zeitalter<br />
– ein Szenario. In: Schatz, Heribert/Jarren, Otfried/Knaup, Bettina (Hrsg.):<br />
Machtkonzentration in der Multimediagesellschaft? Beiträge zu einer Neubestimmung des<br />
Verhältnisses von politischer und medialer Macht. Opladen, S. 78 – 97.<br />
Rössler, Patrick (Hrsg.) (1998): Online-Kommunikation. Beiträge zur Nutzung und Wirkung. Opladen.<br />
Rössler, Patrick (1999): Politiker: Die Regisseure in der medialen Themenlandschaft der Zukunft?<br />
Agenda-Setting-Prozesse im Zeitalter neuer <strong>Kommunikations</strong>technologien. In: Imhof,<br />
Kurt/Jarren, Otfried/Blum, Roger (Hrsg.): Steuerungs- und Regelungsprobleme in der Informationsgesellschaft.<br />
Opladen/Wiesbaden, S. 149 – 166.<br />
Rühl, Manfred (1985): Integration durch Massenkommunikation? Kritische Anmerkungen zum<br />
klassischen Integrationsbegriff. In: Saxer, Ulrich (Hrsg.): Gleichheit oder Ungleichheit durch<br />
Massenmedien. Zürich, S. 19 – 32.<br />
Saxer, Ulrich (2002): Verelendung nicht zwingend. Droht der Gesellschaft eine „digitale Spaltung“?<br />
In: Neue Zürcher Zeitung vom 16.08.2002.<br />
Schönbach, Klaus (1997): Das hyperaktive Publikum – Essay über eine Illusion. In: Publizistik 42,<br />
H. 3, S. 279 – 286.<br />
Schroer, Markus (2000): Das Individuum der Gesellschaft. Synchrone und diachrone Theorieperspektiven.<br />
Frankfurt am Main.<br />
Schulz, Winfried (1997): Neue <strong>Medien</strong> – Chancen und Risiken. Tendenzen der <strong>Medien</strong>entwicklung<br />
und ihre Folgen. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Beilage zur Wochenzeitung ‚Das Parlament‘,<br />
H. 42, S. 3 – 12.<br />
Schulz, Winfried (1999): Fernsehen und sozialer Wandel: Untersuchungen zur Integrations- und<br />
Fragmentierungsthese. In: Wilke, Jürgen (Hrsg.): Massenmedien und Zeitgeschichte. Konstanz,<br />
S. 90 – 105.<br />
Schweiger, Wolfgang (1999): <strong>Medien</strong>glaubwürdigkeit – Nutzungserfahrung oder <strong>Medien</strong>images?<br />
Eine Befragung zur Glaubwürdigkeit des World Wide Web im Vergleich mit anderen <strong>Medien</strong>.<br />
In: Kamps, Klaus (Hrsg.): Elektronische Demokratie. Perspektiven politischer Partizipation.<br />
Opladen, S. 89 – 110.<br />
Schweizerischer Bundesrat (1998): Strategie des Bundesrates für eine Informationsgesellschaft in<br />
der Schweiz. In: http://e-gov.admin.ch/extradoc/strategie_de.pdf <br />
Stempel, Guido H./Hargrove, Thomas/Bernt, Joseph P. (2000): Relation of Growth of Use of the<br />
Internet to Changes in Media Use from 1995 to 1999. In: Journalism & Mass Communication<br />
Quarterly 77, H. 1, S. 71 – 79.<br />
Sunstein, Cass R. (2001): The Daily We. Is the Internet really a blessing for democracy? In: Boston<br />
Review 26, H. 3-4, S. 4 – 9.<br />
Trechsel, Alexander H. (2002): Politik und Verwaltung in der Informationsgesellschaft. In: Bundesamt<br />
für Statistik (Hrsg.): Informationsgesellschaft Schweiz. Standortbestimmung und Perspektiven.<br />
Neuchâtel, S. 101 – 118.<br />
van Eimeren, Birgit/Gerhard, Heinz/Frees, Beate (2001): ARD/ZDF-Online-Studie 2001: Internetnutzung<br />
stark zweckgebunden. Entwicklung der Online-<strong>Medien</strong> in Deutschland. In: Media<br />
Perspektiven, H. 8, S. 382 – 397.<br />
531
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
Winkel, Olaf (2001): Die Kontroverse um die demokratischen Potenziale der interaktiven Informationstechnologien<br />
– Positionen und Perspektiven. In: Publizistik 46, H. 2, S. 140 – 161.<br />
Wirth, Werner/Schweiger, Wolfgang (Hrsg.) (1999): Selektion im Internet. Empirische Analysen<br />
zu einem Schlüsselkonzept. Opladen.<br />
Yagade, Alieen/Dozier, David M. (1990): The Media Agenda-Setting Effect of Concrete versus Abstract<br />
Issues. In: Journalism Quarterly 67, S. 3 – 10.<br />
Zucker, Harold. G. (1978): The Variable Nature of News Media Influence. In: Ruben, B. D.<br />
(Hrsg.): Communication Yearbook 2. New Brunswick, S. 225 – 240.<br />
532
Chatten als <strong>Kommunikations</strong>spiel<br />
Susanne Wolf / Helena Bilandzic<br />
Ausgehend vom Rahmenkonzept Goffmans wird ein Spielmodell des Chattens entwickelt,<br />
das eine weiter gehende Erklärung der Chatnutzung bietet. Mit Hilfe des Modells<br />
lässt sich zeigen, warum Anonymität und Unverbindlichkeit als grundlegende Charakteristika<br />
der Chatkommunikation nicht zu einer völligen Missachtung von Gesprächs-<br />
und Umgangskonventionen führen. Das Spielmodell basiert auf den Grundelementen<br />
konventioneller Spiele und wurde in einer empirischen Studie mit einer<br />
Kombination von Beobachtung und Lautem Denken konkretisiert. Als Spielhandlungen<br />
werden die einzelnen Kommunikate der Chatter betrachtet. Die Darstellung der eigenen<br />
Identität zu steuern und die des anderen zu enttarnen, kann als spielimmanentes Ziel<br />
begriffen werden. Dabei geht es nicht um das bloße Entlarven des Gesprächspartners,<br />
vielmehr ist ein origineller und geistreicher Weg dorthin – über die Spielhandlungen –<br />
entscheidend. Dementsprechend entwickeln die Chatter Spielstrategien, um ihre <strong>Kommunikations</strong>geschicklichkeit<br />
zu steigern: Aktivität, Schnelligkeit und Originalität machen<br />
einen Spieler zum gefragten Gesprächspartner. Beherrscht man diese Strategien<br />
nicht oder missachtet man die grundlegenden Umgangsformen, wird man im Chat<br />
ignoriert und aus dem Spiel ausgeschlossen – mit der Konsequenz, dass auch das Spielvergnügen<br />
beendet ist.<br />
Keywords: Chat, Spiel, Rahmenanalyse, lautes Denken<br />
1. Einführung<br />
Pessimisten warnten Anfang der 90er Jahre vor negativen Auswirkungen der Chat-<br />
Kommunikation: Anonyme Netzbekanntschaften würden reale Beziehungen ersetzen<br />
und zu sozialer Isolation führen (z. B. Mettler-Meibom, 1990). Nachdem die erste Aufregung<br />
über die neue <strong>Kommunikations</strong>form Chat abgeklungen ist, sowohl bei Kritikern<br />
als auch Nutzern, kann man sagen, dass sich die Befürchtungen nicht bewahrheitet haben.<br />
Obwohl 30% aller Onliner den Chat nutzen und dies unter anderem auch deshalb<br />
tun, um Kontakte zu knüpfen, sind es relativ wenige, die ihre realen Bekanntschaften<br />
wegen Cyberspace-Beziehungen vernachlässigen (Döring, 1996: 300). Neben den Kontaktmotiven<br />
gibt es eine weitere wichtige Gruppe von Motiven, warum sich Menschen<br />
der Chatkommunikation zuwenden; das sind unspezifische Motive wie Unterhaltung,<br />
Zeitvertreib, Ablenkung. Um diese unspezifischen Motive zu konkretisieren und eine<br />
weiter gehende Erklärung der Chatnutzung zu bieten, schlagen wir in diesem Beitrag<br />
vor, den Chat als <strong>Kommunikations</strong>spiel zu betrachten. Nach einer theoretischen Analyse<br />
der <strong>Kommunikations</strong>situation im Chat und ihrer Konsequenzen als Spielvoraussetzungen<br />
wird der Spielaspekt empirisch untersucht.<br />
2. Theoretische Analyse des Chat<br />
Das Gespräch im Chat trägt die typischen Merkmale eines informellen Alltagsgesprächs<br />
(vgl. Gesprächstyp-Dimensionen nach Henne und Rehbock, 1995: 32 f.): Es ist ein natürliches<br />
Gespräch, das sich erst im Verlauf konstituiert und nicht vorbereitet ist; die Handlungsdimensionen<br />
sind offen, sowohl diskursive (kontroverse Diskussion von Normen<br />
533
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
oder Themen), direktive (Handlungs- und Hinweischarakter, etwa Ratsuche, Ratgeben)<br />
als auch narrative (ohne bestimmtes inhaltliches Ziel zur Herstellung eines sprachlichen<br />
Kontaktes) Gespräche scheinen im Chat möglich. Diese geringe Determiniertheit<br />
macht das Alltags- sowie das Chatgespräch gewissermaßen selbstzweckhaft: Nicht<br />
der Gesprächsinhalt ist (in der Regel) wichtig, sondern dass das Gespräch läuft –<br />
dem „Gesprächsfluss wird nahezu jeder Gesprächsgegenstand geopfert“ (Keppler, 1994:<br />
88 f.).<br />
Der Chat stellt eine Fernkommunikation dar, die zwar zeitlich simultan, aber räumlich<br />
fern abläuft. Dies ist ebenso beim Telefonieren der Fall, jedoch schrumpft die<br />
räumliche Nähe beim Chat so weit, dass jegliche Körperlichkeit, etwa das Sehen der Person,<br />
aber auch das Hören ihrer Stimme, wegfällt. Das Fehlen des physisch-interpersonellen<br />
Kontexts, das bereits oft als wichtigstes Charakteristikum des Chat wie der<br />
Netzkommunikation überhaupt genannt worden ist (z. B. Gallery 2000: 71), setzt die<br />
Bedingungen für die Kommunikation.<br />
Anonymität. Durch das Wegfallen des physisch-interpersonellen Kontexts fehlen Informationen<br />
wie Name, Status, Alter, Geschlecht und Aussehen und machen die visuelle<br />
oder auditive Identifikation der Real-Life-Identität einer Person unmöglich – die <strong>Kommunikations</strong>partner<br />
können anonym bleiben. Allerdings herrscht keine völlige Namenlosigkeit<br />
im Chat, da Nicknames zur Kennzeichnung der Chat-Persönlichkeit dienen.<br />
Ob die Angabe dieses fiktiven Namens jedoch ausreicht, um die Anonymität im Chat<br />
aufzuheben, ist stark zu bezweifeln (Gallery 2000: 72). Gerade Kategorien wie Geschlecht<br />
und Alter spielen eine entscheidende Rolle in der sozialen Interaktion, nicht zu<br />
vergessen auch Hautfarbe, Größe, Attraktivität etc. Solche Merkmale fungieren als<br />
Schlüssel, mit denen eine ganze Reihe von Erwartungen verbunden sind.<br />
Unverbindlichkeit. Des Weiteren fehlt der Kommunikation im Chat die Verbindlichkeit<br />
der direkten Kommunikation. Mediale Kontakte entbehren gegenseitiger Verpflichtungen<br />
und Zusagen, die bei realen Begegnungen eingegangen werden (Höflich,<br />
1999: 147; Turkle, 1999: 286). Direkte und unverblümte, auch verletzende Äußerungen<br />
(flaming) können ohne Konsequenzen für die Real-Life-Existenz erfolgen (Kiesler/Siegel/McGuire,<br />
1984: 1129). Interessanter Weise herrscht aber trotzdem ein großes Maß<br />
an Selbstkontrolle vor; ungezügelte Äußerungen halten sich in Grenzen (Klemm/Graner,<br />
2000: 165).<br />
Nicht nur die Verantwortung für die Folgen einer Äußerung ist schwerlich einzufordern,<br />
auch grundlegende Gesprächskonventionen, wie etwa, dass der Gesprächspartner<br />
die volle Aufmerksamkeit erhält, oder dass nebenbei nicht geflüstert wird, können unbemerkt<br />
gebrochen werden. Ebenso kann die Verbindlichkeit zu einer Kontinuität des<br />
Gesprächs verletzt werden: „Relativ mühelos kann man sich in ein Gespräch einschalten<br />
und wieder ausklinken“ und, so Scherer und Wirth weiter, „man hinterlässt zwar<br />
Spuren, kann aber nicht aufgespürt werden“ (Scherer/Wirth, 2002: 341).<br />
Handlungen im Chat. Diese besonderen Umstände der Chat-Kommunikation wirken<br />
auf die Kommunikation selbst zurück. Diese Anpassung an den Kontext kann mit<br />
dem Rahmenkonzept von Goffman theoretisch formuliert werden (Goffman, 1977;<br />
Esser, 1999; vgl. auch Höflich, 1998, 1999; Höflich/Gebhardt 2001; Döring, 1997a: 303):<br />
Menschen finden sich in ihrem Alltag zurecht, indem sie sich in jeder Situation fragen,<br />
was gerade vor sich geht. Dadurch definieren sie die aktuelle Situation, oder anders ausgedrückt,<br />
sie geben ihr einen Rahmen, der wiederum ihre folgenden Handlungen wesentlich<br />
bestimmt. Mit dem Begriff Rahmen (Frame) sind Deutungs- und Interpretationsmuster<br />
gemeint, über die Konsens bei den Akteuren herrscht, und die eine soziale Situation<br />
aus der Sicht der Akteure strukturieren und Verhaltenserwartungen schaffen<br />
534
Wolf / Bilandzic · Chatten als <strong>Kommunikations</strong>spiel<br />
(Döring, 1997a: 303; Hettlage, 1991: 95-154). Ein klarer Rahmen liegt dann vor, wenn<br />
der Konsens stark ist, die Beteiligten die Situation also ähnlich einschätzen. Beim Chat<br />
wird der Rahmen vor allem durch das Fehlen des physisch-interpersonellen Kontexts<br />
sowie der daraus resultierenden Anonymität und Unverbindlichkeit geprägt.<br />
Im Gegensatz dazu ist Rahmung (Framing) die Situationsdefinition, wie sie konkrete<br />
Akteure in einer konkreten Situation durchführen. Sie kann eine Aktualisierung des<br />
Rahmens enthalten, aber auch darüber hinausgehen, vor allem, wenn der Rahmen unklar<br />
ist und neue unvertraute Situationen vorliegen (Goffman, 1977: 46 f.; Crook/Taylor,<br />
1980: 245; Willems 1997: 59). In der konkreten Chat-Situation müssen sich die Teilnehmer<br />
fortwährend orientieren, wenn sie ihre sprachlichen Handlungen planen (z. B.<br />
Wer ist im Chat? Worüber wird geredet? Wie kann ich mich einbringen?).<br />
Der Chat-Rahmen hat drei Konsequenzen für den Umgang der User mit dem Chat<br />
und damit für die Rahmung: (1) Die gegenseitige Wahrnehmung der <strong>Kommunikations</strong>partner<br />
verändert sich. (2) Die Erwartungen an die Kommunikation werden den Bedingungen<br />
angepasst. (3) Die eigene Person wird von ihrer Real-Life-Identität befreit.<br />
1. Veränderte Wahrnehmung der <strong>Kommunikations</strong>partner. Im Chat werden soziale<br />
Hinweisreize durch die Art der Übermittlung ausgeblendet. In der Terminologie<br />
der Kanalreduktionstheorie ist mit der Verringerung der <strong>Kommunikations</strong>kanäle ein Informationsverlust<br />
verbunden, der die Wahrnehmung der <strong>Kommunikations</strong>partner verändert<br />
(Kiesler/Siegel/McGuire, 1984: 1123 ff.; Döring, 1997b: 278 f.). Gerade die im<br />
Chat fehlenden Informationen über den Hintergrund (Alter, Aussehen, Bildung, Status,<br />
Vermögen) einer Person entscheiden in Alltagssituationen oft, wie wir eine Person einschätzen,<br />
ob sie uns sympathisch ist und ob wir mit ihr in Kontakt treten. Im Chat hingegen<br />
haben die Teilnehmer ausschließlich die Kommunikate (Threads) zur Verfügung,<br />
um die Situation zu definieren und die Personen einzuschätzen – „unfreiwillige“ nonverbale,<br />
paraverbale und sonstige Personeninformationen fließen in die Rahmung nicht<br />
ein. 1 Jede neue Äußerung kann das bisherige Bild vom Gesprächspartner vervollständigen<br />
oder revidieren.<br />
Zum anderen geht mit der fehlenden Information ein ständiges Hinterfragen der<br />
Glaubwürdigkeit einher: „Glaubwürdigkeit ist das Ergebnis eines konkreten und situativen<br />
Zuschreibungsprozesses, in dessen Verlauf der Rezipient eine Botschaft, eine<br />
Quelle, ein Medium oder auch andere Sachverhalte überprüft und einschätzt“ (Krotz,<br />
1999: 126). In der Face-to-Face-Kommunikation erfolgt diese Zuschreibung und Überprüfung<br />
anhand nonverbaler Aspekte wie Gestik und Mimik. Als Indikatoren für Täuschungen<br />
werden z. B. Kopf- und Körperbewegungen, Blickkontakte, aber auch<br />
Sprechgeschwindigkeit, Pausen und Stottern herangezogen, die im Chat freilich fehlen.<br />
Man muss sich wohl damit arrangieren, so Höflich, im Netz jederzeit einer Täuschung<br />
ausgeliefert zu sein (Höflich, 1999: 147).<br />
2. Anpassung der <strong>Kommunikations</strong>erwartungen an den Chat-Rahmen. Wegen<br />
ihrer Besonderheiten kann die Chatkommunikation nicht alle Funktionen der interpersonalen<br />
Kommunikation übernehmen. Manche kommunikativen Ziele erscheinen<br />
durch eine elektronische Vermittlung geradezu gefährdet (Versöhnungsgespräche, Kondolenzbezeugungen).<br />
Eine Abwägung, welches Medium für welches <strong>Kommunikations</strong>vorhaben<br />
geeignet ist, ist notwendig (Döring, 1997b: 279 f.). Es ist daher plausibel, dass<br />
1 Daher stammt auch die Anfälligkeit der Chat-Kommunikation für Missverständnisse (z. B. bei<br />
ironischen Bemerkungen ohne stimmliche oder mimische Ironiezeichen).<br />
535
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
Chatter ihre Erwartungen am Chat-Rahmen ausrichten. Eine Substitution persönlicher<br />
Kontakte durch Netzkontakte (z. B. Mettler-Meibom, 1990: 65 ff.) erscheint wenig<br />
wahrscheinlich, weil an die beiden <strong>Kommunikations</strong>arten verschiedene Erwartungen<br />
gerichtet und unterschiedliche Gratifikationen gesucht werden, was eher eine Komplementarität<br />
nahe legt (vgl. auch die Befragungsergebnisse von Döring, 1996: 300<br />
und Weinreich, 1997: 84 f.). Netzbeziehungen können zwar ins reale Leben übertragen<br />
werden, nehmen dann aber durch den Rahmenwechsel einen völlig neuen Charakter<br />
an.<br />
3. „Befreiung“ von der eigenen Real-Life-Identität. Krotz sieht die „Anonymität als<br />
Chance“ (Krotz, 1999: 125), weil sie von den Zwängen der direkten Kommunikation befreit.<br />
So werden z. B. soziale Barrieren verringert und ausgewogenere Partizipationschancen<br />
ermöglicht. Eine virtuelle <strong>Medien</strong>identität kann beliebig angenommen und<br />
durchgespielt werden, 2 wie z. B. der oft diskutierte Fall eines Psychiaters, der sich als<br />
eine nach einem Autounfall gelähmte Frau ausgab, zeigt (van Gelder, 1991: 373; Stone,<br />
1995: 70 ff.). Daneben gibt es auch relativ harmlose Täuschungen, wie die selektive<br />
Selbstpräsentation (z. B. Verschweigen überschüssiger Pfunde; Walther, 1996: 19) oder<br />
die Selbstkorrektur (Hinzufügen einiger Zentimeter Körpergröße). Es kann sich dabei<br />
um Veränderungen handeln, die für die jeweilige <strong>Kommunikations</strong>situation funktional<br />
sind, etwa die Akzeptanz als Chat-Partner erhöhen, oder dem eigenen Selbstbild besser<br />
entsprechen (Scherer/Wirth, 2002: 340, mit Hinweis auf Döring, 1999). <strong>Medien</strong>identitäten<br />
müssen sich schlüssig präsentieren, sie müssen also bestimmte Rollen erlernen und<br />
diese konsequent spielen, was bei einer großen Diskrepanz zur Real-Life-Identität auf<br />
Dauer sehr anstrengend ist und hohe Konzentration erfordert (Scherer/Wirth, 2002:<br />
341). Wenn hier von „Identität“ die Rede ist, so sind Schlüsselmerkmale gemeint, die in<br />
einem Face-to-Face-Kontakt sofort in Erfahrung gebracht werden können (Alter, Geschlecht,<br />
Status, Aussehen) und die als Basisinformation über eine Person mit einer<br />
ganzen Grammatik von Erwartungen verbunden sind. Diese Schlüsselinformationen zur<br />
Identität, die sonst so selbstverständlich sind, fehlen im Chat.<br />
Soziale Regeln im Netz. Die pessimistische Interpretation der drei beschriebenen<br />
Konsequenzen lautet, dass der Chat generell Möglichkeiten zur (böswilligen) Täuschung<br />
über die eigene Identität und Verletzungen von Standards des sozialen Umgangs<br />
eröffnet. Jedoch „entstehen nicht nur dem Alltag analoge Formen sozialer Vergemeinschaftung<br />
(etwa: Kontinuität durch den gleichen Nick, … usw.), sondern die Chatter beginnen<br />
sich darüber hinaus auch als Gemeinschaft zu verstehen und aktiv eine soziale<br />
Verregelung zu betreiben“ (Schmidt, 2000: 18), etwa in Form der Netiquetten, deren<br />
Einhaltung durch die so genannte elektronische Gemeinschaft überwacht wird (Höflich,<br />
1995: 529). Auch umfassende Täuschungen zur eigenen Identität erfolgen nicht in dem<br />
Maße, wie es möglich wäre: Scherer und Wirth (2002) finden in einer Befragung von<br />
Chattern heraus, dass die Mehrheit sich im Chat eher authentisch präsentiert. Obwohl<br />
mehr als zwei Drittel der Befragten in einer anderen Frage zugeben, beim Aussehen, Alter,<br />
Geschlecht oder bei ihren Ansichten etwas zu schummeln, kommen die Autoren zu<br />
dem Schluss, dass diese „Schummeleien“ nie so weit gehen, dass sich die Chatter nicht<br />
mehr als eigene authentische Persönlichkeit erleben und vielmehr „beziehungs- und<br />
2 Manche Autoren sprechen von den Usern nicht mehr als Personen, sondern als <strong>Medien</strong>identitäten<br />
oder Chiffrenexistenzen, deren Gebrauch zu einem partiellen Realitäts- und Identitätsverlust<br />
führen kann (Klemm/Graner 2000: 156; Höflich, 1998: 149).<br />
536
Wolf / Bilandzic · Chatten als <strong>Kommunikations</strong>spiel<br />
kommunikationstaktische Gründe“ (Scherer/Wirth, 2002: 354) haben als die der Täuschung<br />
des anderen über die eigene Identität.<br />
Warum werden die potenziell möglichen Grenzen nicht ausgereizt? Neben der Tatsache,<br />
dass die dauerhafte Annahme einer anderen Identität z. B. schwierig und anstrengend<br />
ist, sind zwei weitere Erklärungen denkbar:<br />
1. Nach längerer Bekanntschaft werden die Regeln aus der Face-to-Face-Kommunikation<br />
eingeführt, weil der Wunsch nach festen Beziehungen auch außerhalb des virtuellen<br />
Raums entsteht. Die Angst vor Sanktionen bei einem möglichen Treffen würde<br />
also von vornherein eine Selbstkontrolle bewirken (Schmidt, 2000: 19). Tatsächlich<br />
haben in der Befragung von Scherer und Wirth die Personen, die nur wenig „schummeln“,<br />
auch mehr Real-Life-Freunde im Chat gefunden als Personen, die mehr<br />
schummeln (Scherer/Wirth, 2002: 352). Warum aber lohnt sich die Disziplin auch für<br />
Menschen, die keinen Real-Life-Kontakt suchen, wenn keine Notwendigkeit für die<br />
Selbstbeherrschung besteht?<br />
2. Die Sanktionen, die in eventuellen Real-Life-Kontakten zu befürchten sind, erscheinen<br />
abstrakt und von der aktuellen Kommunikation weit entfernt. Sanktionen von<br />
Identitätstäuschungen und Verletzung von <strong>Kommunikations</strong>regeln lassen sich aber<br />
auch viel unmittelbarer finden: Wir haben oben die Analogie des Chattens mit dem<br />
Alltagsgespräch ausgeführt, so dass man von einer ähnlichen Selbstzweckhaftigkeit<br />
des Chattens ausgehen darf. Ein mögliches Ziel ist also das Chatten selbst, das den<br />
Teilnehmenden Vergnügen bereitet. Beim Alltagsgespräch ist die eigene Person stets<br />
Ausgangs- und Referenzpunkt. Verstellt man sich, ist dies nicht nur anstrengend,<br />
sondern bringt auch keinen Nutzen, da die Teilnehmer ja de facto nicht mit einem<br />
selbst, sondern mit der fingierten Person reden (Scherer/Wirth, 2002: 341). Auf der<br />
anderen Seite, wenn man als Chatter nun die potenziellen Möglichkeiten hinsichtlich<br />
Anonymität und Unverbindlichkeit ausnützt und sich so verhält, wie es im Real Life<br />
negative Konsequenzen hätte (z. B. andere beleidigt), wird die Kommunikation von<br />
Seiten der anderen Teilnehmenden abgebrochen. Damit ist allerdings auch der Chat<br />
beendet. In beiden Fällen ist das Resultat ein Verlust des Chat-Vergnügens. Nur<br />
wenn sich Chatter an die Regeln der konventionellen interpersonalen Kommunikation<br />
halten, können sie an der Kommunikation teilhaben und am Vergnügen, beim<br />
Chat „mitzuspielen“. Auch Höflich und Gebhardt interpretieren das Ziel des Chattens<br />
weniger instrumentell: Es scheint beim Chatten eben nicht in erster Linie darum<br />
zu gehen, „auf stabile und über den Chat hinausgehende persönliche Beziehungen<br />
zurückgreifen zu können, sondern vielmehr darum, auf spielerische Art und Weise<br />
mit neuen <strong>Kommunikations</strong>möglichkeiten umzugehen“ (Höflich/Gebhardt, 2001:<br />
10).<br />
3. Das Spielmodell<br />
Den Chat als Spiel zu betrachten, kann nicht nur plausibel machen, warum sich die<br />
Chatter an grundlegende Umgangsformen auch in der anonymen Situation halten und<br />
in der Regel keine größeren Täuschungen über die eigene Person anstellen, sondern stellt<br />
auch eine Chance dar, unspezifische Motive der Chatnutzung wie Zeitvertreib und Unterhaltung<br />
zu konkretisieren.<br />
Diesen Gedanken wollen wir nun in einem Spielmodell des Chattens ausbauen, das<br />
die Grundelemente konventioneller Spiele auf den Chat anwendet. Rieber (1996: 44 f.)<br />
definiert das Spiel als üblicherweise freiwillige Tätigkeit, die intrinsisch motiviert ist,<br />
d. h. ohne äußere Anreize ausgeführt wird, die ein aktives (oft physisches) Engagement<br />
537
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
erfordert, und die sich von anderen Tätigkeiten durch ihre „make-believe-quality“ unterscheidet<br />
und eine Art Scheinwelt aufbaut (vgl. ähnliche Definitionen in Pellegrini,<br />
1995; Blanchard/Cheska 1985).<br />
Linder/Roos/Victor (2001: 5) gehen darüber hinaus und sehen Regeln als konstitutive<br />
Elemente des Spiels. Die Scheinwelt, die vom Spielkontext aufgebaut wird, muss dabei<br />
in der Fantasie rekonstruiert werden: „In play, the imaginary situation permits a shift<br />
from a real world dominated by things and actions, to a world dominated by meaning“<br />
(Linder/Roos/Victor, 2001: 8). Ähnlich argumentiert Stephenson: „Characteristic of a<br />
game is its rules, its repetitions, its demand for fair play (…) the player has to be transported<br />
into a special place psychologically, if not physically as well“ (Stephenson, 1964:<br />
369 f.).<br />
Wie sind diese Merkmale nun auf den Chat anzuwenden? Spielort ist ein virtueller<br />
Raum, in den die Spieler sich psychologisch hineinversetzen, was teilweise durch die Benennung<br />
der Chats als Cafés oder Bars unterstützt wird. Zum Ablauf des Spiels gibt es<br />
zwei Arten von Regeln: Erstens existieren Spielregeln („rules“, Stephenson; „constitutive<br />
rules“ Linder/Roos/Victor, 2001: 7), die die strukturellen Bedingungen und die formalen<br />
Abläufe des Spiels fixieren, wie sie etwa in der Spielanweisung bei konventionellen<br />
Spielen zu finden sind. Beim Chat sind solche Spielregeln in der grundlegenden<br />
<strong>Kommunikations</strong>struktur zu sehen (man meldet sich an, kann Beiträge liefern, kann sich<br />
in private Chats ausklinken), in den Netiquetten, der symbolischen Bedeutung von<br />
Emoticons, die das Fehlen von analogen Codes der Körpersprache und Intonation ausgleichen,<br />
und anderen standardisierten Gebräuchen (z. B. eine gerichtete Ansprache<br />
durch @Name). Zweitens gibt es „ungeschriebene Gesetze“, die individuelle und bewährte<br />
Spielstrategien umfassen, möglichst effizient zum Spielziel zu kommen, und die<br />
nicht festgeschrieben sind, sondern sich durch Erfahrung entwickeln („regulatory rules“<br />
Linder/Roos/Victor, 2001: 7). Als Beispiel dafür kann man etwa bei Monopoly die Strategie<br />
nennen, sich auf die teuren Straßen zu konzentrieren, weil diese ertragreicher sind.<br />
Wir unterscheiden zusätzlich zwei Arten von Zielen: Zum einen gibt es das Spielziel,<br />
das ausdrückt, wonach die Handlungen innerhalb des Spielsystems ausgerichtet sind<br />
und wann man gewonnen hat; bei Mensch-ärgere-dich-nicht bestünde das Spielziel darin,<br />
alle vier Figuren nach Hause zu bringen. Zum anderen gibt es das Metaziel, das die<br />
Ziele der Teilhabe am Spiel ausdrückt, wie etwa Unterhaltung, Ablenkung, Zeitvertreib<br />
(Weinreich, 1997: 117), und das selbstzweckhafte Moment jeden Spiels beinhaltet – das<br />
Vergnügen am Spielprozess.<br />
Spielhandlungen bestehen aus dem Lesen und Schreiben von Threads, die nach einer<br />
Rahmung der aktuellen Situation geplant und ausgeführt werden. In die Rahmung<br />
fließen der Chat-Rahmen, die Spielregeln, die Strategien sowie Spiel- und Metaziel<br />
ein. Mit der Darstellung des Modells (s. Abb. 1) werden die noch erklärungsbedürftigen<br />
Aspekte offenkundig: Während die Spielrollen (Spieler/Spielleiter), das Metaziel und die<br />
Spielregeln gut aus bisheriger Forschung abgeleitet werden können, bleiben Spielziel<br />
und Spielstrategien noch im Dunkeln und sollen daher Gegenstand unserer empirischen<br />
Untersuchung sein.<br />
4. Untersuchungsaufbau<br />
Spielziele und –strategien sind in den Prozess des Chattens eingebettet. Da nicht angenommen<br />
werden kann, dass diese Aspekte außerhalb der Chat-Situation von Chattern<br />
rekonstruiert werden können, erscheint die Beobachtung des Chat-Prozesses die geeignete<br />
Methode zu sein. Daher kam hier eine Kombination aus Beobachtung und Lautem<br />
538
Abbildung 1: Arbeitsmodell des Chattens als Spiel<br />
Vergnügen<br />
Wolf / Bilandzic · Chatten als <strong>Kommunikations</strong>spiel<br />
Denken zur Anwendung. Zwölf freiwillige Probanden 3 , regelmäßige Chatter, wurden<br />
bei einer ihrer Chatsitzungen für 45 Minuten beobachtet. 4 Dabei wurden sie aufgefordert,<br />
alles laut auszusprechen, was ihnen gerade durch den Kopf geht (Lautes Denken,<br />
Ericsson/Simon, 1993; Bilandzic/Trapp, 2000). Eine viertelstündige Aufwärmphase, deren<br />
Daten nicht zur Auswertung verwendet wurden, ging der eigentlichen Beobachtung<br />
voraus. Das Chatgespräch sowie die verbalisierten Gedanken der Probanden wurden auf<br />
Video aufgezeichnet und später transkribiert. Die Probanden wurden über Kontaktpersonen<br />
aus dem weiteren Bekanntenkreis der Erstautorin rekrutiert, die den Kontakt zu<br />
ihnen bekannten regelmäßigen Chattern herstellten. Die relativ aufwändige Beobachtung<br />
mit einer Dauer von insgesamt zwei Stunden legte eine solche Vorgehensweise<br />
nahe, nicht zuletzt, um überhaupt Teilnehmer zu gewinnen. Die Bereitschaft zur Teilnahme<br />
war über die Vermittlung durch bekannte Personen gesichert, war aber gleichzeitig<br />
nicht von einem engen sozialen Verhältnis belastet. Die Probanden wurden angewiesen,<br />
ihre angestammten und damit vertrauten Chats aufzusuchen, um eine möglichst<br />
natürliche Situation vorzufinden. Dies hatte auf der anderen Seite die Konsequenz, dass<br />
verschiedene Chats besucht wurden und bestimmte Aspekte der Situation, wie z. B. die<br />
Vertrautheit mit den anderen Chattern, nicht kontrolliert werden konnten. Dies wurde<br />
aber in Kauf genommen, um die Chatter in der Umgebung zu beobachten, die sie ge-<br />
3 Acht Männer und vier Frauen im Alter von 19 bis 34 Jahren, was dem ‚Mainstream‘ der Online-Nutzer<br />
entspricht.<br />
4 Die Daten wurden ursprünglich im Rahmen der Magisterarbeit der Erstautorin an der Universität<br />
München erhoben. Es wurde dafür auch ein Leitfadeninterview im Anschluss an das Laute<br />
Denken durchgeführt, in dem die Ansichten der Probanden zum Chat noch einmal vertieft<br />
wurden.<br />
539
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
wöhnt waren. Wollte man untersuchen, welchen Einfluss die Art des Chats oder der<br />
Bekanntheitsgrad der Chatter untereinander hat, müsste man gezielt diese Aspekte<br />
variieren, was aber hier nicht im Mittelpunkt stand und sicherlich eine größere Stichprobe<br />
erfordert hätte. Die Vorteile des Lauten Denkens liegen darin, dass die Prozesse,<br />
die beim User während der Nutzung ablaufen, nachgezeichnet werden können. Nach<br />
der Aufwärmphase haben sich die Probanden auch in der Regel an die Versuchssituation<br />
gewöhnt und sprechen ihre Gedanken automatisch aus ohne darüber nachzudenken,<br />
was sie sagen. Die Grenzen des Lauten Denkens liegen aber ganz klar darin, dass nur bewusste<br />
psychische Vorgänge überhaupt eine Chance haben, ausgesprochen zu werden;<br />
unbewusste Vorgänge, Gefühle, Wahrnehmungen bleiben außen vor. Die Gesamtheit<br />
aller psychischen Prozesse wird man daher nicht erfassen können. Für unsere Zwecke<br />
war die Methode jedoch ausreichend, da es um Strategien und Ziele ging, von denen<br />
angenommen werden kann, dass sie den Usern zumindest während des Chattens bewusst<br />
sind (wenn auch nicht in einem analytischen Sinne, dass sie als Spiel identifiziert<br />
werden).<br />
Die Auswertung wurde folgendermaßen durchgeführt: Die interessierenden Elemente<br />
unseres Spielmodells, Spielziele und -strategien, wurden als heuristische Kategorien<br />
an das Material herangetragen. Die heuristischen Kategorien stellen hier begrifflich definierte,<br />
aber empirisch noch nicht ausgebaute (d. h. in ihren genauen Ausprägungen<br />
noch unbekannte) Konzepte dar, die als Selektionskriterium dienen, um die interessierenden<br />
Stellen des Think-aloud-Transkripts für eine weitere Analyse auszuwählen. 5 Die<br />
heuristischen Kategorien wurden folgendermaßen definiert:<br />
• Spielziel: Thematisieren von Absichten, Wünschen und Gratifikationen, die sich auf<br />
den Chat selbst beziehen.<br />
• Ungeschriebene Gesetze: Thematisieren eigener und fremder Strategien des Chattens<br />
und Äußerung von Handlungsregeln.<br />
Stellen des Transkripts, die mit Hilfe dieser Definitionen identifiziert werden konnten,<br />
wurden einer Kategorienbildung unterzogen. Dazu wurde das Material zunächst mit<br />
Hilfe der theoretisch-heuristischen Segmentierung in einzelne gleichwertige Teile zerlegt,<br />
um eine Basis für die folgende systematische Inhaltsverdichtung zu erhalten (zum<br />
Verfahren siehe Bilandzic/Koschel/Scheufele, 2001). Dieses Verfahren ist geeignet, die<br />
sonst dominierende induktive Vorgehensweise bei der qualitativen Inhaltsanalyse intersubjektiv<br />
nachvollziehbarer zu machen, indem theoretisches Vorwissen explizit in die<br />
Kategorienbildung einfließt. Dieses theoretische Vorwissen ist durch die Rahmenanalyse<br />
und das Spielmodell abgesteckt: Im Zentrum des Spiels steht eine Interaktion zwischen<br />
Chattern über medial vermittelte Threads. Das heißt, dass jede Äußerung im Lauten<br />
Denken als Anlass oder Gegenstand einen Thread oder einen Chatter haben wird.<br />
Daher dienen Verweise auf eigene und fremde Threads sowie Verweise auf andere Chatter<br />
als Segmentierungskriterien. Wird ein neuer Verweis genannt, so beginnt auch ein<br />
neues Segment. Das weitere Vorgehen hat die Kategoriebildung zum Ziel (Bilandzic/Koschel/Scheufele,<br />
2001: 108 ff.; ähnlich Mayring, 1997): Zunächst werden die Segmente<br />
sprachlich und inhaltlich reduziert und die Kernaussagen einheitlich und allgemein<br />
reformuliert. Daraufhin werden über die Segmente hinweg Klassen ähnlicher<br />
Kernaussagen gebündelt. Schließlich werden die entstandenen Klassen mit dem theoretischen<br />
Vorwissen verknüpft und definiert. In der Ergebnisdarstellung werden die Er-<br />
5 Vgl. ähnliche Konzepte heuristischer Leitideen bei der Theoriekonstruktion: Blumer, 1954; zur<br />
Übersicht siehe Kelle, 1997: 225 ff.<br />
540
kenntnisse anhand von Beispielen interpretiert. Dieses Auswertungsverfahren ist gezielt<br />
so konstruiert, den Prozess des Spielens näher zu untersuchen; andere Aspekte müssen<br />
damit zugunsten dieser gezielten Analyse herausfallen (z. B. die Gewichtung des Spielrahmens<br />
im Vergleich zu anderen Rahmungen).<br />
5. Ergebnisse<br />
Wolf / Bilandzic · Chatten als <strong>Kommunikations</strong>spiel<br />
5.1 Spielziel I: Entlarvung der <strong>Kommunikations</strong>partner<br />
Als ein wesentliches Ziel des <strong>Kommunikations</strong>spiels Chat hat sich die Entlarvung der<br />
Schlüsselmerkmale der <strong>Kommunikations</strong>partner herauskristallisiert, die in drei Schritten<br />
abläuft. Wie bereits erwähnt, sind mit Schlüsselmerkmalen Grundinformationen<br />
über einen Menschen gemeint, also Merkmale wie Alter, Geschlecht, Aussehen etc., und<br />
nicht die Persönlichkeit oder eine „wahre“ Persönlichkeit.<br />
Schritt 1: Zunächst versuchen die Chatter, sich über den Nickname einen ersten Eindruck<br />
von den anderen <strong>Kommunikations</strong>teilnehmern zu verschaffen. Durch den Nickname<br />
wird eine Erwartung generiert, und oft beginnt die Kommunikation mit dem Ziel,<br />
diese Erwartung zu überprüfen. So spricht Sofa-Surfer1 DynamiteD an, weil: „DynamiteD,<br />
das klingt für mich ziemlich prollig und deshalb find ich’s interessant, was der<br />
so von sich gibt“ und Donk spricht Blödel an: „Blödel ist doch ein super Name…das ist<br />
immer sehr aussagekräftig, wenn sich die Leute solche Namen geben.“ Nicknames können<br />
darüber hinaus auch den ersten Gesprächsstoff einer Kommunikation liefern. So<br />
entspinnt sich um den Namen Sofa-Surfer ein ganzes Gespräch; der Nickname wird zum<br />
Selbstläufer (Klemm/Graner, 2000: 163).<br />
Schritt 2: Anschließend geht es darum, die Schlüsselmerkmale der Gesprächspartner<br />
schrittweise zu enttarnen und etwa Geschlecht, Alter, Wohnort und Beruf in Erfahrung<br />
zu bringen. Werden die Vorteile der computervermittelten Kommunikation oft darin<br />
gesehen, dass herkömmliche Identitätskategorien und Statusmerkmale in den Hintergrund<br />
treten, stellte sich bei unseren Probanden heraus, dass gerade nach diesen im Verlauf<br />
des Chats geforscht wird, um das Bild der Gesprächspartner zu vervollständigen.<br />
Für Alasta900 ist z. B. das Alter so wichtig, dass er danach entscheidet, ob das Gespräch<br />
überhaupt fortgesetzt werden kann: „Ich frag immer, wie alt ist er oder sie. Weil,<br />
wenn sie so jung sind, ich mach‘ nicht weiter.“ Regenfrau ist insgesamt durch die Enttarnungsversuche<br />
ziemlich ungehalten: „Also, eigentlich wäre der jetzt normalerweise<br />
schon wieder voll abgeschossen, erste Frage: männlich oder weiblich, zweite Frage: Alter…pf…wahrscheinlich<br />
kommt dann noch Größe: Hurra!!“ Regenfrau weist damit<br />
nicht nur auf die mangelnde Originalität ihres Gegenübers hin, sondern kritisiert vor allem<br />
die Plumpheit seiner Spielpraxis – wer den Prozess der Entlarvung nicht geistreich<br />
ausgestaltet, ist ein Spielverderber.<br />
Nicht nur die direkte Frage an die Mitchatter kann Aufschluss geben über ihre Person;<br />
es werden auch fleißig Indizien gesammelt und Schlussfolgerungen gezogen. Sofa-<br />
Surfer2 überlegt bezüglich des Wohnortes von Virus: „…wenn er zum Union-Move<br />
will, dann kann er nicht so weit weg wohnen!“ Sofa-Surfer1 stellt fest: „… sind sowieso<br />
viel mehr Männer unterwegs als Frauen … Was sie schreiben, bzw. von der Art und<br />
Weise her, wie sie es schreiben“ und zieht damit aus den Textbeiträgen selbst Rückschlüsse<br />
auf das Geschlecht (vgl. auch die Ergebnisse von Bahl, 1997). Alice fragt: „What<br />
time is it over there?“, denn es „ist immer interessant, wenn man sich überlegt, wie viel<br />
Uhr es bei denen ist, es ist jetzt irgendwie neun in der Früh, davon kann man immer<br />
schließen, was des für Leute sind …“.<br />
541
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
Auch die Visitenkarten, jederzeit abrufbare Selbstbeschreibungen, können als Hinweise<br />
dienen. MartinK, Donk, Sofa-Surfer2 und Airnesto nutzen diese Möglichkeit. „Ich<br />
schau mir die Leute immer vorher an“, äußert MartinK und findet es „echt gemein“, dass<br />
die meisten nichts in ihre Karte eingetragen haben. 6<br />
Schritt 3: Neben der Enttarnung der Schlüsselmerkmale ihrer <strong>Kommunikations</strong>partner<br />
sind die Chatter außerdem damit beschäftigt, die Glaubwürdigkeit der Threads zu<br />
prüfen, um dadurch mögliche Täuschungen zu entlarven. Zwar haben nur vier Probanden<br />
während der Beobachtung über sich selbst Unwahrheiten erzählt; es waren sich allerdings<br />
alle der Tatsache bewusst, dass sie selbst jederzeit ‚angeschwindelt‘ werden können.<br />
Groemucs Chat-Partnerin AnnaS hat sich zwar als 15-jähriges Mädchen geoutet, aber:<br />
„Ja, wer weiß, vielleicht ist des irgendwie ein 30-Jähriger!“ Und bei JerryLee meint er:<br />
„Ich schätze sie mal als Studentin ein … oder als 80-jährigen fetten Opa, hahaha!“. Auf<br />
die Beschreibung von Manuel, dass er 24 Jahre, jung und sportlich sei, meint Idefix nur:<br />
„Ja, wer hätte das nicht gern?“<br />
Zur Prüfung der Glaubwürdigkeit werden Kontrollfragen gestellt. Adonis hat Dia bereits<br />
gesagt, dass er 25 sei, aber sie stellt noch mal die Frage nach seinem Alter. Auch Regenfrau<br />
nutzt die Möglichkeit, noch mal nachzufragen: „… in Regensburg war er an den<br />
Wochenenden … mal schauen, ob das so stimmt …“. Groemuc ist selbst Subjekt von<br />
Kontrollfragen von AnnaS: „… es kann sein, dass sie mich jetzt testen will, wer ich bin“.<br />
Das ständige Hinterfragen der Glaubwürdigkeit und das Stellen von Kontrollfragen<br />
sind also die Strategien, wie sich Chatter mit der Möglichkeit arrangieren, jederzeit einer<br />
Täuschung ausgeliefert zu sein (Höflich, 1999).<br />
5.2 Spielziel II: Steuerung der Selbstdarstellung<br />
Die unweigerliche andere Seite der Entlarvung ist es, die Gesprächspartner mit Hinweisen<br />
zur eigenen Person zu beliefern und damit die Selbstdarstellung zu steuern. Sutton-<br />
Smith (1997) beschreibt das „play as self“ als eine Variante konventioneller Spiele, die<br />
das Sammeln von Lebenserfahrungen über das Ich in den Vordergrund stellt.<br />
Eine Täuschung über die eigene Person kann im Chat dazu dienen, die <strong>Kommunikations</strong>chancen<br />
zu verbessern. Alasta900 nutzt die Möglichkeit, sich bei Serbiangirl-yu<br />
ein paar Jahre jünger zu machen. Er musste nämlich bei der 18-jährigen Pretty-Orange-Katt<br />
feststellen, nachdem er sein Alter (29 Jahre) verraten hatte: „Hm, sie antwortet<br />
nicht, wahrscheinlich ist sie enttäuscht, weil ich elf Jahre älter bin!“ Als er von Serbiangirl-yu<br />
schließlich nach seinem Alter gefragt wird, meint er: „Also, sag ich ein bisschen<br />
jünger.“ Und so werden aus 29 ganz einfach 25 Jahre. Sofa-Surfer1 sagt: „Mal ein bisschen<br />
provozieren, mal schauen, vielleicht steigt er drauf ein!“ als er auf die Frage von<br />
Visitor4219: „bin aus Augsburg und suche wwwwww!“ antwortet:„allo Schwabe, hier<br />
ist w“. Allerdings kommt Sofa-Surfer1 nicht dazu, seinen Geschlechtswechsel weiter-<br />
6 Man kann nur spekulieren, warum diese Möglichkeit eher selten genutzt wird. Mit dem Spielmodell<br />
könnte man gut erklären, warum Visitenkarten unattraktiv sind: Das Entlarvungsspiel<br />
und das Spiel um die eigene Identität wären jäh beendet, könnte man gleich nachlesen, wer sich<br />
hinter welchem Nick verbirgt. Somit wäre die Visitenkarte kontraproduktiv zum Spielziel. Freilich<br />
sind auch andere Gründe denkbar, etwa die grundsätzliche Abneigung der User, persönliche<br />
Informationen irgendwo im Netz zu fixieren.<br />
542
Wolf / Bilandzic · Chatten als <strong>Kommunikations</strong>spiel<br />
zuspinnen, da das Gespräch nicht weitergeführt wird. In beiden Beispielen wird explizit<br />
die Absicht geäußert, mit der Selbstmodifikation die eigenen Kontaktmöglichkeiten<br />
zu verbessern.<br />
Eine weitere Absicht, die hinter der Modifikation der Schlüsselmerkmale steckt, ist<br />
die, das Spiel um die Identität spannender und interessanter zu machen. Die unverhohlene<br />
Suche anderer Chatteilnehmer nach weiblichen Chatterinnen treibt Donk dazu,<br />
sich zu verstellen und einen eifrigen Sucher mit ambivalenten Hinweisen zu foppen:<br />
Auf die Frage von Spookey, ob er männlich oder weiblich sei und wo er herkomme,<br />
meint Donk: „Jaaa, das würdest jetzt gerne wissen, Spookey, ha, lassen wir ihn mal im<br />
Zweifel … ‚ich komme aus Bayern‘… jetzt denkt er sicherlich, er hat es mit einer netten<br />
Münchnerin zu tun.“ Abermals fragt Spookey: „m o w? donk?“ „Schauen wir mal …<br />
haha, spielen wir mal die doofe Frau … ja, jetzt geben wir ihm einfach mal ein bisschen<br />
die Blondine … Jetzt frag ich ihn doch mal, ob er solo ist … der arme Kerl wird immer<br />
mehr denken, er hat’s mit einer Frau zu tun!“ Schließlich macht Donk jedoch einen<br />
Fehler, der zu seiner Entlarvung führt: Er spricht Lolita an, woraus Spookey schließt:<br />
„Donk ist also m!“ Daraufhin verschwindet Spookey aus der Unterhaltung. Donks<br />
Kommentar: „Ich glaub, Spookey ist jetzt beleidigt … weil er gemerkt hat, dass ich gar<br />
keine Frau bin.“ Eine einfache Antwort auf Spookeys Frage hätte die Konversation vermutlich<br />
sofort im Keim erstickt. Auf diese Weise hat Donk ein Rätselspiel entsponnen,<br />
das seinen Reiz durch die verwirrten Reaktionen Spookeys auf die ambivalenten Hinweise<br />
erhält.<br />
Groemuc tritt als Einziger längere Zeit als eine andere Person auf. Er verändert Alter,<br />
Wohnort und Lebenssituation. An der Kommunikation mit AnnaS zeigt sich deutlich,<br />
welche Schwierigkeiten dabei auftauchen können. „Schauen wir mal, was das wird, jetzt<br />
bin ich 17!“ Die Frage nach seinem Wohnort nimmt Groemuc noch ganz gelassen: „Hm,<br />
ja wo komm ich denn her?“ und entscheidet sich für Neuhausen. Als AnnaS aber wissen<br />
will, auf welcher Schule er sei, wird es schwieriger: „Was für eine Schule? Scheiße,<br />
was für eine Schule????“ Da die Schulzeit doch schon zu lange her ist, gibt er schließlich<br />
an, eine Lehre zu machen. Doch plötzlich weiß er nicht mehr, welches Alter er angegeben<br />
hatte: „ … sag mal, wie alt bin ich denn eigentlich – 17, oder?“ Als Kucki auftaucht<br />
und fragt: „Suche netten ihn so um die 30“ freut sich Groemuc und will sich bemerkbar<br />
machen, muss aber dann feststellen: „Ah, ne, jetzt kann ich ja nicht reingehen … ich würde<br />
mich ja voll outen, haha!“ Schließlich wird die Rolle des 17-jährigen Azubis doch etwas<br />
anstrengend. „… ich muss mich jetzt da irgendwie entlang hangeln und ‘ne längere<br />
Konversation führen, ohne dass, äh, ohne meine Identität preiszugeben, und sie dann irgendwie<br />
zu verärgern.“ Dem lockeren und entspannten Chatten bereitet eine frei erfundene<br />
Identität ein jähes Ende: Es ist anstrengend, die neue Person konsistent und<br />
dauerhaft zu spielen. Grenzen werden auch durch das Verantwortungsgefühl gesetzt;<br />
der Gesprächspartner soll nicht verletzt werden, der Chatter will selbst aber auch weiterhin<br />
im Gespräch integriert bleiben. Er hat sich durch das Darstellen einer anderen<br />
Person aber <strong>Kommunikations</strong>chancen verbaut, die seine eigene Person mehr interessiert<br />
hätten.<br />
Weder bei anderen noch bei sich selbst wird die Variation des Selbst als negativ angesehen:<br />
Die Verstellung der anderen Chatter wird ständig mitgedacht und bringt im Sinne<br />
von Rätselraten auch Spielvergnügen. Mit der eigenen Verstellung kann man auf der<br />
anderen Seite den Verlauf des Spiels steuern. Sofa-Surfer2 bringt dies auf den Punkt:<br />
„Das ist Chatten. Das ist beim Chatten das A und O. Es ist ja klar, dass jeder sich falsch<br />
gibt. Das darf man nicht negativ sehen. Aber Chatten ist, sich in einer anderen Rolle ausgeben.“<br />
543
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
5.3 Spielstrategie: <strong>Kommunikations</strong>geschicklichkeit<br />
Das Beherrschen der Kommunikation in inhaltlicher und technischer Hinsicht trennt<br />
Könner von Nicht-Könnern im Chat-Spiel. Schnelligkeit und ständige Aktivität sowie<br />
Schlagfertigkeit sind unabdingbar, um <strong>Kommunikations</strong>partner zu finden und zu halten.<br />
Die taktische Planung von Kontaktaufnahme und Gespräch dient ebenfalls diesem<br />
Zweck. Schließlich müssen Chatter auch mit der Unübersichtlichkeit und Komplexität<br />
der Chatkommunikation fertig werden.<br />
Schnelligkeit und ständige Aktivität. Während man sich in direkten Gesprächen mit<br />
einem freundlichen Nicken aus der Affäre ziehen kann, oder auch einfach mal schweigt,<br />
gelten im Netz andere Maßstäbe: „Du darfst hier nicht inaktiv bleiben. Des geht total<br />
schnell vorbei an dir, der ganze Spaß …“ (Groemuc). Was droht, ist eine der härtesten<br />
Sanktionen im Chat, nämlich ignoriert zu werden („Höchststrafe“, Klemm/Graner,<br />
2000: 164). „Also, im Prinzip bin ich jetzt offline“, bemerkt Groemuc schließlich, als sich<br />
seine Gesprächspartnerin nicht mehr meldet und er auch keine anderen Kontakte knüpfen<br />
kann. Nicht nur eine ständige Aktivität ist wichtig, auch die Schnelligkeit einer Reaktion<br />
auf andere Ansprachen ist notwendig, weil sich sonst der Gesprächspartner abwendet<br />
oder jemand anders den Thread aufgreift. Sofa-Surfer2 äußert etwas resigniert:<br />
„… ach, der Angel hat da schon geantwortet, der war schneller!“ Auch MartinK verpasst<br />
seine Chance: „Uha, schon vorbei … da muss man viel zu schnell sein, sonst ist es langweilig!“.<br />
Schlagfertigkeit und Originalität. Nicht nur zahlreich und prompt sollen die Äußerungen<br />
sein, sondern auch noch schlagfertig und originell, um im Gewirr der Threads<br />
Aufmerksamkeit zu erregen und Gesprächspartner zu gewinnen. Zwar sind herkömmliche<br />
Statusmerkmale ausgeblendet, wodurch alle Teilnehmer zunächst einmal die gleichen<br />
<strong>Kommunikations</strong>chancen haben, jedoch werden nun Schlagfertigkeit und Originalität<br />
ausschlaggebend für eine Aufnahme ins Gespräch. So werden eigene Bemerkungen<br />
mit diesem Zwang zur Originalität begründet. Auf die Frage, auf welchem Sofa<br />
Sofa-Surfer1 surft, entgegnet er: ‚Irisches Schafswollsofa auf Gummistelzen’ – „um aufzufallen<br />
und einfach ‘ne interessante Antwort zu geben, die ein bisschen abgefahren<br />
klingt“. Den Abbruch eines Gesprächs erklärt Regenfrau mit der mangelnden Originalität<br />
ihres virtuellen Gegenübers Puffy: „Na, ja, Puffy ist nicht so der Brüller…“ und ignoriert<br />
seine wiederholten Kontaktversuche. Sofa-Surfer2 freut sich, als er herausfindet,<br />
dass sich hinter dem Pseudonym Roudgirl zwei Personen verstecken: „Super, zwei sind<br />
noch besser. Doppelt so viele Ideen!“ Nicht nur die Kommunikate selbst transportieren<br />
Originalität; bereits der Nickname verschafft einen ersten Eindruck vom „Originalitäts-<br />
Potenzial“ des Chatters und kann auch Anlass für eine Kontaktaufnahme sein: „‚Webgoofy‘<br />
– das ist ja geil… ‚Hi Webgoofy‘…das muss man ja belohnen!“, meint Donk und<br />
belohnt ihn mit der Währung des Chat: mit Aufmerksamkeit.<br />
Strategien der Kontaktaufnahme und <strong>Kommunikations</strong>taktiken. Das Problem<br />
der Kontaktaufnahme wird von den Chattern ständig reflektiert: „Bis man da direkt einen<br />
richtig drankriegt, das ist schwierig… na super, hey, was mach ich heute falsch?<br />
Warum will keiner mit mir schreiben, verdammt noch mal?“ oder „Keiner antwortet<br />
mir, das ist ja gemein!“. Sofa-Surfer2 bemerkt schließlich: „Ich glaub, es ist komplizierter,<br />
ein Gespräch im Chat anzufangen als im wirklichen Leben, haha!“.<br />
Aus dem Zwang nach Schlagfertigkeit, Originalität und Auffälligkeit entwickeln sie<br />
individuelle <strong>Kommunikations</strong>taktiken, die von direkten Fragen an einzelne Chatter<br />
über gehäufte und schnelle Antworten, Provokationen bis hin zu Flüstermails reichen<br />
(Sofa-Surfer1 flüstert ein paar Chattern einfach „Alles Gute zum Geburtstag!“zu). Dia,<br />
544
Wolf / Bilandzic · Chatten als <strong>Kommunikations</strong>spiel<br />
Airnesto und Regenfrau gehen nach einem Ausschlussprinzip vor: Viele ansprechen, damit<br />
vielleicht ein paar übrig bleiben und loggen sich dafür gleichzeitig in mehreren Foren<br />
ein. Auch der Nickname kann über eine Kontaktaufnahme entscheiden: Regenfrau<br />
wird erst angesprochen, nachdem sie ihren ursprünglichen Nick Loopa ändert und kommentiert<br />
dies: „… irgendwas mit ‚Frau‘ hintendran… ich denke, dann wird man eher angelabert.“<br />
Was im echten Leben die Kleidung und die Frisur ist, ist im Chat die Schrift:<br />
Will man auffallen, so legt man sich eine auffällige Schrift in einer auffälligen Farbe zu.<br />
Textuelle Komplexität. Neben der inhaltlichen Gewandtheit ist auch Konzentrationsfähigkeit<br />
gefordert, um die verschiedenen parallelen „kommunikativen Baustellen“<br />
im Auge zu behalten und den Faden in der jeweiligen Unterhaltung nicht zu verlieren.<br />
Sofa-Surfer2 formuliert dies folgendermaßen: „Also, das ist irgendwie doof, wenn man<br />
mehrere Leute gleichzeitig am Start hat … dann kennt man sich überhaupt nicht mehr<br />
aus.“ Auch Regenfrau kämpft mit diesem Problem und gibt irgendwann zu: „Was? Also<br />
irgendwie habe ich jetzt langsam den Überblick verloren … Jetzt wird es echt stressig!<br />
… Äh, was war??“ Das Wirr-Warr an Kommunikaten, die technisch bedingt in einer beliebigen<br />
Reihenfolge auf dem Bildschirm erscheinen, erschwert die Orientierung gerade<br />
bei mehreren parallelen Gesprächen. Das Beherrschen dieser textuellen Komplexität<br />
(z. B. Jakobs, 1998: 196) ist aber unabdingbare Voraussetzung für das Spiel. So müssen<br />
Chatter darauf achten, keine Antworten zu verpassen, während sie ihre Repliken tippen.<br />
Donk ist z. B. noch so mit Spookey beschäftigt, dass ihm schließlich einfällt: „… jetzt<br />
hab ich nicht mal gesehen, ob mir die Lolita vorher geantwortet hat.“ Dia fragt Loverman,<br />
ob es ihm jetzt die Sprache verschlagen hätte, weil er nicht mehr antworten würde.<br />
Doch dann stellt sie fest: „Ah, da hat er doch schon geschrieben, peinlich, haha.“<br />
Die Aufgabe, mehrere Gesprächspartner gleichzeitig zu bedienen, führt regelmäßig zu<br />
solchen Pannen, weshalb sich Chatter damit abgefunden und ihre <strong>Kommunikations</strong>erwartungen<br />
dementsprechend angepasst haben: „Hm, man überliest immer irgendwas<br />
…“, bemerkt Dia; als Idefix keine Antwort auf seine Frage bekommt und feststellt,<br />
dass BlueScreen die Frage überhaupt nicht bemerkt hat, meint auch er ganz gelassen:<br />
„Na gut, dann muss man halt noch mal fragen.“<br />
Da eine erfolgreiche Kommunikation Voraussetzung ist, um überhaupt am Spiel teilzunehmen,<br />
bestimmen diese Geschicklichkeiten über Erfolg und Misserfolg einer Kommunikation<br />
und damit über das Erreichen von Spiel- und Metaziel. Mehr noch, nur<br />
Kenntnis über die Identität des anderen zu erlangen, heißt nicht ohne weiteres, auch das<br />
Metaziel „Vergnügen“ zu erreichen: Der Weg dorthin ist entscheidend, die Freude an<br />
der eigenen Geschicklichkeit und der der anderen Chatter. Nicht umsonst hatte Regenfrau<br />
ärgerlich reagiert, als jemand versucht hat, diesen Weg plump abzukürzen. Wir können<br />
damit die vorher formulierten Spielziele präzisieren: Entlarvung und Selbstdarstellung<br />
sind die konsensuellen Leitmotive des Spielrahmens 7 (Abb. 2). Es geht jedoch nicht<br />
einfach nur darum, möglichst schnell Namen und Basisinformationen über den Partner<br />
herauszufinden; sonst würden ja die Visitenkarte oder die direkte Frage nach soziodemografischen<br />
Merkmalen die rationellsten Wege zur Erreichung des Spielziels darstellen.<br />
Doch das eine wird kaum genutzt, das andere entlarvt den bemühten Chatter als Di-<br />
7 Goffman beschreibt den Prozess der Situationsdefinition als Bühne für ein »Informationsspiel«<br />
bzw. als endlosen »Kreislauf von Verheimlichungen, Entdeckungen, falscher Enthüllungen und<br />
Wiederentdeckung« (Goffman 1969: 12) - und fasst gleichzeitig genau die Prozesse zusammen,<br />
die auch beim Chat-Spiel beobachtet werden können.<br />
545
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
lettanten. Die unterhaltsame und originelle Ausgestaltung des Wegs dorthin macht das<br />
Spiel aus.<br />
Abbildung 2: Spielmodell des Chattens<br />
6. Fazit<br />
Betrachtet man den Chat als <strong>Kommunikations</strong>spiel, wird klar, warum sich die Mehrheit<br />
der Teilnehmer an die Regeln konventioneller Kommunikation hält und die Möglichkeiten<br />
der Anonymität und Unverbindlichkeit nur selten zu langfristigen und schwer<br />
wiegenden Täuschungen missbraucht: Wer sich nicht an die Spielregeln hält, wird ignoriert<br />
und muss auf das Spielvergnügen verzichten. Hingegen gehören kleinere und kurzfristige<br />
Täuschungen fast schon zum Spiel dazu, jeder rechnet bei anderen damit und<br />
macht es selbst, um das Spiel voranzubringen. In den Gedankenprotokollen der Chatter<br />
haben wir die Entlarvung des Gegenübers und die Steuerung der Selbstdarstellung<br />
als Spielziele identifizieren können. Nicht aber die bloße Kenntnis der fremden Identität<br />
oder eine möglichst positive Selbstdarstellung ist wichtig, sondern die kreative Ausgestaltung<br />
des Prozesses, die mit der <strong>Kommunikations</strong>geschicklichkeit als Spielstrategie<br />
steht und fällt. Ein plumpes Nachfragen „m o w?“ verärgert und verprellt die Gesprächspartner.<br />
Was das Spielvergnügen ausmacht, ist ein geschicktes Anpirschen an den<br />
Anderen, das Sammeln von Indizien und ein scharfsinniges Schlussfolgern. Man kann<br />
also sagen: Der Weg ist das Spielziel.<br />
Nur wer diese <strong>Kommunikations</strong>geschicklichkeit – ständige Aktivität, Originalität,<br />
taktisches Vorgehen und Meistern der textuellen Komplexität – beherrscht, wird von anderen<br />
Chattern mit Aufmerksamkeit belohnt und „darf mitspielen“. Dieses Vergnügen<br />
am eigenen Witz und Scharfsinn findet man natürlich in vielen Spielen wieder; wo es<br />
aber besonders prominent ist und wo sich eine Parallele zum Chat geradezu aufdrängt,<br />
ist die Scherzkommunikation im privaten Kontext: Treffen sich Freunde oder Bekann-<br />
546<br />
Vergnügen<br />
Spielregeln<br />
(Netetiquette,<br />
grundsätzlicher<br />
Ablauf etc.)<br />
Spielzeit<br />
Entlarvung der<br />
<strong>Kommunikations</strong>partner<br />
Steuerung der<br />
Selbstdarstellung
Wolf / Bilandzic · Chatten als <strong>Kommunikations</strong>spiel<br />
te, um zusammen zu plaudern, ist zu beobachten, dass die Ernsthaftigkeit gelockert<br />
wird, kreativ mit der Sprache umgegangen wird, schließlich auch gefrotzelt, gewitzelt<br />
und fantasiert wird (Hartung, 1996: 109). Diese Art der Kommunikation ist nicht nur<br />
als Hilfe in der Konfliktbearbeitung und Lebensbewältigung zu sehen, „diese Funktionen<br />
… [können] zurücktreten …, um der puren Lust an Sprache, Phantasie und Kreativität<br />
Platz zu machen“ und „oft wird nicht die scherzhafte Modalität instrumentalisiert,<br />
um soziale Probleme zu lösen, sondern soziale Probleme werden instrumentalisiert, um<br />
Scherzkommunikation so unterhaltsam wie möglich zu machen“ (Hartung, 1996: 109).<br />
Vor allem die spielerische Provokation (teasing; Günther, 1996) hat den Sprung in die<br />
virtuelle Welt geschafft. Der Unterschied zur Real-Life-Scherzkommunikation liegt<br />
darin, dass die Gesprächspartner sich nicht unbedingt kennen. Sie verfügen insofern<br />
auch nicht ohne weiteres über einen gemeinsamen Erfahrungsschatz, aus dem sie für ihre<br />
Kommunikation schöpfen können. Das wiederum bedeutet, dass passende Partner erst<br />
ausgelotet werden müssen und es manchmal zwangsläufig zu Startschwierigkeiten<br />
kommt. Gleichzeitig ist der geringe Bekanntheitsgrad auch der Grund, warum sich die<br />
Chatter in der Regel an Gebote der Höflichkeit halten und warum sie auch ständig reflektieren,<br />
welche Handlungen welche Chatter beleidigen könnten: Ist eine „grundsätzliche<br />
Gutwilligkeit des Verhältnisses“ (Hartung, 1996: 112) nicht sicher, und das ist bei<br />
jungen Bekanntschaften nie der Fall, müssen die Spieler umso sensibler darauf achten,<br />
dass ihre Äußerungen nicht als böswillig missverstanden werden. Wenn nämlich diese<br />
Vertrauensgrundlage nicht vorhanden ist, ist auch eine spielerische Konversation nicht<br />
mehr möglich, weil dann scherzhafte Äußerungen als ernst gemeinte Angriffe gedeutet<br />
werden können (Hartung, 1996: 112) – diese Erkenntnis zur Scherzkommunikation als<br />
einer Form der Alltagskommunikation kann leicht auf den Chat übertragen werden.<br />
Im Chat findet spielerische Alltagskommunikation zwar statt. Chatkommunikation<br />
ist aber mehr als nur computervermittelte Alltagskommunikation, und zwar durch zwei<br />
Aspekte: Erstens ist der Chat ein institutionalisiertes Forum für Spiel; d. h. es ist jederzeit<br />
für jeden verfügbar. Das hat unmittelbare Konsequenzen auf seinen Gebrauch: Man<br />
muss sich nicht verabreden, man hat gewisse Sicherheit, dass immer jemand da ist, und<br />
es ist normal und erwünscht, mit Menschen in Kontakt zu treten und auch Fremde anzusprechen<br />
(im Gegensatz zum Marktplatz).<br />
Zweitens kann der Chat als „social laboratory“ betrachtet werden, in dem Handlungsweisen,<br />
Rollenkonzepte und die Reaktionen darauf gewissermaßen getestet werden<br />
können, wobei als Grenzen dieses »play as self« die allgemeinen Umgangsformen<br />
fungieren. Dieses Ausprobieren von Möglichkeiten ohne reale Sanktionen ist ein Charakteristikum<br />
von Spielen allgemein: „in play we are able to control the content, the roles<br />
and the outcomes while experiencing attached emotional experiences. We explore and<br />
discover, trying out a variety of different styles of communication, enacting different roles,<br />
breaking out of the constraining confinements and limitations of everyday real life,<br />
testing the potential of diverse dramatic approaches, the free expression of feelings, or<br />
experimenting the desirability and the acceptability of social behaviors.“ (Linder/<br />
Roos/Victor 2001: 13) Die Institutionalisierung und die Social-Laboratory-Eigenschaft<br />
unterscheiden den Chat von gewöhnlicher Alltagskommunikation und unterstreichen<br />
seinen Spielcharakter.<br />
Der Spielrahmen steht natürlich nur für diejenigen Chatter im Vordergrund, die den<br />
Chat aus den von uns eingangs „unspezifisch“ genannten Motiven heraus nutzen. Wird<br />
der Chat aus Kontaktmotiven heraus genutzt und dementsprechend als Kontaktrahmen<br />
betrachtet, dürften andere Handlungsziele im Vordergrund stehen, z. B. das Herausfinden<br />
von E-Mail-Adresse und Telefonnummer oder die Vereinbarung eines Real-Life-<br />
547
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
Treffens. In einem Informationsrahmen hingegen könnte die beste Kneipe der Stadt<br />
oder der Termin der nächsten Love-Parade erfragt werden. In einem Therapierahmen<br />
würde man ernsthafte Probleme und Ratsuche erwarten. Bei diesen drei Rahmen wäre<br />
es kontraproduktiv, jemand in ein Rätselspiel zu verwickeln, sinnlos, die Selbstdarstellung<br />
zu verzögern und von untergeordneter Bedeutung, sich um Originalität zu<br />
bemühen.<br />
Diese Phänomene können hingegen mit dem Spielrahmen plausibel erklärt werden –<br />
hier ist der Erkenntnisgewinn unserer Studie zu verorten. Das Spielmodell kann erklären,<br />
warum Chatkommunikation manchmal belanglos erscheint, warum ernsthafte<br />
Probleme nur selten besprochen werden und warum sich an harmlosen Täuschungen<br />
kaum jemand stört – das Spiel funktioniert auf diese Weise und verhilft den Spielern zu<br />
einem wichtigen Metaziel: dem Spielvergnügen.<br />
Literatur<br />
Bahl, Anke (1997): Zwischen On- und Offline. Identität und Selbstdarstellung im Internet. München.<br />
Bilandzic, Helena / Koschel, Friederike / Scheufele, Bertram (2001): Theoretisch-heuristische Segmentierung<br />
im Prozess der empiriegeleiteten Kategorienbildung. In: Wirth, Werner / Lauf, Edmund<br />
(Hrsg.): Inhaltsanalyse: Perspektiven, Probleme, Potenziale. Berlin: 98 – 116.<br />
Bilandzic, Helena / Trapp, Bettina (2000): Die Methode des lauten Denkens: Grundlagen des Verfahrens<br />
und die Anwendung bei der Untersuchung selektiver Fernsehnutzung bei Jugendlichen.<br />
In: Paus-Haase, Ingrid / Schorb, Bernd (Hrsg.): Qualitative Kinder- und Jugendmedienforschung.<br />
Theorie und Methoden: ein Arbeitsbuch. München: 183 – 209.<br />
Blanchard, Kendall / Cheska, Alice T. (1985): The anthropology of sport: An introduction. Massachusetts.<br />
Blumer, Herbert (1954): What is wrong with social theory? In: American Sociological Review,<br />
19/1954: 3 – 10.<br />
Crook, Stephan / Taylor, Laurie (1980): Goffman’s Version of Reality. In: Ditton, Jason (Hrsg.):<br />
The View from Goffman. New York: 233 – 251.<br />
Döring, Nicola (1996): Führen Computernetze in die Vereinsamung? In: Gruppendynamik<br />
3/27/1996: 289 – 307.<br />
Döring, Nicola (1997a): Identitäten, Beziehungen und Gemeinschaften im Internet. In: Batinic,<br />
Bernad (Hrsg.): Internet für Psychologen. Göttingen u. a.: 299 – 336.<br />
Döring, Nicola (1997b): Kommunikation im Internet: Neun theoretische Ansätze. In: Batinic, Bernad<br />
(Hrsg.): Internet für Psychologen. Göttingen u. a.: 267 – 298.<br />
Döring, Nicola (1999): Sozialpsychologie des Internet. Göttingen u. a.<br />
Ericsson, Anders K. / Simon, Herbert A. (1993): Protocol Analysis: Verbal Reports As Data. Cambridge/London.<br />
Esser, Hartmut (1999): Soziologie. Spezielle Grundlagen. Band 1: Situationslogik und Handeln.<br />
Frankfurt/Main.<br />
Gallery, Heike (2000): »bin ich – klick ich“ – Variable Anonymität im Chat. In: Thimm, Caja<br />
(Hrsg.): Soziales im Netz. Sprache, Beziehungen und <strong>Kommunikations</strong>kulturen im Internet.<br />
Opladen/Wiesbaden: 71 – 88.<br />
Gelder, Lindsay van (1991): The Strange Case of the Electronic Lover. In: Dunlop, Charles / Kling,<br />
Rob (Hrsg.): Computerization and Controversy. New York u. a.: 364 – 375.<br />
Goffman, Erving (1977): Rahmen-Analyse. Ein Versuch über die Organisation von Alltagserfahrungen.<br />
Frankfurt am Main.<br />
Goffman, Erving (1969): Wir alle spielen Theater. Frankfurt am Main.<br />
Günther, Susanne (1996): Zwischen Scherz und Schmerz – Frotzelaktivitäten in Alltagsinteraktionen.<br />
In: Kotthoff, Helga (Hrsg.): Scherzkommunikation. Opladen: 81 – 109.<br />
Hartung, Martin (1996): Ironische Äußerungen in privater Scherzkommunikation. In: Kotthoff,<br />
Helga (Hrsg.): Scherzkommunikation. Opladen: 109 – 143.<br />
548
Wolf / Bilandzic · Chatten als <strong>Kommunikations</strong>spiel<br />
Henne, Helmut / Rehbock, Helmut (1995): Einführung in die Gesprächsanalyse. 3. Aufl. Berlin u.a.<br />
Hettlage, Robert (1991): Rahmenanalyse – oder die innere Organisation unseres Wissens um die<br />
Ordnung der Wirklichkeit. In: Hettlage, Robert/Lenz, Karl (Hrsg.): Erving Goffman – ein soziologischer<br />
Klassiker der zweiten Generation. Stuttgart: 95 – 154.<br />
Höflich, Joachim R. (1995): Vom dispersen Publikum zu „elektronischen Gemeinschaften“. Plädoyer<br />
für einen kommunikations<strong>wissenschaft</strong>lichen Blickwinkel. In: Rundfunk und Fernsehen<br />
4/43/1995: 518 – 537.<br />
Höflich, Joachim R. (1998): Computerrahmen und Kommunikation. In: Prommer, Elizabeth /<br />
Vowe, Gerhard (Hrsg.): Computervermittelte Kommunikation. Öffentlichkeit im Wandel.<br />
Konstanz: 141 – 174.<br />
Höflich, Joachim R. (1999): „Sex, Lügen und das Internet“. Identität und Glaubwürdigkeit in computervermittelten<br />
Beziehungen. In: Rössler, Patrick / Wirth, Werner (Hrsg.): Glaubwürdigkeit<br />
im Internet. Feststellungen, Modelle, empirische Befunde. München: 141 – 156.<br />
Höflich, Joachim R. / Gebhardt, Julian (2001): Der Computer als Kontakt- und Beziehungsmedium.<br />
In: <strong>Medien</strong> & <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong>, 1/2001: 24 – 43.<br />
Jakobs, Eva-Maria (1998): Mediale Wechsel und Sprache. Entwicklungsstadien elektronischer<br />
Schreibwerkzeuge und ihr Einfluß auf <strong>Kommunikations</strong>formen. In: Holly, Werner / Biere,<br />
Bernd Ulrich (Hrsg.): <strong>Medien</strong> im Wandel. Opladen: 187 – 209.<br />
Kelle, Uwe (1997): Empirisch begründete Theoriebildung. Zur Logik und Methodologie interpretativer<br />
Sozialforschung. 2. Auflage. Weinheim.<br />
Keppler, Angela (1994): Tischgespräche. Über Formen kommunikativer Vergemeinschaftung am<br />
Beispiel der Konversation in Familien. Frankfurt am Main.<br />
Kiesler, Sara / Siegel, Jane / McGuire, Timothy (1984): Social Psychological Aspects of Computer-<br />
Mediated Communication. In: American Psychologist 10/19/1984: 1123 – 1134.<br />
Klemm, Michael / Graner, Lutz (2000): Chatten vor dem Bildschirm: Nutzerkommunikation<br />
als Fenster zur alltäglichen Computerkultur. In: Thimm, Caja (Hrsg.): Soziales im Netz.<br />
Sprache, Beziehungen und <strong>Kommunikations</strong>kulturen im Internet. Opladen/Wiesbaden: 156 –<br />
179.<br />
Krotz, Friedrich (1999): Anonymität als Chance und Glaubwürdigkeit als Problem. Überlegungen<br />
zu einigen elementaren Eigenschaften von Kommunikation unter den Bedingungen und Möglichkeiten<br />
im Internet. In: Rössler, Patrick / Wirth, Werner (Hrsg.): Glaubwürdigkeit im Internet.<br />
Feststellungen, Modelle, empirische Befunde. München: 125 – 140.<br />
Linder, Marc-Olivier / Roos, Johan / Victor, Bart (2001): Play in organizations. Paper presented at<br />
EGOS conference July 5-7 2001, Lyon, France.<br />
Mayring, Philipp (1997): Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken. Weinheim.<br />
Mettler-Meibom, Barbara (1990): Wie kommt es zur Zerstörung zwischenmenschlicher Kommunikation?<br />
In: Rammert, Werner (Hrsg.): Computerwelten – Alltagswelten. Wie verändert der<br />
Computer die soziale Wirklichkeit? Opladen: 65 – 88.<br />
Pellegrini, Anthony D. (Ed.) (1995): The future of play theory: A multidisciplinary inquiry into the<br />
contributions of Brian Sutton-Smith. Albany, NY.<br />
Rieber, Lloyd P. (1996): Seriously considering play: Designing interactive learning environments<br />
based on the blending of microworlds, simulations, and games. Educational Technology Research<br />
& Development, 44(2), 43 – 58<br />
Scherer, Helmut / Wirth, Werner (2002): Ich chatte – wer bin ich? Identität und Selbstdarstellung<br />
in virtuellen <strong>Kommunikations</strong>situationen. In: <strong>Medien</strong> & <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong>,<br />
3/2002: 337 – 358.<br />
Schmidt, Axel (2000): Chatten. Spiel ohne Grenzen – Spiel mit Grenzen? In: medien praktisch<br />
3/2000: 17 – 22.<br />
Stephenson, William (1964): The Ludenic Theory of Newsreading. In: Journalism Quarterly 41:<br />
367 – 374.<br />
Stone, Allucquere (1995): The War of Desire and Technology at the Close of the Mechanical Age.<br />
Cambridge.<br />
Sutton-Smith, Brian (1997): The Ambiguity of Play. Cambridge.<br />
Turkle, Sherry (1999): Leben im Netz. Identität in Zeiten des Internet. Hamburg.<br />
549
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
Walther, Joseph B. (1996): Computer-Mediated Communication: Impersonal, Interpersonal, and<br />
Hyperpersonal Interaction. In: Communication Research 1/23/1996: 3 – 43.<br />
Weinreich, Frank (1997): Moderne Agoren. Nutzungsweisen und Perspektiven von Mailboxsystemen.<br />
Wiesbaden.<br />
Willems, Herbert (1997): Rahmen und Habitus. Zum theoretischen und methodischen Ansatz Erving<br />
Goffmans: Vergleiche, Anschlüsse und Anwendungen. Frankfurt am Main.<br />
550
„the next best thing to being there“ – ein Überblick<br />
zu 25 Jahren Videokonferenzforschung<br />
Olaf A. Schulte<br />
Die Videokonferenz ist seit mehr als 30 Jahren Gegenstand (nicht nur) kommunikations<strong>wissenschaft</strong>licher<br />
Betrachtungen. Bis heute jedoch fehlt eine Theorie der audiovisuellen<br />
Telekommunikation, die den Charakteristika dieser eigenständigen <strong>Kommunikations</strong>form<br />
gerecht würde. Der vorliegende Artikel zeichnet die technische Entwicklung<br />
sowie die <strong>wissenschaft</strong>liche und theoretische Beschäftigung mit der Videokonferenz in<br />
den letzten Jahrzehnten nach.<br />
Keywords: Videokonferenz, Forschungsstand, soziale Präsenz, Telepräsenz<br />
1. Einleitung1 Als der amerikanische Regisseur Stanley Kubrick 1968 mit „2001: A Space Odyssey“ die<br />
Geschichte des Computers HAL 9000 erzählte, war dies zugleich ein Blick auf die Zukunftsvisionen<br />
der späten sechziger Jahre: Zu Johann Strauß’ Donauwalzer werden interplanetare<br />
Raumflüge, bewohnte Orbitalstationen und moderne Telekommunikationseinrichtungen<br />
präsentiert. So beobachten wir Dr. Heywood R. Floyd, der ein<br />
öffentliches Bildtelefon benutzt, um seiner Tochter zum Geburtstag zu gratulieren<br />
(s. Abb. 1).<br />
Abbildung 1: Bildtelefon in Stanley Kubricks „2001: A Space Odyssey“ 2<br />
1 Der vorliegende Artikel ist Teil der Arbeiten des DFG-Projektes „Audiovisuelle Fernkommunikation“<br />
an der Universität Essen, das die Nutzung von Videokonferenzen erforscht<br />
(www.uni-essen.de/videokonferenz).<br />
2 Copyright by Metro-Goldwyn-Mayer Studios, Inc.<br />
551
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
Kubricks Vision eines Bildtelefons ist eine der wenigen Technologien, die noch vor<br />
dem Jahr 2001 Realität wurden: Videokonferenzen gehören heute zum Repertoire geschäftlicher<br />
Kommunikation und werden ansatzweise auch privat genutzt. Ihre <strong>wissenschaft</strong>liche<br />
Erforschung begann vor einem Vierteljahrhundert: 1976 veröffentlichten<br />
John Short, Ederyn Williams und Bruce Christie mit „The Social Psychology of Telecommunications“<br />
einen Überblick zu den Arbeiten der Communications Studies Group<br />
(CSG), die an der Universität von London die Nutzung der „person-to-person telecommunication“<br />
(1976: 1) untersuchte. Mit dem Konzept der sozialen Präsenz legten sie<br />
darin einen theoretischen Ansatz vor, der einen ersten Versuch darstellte, die verschiedenen<br />
Varianten technisch vermittelter Kommunikation zu analysieren. Die soziale Präsenz<br />
bestimmt sich einerseits über die an den technischen Bedingungen festzumachenden<br />
objektiven Eigenschaften eines Mediums, wird aber andererseits präzisiert als eine<br />
aus Wahrnehmung und Einstellungen der Nutzenden resultierende subjektive Eigenschaft.<br />
2. Start – Stop – Start: Von den dreißiger zu den sechziger Jahren<br />
Erste Ansätze einer audiovisuellen interpersonellen Telekommunikation kamen zeitgleich<br />
mit der Entwicklung des Fernsehens in den zwanziger Jahren des vergangenen<br />
Jahrhunderts auf: In den USA präsentierten die Bell Telephone Laboratories das noch<br />
experimentelle „two-way television as an adjunct to the telephone“ (Ives 1930: 399),<br />
während wenige Jahre später die deutsche Reichspost „Fernsehsprechstellen“ in Berlin<br />
und Leipzig einrichtete (Schulte 1993: 16; Zimmermann 1991: 314). Vorstellungen, wie<br />
sich diese Technik nutzen ließe, waren schon damals entwickelt (s. Abb. 2) 3 :<br />
Abbildung 2: „Drahtloses Privattelefon und Fernseher“, Sammelbild, ca. 1930 4<br />
3 Eine gänzlich andere Vision bot der Film „Metropolis“ des deutschen Regisseurs Fritz Lang von<br />
1927; hier setzt der über Metropolis herrschende Fredersen ein Bildtelefon als Teil seines Überwachungsapparates<br />
ein; vgl. http://www.uni-hamburg.de/Wiss/FB/09/VolkskuI/Texte/Vokus/1999-2/herlyn.html<br />
(August 2002).<br />
4 Weyers et al. 1992: 34.<br />
552
Die reale Technik jedoch war von solchen mobilen Geräten weit entfernt, zudem extrem<br />
aufwändig und kostenintensiv; schon bald fiel die Weiterentwicklung der Geräte<br />
dem zweiten Weltkrieg zum Opfer. Nach dessen Ende fokussierte die technische Forschung<br />
in erster Linie das Massenmedium Fernsehen. Erst in den sechziger Jahren präsentierten<br />
die Bell Laboratories das als Bildtelefon mit einem etwa fünf mal fünf Zoll<br />
großen Monitor konzipierte „Picturephone Mod 1“, mit dessen Entwicklung sich die<br />
Techniker auf einer Stufe mit dem Erfinder des Telefons, Alexander Graham Bell sahen:<br />
„Today there stands before us an opportunity of equal magnitude – PICTURE-<br />
PHONE ® service“ (Molnar 1969: 134).<br />
Abbildung 3: Picturephone Bildtelefon der Firma AT&T 5<br />
Zehn Jahre später hatte AT&T annähernd 500 Millionen US-Dollar in Entwicklung und<br />
Vermarktung des Gerätes investiert (Pye/Williams 1977: 230), ohne eine nennenswerte<br />
Nachfrage anregen zu können: „the original picturephone flopped in 1964 and has gone<br />
nowhere since.“ (Johnson 1991: 88)<br />
3. Fast forward: Die siebziger Jahre<br />
Schulte · 25 Jahre Videokonferenzforschung<br />
3.1 Technik<br />
Trotz des sich abzeichnenden Picturephone-Debakels wurde von Seiten der damals<br />
meist staatlichen Telekommunikationsunternehmen die Entwicklung von Videokonferenzanlagen<br />
vorangetrieben. Neben das in der Tradition des Picturephone stehende, am<br />
Telefon orientierte und (mittelfristig) für den privaten Kunden geplante Bildtelefon<br />
(„video(tele)phone“) trat nunmehr die der Nutzung im Studio vorbehaltene Videokonferenz<br />
(„videoconferencing system“). Beide Systeme waren aufgrund der benötigten<br />
Bandbreiten der Videoübertragung ebenso aufwändig wie kostenintensiv und daher<br />
zunächst einem sehr kleinen Kreis von Nutzenden vorbehalten. Zu diesem gehörten in<br />
erster Linie die Telekommunikationsunternehmen selbst, die auch die wenigen öffentlichen<br />
Studios verwalteten. Hinzu kamen einige wenige private Studios großer Unternehmen<br />
und öffentlicher Institutionen, die aufgrund ihrer dezentralen Struktur beson-<br />
5 Produktbroschüre, ca. 1964.<br />
553
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
ders von der Überwindung räumlicher Distanzen profitierten (Johansen/Bullen 1984:<br />
164; Gerfen 1986: 6).<br />
3.2 Forschung<br />
Die mit Beginn der siebziger Jahre einsetzenden Forschungsaktivitäten waren ebenso<br />
zahlreich6 wie dispers. Eine erste Richtung war eng verknüpft mit den großen Hoffnungen,<br />
die die Telekommunikation und speziell die Videokonferenz mit sich brachten:<br />
Unternehmen versprachen sich eine deutliche Reduzierung der kostenintensiven Reisetätigkeit,<br />
Politiker erhofften sich eine entsprechende Abnahme des Berufsverkehrs,<br />
des gerade nach den Ölpreisschocks der siebziger Jahre relevanten Energieverbrauchs<br />
und in letzter Konsequenz der verstärkt in den Fokus gesellschaftlicher Relevanz<br />
rückenden Umweltverschmutzung. Die Videokonferenz sollte sogar zum „instrument<br />
of antidiscrimination“ 7 werden. Die Forschung stand diesen Argumenten zur Seite, indem<br />
die Kosten der Videokonferenz den Reisekosten gegenübergestellt und die Folgen<br />
für Verkehr und Umwelt kalkuliert wurden (Nilles et al. 1976; Gold 1979).<br />
Die vorherrschende Forschungsrichtung jedoch waren intermediale Vergleiche der<br />
nunmehr zahlreichen Konferenzvarianten. Die Frage nach deren Charakter, Stil, Effizienz<br />
und möglichem Einsatzgebiet war dabei ebenso forschungsleitend wie die Ausarbeitung<br />
objektiver und subjektiver Differenzierungskriterien der verschiedenen <strong>Kommunikations</strong>technologien:<br />
„most researchers concentrated their efforts on empirical investigations<br />
of the effect of channel type (audio, audio-video or face-to-face) upon meeting<br />
outcomes and user attitudes.“ (Albertson 1984: 394) Ziel war es, verlässliche<br />
Aussagen über diejenigen Aufgaben und Konferenzen zu machen, deren Durchführung<br />
zukünftig (auch) per Videokonferenz erfolgen konnte (Williams 1977: 964). Die Ergebnisse<br />
waren ebenso vielfältig wie die experimentell oder im Rahmen von Begleitforschungen<br />
untersuchten Anlagen 8 : Auf der einen Seite führte eine ganze Reihe von Studien<br />
zu der Einschätzung, dass die Videokonferenz kürzer, effizienter und disziplinierter<br />
sei. Sie erschwere den Aufbau interpersoneller Beziehungen und sei daher für potenziell<br />
konfliktgeladene Diskussionen ungeeignet. Auf der anderen Seite gab es gerade<br />
bei Akzeptanz- und Effizienzuntersuchungen auch gegenteilige Ergebnisse, so dass der<br />
Nutzen der visuellen Information insgesamt unklar blieb: „The research reviewed casts<br />
considerable doubt on the value of a visual channel to enable participants in business<br />
teleconferencing to see each other.“ (Pye/Williams 1977: 240)<br />
3.3 Theorie<br />
Vor diesem Hintergrund wagten sich die Forschenden an eine theoretische Aufarbeitung<br />
der zahlreichen empirischen Studien. Ein erster Ansatz orientierte sich an der zur<br />
Verfügung stehenden Bandbreite (bzw. der Zahl der zur Verfügung stehenden Kom-<br />
6 Schon 1977 konnte Johansen in einer synoptischen Darstellung der „social evaluations of audio,<br />
video, or computer-based teleconferencing“ (395) auf 251 (!) Texte zurückgreifen.<br />
7 So Dickson / Bowers (1974: 110); allerdings befürchteten sie andererseits obszöne Anrufe und<br />
sahen ganz neue Problemfelder: „Reputedly the nature of the Picturephone camera’s spectral<br />
sensitivity also enables toupees and wigs to be identified more easily.“ (105)<br />
8 Vgl. zu den nachfolgenden Ausführungen insbesondere die synoptischen Darstellungen bei Johansen<br />
1977 und Williams 1977.<br />
554
Schulte · 25 Jahre Videokonferenzforschung<br />
munikationskanäle) und betrachtete diese als ausschlaggebend für die Effizienz der jeweiligen<br />
<strong>Kommunikations</strong>technologie (Ryan/Craig 1975: 2). Allerdings war dieser – im<br />
Wesentlichen auf die Überlegungen Shannons und Weavers (1971: 7) zurückgehende –<br />
mechanistische Ansatz angesichts der offensichtlich auch aufgaben- und themenabhängigen<br />
Effizienz unzureichend.<br />
Eine zweite theoretische Richtung fokussierte die Bedeutung nonverbaler kommunikativer<br />
Aktivitäten und übertrug damit die Ergebnisse der seit Mitte der sechziger Jahre<br />
intensivierten Forschungen zur Vis-à-vis-Kommunikation (z. B. Kendon 1967; Argyle<br />
et al. 1968; Sacks et al. 1974) auf die Telekommunikation. Der partielle Verlust nonverbaler<br />
Informationen wurde als Ursache kommunikativer Defizite technisch vermittelter<br />
Kommunikation ausgemacht, die den Aufbau von Beziehungen, die Behandlung<br />
sensibler Themen oder auch die Organisation der Kommunikation selbst (Rederechtswechsel,<br />
Backchannel-Signale etc.) erschwerten. Diese Erklärung vernachlässigte allerdings<br />
die Kompensationsmöglichkeiten der Teilnehmenden ebenso wie die Redundanz<br />
der übermittelten Informationen (Cook/Lalljee 1972: 218; Berman et al. 1976: 83; Pye/<br />
Williams 1977: 233) und war auch im Lichte hoher Akzeptanz- und Effizienzwerte der<br />
Audiokonferenz wenig aussagekräftig.<br />
3.3.1 The Social Psychology of Telecommunications – das Konzept der „sozialen Präsenz“<br />
Obwohl (oder gerade weil) sie die zuvor genannten Ansätze mit Blick auf die Differenzierung<br />
verschiedener Konferenzformen nicht für aussagekräftig erachteten, synthetisierten<br />
Short, Williams und Christie diese in ihren Überlegungen. Ziel war es, mögliche<br />
Anwendungsfelder der Videokonferenztechnologie im Rahmen geschäftlicher Kommunikation<br />
auszumachen. Unter Bezugnahme auf das mehrstufige „telecommunications<br />
impact model“ nach Reid (1971) widmeten sie sich zunächst einer grundsätzlichen<br />
Bestimmung zwischenmenschlicher (Vis-à-vis-)Kommunikation, bei der die Bedeutung<br />
nonverbaler Aktivitäten im Mittelpunkt steht: Mimik, Gestik, Proxemik und Blick werden<br />
in ihrer u. a. gegenüber den kommunizierten Inhalten oder den <strong>Kommunikations</strong>zwecken<br />
differenzierten Funktionalität beleuchtet. Der anschließende Blick auf unterschiedliche<br />
(geschäftliche) <strong>Kommunikations</strong>zwecke und -formen sollte dann Aussagen<br />
über deren mögliche Substituierbarkeit erlauben. Kernpunkt dieser Entscheidung war<br />
die „Social Presence“ als Ausmaß der wahrgenommenen Salienz des jeweiligen <strong>Kommunikations</strong>partners:<br />
„We believe, however, that the degree of salience of the other person<br />
in the interaction and the consequent salience of the interpersonal relationships is an<br />
important hypothetical construct that can usefully be applied more generally. We shall<br />
term this quality ‚Social Presence’.“ (Short et al. 1976: 65) Unter Rückgriff auf die Überlegungen<br />
zur bandbreitenabhängigen Effizienz ist dieser Ansatz einerseits sehr medienorientiert,<br />
indem nämlich die soziale Präsenz definiert wird als „a quality of the communications<br />
medium.“ (65). Andererseits beziehen Short, Williams und Christie in<br />
einem zweiten Schritt die Nutzenden und deren Fähigkeit, das genutzte Medium zu beurteilen,<br />
ausdrücklich in ihre Definition ein: Inwieweit nämlich die <strong>Medien</strong>eigenschaften<br />
überhaupt eine Rolle spielen, „is determined by the individual, because we conceive<br />
of the Social Presence of a medium as a perceptual or attitudinal dimension of the user,<br />
a ‚mental set‘ towards the medium.“ (65) Deren Urteil über die soziale Präsenz fasse die<br />
wahrgenommene Präsenz der zuvor diskutierten nonverbalen kommunikativen Aktivitäten<br />
im jeweiligen Medium und auch die Angemessenheit gegenüber der zu bewältigenden<br />
Aufgabe zusammen. Die Synthese dieser Perspektiven lautet dann: „We con-<br />
555
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
ceive of Social Presence not as an objective quality of the medium, though it must surely<br />
be dependent upon the medium’s objective qualities, but as a subjective quality of the<br />
medium.“ (66)<br />
Wie gering jedoch der tatsächliche Einfluss der objektiven <strong>Medien</strong>eigenschaften auf<br />
das Maß der sozialen Präsenz war, zeigen die Ausführungen zur Methodik: „The chief<br />
method for measuring Social Presence in the laboratory is the semantic differential technique“<br />
(66). Damit bestimmte sich die soziale Präsenz eines Mediums über seine Einstufung<br />
durch die Nutzenden auf ihnen vorliegenden Skalen, die mit gegensätzlichen<br />
Adjektiven wie „kalt – warm“, „sensibel – unsensibel“, „persönlich – unpersönlich“<br />
oder „sozial – unsozial“ arbeiteten.<br />
Short, Williams und Christie sahen sich durch die Ergebnisse dieser semantischen Differenziale<br />
in der Lage, eine Unterscheidung verschiedener <strong>Kommunikations</strong>formen<br />
vorzunehmen, die eben nicht allein auf <strong>Medien</strong>eigenschaften fußt, sondern in Abhängigkeit<br />
von den (Einschätzungen der) beteiligten Individuen und den jeweiligen <strong>Kommunikations</strong>zwecken<br />
steht. Dass die nachfolgenden Untersuchungen zur sozialen Präsenz<br />
lediglich in einer Reihung verschiedener <strong>Kommunikations</strong>technologien vom Telefon<br />
über die Audiokonferenz bis hin zur Videokonferenz mündeten, die zudem mit den<br />
Ergebnissen der an der Bandbreite oder der visuellen Information orientierten Ansätze<br />
übereinstimmten, war nur ein Problem. Viel gravierender war aber, dass der Forschungsboom<br />
der siebziger Jahre ebenso wenig wie die resultierenden theoretischen Ansätze<br />
den ausbleibenden Erfolg der Videokonferenz erklären konnten.<br />
4. Pause: Die achtziger Jahre<br />
4.1 Technik<br />
Denn auch die achtziger Jahre wurden nicht zum Jahrzehnt des oftmals prognostizierten<br />
Videokonferenzbooms: In den USA brachte AT&T mit dem „Picturephone Meeting<br />
Service“ (PMS) eine studiobasierte Videokonferenzlösung auf den Markt, die öffentliche<br />
Verbindungen zwischen etwa vierzig Städten erlaubte (Menist/Wright 1984:<br />
180). Hinzu kamen einige Projekte im Gesundheits- und im Bildungswesen (Bretz 1984;<br />
Niemiec 1984) sowie private Studios insbesondere großer Unternehmen wie Procter &<br />
Gamble, IBM oder das Luftverkehrsunternehmen Boeing. Trotz vereinzelter Erfolgsgeschichten<br />
blieb eine flächendeckende Nutzung selbst in der geschäftlichen Anwendung<br />
aus. Für das Jahr 1983 verzeichnete das amerikanische „Teleconferencing Directory“<br />
gerade mal 204 Organisationen, deren Anlagen eher mäßig ausgelastet waren (Johansen/Bullen<br />
1984; Dutton et al. 1984). Ähnlich die Situation in Deutschland: Auch das<br />
1984 gestartete Bigfon-Projekt9 , das für die Videokonferenz weiterhin auf die studiobasierte<br />
Fernsehtechnik setzte, konnte keinen nennenswerten Nachfrageschub auslösen10 .<br />
Hinzu kam, dass mit der Einführung von ISDN11 die schmalbandige Videokonferenz<br />
erst am Anfang ihrer Entwicklung stand und die extrem teuren Breitbandverbindungen<br />
noch den Standard darstellten. Zwar wurde ISDN als zukünftige Videokonferenzlösung<br />
9 Breitbandiges Integriertes Glasfaser-Ortsnetz.<br />
10 Die Nutzung der immerhin 118 Studios blieb im Gegenteil bis zum Ende der achtziger Jahre<br />
mit durchschnittlich 2,5 Stunden im Monat und etwa 50 (fast) vollständig ungenutzten Studios<br />
sehr bescheiden (Zimmermann 1991: 314).<br />
11 Integrated Services Digital Network.<br />
556
Schulte · 25 Jahre Videokonferenzforschung<br />
Abbildung 4: Bildtelefon „Christa R“ und Videokonferenzstudio der Deutschen Bundespost,<br />
achtziger Jahre 12<br />
gepriesen, angesichts der Ungewissheit über die zu verwendenden Netze sowie der noch<br />
inadäquaten Kompressionsverfahren wirkte dies jedoch eher investitionshemmend<br />
(Krull 1988: 386; Schlobach 1989: 55).<br />
4.2 Forschung<br />
Auch die Forschungsaktivitäten gingen nach dem Ende der ersten Euphorie deutlich<br />
zurück. Hinzu kam, dass sich in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre die Forschung<br />
zunehmend anderen, neueren und sehr schnell auch verbreiteteren <strong>Kommunikations</strong>formen<br />
der Computer-Mediated-Communication (CMC) wie Newsgroups, Bulletin<br />
Boards oder E-Mail zuwandte. Der im Vergleich spärliche Erfolg der Videokonferenz<br />
beeinflusste auch die Forschungsfragen. Neben einer Reihe traditioneller Studien zu intermedialen<br />
Effizienzvergleichen (Krueger/Chapanis 1980), zur Substitution von Geschäftsreisen<br />
(Kraemer 1982) oder zur Analyse betrieblicher Anwendungsfelder<br />
(Schenk 1986; Schlobach 1989) tauchten zunehmend Studien auf, die die nunmehr offensichtliche<br />
Erfolglosigkeit der Videokonferenz am Markt und auch die unbefriedigende<br />
Forschungslage zum Anlass für die Forderung nach neuen Wegen machten. 1984<br />
sprachen Johansen und Bullen vom Trugschluss, die Videokonferenz könne die Vis-àvis-Kommunikation<br />
ersetzen (6). Ihre Bedenken teilten im selben Jahr Birell und Young:<br />
„Too often teleconference design has been motivated by the desire to replicate the faceto-face<br />
meeting. We should be considering more deeply whether the face-to-face model<br />
is really so very valid.“ (286) 13<br />
Eine gänzlich andere Perspektive nahmen etwa zwei Forschende ein, die eine (Mikro-)Analyse<br />
der spezifischen kommunikativen Aktivitäten der Videokonferenzteilnehmenden<br />
durchführten. 1984 resümiert Karen M. Cohen: „While there is considerable<br />
literature documenting differences in perceived effectiveness and acceptability of<br />
video teleconferencing systems […], there is a lack of objective data on speaking behavior<br />
among participants in video teleconferences, compared with FTF meetings.“ (288)<br />
12 Mit freundlicher Genehmigung des Museums für Kommunikation, Frankfurt a. M.<br />
13 Ganz ähnlich Egido: Sie sprach vom „questionable portrayal of videoconferencing as a direct<br />
replacement for face-to-face meetings.“ (1988: 16)<br />
557
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
Erstmalig wird hier die Frage in den Vordergrund gerückt, inwieweit die Organisation<br />
von Kommunikation über die Wahrnehmungsbedingungen auf ganz fundamentale Art<br />
und Weise beeinflusst wird, indem Elemente wie der Rederechtswechsel oder die Länge<br />
der Turns gegenüber der Vis-à-vis-Kommunikation verändert werden. Einen ähnlich<br />
weitsichtigen Beitrag liefert fast zeitgleich der französische Soziologe Pascal Périn (1983)<br />
zur „visioconférence“: Auch hier geht es unter Rückgriff auf Sacks, Schegloff und Jefferson<br />
(1974: 696) um eine Analyse insbesondere des Turn-taking und der Rolle des<br />
Blicks. Dabei arbeitet Périn mit Videoaufzeichnungen sowie einem auf diesen aufbauenden<br />
Transkript und geht damit auch methodisch neue Wege. Ein weiterer Punkt, den<br />
Cohen anspricht, ist die für die Videokonferenz typische Verzögerung zwischen den beteiligten<br />
Standorten 14 , die erhebliche Störungen in der zeitlichen Koordination kommunikativer<br />
Aktivitäten mit sich bringt: „transmission delay disrupts the pace of normal<br />
conversations, makes the appropriate timing of interruptions more difficult, and impedes<br />
the smooth resolution of simultaneous speech events.“ (292)<br />
Deutschland war aufgrund der verzögerten technischen Entwicklung von den internationalen<br />
Forschungsaktivitäten entkoppelt: Hier entstanden parallel zu den Bemühungen<br />
der Deutschen Bundespost/Telekom, die Videokonferenz und das von ihr vertriebene<br />
Bildtelefon zu vermarkten, zahlreiche Begleitstudien. Und obwohl neben ingenieur<strong>wissenschaft</strong>lichen<br />
und nachrichtentechnischen Studien auch die „Abteilung Wirtschafts-<br />
und Sozial<strong>wissenschaft</strong>liche Begleitforschung des Heinrich-Hertz-Institutes<br />
für Nachrichtentechnik“ mitwirkte (Otto et al. 1986: 5), standen die technischen Bedingungen<br />
der Videokonferenz im Mittelpunkt. Erforscht wurde das gesamte Spektrum der<br />
technischen Parameter: Größe und Anordnung verschiedener Bildschirme, Kameraperspektiven,<br />
die Rolle des Eigenbildes und sogar die Raumgestaltung bis hin zur Wahl der<br />
vorteilhaftesten Vorhänge (Schwarz/Tilse 1980: 87; Romahn et al. 1985: 690; Mühlbach<br />
1987: 506; Mühlbach et al. 1989: 8). Parallel wurden empirische Studien zur Akzeptanz<br />
durch die Nutzenden betrieben, die sich jedoch meist auf experimentelle Laboruntersuchungen<br />
oder Dienstbesprechungen der Deutschen Bundespost/Telekom beschränkten<br />
(Stachelsky/Tonnemacher 1987).<br />
4.3 Theorie<br />
Auch die theoretische Aufarbeitung machte keine wesentlichen Fortschritte und bewegte<br />
sich zunächst im Fahrwasser der intermedialen Vergleiche.<br />
4.3.1 Cuelessness<br />
Rutter et al. stellten 1981 als Ergebnis zahlreicher Studien das Konzept der „cuelessness“<br />
(41) vor. Sie kritisieren, dass das Konzept der sozialen Präsenz durch die ex post-Befragung<br />
zirkulär sei und keine Angaben zu möglichen Faktoren der subjektiven Einschätzung<br />
der sozialen Präsenz gemacht würden. In ihren Überlegungen beziehen sie sich auf<br />
verbale, nonverbale und paraverbale Signale (cues), die als Lächeln, Zögern, Betonung<br />
u. v. m. kommunikative Relevanz besitzen und – sofern sie übermittelt werden – Ein-<br />
14 Diese ist bedingt durch die Digitalisierung, Kodierung (Datenkompression auf Basis mathematischer<br />
Verfahren), Übertragung sowie Dekodierung und Analogisierung insbesondere des Videomaterials;<br />
die entstehenden Verzögerungen betragen zwischen 0,4 und 1 Sekunde, abhängig<br />
von technischen Faktoren.<br />
558
Schulte · 25 Jahre Videokonferenzforschung<br />
fluss auf die soziale Präsenz haben. Rutter et al. trennen die ihres Erachtens bis dato unzureichend<br />
differenzierten Aspekte der „visual communication“ als ausschließlich visuell<br />
vermittelte Information und der „physical presence“ als rein körperliche Gegenwart,<br />
um diese dann angesichts einer unzureichenden singulären Aussagekraft im Konzept der<br />
„cuelessness“ zu bündeln: „The smaller the aggregate number of available social cues<br />
from whatever source – visual communication, physical presence or, indeed, any other<br />
– the more task oriented and depersonalized the content, and the less spontaneous the<br />
style.“ (48) 15 Damit bilde dieses medienorientierte Konzept die Grundlage für die soziale<br />
Präsenz: „social presence is underpinned by cuelessness. The more cueless a medium,<br />
the less its social presence.“ (49)<br />
4.3.2 Information Richness<br />
1984 lieferten Daft und Lengel mit dem Konstrukt der „Information Richness“ (bzw.<br />
„Media Richness“) einen weiteren Ansatz der <strong>Medien</strong>auswahl, der ebenfalls häufig für<br />
die Analyse möglicher Anwendungsfelder der Videokonferenz herangezogen wird.<br />
Tatsächlich jedoch erscheint er zunächst eher als Rückgriff auf die simplen Bandbreitenklassifikationen<br />
der frühen siebziger Jahre: „Richness is defined as the potential information-carrying<br />
capacity of data“ (Daft/Lengel 1984: 196). Vier „objektive“ <strong>Medien</strong>eigenschaften<br />
werden für eine solche Klassifikation herangezogen: die Unmittelbarkeit<br />
des Feedbacks, die Art und Anzahl der verwendeten Kanäle, die Qualität der hinter dem<br />
Medium stehenden Quelle (persönlich – unpersönlich) sowie die verwendete Sprache.<br />
Im Mittelpunkt steht die Frage, inwieweit diese <strong>Medien</strong>eigenschaften den Anforderungen<br />
der jeweiligen Aufgabe gerecht werden („contingency“; Rice 1992: 481) sowie die<br />
daraus abzuleitende optimale <strong>Medien</strong>nutzung bzw. Informationsverarbeitung innerhalb<br />
von Organisationen. Das Modell wurde – gerade im Zuge der Diskussion um „interaktive“<br />
<strong>Medien</strong> – vielfach modifiziert, etwa durch die Hinzufügung neuer <strong>Kommunikations</strong>technologien<br />
oder die Ergänzung entsprechender Kriterien:<br />
Mehr als eine Taxonomie verschiedener <strong>Kommunikations</strong>formen bot aber auch dieses<br />
Konzept nicht. Warum etwa die Videokonferenz trotz hoher Anzahl von „cues“ einen<br />
im Vergleich zum Telefon eher formalen Charakter besitzt, konnte das Konzept von<br />
Rutter et al. ebenso wenig erklären wie die Theorie von Daft und Lengel die anhaltende<br />
Erfolglosigkeit der Videokonferenz am Markt – trotz einer dem Vis-à-vis-Gespräch und<br />
dem Telefon ähnlichen „information richness“. Die theoretischen Ansätze versagten sowohl<br />
in ihren analytischen als auch prognostischen Aussagen, so dass bald die Forderung<br />
nach neuen Wegen in der Forschung aufkam, wie sie ansatzweise schon Cohen und<br />
Périn beschritten hatten: „In order to understand the impact of mediated communication<br />
on this intersubjective process more fully, research is needed which focuses on the<br />
interaction itself rather than on task effectiveness, user attitudes, or simple objective<br />
measures of communicative differences.“ (Hiemstra 1982: 883) Eine solche, mit Blick auf<br />
die Kommunikation eher mikroanalytische Vorgehensweise einer detaillierten Betrachtung<br />
setzte sich – nicht zuletzt dank neuer Optionen der Aufzeichnungstechnik und<br />
technisch gestützter Analyseverfahren – in den neunziger Jahren durch.<br />
15 Eine ähnliche Differenzierung wurde schon zuvor aufgrund der „formality“ eines Mediums von<br />
Morley/Stephenson (1969) vorgebracht; Rutter et al. bezeichneten es als „equivalent to our concept<br />
of cuelessness.“ (49)<br />
559
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
Tabelle: Klassifikation der Media Richness (Dennis/Valacich 1999: o. S.)<br />
Feed- Symbol Parallelism Rehears- Reprocessback<br />
Variety ability ability<br />
Face-to-Face high low-high low low low<br />
Videoconference<br />
medium-high low-high low low low<br />
Telephone medium low low low low<br />
Written mail low low-medium high high high<br />
Voicemail low low low low-medium high<br />
Electronic mail low-medium low-high medium high high<br />
Electronic phone medium low-medium medium low-medium low-medium<br />
(„chat“)<br />
Asynchronous low low-high high high high<br />
groupware<br />
Synchronous low-medium low-high high medium-high high<br />
groupware<br />
5. Slowmotion: Die neunziger Jahre<br />
5.1 Technik<br />
Mit Blick auf die Technik brachten die neunziger Jahre erneut gravierende Umwälzungen<br />
mit sich: Mit der flächendeckenden Bereitstellung von ISDN, der zunehmenden<br />
Verbreitung von TCP/IP-basierten Netzwerken16 mit ausreichenden Bandbreiten, den<br />
Fortschritten in der Komprimierung der audiovisuellen Daten sowie der resultierenden<br />
Möglichkeit, Videokonferenzen auch als schmalbandige Variante vermittels einer einfachen<br />
ISDN S0-Schnittstelle zu betreiben, waren technisch wieder einmal die Weichen<br />
auf Erfolg gestellt (Wilcox 2000: 2). Während das Bildtelefon nurmehr ein Nischendasein<br />
am Markt führte, wurde im Zuge der Verbreitung des PCs die „Desktop-Videokonferenz“<br />
zu einer Lösung insbesondere in der audiovisuell unterstützten Telekooperation<br />
und als kostengünstige Videokonferenz für private Anwendungen17 . Am oberen<br />
Ende des Marktes wurden die stationären und extrem teuren Großanlagen zunehmend<br />
durch „Rollabouts“ ersetzt, die als mobile, kostengünstigere Lösungen in jedem Besprechungsraum<br />
mit entsprechender (Verbindungs-) Technik eingesetzt werden können.<br />
Die Forschung hingegen beurteilte den Markt nach wie vor nüchtern: „teleconferencing<br />
expectations in general have failed to realize themselves fully despite consistently<br />
brilliant market forecasts“, urteilte Egido (1990: 351) schon recht früh, wurde aber<br />
durch Mayes und Foubister 1996 bestätigt: Die Videokonferenz bleibe eine „technology<br />
on the fringe“ (1996a: 163; vgl. auch 1996b).<br />
16 Netze, die auf dem Transmission Control Protocol (over) Internet Protocol basieren wie etwa<br />
das Internet.<br />
17 Seit Mitte der neunziger Jahre wurde das Betriebssystem Windows standardmäßig mit der Videokonferenzsoftware<br />
Netmeeting installiert.<br />
560
Schulte · 25 Jahre Videokonferenzforschung<br />
5.2 Forschung<br />
Die Forschung selbst hingegen blühte im Verlauf der neunziger Jahre wieder deutlich<br />
auf: Bewegung in die Überlegungen zur audiovisuellen Telekommunikation brachten in<br />
erster Linie Studien aus dem Bereich der computerbasierten Kommunikation, die etwa<br />
unter dem Dach der amerikanischen „Association for Computing Machinery“ (ACM)<br />
in der „Special Interest Group on Computer-Human Interaction“ gebündelt wurden.<br />
Zahlreiche Publikationen und Konferenzproceedings zur „Human-Computer Interaction“<br />
(HCI) 18 sowie zur „Computer Supported Cooperative Work“ (CSCW) fokussierten<br />
die videogestützte Kooperation und Kommunikation19 . Eine ganze Reihe von<br />
Impulsen erhielt die Forschung zudem durch Auftragsarbeiten: Relevante Beiträge lieferten<br />
etwa die Wissenschaftler im Xerox Palo Alto Research Center (PARC), dessen<br />
europäischen Ableger EuroPARC in Großbritannien (Gaver 1992; Dourish et al. 1994;<br />
Harrison et al. 1997) sowie bei Hewlett Packard (O’Conaill et al. 1993; O’Conaill/<br />
Whittaker 1995). Hinzu kamen europäische Forschungsinitiativen wie das 1988 gestartete<br />
RACE-Projekt20 der Europäischen Kommission zur Entwicklung moderner <strong>Kommunikations</strong>techniken<br />
(Barber/Laws 1994; Wallbott 1992) und SuperJANET21 , ein<br />
1989 initiiertes Projekt zur Nutzung breitbandiger (IP-)Technologie in Großbritannien<br />
(Jameson et al. 1996). Ähnliche Bemühungen unternahm in Deutschland das Deutsche<br />
Forschungsnetz (DFN). Hinzu kam, dass in der Folge der langsam, aber stetig wachsenden<br />
Nutzung der Videokonferenz verstärkt Anwendungsfelder fokussiert werden<br />
konnten: Neben dem klassischen Einsatz im betrieblichen Umfeld (Köhler 1993; Schulte<br />
1993; Kydd/Ferry 1994; Bergmann et al. 1998) wurde die Videokonferenz zunehmend<br />
auch im Gesundheitswesen („Telemedizin“; vgl. Guckelberger 1995; Armoni 2000)<br />
und im Rahmen von Fortbildung und Lehre („Teleteaching“) genutzt und erforscht<br />
(Storck/Sproull 1995; Kawalek 1997; Schütze 2000).<br />
Forschungsperspektivisch können für die neunziger Jahre zwei wesentliche Richtungen<br />
ausgemacht werden: auf der einen Seite diejenigen Studien, die den genannten mikroanalytischen<br />
Ansatz verfolgten und damit ein von Fussel und Benimoff formuliertes<br />
Desiderat einzulösen suchten: „For instance, with the exception of work on computerbased<br />
communication, we know of few studies that have examined turn taking and<br />
speaker selection as a function of mode of communication. […] future research should<br />
systematically vary the amount, type, and fidelity of information contained in the video<br />
feed“ (1995: 244). Und auf der anderen Seite die erwähnten Studien aus dem Umfeld von<br />
CMC und CSCW.<br />
5.2.1 Wahrnehmungsbedingungen und Kommunikation<br />
Erneut wandten sich die Forschenden der Frage zu, wie sich die technischen Bedingungen<br />
auf die Kommunikation auswirken, wobei beide Aspekte nunmehr en détail beleuchtet<br />
wurden. Studien vornehmlich psychologischer Provenienz untersuchten den<br />
Einfluss von Bildauflösung, -größe oder -wiederholungsrate auf Emotionsdekodierung<br />
18 Alternativ „Computer-Human-Interaction“ (CHI).<br />
19 Exemplarisch Furuta / Neuwirth 1994; ein Überblick über die Proceedings findet sich unter<br />
http://www.acm.org/dl/proc_byseries_list.html (September 2001).<br />
20 Research and Development of Advanced Communications for Europe.<br />
21 Joint Academic NETwork.<br />
561
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
und Sprachverständnis (Wallbott 1992; Schwan 1994; Blokland/Anderson 1998; Barber/Laws<br />
1994), während gesprächs- bzw. konversationsanalytische Forschungen die in<br />
den achtziger Jahren von Cohen und Périn aufgeworfenen Fragen aufgriffen. 1992 legte<br />
Abigail Sellen, Mitarbeiterin im PARC, eine Studie zu „Speech Patterns in Video-Mediated<br />
Conversations“ vor, in der mit Hilfe quantitativer Maße der Einfluss unterschiedlicher<br />
Videokonferenzanlagen auf die Organisation von Kommunikation untersucht<br />
wurde (Sellen 1992: 49; Sellen 1997: 95). Gegenüber herkömmlichen Geräten sollte<br />
HYDRA Kopfbewegungen und Blickkontakt übertragen und damit dem Ideal der<br />
Vis-à-vis-Kommunikation nahe kommen. Im direkten Vergleich blieben jedoch die Anzahl<br />
der Turns, deren Dauer sowie deren Verteilung von der technischen Vermittlung<br />
unberührt; lediglich die Anzahl der Parallelsequenzen war deutlich reduziert. Eine ganz<br />
ähnliche Vorgehensweise wählten O’Conaill und Whittaker 1995: Auch sie experimentierten<br />
mit einem optimierten System (Live-Net), um über die Analyse spezifischer<br />
kommunikativer Aktivitäten (Rederechtswechsel, Backchannel-Signale) die Charakteristika<br />
der Interaktion per Videokonferenz herauszuarbeiten. Im Gegensatz zu Sellen<br />
jedoch setzten sie methodologisch auf eine Transkription der aufgezeichneten Videokonferenz<br />
– ein Verfahren, das zum Ende der neunziger Jahre hin immer häufiger herangezogen<br />
wurde (O’Malley et al. 1996; Bergmann et al. 1998; Braun et al. 1999; Ruhleder/Jordan<br />
2001 22 ).<br />
Die Studien förderten im Ergebnis eine ganze Reihe detaillierter (und empirisch bestätigter)<br />
Charakteristika der Videokonferenz zu Tage. Zu diesen können ein problematischer<br />
(und daher oft formalisierter) Rederechtswechsel, verzögerte (und daher oft<br />
zur Vermeidung von Irritationen reduzierte) Backchannel-Signale sowie eine insgesamt<br />
reduzierte Wirksamkeit visueller Informationen (und der resultierende Verzicht auf diese)<br />
gezählt werden. Die in der ex post-Betrachtung oft recht formal und steif wirkenden<br />
Videokonferenzen beschreiben O’Conaill et al. wohl zutreffend als „lecture-like“ (1993:<br />
32). Obwohl diese Charakteristika in der Nutzung herkömmlicher Anlagen (mit Verzögerung,<br />
ohne direkten Blickkontakt, mit eingeschränkter Audio- und Videoqualität<br />
etc.) stärker zutage traten, war die Kommunikation auch unter verbesserten oder nahezu<br />
optimalen Bedingungen (verzögerungsfreie Übertragung in Fernsehqualität mit<br />
Blickkontakt) weit vom Ideal der Vis-à-vis-Kommunikation entfernt. Unter Verwendung<br />
eher quantitativer Merkmale der videovermittelten Kommunikation konnten zwar<br />
einige elementare kommunikative Unterschiede herausgearbeitet werden, deren Ursachen<br />
jedoch waren noch nicht klar: „these dialogue measures […] do not explain why<br />
video interaction, even under ‚ideal’ conditions (i.e. high bandwidth, no delay, high resolution,<br />
etc.) is different to face-to-face communication. This requires a more detailed<br />
analysis of the content and structure of dialogues and their relationship to gaze.“<br />
(O’Malley et al. 1996: 187) Und ganz ähnlich erheben Ruhleder und Jordan die Forderung<br />
nach weiteren, noch detaillierteren Forschungen: „The underlying cause may only<br />
be recognizable through analysis of both sides of the interaction, something reserved for<br />
analysts who have the time to do this kind of detailed work.“ (2001: 133) 23<br />
22 Eine kritische Würdigung dieser Vorgehensweise findet sich bei Körschen et al. (2002) bzw.<br />
Schulte et al. (2001: 227).<br />
23 Warnend hierzu O’Conaill / Whittaker: „Because of the detailed nature of the analysis, the method<br />
is a time-consuming one.“ (1997: 129).<br />
562
Schulte · 25 Jahre Videokonferenzforschung<br />
5.2.2 Video-As-Data, Media Space & Virtual Reality<br />
Die Annäherung der Forschungen zu CMC und CSCW an die videobasierte Kommunikation<br />
war in erster Linie der technischen Machbarkeit computerbasierter audiovisueller<br />
Telekooperationen zu verdanken. Gleichzeitig aber waren die Forschungen in experimentellen<br />
Settings der Entwicklung der gängigen Videokonferenz weit voraus. Mit<br />
deren Hilfe sollten die Defizite der gelegentlich als „’talking heads’ video“ (Nardi et al.<br />
1995: 205; Neale et al. 1998) verspotteten Videokonferenz überwunden werden: So wurden<br />
etwa im EuroPARC dauerhafte Videoverbindungen zwischen kooperierenden Personen<br />
und Räumen (meist innerhalb eines Gebäudes) hergestellt24 , bei der die visuelle<br />
Information auch als Indikator für Anwesenheit und Beschäftigung des Gegenübers genutzt<br />
wird (Heath/Luff 1992: 315; Harrison et al. 1997: 273; Bellotti/Dourish 1997: 252).<br />
Im Bereich der Telekooperation wurde mit Hilfe mobiler Kameras die Zusammenarbeit<br />
auf Objekte im Raum erweitert, für die dann Anleitungen oder Hilfestellungen geliefert<br />
werden konnten („video-as-data“; Whittaker/O’Conaill 1997: 42; Nardi et al. 1997:<br />
487). Japanische Forschungsteams erprobten Videokonferenz-Prototypen, die mit lebensgroßen<br />
Abbildungen und durch den Einsatz halbdurchlässiger Spiegel- bzw. Projektionsflächen<br />
eine quasi-physische Präsenz herzustellen suchten (Okada et al. 1994;<br />
Yamaashi et al. 1996; Morikawa/Maesako 1998).<br />
Gemeinsamkeit all dieser Forschung war zum einen der Versuch, die Probleme technisch<br />
vermittelter Kommunikation auch technisch in den Griff zu bekommen. Zum anderen<br />
sollte vermittels technischer Innovationen die Videokonferenz erweitert werden<br />
in Richtung eines gemeinsamen „Media Space“, „Video Space“ oder „Workspace“<br />
(Heath/Luff 1993: 35; Ishii et al. 1992: 349; Gaver/Smets 1995: 257). Die Videokonferenz<br />
sollte nicht mehr nur der Zusammenführung getrennter Standorte dienen, sondern<br />
Abbildung 5: Setting der National Tele-Immersion Initiative, USA 25<br />
24 Unter Verzicht auf akustische Informationen, die erst im Bedarfsfall zugeschaltet werden.<br />
25 http://www.advanced.org/tele-immersion/news.html (August 2002).<br />
563
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
durch den Einsatz zahlreicher Kameras, extrem leistungsstarker Rechner und derzeit<br />
nur experimentell bereitzustellender Breitbandverbindungen in einem gemeinsamen<br />
virtuellen, meist dreidimensional konzipierten <strong>Kommunikations</strong>- und Kooperationsraum<br />
aufgehen. Mit dem „Eintauchen“ der Nutzenden in einen solchen Raum (Tele-Immersion;<br />
Schulzki-Haddouti 2001: 12) ist die Videokonferenz angelangt im Bereich der<br />
Virtual Reality (Biocca/Levy 1995: 127).<br />
5.3 Von der sozialen zur Telepräsenz?<br />
Auf den ersten Blick ähneln die in diesem Bereich geführten Diskussionen um die Telepräsenz<br />
der Virtual Reality den Bemühungen, über eine Bestimmung der sozialen Präsenz<br />
die Charakteristika, Einsatzgebiete und Defizite der Videokonferenz theoretisch<br />
herauszuarbeiten. Ein genauerer Blick jedoch zeigt, dass die „telepresence“ in ihrer ursprünglichen<br />
Form (Minsky 1980: 45) zum einen stärker das Verhältnis zwischen<br />
Mensch und computergeneriertem Raum fokussiert, und dabei die sensorisch gesteuerte<br />
Teleoperation als technisch gestützte Manipulation entfernter Arbeitsumgebungen im<br />
Mittelpunkt steht (Held/Durlach 1992: 109; Sheridan 1992: 120). Zum anderen operieren<br />
auch die auf zwischenmenschliche Kommunikation ausgelegten Überlegungen zur<br />
Teleimmersion mit grundsätzlich verschiedenen Annahmen. So sind durch die Schaffung<br />
eines gemeinsamen Raumes die für die Videokonferenzforschung zentralen Überlegungen<br />
zur Asymmetrie der Wahrnehmungsbedingungen (Fussell/Benimoff 1995:<br />
228) oder zur typischen zeitlichen Verzögerung grundverschieden. Dennoch zeigen sich<br />
Parallelen: Auch für die Virtual Reality ist die Telepräsenz ein entscheidender Bestimmungsfaktor,<br />
der zwischen objektiven <strong>Medien</strong>eigenschaften und subjektiven Einschätzungen<br />
der Nutzenden pendelt: „Thus, telepresence is a function of both technology<br />
and perceiver.“ (Steuer 1995: 40) Mit dieser Dichotomie rekurriert die Forschung letztlich<br />
auf Überlegungen, wie sie erstmals von Short et al. angestellt wurden. Gleichzeitig<br />
wird deutlich, wie vielfältig die Faktoren sind, die auf diese subjektiven Komponenten<br />
einwirken: So hatte etwa Lopez Montes in direkter Bezugnahme auf die Überlegungen<br />
zur sozialen Präsenz festgestellt, dass sich diese in erster Linie aus internen Faktoren der<br />
Kommunikation wie der Art des Gesprächs (demokratisch vs. undemokratisch) ableiten<br />
lasse (1992: 189); auch die jeweilige Aufgabe spielt eine entscheidende Rolle für die<br />
Ausgestaltung der Videokonferenz (Olson/Olson 1997: 77; O’Conaill/Whittaker 1997:<br />
127). Aus kommunikations<strong>wissenschaft</strong>licher Perspektive wird auf den Einfluss der<br />
physikalisch gegebenen, von der <strong>Kommunikations</strong>technologie jedoch modifizierten<br />
Wahrnehmungsbedingungen hingewiesen (Loenhoff 2001).<br />
Unter Berücksichtigung dieser Faktoren nehmen neue Formulierungen einer Theorie<br />
der Videokonferenz Gestalt an: So nennen Friebel et al. (2002) die technischen Parameter,<br />
die <strong>Kommunikations</strong>zwecke und die individuellen Kompetenzen der an der Kommunikation<br />
per Videokonferenz beteiligten Personen als Variablen einer eigenständigen<br />
<strong>Kommunikations</strong>form, die sich erst in der je spezifischen Ingebrauchnahme der Technologie<br />
realisiere (Schmitz 1999).<br />
6. Fazit und Ausblick<br />
Interplanetare Flüge, orbitale Hotels oder persönlichkeitsgestörte Computer waren entgegen<br />
den Erwartungen Stanley Kubricks im Jahr 2001 nicht alltäglich. Und auch die audiovisuelle<br />
Telekommunikation ist noch keine Selbstverständlichkeit, wenngleich die<br />
Ursachen hierfür viel weniger in den technischen Bedingungen zu suchen sind.<br />
564
Die kühne Vermutung des AT&T-Vizepräsidenten Molnar im Jahre 1969, die Videokonferenz<br />
werde „the next best thing to being there“ (1969: 135), hat sich ebenso wenig<br />
bestätigt wie die zunächst euphorischen <strong>wissenschaft</strong>lichen Prognosen, wie sie auch in<br />
der Positionierung der Videokonferenz in Taxonomien verschiedener <strong>Kommunikations</strong>technologien<br />
zum Ausdruck kommen. Erst die detaillierten Forschungen der letzten<br />
Jahre haben mit der Analyse der wesentlichen Unterschiede zwischen Vis-à-vis-<br />
Kommunikation und Videokonferenz die Charakteristika letzterer herausarbeiten können,<br />
die einige mögliche Ursachen für die Skepsis gegenüber videokonferenzvermittelter<br />
Kommunikation andeuten. Auf der Basis dieser Ergebnisse sollte der Einsatz von<br />
Videokonferenzen mit Hilfe technischer Verbesserungen, aber auch vermittels gezielter<br />
Trainingsmaßnahmen weiterentwickelt werden, um die für die Videokonferenzforschung<br />
typische euphorische Prognose wahr werden zu lassen, dass „the day will come<br />
when adding a visual component to a distance communication is an ever-present<br />
option“ (Wilcox 2000: 2).<br />
Literatur<br />
Schulte · 25 Jahre Videokonferenzforschung<br />
Albertson, Lesley A. (1984): Future Teleconference Meetings: Pattern and Prediction. In: Parker,<br />
Lorne A.; Olgren, Christine H. (eds.): The Teleconferencing Resource Book. A Guide to<br />
Applications and Planning. Amsterdam, New York, Oxford: North Holland Elsevier Science<br />
Publishers B. V., S. 394 – 401.<br />
Argyle, Michael; Lalljee, Mansur; Cook, Maek (1968): The Effects of Visibility on Interaction in a<br />
Dyad. In: Human Relations, 21. Jg. No. 1, S. 3 – 17.<br />
Armoni, Adi (2000): Healthcare Information Systems. Challenges of the New Millennium. Hershey,<br />
USA, London, UK: Idea Group Publishing.<br />
Barber, P. J.; Laws, J.V. (1994): Image Quality and Video Communication. In: Damper, R. I.; Hall,<br />
W.; Richards, J. W. (eds.): Multimedia Technologies and Future Applications. London: Pentech<br />
Press, S. 163 – 178.<br />
Bellotti, Victoria; Dourish, Paul (1997): Rant and RAVE: Experimental and Experiential Accounts<br />
of a Media Space. In: Finn, Kathleen E.; Sellen, Abigail J.; Wilbur, Sylvia B. (eds.): Video-Mediated<br />
Communication. Manwah, New York: Lawrence Earlbaum Ass., S. 245 – 272.<br />
Bergmann, Jörg R.; Goll, Michaela; Meier, Christoph (1998): Abschlußbericht. Arbeitspapier<br />
Nr. 8 (Telekooperation. Strukturen, Dynamik und Konsequenzen elektronisch vermittelter<br />
kooperativer Arbeit in Organisationen). http://www.uni-giessen.de/~g31047/bericht8.pdf<br />
(August 2002).<br />
Berman, Harry J.; Shulman, Arthur D.; Marwitt, Samuel J. (1976): Comparison of Multidimensional<br />
Decoding of Affect for Audio, Video and Audiovideo Recordings. In: Sociometry, Vol. 39,<br />
No. 1, S. 83 – 89.<br />
Biocca, Frank; Levy, Mark R. (eds.) (1995): Communication in the Age of Virtual Reality. Hillsdale,<br />
New Jersey: Lawrence Erlbaum Ass.<br />
Birrell, J. A.; Young, Ian (1984): Teleconferencing and Long-Term Meeting: Improving Group Decision-Making.<br />
In: Parker, Lorne A.; Olgren, Christine H. (eds.): The Teleconferencing Resource<br />
Book. A Guide to Applications and Planning. Amsterdam, New York, Oxford: North<br />
Holland Elsevier Science Publishers B.V., S. 278 – 287.<br />
Blokland, Art; Anderson, Anne H. (1998): Effect of Low Frame-rate Video on Intelligibility of<br />
Speech. In: Speech Communication, No. 26, S. 97 – 103.<br />
Braun, Sabine; Kohn, Kurt; Mikasa, Hans (1999): Kommunikation in der mehrsprachigen Videokonferenz:<br />
Implikation für das Dolmetschen. In: Gerzymisch-Arbogast, Heidrun; Gile, Daniel;<br />
House, Juliane; Rothkegel, Annely (Hrsg.): Wege der Übersetzungs- und Dolmetschforschung.<br />
Tübingen: Gunter Narr Verlag, S. 267 – 306.<br />
Bretz, Randall G. (1984): Satellite Teleconferencing in Continuing Education: What Lies Ahead?<br />
In: Parker, Lorne A.; Olgren, Christine H. (eds.): The Teleconferencing Resource Book. A<br />
565
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
Guide to Applications and Planning. Amsterdam, New York, Oxford: North Holland Elsevier<br />
Science Publishers B.V., S. 332 – 336.<br />
Cohen, Karen M. (1984): Speaker Interaction: Video Teleconferencing Versus Face-to-face Meetings.<br />
In: Parker, Lorne A.; Olgren, Christine H. (eds.): The Teleconferencing Resource Book.<br />
A Guide to Applications and Planning. Amsterdam, New York, Oxford: North Holland Elsevier<br />
Science Publishers B.V., S. 288 – 298.<br />
Cook, Mark; Lalljee, Mansur (1972): Verbal Substitutes for Visual Signals in Interaction. In: Semiotica,<br />
Vol. 6., S. 212 – 221.<br />
Daft, Richard L.; Lengel, Robert H. (1984): Information Richness: A New Approach to Managerial<br />
Behavior and Organization Design. In: Staw, Barry M.; Cummings, L. L. (eds.): Research<br />
in Organizational Behavior. Vol. 6. Greenwich, Conneticut, London, England: Jai Press,<br />
S. 191 – 233.<br />
Dennis, Alan R.; Valacich, Joseph S. (1999): Rethinking Media Richness: Towards a Theory of Media<br />
Synchronicity. In: IEEE Computer Society (ed.): Proceedings of the 32th Hawaii International<br />
Conference of System Sciences (HICSS-32). Los Alamitos: IEEE Computer Society<br />
(CD-ROM, o. S.).<br />
Dickson, Edward M.; Bowers, Raymond (1974): The Video Telephone. Impact of a New Era in<br />
Telecommunications. A Preliminary Technology Assessment. New York,Washington, London:<br />
Praeger Publishers.<br />
Dourish, Paul; Adler, Annette; Bellotti, Victoria; Henderson, Austin (1994): Your Place or Mine?<br />
Learning from Long-term Use of Video Communication. http://www.xrce.xerox.com/publis/cam-trs/html/epc-1994-105.htm<br />
(August 2002). (Technical Report EPC-1994-105).<br />
Dutton, William H.; Fulk, Janet; Steinfield, Charles (1984): The Utilization of Video Conferencing:<br />
A Preliminary Report of the Teledecision Project. In: Parker, Lorne A.; Olgren, Christine H.<br />
(eds.): The Teleconferencing Resource Book. A Guide to Applications and Planning. Amsterdam,<br />
New York, Oxford: North Holland Elsevier Science Publishers B.V., S. 272 – 277.<br />
Egido, Carmen (1988): Video Conferencing as a Technology to Support Group Work: A Review<br />
of its Failures. In: ACM SIGCHI & SIGOIS (eds.): Proceedings of the Conference on Computer-supported<br />
Cooperative Work: September 26 – 29, 1988; Portland, Oregon. New York:<br />
ACM Press, S. 13 – 24.<br />
Egido, Carmen (1990): Teleconferencing as a Technology to Support Cooperative Work: Its Possibilities<br />
and Limitations. In: Galegher, Jolene; Kraut, Robert E.; Egido, Carmen (eds.): Intellectual<br />
Teamwork. Social and Technological Foundations of Cooperative Work. Hillsdale,<br />
New Jersey, Hove, London: Lawrence Erlbaum Ass., S. 351 – 371.<br />
Friebel, Martin; Loenhoff, Jens; Schmitz, H. Walter; Schulte, Olaf A. (2002): „Siehst Du mich?“ –<br />
„Hörst Du mich?“ Videokonferenzen als Gegenstand kommunikations<strong>wissenschaft</strong>licher<br />
Forschung (im Erscheinen).<br />
Furuta, Richard; Neuwirth, Christina (eds.) (1994): CSCW ’94: Transcending Boundaries. Proceedings<br />
of the Conference on Computer Supported Cooperative Work CSCW ’94. New York:<br />
Association for Computing Machinery.<br />
Fussell, Susan R.; Benimoff, Nicholas I. (1995): Social and Cognitive Processes in Interpersonal<br />
Communication: Implications for Advanced Telecommunications Technologies. In: Human<br />
Factors, 37. Jg., No. 2, S. 228 – 250.<br />
Gaver, William W. (1992): The Affordances of Media Spaces for Collaboration. In: Turner, Jon;<br />
Kraut, Robert (eds.): CSCW ’92. Sharing Perspectives. Proceedings of the Conference on Computer-Supported<br />
Cooperative Work, Oct. 31 to Nov. 4, 1992; Toronto, Canada. New York:<br />
ACM Press, S. 17 – 25.<br />
Gaver, William W.; Smets, Gerda (1995): A Virtual Window on Media Space. In: Katz, Irvin R.;<br />
Mack, Robert; Marks, Linn (eds.): Human Factors in Computing Systems. CHI ’95. Conference<br />
Proceedings. New York: ACM Press, S. 257 – 264.<br />
Gerfen, Wilfried (1986): Videokonferenz. Alternative für weltweite geschäftliche Kommunikation<br />
– ein Leitfaden für Anwender. Heidelberg: R. v. Decker’s Verlag.<br />
Gold, Elliot M. (1979): Attitudes to Intercity Travel Substitution. In: Telecommunications Policy,<br />
3. Jg., No. 2, S. 88 – 104.<br />
566
Schulte · 25 Jahre Videokonferenzforschung<br />
Guckelberger, Olaf (1995): Radiologische Bildübertragung per Videokonferenz. Eine ROC-Analyse.<br />
Berlin: Verlag für Wissenschaft und Forschung.<br />
Harrison, Steve; Bly, Sara; Anderson, Susan; Minneman, Scott (1997): The Media Space. In: Finn,<br />
Kathleen E.; Sellen, Abigail J.; Wilbur, Sylvia B. (eds.): Video-Mediated Communication. Manwah,<br />
New York: Lawrence Earlbaum Ass., S. 273 – 300.<br />
Heath, Christian; Luff, Paul (1992): Media Space and Communicative Asymmetries: Preliminary<br />
Observations of Video-Mediated Interaction. In: Human-Computer Interaction, Vol. 7,<br />
No. 3, S. 315 – 346.<br />
Heath, Christian; Luff, Paul (1993): Disembodied Conduct. Interactional Asymmetries in Videomediated<br />
Communication. In: Button, Graham (ed.): Technology in Working Order. Studies<br />
of Work, Interaction, and Technology. London, New York: Routledge, S. 35 – 54.<br />
Held, Richard M.; Durlach, Nathaniel I. (1992): Telepresence. In: Presence, Vol. 1, No. 1, S. 109–112.<br />
Hiemstra, Glen (1982): Teleconferencing, Concern for Face, and Organizational Culture. In: Burgoon,<br />
M. (ed.): Communication Yearbook. Vol. 6. Beverly Hills, London, New Delhi: Sage<br />
Publications, S. 874 – 904.<br />
Ishii, Hiroshi; Kobayashi, Minoru; Grudin, Jonathan (1992): Integration of Inter-Personal Space<br />
and Shared Workspace: ClearBoard Design and Experiments. In: Turner, Jon; Kraut, Robert<br />
(eds.): CSCW ’92 Sharing Perspectives. Proceedings of the Conference on Computer-Supported<br />
Cooperative Work, Oct. 31 to Nov. 4, 1992 Toronto, Canada. New York: ACM Press, S. 33–42.<br />
Ives, Herbert E. (1930): Two-Way Television. In: Bell Laboratories Record, Vol. 8, S. 399 –<br />
404.<br />
Jameson, D.G.; Hobsley, M.; O’Hanlon, P.; Buckton, S. (1996): Real Time Interactivity on the SuperJANET<br />
Network. In: Interacting with Computers, 8. Jg., No. 3, S. 285 – 296.<br />
Johansen, Robert (1977): Social Evaluations of Teleconferencing. In: Telecommunications Policy,<br />
1. Jg., December, S. 395 – 419.<br />
Johansen, Robert; Bullen, Christine (1984): Thinking Ahead. What to Expect from Teleconferencing.<br />
In: Harvard Business Review, No. 2, S. 164 – 174.<br />
Johnson, John Till (1991): Videoconferencing. Not just Talking Heads. In: Data Communications,<br />
November, S. 66 – 68.<br />
Kawalek, Jürgen (1997): Unterricht am Bildschirm. Der Einsatz von Videokonferenzen in EDV-<br />
Schulungen. Frankfurt a. M., Berlin, Bern u. a.: Peter Lang (Europäische Hochschulschriften.<br />
Reihe VI, Psychologie; Bd. 570).<br />
Kendon, Adam (1967): Some Functions of Gaze Direction in Social Interaction. In: Acta Psychologica,<br />
No. 26, S. 22 – 63.<br />
Köhler, Stefan (1993): Einführung, Nutzung und Folgen von Videokonferenzen. Bad Honnef (Diskussionsbeiträge<br />
Nr. 105).<br />
Körschen, Marc; Pohl, Jessica; Schmitz, H. Walter; Schulte, Olaf A. (2002): Neue Techniken der<br />
qualitativen Gesprächsforschung: Computergestützte Transkription von Videokonferenzen.<br />
In: Forum Qualitative Sozialforschung/Forum: Qualitative Social Research [Online Journal],<br />
3 (2). http://www.qualitative-research.net/fqs/fqs.htm. (August 2002)<br />
Kraemer, Kenneth L. (1982): Telecommunications/Transportation Substitution and Energy Conservation.<br />
Part 1. In: Telecommunications Policy, 6. Jg., No. 1, S. 39 – 59.<br />
Krueger, Gerald P.; Chapanis, Alphonse (1980): Conferencing and Teleconferencing in Three<br />
Communication Modes as a Function of the Number of Conferees. In: Ergonomics, 23. Jg.,<br />
No. 1, S. 103 – 122.<br />
Krull, Klaus (1988): Zur Weiterentwicklung der Videokommunikation. In: ntz, 41. Jg., H. 7, S. 386<br />
– 391.<br />
Kydd, Christine T.; Ferry, Diane L. (1994): Managerial Use of Video Conferencing. Case Study.<br />
In: Information & Management, No. 27, S. 369 – 375.<br />
Loenhoff, Jens (2001): Die kommunikative Funktion der Sinne. Theoretische Studien zum Verhältnis<br />
von Kommunikation, Wahrnehmung und Bewegung. Konstanz: Universitätsverlag<br />
Konstanz.<br />
Lopez Montes, Gema M. (1992): Is Interaction the Message? The Effect of Democratizing and<br />
Non-democratizing Interaction in Video-conferencing Small Groups on Social Presence and<br />
567
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
Quality of Outcome. In: Gattiker, Urs E. (ed.): Technology-Mediated Communication. Berlin,<br />
New York: De Gruyter, S. 187 – 223.<br />
Mayes, Terry; Foubister, Sandra (1996a): Cognitive and Educational Aspects of Desktop Videoconferencing.<br />
In: Interacting with Computers, 8. Jg., No. 2, S. 163 – 165.<br />
Mayes, Terry; Foubister, Sandra (1996b): Cognitive and Educational Aspects of Desktop Videoconferencing<br />
(Part 2). In: Interacting with Computers, 8. Jg., No. 3, S. 253 – 254.<br />
Menist, David B.; Wright, Bernard A. (1984): Picturephone Meeting Service: The System. In: Parker,<br />
Lorne A.; Olgren, Christine H. (eds.): The Teleconferencing Resource Book. A Guide to<br />
Applications and Planning. Amsterdam, New York, Oxford: North Holland Elsevier Science<br />
Publishers B.V., S. 180 – 186.<br />
Minsky, M. (1980): Telepresence. In: Omni, June, S. 45-51.<br />
Molnar, Julius P. (1969): Picturephone Service – A New Way of Communicating. In: Bell Laboratories<br />
Record, Vol. 5, No. 5, S. 134 – 135.<br />
Morikawa, Osamu; Maesako, Takanori (1998): HyperMirror: Toward Pleasant-to-use Video Mediated<br />
Communication System. http://staff.aist.go.jp/morikawa.osamu/cscw/cs98fe2.pdf<br />
(August 2002).<br />
Morley, I. E.; Stephenson, G. M. (1969): Interpersonal and Interparty Exchange: A Laboratory<br />
Simulation of an Industrial Negotiation at the Plant Level. In: British Journal of Psychology,<br />
No. 60, S. 543 – 545.<br />
Mühlbach, Lothar (1987): Nutzergerechte Bildfernsprechendgeräte. In: ntz, 40. Jg., H. 7, S. 506 –<br />
511.<br />
Mühlbach, Lothar; Arif, Mohammad; Hopf, Klaus; Romahn, Götz (1989): Mehrpunkt-Telekonferenzen.<br />
In: ntz, 42. Jg., H. 1, S. 8 – 12.<br />
Nardi, Bonnie A.; Schwarz, Heinrich; Kuchinsky, Allan; Leichner, Robert; Whittaker, Steve; Sclabassi,<br />
Robert (1995): Turning Away from Talking Heads: The Use of Video-as-Data in Neurosurgery.<br />
In: Emmott, S. (ed.): Information Superhighway. London: Academic Press, S. 205 –<br />
226.<br />
Nardi, Bonnie A.; Kuchinsky, Allan; Whittaker, Steve; Leichner, Robert; Schwarz, Heinrich<br />
(1997): Video-as-Data: Technical and Social Aspects of a Collaborative Multimedia Application.<br />
In: Finn, Kathleen E.; Sellen, Abigail J.; Wilbur, Sylvia B. (eds.): Video-Mediated Communication.<br />
Manwah, New York: Lawrence Earlbaum Ass., S. 487 – 518.<br />
Neale, Dennis C.; McGee, Mike K.; Amento, Brian S.; Brooks, Patrick C. (1998): Making Media<br />
Spaces Useful: Video Support and Telepresence. (Hypermedia Technical Report HCIL-98-01)<br />
http://hci.ise.vt.edu/HTR.html (August 2002).<br />
Niemiec, Anne (1984): CMITS: Communication and Craft. In: Parker, Lorne A.; Olgren, Christine<br />
H. (eds.): The Teleconferencing Resource Book. A Guide to Applications and Planning.<br />
Amsterdam, New York, Oxford: North Holland Elsevier Science Publishers B.V., S. 109 – 115.<br />
Nilles, Jack M.; Carlson, F. Roy Jr.; Gray, Paul; Hanneman, Gerhard J. (1976): The Telecommunications-Transportation<br />
Tradeoff. Options for Tomorrow. New York: John Wiley and<br />
Sons.<br />
O’Conaill, Brid; Whittaker, Steve (1995): An Analysis of the Spoken Aspects of Video Mediated<br />
Communication. Palo Alto, Calif.: Hewlett Packard Laboratories.<br />
O’Conaill, Brid; Whittaker, Steve (1997): Charakterizing, Predicting, and Measuring Video-Mediated<br />
Communication. A Conversational Approach. In: Finn, Kathleen E.; Sellen, Abigail J.;<br />
Wilbur, Sylvia B. (eds.): Video-Mediated Communication. Manwah, New York: Lawrence<br />
Earlbaum Ass., S. 107 – 132.<br />
O’Conaill, Brid; Whittaker, Steve; Wilbur, Sylvia (1993): Conversations over Video-Conferences:<br />
An Evaluation of Video-Mediated Communication. Bristol: Hewlett Packard Laboratories<br />
(HP Laboratories Technical Report; 92 – 163).<br />
O’Malley, Claire; Langton, Steve; Anderson, Anne; Doherty-Sneddon, Gwyneth; Bruce,Vicki<br />
(1996): Comparison of Face-to-face and Video-mediated Interaction. In: Interacting with<br />
Computers, 8. Jg., No. 2, S. 177 – 192.<br />
Okada, Ken-ichi; Maeda, Fumihiko; Ichikawaa, Yusuke; Matsushita, Yutaka (1994): Multiparty Videoconferencing<br />
at Virtual Social Distance: MAJIC Design. In: Furuta, Richard; Neuwirth,<br />
568
Schulte · 25 Jahre Videokonferenzforschung<br />
Christina (eds.): CSCW ’94: Transcending Boundaries: Proceedings of the Conference on<br />
Computer Supported Cooperative Work. CSCW ’94 New York: Association for Computing<br />
Machinery, S. 385 – 394.<br />
Olson, Gary M.; Olson, Judith S. (1997): Making Sense of the Findings: Common Vocabulary<br />
Leads to the Synthesis Necessary for Theory Building. In: Finn, Kathleen E.; Sellen, Abigail J.;<br />
Wilbur, Sylvia B. (eds.): Video-Mediated Communication. Manwah, New York: Lawrence<br />
Earlbaum Ass., S. 75 – 92.<br />
Otto, Peter; Stransfeld, Reinhard; Tonnemacher, Jan (1986): Videokonferenz im Laborversuch.<br />
Nutzung und Beurteilung eines Multipoint-Systems in Geschäftskonferenzen, Unterricht und<br />
Privatkommunikation. Berlin.<br />
Périn, Pascal (1983): Communication Interactive de Groupe et Médiatisation. In: Psychologie<br />
Française, No. 28, S. 289 – 296.<br />
Pye, Roger; Williams, Ederyn (1977): Teleconferencing: Is Video Valuable or is Audio Adequate?<br />
In: Telecommunications Policy, Vol. 1., No. 3, S. 230 – 241.<br />
Reid, A. A. L. (1971): The Telecommunications Impact Model. Communications Studies Group<br />
Paper No. P/71161/RD.<br />
Rice, Ronald E. (1992): Task Analyzability, Use of New Media, and Effectiveness: A Multi-Site Exploration<br />
of Media Richness. In: Organization Science, Vol. 3, No. 4, S. 475 – 500.<br />
Romahn, Götz; Kellner, Bernd; Mühlbach, Lothar (1985): Bildfernsprechkonferenz – Erste Erfahrungen<br />
mit einem Multipoint-Experimentalsystem. In: ntz, 38. Jg., H. 10, S. 690 – 695.<br />
Ruhleder, Karen; Jordan, Brigitte (2001): Co-Constructing Non-Mutual Realities: Delay-Generated<br />
Trouble in Distributed Interaction. In: Computer Supported Cooperative Work, No. 10,<br />
S. 113 – 138.<br />
Rutter, D. R.; Stephenson, G. M.; Dewey, M. E. (1981): Visual Communication and the Content<br />
and Style of Conversation. In: British Journal of Social Psychology, No. 20, S. 41 – 52.<br />
Ryan, M. D.; Craig, J. G. (1975): Intergroup Communication. The Influence of Communication<br />
Medium and Role Induced Status Level on Mood, and Attitudes Towards the Medium and<br />
Discussion. Chicago.<br />
Sacks, Harvey; Schegloff, Emanuel A.; Jefferson, Gail (1974): A Simplest Systematics for the<br />
Organization of Turn-Taking for Conversation. In: Language, No. 50, S. 696 – 735.<br />
Schenk, Hans-Jürgen (1986): Videokonferenz und ihre Wirtschaftlichkeit. In: Das rationelle Büro,<br />
H. 9, S. 23 – 25.<br />
Schlobach, Thilo (1989): Die wirtschaftliche Bedeutung von Videokonferenzen im Informationsund<br />
<strong>Kommunikations</strong>prozeß des Industriebetriebes. Stand und Perspektiven. Thun, Frankfurt<br />
a. M.: Harri Deutsch (Wirtschafts<strong>wissenschaft</strong>en, Bd. 363).<br />
Schmitz, H. Walter (1999): Videokonferenz als eigenständige <strong>Kommunikations</strong>form. Eine explorative<br />
Analyse. Unveröffentlichter Vortrag, Universität Klagenfurt, 10.12.1999.<br />
Schulte, Regine (1993): Substitut oder Komplement – die Wirkungsbeziehungen zwischen der Telekommunikationstechnik<br />
Videokonferenz und dem Luftverkehrsaufkommen deutscher Unternehmen.<br />
Bonn: Ferd. Dümmlers.<br />
Schulte, Olaf A.; Friebel, Martin; Klotzek, Christian (2001): Aufzeichnung technisch vermittelter<br />
Kommunikation – das Beispiel Videokonferenz. In: Gesprächsforschung. Online-Zeitschrift<br />
zur verbalen Interaktion, Ausgabe 2, S. 222 – 242.<br />
Schulzki-Haddouti, Christiane (2001): Tele-Immersion: Eintauchen in die Ferne. In: Süddeutsche<br />
Zeitung, Nr. 232 vom 09.10.2001. S. V2/12.<br />
Schütze, Hans-Joachim (2000): Warum Videokonferenzen? Überlegungen und eine Experimentalstudie<br />
zur <strong>Medien</strong>vermittlung informeller Kommunikation. Frankfurt a. M., Berlin, Bern,<br />
u. a.: Peter Lang (Europäische Hochschulschriften: Reihe VI; Psychologie).<br />
Schwan, Stefan (1994): Emotionsdekodierung beim Bildtelefon: Der Einfluß einer reduzierten<br />
Bildwiedergabefrequenz auf die Emotionsbeurteilung. In: <strong>Medien</strong>psychologie, 6. Jg., H. 2,<br />
S. 133 – 149.<br />
Schwarz, Elmar; Tilse, Ulrich (1980): Die Benutzerzufriedenheit mit 12 verschiedenen Videokonferenzsystemen<br />
und einer Audiokonferenz im Vergleich zu normalen Konferenzen. In: ntz Archiv,<br />
H. 5, S. 87 – 94.<br />
569
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
Sellen, Abigail J. (1992): Speech Patterns in Video-Mediated Conversations. In: Bauersfeld, P.; Bennet,<br />
J.; Lynch, G. (eds.): CHI ’92 Conference Proceedings ACM Conference on Human<br />
Factors in Computing Systems. New York: Association for Computing Machinery (ACM),<br />
S. 49 – 59.<br />
Sellen, Abigail J. (1997): Assessing Video-Mediated Communication: A Comparison of Different<br />
Analytic Approaches. In: Finn, Kathleen E.; Sellen, Abigail J.; Wilbur, Sylvia B. (eds.): Video-<br />
Mediated Communication. Manwah, New York: Lawrence Earlbaum Ass., S. 95 – 106.<br />
Shannon, Claude E.; Weaver, Warren (1971): The Mathematical Theory of Communication. Urbana,<br />
Chicago, London: University of Illinois Press, 12th printing.<br />
Sheridan, Thomas B. (1992): Musings on Telepresence and Virtual Presence. In: Presence, Vol. 1,<br />
No. 1, S. 120 – 125.<br />
Short, John; Williams, Ederyn; Christie, Bruce (1976): The Social Psychology of Telecommunications.<br />
London, New York, Sydney u. a.: John Wiley & Sons.<br />
Stachelsky, Friedrich von; Tonnemacher, Jan (1987): Videokonferenz in Dienstbesprechungen der<br />
Deutschen Bundespost. Eine Akzeptanzuntersuchung zur innerbetrieblichen Anwendung.<br />
Berlin (Wirtschafts- und sozial<strong>wissenschaft</strong>liche Arbeitsberichte 1987/1).<br />
Steuer, Jonathan (1995): Defining Virtual Reality: Dimensions Determining Telepresence. In: Biocca,<br />
Frank; Levy, Mark R. (eds.): Communication in the Age of Virtual Reality. Hillsdale, New<br />
Jersey: Lawrence Erlbaum Ass., S. 33 – 56<br />
Storck, John; Sproull, Lee (1995): Through a Glass Darkly. What Do People Learn in Videoconferences?<br />
In: Human Communication Research, 22. Jg., No. 2, S. 197 – 219.<br />
Wallbott, Harald G. (1992): Effects of Distortion of Spatial and Temporal Resolution of Video Stimuli<br />
on Emotion Attributions. In: Journal of Nonverbal Behavior, No. 16, S. 5 – 20.<br />
Weyers, Dorle; Köck, Christoph; Dröge, Kurt (1992): Die Eroberung der Welt. Sammelbilder vermitteln<br />
Zeitbilder. Detmold: Freilichtmuseum Detmold (Schriften des Westfälischen Freilichtmuseums<br />
Detmold – Landesmuseum für Volkskunde; 9).<br />
Whittaker, Steve; O’Conaill, Brid (1997): The Role of Vision in Face-to-Face and Mediated Communication.<br />
In: Finn, Kathleen E.; Sellen, Abigail J.; Wilbur, Sylvia B. (eds.): Video-Mediated<br />
Communication. Manwah, New York: Lawrence Earlbaum Ass., S. 23 – 49.<br />
Wilcox, James R. (2000): Videoconferencing & Interactive Multimedia: The Whole Picture. New<br />
York: Telecom Books.<br />
Williams, Ederyn (1977): Experimental Comparisons of Face-to-Face and Mediated Communication:<br />
A Review. In: Psychological Bulletin, Vol. 84, No. 5, S. 963 – 976.<br />
Yamaashi, Kimiya; Cooperstock, Jeremy R.; Narine, Tracy; Buxton, William (1996): Beating the<br />
Limitations of Camera-Monitor Mediated Telepresence with Extra Eyes. In: CHI ’96 (ed.):<br />
Proceedings of CHI ’96. ACM Conference on Human Factors in Computing Systems. o. O.:<br />
ACM Press, S. 50- – 57.<br />
Zimmermann, Rolf (1991): Planung, Test und Einführung der Videokommunikation im Unternehmen.<br />
In: ntz, 44. Jg., H. 5, S. 314 – 323.<br />
570
Besprechungen<br />
Dieter Prokop<br />
Der Kampf um die <strong>Medien</strong><br />
Das Geschichtsbuch der neuen kritischen <strong>Medien</strong>forschung<br />
Hamburg: VSA-Verl., 2001. – 494 S.<br />
ISBN 3-87975-807-7<br />
Jochen Hörisch<br />
Der Sinn und die Sinne<br />
Frankfurt: Eichborn, 2001. – 440 S.<br />
ISBN 3-8218-4195-8<br />
Mit Dieter Prokop und Jochen Hörisch haben<br />
zwei Autoren umfassende medienhistorische<br />
Untersuchungen vorgelegt, die sich ihrem Gegenstandsbereich<br />
jedoch von zwei entgegengesetzten<br />
Polen nähern: Dieter Prokop folgt seinem<br />
selbst entworfenen Modell der kritischen<br />
<strong>Medien</strong>forschung aus der Perspektive der Soziologie,<br />
deren Gegenstand er wie folgt beschreibt:<br />
„Die neue kritische <strong>Medien</strong>forschung<br />
untersucht – und sie bezieht den Unterhaltungsbereich<br />
und die Bilder mit ein –, wo und<br />
wie sich in der <strong>Medien</strong>geschichte identitätsstärkende,<br />
solidarische, rational diskursive<br />
<strong>Kommunikations</strong>- und Entscheidungsformen<br />
entwickelten, durch welche Macht- und Wirtschafts-Strukturen<br />
und durch welche Theorien<br />
sie verhindert wurden und in welchen strukturellen<br />
Konstellationen sie sich trotz aller<br />
Macht- und Wirtschafts-Interessen und oft<br />
auch über sie vermittelt durchsetzten.“<br />
(Prokop 2001, 9) Das Ziel des Untersuchungsansatzes<br />
von Prokop ist eng an einen politischpädagogischen<br />
Impetus geknüpft: „In den<br />
meisten gesellschaftlichen Strukturen finden<br />
sich Elemente, die die Dinge weiter treiben, die<br />
den Menschen nützen und kritisches Bewusstsein<br />
fördern. Man muss nur daran interessiert<br />
sein, sie zu untersuchen. Tut Kritik das nicht,<br />
ist sie <strong>wissenschaft</strong>lich unseriös und politisch<br />
konservativ nutzbar“ (Prokop 2001, 436). Es<br />
erscheint zumindest fraglich, ob eine derartig<br />
auf eine politische Richtung festgelegte Vorgehensweise<br />
tatsächlich dem Ideal des objektiven<br />
Erkenntnisfortschritts der Wissenschaft folgen<br />
kann.<br />
Der Literatur<strong>wissenschaft</strong>ler Jochen Hörisch<br />
nutzt unterschiedliche Perspektiven der<br />
LITERATUR<br />
Kulturtheorie, der Literaturgeschichte und der<br />
medien<strong>wissenschaft</strong>lichen Geschichtsschreibung,<br />
um ein spannungsvolles Wechselverhältnis<br />
aus <strong>Medien</strong>- und Kulturgeschichte entstehen<br />
zu lassen. „Die leitende These der vorliegenden<br />
<strong>Medien</strong>geschichte lautet: Die im Bann<br />
von Stimme und Schrift stehende frühe <strong>Medien</strong>geschichte<br />
ist sinnzentriert, die neuere <strong>Medien</strong>technik<br />
fokussiert hingegen unsere Aufmerksamkeit<br />
immer stärker auf die Sinne. (…)<br />
Um zu schematisieren: Die frühen <strong>Medien</strong><br />
Stimme und Schrift schalten das Verhältnis von<br />
Sinn und Sinnen so, dass die Gesamtheit dieses<br />
Verhältnisses von seiner Sinnseite dominiert<br />
wird. Die Post-Gutenberg-<strong>Medien</strong> Phonound<br />
Photographie mitsamt ihren radiophonen<br />
und televisionären Abkömmlingen schalten die<br />
Sinn-Sinne-Relation so, dass der traditionelle<br />
Sinnprimat gesprengt werden kann.“ (Hörisch<br />
2001, 14)<br />
Vielfach sind bei Hörisch Anlehnungen an<br />
die Theorien Friedrich Kittlers erkennbar, der<br />
die militärischen Ursprünge medientechnischer<br />
Entwicklungen betont. „Die Geschichte<br />
des 20. Jahrhunderts ist die Geschichte der totalen<br />
<strong>Medien</strong>mobilmachung. Das 19. Jahrhundert<br />
stand (wie die schrift- beziehungsweise<br />
buchfixierten Jahrhunderte zuvor) mediengeschichtlich<br />
überwiegend im Zeichen von Speichermedien<br />
– von Photographie, Phonographie<br />
und Kinematographie, aber auch von Schreibmaschinen<br />
und Massenpresse. <strong>Medien</strong>technik<br />
insgesamt, die flüchtige Augenblicke, Töne,<br />
Bewegungen und Ereignisse zu bannen und<br />
dauerhaft zu speichern vermag. (…) Vor und<br />
um 1900 drängten sich dann zusehends Übertragungsmedien<br />
wie die Telegraphie und das<br />
Telephon in den Vordergrund – also <strong>Medien</strong>techniken,<br />
die Übertragungsmedientechniken<br />
sind und sich darauf kaprizieren, zwei Sender<br />
beziehungsweise Empfänger miteinander zu<br />
verbinden.“(Hörisch 2001, 324)<br />
Hörischs Untersuchung legt sich als Metageschichte<br />
der <strong>Medien</strong> über zahllose vorhandene<br />
Untersuchungen, die er in ihren Erklärungspotenzialen<br />
je nach Bedarf geschickt kombiniert.<br />
Er strukturiert sein Buch in die chronologische<br />
Abfolge von <strong>Medien</strong>entwicklungen:<br />
Sound, Stimme, Bilder, Schrift, Buchdruck,<br />
Presse/Post, Photographie, Phono- und Telegraphie,<br />
Film, Radio, Fernsehen, Computer/<br />
Internet. Diese chronologische Abfolge wird<br />
jedoch in den Kapiteln selbst thematisch orientiert<br />
durchbrochen und durch wechselnde as-<br />
571
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
soziativ gesetzte historische Bezüge ersetzt.<br />
Neben zahllosen vorhandenen Untersuchungen<br />
bezieht sich Hörisch auch auf Texte aus<br />
dem Bereich der Belletristik, deren „medienhistorische<br />
und medienanalytische Einsichten<br />
(…) sich das vorliegende Buch dankbar zunutze<br />
macht.“ (Hörisch 2001, 10) Prokop nutzt<br />
nur vereinzelt die Erklärungsmuster fiktionaler<br />
Texte, etwa Ecos „Der Name der Rose“<br />
(Prokop 2001, 72ff.), bezieht sich dafür umso<br />
stärker auf soziologische Studien.<br />
Prokop bindet seine chronologisch strukturierte<br />
<strong>Medien</strong>geschichte in ausführliche Erläuterungen<br />
zur Zeit- und Gesellschaftsgeschichte<br />
ein. Ausgangspunkt dieser Vorgehensweise ist<br />
die These: „Die Massenmedien entwickelten<br />
sich, weil sich Macht, Wirtschaft und Gesellschaft<br />
veränderten.“ (Prokop 2001, 54) Es fehlen<br />
an vielen Stellen die Bezüge der langen Ausführungen<br />
zur Gesellschaftsgeschichte zur <strong>Medien</strong>geschichte<br />
selbst. Innerhalb des chronologischen<br />
Aufbaus setzt Prokop vielfach Bezüge<br />
von Vorformen zu späteren <strong>Medien</strong>entwicklungen.<br />
So beschreibt er im Abschnitt zur Renaissance<br />
die 1560 erfolgten Theaterinszenierungen<br />
des Giovanni Battista Della Porta als<br />
„‚Fernsehen‘: Das Publikum wusste nichts von<br />
dem Theater draußen in der Sonne und staunte<br />
über die realistischen bewegten Bilder, die im<br />
dunklen Zimmer auf eine Wand projiziert und<br />
mit Musik begleitet wurden.“ (Prokop 2001,<br />
85)<br />
Auch in der Berücksichtigung vorhandener<br />
medienhistorischer Untersuchungen unterscheiden<br />
sich beide Ansätze. Während Hörisch<br />
in seinen kultur<strong>wissenschaft</strong>lichen Ansatz auch<br />
historische Arbeiten aus dem Bereich <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong><br />
integriert (etwa Stöber),<br />
scheint Prokops soziologischer Blickwinkel<br />
ihn davon abzuhalten, die Vielzahl vorliegender<br />
medien<strong>wissenschaft</strong>licher Arbeiten zur<br />
<strong>Medien</strong>geschichte zur Kenntnis zu nehmen. So<br />
kommt er bei seinen Ausführungen zur Fernsehgeschichte<br />
völlig ohne die grundlegenden<br />
Arbeiten von Knut Hickethier aus. Auch<br />
schreibt er die These von der Restzeitverwertung<br />
der <strong>Medien</strong>nutzung Luhmann zu, obwohl<br />
sie sehr viel früher bei Hickethier zu finden ist.<br />
Aus dem Bereich des Siegener Sonderforschungsbereichs<br />
zur Fernsehgeschichte nutzt<br />
er nur Werner Faulstichs Arbeiten wahlweise<br />
als Materiallieferant oder „Theorieboxsack“.<br />
Schon die Einleitung seines Buches nutzt<br />
Prokop zu einem Pauschalrundschlag vielfälti-<br />
572<br />
ger Aburteilung der <strong>wissenschaft</strong>lichen Konkurrenz.<br />
Die Angriffe etwa gegen die Unterhaltungssoziologen<br />
(Rainer Winter) oder Neo-<br />
Pascalisten (Jo Reichertz) durchziehen das<br />
ganze Buch. Konkurrierende Definitionen<br />
etwa des <strong>Medien</strong>begriffs werden als Blödsinn<br />
bezeichnet, der die Forschung nicht weiterbringe,<br />
so kann er denn auch auf eine weiter gehende<br />
argumentative Auseinandersetzung verzichten.<br />
Diese bleibt nur wenigen konkurrierenden<br />
Theorien vorbehalten und lesen sich<br />
dann etwa so: „Die Systemtheorie zeigt dasselbe<br />
Argumentationsmuster wie der katholische<br />
Gegenreformator: Erst wird die Welt propagandistisch<br />
als Chaos dramatisiert, dann wird<br />
das Kollektiv als Lösung angeboten.“ (Prokop<br />
2001, 431)<br />
Beide Autoren erfassen in ihren historischen<br />
Untersuchungen einen langen Zeitraum.<br />
Hörisch befasst sich neben „den frühen <strong>Medien</strong><br />
Schrift, Bild und Buch“, auch mit „den neuen<br />
und neuesten <strong>Medien</strong>, die vermögen, was<br />
kein Buch vermag – zum Beispiel den flatus<br />
voci, die flüchtigen Laute, aufzuzeichnen und<br />
als Laute, die sie sind, festzuhalten (zum Beispiel<br />
auf Wachswalzen, Schellack-Platten,<br />
Filmrollen, Ton- beziehungsweise Videobändern<br />
und CDs).“ (Hörisch 2001, 10) Diese Orientierung<br />
an Materialträgern lässt unschwer<br />
den Einfluss der Arbeiten Friedrich Kittlers erkennen,<br />
der auch häufig zitiert wird.<br />
Prokop Anfangspunkt liegt in „der Antike<br />
ab ca. 500 vor unserer Zeitrechnung“ und erfasst<br />
das Mittelalter. Er bemerkt selbst: „Das ist<br />
ungewöhnlich. Man erwartet eher, dass eine<br />
Geschichte der Massenmedien mit der Erfindung<br />
des Buchdrucks im 15. Jahrhundert beginnt<br />
oder mit dem Aufkommen regelmäßig erscheinender<br />
Zeitungen im frühen 17. Jahrhundert.<br />
Man konzentriert sich auf die Schrift und<br />
vergisst die öffentlichen Bilder und Spiele.“<br />
(Prokop 2001, 7f.) Die Quellenproblematik,<br />
die sich mit der Geschichte der Populärkultur<br />
verbindet, wird leider nicht beschrieben. Auch<br />
Hörisch verzichtet vielfach auf eine direkte<br />
Auseinandersetzung mit den Quellen und zieht<br />
dann für seine langen Datenaufzählungen medialer<br />
Entwicklungen die Chronik von Hiebel<br />
heran, deren zeitliche Zuordnungen vielfach<br />
nicht nachvollziehbar sind und sich von anderen<br />
Datengebungen der <strong>Medien</strong>geschichte unterscheiden.<br />
Umfassende historische Untersuchungen<br />
sind auch umfassende mögliche Fehlerquellen.
Aus Stuart Hall wird bei Prokop Steward Hall.<br />
Hörisch verwendet zahllose fragwürdige Daten<br />
und interpretiert die Abkürzung ARD<br />
zunächst als Allgemeiner Rundfunk Deutschland<br />
(Hörisch 2001, 15f.). Auch wird das Radio<br />
in Edgar Reitz’ „Heimat“ nicht erst mit der<br />
Führerrede des 1. September 1939 zum Motiv,<br />
denn bereits in der ersten Folge beobachtet die<br />
Dorfgemeinschaft die Empfangsversuche von<br />
Paul Simon.<br />
Erst die Kombination beider Publikationen<br />
mit ihren soziologischen und kultur<strong>wissenschaft</strong>lichen<br />
Erklärungsmustern ergibt ein umfassendes<br />
Gesamtspektrum der <strong>Medien</strong>geschichte.<br />
Joan Kristin Bleicher<br />
Urban Pappi<br />
Teledienste, <strong>Medien</strong>dienste und Rundfunk<br />
Ihre Abgrenzung im Recht der elektronischen<br />
<strong>Medien</strong><br />
Baden-Baden: Nomos, 2000. – 176 S.<br />
(Schriftenreihe des Archivs für Urheber- und<br />
<strong>Medien</strong>recht; 182).<br />
ISBN 3-7890-6954-X<br />
Babette Kibele<br />
Multimedia im Fernsehen<br />
Die gesetzlichen Grundlagen audiovisueller Informations-<br />
und <strong>Kommunikations</strong>dienste auf<br />
der Basis des deutschen und europäischen <strong>Medien</strong>rechts<br />
München: Verlag C. H. Beck, 2001. – 258 S.<br />
(Information und Recht; 18).<br />
ISBN 3-406-47799-2<br />
Die Dissertationen von Pappi (Freiburg) und<br />
Kibele (Münster) behandeln ein hochaktuelles,<br />
schwieriges und <strong>wissenschaft</strong>lich wichtiges<br />
Thema mit erheblicher Bedeutung für die Praxis:<br />
Definition und Abgrenzung von Rundfunk,<br />
<strong>Medien</strong>diensten und Telediensten. Weitere<br />
Dissertationen zu diesem Thema sind in<br />
der Zwischenzeit veröffentlicht worden, die für<br />
die folgende Rezension jedoch nicht ausgewertet<br />
wurden; auf die Dresdener Dissertation von<br />
Claudia Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff,<br />
2001 im Centaurus-Verlag veröffentlicht, und<br />
die Passauer Dissertation von Torsten Brand,<br />
Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2<br />
Literatur · Besprechungen<br />
GG, 2002 bei Duncker & Humblot erschienen,<br />
sei ergänzend hingewiesen.<br />
Die beiden vorzustellenden Arbeiten könnten<br />
unterschiedlicher kaum sein. Dies beginnt<br />
bei der äußeren Form. Während die Freiburger<br />
Dissertation (Pappi) in der UFITA-Schriftenreihe<br />
konventionell gewandet daherkommt<br />
und in der alten Rechtschreibung verfasst ist,<br />
wirkt die Arbeit von Kibele in neuer Schreibung<br />
und dem frischen Design der Schriftenreihe<br />
Information und Recht äußerlich moderner.<br />
Ferner erfreut Kibele den Leser mit einem<br />
sehr ordentlichen Stichwort- und einem eigenen<br />
Abkürzungsverzeichnis, die bei Pappi beide<br />
fehlen, was dadurch negativ verstärkt wird,<br />
dass Pappi zum Teil eigene anstelle der amtlichen<br />
Abkürzungen verwendet: z. B. RfStV anstatt<br />
RStV für den Rundfunkstaatsvertrag oder<br />
BayRF-Gesetz statt BayRG für das Gesetz<br />
über den Bayerischen Rundfunk. Es mag<br />
grenzwertig unter Form angemerkt werden,<br />
dass Pappi in den inhaltlichen Randzonen seiner<br />
Arbeit vereinzelt unsorgfältig mit Bezeichnungen<br />
umgeht: z. B. spricht er auf S. 35 von<br />
klassischer Musik anstatt von unkommentierter<br />
Instrumentalmusik ohne Werbung, wie es<br />
in der von ihm zitierten Stelle im BayMG-<br />
Kommentar von Bornemann/Lörz heißt, oder<br />
er nennt die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten<br />
in Fußnote 110 auf S. 33 Direktorenkonferenz<br />
der Landesmedienzentralen,<br />
was vielleicht daran liegt, dass er als Student<br />
ein Praktikum bei der Bayerischen Landeszentrale<br />
für neue <strong>Medien</strong> abgeleistet hat. Die Divergenz<br />
im Umfang der Literaturverzeichnisse<br />
(Pappi: 7 Seiten, Kibele: über 23 Seiten) ist<br />
überwiegend drucktechnisch verursacht; während<br />
durchschnittlich über 30 Werke auf jeder<br />
Seite in der Arbeit von Pappi nachgewiesen<br />
sind, enthält eine Seite im Buch von Kibele<br />
durchschnittlich weniger als 15 Werke.<br />
Es wäre ein großer Fehler, sich nach diesem<br />
kritischen Einstieg gegen die Lektüre der Dissertation<br />
von Pappi zu entscheiden, die sich bei<br />
inhaltlicher Wertung als prägnant formulierte,<br />
scharfsinnige Arbeit der rechts<strong>wissenschaft</strong>lichen<br />
Grundlagenforschung darstellt, die auch<br />
kommunikations<strong>wissenschaft</strong>liche Erkenntnisse<br />
sinnvoll einbezieht. Demgegenüber darf<br />
der Leser bei Kibele eine im deskriptiven Teil<br />
breit angelegte Arbeit über Entwicklung und<br />
Stand von Erscheinungsformen elektronischer<br />
Informations- und <strong>Kommunikations</strong>angebote<br />
erwarten, die jeweils die Rechtslage für den öf-<br />
573
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
fentlich-rechtlichen Rundfunk gesondert darstellt.<br />
Pappi referiert – wie Kibele – die <strong>wissenschaft</strong>liche<br />
Kontroverse zur Thematik zutreffend.<br />
Der deskriptive Teil seiner Arbeit belegt,<br />
dass der Autor sich auskennt. Das erlaubt ihm,<br />
klare eigene Positionen zu beziehen. Vor eindeutig<br />
formulierter Kritik an misslungenen Regelungen<br />
schreckt er nicht zurück, etwa wenn<br />
er meint, die zersplitterte Aufsicht über die<br />
Telemedien „dürfte sich auch in der Praxis<br />
als kostenintensive Fehlkalkulation erweisen.“<br />
(S. 19)<br />
Kibele hat mit großer Sorgfalt viele Fakten<br />
zusammengetragen, die sie vollständig ausbreitet.<br />
Chronologische Darstellungen (S. 24), Begriffserklärungen<br />
(S. 31) Kategorisierungen<br />
(S. 41), Umfrageergebnisse (S. 51) oder sonstige<br />
tabellengeeignete Daten (z. B. S. 125–129,<br />
S. 211–216, 221, 231) werden durch tabellarische<br />
oder sonstige grafische Gestaltung (S. 16,<br />
33, 44, 125) anschaulich gemacht.<br />
Im Gegensatz zu Kibele, die im Wesentlichen<br />
die herrschende Meinung referiert, auf die vielfältigen,<br />
gut recherchierten <strong>Medien</strong>phänomene<br />
anwendet und den Gesetzgeber zu Lösungen für<br />
die erkannten Probleme aufruft, entwickelt Pappi<br />
einen eigenen rechtsdogmatischen Lösungsansatz<br />
auf der Grundlage der bestehenden Vorschriften.<br />
Dazu entfaltet er Art. 5 Abs. 1 Satz 2<br />
GG über den Wortlaut hinaus zu einem Schutzschirm<br />
für alle massenkommunikativen Verhaltensweisen;<br />
das ermöglicht ihm eine Kategorisierung<br />
medialer Massenkommunikationsphänomene<br />
unabhängig von den Begriffen „Presse“,<br />
„Film“ und „Rundfunk“, da Art. 5 Abs. 1<br />
Satz 2 GG nach seiner Ratio auch solche Massenkommunikation<br />
schütze, die der Verfassungsgeber<br />
noch nicht kannte und deshalb in<br />
der Aufzählung noch nicht benennen konnte.<br />
Deshalb besteht für Pappi keine Notwendigkeit,<br />
<strong>Medien</strong>dienste unter den verfassungsrechtlichen<br />
Rundfunkbegriff zu subsumieren, um ihnen<br />
den Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG angedeihen<br />
zu lassen. Bekanntlich definiert das<br />
Grundgesetz den Rundfunkbegriff nicht. Die<br />
Definitionen der verschiedenen einschlägigen<br />
Gesetze (Rundfunkstaatsvertrag, Landesmediengesetze,<br />
Landesrundfunkgesetze, Bundesrundfunkgesetz)<br />
entschleiert Pappi als Anwendungsbereichsregeln,<br />
die in Wahrheit nicht den<br />
Rundfunkbegriff (mit kleinen Unterschieden)<br />
definieren, sondern den Anwendungsbereich<br />
der verschiedenen Gesetze festlegen. Schließlich<br />
574<br />
schlägt er vor, nicht allein anhand abstrakter Begriffsdefinitionen<br />
festzulegen, was im Rechtssinn<br />
Rundfunk sein soll, sondern zusätzlich anhand<br />
der Zweckbestimmung von Rundfunkrecht<br />
zu fragen, was für Rundfunk typisch ist<br />
(S. 91ff.). Dabei greift er auf die Normsituation<br />
des Erlasses des Grundgesetzes zurück: Der<br />
Verfassungsgeber hatte die bekannten Erscheinungsformen<br />
Hörfunk und Fernsehen vor Augen.<br />
Alle funktechnisch verbreiteten massenkommunikativen<br />
<strong>Medien</strong>angebote, die eine<br />
rundfunktypische Gefährdungslage für die öffentliche<br />
Meinungsbildung schaffen, bedürfen<br />
der besonderen rundfunkspezifischen gesetzlichen<br />
Ausgestaltung. Weil die weniger meinungsrelevanten<br />
Informations- und <strong>Kommunikations</strong>angebote<br />
des <strong>Medien</strong>dienste-Staatsvertrags<br />
nach diesem Ansatz kein Rundfunk im verfassungsrechtlichen<br />
Sinn sind, sondern in Art. 5<br />
Abs. 1 Satz 2 GG nicht ausdrücklich genannte,<br />
aber gleichwohl durch ihn grundrechtlich geschützte<br />
Massenkommunikation, entsteht das<br />
Dilemma nicht, entgegen der Doktrin des Bundesverfassungsgerichts<br />
vom verfassungsrechtlich<br />
vorgegebenen gesetzlichen Ausgestaltungsvorbehalt<br />
zulassungs- und anmeldefreie <strong>Medien</strong>dienste<br />
ohne vorgegebene Programmgrundsätze<br />
als nicht ausgestaltete Rundfunkformen<br />
verteidigen zu müssen (S. 115f.). Dass<br />
bei diesem Ansatz auch der Schönheitsfehler<br />
zweier verschiedener Rundfunkbegriffe (eines<br />
weiteren verfassungsrechtlichen und eines engeren<br />
einfachrechtlichen) vermieden wird, sei<br />
ergänzend bemerkt. Das Problem der Einordnung<br />
des § 20 Abs. 2 Satz 2 RStV in dieses System<br />
wird zwar gesehen, aber nicht als Problem<br />
gewertet. Bei konsequenter Anwendung des<br />
Ansatzes von Pappi wäre die Vorschrift mindestens<br />
überflüssig: Unabhängig von der Subsumtionsfähigkeit<br />
eines Dienstes unter die Regelbeispiele<br />
des § 2 Abs. 2 MDStV könnte im Wege<br />
der Einzelfallabwägung nach Pappis Modell immer<br />
festgestellt werden, ob ein Dienst wegen seiner<br />
(überwiegenden) typischen Merkmale<br />
Rundfunk ist. In der Tat unterscheiden sich die<br />
notwendigen Prüfungsschritte nach dem Ansatz<br />
der überwiegenden Meinung und nach Pappi<br />
nicht. Gleichwohl konstruiert der Gesetzgeber<br />
in § 20 Abs. 2 Satz 2 RStV eine besondere<br />
Konstellation, die es nach dem auf eindeutige<br />
Ergebnisse bedachten Ansatz von Pappi gar<br />
nicht geben kann: <strong>Medien</strong>dienste, die dem<br />
Rundfunk zuzuordnen sind. Nach Pappi wären<br />
diese „<strong>Medien</strong>dienste“ aufgrund ihrer rund-
funktypischen Merkmale bereits als Rundfunk<br />
zu definieren; die Rechtsfolge ist in beiden Modellen<br />
prinzipiell gleich. Nach Rundfunkstaatsvertrag<br />
ist jedoch eine einstimmige Entscheidung<br />
aller Landesmedienanstalten für die rechtliche<br />
Zuordnung zum Rundfunk konstitutiv.<br />
Zwar gilt dies möglicherweise nur im Hinblick<br />
auf medienrechtliche Sanktionen und bindet bereits<br />
die Gerichte in wettbewerbsrechtlichen<br />
Auseinandersetzungen nicht. Ein Dilemma liegt<br />
hierin doch: Falls das Einvernehmen unter den<br />
15 Landesmedienanstalten nicht zustande<br />
kommt, findet Rundfunk außerhalb rundfunkrechtlicher<br />
Regeln statt (S. 153f.). Pappi löst das<br />
Problem durch Vertrauen auf „die Koordinierungsfähigkeit<br />
der Landesmedienanstalten“.<br />
(S. 154 Fn. 703) Es schmerzt den Rezensenten,<br />
dieses Vertrauen wegen der standortpolitischen<br />
Versuchungen der Landesmedienanstalten, die<br />
insoweit zum Teil landespolitischem Druck ausgesetzt<br />
sind, nicht teilen zu können. Abgesehen<br />
davon bietet Pappi ein in sich geschlossenes System<br />
an, das frei ist von logischen Brüchen und<br />
deshalb für die medienrechtliche Diskussion einen<br />
hervorragenden Beitrag zu leisten vermag.<br />
Der nahezu aussichtlosen Debatte über die<br />
Abgrenzung von <strong>Medien</strong>diensten und Telediensten<br />
anhand der Gesetzestexte gibt Pappi<br />
richtigerweise durch Beleuchtung mit verfassungsrechtlichenGesetzgebungskompetenztiteln<br />
Kontur. Seine kritische Distanz zur Bundeskompetenz<br />
ist überzeugend dargelegt und<br />
schwer zu überbrücken. Mit nachvollziehbarer<br />
Schroffheit weist er die Idee zurück, Inhalte<br />
von Individualkommunikation überhaupt gesetzlich<br />
zu regeln (S. 147f.). Somit bleibt es bei<br />
einer umfassenden Länderkompetenz für die<br />
Regelung aller Erscheinungsformen der Massenkommunikation<br />
und Einzelkompetenzen<br />
des Bundes zu verschiedenen Teilbereichen<br />
(z. B. Fernmelderecht, Recht der Wirtschaft,<br />
Strafrecht, Bürgerliches Recht), die jedoch<br />
nicht als Vorwand für Gesamtregelungen von<br />
Informations- und <strong>Kommunikations</strong>diensten<br />
nutzbar gemacht werden dürfen. Demgegenüber<br />
bleibt Kibele auf der Ebene der Interpretation<br />
von einfachrechtlichen Gesetzestexten,<br />
denen sie versucht, das Beste abzugewinnen.<br />
In pointierter Zusammenfassung könnte die<br />
Arbeit von Pappi als originelle rechtsdogmatische<br />
Grundlagenforschung charakterisiert<br />
werden, während Kibele mehr eine Phänomenologie<br />
aktueller medialer Angebotsformen<br />
mit historischen Reminiszenzen unter aus-<br />
Literatur · Besprechungen<br />
drücklicher Würdigung der Vorgaben für den<br />
öffentlich-rechtlichen Rundfunk vorgelegt hat,<br />
die sauber subsumiert und in ihren rechtlichen<br />
Wertungen im Wesentlichen der überwiegenden,<br />
wenn nicht herrschenden Meinung folgt.<br />
Beide Arbeiten berücksichtigen die europarechtlichen<br />
Implikationen.<br />
Roland Bornemann<br />
Clemens Schwender<br />
<strong>Medien</strong> und Emotionen<br />
Evolutionspsychologische Bausteine einer<br />
<strong>Medien</strong>theorie<br />
Wiesbaden: DUV, 2001. – 342 S.<br />
ISBN 3-8244-4470-4<br />
Zugl.: Berlin, TU, Habil., 2000<br />
Evolutionspsychologie, Soziobiologie und<br />
Ethologie erforschen die biologischen Grundlagen<br />
menschlichen Wahrnehmens, Denkens<br />
und Verhaltens. Der Mensch ist ihnen zufolge<br />
wesentlich durch angeborene, evolutionär entwickelte<br />
Anlagen geprägt. Menschen sehen,<br />
fühlen und handeln nicht zuletzt deshalb auf<br />
bestimmte Weise, weil dies in ihrer Entwicklungsgeschichte<br />
einmal einen adaptiven Vorteil<br />
bedeutete. Letztlich sind sie wie alle Lebewesen<br />
auf das Ziel reproduktiver Fitnessmaximierung<br />
ausgerichtet. Die genannten Disziplinen gehen<br />
davon aus, dass die natürlichen Anlagen des<br />
Menschen auch sein soziokulturelles Handeln<br />
in hohem Maße beeinflussen. Wenn dies zutrifft,<br />
liegt der Gedanke nahe, evolutionspsychologische<br />
Forschungsergebnisse in die Geistes-<br />
und Sozial<strong>wissenschaft</strong>en zu integrieren.<br />
Dort stoßen die evolutionspsychologischen<br />
und soziobiologischen Thesen seit einigen Jahren<br />
auf faszinierte Zustimmung, häufiger jedoch<br />
auf scharfen Widerspruch. Denn sie treffen<br />
auf Positionen, die gerade die Freiheit des<br />
Menschen von natürlichen Zwängen betonen<br />
und der Ansicht sind, dass menschliches Verhalten<br />
stärker durch andere Faktoren, etwa gesellschaftliche<br />
Kontexte, als durch angeborene<br />
Anlagen bestimmt wird. Die kulturalistischen<br />
Positionen werfen den naturalistischen Ansätzen<br />
Biologismus, Determinismus, Reduktivismus,<br />
mangelnde Falsifizierbarkeit und politische<br />
Inkorrektheit vor; die Naturalisten bezichtigen<br />
die Kulturalisten der Ignoranz gegenüber<br />
empirischen Belegen. Die Gegner<br />
stehen sich meist unversöhnlich gegenüber.<br />
575
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
Nun sind die Konzepte der Evolutionspsychologie<br />
auch in der <strong>Medien</strong>theorie angekommen:<br />
Clemens Schwender (TU Berlin) wendet<br />
sie in seiner Habilitation auf den Bereich massenmedialer<br />
Kommunikation an. Trotz des Titels<br />
„<strong>Medien</strong> und Emotionen“ entwickelt das<br />
Buch keine medienbezogene Emotionstheorie<br />
(dieser Bereich wird nur gestreift), sondern –<br />
umfassender – eine evolutionsbiologisch begründete<br />
<strong>Medien</strong>anthropologie. Wo McLuhan<br />
die <strong>Medien</strong> als „Prothesen“ bezeichnet, die die<br />
menschlichen Fähigkeiten erweitern, spricht<br />
Schwender von „Attrappen“, die die natürliche<br />
und soziale Umwelt nachahmen.<br />
Seine beiden Hauptthesen sind verblüffend<br />
einfach. Erstens: Menschen reagieren auf <strong>Medien</strong>angebote,<br />
weil diese in wesentlichen Hinsichten<br />
der Umwelt gleichen, an die sich Sinneswahrnehmung<br />
und Informationsverarbeitung<br />
angepasst haben. „<strong>Medien</strong> sind Attrappen<br />
für Auge, Ohr und Gehirn“ (S. 41). Zweitens:<br />
Die Inhalte von <strong>Medien</strong>angeboten zielen auf<br />
evolutionär entwickelte Mechanismen und<br />
Motive der Rezipienten, die vor allem den<br />
Bereich des Zusammenlebens betreffen. „<strong>Medien</strong><br />
sind Attrappen des sozialen Verhaltens“<br />
(S. 129).<br />
Die Entwicklung dieser Thesen gliedert sich<br />
in vier Teile. Der erste fasst ihre evolutionspsychologischen<br />
Prämissen zusammen. Schwender<br />
skizziert Darwins Grundlegung der Evolutionstheorie<br />
und deren moderne Auffassung als<br />
„Genetik plus Spieltheorie“. Die Evolutionspsychologie<br />
wird als Verbindung von evolutionstheoretischen,<br />
soziobiologischen und empirisch-psychologischen<br />
Modellen charakterisiert<br />
und in provokanter Zuspitzung von Soziologie<br />
und Psychoanalyse abgegrenzt. Das<br />
dort vorherrschende „Standard Social Science<br />
Model“ menschlichen Verhaltens fasse den<br />
Menschen als von natürlichen Voraussetzungen<br />
völlig unabhängiges Wesen auf und stehe<br />
evolutionstheoretischen Erkenntnissen blind<br />
gegenüber.<br />
Der zweite Teil des Buchs skizziert biologische<br />
Voraussetzungen der Wahrnehmung und<br />
Informationsverarbeitung, aufgrund derer die<br />
<strong>Medien</strong> als „Attrappen für Auge, Ohr und Gehirn“<br />
fungieren können. In <strong>Medien</strong>wahrnehmung<br />
und Realitätswahrnehmung werden<br />
demzufolge dieselben perzeptiven und kognitiven<br />
Mechanismen angesprochen; so beruht<br />
etwa die Realitätsillusion des Films auf Bau und<br />
Funktionsweise von Auge und Hirn. Imagina-<br />
576<br />
tion, Fiktion und Empathie führt Schwender<br />
auf den evolutionär nützlichen Vorgang des<br />
Denkens als Probehandeln zurück, Emotionen<br />
versteht er als adaptive reaktionssteuernde Programme.<br />
Dass Rezipienten auf <strong>Medien</strong>darstellungen<br />
affektiv reagieren, obwohl ihnen der<br />
Unterschied zur Realität bewusst ist, liege an<br />
der funktionalen Modularität des Gehirns.<br />
Die <strong>Medien</strong>-Attrappen täuschen also Sinne<br />
und Gehirn. Dabei richten sich die <strong>Medien</strong>angebote<br />
nach evolutionär vorgegebenen Interessen<br />
vor allem sozialer Art. Dies will der dritte<br />
und längste Teil des Buchs zeigen, der die<br />
Evolutionspsychologie auf <strong>Medien</strong>themen,<br />
Genres und Rezeptionsmotive anwendet. Sprache<br />
diene vorwiegend der Pflege von Sozialbeziehungen<br />
(„Weiterentwicklung des Kraulens“).<br />
Entsprechend drehten sich Gespräche in<br />
den <strong>Medien</strong> vorwiegend um fitnessrelevante<br />
Themen wie Reproduktion, Dominanz und<br />
Kooperation. Eine empirische Untersuchung<br />
zur relativen Häufigkeit von Talkshow-Themen<br />
soll diese These stützen. Schönheit und<br />
Kunst sieht Schwender im „Wahrnehmen von<br />
Wegen zu optimierter Fitness“ begründet.<br />
Mode, Tanz und Gesang hätten sich als Formen<br />
der Balz und Kooperationsoptimierung entwickelt.<br />
Der Sport als wichtiges <strong>Medien</strong>ereignis<br />
erfülle Funktionen des Leistungsvergleichs und<br />
des Aushandelns von Gruppenkonflikten. Humor,<br />
dessen Vorformen sich schon bei Primaten<br />
nachweisen lassen, diene der Durchsetzung<br />
von Normen und dem gewaltlosen Umgang<br />
mit Aggression; in vielen Subgenres der Komödie<br />
stünden daher Fehlleistungen im Vordergrund.<br />
Partnerwahl, Elternschaft und soziale Kooperation<br />
bilden ebenfalls wesentliche <strong>Medien</strong>themen.<br />
Evolutionär bedingte Unterschiede<br />
im Sexualleben von Frau und Mann findet<br />
Schwender in Kontaktanzeigen, Soap Operas<br />
und Pornografie wieder. Die Rolle elterlicher<br />
Fürsorge untersucht er am Beispiel des Kindesmord-Themas<br />
in Fernsehsendungen. Kooperation<br />
und Betrüger-Suche bilden zentrale Inhalte<br />
fiktionaler Formate, aber auch der Nachrichten.<br />
Den klassischen Nachrichtenfaktoren-<br />
Ansatz will Schwender durch einen inhaltlichevolutionspsychologischen<br />
ersetzen.<br />
Der vierte und letzte Teil des Buchs versammelt<br />
heterogene „Konsequenzen für die<br />
Rezeption“: Fiktion sei eine Perfektionierung<br />
mentalen Probehandelns, inhaltlich zentriert<br />
auf Überleben und Reproduzieren. Zwischen
Unterhaltung und Information in den <strong>Medien</strong><br />
lasse sich keine klare Grenze ziehen. Als neue<br />
Fernsehprogramm-Einteilung schlägt Schwender<br />
eine Gliederung nach den evolutionspsychologisch<br />
begründeten Inhalten vor. Eine empirische<br />
Erhebung von ca. 14.000 TV-Sendungen<br />
soll die These stützen, dass diese Inhalte in<br />
den <strong>Medien</strong> im Vordergrund stehen.<br />
Die Grundgedanken des Buchs sind anregend<br />
und bestechend einfach, es versammelt<br />
eine Vielfalt interessanter Informationen und<br />
macht sie durch ein ausführliches Register zugänglich.<br />
Das primäre Ziel der evolutionspsychologischen<br />
<strong>Medien</strong>theorie ist nicht deskriptive<br />
Analyse, sondern Explikation; es geht vor allem<br />
darum, funktionalistische Erklärungen für<br />
mediale Formen und Inhalte anzubieten. Die<br />
einprägsame „Attrappen“-Metapher und der<br />
leicht lesbare Schreibstil helfen dabei, eine<br />
neuartige Sichtweise auf <strong>Medien</strong>angebote einzunehmen.<br />
Es erscheint in der Tat als sinnvoll,<br />
die evolutionspsychologischen Argumente zur<br />
Kenntnis zu nehmen. Dabei könnte Schwender<br />
für sein Anliegen mehr Verbündete finden.<br />
Denn ganz so neu, wie er es beansprucht, sind<br />
viele seiner Thesen nicht. Kognitive Filmtheoretiker<br />
haben schon vor längerer Zeit ähnliche,<br />
allerdings vorsichtigere Modelle entwickelt<br />
(z. B. Joseph D. Anderson), die Arbeiten anderer<br />
(z. B. Torben Grodal, Peter Ohler) weisen<br />
deutliche Berührungspunkte zur Evolutionspsychologie<br />
auf.<br />
Trotz seiner Vorzüge hinterlässt Schwenders<br />
Buch insgesamt einen zwiespältigen Eindruck.<br />
Das ist weniger auf die Schwierigkeiten integrativer<br />
Theoriebildung zurückzuführen, auf<br />
die umsichtig hingewiesen wird, als vielmehr<br />
darauf, dass das Buch immer wieder grundlegende<br />
Standards <strong>wissenschaft</strong>licher Argumentation<br />
verletzt. Das betrifft zum einen viele Details:<br />
Wiederholungen und „Wir“-Pauschalisierungen;<br />
Fehler wie die Verwechslung des epischen<br />
Theaters mit dem aristotelischen; die<br />
unzureichende Einordnung der empirischen<br />
Untersuchungen; lange, unnötige Abschweifungen,<br />
etwa über den Heimvorteil beim Fußball.<br />
Doch auch Grundsätzlicheres ist betroffen:<br />
Die einfache Klarheit der Darstellung gleitet<br />
vor allem im dritten und vierten Teil immer<br />
wieder in krude Vereinfachung ab; die pointierte<br />
Zuspitzung in eine Karikatur gegnerischer<br />
Positionen. An entscheidenden Stellen<br />
bleibt Schwender Quellenhinweise schuldig, so<br />
Literatur · Besprechungen<br />
geht er etwa hart mit dem „Standard Social<br />
Science Model“ ins Gericht, nennt aber keinen<br />
Soziologen, der dieses Modell vertritt. Seine<br />
evolutionspsychologischen Erklärungen inhaltlicher<br />
Präferenzen und <strong>Medien</strong>themen sind<br />
zum einen äußerst global – die detaillierte Analyse<br />
eines konkreten Beispiels wäre sinnvoll gewesen<br />
–, zum anderen monokausal: Obwohl<br />
Schwender am Anfang des Buchs den Einfluss<br />
der natürlichen Anlagen relativiert, bestimmen<br />
sie in den späteren Darstellungen ganz allein<br />
das Bild. Dabei wird weder eine klare Grenze<br />
gezogen zu den soziokulturellen Faktoren, die<br />
zu spezifischen Ausformungen der (<strong>Medien</strong>-)<br />
Kultur führen, noch werden Möglichkeiten<br />
und Regeln der Interaktion natürlicher und sozialer<br />
Faktoren aufgezeigt. Die Vorschläge der<br />
Ersetzung etablierter Modelle (Nachrichtenfaktoren,<br />
Programmeinteilung) sind in sich unstimmig<br />
und können in der vorliegenden Form<br />
nicht überzeugen. Die funktionalistische Sichtweise<br />
ignoriert Diskurstraditionen und wirkt<br />
oft grotesk überzeichnet; so ruft Schwenders<br />
Erklärung ästhetischer Darstellungen Nelson<br />
Goodmans Spott über eine solche „Turnhallentheorie<br />
der Kunst“ in Erinnerung.<br />
Die strategische Zuspitzung der Argumentation<br />
mag dem Ziel dienen, eine Diskussion in<br />
Gang zu bringen. Doch sie birgt Gefahren:<br />
Statt die Vielfalt der <strong>Medien</strong>angebote analytisch<br />
zu erfassen und sich für alternative Erklärungen<br />
offen zu halten, droht die simplifizierende<br />
Heuristik alles auf den kleinsten gemeinsamen<br />
Nenner (die angeborenen Anlagen)<br />
zurückzustutzen. Statt auf angeborene Tendenzen,<br />
die verbreitete Ungerechtigkeiten<br />
(z. B. Sexismus) möglicherweise antreiben, kritisch<br />
hinzuweisen, droht die kritiklose und vereinfachende<br />
Darstellung diese Ungerechtigkeiten<br />
zu legitimieren. Vorsicht bleibt auch gegenüber<br />
dem Erklärungspotenzial der Evolutionspsychologie<br />
angebracht: Viele ihrer Thesen<br />
sind trotz ihrer Plausibilität spekulativ und<br />
<strong>wissenschaft</strong>stheoretisch keineswegs gefestigt.<br />
Schwenders „evolutionspsychologische Bausteine<br />
einer <strong>Medien</strong>theorie“ müssten also präziser<br />
bearbeitet und durch weitere Elemente ergänzt<br />
werden, damit ein stabiles Haus daraus<br />
werden kann. Die Leistung des Buchs besteht<br />
aber darin, den Stein zu einer längst fälligen<br />
Diskussion ins Rollen zu bringen.<br />
Jens Eder<br />
577
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
Stefan Aufenanger / Mike Große-Loheide /<br />
Claudia Lampert / Uwe Hasebrink<br />
Alkohol - Fernsehen – Jugendliche<br />
Hamburg: Vistas, 2001. - 410 S.<br />
(HAM-Schriftenreihe; 21)<br />
ISBN 3-89158-325-7<br />
Endlich liegt auch aus Deutschland eine Studie<br />
zu dem immer wichtiger werdenden Thema<br />
vor, welche Rolle neben den Gewaltdarstellungen<br />
die Präsentationen anderer entwicklungsund<br />
gesundheitsgefährdender Themen im<br />
Fernsehen haben. Aus den USA kennen wir<br />
mehrere Untersuchungen mit diesem Zuschnitt,<br />
aber sie sind wegen der erheblich anderen<br />
Konturen der <strong>Medien</strong>landschaft und der<br />
Schul- und Jugendarbeit nur begrenzt übertragbar.<br />
Stefan Aufenanger und sein Forschungsteam<br />
haben es geschafft, Interesse und<br />
finanzielle Unterstützung nicht nur von der<br />
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung,<br />
sondern auch von der Hamburgischen<br />
Anstalt für neue <strong>Medien</strong> für dieses Pionierprojekt<br />
zu gewinnen. Sie legen jetzt einen ausführlichen<br />
und sehr differenzierten, zugleich aber<br />
gut lesbaren und spannungsreich aufgebauten<br />
Forschungsbericht vor. Er gehört ab sofort zu<br />
den zentralen Referenzquellen für Forschung<br />
und Praxis in diesem Bereich.<br />
Die zentralen Fragen der Studie werden in<br />
der Einleitung von der Direktorin der Bundeszentrale<br />
für gesundheitliche Aufklärung und<br />
dem Direktor der Hamburgischen Anstalt für<br />
neue <strong>Medien</strong> klar aufgelistet: Wie wird Alkohol<br />
im Fernsehen dargestellt? Wie hängen diese<br />
Darstellungen mit der Meinungsbildung von<br />
Jugendlichen im Umgang mit Alkohol zusammen?<br />
Inwieweit können medienpädagogische<br />
Projekte zu einer kritischen und reflektierten<br />
Haltung beitragen. Aus diesen Fragen geht hervor,<br />
das Projekt nimmt sich gleich mehrere<br />
Aspekte dieses vielschichtigen Themas vor, es<br />
strebt, wie die Autorinnen und Autoren in<br />
ihrem Vorwort betonen, „erstmals eine systematische<br />
und spartenübergreifende Bestandsaufnahme<br />
von Alkoholdarstellungen im Fernsehen“<br />
an. Auch in dieser Hinsicht also ein bemerkenswertes<br />
Projekt, das wegen seiner Kombination<br />
verschiedenster Methodiken und<br />
Forschungsstrategien Beachtung verdient.<br />
Das Thema „Alkohol im Fernsehen“ ist deswegen<br />
so bedeutsam, weil das Medium Fernsehen<br />
bei Jugendlichen nach wie vor sehr beliebt<br />
578<br />
ist und für viele zur wichtigsten Informationsund<br />
Unterhaltungsquelle in der Freizeit geworden<br />
ist. Das Forschungsteam arbeitet deswegen<br />
zu Recht mit der Hypothese, das Fernsehen<br />
werde gerade auch bei Fragen der Selbststeuerung<br />
des individuellen Verhaltens und der Formung<br />
von Lebensstilen eine immer wichtigere<br />
kulturelle Bezugsgröße für die junge Generation.<br />
Ob aber die medialen Darstellungsformen<br />
von Lebensstil, hier insbesondere die Darstellung<br />
der Rolle von Alkoholkonsum im täglichen<br />
Handeln, auch einen tatsächlichen Einfluss<br />
auf die Konsummuster von Jugendlichen<br />
haben, das konnten bisherige Studien nicht<br />
klären. An dieser schwierigen Frage versucht<br />
sich der Forschungsbericht. Er kombinierte<br />
eine Programmanalyse, nämlich eine systematische<br />
Bestandsaufnahme des Themas Alkohol<br />
im deutschen Fernsehen, die schon für sich eine<br />
ergiebige Basis für künftige Forschungen gibt,<br />
mit einer Untersuchung der Einstellungen von<br />
Jugendlichen zum Alkohol und zum Alkohol<br />
im Fernsehen und schließlich medienpädagogischen<br />
Projekten mit Jugendlichen, bei denen sie<br />
selbst durch Produktion von Videofilmen zum<br />
Thema Alkohol und zur Alkoholnutzung Position<br />
beziehen. Diese Forschungsteile werden<br />
durch einen medienrechtlichen Exkurs zu den<br />
heute bestehenden Rahmenbedingungen von<br />
Alkoholdarstellungen im Fernsehen hochkompetent<br />
ergänzt. In der Programmanalyse wurde<br />
das Angebot von acht deutschen Fernsehsendern<br />
berücksichtigt. Die bei Jugendlichen erfolgreichsten<br />
Programme wurden in die Auswertung<br />
einbezogen. Auf diese Weise wurden<br />
insgesamt 520 Stunden Programm analysiert,<br />
meines Wissens die umfassendste Studie dieser<br />
Art bisher in Deutschland. Alle Szenen mit Alkoholbezug<br />
wurden herausgegriffen, der Stellenwert<br />
der Darstellung und der Bewertung<br />
von Alkohol wurde kodiert, dieser Vorgang<br />
wurde für fiktionale und für Nachrichtensendungen<br />
gleichermaßen durchgeführt. Ein<br />
besonderes Augenmerk wurde auf die Konsumentinnen<br />
und Konsumenten von Alkohol in<br />
diesen Programmen gelegt. Die Motive der<br />
Konsumenten für den Alkoholkonsum, die<br />
Menge der von ihnen konsumierten verschiedenen<br />
Alkoholika, die sozialen Kontexte des<br />
Konsums – alles wurde sorgfältig verschlüsselt<br />
und analysiert. Dabei kommen schon überraschende<br />
Ergebnisse zustande: Polizisten trinken<br />
bei der Arbeit Alkohol, und zwar gleich in<br />
vier Serien („Ein Bayer auf Rügen“; „Balko“;
„Alarm für Cobra 11“; „Vier Frauen und ein<br />
Mord“). In der Sendung „Beverly Hills 90210“<br />
und „Polizeiruf 110“ trinken Darsteller beim<br />
Autofahren Alkohol oder fahren nach dem<br />
Konsum Auto, in anderen Sendungen wird<br />
während der Schwangerschaft Alkohol konsumiert.<br />
Die Häufigkeit der Darstellungen in diesen<br />
fiktionalen Programmangeboten bestätigt<br />
einen häufig bei Fernsehanalysen herausgearbeiteten<br />
Effekt: Die in Frage stehende Handlung<br />
erscheint allgegenwärtig und normal. In<br />
siebzig Prozent der 245 untersuchten fiktionalen<br />
Sendungen wurde mindestens eine Szene<br />
mit einem Alkoholbezug identifiziert. Die<br />
Konsumenten sind überwiegend positive Charaktere<br />
in den verschiedenen Sendungen. Auch<br />
wenn sie größere Mengen Alkohol konsumieren,<br />
wirken sie in der weitaus größten Zahl aller<br />
Darstellungen nüchtern und nicht alkoholisiert.<br />
Auch in den Informationssendungen der<br />
Stichprobe wurden viele Alkoholszenen kodiert.<br />
Das gilt insbesondere für Boulevard-Magazine,<br />
in denen fast 71 Prozent der ausgewählten<br />
Programme solche Szenen enthielten, und<br />
Dokumentationen mit 62 Prozent. In den meisten<br />
Szenen stellt Alkohol einen nebensächlichen<br />
Bestand dar, er wirkt als Requisite im<br />
Hintergrund. Entsprechend findet kritische<br />
Auseinandersetzung mit Alkohol in diesen Informationsbeiträgen<br />
nicht statt. Die Sportsendungen<br />
fallen besonders auf: In praktisch jeder<br />
Sendung dieser Sparte ist Alkohol präsent – Bezug<br />
auf diese Substanz wird aber nicht genommen,<br />
wenn man einmal von den expliziten verbalen<br />
Sponsorenhinweisen absieht. Alkohol ist<br />
permanenter Begleiter aller sportlichen Darstellungen,<br />
gerade der auch von Jugendlichen<br />
besonders stark nachgefragten Programme.<br />
Alles in allem zeigt diese Programmanalyse,<br />
dass Alkohol in Fernsehdarstellungen aller<br />
Formate und Sparten zu einem integralen Bestandteil<br />
des Alltags wird. „Nur in wenigen<br />
Fällen wird auf die Probleme und Folgen von<br />
Alkoholkonsum Bezug genommen, aus dieser<br />
Perspektive scheint auch oder gerade die Vielzahl<br />
an nebensächlichen Darstellungen problematisch“<br />
(S. 187). Ein bemerkenswerter Befund,<br />
der in aller Deutlichkeit unterstreicht,<br />
wie schwierig die vorbeugende Arbeit in diesem<br />
Bereich ist. Den Alkoholkonsum zu einem<br />
bewussten, mit Absicht gewählten Bestandteil<br />
der Gestaltung des Alltags und der Auswahl eines<br />
Lebensstils zu machen, das wird nämlich<br />
Literatur · Besprechungen<br />
durch die große Masse der Fernsehdarstellungen<br />
gerade nicht thematisiert.<br />
Hierin liegt aber die Chance jeder suchtpräventiven<br />
und auch medienpädagogischen<br />
Arbeit. Dieser Herausforderung stellen sich die<br />
Autorinnen und Autoren des Bandes in einer<br />
Reihe von ausgezeichnet angelegten medienpädagogischen<br />
Praxisprojekten, bei denen das<br />
zentrale Ziel der bewusste, von den Konsumentinnen<br />
und Konsumenten wahrgenommene<br />
Konsum von Alkohol war. Es sind elf Vorhaben<br />
realisiert worden, die Modell für ähnliche<br />
Vorhaben im schulischen und außerschulischen<br />
Bereich stehen können. Ergänzt werden<br />
die Projekte durch qualitative Befragungen von<br />
Jugendlichen zu ihrem Umgang mit Alkohol<br />
und ihrer Bewertung von Alkoholdarstellungen<br />
im Fernsehen.<br />
Ein wichtiges und sowohl forschungsmethodisch<br />
als auch pädagogisch-praktisch wegweisendes<br />
Forschungsprojekt liegt hier vor, das<br />
meiner Einschätzung nach in den nächsten Jahren<br />
Maßstäbe für gute weiterführende Untersuchungen<br />
in diesem Bereich setzen wird. Für<br />
die Präventionsarbeit, so zeigen die Ergebnisse<br />
dieser Studie, kommen harte Zeiten, denn die<br />
heute vorherrschenden Tendenzen der medialen<br />
Darstellung von Alkohol und Alkoholkonsum<br />
im Fernsehen fördern, auch wenn sie nicht<br />
von Alkoholindustrie gesponsert oder finanziert<br />
werden, den unterschwelligen, nicht ins<br />
Bewusstsein getragenen Konsum der „Volksdroge<br />
Alkohol“.<br />
Klaus Hurrelmann<br />
Gebhard Rusch (Hrsg.)<br />
Einführung in die <strong>Medien</strong><strong>wissenschaft</strong><br />
Konzeptionen, Theorien, Methoden, Anwendungen<br />
Wiesbaden: Westdeutscher, 2002. – 393 S.<br />
ISBN 3-531-13323-3<br />
Wer unter diesem Titel eine Einführung in ein<br />
fest umrissenes Feld von Theorien, Methoden<br />
und Anwendungsbereichen erwartet, wird enttäuscht<br />
werden. „So etwas wie die <strong>Medien</strong><strong>wissenschaft</strong><br />
als Einzeldisziplin mit fest umrissenen<br />
Inhalten, Methoden und Aufgaben gibt es<br />
– derzeit – noch gar nicht“ (S. 7) stellt denn<br />
auch der Herausgeber gleich zu Beginn seines<br />
Vorwortes freimütig fest. Dennoch – oder gerade<br />
deswegen – gelingt es mit den Beiträgen<br />
579
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
dieses Bandes, einen informativen, anregenden<br />
und spannenden Blick in das sich etablierende<br />
interdisziplinäre Forschungsfeld zu werfen.<br />
Gerade weil der Band nicht als reiner Einführungsband<br />
für Studierende einer etablierten<br />
Studienrichtung konzipiert ist, bietet er immer<br />
wieder neue Einsichten und Anregungen auch<br />
für Fachkollegen und am Gegenstandsbereich<br />
Interessierte benachbarter Disziplinen. Prägnanter<br />
Ausdruck dieser Schwerpunktsetzung<br />
ist die Gewichtung der vier Kapitel des Bandes:<br />
Kapitel 1 & 2, die sich mit „Konzeptionen“ sowie<br />
„Theoretischen Konzepten und Arbeitsfeldern“<br />
der <strong>Medien</strong><strong>wissenschaft</strong> auseinander setzen,<br />
machen bereits 5/7 des Textumfangs aus.<br />
Die beiden Kapitel zu den „Methoden“ und<br />
den „Anwendungsfeldern“ fallen demgegenüber<br />
nicht so sehr ins Gewicht, auch wenn der<br />
Herausgeber zu Recht betont, dass gerade in<br />
diesem Bereich nur exemplarisch vorgegangen<br />
werden kann (S. 313). Die umfangreiche „Mediographie“<br />
rundet den Überblick ab und bietet<br />
neben einem Überblick vor allem auch Einstiegspunkte<br />
in weiterführende Arbeitsfelder.<br />
Die Autoren des Kapitels zu den „Konzeptionen<br />
von <strong>Medien</strong><strong>wissenschaft</strong>“ nähern sich<br />
der Thematik aus unterschiedlichen Perspektiven.<br />
R. Viehoff zeichnet den Weg der Disziplin<br />
von den Ausweitungen des Gegenstandsbereiches<br />
der Germanistik, die vor über 30 Jahren<br />
mit den „Ansichten einer zukünftigen Germanistik“<br />
ihren Ausgangspunkt nahm, über verschiedene<br />
Paradigmenwechsel bis hin zum (an<br />
der Person von S. J. Schmidt festgemachten)<br />
Wechsel von der Literatur<strong>wissenschaft</strong> zur <strong>Medien</strong><strong>wissenschaft</strong><br />
nach. Schmidt selbst widmet<br />
sich der Frage nach dem Verhältnis der <strong>Medien</strong><strong>wissenschaft</strong><br />
zu den Nachbardisziplinen;<br />
dabei thematisiert er auch das nicht unproblematische<br />
Verhältnis zur Publizistik und den<br />
<strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong>en, ohne hier<br />
aber dogmatische Entscheidungen zu treffen.<br />
Stattdessen führt er die Differenzen auf unterschiedliche<br />
<strong>Medien</strong>begriffe zurück und schlägt<br />
als integratives Element die Entwicklung einer<br />
Bezugs- und Beobachtungsplattform vor. K.<br />
Kreimeier betreibt dagegen Positionsbestimmung<br />
ex negativo, wenn er sich mit kritischem<br />
Blick denjenigen Fragenkomplexen widmet,<br />
die <strong>Medien</strong><strong>wissenschaft</strong> in der gegenwärtigen<br />
politischen Situation gerade nicht bearbeitet.<br />
G. Rusch schließt das Konzeptions-Kapitel mit<br />
einem Plädoyer für einen integrativen Ansatz<br />
ab, bei dem er eine Erweiterung des <strong>Medien</strong>be-<br />
580<br />
griffs hin zu einem „multiplexen System“ fordert,<br />
das Gegenstand einer transdisziplinären<br />
<strong>Medien</strong><strong>wissenschaft</strong> sein müsse (S. 80).<br />
Das zweite Kapitel, das rund die Hälfte des<br />
gesamten Einführungsbandes ausmacht, widmet<br />
sich in zehn Artikeln Grundbegriffen resp.<br />
Arbeitsfeldern der <strong>Medien</strong><strong>wissenschaft</strong>, da –<br />
wie der Herausgeber zu Recht feststellt – zentrale<br />
Begriffe und Arbeitsbereiche noch nicht<br />
hinreichend konsensfähig abgesteckt sind.<br />
Ohne hier die Auswahl als Wertung verstanden<br />
wissen zu wollen, sei auf einige der Ansätze<br />
näher eingegangen: Während P. M. Spangenberg<br />
unter dem Stichwort „<strong>Medien</strong>erfahrungen“<br />
auf zentrale Begriffe und Theorieansätze<br />
eingeht – er spannt dabei den Bogen von McLuhan<br />
bis zu Kittler, Coy, Bolz und Rötzer – widmet<br />
sich G. Rusch dem Begriff der „Kommunikation“<br />
und gibt hier einen historisch fundierten<br />
wie systematisch orientierten Überblick.<br />
Die Darstellungen zur <strong>Medien</strong>rezeption (P.<br />
Vorderer & H. Schramm) sowie zur <strong>Medien</strong>geschichte<br />
(K Hickethier) verdeutlichen, dass<br />
scheinbar klare und eindeutige Begrifflichkeiten<br />
im Kontext einer <strong>wissenschaft</strong>lichen Auseinandersetzung<br />
durchaus komplexe Problemfelder<br />
beschreiben. Während der Rezeptionsbegriff<br />
vor allem auf den medienpsychologischen<br />
Aspekt fokussiert wird, gibt Hickethier<br />
mit seinem systematisierenden Überblick über<br />
die verschiedenen Felder der <strong>Medien</strong>geschichtsschreibung<br />
und die hier zum Einsatz<br />
kommenden Verfahren wertvolle Orientierung<br />
in einem der traditionsreichen Zweige der <strong>Medien</strong><strong>wissenschaft</strong>.<br />
Mit je unterschiedlicher Perspektivisierung<br />
setzen sich die Beiträge zur <strong>Medien</strong>ästhetik<br />
(Y. Spielmann: Auseinandersetzung<br />
mit der Kunst- und Avantgarde-Diskussion)<br />
und zur <strong>Medien</strong>ethik (R. Leschke: Zuresp.<br />
Abweisung der Werthaltigkeit von <strong>Medien</strong>produkten)<br />
mit Fragen der Beurteilung<br />
und Bewertung, aber auch der Funktionalisierung<br />
von <strong>Medien</strong>produkten auseinander.<br />
In den abschließenden beiden Kapiteln wird<br />
exemplarisch auf Methoden und Anwendungsfelder<br />
eingegangen. Durch die Auswahl der<br />
Exempel wird deutlich, dass die Trennung<br />
von eher theoriegeleiteten und primär pragmatisch<br />
orientierten Abschnitten allenfalls ein<br />
formales Unterscheidungskriterium darstellt.<br />
So sind z. B. die Beiträge zur <strong>Medien</strong>pädagogik<br />
(T. Hug/Theorie) und <strong>Medien</strong>erziehung<br />
(A. Barsch/Anwendung) als ‚zwei Seiten einer<br />
Medaille‘ zu sehen; die Doppelung der Thema-
tik lässt darüber hinaus den Stellenwert der<br />
Verwertungs- wie der Wirkungs-Diskussion<br />
deutlich werten, ein Aspekt, der auch stark in<br />
die Methodendarstellung der Rezeptions- und<br />
Wirkungsanalyse (M. Schreier) hineinspielt. Jeweils<br />
den Abschluss der Kapitel bilden dann<br />
stärker systematisch orientierte Beiträge:<br />
Während G. Rusch für eine medien<strong>wissenschaft</strong>liche<br />
Systemanalyse plädiert – und damit<br />
ebenfalls die „Brücke schlägt“ zum Beitrag<br />
über <strong>Medien</strong>systeme (M. Meckel & A. Scholl) –<br />
setzen sich R. Klauser & R. Leschke mit dem<br />
brisanten Feld einer möglichen „Vereinnahmung“<br />
der <strong>Medien</strong><strong>wissenschaft</strong> unter dem<br />
„Deckmantel“ einer Praxisorientierung resp.<br />
einer pragmatischen Anwendungsorientierung<br />
auseinander. Von hier aus ergeben sich interessante<br />
Rückbezüge zum Beitrag von K. Kreimeier,<br />
der sich ja kritisch mit der Verfasstheit<br />
der <strong>Medien</strong> und ihrem nicht unproblematischen<br />
Bezug zur „Realität“ auseinander setzt.<br />
Gerade weil der Band nicht in „epischer<br />
Breite“ (z. T. in anderen [älteren] Disziplinen<br />
entwickelte und damit mehr oder minder) bekannte<br />
Verfahren und Positionen für den ‚Novizen‘<br />
ausbreitet, stellt er eine wertvolle und<br />
anregende Einführung in die Problematik eines<br />
sich etablierenden Faches dar. Die verschiedenen<br />
perspektivisierten Beiträge zu zentralen<br />
Bereichen dieses Forschungs- und Lehrfeldes<br />
regen auch die in diesem Feld Tätigen zur Reflexion<br />
über das eigene Tun und über mögliche<br />
inter- und transdisziplinäre Kooperationen an.<br />
Der Neuling wird damit aber keineswegs ausgeschlossen,<br />
er wird vielmehr von vornherein<br />
eingebunden in die Selbstreflexion und Positionsbestimmung<br />
einer jungen und lebendigen<br />
Wissenschaft.<br />
Manfred Kammer<br />
Patrick Rössler/Susanne Kubisch/<br />
Volker Gehrau (Hrsg.)<br />
Empirische Perspektiven der Rezeptionsforschung<br />
München: Reinhard Fischer, 2002. – 216 S.<br />
(Reihe Angewandte <strong>Medien</strong>forschung; 23)<br />
ISBN 3-88927-303-3<br />
Der Titel des Buches und die Herausgeber versprechen<br />
eine Leistungsschau – Teil zwei der<br />
„Standortbestimmung“, die sich die DGPuK-<br />
Fachgruppe Rezeptionsforschung „am Beginn<br />
Literatur · Besprechungen<br />
des Jahrtausends“ selbst verordnet hat. Nach<br />
den theoretischen (P. Rössler, U. Hasebrink &<br />
M. Jäckel: Theoretische Perspektiven der Rezeptionsforschung,<br />
München 2001) nun also<br />
die „empirischen Perspektiven“, eine Dokumentation<br />
fast aller Beiträge, die auf der Jahrestagung<br />
der Fachgruppe im Januar 2001 unter<br />
dem Titel „Der Prozess der Rezeption“ gehalten<br />
worden sind. Damit ist die Grenze dieses<br />
„forschungsorientierten Überblicks“ (S. 7)<br />
schon benannt. All das, was von Verlagen oder<br />
Rundfunkveranstaltern selbst gemacht oder bei<br />
kommerziellen Markt- und Meinungsforschungsinstituten<br />
in Auftrag gegeben wird, um<br />
den <strong>Medien</strong>nutzern auf die Spur zu kommen,<br />
wird lediglich in der „Skizze der Rezeptionsforschung<br />
in Deutschland“ von Volker Gehrau<br />
gestreift, die den acht Forschungsberichten<br />
voran gestellt worden ist und die offenbar helfen<br />
soll, den großen Überblick nicht zu verlieren.<br />
Gehrau stützt sich auf die deutschsprachigen<br />
Fachzeitschriften und die kommunikations<strong>wissenschaft</strong>liche<br />
Literatur der letzten<br />
Jahre („neuere Überblicke“, „diverse“ Sammelbände,<br />
Tagungsbände, „einschlägige Monographien“;<br />
S. 9). Dass die Ergebnisse redaktioneller<br />
Forschung normalerweise unter Verschluss<br />
bleiben und von der „akademischen Rezeptionsforschung“<br />
kaum wahrgenommen werden,<br />
erklärt vielleicht, warum er die „angewandte<br />
Publikumsforschung“ nur am Rande erwähnt<br />
und „die gesamte Media- und die reine <strong>Medien</strong>nutzungsforschung“<br />
auf „demoskopische<br />
Abbilder bestimmter Merkmale der Gesellschaft“<br />
reduziert. Die Langzeitstudie Massenkommunikation<br />
gehört für Gehrau zum „akademischen<br />
Bereich“ (S. 18) – möglicherweise,<br />
weil die Ergebnisberichte so aussehen wie andere<br />
Bücher aus dem Fach. Brauchbar ist in jedem<br />
Fall seine Literaturliste: sechs Seiten mit<br />
den wichtigsten Veröffentlichungen aus den<br />
Jahren 1990 bis 2000.<br />
Wohin geht die empirische Rezeptionsforschung<br />
an deutschen Universitäten? Auf der<br />
Habenseite stehen, das ist jedenfalls die Botschaft<br />
dieses Buches, ambitionierte theoretische<br />
Überlegungen, großer Einfallsreichtum im<br />
Bereich Methoden und die Beherrschung computergestützter<br />
Auswertungsprogramme. Die<br />
andere Seite der Medaille: die Umsetzung in oft<br />
ungeeigneten Stichproben (in der Regel interessierte<br />
junge Leute) und in künstlichen Situationen<br />
sowie der Verzicht auf jede Makroperspektive.<br />
Die Herausgeber schreiben in ihrer Ein-<br />
581
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
führung, dass die „acht Originalbeiträge“ auf<br />
die „analytische Mikroebene“ abzielen und<br />
folglich eine „psychologische Sichtweise dominiert“:<br />
„Was passiert eigentlich genau, wenn<br />
Menschen <strong>Medien</strong> rezipieren?“ Wie und warum<br />
sie dies im Alltag überhaupt tun, wird bei<br />
einer solchen Fragestellung ebenso aus dem<br />
Blick verloren wie der Stellenwert, den die<br />
Nutzer den <strong>Medien</strong> in ihrem Leben zubilligen.<br />
Wer Ideen für die methodische Umsetzung<br />
sucht, dem sei das Buch dennoch uneingeschränkt<br />
empfohlen. Helmut Scherer und Daniela<br />
Schlütz (Hannover) haben beispielsweise<br />
die „Experience Sampling Method“ (ESM) aus<br />
der Glücksforschung adaptiert. Bei der ESM<br />
signalisiert ein Pieper den Versuchspersonen,<br />
dass es Zeit ist, einen Fragebogen auszufüllen<br />
oder etwas in ein Notizheft zu schreiben. Auf<br />
diese Weise lassen sich die unterschiedlichsten<br />
Momente im täglichen Leben darstellen. Scherer<br />
und Schlütz haben den Einsatz dieser Methode<br />
damit begründet, dass herkömmliche Befragungen<br />
im Rahmen der Uses-and-Gratifications-Forschung<br />
sowohl die <strong>Medien</strong>inhalte als<br />
auch die konkrete Situation des Nutzers vernachlässigten<br />
und deshalb eher Gratifikationserwartungen<br />
abbilden würden, Vorstellungen<br />
der Rezipienten über mögliche Eigenschaften<br />
der <strong>Medien</strong>. Die ESM solle nicht nur helfen,<br />
den Kontext zu erfassen, sondern auch die Abhängigkeit<br />
vom Gedächtnis der Befragten zu<br />
verringern. Die Untersuchung wurde als Panelstudie<br />
angelegt. Zunächst gab es eine klassische<br />
Face-to-face-Befragung, und dann bekamen<br />
die Teilnehmer per Pager eine Woche lang täglich<br />
drei bis vier Aufforderungen, einen kurzen<br />
Fragebogen auszufüllen. Obwohl 61 Prozent<br />
der ausgefüllten Bögen nicht auf <strong>Medien</strong>nutzung<br />
entfielen, sondern auf andere Beschäftigungen<br />
(„Zwar ist auch das ein Ergebnis, aber<br />
ein teuer bezahltes“), empfehlen die Autoren<br />
den Einsatz dieser Methode.<br />
In Sachen Aufwand das genaue Gegenstück<br />
ist die Studie von Peter Vorderer, Christoph<br />
Klimmt und Dörte Liebetruth (Hannover)<br />
zum Thema Hörspielkassetten und Vorschulkinder.<br />
Insgesamt 40 Kindergartenkindern im<br />
Alter von drei bis vier Jahren wurde ein Text in<br />
zwei unterschiedlichen Varianten vorgespielt,<br />
einmal als langweilige Buchfassung mit Märchenonkel<br />
und ohne Klangeffekte und einmal<br />
mit Musikstück, mehreren Stimmen und einem<br />
Schluss-Chor. Um das Unterhaltungserleben<br />
der Kinder messen zu können, wurden sie zum<br />
582<br />
einen mit einem ganz einfachen Kodiersystem<br />
beobachtet (Gesichtsausdruck und Bewegung)<br />
und mussten zum anderen hinterher zwei einfache<br />
Fragen beantworten. Beide Methoden<br />
brachten eindeutige Ergebnisse (die unterhaltsame<br />
Version bereitete den Kleinen mehr Vergnügen),<br />
wobei die Kinder die Frage, ob ihnen<br />
das Ganze Spaß gemacht habe, bei beiden Varianten<br />
eher bejaht haben, sich dann aber klar<br />
entscheiden konnten, als es darum ging, ob sie<br />
die Kassette beim nächsten Mal wieder hören<br />
wollen oder lieber ein Buch ansehen.<br />
Helena Bilandzic (früher München, jetzt Erfurt)<br />
hat mit der Methode des lauten Denkens<br />
gearbeitet. Ihre Frage: Wie kommen kurzfristige<br />
Handlungsorientierungen während der Rezeption<br />
zustande und warum führen langfristige<br />
Vorlieben nicht immer zum gleichen Handlungsresultat?<br />
Bilandzic hat dazu das Fernsehverhalten<br />
von 20 Jugendlichen jeweils ungefähr<br />
eine Stunde lang mitgeschnitten, sich das Band<br />
hinterher gemeinsam mit den Teilnehmern angesehen<br />
und sie gebeten, die Gedanken zu<br />
äußern, die sie bei der Rezeption hatten. Nach<br />
der Inhaltsanalyse der Protokolle sieht die Autorin<br />
zwar das Ziel Prognose in weite Ferne<br />
gerückt, ist aber immerhin zu dem Ergebnis gekommen,<br />
dass auch situative Ziele ganz stark<br />
vom Fernsehprogramm abhängen und es keine<br />
völlige „Anarchie“ des Zuschauers gibt.<br />
Um eine Prognose ging es auch Wolfgang<br />
Schweiger (München). Er wollte herausfinden,<br />
wie die Selektionsentscheidungen der Rezipienten<br />
fallen, hat dazu ein „Ablaufmodell der<br />
<strong>Medien</strong>nutzung“ entwickelt (ein Nacheinander<br />
von Phasen der Auswahl und der Aufnahme)<br />
und dieses Modell am Beispiel „informationsorientierte<br />
Hypermedien“ getestet. Das<br />
Internet bot sich für die Untersuchung vor allem<br />
deshalb an, weil Schweiger in seinem Experiment<br />
Befragungen und Logfileanalysen kombinieren<br />
konnte. Carsten Wünsch (Leipzig) hat<br />
die Ergebnisse einer Tagebuchuntersuchung<br />
reanalysiert, um die Mood-Management-<br />
Theorie überprüfen zu können, Dagmar Unz,<br />
Frank Schwab und Peter Winterhoff-Spurk<br />
(alle Saarbrücken) haben die Mimik und die Befindlichkeit<br />
von Schülern gemessen, denen gewalthaltige<br />
TV-Nachrichten vorgespielt wurden,<br />
und Monika Suckfüll (Berlin), Jörg Matthes<br />
und Doreen Markert (beide Jena) haben<br />
zunächst problemzentrierte Interviews geführt,<br />
um individuelle Strategien bei der<br />
Rezeption von Spielfilmen ermitteln zu kön-
nen, daraus einen entsprechenden Itempool abgeleitet<br />
und diesen bei einer schriftlichen Befragung<br />
getestet. Während es in diesem Beitrag<br />
keine Angabe darüber gibt, wie die Stichprobe<br />
rekrutiert wurde, haben sich Christoph<br />
Klimmt und Peter Vorderer (beide Hannover)<br />
selbstkritisch mit ihrem Erhebungsinstrumentarium<br />
auseinander gesetzt. Klimmt und Vorderer<br />
wollten die Intensität der parasozialen<br />
Interaktion zu Computer- und Fernsehfiguren<br />
miteinander vergleichen und haben ihre Erhebung<br />
in einer größere schriftliche Befragung<br />
integriert, die von der Firma veranstaltet wurde,<br />
die Lara Croft erschaffen hat.<br />
Man mag einerseits die Flut von Tagungsbänden<br />
bedauern und darauf hinweisen, dass<br />
das wirklich Wichtige irgendwann als Monographie<br />
erscheint oder schon erschienen ist.<br />
Andererseits bietet der vorliegende Band dem<br />
Nachwuchs eine Publikationsmöglichkeit, gelungenen<br />
Abschlussarbeiten ein Forum und<br />
zudem einen Einstieg in ein weites Forschungsfeld.<br />
Höher sollte man die Messlatte nicht legen.<br />
Michael Meyen<br />
Eike Hebecker<br />
Die Netzgeneration<br />
Jugend in der Informationsgesellschaft<br />
Frankfurt: Campus, 2001. – 212 S.<br />
ISBN 3-593-36838-2<br />
Bei dieser Arbeit handelt es sich um die Veröffentlichung<br />
einer Dissertation (Universität<br />
Gießen). Es ist eine theoretische Auseinandersetzung<br />
mit den gängigen Interpretationen und<br />
Bewertungen der „<strong>Medien</strong>“. Diese „Diskursanalyse“<br />
wird in einem umfangreichen theoretischen<br />
Teil ausgearbeitet, in dem der Forschungsstand<br />
zum Thema Jugend und <strong>Medien</strong><br />
ebenso berücksichtigt ist wie methodische und<br />
begriffliche Überlegungen zum Diskursbegriff.<br />
Die folgenden Kapitel zu den Typen der Jugenddiskurse<br />
schließen erfreulicherweise die<br />
Auseinandersetzung mit der Geschichte der Jugendbilder<br />
und Jugenddebatten mit ein. Mit einem<br />
Kapitel zum Konzept der Generationen<br />
wird dieser umfangreiche theoretische Teil beendet,<br />
der mehr als die Hälfte der Untersuchung<br />
umfasst. Schließlich werden in den beiden<br />
Schlusskapiteln die Ergebnisse präsentiert.<br />
Literatur · Besprechungen<br />
Eingangs grenzt sich der Autor in seiner Untersuchung<br />
von der Erwartung ab, dass er Belege<br />
für einen „anstehenden Generationswechsels“<br />
oder empirische Beweise für die Existenz<br />
einer „Netzgeneration“ vorlegt (z. B. an Hand<br />
demographischer Daten, Nutzungsstudien<br />
oder jugendkultureller Artikulationen). Es geht<br />
ihm in dieser Arbeit um eine theoretische Auseinandersetzung<br />
mit der Art und Weise, wie<br />
sich die „gesellschaftliche Thematisierung aktueller<br />
Jugendgenerationen“ mit der Debatte<br />
über die <strong>Medien</strong> verbinden: „Der Fokus richtet<br />
sich … auf die Verwendung des Diskurs- und<br />
Deutungsmusters ‚Generation‘ im Zusammenhang<br />
mit der gesellschaftlichen Thematisierung<br />
digitaler und interaktiver <strong>Medien</strong> und des damit<br />
verbundenen Wandels hin zu einer Informationsgesellschaft“<br />
(S. 9).<br />
Im theoretischen Teil werden Begriffe wie<br />
<strong>Medien</strong>generation, Netzgeneration oder Generation@<br />
u. a. (S. 13) im Hinblick auf die gesellschaftliche<br />
Konstruktion von Jugend und Generationsgestalten<br />
analysiert. Dieser Anspruch<br />
ist insofern spannend, weil der Autor mit seinem<br />
Titel „Die Netzgeneration“ sich selbst auf<br />
diesen Diskurs bezieht und damit ein Teil desselben<br />
wird. Ist sich der Autor dieser gewollten<br />
oder ungewollten Beteiligung an der Debatte<br />
über Generation und Jugend bewusst?<br />
Zunächst charakterisiert der Autor die<br />
Beiträge der anderen Beteiligten an diesem Diskurs.<br />
Kritisch beschreibt er die dazugehörigen<br />
„Metaphernfelder“, „Motivationslagen“, „Begriffsfetische“<br />
und das „Leitbildpotenzial“, die<br />
allesamt in ihren verschiedenen Formen dem<br />
„Überzeugungsdiskurs“ zur Ausformung und<br />
Diffusion bestehender und zukünftiger Technologien<br />
zu Grunde liegen und ihn beeinflussen.<br />
Hier zeige sich eine Fixierung zuerst auf<br />
das „Nutzungsverhalten der Anwender“,<br />
während die „Materialität“ der <strong>Medien</strong> weniger<br />
Aufmerksamkeit bekäme. Hebecker setzt sich<br />
inhaltsanalytisch mit der Rhetorik und den<br />
Mustern sowohl von wichtigen Printmedien<br />
(Wochenmagazine u. a) als auch von anderen<br />
„Meinungsführern“ auseinander. Deutlich<br />
wird, das fast gleichzeitig eine Reihe von Diskurstypen<br />
und -stilen nebeneinander existieren<br />
– populär<strong>wissenschaft</strong>liche, mediale, Szenereportagen,<br />
Generationsreportagen, „Selbstdeutungen<br />
einer <strong>Medien</strong>kohorte“, 64-er Generation.<br />
Diese Diskurse, so der Autor, sind Teil einer<br />
„Risikokommunikation“ in der das Konzept<br />
der Generationen dazu dient, das Eigene<br />
583
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
und das Fremde zu formulieren und sich in diesen<br />
Diskursen jeweils zu positionieren – z. B.<br />
als „Integrierte“ oder als „Apokalyptiker“.<br />
Der Eindruck beim Lesen dieser Arbeit ist<br />
widersprüchlich. Einerseits werden im 6. Kapitel<br />
eine Reihe von ‚Typisierungen‘ von Jugend<br />
in der Informationsgesellschaft beschrieben,<br />
die selbst ein Stück weit eben diese Muster wieder<br />
bestätigen und zugleich in ihrer begrenzten<br />
Gültigkeit demonstrieren. An dieser Stelle<br />
macht sich störend bemerkbar, dass der Bezug<br />
zu den Lebenswelten der verschiedenen Jugendkohorten<br />
blass bleibt. Die zu Grunde liegende<br />
Empirie in Form von Desideraten der<br />
<strong>Medien</strong>forschung und der damit verbundenen<br />
Interpretationen leisten diesen Bezug nur abstrakt.<br />
Das ist umso bedauerlicher, weil das Generationenkonzept<br />
von Manheim auch als Aufforderung<br />
verstanden werden kann, z. B. die<br />
„Gestaltungsintentionen“ (Manheim) innerhalb<br />
einer Generation zu untersuchen, um die<br />
Signale des sozialen und kulturellen Wandels<br />
zu erkennen.<br />
Die hier geleistete ausführliche Analyse der<br />
Diskurstypen zum Thema Jugend und <strong>Medien</strong><br />
führt zu einem Paradoxon: Die Analyse der<br />
mediatisierten, publizierten Zeugnisse über die<br />
„Jugend“ nehmen einen großen Raum ein, sie<br />
dominieren. Andererseits ist es eine Aufgabe<br />
der Sozialforschung, das Spannungsverhältnis<br />
zwischen den gesellschaftlich konstruierten<br />
Bildern über Jugend und ihrer begrenzten Gültigkeit<br />
zur Beschreibung und zum Verständnis<br />
der vielschichtigen Lebensbedingungen und<br />
den subjektiven Befindlichkeiten von Jugend<br />
anzusprechen. Es geht hier um eine Vermittlungsfunktion<br />
der Sozial<strong>wissenschaft</strong>en: Beide<br />
– theoretische Konzepte und Desiderate der<br />
empirischen Forschung – bedürfen der kritischen<br />
Überprüfung und der Bewertung.<br />
Bezogen auf das Thema „Netzgeneration –<br />
Jugend in der Informationsgesellschaft“ stellt<br />
sich die Frage, warum beim Lesen der Eindruck<br />
entsteht, dass die Ergebnisse der empirischen<br />
Jugendforschung relativ peripher aufgegriffen<br />
werden. Dieser Eindruck wird gestärkt, wenn<br />
die Ergebnisse der Peerforschung z. B. einen<br />
Zusammenhang zwischen der Ausdifferenzierung<br />
von Freundschaften und der Qualität der<br />
verschiedenen Einzelmedien aufzeigen. Die<br />
verschiedenen jugendlichen Altersgruppen<br />
entwickeln unterschiedliche Umgangsstile mit<br />
den <strong>Medien</strong> – das zeigt sich z. B. beim Internet<br />
(Szenen, Musikstile, Communities u. a.). Die<br />
584<br />
These der thematischen Auswahl der <strong>Medien</strong><br />
hier und die These vom Umgang mit dem <strong>Medien</strong>mix<br />
dort – es scheint, dass die Aufmerksamkeit<br />
für die Diversifikation der <strong>Medien</strong> und<br />
die Ausdifferenzierung der Jugend und ihrer<br />
verschiedenen Teilgruppen und kulturellen<br />
Praxen miteinander korrespondieren. Die Analyse<br />
der verschiedenen Diskurstypen mit ihren<br />
medial verstärkten und von diesen z. T. selbst<br />
konstruierten Typisierungen ist so gesehen<br />
hilfreich, weil damit zugleich deren Möglichkeiten<br />
und Grenzen aufzeigt werden können.<br />
Aber dieser Zugang zum Thema reicht nicht<br />
aus, wenn man mehr über die Besonderheiten<br />
der Netzgeneration erfahren will.<br />
Auf der anderen Seite gelingt es der Untersuchung,<br />
das Augenmerk auf die impliziten<br />
Stereotypen und Wertmuster zu lenken, die<br />
hinter den gängigen Mustern und Begriffen der<br />
öffentlichen Debatte über <strong>Medien</strong> und Jugend<br />
stehen. Die Interpretationen und Kriterien für<br />
Hebeckers Verständnis von „Netzgeneration“<br />
(z. B. als „Integration kultureller Gegensätze“,<br />
„als gesellschaftliche Regelung von Wissen“)<br />
sind sehr anregend, um sie als Grundlage für<br />
den Diskurs über die Generationen und die<br />
<strong>Medien</strong> aufzugreifen und weiterzutragen.<br />
Ekkehard Sander<br />
Bernd W. Wirtz<br />
<strong>Medien</strong>- und Internetmanagement<br />
2. voll. überarb. und erw. Auflage<br />
Wiesbaden: Gabler, 2001. – 571 S<br />
ISBN 3-409-21661-8<br />
Bereits nach einem Jahr erscheint die 2. Auflage<br />
von Bernd W. Wirtz’ Band „<strong>Medien</strong>- und<br />
Internetmanagement“. Es handelt sich dabei<br />
um ein Lehrbuch, das eine systematische Aufarbeitung<br />
der unterschiedlichen Aspekte von<br />
<strong>Medien</strong>management bietet. Dabei nimmt<br />
Bernd W. Wirtz klar und explizit eine betriebswirtschaftliche<br />
Perspektive ein und grenzt sich<br />
von kommunikations<strong>wissenschaft</strong>lichen und<br />
volkswirtschaftlichen Betrachtungen ab (S. 5),<br />
wiewohl er <strong>Medien</strong>management als „Nachbardisziplin<br />
der <strong>Medien</strong><strong>wissenschaft</strong>en“ (S. 8)<br />
sieht. Entsprechend stützt er sich auf die Ansätze<br />
der klassischen Betriebswirtschaftslehre,<br />
was sich auch an der verwendeten Literatur<br />
zeigt, und konzipiert <strong>Medien</strong>- und Internetmanagement<br />
als einen neuen und zunehmend
wichtigen Bereich der speziellen Betriebswirtschaftslehre.<br />
In der Definitionsarbeit ist er mit der nach<br />
wie vor problematischen Bestimmung von <strong>Medien</strong>management<br />
über <strong>Medien</strong>unternehmen<br />
und -branche konfrontiert. Er begegnet diesem<br />
Problem einerseits, indem er von der Leistungsausrichtung<br />
der Unternehmen ausgeht,<br />
die jedoch mit der Aussage „… zur <strong>Medien</strong>branche<br />
gehören alle Unternehmen, die <strong>Medien</strong>produkte<br />
erstellen und/oder auf Märkten<br />
absetzen“ (S. 9) lediglich eine Umformulierung<br />
des ursprünglichen Problems darstellt. Andererseits<br />
führt er das Internetmanagement als<br />
den Bereich ein, in dem medienfremde Unternehmen<br />
kommunikative Angebote machen<br />
und in dem von der klassischen one-to-many-<br />
Kommunikation zur one-to-one-Kommunikation<br />
gewechselt werden kann. Spätestens hier<br />
ist offensichtlich, dass <strong>Medien</strong>ökonomie und<br />
<strong>Medien</strong>management nicht von ungefähr interund<br />
transdisziplinäre Fachgebiete sind, sondern<br />
dass die Wurzeln in der Komplexität des<br />
Gegenstands liegen. Diese Komplexität muss –<br />
schlägt man sich völlig auf eine „disziplinäre<br />
Seite“ – notwendigerweise etwas zu kurz kommen.<br />
Mit dem Ziel, ein Lehrbuch zu verfassen, ist<br />
aber auch und vor allem der Anspruch verbunden,<br />
eine strukturierte, gut verständliche und<br />
überblicksartige Einführung in ein Themengebiet<br />
zu ermöglichen, das auch in der universitären<br />
Lehre – die ja überwiegend disziplinär<br />
ausgerichtet ist – Gewinn bringend eingesetzt<br />
werden kann. Dieser Anspruch wird von Bernd<br />
W. Wirtz eingelöst, gerade weil er sich nicht auf<br />
den disziplinären Perspektivenwechsel einlässt,<br />
sondern klar eine disziplinäre Perspektive vertritt.<br />
Der Band ist übersichtlich und klar gegliedert:<br />
In einem ersten Kapitel, das ca. 100 Seiten<br />
umfasst, werden die Grundlagen des <strong>Medien</strong>und<br />
Internetmanagement in allgemeiner Form<br />
dargelegt, wobei die betriebwirtschaftlichen<br />
Zusammenhänge anschaulich an „<strong>Medien</strong>beispielen“<br />
verdeutlicht werden.<br />
So werden die Besonderheiten von <strong>Medien</strong>märkten<br />
– insbesondere die Aufteilung in den<br />
Werbe-, Rezipienten- und Beschaffungsmarkt<br />
sowie die Angebotsspezifika – klar herausgearbeitet<br />
und zusammenfassend wiedergegeben.<br />
Auch den Aufgaben des <strong>Medien</strong>managements,<br />
worunter Bernd W. Wirtz Strategisches Management,<br />
Beschaffungsmanagement, Produktionsmanagement<br />
und Absatzmanagement fasst,<br />
Literatur · Besprechungen<br />
wird viel Platz eingeräumt. Dennoch kann in<br />
diesem Kontext nur ein verkürzter, aber ausreichender<br />
Überblick über die vorhandenen wirtschafts<strong>wissenschaft</strong>lichen<br />
Ansätze gegeben<br />
werden. Dem Aspekt der Konvergenz, der sehr<br />
knapp unter dem Teilkapitel „<strong>Medien</strong>- und Internet-Management<br />
im digitalen Zeitalter“ diskutiert<br />
wird, hätte man jedoch eine stärker hervorgehobene<br />
Bedeutung und längere Abhandlung<br />
gewünscht. Hier handelt es sich um eine<br />
Entwicklung, die sich elementar auf die <strong>Medien</strong>märkte<br />
auswirkt – auch weil idealtypisch<br />
die Verknüpfung ökonomischer und kommunikativer<br />
Implikationen analysiert werden<br />
kann.<br />
In den Folgekapiteln werden die Grundlagen<br />
auf einzelne <strong>Medien</strong>gattungen (Zeitung, Zeitschrift,<br />
Buch, TV, Radio, Musik, Internet und<br />
Multimedia) angewendet und anhand von Fallbeispielen<br />
konkretisiert, wobei stets der einmal<br />
gewählte Aufbau – 1. Marktstruktur und<br />
Marktverhalten, 2. Wertschöpfungsstrukturen,<br />
Geschäfts- und Erlösmodelle, Leistungsspektrum,<br />
3. Aufgaben – beibehalten wird. Dies ermöglicht<br />
es insbesondere auch Studierenden,<br />
Vergleiche zwischen den unterschiedlichen<br />
<strong>Medien</strong>gattungen herzustellen und Unterschiede<br />
und Gemeinsamkeiten zu erkennen.<br />
Ein Stichwortverzeichnis erleichtert zudem das<br />
Finden spezieller Themen und zahlreiche Abbildungen<br />
dienen der Veranschaulichung. Auffallend<br />
ist jedoch, dass Bernd W. Wirtz, obwohl<br />
er allgemein <strong>Medien</strong>angebote als Kombination<br />
von Produkten und Dienstleistungen<br />
definiert und schreibt „<strong>Medien</strong>unternehmen<br />
erbringen Rezipienten gegenüber eine Informations-<br />
und Unterhaltungsleistung.“ (S. 32),<br />
das Leistungsspektrum der einzelnen <strong>Medien</strong>gattungen<br />
ausgesprochen produkt- und trägerorientiert<br />
bestimmt. So wird z. B. bei der Erläuterung<br />
des Leistungsspektrums von Zeitungen<br />
und Zeitschriften zwar auf Aktualität und<br />
Kontinuität Bezug genommen, der Begriff Information<br />
fällt jedoch nicht.<br />
Den Abschluss des Bandes bildet das Kapitel<br />
„Integrierte <strong>Medien</strong>- und Internetverbundunternehmen“.<br />
Auch hier wird ein aktuelles Phänomen<br />
der Wirtschaft analysiert und am Fallbeispiel<br />
AOL Time Warner konkretisiert. Dieses<br />
Schlusskapitel ist eine gelungene Aufarbeitung<br />
gegenwärtiger Entwicklungen, die<br />
gleichzeitig das Bewusstsein für die zu erwartende<br />
Komplexität zukünftiger Trends schärft.<br />
Unklar bleibt insgesamt die Differenzierung<br />
585
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
von <strong>Medien</strong>- und Internetbranche, die auch im<br />
Titel des Bandes „<strong>Medien</strong>- und Internetmanagement“<br />
hervorgehoben wird. Diese Unterscheidung<br />
wird theoretisch nicht ganz schlüssig<br />
beantwortet (S. 9). Zwar wird auf den Wechsel<br />
von massenmedialer zu interpersonaler Kommunikation<br />
verwiesen; um jedoch hier Differenzierungen<br />
und Zusammenhänge aufzeigen<br />
zu können, hätte ein viel größerer „Abstecher“<br />
in die <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong> unternommen<br />
werden müssen als das disziplinäre<br />
Konzept des Lehrbuches es zulässt. Deshalb<br />
drängt sich der Eindruck auf, dass die Begriffe<br />
lediglich als „Eye Catcher“ für die Regale der<br />
Buchhandlungen eingeführt wurden – was aus<br />
verlagsökonomischen Gründen durchaus verständlich<br />
ist.<br />
Obwohl oder gerade weil Bernd W. Wirtz’<br />
Band aus betriebswirtschaftlicher Perspektive<br />
geschrieben ist, stellt er auch für <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong>lerInnen<br />
eine gute und wichtige<br />
Ergänzung zu den kommunikations<strong>wissenschaft</strong>lich<br />
orientierten Publikationen des<br />
<strong>Medien</strong>managements dar und eignet sich gut<br />
für den Einsatz in der Lehre.<br />
Gabriele Siegert / Nina Hautzinger<br />
Claudia Roider<br />
Perspektiven einer europäischen Rundfunkordnung<br />
Eine Untersuchung der gemeinschaftsrechtlichen<br />
Direktiven unter besonderer Berücksichtigung<br />
des Pluralismusgebots<br />
Berlin: Duncker & Humblot, 2001. – 327 S.<br />
(Schriften zum Europäischen Recht, Bd. 81)<br />
ISBN 3-428-10568-0<br />
Jürgen Schwarze/Albrecht Hesse (Hrsg.)<br />
Rundfunk und Fernsehen im digitalen Zeitalter<br />
Die Sicherung von <strong>Medien</strong>freiheit und <strong>Medien</strong>vielfalt<br />
im deutschen und europäischen Recht<br />
Baden-Baden: Nomos, 2000. – 167 S.<br />
(Schriftenreihe Europäisches Recht, Politik<br />
und Wirtschaft, Bd. 242)<br />
ISBN 3-7890-6993-0<br />
Nizza, die Grundrechte-Charta und ihre Bedeutung<br />
für die <strong>Medien</strong> in Europa<br />
EMR-Fachtagung in Zusammenarbeit mit der<br />
Europäischen Rechtsakademie Trier vom 22.–<br />
586<br />
23. März 2001 im ERA Kongress Zentrum,<br />
Trier<br />
Baden-Baden, Nomos, 2001. – 118 S.<br />
(Schriftenreihe des Instituts für Europäisches<br />
<strong>Medien</strong>recht, Bd. 23)<br />
ISBN 3-7890-7609-0<br />
1. Im Zeichen der Konventsidee kommt Europa<br />
jetzt wieder voran, allerdings nur langsam<br />
und umständlich. Zahlreich sind noch die<br />
Bücher über problematische Zustände und<br />
Entwicklungen auf der europäischen Szene,<br />
auch in medienpolitischer und medienrechtlicher<br />
Hinsicht. Vor kurzem war in dieser Zeitschrift<br />
(M&K 2002, S. 290 ff.) über eine DLM-<br />
Studie zu den Schwierigkeiten einer wirksamen<br />
Konzentrationskontrolle zu berichten. Heute<br />
ist zunächst die Heidelberger juristische Dissertation<br />
von Roider anzuzeigen, eine bilanzierende<br />
Arbeit, welche die Unzulänglichkeiten<br />
und Defizite der bisherigen, primär ökonomisch-wirtschaftsrechtlich<br />
konzipierten „europäischen<br />
Rundfunkordnung“ noch einmal<br />
klar vor Augen führt: Europäisierung als europäisch-regionale<br />
Erscheinungsform eines<br />
weltweiten Trends zur Herausbildung transnationaler<br />
<strong>Medien</strong>märkte im Zeichen von Digitalisierung<br />
und Konvergenz, begleitet von<br />
Bemühungen um einen lockeren, relativ marktkonformen<br />
neuen regulatorischen Rahmen –<br />
Bemühungen, welche aber meist schwächlich<br />
und konzeptionell inkonsistent bleiben, woraufhin<br />
vorsichtshalber auch gewisse Vorbehalte<br />
zugunsten überlieferter nationaler Rundfunkordnungen<br />
angebracht werden. Roider<br />
stellt ihrer Arbeit sogar ein konservativ-harmonisierendes<br />
Diktum von Ortega Y Gasset voran:<br />
„Der Fortschritt besteht nicht darin, das<br />
Gestern zu zerstören, sondern seine Essenz zu<br />
bewahren, welche die Kraft hatte, das bessere<br />
Heute zu schaffen.“ Zu den zu bewahrenden<br />
älteren Essenzialien zählt die Autorin im<br />
Rundfunkwesen ein metaökonomisches, auch<br />
politisch-demokratische und kulturelle Dimensionen<br />
einbeziehendes „Pluralismusgebot“.<br />
Ihr europarechtlicher Befund in punkto<br />
medienspezifische Vielfaltssicherung bleibt jedoch<br />
alles in allem enttäuschend, denn das geltende<br />
Recht ist in diesem Punkt ziemlich mager.<br />
Es verkörpert noch kein „besseres Heute“<br />
– dazu müsste erst noch einiges geschehen.<br />
Weiter gehende, wirklich kontinuitätsverbürgende<br />
innovative Effekte könnten insoweit<br />
von der im Jahre 2000 politisch konsentierten
Charta der Grundrechte der Europäischen<br />
Union (EuGRC) ausgehen, sofern die Charta<br />
nunmehr rechtsverbindlich gemacht und in<br />
eine wohlgelungene integrative EU-Verfassung<br />
einbezogen und sofern die <strong>Medien</strong>freiheit darin<br />
angemessen ausgestaltet wird. Dieses interessante<br />
Thema wird von Roider – deren Untersuchung<br />
im Wesentlichen den Sachstand um die<br />
Jahreswende 1999/2000 wiedergibt – nur noch<br />
am Rande berührt und erheblich unterschätzt.<br />
Etwas mehr darüber findet man in den beiden<br />
anschließend zu besprechenden Tagungsdokumentationen.<br />
Insbesondere die EMR-Tagung<br />
im Frühjahr 2001 hat dazu manche neuen Gesichtspunkte<br />
ergeben. Sie hat allerdings auch<br />
erkennen lassen, dass hier noch vieles im Argen<br />
liegt und dass der gegenwärtig in Brüssel tagende<br />
EU-Verfassungskonvent gut beraten wäre,<br />
die Grundrechtscharta hinsichtlich einer adäquaten<br />
Gewährleistung von <strong>Medien</strong>freiheit<br />
noch einmal zu überprüfen und inhaltlich<br />
nachzubessern. „Die Freiheit der <strong>Medien</strong> und<br />
ihre Pluralität werden geachtet“ (so bislang<br />
Art. 11 Abs. 2 EuGRC) – das wäre denn doch<br />
zu wenig.<br />
2. So viel als Einführung, nun erst einmal<br />
näher zu der Status-quo-Analyse von Roider.<br />
Diese beginnt mit der Beschreibung einiger<br />
technikinduzierter Veränderungen der <strong>Medien</strong>landschaft<br />
seit den 1980er Jahren. Dabei ist<br />
noch ein hohes Maß an Technikfaszination zu<br />
bemerken, desgleichen ein grundsätzlicher<br />
Marktoptimismus, wie er bis vor kurzem auch<br />
sonst weit verbreitet war. Von den heutigen<br />
Krisenerscheinungen und schweren Verwerfungen<br />
in der Telekommunikations- und <strong>Medien</strong>industrie<br />
weiß das Buch noch nichts. Es<br />
sieht den <strong>Medien</strong>sektor noch als überaus dynamischen,<br />
unaufhaltsam expandierenden Wirtschaftssektor,<br />
und es denkt der Europäischen<br />
Gemeinschaft die Aufgabe zu, dafür innerhalb<br />
ihrer Grenzen einen flexiblen primär wirtschaftsrechtlichen<br />
Ordnungsrahmen zu schaffen.<br />
Das betreibt diese Doktorandin indes nicht<br />
so hingebungsvoll und postmodern-unbeschwert<br />
wie manch flotter junger Professor. Sie<br />
hat auch noch „alteuropäische“ Elemente in<br />
ihrem Repertoire. So zeigt sich bei ihr ein deutliches<br />
Unbehagen über den notorisch eindimensionalen,<br />
gerade auch den so genannten<br />
klassischen Rundfunk mit seinem herkömmlich<br />
kulturrechtlichen Profil erfassenden und<br />
ökonomisierenden Charakter von Brüsseler<br />
Literatur · Besprechungen<br />
wirtschaftsrechtlichen Harmonisierungsmaßnahmen<br />
à la EWG-Fernsehrichtlinie 1989/97.<br />
Roider stellt daraufhin erste Überlegungen<br />
über eine positive Alternative an: Gibt es auf<br />
dem Boden des Vertrags zur Gründung der<br />
Europäischen Gemeinschaft (EGV) in seiner<br />
heute geltenden Fassung Mittel und Wege, um<br />
über den bisherigen beengenden Ökonomismus<br />
hinauszukommen und eine intensivere politische,<br />
soziale und auch kulturelle Integration<br />
anzusteuern?<br />
Ins Auge gefasst wird zunächst die Maastrichter<br />
Kulturklausel (Art. 151 Abs. 4 EGV).<br />
Ihr wird insoweit jedoch weiter kein Gewicht<br />
beigelegt, denn sie soll auf einen engen, nationalstaatlich-defensiven<br />
Kulturbegriff festgelegt<br />
sein (nur innerstaatlich vorhandene „Hochkultur“,<br />
S. 56ff., 68ff.). Größere Bedeutung wird<br />
dann einem übergreifenden medienspezifischen<br />
Pluralismusgebot beigemessen, in dem<br />
Roider zufolge ein für den Rundfunk maßgebliches<br />
europarechtlich relevantes Strukturprinzip<br />
zu erblicken ist, welches zu der ökonomischen<br />
Primärorientierung des EGV quasi quer<br />
liege. Es sei in den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen<br />
der EU-Mitgliedstaaten verwurzelt,<br />
werde in Art. 10 der Europäischen<br />
Menschenrechtskonvention (EMRK) in der Interpretation<br />
des Europäischen Gerichtshofs<br />
für Menschenrechte (EGMR) widergespiegelt<br />
und finde über Art. 6 Abs. 2 des Vertrags über<br />
die Europäische Union (EUV) auch in das<br />
primäre Gemeinschaftsrecht Eingang. Hier<br />
könne es gewisse Akzentverschiebungen bewirken<br />
(S. 128ff.).<br />
Das ist ein interessanter, bei energischer<br />
Handhabung eventuell weiterführender Ansatz.<br />
Roider scheint damit von eher neoliberal<br />
orientierten juristischen Autoren, die darüber<br />
schon oftmals geschrieben haben, ein gutes<br />
Stück abzurücken. Im Ergebnis behält sie aber<br />
dennoch nicht viel in den Händen. Materiellrechtlich<br />
bleibt sie, wie mir scheint, bei Art. 10<br />
EMRK/Art. 6 EUV auf halbem Wege stehen.<br />
Im Übrigen wendet sie das Thema nun in erster<br />
Linie negativ-kompetenzrechtlich: Sie widmet<br />
sich vor allem der Frage nach grundrechtlich abgesicherten<br />
kompetenziellen Grenzen für regulierende<br />
Zugriffe der Gemeinschaft auf die jeweiligen<br />
nationalen medienrechtlichen Besitzstände.<br />
Einen in Brüssel grassierenden rohen<br />
und simplen Ökonomismus könnte sie damit<br />
nicht direkt angehen, sie könnte ihn nicht gewissermaßen<br />
in seiner eigenen Höhle aufsuchen,<br />
587
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
von innen heraus zivilisieren und auf diese<br />
Weise unionsweit verfassungsverträglich machen.<br />
Springender Punkt ist dabei eine rückwärts<br />
gewandte und zaghafte, tendenziell einseitige<br />
Ausdeutung des Art. 10 Abs. 1 EMRK, nämlich<br />
eine Interpretation zugunsten lediglich einer<br />
von zwei für heutige „duale Systeme“ konstitutiven,<br />
in der Praxis in der Regel nebeneinander<br />
bestehenden typologischen Grundentscheidungen:<br />
zugunsten einer strukturell privatnützigen,<br />
marktorientierten subjektiven Rundfunkveranstalterfreiheit<br />
nach presserechtlichen<br />
Vorbildern (Tendenz- und Gewerbefreiheit)<br />
(S. 157 ff.). Damit will das Buch auch für das<br />
Verständnis von EUV und Grundrechtscharta<br />
die Weichen stellen.<br />
Roider kennt und beschreibt zwar auch die<br />
andersartige, genuin rundfunkrechtliche Tradition<br />
des Public-Service-Gedankens und eines<br />
entsprechenden funktional-dienenden, auf<br />
Qualitätssicherung durch innere Vielfalt und<br />
unabhängigen Journalismus angelegten <strong>Medien</strong>grundrechts.<br />
Sie sieht diese Tradition aber<br />
auf nationale Rechtsordnungen (vor allem die<br />
britische und die deutsche) beschränkt. Mag es<br />
in der rechts<strong>wissenschaft</strong>lichen Literatur auch<br />
gegenteilige Stimmen und gute Argumente für<br />
eine Europäisierung der Public Service-Idee<br />
geben – die Autorin will sich möglichst eng an<br />
die bisherige Rechtsprechung des EGMR halten,<br />
und sie kann dieser nichts dafür entnehmen,<br />
dass ein derartiges avanciertes Grundrechtskonzept<br />
in Art. 10 EMRK mitgemeint<br />
sein könnte.<br />
Zwar werden in dem Buch manche wohlklingenden<br />
Aussagen des Straßburger Gerichtshofs<br />
über objektivrechtliche Dimensionen der<br />
<strong>Medien</strong>freiheit als Konstituens öffentlicher<br />
Räume und Vehikel umfassender Information,<br />
Voraussetzung freier demokratischer Meinungs-<br />
und Willensbildung usw. zitiert. Hierher<br />
gehört dann auch das von Roider angenommene,<br />
in der näheren Begründung oszillierende<br />
Pluralismusgebot. Manchmal lesen sich solche<br />
Passagen so, als sei sie im Begriff, daraus nun<br />
auch entsprechende grundrechtssystematische<br />
Konsequenzen zu ziehen und als sei es bis dahin<br />
nur noch ein kleiner Schritt. Jedoch ist die<br />
Scheu davor wohl in Heidelberg groß, und so<br />
kommt es im Ergebnis in etwas gezwungener<br />
Weise – gleichsam mit dem Ausdruck des Bedauerns<br />
– zu einer ausdrücklichen Absage:<br />
Karlsruher Standards seien nun einmal nicht<br />
588<br />
auf die Straßburger Judikatur übertragbar (vgl.<br />
S. 167ff.).<br />
Die <strong>Medien</strong>freiheit nach Art. 10 EMRK<br />
bleibt daraufhin schließlich doch wieder nur<br />
ein unselbstständiger Annex privater Meinungsverbreitungs-<br />
und Unternehmensfreiheit.<br />
Das gedachte europäische Pluralismusgebot<br />
soll sich anscheinend auf marktmäßige<br />
Außenpluralität beschränken. Wenn von einer<br />
Schutzpflicht die Rede ist, wird dabei an die<br />
Nationalstaaten gedacht, deren kompetenzielle<br />
Ausstattung als weit besser gilt und in kulturkonservativer<br />
Absicht gegen die Gemeinschaft<br />
verteidigt werden soll. Demzufolge bleibt dieses<br />
Pluralismusgebot als EGV-Interpretament<br />
im Sinn eines gemeinschaftsgrundrechtlichen<br />
nichtökonomischen Werts unvermeidlich<br />
schwach: Derzeit kein eigenständiger Handlungsauftrag<br />
auf Gemeinschaftsebene, keine<br />
Vertragsgrundlage für unmittelbar auf Vielfaltssicherung<br />
abzielende Maßnahmen, lediglich<br />
mittelbare Relevanz etwa bei einer verständigen<br />
Anwendung der Beihilferegeln.<br />
Roider scheint bei diesen Befunden ein erhebliches<br />
Unbehagen zu verspüren – was ja angesichts<br />
der realen Marktverhältnisse und ihrer<br />
krisenhaften Entwicklung durchaus nahe liegend<br />
erscheint. Der EGMR hätte also Anlass,<br />
von der Marktgläubigkeit nunmehr gänzlich<br />
abzulassen, er sollte die Public Service-Idee als<br />
wertbeständige europäische Alternative endlich<br />
einmal klar benennen und aufwerten, und<br />
unabhängige juristische Expertise sollte ihn dabei<br />
unterstützen und ermutigen. Unter den<br />
heutigen Umständen wird man übrigens auch<br />
leichter geneigt sein, in Art. 11 EuGRC ein<br />
Potenzial möglicher Gegensteuerung gegen<br />
Tendenzen des Marktversagens zu erblicken.<br />
Dies auch vor dem Hintergrund der jetzigen<br />
Bemühungen um einen veritablen Europäischen<br />
Verfassungsvertrag, in welchen die<br />
Grundrechtscharta einzugliedern wäre. Der<br />
<strong>Kommunikations</strong>- und <strong>Medien</strong>artikel der<br />
Charta könnte darin zu einer vermehrten demokratisch-konstitutiven<br />
Bedeutung auf supranationalem<br />
Niveau kommen, über den älteren<br />
unentwickelten, mittlerweile überholten<br />
völkerrechtlichen EMRK-Level weit hinaus.<br />
Dieser mögliche progressive Charakter der<br />
Charta wird allerdings von Roider noch nicht<br />
gesehen. Vielmehr will die Autorin Art. 11<br />
Abs. 2 EuGRC interpretativ ohne weiteres an<br />
Art. 10 Abs. 1 EMRK in der von ihr vertretenen<br />
marktorientierten Auslegung zurück-
inden. Dafür greift sie auch auf Art. 52 Abs. 3<br />
Satz 1 EuGRC zurück, wonach Charta-Rechte,<br />
welche EMRK-Rechten entsprechen, die<br />
gleiche Bedeutung und Tragweite wie jene haben<br />
(S. 133ff.). Ein derartiges Entsprechungsverhältnis<br />
ist hier indes bei Lichte besehen nicht<br />
gegeben, denn wir haben es in Art. 11 Abs. 2<br />
EuGRC – anders als in Art. 10 Abs. 1 EMRK –<br />
mit einem strukturlogisch selbstständigen Freiheitsrecht<br />
zu tun. Dessen Auslegung kann und<br />
muss sich mithin von den Halbheiten der bisherigen<br />
EMRK-Praxis lösen und eigene Wege<br />
gehen. Das belegt nicht zuletzt die wechselvolle<br />
Entstehungsgeschichte des Art. 11 Abs. 2 im<br />
Grundrechtskonvent, die in dem Buch allerdings<br />
nicht zur Kenntnis genommen wird. Die<br />
Autorin hat da keine glückliche Hand. (Den<br />
jetzigen erweiterten konstitutionellen Horizont<br />
im Zeichen des Verfassungskonvents<br />
konnte sie, wie es scheint, aus zeitlichen Gründen<br />
nicht mehr berücksichtigen.)<br />
Dennoch handelt es sich alles in allem um<br />
eine substanzielle und informative, als Problembeschreibung<br />
ergiebige Studie, die übrigens<br />
auch gut lesbar ist. An den erwähnten<br />
schwierigeren Stellen hätte man der Autorin<br />
mehr Fortune gewünscht.<br />
3. In dem von Schwarze und Hesse herausgegebenen<br />
Sammelband wird eine Freiburger<br />
Tagung vom Mai 2000 dokumentiert, welche<br />
zunächst eine Reihe allgemeinerer medienrechtlicher<br />
und -politischer Fragen betraf und<br />
sich dann der eben schon behandelten aktuellen<br />
Entwicklung auf europäischer Ebene zuwandte.<br />
Von den Beiträgen des ersten Teils sei hier<br />
nur einer genannt: ein entschiedenes Plädoyer<br />
des SWR-Intendanten und damaligen ARD-<br />
Vorsitzenden Peter Voß für Rundfunk als „öffentliches<br />
Gut“ und gegen eine flächendeckende<br />
Kommerzialisierung, auch international und<br />
global (S. 9 ff.). Auf die einführenden Beiträge<br />
folgen dann einige speziellere, auf Fragen der<br />
europäischen Nutzanwendung bezogene Stellungnahmen<br />
aus Wissenschaft, Praxis, Politik<br />
und Rechtspflege, die im hiesigen Kontext besonders<br />
interessieren.<br />
Zuerst zu nennen ist eine längere Abhandlung<br />
des Freiburger Europarechtlers Jürgen<br />
Schwarze über <strong>Medien</strong>freiheit und <strong>Medien</strong>vielfalt<br />
im Europäischen Gemeinschaftsrecht<br />
(S. 87ff.). Darin finden sich vielerlei Grundinformationen<br />
zum Status quo: eine Bilanzierung<br />
der Judikatur des Gerichtshofs der Europäischen<br />
Gemeinschaften (EuGH) zu den Grund-<br />
Literatur · Besprechungen<br />
freiheiten und zum Wettbewerbsrecht (dazu<br />
aus EuGH-Sicht auch Skouris, ebd. S. 159ff.),<br />
Ausführungen zur Fernsehrichtlinie, zu Art.<br />
151 EGV, zu dem Amsterdamer Protokoll über<br />
den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den<br />
Mitgliedstaaten vom 2.10.1997, zum Subsidiaritätsprinzip<br />
und zur neueren Kompetenzdebatte.<br />
Die nüchterne Darstellung läuft auf einige<br />
sehr zurückhaltend formulierte, aber immerhin<br />
immanent-kritische rechtspolitische<br />
Schlussfolgerungen hinaus, im Ergebnis ähnlich<br />
wie hernach bei Roider (die sich u.a. auf<br />
Schwarze bezieht). Von einem europäischen<br />
Verfassungsvertrag erwartet sich der Autor<br />
eine klarere Kompetenzabgrenzung zwischen<br />
nationaler und supranationaler Ebene. Er<br />
denkt beispielsweise an eine Präzisierung und<br />
Fortentwicklung des Amsterdamer Rundfunkprotokolls,<br />
d. h. er optiert in der Hauptsache –<br />
jedenfalls den öffentlichen Sektor betreffend –<br />
für die Wahrung und Absicherung der einschlägigen<br />
mitgliedstaatlichen Kompetenzen.<br />
Dadurch und durch eine Garantie von <strong>Medien</strong>freiheit<br />
und <strong>Medien</strong>vielfalt in der EU-Grundrechtscharta<br />
lasse sich vermeiden, dass künftige<br />
medienrechtliche Verfassungsentscheidungen<br />
anhand unbestimmter und unspezifischer Normen<br />
allein durch europäische Behörden und<br />
Gerichte getroffen würden (vgl. S. 127). Der<br />
Duktus ist demnach, soweit von einer Europäisierung<br />
dysfunktionale Effekte befürchtet werden,<br />
alles andere als schwungvoll und vorwärtsdrängend.<br />
Was Europa als neues Verfassungsprojekt<br />
und verfassten <strong>Kommunikations</strong>raum<br />
betrifft, so scheinen hier Unsicherheit<br />
und Besorgnis vorzuwalten.<br />
Wie wird das künftige europäische <strong>Medien</strong>grundrecht<br />
also aussehen? Wird es auf Rundfunk<br />
als europäisch-öffentliches Gut, etwa im<br />
emphatischen Sinn von Peter Voß, angelegt<br />
sein oder dafür doch wenigstens hinreichend<br />
Raum lassen – oder wird es auf eine allgemeine<br />
marktmäßige Regression hinauslaufen? Etwas<br />
näher kommt in dem Freiburger Tagungsband<br />
der Beitrag des ZDF-Justiziars Eberle an das<br />
große Thema heran (S. 129ff.). Auch bei ihm<br />
steht allerdings eine bange national-interne<br />
Frage am Anfang: Läuft Deutschland mit seinem<br />
hoch entwickelten, mit Karlsruher Nachhilfe<br />
sehr effektiven medienrechtlichen Grundrechtsstandard<br />
Gefahr, dass sein Schutzniveau<br />
demnächst anhand der EU-Charta verwässert<br />
oder konterkariert wird? Der Autor sieht in der<br />
Tat eine derartige Gefahr, und er sucht ihr in<br />
589
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
der Weise zu begegnen, dass er entsprechende<br />
seiner Ansicht nach vorbeugend wirksame Formulierungsvorschläge<br />
für den einschlägigen<br />
Charta-Artikel vorstellt. Eberle dokumentiert<br />
eine schriftliche Stellungnahme, die von ARD<br />
und ZDF zu einer Brüsseler Anhörung im<br />
April 2000 vorgelegt worden war (S. 135ff.),<br />
und gibt dazu einige Erläuterungen.<br />
Jenes Anstaltspapier stammt aus einem<br />
frühen Stadium der Entwurfsarbeiten im<br />
Grundrechtskonvent, in welchem man dort<br />
noch auf Art. 10 Abs. 1 EMRK fixiert war. Aus<br />
gutem Grund drängten ARD und ZDF – wie<br />
auch ein paar weitere Diskutanten – demgegenüber<br />
auf eine ausdrückliche Ergänzung der<br />
älteren Jedermannsrechte der EMRK um medienbezogene<br />
funktionale Elemente: Zu Meinungs-<br />
und Informationsfreiheit müsse eine<br />
modernisierte und selbstständige, als Funktionsgrundrecht<br />
ausgestaltete <strong>Medien</strong>freiheit –<br />
und nicht nur eine Marktrundfunkfreiheit als<br />
annexweise garantiertes, kommerzialisierbares<br />
Menschenrecht – hinzutreten. Das waren Vorschläge,<br />
wie sie dann im Konvent wenig später<br />
teilweise durchdrangen. Daraus ging überhaupt<br />
erst der jetzige Art. 11 Abs. 2 EUGRC hervor,<br />
der immerhin eine „Freiheit der <strong>Medien</strong>“ als<br />
selbstständiges Grundrecht kennt.<br />
Was indessen die nähere Ausgestaltung dieses<br />
Grundrechts betrifft, so beharrten die deutschen<br />
Rundfunkanstalten darauf, diese falle –<br />
insbesondere auf dem öffentlichen Sektor – in<br />
die Zuständigkeit des jeweiligen Mitgliedstaats<br />
und sei allein an den dortigen (nicht harmonisierungsbedürftigen)<br />
Verfassungsnormen zu<br />
messen; nationales <strong>Medien</strong>recht dürfe durch<br />
die Charta nicht verdrängt werden. Auch duale<br />
Systeme werden in dem ARD/ZDF-Papier,<br />
ebenso wie in dem dort angeführten Amsterdamer<br />
Rundfunkprotokoll, noch als rechtlich<br />
rein nationale Gebilde gesehen. Insoweit hat<br />
das Anstaltspapier immer noch eine deutlich<br />
euroskeptische, defensive Note, desgleichen<br />
dann die Darlegungen Eberles. Mit Brüsseler<br />
neoliberalen medienpolitischen Initiativen hatte<br />
man früher, etwa in der Ära Bangemann, seine<br />
schlechten Erfahrungen gemacht, und das<br />
wirkte hier noch nach.<br />
Mittlerweile gab es in der EG-Kommission<br />
allerdings auch andere, für die Public-Service-<br />
Idee aufgeschlossenere Stimmen und Positionen,<br />
besonders deutlich in der Mitteilung der<br />
Kommission vom 14.12.1999 über „Grundsätze<br />
und Leitlinien der audiovisuellen Politik der<br />
590<br />
Europäischen Gemeinschaft im digitalen Zeitalter“.<br />
Dazu findet sich im ersten Teil des Freiburger<br />
Tagungsbands ein differenzierter und<br />
kluger, angenehm zu lesender Beitrag von Laitenberger,<br />
Mitglied im Kabinett der Kulturkommissarin<br />
Reding (S. 31ff.). Andererseits<br />
gibt es in dem Buch aber auch die aus Paritätsgründen<br />
üblichen, vergleichsweise simplen<br />
Äußerungen von Interessenvertretern aus dem<br />
privaten Sektor, und für solche Lobbyisten und<br />
Wadenbeißer war die Ära Bangemann noch<br />
lange nicht zuende. So war es auch schon<br />
während der Beratungen des Grundrechtskonvents<br />
gewesen. Unter diesen Umständen hatten<br />
ARD und ZDF erst einmal an der vorsichtigen<br />
Distanz gegenüber Brüssel festgehalten, wie sie<br />
hier von Eberle vertreten wird, mit der Folge,<br />
dass sie sich gehindert sahen, auf eine „positive<br />
Ordnung“ à la Karlsruhe auch auf der europäischen<br />
Ebene hinzuwirken und entsprechende<br />
explizite, auch den öffentlichen Sektor gewährleistende<br />
Regelungen in der Grundrechtscharta<br />
vorzuschlagen.<br />
4. Derartige anspruchsvollere, die Europaund<br />
Zukunftsproblematik des öffentlichen<br />
Sektors ein für alle Mal klärende und ausräumende<br />
Regelungsvorschläge wurden damals in<br />
Brüssel von mehreren anderen Diskutanten, so<br />
auch von mir, präsentiert, sie blieben jedoch erfolglos.<br />
Stattdessen kam es im Grundrechtskonvent<br />
in letzter Stunde unter fragwürdigen<br />
Begleitumständen – dem Vernehmen nach aufgrund<br />
eines wiederum euroskeptisch motivierten<br />
nächtlichen Vorstoßes der deutschen Bundesländer<br />
im Konventspräsidium – zu einer<br />
weiteren Verwässerung des Art. 11 Abs. 2 Eu-<br />
GRC. Freiheit und Pluralität der <strong>Medien</strong> werden<br />
danach nicht mehr „gewährleistet“ (so<br />
noch die vorletzte Fassung), sondern nur noch<br />
„geachtet“ (so die Endfassung). Mit diesem wenig<br />
substanziellen, ziemlich unklaren Achtungsgebot<br />
in Art. 11 ist die Charta dann in<br />
Nizza politisch proklamiert worden. So liegt<br />
sie nun auch dem Verfassungskonvent vor, und<br />
es wird jetzt darüber gestritten, ob es ratsam ist,<br />
Art. 11 in dieser Fassung beizubehalten und<br />
rechtsverbindlich zu machen (näher Stock, Europarecht<br />
2002, Heft 4). Einen Ausschnitt aus<br />
dieser anhaltenden, manchmal sehr konfusen<br />
Debatte betrifft nun die dritte hier zu besprechende<br />
Schrift. Sie dokumentiert eine von dem<br />
Saarbrückener Institut für Europäisches <strong>Medien</strong>recht<br />
und der Europäischen Rechtsakademie<br />
Trier im März 2001, also nach dem Grund-
echts- und vor dem Verfassungskonvent, in<br />
Trier durchgeführte internationale Fachtagung,<br />
die zu einiger Verwirrung führte und mit einem<br />
großen Fragezeichen endete.<br />
Vor und nach Nizza wurde in zahlreichen<br />
Stellungnahmen von sachkundiger Seite, so von<br />
Abgeordneten des Europäischen Parlaments<br />
(EP) und des Deutschen Bundestages sowie<br />
von den Vorsitzenden der ARD-Rundfunkund<br />
Verwaltungsräte, bezweifelt, dass die genannte<br />
Umformulierung des Art. 11 Abs. 2 Eu-<br />
GRC („geachtet“) weise war. Eine defensiv-nationalstaatliche<br />
medienpolitische Haltung, wie<br />
sie von den deutschen Ländern in der Schlussphase<br />
der Konventsarbeit an den Tag gelegt<br />
und unversehens durchgedrückt worden war,<br />
wurde als unrealistisch bewertet, und sie wurde<br />
als kurzsichtig und angstbesetzt kritisiert: Das<br />
sei „ein typischer Fall von Europhobie“, so die<br />
deutsche EP-Abgeordnete Karin Junker. In<br />
diesem Sinn auch der deutsche EP-Vertreter im<br />
Grundrechtskonvent Jo Leinen in seinem einführenden<br />
Beitrag in der hiesigen Schrift<br />
(S. 15ff.): Art. 11 sei „noch nicht zu Ende gedacht“.<br />
Es bestehe ein Nachbesserungsbedarf,<br />
der jedenfalls die Rückkehr zur vorletzten Fassung<br />
(„gewährleistet“) zu umfassen hätte.<br />
Außerdem hätten die deutschen Konventsmitglieder<br />
gern einen programmlichen „Informationsauftrag“<br />
nach dem Vorbild des öffentlichrechtlichen<br />
Rundfunks in Art. 11 verankert.<br />
Großbritannien sei allerdings dagegen gewesen.<br />
Nach Castendyk (ebd. S. 103ff.) hielt das<br />
freilich auch die deutsche private <strong>Medien</strong>wirtschaft<br />
für „nicht notwendig“. In deren Kreisen<br />
war und ist man vielmehr, wie sich auch aus einer<br />
Stellungnahme des VPRT sowie sonstigen<br />
Erklärungen ergibt, mit der derzeitigen abgeschwächten<br />
Fassung der Vorschrift recht zufrieden.<br />
Man schreibt sich sogar den wesentlichen<br />
Anteil am Zustandekommen jenes nächtlichen<br />
Brüsseler Coups zu. In der jetzigen Fassung<br />
findet man Pluspunkte zugunsten einer<br />
möglichst freizügigen nationalen und transnationalen<br />
Entfaltung des Marktrundfunks.<br />
Wieder andere Stimmen gingen in Trier indes<br />
dahin, der Ausdruck „geachtet“ habe bei<br />
Lichte besehen gar nicht jene latent antieuropäische,<br />
das <strong>Medien</strong>recht renationalisierende<br />
Bedeutung, die ihm seine Väter und Fürsprecher<br />
im Konvent beigelegt hatten. Es wurden<br />
auch Auslegungen vertreten, wonach „geachtet“<br />
im Ergebnis ungefähr dasselbe wie „ge-<br />
Literatur · Besprechungen<br />
währleistet“ bedeutet oder der Gemeinschaft<br />
sogar noch weiterreichende Eingriffs- und Gestaltungsmöglichkeiten<br />
einräumt. So erblickte<br />
die deutsche EP-Abgeordnete Ruth Hieronymi<br />
in Art. 11 Abs. 2 EuGRC Legitimation und<br />
„Auftrag“, eine medienspezifische europäische<br />
Konzentrationskontrolle politisch zu prüfen<br />
und nötigenfalls einzuführen (S. 53ff.). BR-Justiziar<br />
Albrecht Hesse neigte dazu, „achten“<br />
ohne weiteres, schon per Wortauslegung, mit<br />
„garantieren“ und „schützen“ gleichzusetzen<br />
(vgl. S. 37ff.). Jan Willem Gast als Vertreter des<br />
Niederländischen Zeitungsverlegerverbands<br />
leitete eine solche Gleichsetzung im Weg systematischer<br />
Auslegung aus Art. 52 Abs. 3 bzw.<br />
Art. 53 EuGRC in Verbindung mit Art. 10<br />
EMRK her (S. 77ff.). Seitens des Europäischen<br />
Zeitungsverlegerverbands mutmaßte Dietmar<br />
Wolf sogar, „achten“ biete den Betroffenen weniger<br />
Schutz als z. B. „beachten“, es beinhalte<br />
eine gewisse „Degradierung“ der <strong>Medien</strong>freiheit,<br />
lasse mithin für Brüsseler Interventionismus<br />
mehr Raum und werde womöglich ein<br />
höheres Regulierungsniveau nach sich ziehen<br />
(S. 48, 84). Nach Castendyk enthält Art. 11<br />
Abs. 2 nunmehr überhaupt keine subjektivrechtliche<br />
Grundrechtsverbürgung mehr, sondern<br />
er hat lediglich objektivrechtliche Bedeutung<br />
und kann zur Rechtfertigung von Eingriffen<br />
beispielsweise in die „unternehmerische<br />
Freiheit“ des Art. 16 EuGRC herangezogen<br />
werden (S. 104, 111). So gesehen stellt sich der<br />
nächtliche Coup der deutschen Länder im<br />
Konventspräsidium als Pyrrhussieg dar.<br />
Diejenigen Politiker und Lobbyisten, die das<br />
„geachtet“ in Brüssel durchgesetzt hatten,<br />
wollten und wollen das allerdings nicht gelten<br />
lassen, sie beharren vielmehr auf ihrer restriktiven<br />
Deutung. Und diese wird wahrscheinlich<br />
auch in Zukunft eine erhebliche Rolle spielen.<br />
Dafür spricht die Entstehungsgeschichte, die<br />
hier nach Lage der Dinge ein beachtliches Interpretament<br />
darstellt. Dahinter stehen auch<br />
gewichtige private und staatliche Abwehrinteressen,<br />
gegen die mit bloßer Wortinterpretation<br />
nicht viel auszurichten sein wird (zumal der<br />
grammatische Befund vage bleibt). Was eine<br />
gründliche systematische Auslegung unter Einbeziehung<br />
der allgemeinen Bestimmungen der<br />
Art. 51 ff. EuGRC ergeben wird, erscheint ungewiss.<br />
Hierüber hat die juristische Fachdiskussion<br />
bislang kaum begonnen.<br />
5. Zusammenfassend sei festgehalten: Von<br />
einer konsistenten und kraftvollen europäi-<br />
591
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
schen Rundfunkordnung kann gegenwärtig<br />
noch nicht die Rede sein. Auf der EU-<strong>Medien</strong>freiheit<br />
mögen insoweit einige Hoffnungen ruhen.<br />
Seit der letzten Änderung im Grundrechtskonvent<br />
ist dieses <strong>Medien</strong>grundrecht in<br />
spe aber von hermeneutischen Ambivalenzen<br />
betroffen. Wenn sich die von den deutschen<br />
Ländern verfochtene nationalstaatlich forcierte<br />
und enge Lesart durchsetzt, ist mit entsprechenden<br />
Irritationen und weiteren Hemmnissen<br />
für die europäische Integration zu rechnen,<br />
d.h. diese Lesart wäre dysfunktional. Dysfunktional<br />
wäre andererseits auch die zuletzt referierte<br />
(wie mir scheint, eher fern liegende) weite<br />
Lesart, falls sie in der Praxis doch einmal zum<br />
Zuge käme und darauf hinausliefe, dass die Organe<br />
und Einrichtungen der Union und die<br />
Mitgliedstaaten „bei der Durchführung des<br />
Rechts der Union“ (Art. 51 Abs. 1 Satz 1 Eu-<br />
GRC) fast Pleinpouvoir erhielten, unter Abwesenheit<br />
verbindlicher medienadäquater Leitkriterien.<br />
So oder so – jedenfalls zeichnen sich hier<br />
beträchtliche Risiken ab, und es ist Abhilfe<br />
durch Nachbesserung im Verfassungskonvent<br />
angezeigt.<br />
Wie aber nun, wenn es dazu nicht kommt<br />
und wenn Art. 11 Abs. 2 EuGRC in seiner jetzigen<br />
kargen Fassung endgültig akzeptiert und<br />
rechtlich perpetuiert wird? In diesem Fall<br />
bleibt der Public Service-Gedanke auf europarechtlicher<br />
Ebene ohne feste Basis. Er befindet<br />
sich sozusagen in freier Wildbahn und hat europaweit<br />
mit gefährlichen Gegnern zu rechnen.<br />
Denkbar sind zum Beispiel (was sich heute<br />
schon ankündigt) aggressive Missdeutungen<br />
der Charta seitens kommerzieller Interessenten<br />
und ihrer Gutachter, und dann auch entsprechende<br />
einseitig-marktliberale Entscheidungen<br />
von Kommission, EuGH usw. zum Nachteil<br />
des öffentlichen Sektors, übrigens auch innerhalb<br />
der Mitgliedstaaten. Nationale Abschottungsversuche<br />
wären dann nicht sonderlich<br />
aussichtsreich. Der erwähnte Brüsseler Coup<br />
der deutschen Länder wird sich dann als kurzsichtig<br />
und fatal erweisen. Damals gab es ein<br />
Window of Opportunity, aber man scheute vor<br />
einer konsequenten Europäisierung zurück,<br />
man versäumte eine offensive Verfassungs- und<br />
Grundrechtspolitik. Das war ein schwerer Fehler.<br />
Er wird uns noch lange zu schaffen machen.<br />
Martin Stock<br />
592<br />
Christoph Degenhart<br />
Der Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen<br />
Rundfunks in der „Digitalen Welt“<br />
Heidelberg: Recht und Wirtschaft 2001. –<br />
123 S.<br />
ISBN 3-8005-1288-2<br />
Die Untersuchung, die auf eine „Anregung“ (7)<br />
des Zeitungsverlegerverbandes Nordrhein-<br />
Westfalens und des BDZV zurückgeht, beschäftigt<br />
sich mit der Frage, ob sich die Aufgabe<br />
des öffentlich-rechtlichen Rundfunks über<br />
die Bereiche des herkömmlichen Fernsehens<br />
und Hörfunks hinaus auch auf den Aufbau eigenständiger<br />
Web-Seiten im Internet erstreckt;<br />
und ob es den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten<br />
erlaubt ist, sich zu „Multimedia-<br />
Unternehmen“ zu entwickeln (36). Diese Fragestellung<br />
wird vom Verfasser als primär rundfunkverfassungsrechtlich<br />
qualifiziert, also als<br />
Frage der Interpretation der Rundfunkfreiheit<br />
des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. Degenhart untersucht<br />
vor allem, ob die Präsenz öffentlichrechtlicher<br />
Anstalten im World Wide Web von<br />
der Rundfunkfreiheit gefordert sein könnte<br />
und ob der öffentlich-rechtliche Rundfunkauftrag<br />
dementsprechend weit und „dynamisch“<br />
interpretiert werden muss. Diese Frage drängt<br />
sich dem Verfasser dadurch auf, dass er insbesondere<br />
im Fall der Internet-Aktivitäten des<br />
WDR und des ZDF die Absicht zu erkennen<br />
können glaubt, das Internet in einem weiten<br />
Sinn, also über vorwiegend programmbezogene<br />
Inhalte hinaus (vgl. 3 Abs. 3 Satz 2 WDR-G;<br />
§ 4 Abs. 3 ZDF-StV), als „Aktionsfeld“ (53) zu<br />
beanspruchen.<br />
Die Ergebnisse der Untersuchung lesen sich<br />
der Sache nach folgendermaßen: Das Internet<br />
ist ein in seinen Grenzen nicht einfach zu bestimmendes<br />
Netzwerk von Netzwerken. Auf<br />
der Grundlage digitaler technischer Netzwerke,<br />
über die der Energie- und Informationsfluss<br />
gesteuert wird, generiert und kombiniert<br />
das Internet auf der „Content-Ebene“<br />
sehr unterschiedliche Angebote und Dienste;<br />
z. B. presseähnliche Web-Seiten mit neuartigen<br />
Verknüpfungsmöglichkeiten, die das Herunterladen<br />
von Video- oder Audiofiles einschließen.<br />
Diese Angebote und Dienste werden<br />
durch ihre Integration in das neue elektronische<br />
(Verbreitungs-)Medium Internet teils verändert,<br />
teils in neue Kontexte gekleidet, teils<br />
überhaupt erst als <strong>Kommunikations</strong>formen geschaffen.<br />
Dementsprechend stellt das Internet
nicht absehbare Entwicklungsmöglichkeiten<br />
bereit, die den Prozess der laufenden Transformation<br />
von „alten“ in „neue“ <strong>Medien</strong> in Bewegung<br />
halten.<br />
In der Perspektive des deutschen <strong>Medien</strong>rechts<br />
ist das Internet in einem Zwischenraum,<br />
zwischen Individual- oder Massenkommunikation,<br />
angesiedelt. Seine Einordnung in die<br />
bisherigen juristischen Kategorien ist daher<br />
schwierig. Für Degenhart kann das Internet<br />
nicht generell als Rundfunk im Sinne des Art. 5<br />
Abs. 1 Satz 2 GG qualifiziert werden. Es ergibt<br />
sich vielmehr „ein Erfordernis differenzierter<br />
Zuordnung“ (56). Diese differenzierte Zuordnung<br />
schließt eine Qualifikation als Rundfunk<br />
zwar nicht völlig aus, lässt sie aber nur ausnahmsweise<br />
zu, nämlich dort „wo der Online-<br />
Anbieter als Inhaltanbieter ein redaktionell gestaltetes<br />
Informationsangebot zum Abruf bereithält“<br />
(57). Das gelte etwa für die vom WDR<br />
unter wdr.de angebotene Rubrik „Nachrichten“.<br />
Grundsätzlich ist Netzkommunikation<br />
aber dem Schutzbereich der Meinungsfreiheit<br />
(Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) zuzuordnen, sofern<br />
sie meinungsbezogen ist (55). Jede über die redaktionelle<br />
Arbeit hinaus gehende Tätigkeit öffentlich-rechtlicher<br />
Rundfunkanstalten im<br />
Netz, z. B. als Access Provider, wird als „<strong>Kommunikations</strong>mittlung“<br />
eingestuft. Unter<br />
„<strong>Kommunikations</strong>mittlung“ fällt auch der<br />
Aufbau öffentlich-rechtlicher Internet-Portale<br />
mit umfassenden Informations- und Serviceangeboten,<br />
Suchmaschinen, Links, Chatforen,<br />
Newsgroups etc.. Enge Grenzen sind den öffentlich-rechtlichen<br />
Anstalten damit auch bei<br />
solchen Angeboten gezogen, die zwischen Anstaltsbezug<br />
und E-Commerce liegen, wie etwa<br />
Merchandising. Aber auch für die als Rundfunk<br />
zu qualifizierenden Web-Angebote greift<br />
nicht eo ipso die „rundfunkbezogene Grundversorgungs-<br />
und Vielfaltsdoktrin“ (63).<br />
Eine solche „rundfunkbezogene Grundversorgungs-<br />
und Vielfaltsdoktrin“ (63), die auch<br />
rundfunkfinanzierungsrechtliche Konsequenzen<br />
hätte (91 ff.), könnte allenfalls aus einem<br />
sehr weit verstandenen „Funktionsauftrag“ abgeleitet<br />
werden. Überlegungen, die auf die<br />
Konstruktion einer erweiterten Kompetenz<br />
des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hinauslaufen,<br />
werden vom Verf. jedoch abgelehnt.<br />
Vor allem Konzepte, die im Anschluss an die<br />
für den Rundfunk entwickelte funktionale<br />
Grundrechtskonzeption des Bundesverfassungsgerichts<br />
auf „strukturelle Diversifikati-<br />
Literatur · Besprechungen<br />
on“ (Hoffmann-Riem) oder „strukturelle Vielfaltssicherung“<br />
(Trute) im World Wide Web<br />
setzen, überzeugen Degenhart nicht. Es bedürfe<br />
des Nachweises, so Degenhart, dass eine<br />
„grundrechtsbezogene Informationsordnung“<br />
einer Ergänzung der das Internet „prägenden<br />
Marktordnung durch ein nicht kommerzielles<br />
Widerlager bedarf und dass es gerade die bestehenden<br />
Rundfunkanstalten sein müssen, die<br />
dieses Widerlager bilden“ (75). Weder unter sozialstaatlichen<br />
Aspekten („Internet für alle“),<br />
noch unter Vielfaltsaspekten („Meinungsmacht“),<br />
noch unter Vertrauensgesichtspunkten<br />
(„Glaubwürdigkeit“) sei ein solches „Widerlager“<br />
bei näherer Prüfung jedoch zu begründen,<br />
ein zwingender verfassungsrechtlicher<br />
Rundfunk- oder <strong>Kommunikations</strong>auftrag<br />
für „Multimedia-Dienste“ deshalb zu verneinen<br />
(86). Das schließt wohl nicht aus, dass der<br />
Gesetzgeber im Rahmen der durch Art. 14, 12<br />
und 2 Abs. 1 GG vorgegebenen Grenzen die<br />
Voraussetzungen für eine solche Internet-Präsenz<br />
des öffentlich-rechtlichen Rundfunks<br />
schafft, aber eine verfassungsrechtliche Pflicht,<br />
aus der die Anstalten ihre Internet-Strategien<br />
notfalls gegen den Willen des Gesetzgebers<br />
durchsetzen könnten, gibt es nach Degenhart<br />
nicht. In der digitalen Welt bedarf es keiner<br />
staatlichen bzw. öffentlich-rechtlichen Fürsorge<br />
mehr (72), schreibt Degenhart – und meint<br />
damit wohl insbesondere die Fürsorge durch<br />
das Bundesverfassungsgericht.<br />
Degenhart trägt durchaus eine Reihe von zutreffenden<br />
Argumenten gegen die in der rechts<strong>wissenschaft</strong>lichen<br />
Literatur teilweise unkritisch<br />
vorgenommene Expansion des Rundfunkbegriffs<br />
auf das Internet vor. So ist es sicher<br />
richtig, dass das Internet nicht einfach als<br />
„funktionale“ Verlängerung des bisherigen<br />
Rundfunks qualifiziert werden kann. 1 Darin<br />
unterscheidet sich die Emergenz des Internets<br />
grundsätzlich von der Erweiterung der technischen<br />
Verbreitungsmöglichkeiten im Übergang<br />
vom terrestrischen Rundfunk zum Satellitenrundfunk<br />
oder Kabelfernsehen. 2 Zwischen<br />
beiden Entwicklungsschritten steht der Computer,<br />
und dieser tiefe Einschnitt darf auch<br />
rundfunkverfassungsrechtlich nicht einfach ni-<br />
1 Dazu tendiert aber offensichtlich Wolfgang<br />
Hoffmann-Riem, Regulierung der dualen Rundfunkordnung,<br />
Baden-Baden 2000, S. 231.<br />
2 Vgl. dazu BVerfGE 74, 297, 350 ff.; ähnlich 83,<br />
238, 302 f.<br />
593
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
velliert werden. 3 Es leuchtet daher beispielsweise<br />
nur schwer ein, warum die Web-Seite<br />
„Politik“ unter www.wdr.de verfassungsrechtlich<br />
als Rundfunk qualifiziert werden sollte.<br />
Nur weil sie redaktionell gestaltet ist? Ebenso<br />
gut könnte man sie der Pressefreiheit zuordnen<br />
oder, wenn man die einzelnen audio-visuelle<br />
Elemente akzentuiert, der Filmfreiheit.<br />
In Wahrheit passt die Web-Seite in keine der<br />
herkömmlichen verfassungsrechtlichen Kategorien.<br />
Das hängt gerade damit zusammen,<br />
dass das Internet ein „Transmedium“ ist. In<br />
diesem Transmedium verflechten sich Aspekte,<br />
die bisher getrennten <strong>Medien</strong> zugeordnet worden<br />
sind, miteinander und verdichten sich<br />
„durch eine Vielzahl von kleinen Neuerungen<br />
und veränderten Nutzungsformen zum Gesamteindruck<br />
eines neuen Mediums.“ 4 Das Internet<br />
generiert benutzerabhängige Weiterverknüpfungsmöglichkeiten<br />
(„links“), die stark<br />
personalisierte Gebrauchsmuster erzeugen.<br />
Der aus diesen Gebrauchsmustern resultierende<br />
Selbstorganisationseffekt geht weit über den<br />
produktiven Beitrag von Zuschauern und Lesern<br />
herkömmlicher Massenmedien hinaus,<br />
etwa dem bei der Rezeption eines Fernsehfilms,<br />
der Lektüre eines Buches oder beim Durchblättern<br />
einer Tageszeitung. 5 Um diese „transmediale“<br />
oder „hybride“ Verflechtung von<br />
<strong>Medien</strong> innerhalb des Internet beschreiben zu<br />
können, wird Internetkommunikation in der<br />
neueren medientheoretischen Literatur auch<br />
als „Massenindividualkommunikation“ bezeichnet.<br />
6 Dieser Begriff ist sicher noch zu sehr<br />
der Welt der Massenmedien und ihren Differenzen<br />
verhaftet. Aber auch Web-TV oder Internet-Radio,<br />
deren angebliche 1:1-Weiterleitung<br />
von Degenhart irrigerweise als Rundfunk<br />
qualifiziert werden (z. B. 87), werden im Internet<br />
durch eine spezielle, an HTML gebundene<br />
Benutzeroberfläche gekoppelt. Sie werden also<br />
in ein neues Medium und seine Formen integriert<br />
und verlieren damit zugleich ihre Eigenschaft,<br />
„Rund-Funk“ zu sein. Rundfunk ist nur<br />
dann zu bejahen, wenn z. B. Personal Computer<br />
über eine TV-Karte als Fernsehempfänger<br />
benutzt werden – wenn also die internetspezifische<br />
Computertechnologie keinen Einfluss<br />
mehr auf die inhaltlichen Nutzungsmöglichkeiten<br />
hat.<br />
Setzt man dies voraus, könnte man Degenhart<br />
in seiner Kritik an der Übertragung des<br />
Rundfunkbegriffs auf das Internet durchaus<br />
folgen. Die Plausibilität seiner Argumente wird<br />
594<br />
jedoch dadurch stark relativiert, dass die von<br />
ihm angebotene Alternative auf eine gänzlich<br />
unspezifische Vorstellung von „Marktordnung“<br />
hinausläuft, die durch die hinlänglich<br />
bekannte These vom „Abwehrrecht“ ergänzt<br />
wird. Die mit dem Internet verbundene Netzwerkökonomie<br />
kann aber nicht einfach auf ein<br />
„Paradebeispiel für ein funktionierendes<br />
außenpluralistisches Modell“ (91) reduziert<br />
werden. Das Internet produziert sicherlich<br />
mehr als nur eine quantitative Ausdehnung<br />
schon bestehender Fernseh- oder Pressemärkte,<br />
aber es ist auch keine Technologie, die dank<br />
einer im Hintergrund wirkenden Vorsehung in<br />
einen sich selbst stabilisierenden oligopolistischen<br />
Markt mündet. Jedenfalls erzeugt das Internet<br />
auf der technologischen Ebene und der<br />
daran gebundenen Softwaremärkte Netzwerkeffekte<br />
und positive Rückkopplungsschleifen,<br />
die zu äußerst dynamischen Märkten mit<br />
neuartigen temporären Monopolen führen, wie<br />
etwa der Siegeszug von Microsoft zeigt. 7 Diese<br />
Monopolbildung hat natürlich auch Konsequenzen<br />
für die darstellbaren Inhalte (z. B.<br />
Browser), darüber hinaus lässt sich eine vergleichbare<br />
Entwicklung durchaus auch unmittelbar<br />
auf der Ebene der Inhalte der „Aufmerksamkeitsökonomie“<br />
beobachten (Blockbuster,<br />
Stars, Mega-Hits etc.). Insgesamt wirft diese<br />
Entwicklung nicht nur für das <strong>Medien</strong>recht,<br />
sondern auch für das Wirtschaftsrecht eine Fülle<br />
von neuen Fragestellungen auf, wie z. B. die<br />
Frage der Berücksichtigung der Innovationsfähigkeit<br />
von Netzwerktechnologien innerhalb<br />
des Wettbewerbs- und Kartellrechts. 8<br />
3 Ein erster (sehr vorläufiger) Versuch der rechts<strong>wissenschaft</strong>lichen<br />
Einordnung der „digitalen<br />
Revolution“ findet sich bei Thomas Vesting, Prozedurales<br />
Rundfunkrecht, 1997, S. 175 ff., 202 ff.,<br />
die die Brüche zur „analogen Welt“ aber noch<br />
wenig akzentuiert.<br />
4 Mike Sandbothe, Pragmatische <strong>Medien</strong>philosophie,<br />
Weilerswist, 2001, S. 152<br />
5 Skeptisch zu diesen Konsequenzen für die Demokratie<br />
Cass Sunstein, republic.com, Princeton<br />
2001, S. 3 ff.; kritisch zu Sunstein Michael Froomkin,<br />
Filtering and Democracy – A Double Edged<br />
Sword, im Erscheinen.<br />
6 Stefan Weber, <strong>Medien</strong> - Systeme – Netze, Bielefeld<br />
2001, S. 17.<br />
7 Vgl. Shapiro/Varian; Information Rules, S. 173<br />
ff.; Kevin Kelly, New Rules for the New Economy,<br />
1998; Michael Hutter, Eigenheiten des E-<br />
Commerce, AfP 2000, S. 30 ff.<br />
8 Vgl. nur J. Kairo/M. Paulweber, High Technology<br />
Industrie, Private Restraints on Innovation, and<br />
EU Antitrust Law, RTKom 2001, S. 13 ff., 68 ff.
Auch Degenharts Reduktion von „<strong>Kommunikations</strong>mittlung“<br />
auf eine abwehrrechtliche<br />
Meinungsfreiheit ist alles andere als überzeugend.<br />
Das Internet bringt zwar neue Formen<br />
der Personalisierung hervor, wie sie etwa in<br />
Form des „data-mining“ genutzt werden. Aber<br />
mit einer Wiedergeburt der freien Rede unter<br />
Anwesenden und einer Rückkehr zu einem gegen<br />
den Staat gerichteten Abwehrrecht hat dies<br />
alles nichts zu tun. Die Formbildungen des<br />
World Wide Web auf der Ebene der kommunizierten<br />
Inhalte werden maßgeblich durch die<br />
Operation des Linkens und damit letztlich<br />
durch die technische Infrastruktur bestimmt.<br />
Das Internet ist also als Verbreitungsmedium,<br />
als prinzipiell unendlicher „Hypertext“ (im<br />
weiten semiotischen Sinn), von den Strukturen<br />
der technischen Vermittlung der Kommunikation<br />
abhängig. 9 Und zwar in doppelter Weise:<br />
Zum einen durch die physikalische Ebene des<br />
Materials und des Energieflusses (Hardware),<br />
zum anderen durch die Computerprogramme<br />
(Software), die die Hardware steuern, also<br />
durch den „Code“ im Sinne von Lawrence Lessig.<br />
10<br />
Anders als Degenhart anzunehmen scheint,<br />
bedeutet dies, dass vor allem letztere, also technisch<br />
interagierende Programme für die „<strong>Kommunikations</strong>mittlung“<br />
dominant werden. Zwar<br />
können technische Programme nicht die zeitlichen<br />
Ereignisse des Eingebens und Entnehmens<br />
von Informationen determinieren, aber<br />
sachlich gesehen schaffen sie in den neuen<br />
<strong>Kommunikations</strong>räumen Restriktionen und<br />
legen damit zugleich – wie einst die grammatischen<br />
Regeln der Sprache – die Bedingungen<br />
der Möglichkeit von (Netz-)Kommunikation<br />
fest. Dies läuft vor allem auf die Ausweitung<br />
der Möglichkeit der zeitlichen und sachlichen<br />
Entkoppelung von Information, Mitteilung<br />
und Verstehen hinaus. Daher wird mit dem<br />
Einzug des Computers in das Alltagsleben vermutlich<br />
auch ein Umbau der kognitiven Formen<br />
der Ordnung des Wissens in Richtung<br />
stärker temporalisierter Formen einhergehen. 11<br />
Dann muss auf die Positivbewertung zeitlicher<br />
Beständigkeit künftig aber auch im Rechtssystem<br />
zugunsten einer stärkeren „Prozeduralisierung“<br />
verzichtet werden. Für ein eher pragmatisch<br />
ansetzendes Internet-Recht kann dies nur<br />
heißen, sich auf die Fragen des Zusammenhangs<br />
von Medium und Code einzulassen. Die<br />
juristische Aufmerksamkeit wäre also vor allem<br />
auf die Funktion und Folgen einer neuen, glo-<br />
Literatur · Besprechungen<br />
balen Masse von technischen Regeln zu lenken,<br />
durch die die „Architektur“ des Internet konfiguriert<br />
wird („lex informatica“). 12<br />
Die Unruhe und Ungewissheit, die das<br />
World Wide Web in die bisherige <strong>Medien</strong>landschaft<br />
einführt, dürfte es nahe legen, künftig das<br />
Moment der Diskontinuität gegenüber dem<br />
hergebrachten Rundfunkbegriff zu betonen.<br />
Der Rundfunk ist als elektronisches Verbreitungsmedium<br />
an intermediäre Instanzen (Unternehmen,<br />
Anstalten) gebunden und an ein<br />
Programm, das an eine festliegende lineare<br />
Zeitstruktur sowie an eine im Normalfall zeitgleiche<br />
Rezeption durch mehr oder weniger<br />
kompakte (Teil-)Öffentlichkeiten gekoppelt<br />
ist. Auch das Internet schaltet Interaktion unter<br />
Anwesenden durch Technik aus. Seine Besonderheit<br />
beruht vermutlich auf einer zerstreuten<br />
dezentralen, die Grenzen des Raums<br />
übersteigenden und zeitlich nicht synchronisierten<br />
Form der Kommunikation. 13 Es ist also<br />
ein Verbreitungsmedium und nicht einfach –<br />
von wenigen Ausnahmen abgesehen (z. B. E-<br />
Mail) – Individualkommunikation oder „<strong>Kommunikations</strong>mittlung“.<br />
Für seine kommunikativ-kulturelle<br />
Komponente wäre das Internet<br />
also verfassungsrechtlich einer neuen Internet-<br />
Freiheit innerhalb der im Grundgesetz nicht<br />
abschließend aufgezählten <strong>Medien</strong>grundrechte<br />
des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 zuzuordnen, wie es<br />
auch Degenhart zumindest teilweise für richtig<br />
hält. Wenn man die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts<br />
zum Rundfunkrecht<br />
für das Internet als Ganzes still stellt (was nicht<br />
ausschließt, einzelne institutionelle Komponenten<br />
der Rechtsprechung weiter zu verwenden),<br />
ließe sich vermutlich auch rechtlich sehr<br />
viel produktiver über die Zukunft des Internets<br />
9 Eine gute Darstellung des Diskussionstandes bietet<br />
z.B. Sandbothe, a. a. o, S. 182 ff.<br />
10 Vgl. nur Lawrence Lessig, Code and other Laws<br />
of Cyberspace, 1999, S. 6, 43 ff.<br />
11 Vgl. Niklas Luhmann, Die Gesellschaft der Gesellschaft,<br />
1997, S. 302 ff., 310; Dirk Baecker, Niklas<br />
Luhmann in der Gesellschaft der Computer,<br />
in: Merkur 2001, S. 597 ff.<br />
12 Vgl. nur Joel Reidenberg, Lex Informatica: The<br />
Formulation of Information Policy Rules<br />
through Technology, Texas Law Review, Vol. 76,<br />
1998, S. 553 ff., 566.<br />
13 Dies zeigt sich wirtschaftlich gesehen in der<br />
Emergenz einer netzbasierten Peer-Production,<br />
deren Produktivität sich gegenwärtig vor allem<br />
im Bereich der freien Software manifestiert, die<br />
kommerziellen Konkurrenten vielfach überlegen<br />
ist.<br />
595
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
und die Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks<br />
in den neuen raumlosen <strong>Kommunikations</strong>räumen<br />
des „Cyberspace“ diskutieren:<br />
Web-Seiten sind kein Rundfunk (sondern eben<br />
Web-Seiten), aber in einem Netzwerk der<br />
Netzwerke, das durch permanente Grenzüberschreitung<br />
und Grenzverwischung gekennzeichnet<br />
ist, kann und muss es auch in einer neu<br />
zu konzipierenden Internet-Freiheit eine verfassungsrechtliche<br />
Schicht geben, die auf Institutionenschutz,<br />
d. h. auf den kollektiven Erhalt<br />
von Vielfalt zielt. 14<br />
Primär könnte eine neue Internet-Freiheit<br />
also durchaus als Abwehrrecht im Sinne eines<br />
dezentralen (konsensentlasteten) Entscheidungsrechts<br />
modelliert werden. Aber sie muss<br />
sekundär an der Erhaltung der Selbsterneuerungsfähigkeit<br />
der Ideenpools einer (post-)modernen<br />
Gesellschaft orientiert sein. 15 In einem<br />
solchen Modell, das stärker die Funktionsfähigkeit<br />
des öffentlich-rechtlichen Rundfunks<br />
als „Dachmarke“ im neuen Netzwerk der<br />
Netzwerke betonen würde, wäre auch Platz für<br />
„Branding-“ und andere Crossmedia-Strategien<br />
des öffentlich-rechtlichen Rundfunks; auch<br />
wenn diese über eine reine Programmbegleitung<br />
hinausgehen sollten (diese Grenze dürfte<br />
praktisch gesehen ohnehin schwer zu ziehen<br />
sein). Solche Aktivitäten wären durch verfassungsrechtliche<br />
und gesetzgeberische Vorgaben<br />
aber strikt zu begrenzen, vor allem auf solche<br />
Angebote und Dienste, die das Internet für<br />
Innovationen nutzen. 16 Es ist Degenhart zuzugeben,<br />
dass man gewisse Zweifel haben kann,<br />
ob der öffentlich-rechtliche Rundfunk in<br />
Deutschland dazu in seiner derzeitigen Organisationsform<br />
in der Lage ist; man vergleiche nur<br />
einmal den Web-Auftritt der BBC mit denen<br />
von ARD und ZDF. 17 Im Ergebnis kann es also<br />
keine verfassungsrechtliche Garantie für beliebige<br />
Internet-Aktivitäten des öffentlich-rechtlichen<br />
Rundfunks geben, aber eine so weit reichende<br />
Reduktion dieses Engagements, wie es<br />
Degenhart offenbar vorschwebt, ist gerade in<br />
der Experimentierphase, in der sich das World<br />
Wide Web befindet (und wohl noch lange befinden<br />
wird), nicht plausibel. 18 Wie wenig<br />
überzeugend eine solche Argumentationsstrategie<br />
ist, zeigt sich schon daran, dass selbst Regierungsorganisationen,<br />
wie z. B. das Bundespresseamt,<br />
zunehmend im Netz präsent sind.<br />
Hier verbietet sich zweifellos jede institutionell-grundrechtliche<br />
Absicherung der Regierungskommunikation,<br />
aber andererseits ist es<br />
596<br />
selbst im Fall staatlicher Institutionen nicht zu<br />
rechtfertigen, die Präsenz des Staates im Web<br />
auf ein Minimum „neutraler“ Öffentlichkeitsarbeit<br />
einfrieren zu wollen. 19 Das muss dann<br />
aber erst recht für den öffentlich-rechtlichen<br />
Rundfunk gelten!<br />
Thomas Vesting<br />
14 Degenhart neigt dazu, rechts<strong>wissenschaft</strong>liche<br />
Ansätze, die auf den Erhalt von „Vielfalt“ zielen,<br />
als Vermengung von Rechts<strong>wissenschaft</strong> und<br />
„rechtspolitisch motivierten Regulierungszielen“<br />
(70) hinzustellen. Hier fragt sich allerdings, warum<br />
Institutionenschutz „Politik“ ist, zumal gerade<br />
die Politik als Entscheidungssystem an den Erhalt<br />
von Vielfalt gebunden werden soll?<br />
15 Vgl. Lawrence Lessig, The Future of Ideas, New<br />
York, 2001; vgl. auch Thomas Vesting, Das<br />
Rundfunkrecht vor den Herausforderungen der<br />
Logik der Vernetzung, M&K 2001, S. 287 ff., 296<br />
ff. und allgemein K.-H. Ladeur, Postmoderne<br />
Rechtstheorie, 1992, S. 176 ff.<br />
16 Damit ist nicht gemeint, dass der öffentlichrechtliche<br />
Rundfunk nur solange im Netz präsent<br />
sein darf, wie eine Innovation eine Innovation ist.<br />
Er kann und soll gerade durch Innovationen<br />
Standards auch für andere setzen („Orientierungsfunktion“).<br />
17 Vgl. nur Jill Hills/Maria Michaelis, The Internet:<br />
a challenge to Public Service Broadcasting, im Erscheinen.<br />
18 Eine abwägende Stellungnahme zur Problematik<br />
aus schweizerischer Sicht findet sich z.B. bei M.<br />
Dumermuth, <strong>Medien</strong>regulierung und öffentlicher<br />
Rundfunk, in: Abele/Fünfgeld/Riva (Hrsg.),<br />
Werte und Wert des öffentlichen Rundfunk in<br />
der digitalen Zukunft, Potsdam 2001, S. 41 ff.,<br />
88ff.<br />
19 Vgl. nur Karl-Heinz Ladeur, Verfassungsrechtliche<br />
Fragen regierungsamtlicher Öffentlichkeitsarbeit<br />
und öffentlicher Wirtschaftstätigkeit im<br />
Internet, DÖV 2002, S. 1 ff. Der Fall der Öffentlichkeitsarbeit<br />
zeigt im übrigens sehr deutlich,<br />
wie kontraproduktiv es wäre, die Rechtsprechung<br />
des Bundesverfassungsgerichts zum<br />
Rundfunkrecht eins zu eins auf das Internet zu<br />
übertragen. Dies müsste zu einem umfassenden<br />
„Funktionsverbot“ von Regierungskommunikation<br />
führen.
Ekkehard Sander<br />
Common Culture und neues Generationenverhältnis<br />
Die <strong>Medien</strong>erfahrungen jüngerer Jugendlicher<br />
und ihrer Eltern im empirischen Vergleich<br />
München: Verlag Deutsches Jugendinstitut,<br />
2001. – 296 S.<br />
(zgl. Dresden: Universität, Diss.)<br />
ISBN 3-87966-401-3<br />
Das kommunikative Verhältnis zwischen Jugendlichen<br />
und ihren Eltern gestaltet sich komplexer<br />
als das zwischen früheren Generationen.<br />
Das zeichnete sich in Arbeiten am Deutschen<br />
Jugendinstitut e.V. in München seit Anfang der<br />
90er Jahre in einer Langzeitstudie ab, in der 22<br />
Mädchen und Jungen im Alter von 13 bis 18<br />
Jahren sowie deren Eltern in den Jahren 1992,<br />
1994 und 1997 unabhängig voneinander befragt<br />
wurden. Es ist das Verdienst von Ekkehard<br />
Sander, der diese Langzeitstudie mit Jürgen<br />
Barthelmes durchführte, ihre Ergebnisse publizierte<br />
(1997) und durch eine ausführliche Auswahlbibliographie<br />
zum Thema „Familie und<br />
<strong>Medien</strong>“ auch mit ihm vorbereitet hatte (1990),<br />
mit seiner Dissertation die „Ablösung“ der heranwachsenden<br />
Jugendlichen von ihren Eltern<br />
als ein kommunikations- und medien<strong>wissenschaft</strong>liches<br />
Forschungsfeld neu zu erschließen.<br />
Sander untersucht, „ob die stark biografisch<br />
geprägten <strong>Medien</strong>erfahrungen der Eltern die<br />
Ablösung ihrer Kinder fördern oder behindern“<br />
(9).<br />
Die Dissertation ist in eine Einleitung (9–16),<br />
drei Hauptteile, zum Forschungsstand (17–82),<br />
zur Methode (83–98) und der Darstellung der<br />
Ergebnisse (99–282), sowie eine Schlussbemerkung<br />
(283–288) gegliedert. Sander zeigt, dass<br />
<strong>Medien</strong> und ihre Inhalte, insbesondere Musik,<br />
Filme und Stars, zuletzt immer häufiger das<br />
Fernsehen, in der Familie Gegenstand einer<br />
komplexen Arbeit an kulturellen Differenzen<br />
und Übereinstimmungen geworden sind. Das<br />
empirische Material belegt „eine verblüffende<br />
Übereinstimmung einzelner kultureller Praxen<br />
und ihrer Bedeutung für die Adoleszenz“ (285)<br />
bei den Eltern und ihren Kindern, die die Voraussetzung<br />
für eine „neue Qualität (…) der<br />
Verständigungs- und Handlungsmöglichkeiten<br />
in der Familie“ (286) schafft.<br />
Vor diesem Hintergrund wird vor allem ein<br />
medienpädagogisches Ergebnis präsentiert.<br />
Demnach liegt der „Schlüssel zum Verständnis<br />
Literatur · Besprechungen<br />
und zur Analyse problematischen Verhaltens<br />
und von devianten jugendkulturellen Stilen“<br />
(287) in der Berücksichtigung jugendkultureller<br />
Kontexte, der Familie und insbesondere der<br />
Berücksichtigung der <strong>Medien</strong>biografien, kulturellen<br />
Praxen und Interessen sowie einzelner<br />
Familienmitglieder. Denn anders als bei der<br />
Generation der Eltern wird das „Thema Jugendkultur<br />
in Filmen, Liedern, Zeitschriften<br />
und Bildern (Poster) (…) nicht mehr tabuisiert.“<br />
(287) Sanders Arbeit schließt wohl auch<br />
daher mit medienpädagogischen Vorschlägen<br />
(288), deren Nutzen im Kontext der von ihm<br />
empirisch belegten weit gehenden Mediatisierung<br />
familiärer Kommunikation unbestritten<br />
sein dürfte.<br />
Sanders Arbeit ist allerdings keine rein<br />
medienpädagogische und empirische, sondern<br />
vor allem eine theoretische Arbeit. Die Ergebnisse<br />
wären ohne eine Reflexion der Möglichkeiten<br />
und Grenzen konzeptueller Bezugsrahmen<br />
und einer empirischen Vergewisserung<br />
der tatsächlichen konkreten und lebensweltlichen<br />
Formen der Nutzung von <strong>Medien</strong> und<br />
ihren Inhalten sowie der Gespräche darüber in<br />
der Familie nicht möglich gewesen. Ihr Wert<br />
besteht daher auch in der Problematisierung<br />
der Erforschung der Familie als Kontext der<br />
<strong>Medien</strong>nutzung und kommunikativen Orientierung<br />
heranwachsender Jugendlicher und ihrer<br />
Eltern. Sander macht deutlich, dass bei ihrer<br />
Erforschung kaum an herkömmliche Konzepte<br />
der Jugendkultur- und <strong>Kommunikations</strong>forschung<br />
angeschlossen werden kann,<br />
die das Gemeinsame und das Trennende in der<br />
Familienkommunikation über <strong>Medien</strong> nicht<br />
konzeptualisieren können. Er arbeitet daher<br />
mit dem Konzept der common culture, um das<br />
Gemeinsame auch jenseits von Konflikten begrifflich<br />
bewusst zu halten, das der Terminus<br />
Jugendkultur unterschlägt: den Sachverhalt,<br />
dass die Kultur der Kinder oder Jugendlichen<br />
weder eine reine „eigene“ oder gar ausschließlich<br />
„oppositionelle“ Kultur sei. Es basiert auf<br />
dem Kulturverständnis der Cultural Studies,<br />
die Kultur(en) als komplexe und konfliktäre<br />
Artikulationen darstellen, die durch ein permanentes<br />
und konfliktäres Aushandeln von<br />
Bedeutungen geprägt sind, das als Kampf<br />
beschrieben werden kann. Sander zeigt, dass<br />
genau dies für die Familie zutrifft, die somit<br />
auch über eine eigene <strong>Medien</strong>kultur verfügt,<br />
zu der die heranwachsenden Jugendlichen<br />
gehören – auch wenn sie sich in Prozessen<br />
597
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
ihrer Identitätsentwicklung andere „Kulturen“<br />
aneignen.<br />
In diesem Zusammenhang stellt Sander die<br />
Frage, „ob in kulturellen Gemeinsamkeiten<br />
von Eltern und ihren heranwachsenden Kindern<br />
ein neues Generationsverhältnis zum<br />
Ausdruck kommt“ (16). Zu ihrer Beantwortung<br />
führt er die Differenz „Generation“ ein,<br />
wobei er sich an Mannheim und dessen Generationenkonzept<br />
orientiert, das er allerdings bei<br />
der Formulierung seiner Ergebnisse nicht systematisch<br />
wieder aufnimmt. Die Einführung<br />
der Differenz „Generation“, die analytisch<br />
noch für einige Einsichten gut sein dürfte, wäre<br />
problematisch, wenn sie im Sinne einer „Generationentheorie“<br />
Ergebnisse vorwegnähme.<br />
Das trifft für diese Differenz ebenso zu wie<br />
für „Rasse“, „Klasse“ oder „Geschlecht“, die in<br />
den Cultural Studies dafür kritisiert werden,<br />
dass sie empirische Erkenntnisse zuweilen eher<br />
„beschwören“ als zu ihrem Verständnis beizutragen.<br />
Hier steht die Arbeit erst am Anfang –<br />
und das hätte deutlicher herausgestellt werden<br />
können. Allerdings ist dieses Problem für Arbeiten,<br />
die eine neue Komplexität aufzeigen<br />
und die über klassische Forschungsgrenzen<br />
hinaus Erkenntnisse von Zusammenhängen<br />
aufzeigen wollen, nicht ungewöhnlich. Daher<br />
ist die ausführliche Reflexion des Forschungs-<br />
598<br />
standes (17-83) gerechtfertigt. Insbesondere die<br />
für seine Ergebnisse zentrale Ausführung zur<br />
Komplexität der Ablösung hätten aber mit der<br />
Diskussion über die Bezugstheorien (common<br />
culture und Generationenkonzept) oder darüber<br />
hinaus etwa mit Arbeiten zu <strong>Medien</strong> und<br />
Identität verbunden werden können (79–82).<br />
Hier steht künftig aber sicherlich nicht nur<br />
Theoriearbeit ins Haus, die dann – wie Sander<br />
plausibel begründet – im Kontext qualitativer<br />
Forschung zu differenzieren und zu spezifizieren<br />
wäre. Vielmehr wird es etwa darum gehen,<br />
über den Umgang mit den angesprochenen<br />
<strong>Medien</strong> hinaus die zunehmende technologische<br />
Privatisierung und Personalisierung des Umgangs<br />
mit <strong>Medien</strong> in der common culture der<br />
Kinder und Jugendlichen zu berücksichtigen,<br />
also den Walkman, Computerspiele, das Internet,<br />
Chat und zuletzt vor allem das Handy und<br />
neue Services wie SMS. Es wäre zu wünschen,<br />
dass die Erforschung sowohl neu entstehender<br />
Gemeinsamkeiten wie auch Differenzen und<br />
Konflikte in der common culture von Kindern<br />
und Jugendlichen in der Tradition von Arbeiten<br />
wie dieser fortgesetzt werden, die explizit<br />
die Rolle der Familie und der Eltern berücksichtigen.<br />
Carsten Winter
Zeitschriftenlese<br />
AfP<br />
Jg 33 (2002) Nr 3<br />
Köhne, Michael: Neuprüfung von indizierten<br />
Schriften und <strong>Medien</strong>. – S. 201 – 203<br />
Ory, Stephan: Das neue Urhebervertragsrecht.<br />
– S. 93 – 103<br />
Janik, Viktor: Kapitulation vor der eingetretenen<br />
Konzentration?: die Sicherung der Meinungsvielfalt<br />
im privaten Rundfunk nach dem<br />
Sechsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag. –<br />
S. 104 – 114<br />
Der Beitrag untersucht kritisch die Frage, ob die<br />
durch den 6. Rundfunkänderungsstaatsvertrag modifizierten<br />
Bestimmungen zur Sicherung der Meinungsvielfalt<br />
eine zeitgemäße Antwort bieten, um auf die<br />
durch die neuen technischen Entwicklungen (Einführung<br />
des Digitalen Fernsehens und die Innovationen<br />
im Multimediabereich) angestoßenen Verschiebungen<br />
bei der <strong>Medien</strong>nutzung zu reagieren. Der Beitrag<br />
kommt dabei zu dem Ergebnis, dass den verfassungsrechtlichen<br />
Zielvorstellungen nur zum Teil<br />
Rechnung getragen wird. Erforderlich seien insbesondere<br />
Antworten auf die Problematik des „Cross-Media-Ownerships“,<br />
die Einbeziehung der Nutzungszeiten<br />
der Pay-TV-Abonnenten und die Senkung der<br />
Beteiligungsgrenze für die Zurechenbarkeit bei Programmen.<br />
Rath-Glawatz, Michael: Die Namen von kommunalen<br />
Verwaltungseinheiten im Titel von<br />
<strong>Medien</strong>angeboten. – S. 115 – 119<br />
Engel, Christoph: Globale Netze und lokale<br />
Werte. – S. 119 – 128<br />
Der Beitrag, der auf einem einleitenden Kapitel einer<br />
Gemeinschaftsstudie des amerikanischen National<br />
Research Council und der Max-Planck-Projektgruppe<br />
Recht der Gemeinschaftsgüter beruht, versucht<br />
eine konzeptionelle Basis für das Verständnis von<br />
Werten und das Verhältnis lokaler Werte und globaler<br />
Netze zu legen. Dabei illustriert er die Funktion von<br />
Werten in der Gesellschaft, für das Individuum und<br />
den Staat einerseits, ihre Dynamik und ihre Funktion<br />
für die Lösung künftiger Probleme andererseits.<br />
Nachdem im Folgenden der lokale Charakter und die<br />
Legitimität von Werten skizziert werden, stellt der<br />
Autor den Einfluss globaler Netze auf Werte dar, um<br />
abschließend aus dieser Grundlegung rechtspolitische<br />
Folgerungen zu skizzieren.<br />
Holznagel, Bernd: Meinungsfreiheit oder Free<br />
Speech im Internet: unterschiedliche Grenzen<br />
tolerierbarer Meinungsäußerungen in den USA<br />
und Deutschland. – S. 128 – 133<br />
Der Beitrag stellt unterschiedliche Grenzen tolerierbarer<br />
Meinungsäußerungen in den USA und in<br />
Deutschland dar. Dabei werden insbesondere der unterschiedliche<br />
Umgang mit rechtsextremistischen<br />
Äußerungen, Probleme des Jugendschutzes und die<br />
Haftung von Providern dargestellt. Im Folgenden erläutert<br />
der Autor die Gründe für die nicht immer harmonisierenden<br />
Regelungen und stellt dabei das grundverschiedene<br />
Verständnis vom Grundrecht auf Meinungsfreiheit<br />
dar. Schließlich wird der Versuch unternommen,<br />
rechtspolitische Leitlinien zu entwickeln,<br />
wie mit den differierenden Rechts- und Wertetraditionen<br />
zukünftig umgegangen werden kann.<br />
Weingärtner, Dieter: Globale Netze und lokale<br />
Werte. – S. 134 – 136<br />
Thaenert, Wolfgang: Global networks: Anmerkungen<br />
aus der Sicht der Regulierungspraxis<br />
für die Landesmedienanstalten. – S. 136 – 138<br />
Lange, Knut Werner: Werbung mit gesellschaftskritischen<br />
Themen als Bestandteil der<br />
Meinungs- und Pressefreiheit. – S. 185 – 190<br />
Der Beitrag stellt zunächst nochmals die ursprüngliche<br />
rechtliche Beurteilung so genannter Schock- bzw.<br />
gefühlsbetonter Werbung durch die Zivilgerichte dar<br />
und illustriert in einem zweiten Schritt die Auffassung<br />
des Bundesverfassungsgerichts und ihre Auswirkungen<br />
auf die traditionellen Fallgruppen des UWG.<br />
Nach einer Analyse der jüngsten Entscheidungen des<br />
BGH kommt der Autor zu dem Ergebnis, dass die<br />
Diskussion zwischen den Bundesgerichten noch nicht<br />
abgeschlossen ist, der BGH sei nicht auf die Linie des<br />
BVerfG eingeschwenkt.<br />
Frenzel, Eike Michael: Von Josefine Mutzenbacher<br />
zu American Psycho: das Jugendschutzgesetz<br />
2002 und das Ende des Gesetzes über die<br />
Verbreitung jugendgefährdender Schriften und<br />
<strong>Medien</strong>inhalte?. – S. 191 – 194<br />
Anhand der Josefine Mutzenbacher Entscheidung des<br />
Buches American Psycho stellt der Autor die verfassungsrechtlichen<br />
Grundlagen des Jugendmedienschutzes<br />
einerseits sowie die für das Indizierungsverfahren<br />
maßgeblichen Gesichtspunkte nach dem GjSM<br />
und dem im April 2003 in Kraft tretenden JuSchG dar<br />
und nimmt abschließend kritisch Stellung.<br />
Ory, Stephan: Fußballrechte im untechnischen<br />
Sinn. – S. 195 – 198<br />
Partsch, Christoph: Informationsfreiheitsgesetze:<br />
bessere Recherchemittel für die Presse. –<br />
S. 198 – 201<br />
Comm/Ent<br />
Jg 23 (2001) Nr 3<br />
Calvert, Clay: Regulating sexual images on the<br />
web: last call for „Miller“ time, but new issues<br />
remain untapped. – S. 507 – 536<br />
Der Beitrag setzt sich mit dem im Fall Miller entwickelten<br />
Test für „obscene speech“ auseinander, in<br />
dem der United States Supreme Court Kriterien für<br />
die Beurteilung von <strong>Kommunikations</strong>inhalten herausgearbeitet<br />
hat. Nach Auffassung des Verfassers ist<br />
dieser Test für Internet-Content nur begrenzt geeignet.<br />
Er schlägt daher einen Internet-spezifischen Test<br />
für „Obscenity“ vor.<br />
599
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
Greene, David: Trade secrets, the First Amendment<br />
and the challenges of the Internet age. –<br />
S. 537 – 562<br />
Unternehmen, die versuchen, die Veröffentlichung ihrer<br />
Geschäftsgeheimnisse durch Dritte zu unterbinden,<br />
können in Konflikt mit der <strong>Kommunikations</strong>freiheit,<br />
in Amerika gesichert durch das First Amendment,<br />
geraten. Der Beitrag stellt fest, dass die zunehmende<br />
Verbreitung des Internet zu einer verstärkten<br />
Veröffentlichung von Geschäftsgeheimnissen geführt<br />
hat, plädiert aber dennoch dafür, die tradierten Prinzipien<br />
des First Amendment nicht zu modifizieren.<br />
Stattdessen sollten die bestehenden Mechanismen<br />
zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen besser genutzt<br />
werden.<br />
Ghosh, Shubha: Turning gray into green: some<br />
comments on „Napster“. – S. 563 – 586<br />
Garfield, Alan E.: The first amendment as a<br />
check on copyright rights. – S. 587 – 606<br />
Jackson, Matt: Using technology to circumvent<br />
the law: the DMCA’s push to privatize copyright.<br />
– S. 607 – 646<br />
Jg 23 (2001) Nr 4<br />
Baker, Alice J.: Legislative prohibitions on the<br />
enforcement of post-employment covenants<br />
not to compete in the broadcasting industry. –<br />
S. 647 – 686<br />
Der Beitrag setzt sich mit dem Vertragsrecht auseinander,<br />
dass im Bereich der Unterhaltungsindustrie für<br />
Konkurrenzverbotsklauseln gilt. Der Beitrag schildert<br />
gesetzgeberische Versuche, die Möglichkeit derartiger<br />
Klauseln im Bereich des Rundfunks zu beschränken,<br />
und plädiert dafür, keine besonderen Beschränkungen<br />
in dieser Branche vorzusehen.<br />
Barrett, David S.: The future of the concurrent<br />
use of trademarks doctrine in the information<br />
age. – S. 687 – 722<br />
Der Beitrag untersucht die sogenannte „concurrent<br />
use of trademarks doctrine“, die unter bestimmten<br />
Voraussetzungen erlauben, ähnliche oder gleiche trademarks<br />
im geschäftlichen Verkehr zu nutzen. Er<br />
stellt die Besonderheiten der Nutzung von trademarks<br />
im Internet dar, bei denen etwa ein räumlicher Abstand<br />
eine untergeordnete Rolle spielt. Der Verfasser<br />
entwickelt zahlreiche Vorschläge zur Lösung des Problems.<br />
Ross, Susan Dente: Reconstructing first<br />
amendment doctrine: the 1990s (R)Evolution<br />
of the „Central Hudson and O’Brien Tests“. –<br />
S. 723 – 750<br />
Der Beitrag untersucht die jüngere Rechtsprechung<br />
des US Supreme Courts zum amerikanischen <strong>Kommunikations</strong>grundrecht,<br />
dem First Amendment. Er<br />
kommt zu dem Schluss, dass der Supreme Court die<br />
Prüfungsmaßstäbe für die Verfassungsmäßigkeit von<br />
Gesetzen, die kommerzielle Kommunikation betreffen,<br />
erhöht, während es die Maßstäbe für Gesetze, die<br />
die <strong>Medien</strong>betätigung betreffen, abgesenkt hat. Dadurch<br />
sei es zu einer Erosion des First Amendments<br />
im Bereich der <strong>Medien</strong> gekommen.<br />
600<br />
Massa, Salvatore; Meitzen, Mark E.; Parsons,<br />
Steve G.: Pricing network elements under the<br />
telecommunications act of 1996: back to the future.<br />
– S. 751 – 788<br />
Der Beitrag stellt das Konzept des Telecommunications<br />
Act von 1996 im Hinblick auf die Förderung von<br />
Wettbewerb im lokalen Telefonmarkt dar. Er plädiert<br />
dafür, dass der Supreme Court die Rechtsprechung<br />
des 8th Circuit’s Courts übernehmen sollte, der bei<br />
der Preisregulierung einen „incremental cost approach“<br />
anwendet.<br />
Jg 24 (2002) Nr 1<br />
Craft, Kimberly L.: The webcasting music revolutions<br />
is ready to begin, as soon as we figure<br />
out the copyright law: the story of the music<br />
industry at war with itself. – S. 1 – 42<br />
Hetherington, Samantha L.: Fashion runways<br />
are no longer the public domain: applying the<br />
common law right of publicity to haute couture<br />
fashion design. – S. 43 – 72<br />
Kratzke, William P.: The Supreme Court and<br />
trade dress: a short comment. – S. 73 – 108<br />
Communicatio Socialis<br />
Jg 35 (2002) Nr 1<br />
Greshake, Gisbert: Der Ursprung der <strong>Kommunikations</strong>idee.<br />
– S. 5 – 26<br />
Ruppert, Helmuth S.: „Global prayer“ im<br />
Äther: Radio Vatikan: vom Dampfradio zum<br />
Weltsender. – S. 27 – 38<br />
Nientidt, Klaus: In der Tradition katholischer<br />
Aufklärung: der Freiburger Herder-Verlag<br />
wurde 200 Jahre alt. – S. 39 – 46<br />
Verst, Ludger: Neue Organisationsstrukturen<br />
für die katholische <strong>Medien</strong>arbeit in Deutschland.<br />
– S. 47 – 52<br />
Oertel, Ferdinand: USA: Kirche kein <strong>Medien</strong>thema<br />
mehr?. – S. 53 – 57<br />
Päpstlicher Rat für die sozialen <strong>Kommunikations</strong>mittel;<br />
Ethik im Internet; Kirche und Internet.<br />
– S. 58 – 89<br />
Internet: ein neues Forum zur Verkündigung<br />
des Evangeliums: Botschaft von Papst Johannes<br />
Paul II. zum 36. Welttag der sozialen <strong>Kommunikations</strong>mittel<br />
2002. – S. 90 – 94<br />
Jg 35 (2002) Nr 2<br />
Skarics, Marianne: Popularkino als Ersatzkirche?:<br />
Überlegungen zur partiellen Funktionsäquivalenz<br />
von Kirche und Kino. – S. 119 – 136
Der Film übernimmt traditionelle Funktionsweisen<br />
der Religion: Sinnstiftung, Gleichnischarakter und<br />
Erlösung. Der Vorteil des Films liegt u.a. darin, dass er<br />
schnell und effektiv auf Trends und Veränderungen<br />
von kollektiven Stimmungslagen reagieren und religiöse<br />
Momente ohne Bindung an die religiösen Dogmen<br />
einsetzen kann. Dem Misstrauen der Menschen<br />
gegenüber großen Institutionen kann der Film entgegenkommen,<br />
indem er ein Glaubenssystem etabliert,<br />
das nicht über den manifesten Filminhalt, sondern<br />
über die Metaebenen des Films transportiert wird.<br />
Weber, Stefan: Optionen einer konstruktivistischen<br />
<strong>Medien</strong>ethik angesichts des aktuellen<br />
Trash-Fernsehens. – S. 137 – 146<br />
Goderbauer-Marchner, Gabriele: Anforderungen<br />
an die journalistische Weiterbildung. –<br />
S. 147 – 155<br />
Gerhardy, Roger: „Als faire Partner im Wettstreit<br />
der Ideen“: zu den Ausbildungszielen des<br />
Instituts zur Förderung publizistischen Nachwuchses.<br />
– S. 156 – 162<br />
Hefelle, Paul: „Wir machen aus Talenten Profis“:<br />
Journalistenausbildung in Österreich. –<br />
S. 163 – 165<br />
Oschwald, Hanspeter: Verkündigen wollte ich<br />
nie: Erfahrungen eines katholisch geprägten<br />
Journalisten. – S. 166 – 171<br />
Jannusch, Andrea Sofie: Journalistische Ausbildungsstätten<br />
in der Trägerschaft kirchlicher<br />
Gruppen in Mittel- und Osteuropa. – S. 172 –<br />
177<br />
Lukacs, Laszlo: Kirchliche Öffentlichkeitsarbeit<br />
in Ungarn nach der Wende. – S. 178 – 189<br />
Hillebrecht, Steffen W.: Nachwuchsförderung<br />
für kaufmännische Führungskräfte in kirchlichen<br />
<strong>Medien</strong>unternehmen: das Beispiel des<br />
MDG-Traineeprogramms. – S. 190 – 200<br />
Communication Research<br />
Jg 29 (2002) Nr 2<br />
Berger, Charles R.: Base-rate Bingo: ephemeral<br />
effects of population data on cognitive responses,<br />
apprehension and perceived risk. – S. 99 –<br />
124<br />
Kalman, Michael E.; Monge, Peter; Fulk, Janat;<br />
Rebecca Heino: Motivations to resolve communication<br />
dilemmas in database-mediated<br />
collaboration. – S. 125 – 154<br />
Weintraub Austin, Erica: The effects of increased<br />
cognitive involvement on College students’<br />
interpretations of Magazine advertisements for<br />
alcohol. – S. 155 – 179<br />
Zeitschriftenlese<br />
Althaus, Scott L.; Tewksbury, David: Agenda<br />
setting and the „new“ news: patterns of issue<br />
importance among readers of the paper and online<br />
versions of the „New York Times“. –<br />
S. 180 – 207<br />
Der Artikel berichtet über eine Studie, die sich der Frage<br />
widmete, ob die Leser der Zeitungsausgabe und die<br />
der Online-Ausgabe einer nationalen Zeitung, der<br />
New York Times, zu unterschiedlichen Einschätzungen<br />
über die Wichtigkeit verschiedener politischer<br />
Themen kommen. In der einwöchigen Studie lasen die<br />
Versuchspersonen entweder die Zeitungsausgabe oder<br />
die Online-Version der New York Times oder erhielten<br />
keine der beiden Vorgaben. Die Studie weist den<br />
Einfluss der Lektüre auf die Agenda der Versuchspersonen<br />
nach, der je nach Medium unterschiedlich ausfällt.<br />
U. a. wurde festgestellt, dass die Leser der Papierversion<br />
eine breitere Auswahl an Themen beachtete,<br />
außerdem wurde für diese Gruppe eine höhere<br />
Berücksichtigung internationaler Themen konstatiert.<br />
Jg 29 (2002) Nr 3<br />
Lang, Annie; Borse, Jennifer; Wise, Kevin; Prabu<br />
David: Captured by the world wide web:<br />
orienting to structural and content features of<br />
Computer-presented Information. – S. 215 –<br />
245<br />
Andsager, Julie L.; Weintraub Austin, Erica;<br />
Pinkleton, Bruce E.: Gender as a variable in<br />
interpretation of alcohol-related messages. –<br />
S. 246 – 269<br />
Der Artikel berichtet über eine Studie, in der die unterschiedliche<br />
Wahrnehmung von Alkoholwerbung<br />
von männlichen und weiblichen Jugendlichen untersucht<br />
wurde. Es zeigte sich, dass von den 578 Versuchspersonen<br />
die Jungen die eher individualistisch<br />
gestalteten Werbebeiträge überzeugend fanden und<br />
behalten konnten, während die Mädchen eher durch<br />
die kollektivistischen, gruppenorientierten Public-<br />
Service-Beiträge überzeugt wurden. Die Autoren plädieren<br />
daher für eine stärkere Berücksichtigung der<br />
Geschlechterunterschiede in Analysemodellen.<br />
David, Prabu; Morrison, Glenda; Johnson, Melissa<br />
A.; Felecia Ross: Body image, race, fashion<br />
models: social distance and social identification<br />
in third-person-effects. – S. 270 – 294<br />
Groenendyk, Eric W.; Valentino, Nicholas A.:<br />
Of dark clouds and silver linings: effects of exposure<br />
to issue versus candidate advertising on<br />
persuasion, information retention, and issue salience.<br />
– S. 295 – 319<br />
Neuwirth, Kurt; Frederick, Edward; Mayo,<br />
Charles: Person-effects and heuristic-systematic<br />
processing. – S. 320 – 359<br />
Jg 29 (2002) Nr 4<br />
Slater, Michael D.; Kelly, Kathleen J.: Testing<br />
alternative explanations for exposure effects in<br />
601
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
media campaigns: the case of a community-based,<br />
In-school media drug prevention project. –<br />
S. 367 – 389<br />
Lannutti, Pamela J.; Monahan, Jennifer L.:<br />
When the frame paints the picture: alcohol consumption,<br />
relational framing and sexual communication.<br />
– S. 390 – 421<br />
Yanovitzky, Itzhak: Effects of news coverage<br />
on policy attention and actions: a closer look<br />
into the media-policy connection. – S. 422-465<br />
Der Artikel berichtet über eine Studie, die den Einfluss<br />
der <strong>Medien</strong>berichterstattung auf die Politik untersuchte.<br />
Beim Beispiel der Berichterstattung zwischen<br />
1978 und 1995 über Trunkenheit am Steuer<br />
wurde eine erhöhte Aufmerksamkeit der Politiker für<br />
diese Problematik während der Phase der frühen 80er<br />
Jahre, in der vermehrt über dieses Thema berichtet<br />
wurde, festgestellt. Diese erhöhte Aufmerksamkeit<br />
von Öffentlichkeit und Politik zeitigte schnelle und<br />
kurzfristige Lösungen von Seiten der Politiker. Als die<br />
Aufmerksamkeit der <strong>Medien</strong> dann aber sank (ab den<br />
späten 80ern) wurde dem Problem eher mit längerfristigen<br />
Lösungen Rechnung getragen.<br />
Roberts, Marilyn; Wanta, Wayne; Dzwo,<br />
Tzong-Horng: Agenda-setting and issue salience<br />
online. – S. 452 – 465<br />
Zhu, Joanthan J. H.; He, Zhou: Perceived characteristics,<br />
perceived needs, and perceived popularity:<br />
adoption and use of the Internet in<br />
China. – S. 466 – 495<br />
Communication theory<br />
Jg 11 (2002) Nr 2<br />
Singhal, Arvind; Rogers, Everett M.: A theoretical<br />
agenda for entertainment-education. –<br />
S. 117 – 135<br />
Kincaid, D. Lawrence: Drama, Emotion, and<br />
cultural convergence. – S. 136 – 152<br />
Sood, Suruchi: Audience involvement and entertainment-education.<br />
– S. 153 – 172<br />
Slater, Michael D.; Rouner, Donna: Entertainment-Education<br />
and elaboration likelihood:<br />
understanding the processing of narrative persuasion.<br />
– S. 173 – 191<br />
Davenport, Beverly et al: Fostering reproductive<br />
health through Entertainment-Education<br />
in the Peruvian Amazon: the social construction<br />
of Bienvenida Salud. – S. 192 – 205<br />
Sherry, John L.: Media saturation and Entertainment-Education.<br />
– S. 206 – 224<br />
Bouman, Martine: Turtles and peacocks: collaboration<br />
in Entertainment-Education Television.<br />
– S. 225 – 244<br />
602<br />
Computer und Recht<br />
Jg 18 (2002) Nr 4<br />
Niedermeier, Robert; Schröcker, Stefan: Assettracking:<br />
datenschutzrechtlicher Zündstoff?. –<br />
S. 241 – 247<br />
Neitzel, Jens: Regulierung in der Sackgasse?:<br />
das Sondergutachten der Monopolkommission<br />
zur Wettbewerbsentwicklung bei Telekommunikation<br />
und Post 2001. – S. 256 – 262<br />
„Gemäß § 81 Abs. 3 TKG muss die Monopolkommission<br />
alle zwei Jahre einen Bericht zu der Frage vorlegen,<br />
ob auf den Märkten der Telekommunikation<br />
ein funktionsfähiger Wettbewerb herrscht. Dabei<br />
kann sie auf aus ihrer Sicht notwendige Konsequenzen<br />
für einzelne Bestimmungen des TKG hinweisen und<br />
soll insbesondere darlegen, ob die Regelungen zur<br />
Entgeltregulierung im Dritten Teil des TKG weiterhin<br />
erforderlich sind. Im Dezember 2001 hat die Monopolkommission<br />
ihr aktuelles Sondergutachten<br />
,Wettbewerbsentwicklung bei Telekommunikation<br />
und Post 2001’ veröffentlicht. [... In dem Beitrag] sollen<br />
die Ergebnisse des Gutachtens der Monopolkommission<br />
zur Wettbewerbsentwicklung im Bereich der<br />
Telekommunikation kritisch gewürdigt werden. [...]“<br />
Linke, Thomas: Das Recht der Namensgleichen<br />
bei Domains. – S. 271 – 279<br />
Ulbricht, Johannes: Unterhaltungssoftware:<br />
urheberrechtliche Bindungen bei Projekt- und<br />
Publishingverträgen. – S. 317 – 323<br />
Jg 18 (2002) Nr 5<br />
Petri, Axel; Göckel, Andreas: Vertragsstruktur<br />
der Internet-Backbone-Betreiber: Backbone-<br />
Access. – S. 329 – 337<br />
Perrey, Elke: Das Namensrecht der Gebietskörperschaften<br />
im Internet: Umfang und<br />
Durchsetzung. – S. 349 – 357<br />
Oberndörfer, Julian: Digitale Wertpapiere im<br />
Licht der neuen Formvorschriften des BGB. –<br />
S. 358 – 362<br />
Jg 18 (2002) Nr 6<br />
Lober, Andreas: Jugendgefährdende Unterhaltungssoftware<br />
– kein Kinderspiel: Voraussetzungen<br />
und Rechtsfolgen der Indizierung jugendgefährdender<br />
Computerspiele. – S. 397 –<br />
406<br />
Feil, Thomas; Leitzen, Werner: Die EVB-IT<br />
nach der Schuldrechtsreform: Überarbeitete<br />
Regelungen in den IT-Beschaffungsverträgen<br />
der öffentlichen Hand. – S. 407 – 410<br />
Petri, Axel; Göckel, Andreas: Vertragsstruktur<br />
der Internet-Backbone-Betreiber: Peering. –<br />
S. 418 – 424
Schafft, Thomas: Die systematische Registrierung<br />
von Domain-Varianten: nicht sittenwidrig,<br />
sondern sinnvoll. – S. 434 – 440<br />
Hartmann, Matthias; Koch, Philip: Datenbankschutz<br />
gegen Deep-Linking: zugleich Anmerkung<br />
zu LG München I v. 1.3.2002: 21 O<br />
9997/01: deep-l9inks in Online-Pressespiegel. –<br />
S. 441 – 444<br />
Jg 18 (2002) Nr 7<br />
Diedrich, Kay: Typisierung von Softwareverträgen<br />
nach der Schuldrechtsreform: Lösungsansätze<br />
für neue Abgrenzungsfragen. – S. 473 –<br />
479<br />
Feil, Thomas; Leitzen, Werner: EVB-IT Überlassung<br />
Typ B: der neue IT-Beschaffungsvertrag<br />
für die befristete Überlassung von Standardsoftware.<br />
– S. 480 – 482<br />
Gramlich, Ludwig: Die Regulierungsbehörde<br />
für Telekommunikation und Post im Jahr 2001.<br />
– S. 488 – 498<br />
„Der Beitrag setzt frühere Beiträge in Computer und<br />
Recht (Gramlich, CR 1999, 489; Gramlich, CR 2000,<br />
509; Gramlich, CR 2001, 373) fort und legt wie diese<br />
bei Betrachtung der Aktivitäten der Regulierungsbehörde<br />
für Post und Telekommunikation (RegTP)<br />
den Schwerpunkt auf die Praxis der sektorspezifischen<br />
Regulierung im Bereich der Telekommunikation.<br />
Entwicklungen im Postsektor werden in einem<br />
der nächsten Hefte kurz beleuchtet.“<br />
Schmidl, Michael: Die elektronische Signatur:<br />
Funktionsweise, rechtliche Implikationen,<br />
Auswirkungen der EG-Richtlinie. – S. 508 –<br />
517<br />
Foerstl, Uli: Die Entscheidung „shell.de“ –<br />
Stärkung von Kennzeichenrechten im Internet?:<br />
zugleich Anmerkung zu BGH v.<br />
22.11.2001 – I ZR 138/99. – S. 518 – 523<br />
Jg 18 (2002) Nr 8<br />
Müller-Hengstenberg, Claus D.; Krcmar, Helmut:<br />
Mitwirkungspflichten des Auftragsgebers<br />
bei IT-Projekten. – S. 549-556<br />
Feil, Thomas; Leitzen, Werner: Die BVB nach<br />
der Schuldrechtsreform: zur Gestaltung einer<br />
Übergangslösung. – S. 557-558<br />
Freund, Natascha; Ruhle, Ernst-Olaf: Die Praxis<br />
der Regulierung von Terminierungsentgelten<br />
in der Telekommunikation: ein Vergleich<br />
von Fest- und Mobilnetzen in den EU-Staaten.<br />
– S. 567 – 572<br />
Zeitschriftenlese<br />
Müglich, Andreas: Auswirkungen des EGG<br />
auf die haftungsrechtliche Behandlung von<br />
Hyperlinks. – S. 583 – 591<br />
Heller, Arne; Sadeghi, Salmeh; Dretzki, Teresa;<br />
Ruhe, Catharina L.: Die online-Hauptversammlung:<br />
Überlegungen zur unmittelbaren<br />
Ausübung der Aktionärsrechte via Internet. –<br />
S. 592 – 598<br />
Computer und Recht international<br />
Jg 3 (2002) Nr 2<br />
Gaster, Jens L.: European community patent:<br />
the quest for a common approach on the revision<br />
of the European Patent System. – S. 33 – 39<br />
Friedman, William: The good guys win in the<br />
movies: the second circuit hands the movie studios<br />
a big win against decryption programs. –<br />
S. 40 – 45<br />
Handa, Sunny: Retransmission of television<br />
broadcasts on the Internet: the Canadian case<br />
of Jump.TV.com Canada Inc.. – S. 45 – 49<br />
Jg 3 (2002) Nr 3<br />
Bender, David; Toto, Martin M.: U.S. antitrust<br />
issues in software licensing and distribution. –<br />
S. 65 – 74<br />
Towle, Holly; Bruggeman, Alan: A guide on<br />
drafting and negotiating effective service level<br />
agreements and/or how to prevent Keanu Reeves<br />
from destroying your networks. – S. 75 – 80<br />
Jg 3 (2002) Nr 4<br />
Howard, Anthony: Patentability of Computer-implemented<br />
inventions: a concise analysis<br />
of the Commission’s proposal for a directive on<br />
the patentability of computer-implemented inventions.<br />
– S. 97 – 104<br />
Huppertz, Marie Thérèse: The pivotal role of<br />
digital rights management systems in the digital<br />
world. – S. 105 – 111<br />
Barceló, Rosa Julia: Spanish implementations<br />
of the E-Commerce Directive: main features of<br />
the implementation of the E-Commerce-directive<br />
in Spain. – S. 112 – 115<br />
Convergence<br />
Jg 8 (2002) Nr 1<br />
Banerjee, Indrajit; Loo, Eric: Information as<br />
603
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
freedom in the development process: an alternative<br />
consideration. – S. 10 – 17<br />
Leaning, Marcus: The person we meet online. –<br />
S. 18 – 29<br />
Duffet, Mark: Naturalising the webcast: live<br />
performance, nostalgia and Paul McCartney’s<br />
„Little big gig“. – S. 30 – 42<br />
Martin, Fiona; Wilson, Helen: Beyond the<br />
ABC’s backyard: radio, the web and Australian<br />
regional space. – S. 43 – 61<br />
„Over its 70 year history the ABC has attempted to<br />
map the spatiality of the Australian nation with TV<br />
and radio networks – networks designed in part to service<br />
regional and remote Australia with information<br />
and entertainment. However, until recently the<br />
ABC’s ability to reflect the diverse experiences, ideas<br />
and perspectives of regional Australians in broadcast<br />
media was largely restricted by geography, a federalist<br />
heritage, limited resources and the concentration of<br />
ABC resources in urban centers. With its development<br />
of a publicly funded WWW service, ABC online,<br />
the ABC revisited the problem of connecting Australian’s<br />
in „the bush“ with those in the city. In September<br />
1999, it launched an online gateway to „local“<br />
(metropolitan and regional) websites, called The<br />
Backyard. This paper investigates the ABC’s changing<br />
vision of localism by comparing its local radio spaces<br />
with the evolution, concept and functions of its local<br />
web spaces.“<br />
Mullen, Megan: The fall and rise of cable narrowcasting.<br />
– S. 62 – 85<br />
„The history of cable television in the USA has always<br />
reflected a tension between those who see in the technology<br />
a promise for a more progressive television future<br />
and those who see it as a lucrative business opportunity.<br />
This has been true since the 1950s, when a<br />
select group of small-town CATV (community antenna)<br />
entrepreneurs began to think of non-broadcastderived<br />
programme options (eg Associated Press news<br />
text, weather channels, movies) to offer their subscribers.<br />
The countervailing forces became particularly<br />
apparent, however, during the 1970s, when satellitedelivered<br />
cable channels first became a reality and there<br />
was limited experimentation with interactive television.“<br />
Elmer, Greg: Consumption in the network age:<br />
solicitation, automation, and networking. –<br />
S. 86 – 101<br />
European Journal of Communication<br />
Jg 17 (2002) Nr 2<br />
Klaehn, Jeffery: A critical review and assessment<br />
of Herman and Chomsky’s „Propaganda<br />
model“. – S. 147–182<br />
Mass media play an especially important role in democratic<br />
societies. They are presupposed to act as intermediary<br />
vehicles that reflect public opinion, respond<br />
to public concerns and make the electorate cognizant<br />
of state policies, important events and viewpoints.<br />
The fundamental principles of democracy<br />
604<br />
depend upon the notion of a reasonably informed electorate.<br />
The ‘propaganda model’ of media operations<br />
laid out and applied by Edward Herman and Noam<br />
Chomsky in Manufacturing Consent: The political<br />
Economy of the Mass Media postulates that elite media<br />
interlock with other institutional sectors in ownership,<br />
management and social circles, effectively circumscribing<br />
their ability to remain analytically detached<br />
from other dominant institutional sectors. The<br />
model argues that the net of this is self-censorship<br />
without any significant coercion. Media, according to<br />
this framework, do not have to be controlled nor does<br />
their behaviour have to be patterned, as it is assumed<br />
that they are integral actors in class warfare, fully integrated<br />
into the institutional framework of society,<br />
and act in unison with other ideological sectors, i.e. the<br />
academy, to establish, enforce, reinforce and ‘police’<br />
corporate hegemony. It is not a surprise, then, given<br />
the interrelations of the state and corporate capitalism<br />
and the ‘ideological network’, that the propaganda<br />
model has been dismissed as a ‘conspiracy theory’ and<br />
condemned for its ‘overly deterministic’ view of media<br />
behaviour. It is generally excluded from scholarly<br />
debates on patterns of media behaviour. This article<br />
provides a critical assessment and review of Herman<br />
and Chomsky’s propaganda model and seeks to encourage<br />
scholarly debate regarding the relationship<br />
between corporate power and ideology. Highly descriptive<br />
in nature, the article is concerned with the<br />
question of whether media can be seen to play a hegemonic<br />
role in society oriented towards legitimization,<br />
political accommodation and ideological management.<br />
Chalaby, Jean K.: Transnational television in<br />
Europe: the role of pan-European channels. –<br />
S. 183 – 204<br />
Jewkes, Yvonne: The use of media in constructing<br />
identities in the masculine environment of<br />
men’s prisons. – S. 205 – 225<br />
Picard, Robert G.: Assessing audience performance<br />
of public service broadcasters. – S. 227 –<br />
235<br />
Deuze, Mark; Paulussen, Steve: Online-Journalism<br />
in the low countries: basic, occupational<br />
and professional characteristics of online journalists<br />
in Flandern and the Netherlands. –<br />
S. 237 – 245<br />
Federal Communications Law Journal<br />
Jg 54 (2002) Nr 2<br />
Abernathy, Kathleen Q.: My view from the<br />
doorstep of FCC change. – S. 199 – 224<br />
Speta, James B.: A common carrier approach to<br />
Internet interconnection. – S. 225 – 280<br />
Der Beitrag plädiert dafür, Elemente der „common<br />
carrier regulation“ auch für Probleme von Interconnection<br />
im Bereich des Internet anzuwenden.<br />
Nach Auffassung des Autors haben diese regulatorischen<br />
Konzepte im 17. Jahrhundert Probleme mit<br />
Kneipenwirten, im 18. Jahrhundert mit Dampfschiffen,<br />
im 19. Jahrhundert mit Eisenbahnen, im 20. mit
Telefonie gelöst und können im 21. Jahrhundert des<br />
Internets durchaus produktiv sein.<br />
Helein, Charles H.; Marashlian, Jonathan S.;<br />
Haddad, Loubna W.: Detariffing and the death<br />
of the filed tariff doctrine: deregulation in the<br />
„self“interest. – S. 281 – 318<br />
Jg 54 (2002) Nr 3<br />
Carver, Justin: An efficiency analysis of contracts<br />
for the provision of telephone services to<br />
prisons. – S. 391 – 420<br />
Beard, T, Randolph; Ford, George S.; Spiwak,<br />
Lawrence J.: Why ADCo? Why now?: an economic<br />
exploration into the future of industry<br />
structure for the „last mile“ in local telecommunications<br />
markets. – S. 421 – 460<br />
Der Beitrag stellt dar, welche hohen festen und versunkenen<br />
Kosten beim Eintritt in den lokalen Telekommunikationsmarkt<br />
entstehen, die den Marktzutritt<br />
riskant machen. Der große Marktanteil, der nötig<br />
ist, um auf diesem Markt erfolgreich agieren zu können,<br />
ist für Wettbewerber schwer zu erreichen, die<br />
über den entbündelten Zugang zu Elementen der Telekommunikationsnetze<br />
des ehemaligen Monopolisten<br />
oder einem von Grund auf neuen Telekommunikationsnetz<br />
in den Markt eintreten. Als Strategie für<br />
Unternehmen, die auf dem Markt hinzu treten, empfiehlt<br />
der Beitrag die Bildung von sogenannten „alternative<br />
distribution Companies“ (ADCo).<br />
Day, Christopher R.: The concrete barrier at<br />
the end of the information superhighway: why<br />
lack of local rights-of-way access is killing<br />
competitive local exchange carriers. – S. 461 –<br />
492<br />
Der Beitrag stellt dar, dass fünf Jahre nach Inkrafttreten<br />
des Telekommunications Act in vielen Bereichen<br />
noch kein Wettbewerb auf dem lokalen Telefonmarkt<br />
existiert. Zumindest eine Teilschuld daran tragen nach<br />
Auffassung des Verfassers Fehler des Gesetzgebers<br />
und der Aufsichtsbehörde. Der Beitrag analysiert diese<br />
Fehlentwicklungen und schlägt eine Reihe gesetzgeberischer<br />
und regulatorischer Maßnahmen vor, die<br />
den Zugang zu Telekommunikationsnetzen verbessern<br />
sollen.<br />
Zion, Eric M. D.: Protecting the e-marketplace<br />
of ideas by protecting employers: immunity for<br />
employers under section 230 of the communications<br />
decency act. – S. 493 – 516<br />
Human Communication Research<br />
Jg 28 (2002) Nr 2<br />
Corman, Steven R. u.a.: Studying complex discursive<br />
systems: centering resonance analysis of<br />
communication. – S. 157 – 206<br />
Zeitschriftenlese<br />
Afifi, Walid A.; Weiner, Judith L.: Colloquy on<br />
Information Seeking: introduction. – S. 207 –<br />
212<br />
Ramirez, Artemio u.a.: Information-seeking<br />
strategies, uncertainty, and Computer-mediated<br />
Communication. – S. 213 – 228<br />
Morrison, Elizabeth Wolfe: Information seeking<br />
within organizations. – S. 229 – 242<br />
Knobloch, Leanne K.; Solomon, Denise Haunani:<br />
Information seeking beyond initial interaction:<br />
negotiating relational uncertainty within<br />
close relationships. – S. 243 – 257<br />
Brashers, Dale E.; Goldsmith, Daena J.; Hsieh,<br />
Elaine: Information seeking and avoiding in<br />
health contexts. – S. 258 – 271<br />
Baldwin, John R.; Hunt, Stephen K.: Information-seeking<br />
behavior in intercultural and intergroup<br />
communication. – S. 272 – 286<br />
Berger, Charles R.: Strategic and nonstrategic<br />
Information Acquisition. – S. 287 – 297<br />
Mokros, Hartmut B.; Aakhus, Mark: From Information-seeking<br />
behavior to meaning engagement<br />
practice: implications for communication<br />
theory and practice. – S. 298 – 312<br />
Journal of Communication<br />
Jg 52 (2002) Nr 1<br />
Wilson, Barbara J. u. a.: Violence in children’s<br />
television programming: assessing the risks. –<br />
S. 5 – 35<br />
This study investigates the nature and extent of violence<br />
contained in television programming that targets<br />
children aged 12 and younger. The measures employed<br />
in this content analysis are grounded in previous<br />
experimental research that has identified contextual<br />
features that either diminish or enhance the risk of<br />
harmful effects associated with viewing violent portrayals.<br />
This report uses the database from the National<br />
Television Violence Study (Wilson et al., 1998),<br />
which involved an unusually large and representative<br />
sample of programming. Results indicate that programs<br />
targeted to children contain more violence than<br />
do other types of programming. The violence itself is<br />
just as likely to be glamorized in children’s as in nonchildren’s<br />
shows, but it is even more sanitized and<br />
more likely to be trivialized. These patterns heighten<br />
the risk of viewers learning aggression and becoming<br />
desensitized from such portrayals. Finally this study<br />
documents 5 subgenres of children’s programming<br />
that differ dramatically in violent content.<br />
Wilson, Barbara J.; Colvin, Carolyn M.; Smith,<br />
Stacy L.: Engaging in violence on American television:<br />
a comparison of child, teen, and adult<br />
perpetrators. – S. 36 – 60<br />
Smith, Stacy L.; Boyson, Aaron R.: Violence in<br />
605
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
music videos: examining the prevalence and<br />
context of physical aggression. – S. 61 – 83<br />
Smith, Stacy L.; Nathanson, Amy I.; Wilson,<br />
Barbara J.: Prime-time television: assessing violence<br />
during the most popular viewing hour. –<br />
S. 84 – 111<br />
Kunkel, Dale u.a.: Deciphering the V-Chip: an<br />
examination of the television industry’s program<br />
rating judgments. – S. 112 – 138<br />
Acosta-Alzuru, Carolina; Kreshel, Peggy J.:<br />
„I’m an American girl... whatever that means“:<br />
girls consuming pleasant company’s American<br />
girl identity. – S. 139 – 161<br />
Denham, Bryan E.: Advanced categorical<br />
statistics: issues and applications in communication<br />
research. – S. 162 – 176<br />
Gunther, Albert C.; Christen, Cindy T.: Projection<br />
or persuasive press?: contrary effects<br />
of personal opinion and perceived news coverage<br />
on estimates of public opinion. – S. 177 –<br />
195<br />
Wackwitz, Laura A.: Burger on Miller: obscene<br />
effects and the filth of a nation. – S. 196-210<br />
Ind, Rebecca Ann; Salo, Colleen: The framing<br />
of feminists and feminism in news and public<br />
affairs programs in U.S. electronic media. –<br />
S. 211 – 228<br />
Cappella, Joseph N.: 2001 ICA presidential address:<br />
cynicism and social trust in the new media<br />
environment. – S. 229 – 241<br />
Jg 52 (2002) Nr 2<br />
Segrin, Chris; Nabi, Robin L.: Does television<br />
viewing cultivate unrealistic expectations about<br />
marriage?. – S. 247 – 263<br />
Crawley, Alisha M. et al: Do children learn<br />
how to watch television?: the impact of extensive<br />
experience with „Blue’s Clues“ on preschool<br />
children’s television viewing behavior. –<br />
S. 264 – 280<br />
Johnston, Anne; Kaid, Lynda Lee: Image ads<br />
and issue ads in U.S. presidential advertising:<br />
using videostyle to explore stylistic differences<br />
in televised political ads from 1952 to 2000. –<br />
S. 281 – 300<br />
Pfau, Michael et al: Issue-advocacy versus<br />
candidate advertising: effects on candidate preferences<br />
and democratic process. – S. 301 –<br />
315<br />
606<br />
Benoit, William L.; McKinney, Mitchell S.; Stephenson,<br />
Michael T.: Effects of watching primary<br />
debates in the 2000 U.S. presidential campaign.<br />
– S. 316 – 331<br />
This essay reports the results of 2 studies measuring<br />
the effects of watching U.S. presidential primary debates.<br />
Using a pretest-posttest design, participants<br />
watched either a Republican (October 22, 1999) or a<br />
Democratic (October 27, 1999) New Hampshire primary<br />
debate. Those who watched each debate learned<br />
more about the candidates‘ policies, formed evaluations<br />
of candidates who were less well-known, and<br />
changed their evaluations of better known candidates.<br />
Viewers changed voting intention and expressed more<br />
confidence in their vote choice after watching a debate.<br />
Thus, we can conclude that primary debates are<br />
capable of influencing both policy and character impressions<br />
of the candidates, as well as changing voting<br />
intentions and increasing vote confidence.<br />
Hall, A; Cappella, Joseph N.: The impact of political<br />
talk radio exposure on attributions about<br />
the outcome of the 1966 U.S. presidential election.<br />
– S. 332 – 350<br />
Knobloch, Silvia; Zillmann, Dolf: Mood management<br />
via the digital jukebox. – S. 351 – 366<br />
Trumbo, Craig W.: Information processing<br />
and risk perception: an adaptation of the heuristic-systematic<br />
model. – S. 367 – 382<br />
McAllister, Matthew P.: Television news plugola<br />
and the last episode of „Seinfeld“. – S. 383<br />
– 401<br />
Raney, Arthur A.; Bryant, Jennings: Moral<br />
judgment and crime drama: an integrated theory<br />
of enjoyment. – S. 402 – 415<br />
The article proposes a theoretical framework which<br />
moral reasoning about mediated crime and punishment<br />
is defined and combined with existing, affectdriven<br />
entertainment theory to yield an integrated<br />
theory of enjoyment. The authors analyze how crime<br />
dramas serve as statements about justice and then address<br />
how moral deliberation about the propriety of<br />
those statements impact enjoyment. The authors report<br />
research findings to support the analysis of cognitive<br />
processing during crime dramas distinct from<br />
affective processing. The article also suggests future<br />
means by which the integrated theory of enjoyment<br />
can be examined.<br />
Jackson, Matt: From private to public: reexamining<br />
the technological basis for copyright. –<br />
S. 416 – 433<br />
Jackson, Ronald L.; Heckman, Susan M.: Perceptions<br />
of white identity and white liability:<br />
an analysis of white students responses to a college<br />
campus racial hate crime. – S. 434 – 450
Journal of Media Economics<br />
Jg 15 (2002) Nr 2<br />
Cho, Hiromi; Lacy, Stephen: Competition for<br />
circulation among Japanese national and local<br />
daily newspapers. – S. 73 – 90<br />
Chyi, Hsiang Íris; Lasorsa, Dominic L.: An explorative<br />
study on the market relation between<br />
online and print newspapers. – S. 91 – 106<br />
Kranenburg, Hans von: Mobility and market<br />
structure in the Dutch daily newspaper market<br />
segments. – S. 107 – 124<br />
Lee, Sang-Woo: An economic analysis of the<br />
movie industry in Japan. – S. 125 – 140<br />
Jg 15 (2002) Nr 3<br />
Chan-Olmstedt, Sylvia M.; Li, Jack C. C.:<br />
Strategic competition in the multichannel video<br />
programming market: an intraindustry strategic<br />
group study of cable programming networks.<br />
– S. 153 – 174<br />
Yan, Michael Zhaoxu: Market structure and local<br />
signal carriage decisions in the cable television<br />
industry: results from count analysis. –<br />
S. 175 – 192<br />
Kang, Myung-Hyun: Digital cable: exploring<br />
factors associated with early adoption. – S. 193<br />
– 208<br />
Rizzuto, Ronald J.; Wirth, Michael O.: The<br />
economics of video on demand: a simulation<br />
analysis. – S. 209 – 224<br />
Journal of Communication Inquiry<br />
Jg 26 (2002) Nr 2<br />
Peixoo Labre, Magdala: The Brazilian wax;<br />
new hairlessness norm for women?. – S. 113 –<br />
132<br />
Peterson, Valerie: Text as cultural antagonist:<br />
the Kama Sutra of Vatsyayana. – S. 133 – 154<br />
Borden, Sandra L.: Janet Cooke in hindsight:<br />
reconsideration of a paradigmatic case of journalism<br />
ethics. – S. 155 – 170<br />
1981 hatte Janet Cooke ihren Pulitzer-Preis zurückgeben<br />
müssen, nachdem sich herausgestellt hatte, dass<br />
die prämierte Reportage erfunden war. Als Janet Cooke<br />
1996 einen Wiedereinstieg in den Journalismus versuchte,<br />
war dies Anlass für intensive Diskussionen<br />
von Journalisten und Journalismusausbildern über<br />
ethische Standards im Journalismus. Die Autorin analysiert<br />
diesen Diskurs anhand von Diskussionsbeiträgen<br />
im Internet und illustriert die schrittweise Verfeinerung<br />
ethischer Konzepte im Journalismus.<br />
Zeitschriftenlese<br />
Goss, Brian Michael: „Things like this don’t<br />
just happen“: ideology and Paul Thomas Anderson’s<br />
„Hard Eight“, „Boogie nights“, and<br />
„Magnolia“. – S. 171 – 192<br />
Abraham, Linus K.: The black woman as marker<br />
of hypersexuality in Western mythology: a<br />
contemporary manifestation in the film „The<br />
scarlet letter“. – S. 193 – 214<br />
Jg 26 (2002) Nr 3<br />
Park, David J.: Media, democracy, human<br />
rights in Argentina. – S. 237 – 260<br />
Auf der Basis von Archivmaterialien zur <strong>Medien</strong>konzentration<br />
und ethnographischer Untersuchungen<br />
wird illustriert, dass der Zugang von Menschenrechtsgruppen<br />
in Argentinien zu den <strong>Medien</strong> auch nach<br />
Ende der Militärdiktatur 1983 vielfach eingeschränkt<br />
war, was nachhaltige Probleme bei der Herausbildung<br />
einer demokratischen Öffentlichkeit mit sich brachte.<br />
Bishop, Ronald; Hakanen, Ernest A.: In the public<br />
interest?: the State of local television programming<br />
fifteen years after deregulation. –<br />
S. 261 – 276<br />
Die Autoren überprüfen die These, dass die Deregulierung<br />
im Bereich des amerikanischen Lokalfernsehens<br />
dazu geführt hat, dass das Angebot an lokal<br />
produzierten Sendungen jenseits der Nachrichten abgenommen<br />
hat. Sie vergleichen die Programme der<br />
Lokalfernsehveranstalter in drei amerikanischen<br />
Märkten aus den Jahren 1976 (vor der Deregulierung),<br />
1985 (während der Deregulierung) und 1997. Insgesamt<br />
zeigt sich, dass die lokale Berichterstattung im<br />
Laufe der Zeit abgenommen hat.<br />
Pajnik, Mojca; Lesjak-Tusek, Petra: Observing<br />
discourses of advertising: mobitel’s interpellation<br />
of potential consumers. – S. 277 – 299<br />
Bulc, Gregor: Kill the cat killers: moral panic<br />
and juvenile crime in Slovenia. – S. 300 – 325<br />
Journalism & Mass Communication<br />
Quarterly<br />
Jg 78 (2001) Nr 4<br />
Reese, Stephen D.; Ballinger, Jane: The roots of<br />
a sociology of news: remembering Mr. Gates<br />
and social control in the newsroom. – S. 641 –<br />
658<br />
David Manning White und Warren Breed haben in<br />
den fünfziger Jahren zwei wegweisende empirische<br />
Studien zur Nachrichtenforschung vorgelegt. Der<br />
Beitrag beleuchtet den persönlichen Hintergrund, den<br />
<strong>wissenschaft</strong>lichen Kontext, die Entstehung und die<br />
Wirkung dieser Klassiker.<br />
Tomasello, Tami K.: The status of Internet-based<br />
research in five leading communication<br />
journals, 1994-1999. – S. 659 – 674<br />
Das Internet als <strong>Kommunikations</strong>medium ist in den<br />
607
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
fünf führenden kommunikations<strong>wissenschaft</strong>lichen<br />
Zeitschriften bis 1999 kaum zum Forschungsgegenstand<br />
gemacht worden.<br />
Bunker, Matthew D.: Intellectuals’ property:<br />
universities, professors, and the problem of copyright<br />
in the Internet age. – S. 675 – 687<br />
Gunther, ALbert C.; Chih-Yun Chia, Stella:<br />
Predicting pluralistic ignorance: the hostile media<br />
perception and its consequences. – S. 688 –<br />
701<br />
Wei, Ran: From luxury to utility: a longitudinal<br />
analysis of cell phone laggards. – S. 702 – 719<br />
Curtin, Patricia A.; Maier, Scott R.: Numbers<br />
in the newsroom: a qualitative examination of a<br />
quantitative challenge. – S. 720 – 738<br />
Paul, Mary Jae: Interactive disaster communication<br />
on the Internet: a content analysis of sixty-four<br />
disaster relief home pages. – S. 739 – 753<br />
Lowrey, Wilson; Becker, Lee B.: The impact of<br />
technology skill on job-finding success in the<br />
mass communication labor market. – S. 754 –<br />
770<br />
Underwood, Doug; Stamm, Keith: Are Journalists<br />
really irreligious?: a multidimensional<br />
Analysis. – S. 771 – 786<br />
Weaver, David; Drew, Dan: Voter learning and<br />
interest in the 2000 presidential election: did the<br />
media matter?. – S. 787 – 798<br />
Kim, Yungwook: Searching for the organization-public<br />
relationship: a valid and reliable instrument.<br />
– S. 799 – 815<br />
Kilmer, Paulette D.: „Madstones“, clever toads,<br />
and killer tarantulas / fairy-tales briefs in wild<br />
west newspapers). – S. 816 – 835<br />
Lacy, Stephen u.a.: Sample size for newspaper<br />
content analysis in multi-year studies. – S. 836<br />
– 846<br />
Jg 79 (2002) Nr 1<br />
Kim, Sei-Hill; Scheufele, Dietram A.; Shanahan,<br />
James: Think about it this way: attribute<br />
agenda-setting function of the press and the public’s<br />
evaluation of a local issue. – S. 7 – 25<br />
Eveland, William P.: News information processing<br />
as mediator of the relationship between<br />
motivations and political knowledge. – S. 26 –<br />
40<br />
Carter, Sue; Fico, Frederick; McCabe, Jocelyn<br />
A.: Partisan and structural balance in local tele-<br />
608<br />
vision election coverage. – S. 41 – 53<br />
Kerr, Peter A.; Moy, Patricia: Newspaper coverage<br />
of fundamentalist christians, 1980-2000.<br />
– S. 54 – 72<br />
Wu, H. Denis; Bechtel, Arati: Web site use and<br />
news topic and type. – S. 73 – 86<br />
NcDevitt, Michael; Gassaway, Bob M.; Pérez,<br />
Frank G.: The making and unmaking of civic<br />
journalists: influences of professional socialization.<br />
– S. 87 – 100<br />
Kodrich, Kris: Finding a new way: Nicaraguan<br />
newspapers in a globalized world. – S. 101 – 120<br />
Wahl-Jorgensen, Karin: The normative-economic<br />
justification for public discourse: letters to<br />
the editors as a „wide open“ forum. – S. 121 –<br />
133<br />
Deuze, Mark: National news culture: a comparison<br />
of Dutch, German, British, Australian,<br />
and U.S. journalists. – S. 134 – 149<br />
Sallot, Lynne M.: What the public thinks about<br />
public relations: an impression management<br />
experiment. – S. 150 – 171<br />
Ross, Susan Dente: Silenced students: the uncertain<br />
but extensive power of school officials<br />
to control student expression. – S. 172 – 187<br />
Barker-Plummer, Bernadette: Producing public<br />
voice: resource mobilization and media access<br />
in the national organization for women. –<br />
S. 188 – 205<br />
Kommunikation & Recht<br />
Jg 5 (2002) Nr 4<br />
Möschel, Wernhard: Hat das Telekommunikationsgesetz<br />
seine Bewährungsprobe bestanden?.<br />
– S. 161 – 164<br />
„Als Folge des europäischen Telekom-Reformpakets<br />
steht eine Novellierung des TKG bevor. Im Vordergrund<br />
stehen die Unabhängigkeit und die Wettbewerbsorientierung<br />
der RegTP als einer Sonderregulierungsbehörde.<br />
Defizite werden am ehesten sichtbar<br />
beim materiellen und verfahrensmäßigen Zusammenspiel<br />
von TKG und allgemeinem Kartellgesetz. Das<br />
vom europäischen Rechtsrahmen vorgesehene Vetorecht<br />
der Kommission gegenüber Einzelfallentscheidungen<br />
nationaler Regulierungsbehörden ist nach<br />
Ansicht des Verfassers kritisch zu sehen.“<br />
Charissé, Peter: Kabelkommunikation zwischen<br />
Rundfunk- und Urheberrecht. – S. 164 –<br />
169<br />
„Über die Hälfte der deutschen Fernsehhaushalte<br />
empfangen ihre Programme über Breitbandkabelanschlüsse.<br />
Mit dem beginnenden Ausbauprozess der<br />
Breitbandverteilanlagen zu bidirektionalen Kommu-
nikationsnetzen werden interaktive TV-Angebote<br />
und Kabeltelefonie möglich. Im Zuge dieser technischen<br />
Weiterentwicklung rückt zugleich der komplexe<br />
regulatorische Rahmen des Betriebs von Kabelnetzen<br />
verstärkt ins Blickfeld. Der nachfolgende Beitrag<br />
befasst sich mit dem Spannungsverhältnis zwischen<br />
rundfunkrechtlichen Anforderungen und urheberrechtlichen<br />
Vorgaben.“<br />
Viefhues, Wolfram; Scherf, Uwe: Sicherheitsaspekte<br />
bei der elektronischen Kommunikation<br />
zwischen Anwalt und Gericht. – S. 170 – 176<br />
Schrey, Joachim; Meister, Matthias: Beschränkte<br />
Verwendbarkeit von Standortdaten: Hemmschuh<br />
für den M-Commerce?. – S. 177 – 188<br />
Schmitz, Florian; Schröder, Steffen: Streitwertbestimmung<br />
bei Domainstreitigkeiten. – S. 189<br />
– 192<br />
Nacimiento, Grace: Neue Methodik zur Ermittlung<br />
von EBC-Entgelten: Abschied vom<br />
analytischen Kostenmodell?. – S. 193 – 196<br />
Jg 5 (2002) Nr 5<br />
Boehme-Neßler, Volker: Datenschutz in der<br />
Informationsgesellschaft. – S. 217 – 224<br />
Kaminski, Bert; Kerssenbrock, Otto-Ferdinand;<br />
Strunk, Günther: Elektronischer Datenzugriff<br />
der Finanzverwaltung gemäß § 147 Abs.<br />
6 AO. – S. 225 – 234<br />
Jofer, Robert; Wegerich, Christine: Betriebliche<br />
Nutzung von e-mail-Diensten: Kontrollbefugnisse<br />
des Arbeitgebers. – S. 235 – 240<br />
Günther, Johann: Regulierung der Telekommunikation<br />
in Österreich. – S. 241 – 248<br />
Jg 5 (2002) Nr 6<br />
Scherer, Joachim: Die Umgestaltung des europäischen<br />
und deutschen Telekommunikationsrechts<br />
durch das EU-Richtlinienpaket, Teil<br />
1. – S. 273 – 288<br />
„Der europäische Gesetzgeber hat einen neuen rechtlichen<br />
Rahmen für die elektronische Kommunikation<br />
verabschiedet. Ziel des Beitrags ist es, den Regelungsansatz<br />
sowie die wichtigsten materiell- und verfahrensrechtlichen<br />
Regelungen des neuen Rechtsrahmens<br />
vorzustellen und – ohne Anspruch auf Vollständigkeit<br />
– zu skizzieren, welche Änderungen im deutschen Telekommunikationsrecht<br />
zur Umsetzung des Richtlinienpakets<br />
erforderlich sind. Nach einem Überblick<br />
zu Regelungszielen und -gegenständen des Richtlinienpakets<br />
werden Grundzüge der Rahmen-RL, der<br />
Genehmigungs-RL, der Zugangs-RL, der Universaldienst-RL<br />
und der Frequenzentscheidung dargestellt<br />
und der jeweilige Umsetzungsbedarf ermittelt.“<br />
Zeitschriftenlese<br />
König, Christian; Koch, Alexander; Braun,<br />
Jens-Daniel: Die Telekommunikationsüberwachungsverordnung:<br />
neue Belastungen für Internet<br />
Service Provider und Mobilfunknetzbetreiber.<br />
– S. 289 – 297<br />
Rickert, Beate: Regulatorische Einordnung virtueller<br />
Mobilfunknetzbetreiber. – S. 298 – 300<br />
Bornemann, Roland: Der sechste Rundfunkänderungsstaatsvertrag:<br />
ein Überblick. – S. 301 –<br />
305<br />
„Der Sechste Rundfunkänderungsstaatsvertrag ändert<br />
wenige, dafür aber politisch brisante Vorschriften des<br />
Rundfunkstaatsvertrags, insbesondere zum Thema<br />
Vielfaltssicherung und enthält eine Fülle von Änderungen<br />
des <strong>Medien</strong>dienste-Staatsvertrags, die im Wesentlichen<br />
der Umsetzung europäischer Richtlinien<br />
dienen und im Übrigen die datenschutzrechtlichen<br />
Bestimmungen an die des novellierten Teledienstdatenschutzgesetzes<br />
anpassen. Der Beitrag stellt die Änderungen<br />
im Einzelnen dar.“<br />
Strömer, Tobias H.: First come – first serve:<br />
keine Regel ohne Ausnahme. – S. 306 – 309<br />
Jg 5 (2002) Nr 7<br />
Scherer, Joachim: Die Umgestaltung des europäischen<br />
und deutschen Telekommunikationsrechts<br />
durch das EU-Richtlinienpaket, Teil<br />
II. – S. 329 – 345<br />
Gerpott, Torsten J.; Winzer, Peter: Wirtschaftlichkeitsperspektiven<br />
für alternative Festnetzbetreiber<br />
im deutschen Telekommunikationsmarkt.<br />
– S. 346 – 353<br />
Karenfort, Jörg; Hutschneider, Markus: Die<br />
Bereitstellung von Überwachungseinrichtungen<br />
nach In-Kraft-Treten der TKÜV: Zeitpunkt<br />
und Modalitäten der Umsetzung. –<br />
S. 354 – 357<br />
Ruhle, Ernst-Olav: UMTS network sharing im<br />
internationalen Vergleich. – S. 358 – 364<br />
Jg 5 (2002) Nr 8<br />
Scherer, Joachim: Die Umgestaltung des europäischen<br />
und deutschen Telekommunikationsrechts<br />
durch das EU-Richtlinienpaket,<br />
Teil III. – S. 385 – 397<br />
Spindler, Gerald; Volkmann, Christian: Die<br />
öffentlich-rechtliche Störerhaftung der Access-<br />
Provider. – S. 398 – 408<br />
„Die öffentlich-rechtliche Anordnung zur Sperrung<br />
gegenüber Providern hinsichtlich von rechtsradikalen<br />
Seiten hat die Grundsatzdiskussion über die Verantwortlichkeit<br />
der Provider neu belebt. Der Beitrag beschäftigt<br />
sich mit den wesentlichen verwaltungsrecht-<br />
609
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
lichen Grundproblemen von Sperrungsverfügungen<br />
gegen Internetprovider. Hierzu wird zunächst auf den<br />
durch die Multimediagesetze geschaffenen Rechtsrahmen<br />
eingegangen und dort insbesondere auf die Anwendbarkeit<br />
des MDStV auf reine Zugangsvermittler.<br />
Sodann werden die Voraussetzungen der in Betracht<br />
kommenden Ermächtigungsgrundlagen sowie die<br />
Grundsätze des Verhältnismäßigkeitsprinzips untersucht.“<br />
Hein, Werner J.; Schmidt, Jens Peter: Entgelte<br />
für die Übertragung von Rundfunksignalen<br />
über das Breitbandkabel. – S. 409 – 416<br />
„Die Verkäufe der Kabelnetze der Deutsche Telekom<br />
AG (DTAG) an ausländische Investoren haben die<br />
Debatte ausgelöst, mit welchem Geschäftsmodell die<br />
Kabelnetze betrieben werden dürfen. Die Schlagworte<br />
Transportmodell und Vermarktungsmodell charakterisieren<br />
zwei unterschiedliche Geschäftskonzepte,<br />
denen sehr unterschiedliche Leistungsbeziehungen<br />
zwischen den Beteiligten zu Grunde liegen. Dies hat<br />
Folgen für die rechtliche Beurteilung von Entgelten<br />
für die Übertragung von Rundfunksignalen, vor allem<br />
in urheber- und telekommunikationsrechtlicher Hinsicht.<br />
Solange Kabelnetzbetreiber gegenüber Sendeunternehmen<br />
und Endkunden die Nachfrage nach<br />
Transport bedienen und nicht Inhalte vermarkten,<br />
sind die Übertragungsentgelte vor allem an telekommunikationsrechtlichen<br />
Maßstäben zu messen.“<br />
Sosnitza, Olaf: Fernsehduell zu dritt?. – S. 417<br />
– 422<br />
„In Deutschland haben sich erstmals die Spitzenkandidaten<br />
der beiden großen Volksparteien auf ein Fernsehduell<br />
im Vorfeld der Bundestagswahl am 22. 9.<br />
2002 geeinigt. Nun meldet auch die FDP den Anspruch<br />
an, an den Fernsehdiskussionen teilzunehmen,<br />
da sie mit der förmlichen Nominierung ihres Parteivorsitzenden<br />
erstmals einen eigenen Kanzlerkandidaten<br />
ins Rennen schickt. Der Beitrag gibt einen<br />
Überblick über die rechtlichen Grundlagen des gegenwärtigen<br />
Streits, hinter dem letztlich die Frage<br />
steht, unter welchen Voraussetzungen politische Parteien<br />
einen Anspruch auf Zugang zu Programminhalten<br />
haben.“<br />
Mass Communication & Society<br />
Jg 5 (2002) Nr 1<br />
Palmer, Allen W.: Negotiation and resistance in<br />
global networks: the 1884 International Meridian<br />
Conference. – S. 7 – 24<br />
Hardt, Hanno: Reading the Russian revolution:<br />
international communication research and<br />
the journalism of Lippmann and Merz. – S. 25<br />
– 39<br />
Ostini, Jennifer; Fung, Anthony Y. H.: Beyond<br />
the four theories of the press: a new model of<br />
national media systems. – S. 41 – 56<br />
Luther, Catherine A.: National identities,<br />
structure, and press images of nations: the case<br />
of Japan and the United States. – S. 57 – 86<br />
Laderman, Scott: Shaping memory of the past:<br />
610<br />
discourse in travel guidebooks for Vietnam. –<br />
S. 87 – 110<br />
Jg 5 (2002) Nr 2<br />
Neuwirth, Kurt; Frederick, Edward: Extending<br />
the framework of third-, first-, and second-person-effects.<br />
– S. 113 – 140<br />
Pinkleton, Bruce E.; Weintraub Austin, Erica:<br />
Exploring relationships among media use frequency,<br />
perceived media importance, and media<br />
satisfaction in political disaffection and efficacy.<br />
– S. 141 – 164<br />
Fico, Frederick; Cote, William: Partisan and<br />
structural balance of election stories on the<br />
1998 governor’s race in Michigan. – S. 165 – 182<br />
Fraser, Benson P.; Brown, William J.: Media,<br />
celebrities, and social influence: identification<br />
with Elvis Presley. – S. 183 – 206<br />
Media Asia<br />
Jg 29 (2002) Nr 1<br />
Santos, Vergel O.: Civil society, the media and<br />
government: an Awkard relationship. – S. 6 – 9<br />
Akhtar, Shahid; Kumar, Mahesh Malla; Gregson,<br />
Jon: Transparency, accountability, and<br />
good governance: the role of new ICTs and the<br />
mass media. – S. 10 – 16<br />
Netto, Anil: Media freedom in Malaysia: the<br />
challenge facing civil society. – S. 17 – 23<br />
Hoang Thi Minh Hong: Media and civil society<br />
in support of good governance and democracy<br />
in Vietnam. – S. 24 – 31<br />
Sotharith, Chap: Media, civil society, and democracy<br />
in Cambodia: achievements and challenges.<br />
– S. 32 – 37<br />
Chen, Ping-Hung: Challenges for the Indian<br />
media and civil society. – S. 37 – 45<br />
Joshi, R. S.: Challenges for the Indian media<br />
and civil society. – S. 46 – 49<br />
Media, Culture & Society<br />
Jg 24 (2002) Nr 3<br />
Pieczka, Magda: Public relations expertise deconstructed.<br />
– S. 301 – 324<br />
Weaver, C. Kay; Motion, Judy: Sabotage and<br />
subterfuge: public relations, democracy and genetic<br />
engineering in New Zealand. – S. 325 –<br />
344
Palmer, Jerry: Smoke and mirrors: is that the<br />
way it is?: themes in political marketing. –<br />
S. 345 – 364<br />
Pinchevski, Amit; Torgovnik, Efraim: Signifying<br />
passages: the signs of change in Israeli street<br />
names. – S. 365 – 388<br />
Meyers, Oren; Zandberg, Eyal: The soundtrack<br />
of memory: „Ashes and Dust“ and the<br />
commemoration of the Holocaust in Israeli popular<br />
culture. – S. 389 – 408<br />
Skuse, Andrew: Vagueness, familiarity and social<br />
realism: making meaning of radio soap opera<br />
in south-east Afghanistan. – S. 409 – 428<br />
Jg 24 (2002) Nr 4<br />
Strelitz, Larry Nathan: Media consumption<br />
and identity formation: the case of the „homeland“<br />
viewers. – S. 459 – 480<br />
Rivero, Yiedy M.: Erasing blackness: the media<br />
construction of „race“ in „Mi Familia“, the first<br />
Puerto Rican situation comedy with a black family.<br />
– S. 481 – 498<br />
Kaiser, Susana: Escraches: demonstrations,<br />
communication and political memory in postdictatorial<br />
Argentina. – S. 499 – 516<br />
Iordanova, Dina: Feature filmmaking within<br />
the new Europe: moving funds and images<br />
across the East-West divide. – S. 517 – 536<br />
Iordanova zeichnet in ihrem Artikel die Entwicklung<br />
der Filmförderung in Europa nach dem Ende der sozialistischen<br />
Staatsformen in Mittel- und Osteuropa<br />
nach. Nach einem Jahrzehnt (90er Jahre) der Transition<br />
lässt sich im Filmgeschäft eine ähnliche Entwicklung<br />
nachzeichnen, wie in anderen Bereichen: Nach<br />
einer Phase des Triumphierens folgte eine Phase der<br />
Desillusionierung, die nun in einer Phase der Anpassung<br />
bzw. Angleichung gemündet ist. Nach dem Ende<br />
der sozialistischen Regime geriet die Filmproduktion<br />
in Osteuropa in eine massive Krise, da die Finanzierung<br />
nicht mehr gewährleistet war. Dies führte zu einer<br />
Orientierung nach Westeuropa: Koproduktionen<br />
und Finanzierung durch europäische Förderprogramme<br />
stellten Lösungen dar, die grundlegende Veränderungen<br />
in der osteuropäischen Filmproduktionslandschaft<br />
einleiteten. Nachdem in der ersten Phase zahlreiche,<br />
sehr unterschiedliche und häufig unbekannte<br />
Filmregisseure und Produktionsteams gefördert wurden,<br />
verschob sich der Schwerpunkt der Filmförderung<br />
auf etablierte Regisseure, die heute oft in Westeuropa<br />
leben bzw. hier einen Wohnsitz haben und die<br />
eine gewisse Garantie für einen kommerziellen Erfolg<br />
bieten.<br />
Dijck, José van: Medical documentary: conjoined<br />
twins as a mediated spectacle. – S. 537 – 556<br />
Ist eine Fernseh-Dokumentation über die Operation<br />
eines 159 kg-Mannes, bei dem eine Fettabsaugung<br />
Zeitschriftenlese<br />
vorgenommen wird, als eine medizinische Informationssendung<br />
zu sehen oder als Unterhaltungssendung<br />
mit Sensationscharakter? Das ist die Frage, die van Dijck<br />
zum Anlass nimmt, die Darstellung von behinderten<br />
Menschen (konkret: von siamesischen Zwillingen)<br />
in den audiovisuellen <strong>Medien</strong> historisch zu betrachten.<br />
An drei Beispielen (Trennung von siamesischen<br />
Zwillingen Anfang des 20. Jahrhunderts, in den 50er<br />
Jahren und 1995) wird die Entwicklung eines Genres<br />
nachgezeichnet, das immer den Impetus der <strong>wissenschaft</strong>lichen<br />
Dokumentation und der medizinischen<br />
Aufklärung hatte, aber auch immer auf das (Sensations-)Interesse<br />
eines breiten Publikums traf. Mit der<br />
Kommerzialisierung der <strong>Medien</strong>produktion hielten<br />
entsprechend narrative, dramatisierende Elemente („a<br />
story of love and courage“) Einzug in das Genre. Dies<br />
führt van Dijck u. a. zu der Schlussfolgerung, dass die<br />
Freak-Show, die Kuriositätenschau der Jahrmärkte<br />
nie verschwunden ist, sondern sich in ein mediatisiertes<br />
Medizin-Spektakel verwandelt hat.<br />
Media Perspektiven<br />
(2002) Nr 3<br />
Conrad, Rainer: Rundfunk online: ein Symposion<br />
der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs<br />
der Rundfunkanstalten. – S. 114<br />
„Kernthema des Symposions „Rundfunk online“ der<br />
Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der<br />
Rundfunkanstalten (KEF) waren Entwicklung und<br />
Perspektiven der Onlineaktivitäten der öffentlichrechtlichen<br />
Rundfunkanstalten, Fragen ihres Umfangs<br />
und ihrer Finanzierung. Weitere Aspekte waren<br />
die technischen Entwicklungen sowie Rundfunk online<br />
aus der Sicht kommerzieller Anbieter. Im Folgenden<br />
werden die ... einzelnen Vorträge chronologisch<br />
wiedergegeben.“<br />
Sewczyk, Jürgen: Online aus der Sicht eines<br />
kommerziellen Anbieters: das Beispiel RTL<br />
Newmedia. – S. 115 – 116<br />
Raff, Fritz: Online heute aus der Sicht der<br />
ARD: die Strategie der ARD. – S. 117 – 120<br />
Ridder, Christa-Maria: Onlinenutzung in<br />
Deutschland: Entwicklungstrends und Zukunftsprognosen.<br />
– S. 121 – 131<br />
Reimers, Ulrich: Online: was ist technisch<br />
möglich?: online privat für die Übertragung<br />
von Audio und Video. – S. 132 – 134<br />
Reitze, Helmut: Online morgen aus der Sicht<br />
des ZDF: die Onlinestrategie des ZDF. – S. 135<br />
– 139<br />
Heitzer, Eric: Vision Breitbandkabel: welche<br />
Erwartungen sind damit verbunden?. – S. 140 –<br />
143<br />
Rüter, Klaus: <strong>Medien</strong>rechtliche und -politische<br />
Aspekte von Rundfunk online: eine Stellungnahme<br />
aus Ländersicht. – S. 144 – 147<br />
611
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
(2002) Nr 4<br />
Darschin, Wolfgang; Gerhard, Heinz: Tendenzen<br />
im Zuschauerverhalten: Fernsehgewohnheiten<br />
und Programmbewertungen im Jahr<br />
2001. – S. 154 – 165<br />
Emmer, Martin; Kuhlmann, Christoph; Vowe,<br />
Gerhard; Jens Wolling: Der 11. September: Informationsverbreitung,<br />
<strong>Medien</strong>wahl, Anschlusskommunikation:<br />
Ergebnisse einer Repräsentativbefragung<br />
zu einem Ereignis mit extremen<br />
Nachrichtenwert. – S. 166 – 177<br />
Krüger, Udo Michael; Zapf-Schramm, Thomas:<br />
Öffentlich-rechtliches und privates Fernsehen:<br />
typische Unterschiede bleiben bestehen:<br />
Programmanalyse 2001/I. – S. 178 – 189<br />
(2002) Nr 5<br />
Woldt, Gunnar: Selbstverpflichtungen bei der<br />
BBC: ein Modell für Transparenz im öffentlich-rechtlichen<br />
Rundfunk?. – S. 202 – 209<br />
„Von den Ministerpräsidenten der Länder wurde im<br />
Oktober vergangenen Jahres die Einführung von so<br />
genannten Selbstverpflichtungen für ARD und ZDF<br />
in die medienpolitische Debatte eingebracht. Die<br />
Selbstverpflichtungen sollen dazu dienen, den öffentlich-rechtlichen<br />
Programmauftrag quantitativ und<br />
qualitativ näher zu bestimmen und eine entsprechende<br />
regelmäßige Rechenschaftslegung zu ermöglichen.<br />
Dabei wurde das Beispiel der BBC als Modell auch für<br />
Deutschland genannt. Unter anderem in der Diskussion<br />
um das Onlineengagement der öffentlich-rechtlichen<br />
Anstalten wurde das Instrument der Selbstverpflichtungen<br />
erneut als eventuell sinnvolle Lösung erwogen....“<br />
Darschin, Wolfgang; Zubayr, Camille: Politische<br />
Diskussionssendungen und Magazine im<br />
Urteil der Zuschauer: Ergebnisse einer Repräsentativbefragung.<br />
– S. 210 – 220<br />
Feierabend, Sabine; Klingler, Walter: Was Kinder<br />
sehen: eine Analyse der Fernsehnutzung<br />
von Drei- bis 13-Jährigen 2001. – S. 221 – 231<br />
Zöllner, Oliver: Deutsches Auslandsfernsehen:<br />
Akzeptanz von DW-TV: Ergebnisse der internationalen<br />
Nutzungsforschung. – S. 232-238<br />
„Im April 2002 feierte DW-TV, das Auslandsfernsehen<br />
der Deutschen Welle (DW), sein zehnjähriges Bestehen.<br />
Es wird in drei Sprachen ausgestrahlt und erzielt<br />
über terrestrische Rebroadcaster, Kabel und<br />
mehrere Satelliten eine technische Reichweite von<br />
rund 137 Millionen Haushalte weltweit. DW-TV versteht<br />
sich als deutsche Konkurrenz zu u.a. CNN,<br />
BBC World oder TV5. Sein Auftrag besteht darin<br />
„den Rundfunkteilnehmern ein umfassendes Bild des<br />
(...) Lebens in Deutschland zu vermitteln“. Das 24-<br />
Stunden-Programm richtet sich mit einem Nachrichten-<br />
und Informationsformat vor allem an nicht-deutsche<br />
Multiplikatoren im Ausland. ...“<br />
612<br />
(2002) Nr 6<br />
Engländer, Julia: Der Werbemarkt 2001: nach<br />
langen Jahren des Wachstums erstmals rückläufige<br />
Entwicklung. – S. 242 – 251<br />
Wiedemann, Joachim: DeutschlandTrend<br />
2001: 11. September, politisches Interesse und<br />
<strong>Medien</strong>nutzung: ein Forschungsansatz der<br />
ARD-<strong>Medien</strong>kommission. – S. 252 – 262<br />
Brettschneider, Frank: Kanzlerkandidaten im<br />
Fernsehen: Häufigkeit, Tendenz, Schwerpunkte.<br />
– S. 263 – 276<br />
Bieber, Christoph: Online-Wahlkampf 2002:<br />
Formate und Inhalte in der digitalen Politikarena.<br />
– S. 277 – 283<br />
(2002) Nr 7<br />
Domke, Uwe; Wild, Christoph: Fernsehen<br />
braucht Radio: wie Radiowerbung TV-Kampagnen<br />
verstärkt. – S. 294 – 307<br />
„Die gemeinsame Studie von ARD-Werbung Sales &<br />
Services und Radio Marketing Service zeigt, dass Radio<br />
und Fernsehen für die Ziele der Werbewirtschaft<br />
nicht in Konkurrenz zueinander stehen, sondern sich<br />
hinsichtlich Mediaplanung und Werbewirkung ergänzen.<br />
Dieser neue Forschungsansatz stellt die Werbewirkung<br />
des Radios für identische Radio-/TV-Mixkampagnen<br />
aus dem Jahr 2001 mittels zweier unterschiedlicher<br />
Methoden auf den Prüfstand. ...“<br />
Zubayr, Camille; Gerhard, Heinz: Fußball-<br />
WM 2002: ein Fernsehhighlight aus Sicht der<br />
Zuschauer: Nutzung und Bewertung der WM-<br />
Berichterstattung im Fernsehen. – S. 308 – 313<br />
Krähenbühl, Peter: Qualitätsbeurteilung im<br />
Schweizer Fernsehen: das Modell von SF DRS.<br />
– S. 314 – 318<br />
„Das Schweizer Fernsehen DRS gilt im deutschsprachigen<br />
Raum als Vorreiter für eine strukturierte Qualitätsbeurteilung<br />
im Fernsehen. Schon zu Beginn der<br />
90er Jahre wurde dort ein Modell zur Qualitätsbeurteilung<br />
der Sendungen entwickelt, das inzwischen<br />
modifiziert und an die aktuellen Anforderungen angepasst<br />
wurde. Heute ist SF DRS nach wie vor klarer<br />
Marktführer in der Deutschen Schweiz und verfolgt<br />
das Ziel, diese Marktführung zu behaupten. ...“<br />
Price, David: Der Programmrechtemarkt im<br />
digitalen Zeitalter: Analyse am Fallbeispiel<br />
Großbritannien. – S. 319 – 333<br />
„Der Programmrechtemarkt in Großbritannien befindet<br />
sich in starkem Wandel, und die Fernsehindustrie<br />
versucht, sich auf die neuen digitalen Bedingungen<br />
einzustellen. Bereits seit einiger Zeit treibt der<br />
wachsende Wettbewerb zwischen terrestrischen, Satelliten-<br />
und Kabelplattformen vor allem die Preise für<br />
die attraktivsten Programmrechte nach oben. Zwar<br />
führte diese Entwicklung für die Programmrechteinhaber<br />
zu hohem Profit, allerdings wird inzwischen<br />
immer deutlicher, dass allzu häufig überzogene Preise
ezahlt worden sind. So musste die digitale Plattform<br />
ITV digital, die für 150 Mio Pfund die Übertragungsrechte<br />
der zweiten nationalen Fußball-Liga in Großbritannien<br />
erworben hatte, vor kurzem ihren Betrieb<br />
einstellen. Der vorliegende Beitrag untersucht exemplarisch<br />
die wichtigsten Entwicklungstrends des britischen<br />
Rechtemarkts von Mainstream-Unterhaltungsprogrammen,<br />
wobei auch die Hintergründe und traditionellen<br />
Marktstrukturen (Duopol von BBC und<br />
ITV) bis hin zur Gründung neuer Kabel- und Satellitensender<br />
und zur heutigen Vielkanalsituation beleuchtet<br />
werden. ...“<br />
Media Perspektiven, Dokumentation<br />
(2002) Nr I<br />
Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten<br />
Deutschland in der Fassung des sechsten Rundfunkänderungsstaatsvertrags<br />
in Kraft seit 1. Juli<br />
2002. – S. 1 – 50<br />
<strong>Medien</strong>dienste-Staatsvertrag in der Fassung des<br />
sechsten Rundfunkänderungsstaatsvertrags in<br />
Kraft seit 1. Juli 2002. – S. 51 – 60<br />
Media psychology<br />
Jg 4 (2002) Nr 1<br />
Smith, Stacy L.; Wilson, Barbara J.: Children’s<br />
comprehension of and fear reactions to television<br />
news. – S. 1 – 26<br />
Potter, W. James u.a.: Perceptions of television:<br />
a schema. – S. 27 – 50<br />
Schmitt, Kelly L.; Anderson, Daniel R.: Television<br />
and reality: Toddler’s use of visual information<br />
from video guide behavior. – S. 51 – 76<br />
Kwak, Hyokjin; Zinkham, George M.; Dominick,<br />
Joseph R.: The moderating role of gender<br />
and compulsive buying tendencies in the cultivation<br />
effects of TV shows and TV advertising:<br />
a cross cultural study between the United States<br />
and South Korea. – S. 77 – 111<br />
Jg 4 (2002) Nr 2<br />
Thomsen, Steven R. et al: Motivations for reading<br />
beauty and fashion magazines and anorexic<br />
risk in college-age women. – S. 113 – 136<br />
Oliver, Mary Beth; Fonash, Dana: Race and crime<br />
in the news: white’s identification and misidentification<br />
of violent and nonviolent criminal<br />
suspects. – S. 137 – 156<br />
Mastro, Dana; Eastin, Matthew S.; Tamborini,<br />
Ron: Internet Search behaviors and mood alterations:<br />
a selective exposure approach. – S. 157<br />
– 172<br />
Zeitschriftenlese<br />
Sundar, S. Shyam; Wagner, Carson B.: The<br />
World Wide Wait: exploring physiological and<br />
behavioral effects of download speed. – S. 173 –<br />
206<br />
medien + erziehung<br />
Jg 46 (2002) Nr 3<br />
Schachtner, Christina: Entdecken und erfinden:<br />
neue <strong>Medien</strong> – neues Lernen?. – S. 145 –<br />
153<br />
„Die Neuen <strong>Medien</strong> als Gegenstand von Bildung werden<br />
an Gewicht weiter zunehmen. Die Mitsprache der<br />
Lernenden bei dieser Unternehmung ist innovative<br />
Ressource und Korrektiv, ihre Visionen und Reflexionen<br />
sind dabei unverzichtbar.“<br />
Priemer, Burkhard; Zajonc, Rolf: Das Internet<br />
in der Welt der Bildungsmedien: eine aktuelle<br />
Einschätzung aus didaktischer Sicht. – S. 154 –<br />
163<br />
„Zur Unterstützung der Entscheidung, wann und wie<br />
das Internet als Bildungsmedium in den Unterricht integriert<br />
werden soll, liefern die Autoren funktionale<br />
und inhaltliche Kriterien sowie Hinweise für die Unterrichtspraxis.“<br />
Kliewer, Heinz-Jürgen: Literatur hören: Überlegungen<br />
zu einem Curriculum. – S. 164 – 168<br />
„Ohne den Einsatz visueller <strong>Medien</strong> im Unterricht<br />
und die Bedeutung von Schriftlichkeit schmälern zu<br />
wollen, plädiert der Autor für eine generell Hörästhetik<br />
im Deutschunterricht.“<br />
Ohle-Nieschmidt, Hannelore: Mediale und<br />
reale Lernwelten: noch ein Widerspruch, bald<br />
integrale Bestandteile des Schulalltags. – S. 169<br />
– 171<br />
„Die Euphorie rund um die Online-Lernangebote hat<br />
sich inzwischen gelegt, und die Anbieterseite geht verhaltener<br />
mit neuen Produkten um, ohne jedoch klassische<br />
Lernmedien wie das Buch zu vernachlässigen.“<br />
Hüther, Jürgen: Wegbereiter der <strong>Medien</strong>pädagogik<br />
(5): Bertolt Brecht. – S. 187 – 190<br />
Jg 46 (2002) Nr 4<br />
Thema; <strong>Medien</strong>pädagogik: eine Diskussionsrunde<br />
mit Stefan Aufenanger u.a.. – S. 211 – 221<br />
<strong>Medien</strong>pädagogik hat seit einigen Jahren als Schlagwort<br />
Konjunktur, gleichzeitig zeigen sich Probleme<br />
bei der Profilbeschreibung. <strong>Medien</strong>pädagogik-Experten<br />
nahmen dies zum Anlass für eine Standortbestimmung.<br />
Im Mittelpunkt standen und stehen vor allem<br />
folgende Frage: Was zeichnet <strong>Medien</strong>pädagogik aus?<br />
Ist sie eine eigene Disziplin oder Teilbereich anderer<br />
Disziplinen? Gibt es verbindliche Standards und Qualitätskriterien<br />
für die Ausbildung und medienpädagogische<br />
Praxis? Wie kann die <strong>Medien</strong>pädagogik ihre<br />
Außendarstellung verbessern? Fest steht, die Diskussion<br />
muss weitergeführt werden.<br />
613
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
Kaden, Michael: <strong>Medien</strong>erziehung in Portugal.<br />
– S. 244 – 247<br />
Hüther, Jürgen: Die Kinoreformer 1907–1920.<br />
– S. 248 – 251<br />
<strong>Medien</strong> & Zeit<br />
Jg 17 (2002) Nr 1<br />
Bauer, Elke: „Gegenöffentlichkeit“ – Baukasten<br />
zu einer Ideengeschichte:: paradigmatische<br />
Konzepte im deutschsprachigen Diskurs von<br />
den sechziger Jahren bis heute. – S. 4 – 15<br />
Behrend, Hanna: Feministische Gegenöffentlichkeit<br />
im „Realsozialismus“. – S. 16 – 26<br />
Moser, Karin: Propaganda und Gegenpropaganda:<br />
das „kalte“ Wechselspiel während der<br />
alliierten Besatzung in Österreich. – S. 27 – 42<br />
Hysek, Dalibor: Die Wiener tschechische Presse<br />
der Donaumonarchie: eine bedeutende Leistung<br />
einer unvollkommenen Gesellschaft. –<br />
S. 43 – 52<br />
Duchkowitsch, Wolfgang: Auf zum Widerstand?:<br />
zur Gegenöffentlichkeit in Österreich<br />
vor 1848. – S. 53 – 66<br />
Boyer, Elisabeth: „Wir gehen solange, bis Ihr<br />
geht“: „Widerstand“ gegen die ÖVP/FPÖ-Regierung<br />
in Österreich. – S. 67 – 72<br />
Jg 17 (2002) Nr 2 – 3<br />
Pöttker, Horst: Momente einer Debatte: wie<br />
die deutsche <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong><br />
sich heute vor ihrer Vergangenheit schützt. –<br />
S. 4 – 11<br />
Bohrmann, Hans: Als der Krieg zu Ende war:<br />
von der Zeitungs<strong>wissenschaft</strong> zur Publizistik. –<br />
S. 12 – 33<br />
Hardt, Hanno: Am Vergessen scheitern: Essay<br />
zur historischen Identität der Publizistik<strong>wissenschaft</strong>,<br />
1945-1968. – S. 34 – 39<br />
Sösemann, Bernd: Kämpferische Wissenschaft:<br />
Zeitungs- und Publizistik<strong>wissenschaft</strong>ler zwischen<br />
Versailles und Kaltem Krieg. – S. 40 – 45<br />
Pöttker, Horst: Konformität, Opportunismus,<br />
Opposition: zur Typologie von Verhaltensweisen<br />
im NS-Regime und danach. – S. 46 – 56<br />
Averbeck, Stefanie; Kutsch, Arnulf: Thesen zur<br />
Geschichte der Zeitungs- und Publizistik<strong>wissenschaft</strong>.<br />
– S. 57 – 66<br />
Stöber, Rudolf: Emil Dovifat, Karl d’Ester und<br />
614<br />
Walter Hagemann: die Wiederbegründung der<br />
Publizistik in Deutschland nach 1945. – S. 67 –<br />
84<br />
Schütz, Walter J.: Neuanfang mit brauner Lektüre:<br />
Studienbedingungen nach 1945: ein Erfahrungsbericht.<br />
– S. 85 – 91<br />
Heinelt, Peer: Portrait eines Schreibtischtäters:<br />
Franz Ronneberger 1913 – 1999. – S. 92 – 111<br />
Oggolder, Christian: Wissenschaft und Forschung<br />
in der nationalsozialistischen Presse<br />
1938 – 1945. – S. 112 – 139<br />
Pürer, Heinz: Zur Fachgeschichte der Publizistik<strong>wissenschaft</strong>.<br />
– S. 122 – 139<br />
Duchkowitsch, Wolfgang: Von Karl Oswin<br />
Kurth zu Kurt Paupié: eine Geschichte ideologischer<br />
Konformität?. – S. 140 – 150<br />
Hausjell, Fritz: Franz Ronnebergers Wiener<br />
Jahre: seine journalistische Tätigkeit und seine<br />
Mitarbeit am „Institut zur Erforschung und<br />
Förderung des internationalen Pressewesens<br />
der Union Nationaler Journalistenverbände<br />
UNJ“ in Wien 1941-1945. – S. 151 – 163<br />
<strong>Medien</strong> Concret<br />
(2002)<br />
Media Mix Mondial: Ideen für die interkulturelle<br />
<strong>Medien</strong>arbeit. – S. 6 – 25<br />
„Diese Ausgabe ... beleuchtet das <strong>Medien</strong>angebot auf<br />
seine multikulturelle Vielfalt; Hintergrundbeiträge<br />
beschäftigen sich mit der medialen Darstellung von<br />
Migranten und Menschen in anderen Kulturkreisen,<br />
mit ihrer <strong>Medien</strong>nutzung, vor allem aber mit ihren<br />
Aktivitäten im <strong>Medien</strong>bereich, vor und hinter der Kamera.“<br />
Besondere Aufmerksamkeit wird diversen<br />
Projekten im Bereich der interkulturellen Jugendmedienarbeit<br />
gewidmet. Vorgestellte Praxisporträts verweisen<br />
auf die Vielfalt der Ansätze und Konzepte in<br />
der interkulturellen <strong>Medien</strong>arbeit.<br />
<strong>Medien</strong> Journal<br />
Jg 26 (2002) Nr 1<br />
Paus-Haase, Ingrid: Zur Forschung mit Kindern:<br />
der Blick auf den Alltag der Kinder ist unerlässlich.<br />
– S. 7 – 12<br />
Paus-Haase, Ingrid; Hammerer, Eva; Rotter,<br />
Gabriele: Zur Faszination der Fernsehserie Pokémon:<br />
Ergebnisse der Produktanalyse. – S. 13<br />
– 19<br />
Wagner, Ulrike; Bollig, Sebastian: Pokémon im<br />
<strong>Medien</strong>menü von Kindern: Ergebnisse einer<br />
standardisierten Befragung mit österreichischen<br />
Kindern. – S. 20 – 33
Paus-Haase, Ingrid; Wagner, Ulrike: Pokémon:<br />
Gefährten zum Spielen und Kämpfen: eine<br />
qualitative Befragung von Kindern und Jugendlichen.<br />
– S. 34 – 42<br />
Schuller, Sandra; Sindermann, Anja: Perspektiven<br />
von Eltern auf Pokémon: Pokémon wird<br />
als Modeerscheinung eingeschätzt. – S. 43 – 46<br />
Hammerer, Eva; Pointecker, Marco: Perspektiven<br />
von Pädagoginnen auf Pokémon: das Thema<br />
wird in Kindergarten und Schule am liebsten<br />
gemieden. – S. 47 – 52<br />
Eckstein, Kirstin: Kampf für Liebe und Gerechtigkeit:<br />
Sailor Moon ein Action-Cartoon<br />
für Mädchen. – S. 53 – 68<br />
Paus-Haase, Ingrid: <strong>Medien</strong>pädagogische<br />
Konzepte für Eltern und Pädagogen tun Not. –<br />
S. 69 – 72<br />
<strong>Medien</strong> praktisch<br />
Jg 26 (2002) Nr 2<br />
Kübler, Hans-Dieter: PISA und die <strong>Medien</strong>kompetenz.<br />
– S. 4 – 8<br />
Fromme, Johannes: Spiel und Bildung im Zeitalter<br />
der Neuen <strong>Medien</strong>. – S. 8 – 13<br />
Wagner, Wolf-Rüdiger: Wege in eine neue<br />
Lernkultur: www.literatur@tlas.de. – S. 13 – 16<br />
Röll, Franz Josef: Lernen in der Wissensgesellschaft:<br />
wie Lehrende zu Navigatoren des Lernprozesses<br />
werden. – S. 17 – 21<br />
Die Wissensgesellschaft stellt die Individuen vor neue<br />
Anforderungen. „Lebenslanges Lernen“ und der Erwerb<br />
von „Schlüsselqualifikationen“ wie z.B. Kreativität,<br />
Flexibilität, Fähigkeit zum Problemlösen etc. erfordern<br />
andere Lernkonzepte. Nicht nur der Lernprozess<br />
wird sich verändern, sondern vor allem das<br />
Verhältnis von Lernenden und Lehrenden. Die Verantwortung<br />
für die Qualifikation übernehmen zunehmend<br />
die Lernenden, während die Pädagogen den<br />
Lernprozess fördern, unterstützen und „navigieren“.<br />
Neuß, Norbert: Screenrecording: Evaluation<br />
der Rezeption von Neuen <strong>Medien</strong>. – S. 21 – 25<br />
Beim so genannten Screenrecording handelt es sich<br />
um ein Verfahren zur Evaluation der Nutzung multimedialer<br />
(Lern-)Angebote. Durch die parallele Aufzeichnung<br />
der Nutzer und der Aktionen auf dem<br />
Bildschirm bietet es die Möglichkeit, den Aneignungsprozess<br />
zu rekonstruieren. An drei Beispielen,<br />
in denen Kinder mit verschiedenen PC-Programmen<br />
arbeiten, werden die Einsatzmöglichkeiten des Screenrecordings<br />
veranschaulicht. Ingesamt handelt es<br />
sich nach der Einschätzung des Autors um ein geeignetes<br />
Beobachtungsverfahren, das in Kombination<br />
mit verbalen Verfahren (z.B. lautes Denken, Interview)<br />
vielfältige Einsatzmöglichkeiten im Bereich der<br />
neuen <strong>Medien</strong> bietet.<br />
Zeitschriftenlese<br />
Müller, Petra: Kinderwelt und Internet: <strong>Kommunikations</strong>macht<br />
Internet und kindgerechte<br />
Entwicklung. – S. 25 – 30<br />
Die Autorin sieht sowohl die Gesellschaft als auch das<br />
Individuum vor die notwendige Aufgabe gestellt, sich<br />
den Umgang mit dem Computer anzueignen: „Das<br />
bedeutete, das Medium technisch zu beherrschen, um<br />
es in einem positiven Sinn nutzen zu können. Und es<br />
bedeutet zugleich, dass pädagogische Bewahr-, Verschweige-<br />
und Verdrängungsstrategien nur noch in<br />
sehr begrenztem Umgang wirksam sein können.“ (S.<br />
26). Entsprechend plädiert sie für einen frühen, aber<br />
begleiteten Umgang mit dem Internet bereits in der<br />
Grundschule. Mit der von ihr vorgestellten CD-Rom<br />
„Kinderbrauser“ der FWU könnten Kinder mit der<br />
Nutzung des Internets vertraut gemacht und auf das<br />
„reale Internet“ vorbereitet werden.<br />
Hochreuther, Ina: DVD im Bildungsbereich:<br />
das neue Unterrichtsmedium DVD-educativ. –<br />
S. 30 – 32<br />
Unter dem Label „DVD-educativ“ verbirgt sich ein<br />
multimediales, modulares und interaktives DVD-<br />
Lernangebot, das sowohl für die Schule als auch für<br />
die außerschulische Kinder- und Jugendarbeit konzipiert<br />
wurde. Die Autorin wägt die Vor- und Nachteile<br />
des Einsatzes neuer <strong>Medien</strong> im Unterricht (u.a.<br />
Schwierigkeiten hinsichtlich der kritischen Reflektion<br />
der Inhalte, unerlaubtes Surfen) ab und plädiert für<br />
eine verstärkte Implementierung neuer <strong>Medien</strong> im<br />
Unterricht. Anhand der Erfahrungen von Modellschulen<br />
leitet sie Faktoren ab, die diese erleichtern<br />
können.<br />
Seeber, Franziska: Chancen und Möglichkeiten<br />
Neuer <strong>Medien</strong> in der Schule: können andre<br />
Lehr- und Lernformen durch Neue <strong>Medien</strong><br />
entstehen?. – S. 33 – 37<br />
Bobert-Stützel, Sabine: Zukunft E-learning?:<br />
Religionspädagogik zwischen Bewahrpädagogik<br />
und selbstgesteuertem Lernen. – S. 37 – 41<br />
Bickelhaupt, Thomas; Buschmann, Gerd: Die<br />
Erschaffung Adams in der Werbung, Teil 2. –<br />
S. 50 – 55<br />
<strong>Medien</strong> praktisch<br />
Jg 26 (2002) Nr 5, Sonderheft Texte<br />
Bachmair, Ben: Jugendschutz & <strong>Medien</strong>macht:<br />
James Bond medienpädagogisch betrachtet. –<br />
S. 3 – 12<br />
Austermann, Anton: Kultivierung der Freiheit:<br />
Reflexionen zum Jugendschutz. – S. 13 – 15<br />
Wagner, Wolf-Rüdiger: <strong>Medien</strong>kompetenz<br />
und Allgemeinbildung: Überlegungen zur<br />
Neuorientierung der <strong>Medien</strong>pädagogik ausgehend<br />
vom Bond-Film „Tomorrow never dies“.<br />
– S. 16 – 25<br />
615
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
Krotz, Friedrich: And the winner is – BMW:<br />
James Bond, die <strong>Medien</strong> und die Märkte. –<br />
S. 27 – 35<br />
BMW hat sich den Film „Tomorrow never dies“ erfolgreich<br />
zunutze gemacht, ebenso wie andere Unternehmen<br />
und Politiker. Der Autor beschreibt aus verschiedenen<br />
Perspektiven die Entwicklung sowie den<br />
damit einhergehenden Bedeutungswandel der <strong>Medien</strong><br />
für die Öffentlichkeit und die Demokratie und stellt<br />
fest: „Die <strong>Medien</strong> und ihre Bedeutung für die Demokratie<br />
wandeln sich heute grundlegend, und man kann<br />
sagen, dass ihre Entwicklung in eine neue Phase eingetreten<br />
ist. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass immer<br />
mehr <strong>Medien</strong> einen immer geringeren Beitrag zur<br />
Demokratie leisten und sie daran auch immer weniger<br />
interessiert sind.“ (S. 27) Er sieht dabei die <strong>Medien</strong> zunehmend<br />
durch ökonomische Interessen geprägt, die<br />
das Einflussvermögen der Rezipienten gleichsam<br />
schmälern.<br />
Hepp, Andreas: Globalisierung der <strong>Medien</strong>kommunikation:<br />
Herausforderungen für die<br />
moderne Gesellschaft. – S. 36 – 45<br />
Wulff, Hans J.: Journalismus & <strong>Medien</strong> im<br />
Film: Zeitungs-, Reporter- und <strong>Medien</strong>filme. –<br />
S. 46 – 55<br />
Feist, Udo: Die im Dunkeln sieht man nicht:<br />
New York, Erfurt, Masar-i-Scharif: mit Johannes<br />
B. Kerner, Noam Chomsky und die CIA<br />
im Backstage-Bereich der Schreckensbilder. –<br />
S. 56 – 64<br />
Wegener, Claudia: Wo steht eigentlich Schröder?:<br />
zum Verhältnis von politischer und medialer<br />
Realität. – S. 65 – 70<br />
Am Beispiel der medialen Inszenierung von Gerhard<br />
Schröder wird die Rolle der <strong>Medien</strong> in der politischen<br />
Berichterstattung skizziert. <strong>Medien</strong> verringern<br />
scheinbar die Distanz zwischen Politikern und<br />
Wählern, sie inszenieren politische Ereignisse und<br />
konstruieren eine eigene <strong>Medien</strong>politik. Nur selten<br />
werden diese Prozesse und deren Folgen kritisch reflektiert.<br />
Die Autorin plädiert für die Förderung von<br />
<strong>Medien</strong>kompetenz, die es den Rezipienten ermöglicht,<br />
die medialen Formen politischer Inszenierung<br />
zu durchschauen.<br />
Schaffar, Birgit: Talk über Politik, Politik als<br />
talk: ein Sonntagabend mit Sabine Christiansen.<br />
– S. 71 – 79<br />
Multimedia und Recht<br />
Jg 5 (2002) Nr 4<br />
Lurger, Brigitta; Vallant, Sonja Maria: Die<br />
österreichische Umsetzung des Herkunftslandprinzips<br />
der e-commerce-Richtlinie. –<br />
S. 203 – 208<br />
Horn, Christian: Verbraucherschutz bei Internetgeschäften.<br />
– S. 209 – 214<br />
Roßnagel, Alexander: Rechtliche Unterschiede<br />
von Signaturverfahren. – S. 215 – 221<br />
616<br />
Reinersdorff, Wolfgang von: Keine Einspeisung<br />
von Inhalten in Kabelnetze ohne Zustimmung<br />
des Netzbetreibers. – S. 222 – 224<br />
Der Verfasser geht vor dem Hintergrund der zunehmenden<br />
Digitalisierung der Breitbandkabelnetze der<br />
Frage nach, ob und inwieweit Netzbetreiber der<br />
Netzebene 4 verpflichtet sind, Dienste und Programme<br />
von Inhalteanbietern oder Betreibern der Netzebene<br />
durch ihre Netze zum Endkunden zu leiten.<br />
Nach einem Überblick über die bisher zu diesem Themenkomplex<br />
ergangene Rechtsprechung wird ein<br />
möglicher Unterlassungsanspruch der NE4-Betreiber<br />
anhand des Merkmals der Störungshandlung sowie<br />
der Sperrproblematik geprüft. Der Verfasser kommt<br />
zu dem Ergebnis, dass eine Durchleitung digitaler<br />
Programme durch die NE 4 eine Störungshandlung<br />
darstellt und die technische Möglichkeit der Durchleitungssperrung<br />
durch den NE 4-Betreiber sich nicht<br />
auf das generelle Bestehen eines Unterlassungsanspruchs<br />
des NE 4-Betreibers gegen den Inhalteanbieter<br />
bzw. den NE 3-Betreiber auswirkt.<br />
Jg 5 (2002) 5<br />
Schmidt, Frank; Rommel, Wolfrad: Regulierung<br />
zwischen Dienste- und Infrastrukturwettbewerb.<br />
– S. 225 – 230<br />
Hufnagel, Frank-Erich: Software- und Business-Patente:<br />
Herausforderung für das juristische<br />
Risikomanagement. – S. 279 – 283<br />
Hoffmann, Helmut: Zivilrechtliche Haftung<br />
im Internet. – S. 284 – 288<br />
Der Beitrag befasst sich mit dem Regelungsinhalt der<br />
im Dezember 2001 geänderten Haftungsnormen des<br />
TDG und gibt einen Überblick über die allgemeinen<br />
Grundsätze der Verantwortlichkeit bei Telediensten<br />
sowie über die speziellen Vorschriften und Haftungsbeschränkungen<br />
bei Durchleitung, Zwischenspeicherung<br />
und Speicherung von Informationen. Der Verfasser<br />
typisiert die einschlägigen Diensteformen und<br />
definiert die jeweiligen Tatbestandmerkmale kurz.<br />
Abel, Ralf B.: Der behördliche Datenschutzbeauftragte.<br />
– S. 289 – 293<br />
Holthoff-Frank, Klaus: Wettbewerb auf Telekommunikationsmärkten:<br />
das zweite Sondergutachten<br />
der Monopolkommission. – S. 294 –<br />
298<br />
„Die Monopolkommission hat im Dezember 2001<br />
ihre zweite Stellungnahme zur Entwicklung des Wettbewerbs<br />
auf den Märkten der Telekommunikation<br />
gemäß § 81 Abs. 3 TKG vorgelegt. Darin nimmt sie<br />
zu den Fragen Stellung, ob auf den Märkten der Telekommunikation<br />
funktionsfähiger Wettbewerb<br />
herrscht und ob der Gesetzgeber ggf. die Regulierungsintensität<br />
zurückführen kann. Im Ergebnis<br />
schließt die Kommission die Möglichkeit einer Deregulierung<br />
der Märkte für Fern- und Auslandsgespräche<br />
in absehbarer Zukunft nicht aus. Um zu verhindern,<br />
dass die Deutsche Telekom AG (DTAG)<br />
ihre verbleibende Marktmacht insbesondere bei den<br />
Teilnehmeranschlüssen dazu nutzen kann, die Wettbewerbsverhältnisse<br />
in den gerade deregulierten<br />
Märkten wieder zu ihren Gunsten zu verändern, sieht
die Monopolkommission allerdings die Notwendigkeit<br />
flankierender Maßnamen zur Absicherung des erreichten<br />
Wettbewerbs. Eine solche wäre die strukturelle<br />
Trennung der Geschäftsaktivitäten der DTAG in<br />
unabhängige Fern- und Ortsnetzgesellschaften.“<br />
Reinersdorff, Wolfgang von: Rückforderung<br />
gezahlter Lizenzgebühren trotz Rechtskraft<br />
des Gebührenbescheids. – S. 299 – 301<br />
Jg 5 (2002) Nr 6<br />
Stadler, Thomas: Sperrungsverfügung gegen<br />
Access-Provider. – S. 343 – 346<br />
Der Beitrag untersucht die Frage, ob die Access-Provider<br />
auf Grundlage des MDStV verpflichtet werden<br />
können, Maßnahmen zur Sperrung von rechtswidrigen<br />
Inhalten zu ergreifen. Der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit<br />
von § 18 MDStV, die der Verfasser<br />
aufgrund der Nähe von <strong>Medien</strong>diensten zur Presse für<br />
zweifelhaft hält, folgt die Untersuchung, inwieweit<br />
der MDStV auf Access-Provider anwendbar ist und<br />
ob eine Sperrungsverfügung dem Provider technisch<br />
möglich und zumutbar ist. Zuletzt wird der Frage<br />
nachgegangen, ob durch Sperrungsverfügungen eine<br />
Beeinträchtigung der Informationsfreiheit und der Interessen<br />
der Allgemeinheit vorliegt und ob Access-<br />
Provider einen Entschädigungsanspruch haben.<br />
Flechsig, Norbert P.: Subdomain: sicher versteckt<br />
und erreichbar?: die Verkehrssicherungspflichten<br />
des Host-Providers. – S. 347 –<br />
352<br />
Cornelius, Kai: Vertragsabschluss durch autonome<br />
elektronische Agenten. – S. 353 – 357<br />
Bär, Wolfgang: Auskunftsanspruch über Telekommunikationsdaten<br />
nach den neuen §§<br />
100g, 100h StPO. – S. 358- – 363<br />
Holznagel, Bernd; Schulz, Christian: Die Auskunftsrechte<br />
der Regulierungsbehörde aus § 72<br />
TKG und § 45 PostG. – S. 364 – 369<br />
Kibele, Babette: Zugangsfreiheit zu digitalen<br />
Diensten: die Satzung der Landesmedienanstalten<br />
zu § 53 Abs. 7 RStV und ihre Bedeutung für<br />
die Praxis. – S. 370 – 375<br />
Die Verfasserin stellt die Satzung der Landesmedienanstalten<br />
über die „Zugangsfreiheit zu digitalen<br />
Diensten gem. § 53 Abs. 7 RStV“ als Kern der gesetzlichen<br />
Grundlagen der Zugangssicherung im digitalen<br />
Fernsehen vor und untersucht ihre Brauchbarkeit in<br />
der Praxis. Der Beitrag geht dabei neben der rechtlichen<br />
Einbettung und dem Ziel der Satzung auf den<br />
Anwendungsbereich, Verfahrensgrundsätze, Prüfungs-<br />
und Sanktionsinstrumentarien und besondere<br />
Zugangsregelungen für einzelne Dienste wie CA-<br />
Dienste, Navigatoren und Programmplattformen ein.<br />
Im Ergebnis wird die Satzung als notwendiges und<br />
taugliches Instrumentarium für die Gewährleistung<br />
einer effektiven Zugangssicherung bewertet.<br />
Zeitschriftenlese<br />
Jg 5 (2002) Nr 7<br />
Hoenike, Mark; Hülsdunk, Lutz: Die Gestaltung<br />
von Fernabsatzangeboten im elektronischen<br />
Geschäftsverkehr nach neuem Recht: gesetzesübergreifende<br />
Systematik und rechtliche<br />
Vorgaben vor Vertragsschluss. – S. 415 – 419<br />
Köster, Oliver; Jürgens, Uwe: Haftung professioneller<br />
Informationsvermittler im Internet:<br />
eine Bestandsaufnahme nach der Novellierung<br />
der Haftungsregelungen. – S. 420 – 425<br />
„Nach der Umsetzung der E-Commerce-Richtlinie in<br />
das Haftungsregime der deutschen Multimediagesetze<br />
muss die Problematik der Verantwortlichkeit von<br />
Links neu betrachtet werden. Insbesondere für professionelle<br />
Informationsvermittler, deren Angebot<br />
maßgeblich darin besteht, Nutzern des Internet den<br />
Zugang zu bestimmten Informationen mittels Links<br />
zu erleichtern, stellen sich die Haftungsfragen. Der<br />
Beitrag stellt zunächst die gängigen Formen dieser<br />
Dienstleistung dar und beschreibt ihre wichtigsten<br />
haftungsrechtlichen Charakteristika. Da anders als<br />
nach der früheren Rechtslage heute allein eine Haftung<br />
nach den allgemeinen Gesetzen in Betracht<br />
kommt, werden in Anlehnung an die für einzelne <strong>Medien</strong>typen<br />
herausgearbeiteten Grundsätze der Autoren-<br />
und Verbreiterhaftung für die verschiedenen Arten<br />
von Informationsvermittlungen entsprechende<br />
Haftungsgrundsätze entwickelt und zur Diskussion<br />
gestellt.“<br />
Räther, Philipp C.; Seitz, Nicolai: Übermittlung<br />
personenbezogener Daten in Drittstaaten:<br />
Angemessenheitsklausel, Safe Harbor und die<br />
Einwilligung. – S. 425 – 433<br />
Müller, Ulf; Kemper, Birgit: TK-Verträge in<br />
der Insolvenz. – S. 433 – 439<br />
Koenig, Christian; Koch, Alexander: Die Resale-Verpflichtung<br />
von Mobilfunknetzbetreibern<br />
nach dem neuen gemeinschaftlichen TK-<br />
Rechtsrahmen. – S. 439 – 445<br />
Roßnagel, Alexander; Hilger, Caroline: Offener<br />
Zugang zum digitalisierten Kabel: Realität<br />
oder Zielvorstellung?. – S. 445 – 452<br />
Der Beitrag zeigt die Probleme auf, die sich aus den<br />
Eigentumsverhältnissen und der Digitalisierung in<br />
Bezug auf die Zugangsoffenheit des Kabelnetzes ergeben<br />
können, und erörtert rechtliche Lösungsmöglichkeiten.<br />
Neben der Darstellung der Geschäftsmodelle<br />
und der Empfangstechnik bei digitalem Fernsehen untersucht<br />
der Beitrag die grundrechtliche Bedeutung<br />
des offenen Netzzugangs, insbesondere im Hinblick<br />
auf Art. 5 Abs. 1 GG. Da die Gesetzgeber bereits eine<br />
positive Ordnung des Rundfunks sowie ergänzende<br />
Rechtsregelungen geschaffen haben, geht der Verfasser<br />
der Frage nach, ob die gebotene Sicherung eines offenen<br />
Zugangs in ausreichender Weise möglich ist.<br />
Daneben werden alternative oder kumulative Möglichkeiten<br />
der Zugangssicherung, etwa durch Kabelbelegung,<br />
Empfangstechnik, Wettbewerbsregulierung<br />
oder gesellschaftspolitische Maßnahmen auf ihre<br />
Wirksamkeit hin untersucht.<br />
617
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
Jg 5 (2002) Nr 8<br />
Spindler, Gerald: Verantwortlichkeit und Haftung<br />
für Hyperlinks im neuen Recht. – S. 495-<br />
503<br />
Der Beitrag beleuchtet die Haftung für Hyperlinks<br />
nach dem neuen Teledienstegesetz, auch vor dem<br />
Hintergrund der bisherigen Gesetzeslage und den<br />
Vorgaben der E-Commerce-Richtlinie. Der Verfasser<br />
kommt zu dem Ergebnis, dass das neue TDG keinerlei<br />
Regelung mehr für Hyperlinks enthält und das<br />
stattdessen auf die tradierten Kriterien der Garantieund<br />
Verkehrssicherungspflichten zurückgegriffen<br />
werden muss.<br />
Koch, Christian: Bankgeheimnis im Onlineund<br />
Internet-Banking: Auswirkungen auf den<br />
Vertrieb von Bankprodukten. – S. 504 – 508<br />
Ranke, Johannes: M-Commerce: Einbeziehung<br />
von AGB und Erfüllung von Informationspflichten.<br />
– S. 509 – 515<br />
Hoenike, Mark; Hülsdunk, Lutz: Rechtliche<br />
Vorgaben für Fernabsatzangebote im elektronischen<br />
Geschäftsverkehr bei und nach Vertragsschluss:<br />
ein Überblick über die gesetzlichen<br />
Anforderungen und die Rechtsfolgensystematik<br />
bei Verstößen. – S. 516 – 519<br />
Räther, Philipp C.; Seitz, Nicolai: Ausnahmen<br />
bei Datentransfer in Drittstaaten: die beiden<br />
Ausnahmen nach § 4c Abs. 2 BDSG: Vertragslösung<br />
und Code of conduct. – S. 520 – 527<br />
Schmidt, Frank; Wehmeier, Axel; Alkas, Hasan:<br />
Unzulässige Bündelung bei optionalen Tarifen<br />
der Deutschen Telekom?: eine regulierungsökonomische<br />
Betrachtung. – S. 528 – 533<br />
Multimedia und Recht, Beilage<br />
Jg 5 (2002) Nr 7<br />
Marktabgrenzung und Marktbeherrschung auf<br />
Telekommunikationsmärkten: TK-Forum der<br />
RegTP am 27. August 2001 in Bonn. – S. 1 – 44<br />
Die Beilage gibt einen Gesamtüberblick über die intensiv<br />
diskutierten Fragen zur Marktabgrenzung und<br />
-beherrschung im TK-Sektor. Sie enthält alle wesentlichen<br />
Beiträge und Stellungnahmen der Diskussion<br />
über die zu diesen Fragen von der RegTP veröffentlichten<br />
Eckpunkte. Die Beiträge und die Zusammenfassungen<br />
der Podiumsdiskussionen kreisen dabei insbesondere<br />
um die Fragestellungen, inwiefern Besonderheiten<br />
des TK-Sektors bei der Marktanalyse zu<br />
berücksichtigen sind und wie das Verhältnis zwischen<br />
dem GWB als allgemeinem Wettbewerbsrecht und<br />
dem TKG als sektorspezifischem Recht generell zu<br />
bewerten ist.<br />
Jg 5 (2002) Nr 8<br />
Kirchner, Christian: Verschärfte Regulierung<br />
der Mobilfunkmärkte?. – S. 1 – 21<br />
618<br />
Mobilfunkmärkte geraten zunehmend in das Visier einer<br />
umfassenden sektorspezifischen Regulierung. Der<br />
Beitrag fragt nach Funktion, Sinn und Zweck der geforderten<br />
Verschärfung der Regulierung des Mobilfunksektors.<br />
Nach einer Analyse des derzeitigen<br />
Wettbewerbs auf deutschen Mobilfunkmärkten stellt<br />
der Verfasser die derzeitige Regulierung auf deutscher<br />
und europäischer Ebene sowie die in diesen Bereich<br />
gemachten Änderungsvorschläge vor. Der Beitrag<br />
zieht ein Fazit aus den normativen Diskussionen in<br />
Form von Vorschlägen für die Rechtsetzung auf europäischer<br />
und deutscher Ebene und gibt einen Ausblick<br />
auf den künftigen Diskussionsbedarf.<br />
New media & society<br />
Jg 4 (2002) Nr 2<br />
Dai, Xiudian: Towards a digital economy with<br />
Chinese characteristics?. – S. 141 – 162<br />
Zhang, Junhua: Will the government „Serve<br />
the people“?: the development of Chinese<br />
e-government. – S. 163 – 184<br />
Fung, Anthony Y. H.: Identity politics, resistance<br />
and new media technologies: a Foucauldian<br />
approach to the study of the HKnet. –<br />
S. 185 – 204<br />
Hughes, Christopher R.: China and the globalization<br />
of ICTs: implications for international<br />
relations. – S. 205 – 224<br />
Goodwin, Ian; Spittle, Steve: The European<br />
Union and the information society: discourse,<br />
power and policy. – S. 225 – 250<br />
Andrejevic, Mark: The kinder, gentler gaze of<br />
Big Brother: reality TV in the era of digital capitalism.<br />
– S. 251 – 270<br />
McMillan, Sally J.: A four-part model of cyberinteractivity:<br />
some cyber-places are more interactive<br />
than others. – S. 271 – 292<br />
Political Communication<br />
Jg 19 (2002) Nr 2<br />
Amin, Hussein: Freedom as a value in Arab media:<br />
perceptions and attitudes among journalists.<br />
– S. 125 – 136<br />
Ayish, Muhammad I.: Political communication<br />
on Arab world television: evolving patterns. –<br />
S. 137 – 154<br />
Rawan, Shir Mohammad: Modern mass media<br />
and traditional communication in Afghanistan.<br />
– S. 155 – 270<br />
Jones, Adam: From vanguard to vanquished:<br />
the tabloid press in Jordan. – S. 171 – 188
Wolfsfeld, Gadi; Khouri, Rami; Peri, Yoram:<br />
News about the other in Jordan and Israel: does<br />
peace make a difference?. – S. 189 – 210<br />
Vogt, Achim: Regulation and self-regulation:<br />
the role of media commissions and professional<br />
bodies in the Muslim world. – S. 211 – 224<br />
Hafez, Kai: Journalism ethics revisited: a comparison<br />
of ethics codes in Europe, North Africa,<br />
the Middle East, and Muslim Asia. – S. 225<br />
– 250<br />
Diamond, Matthew: No laughing matter: post-<br />
September 11 political cartoons in Arab/Muslim<br />
newspapers. – S. 251 – 272<br />
Sreberny, Annabelle: Media, Muslims, and the<br />
Middle East: a critical review essay. – S. 273 –<br />
280<br />
Public Opinion Quarterly<br />
Jg 66 (2002) Nr 1<br />
Highton, Benjamin: Bill Clinton, Newt Gingrich,<br />
and the 1998 House Elections. – S. 1 – 17<br />
Brick, J. Michael; Montaquila, Jill; Scheuren,<br />
Fritz: Estimating residency rates for undetermined<br />
telephone numbers. – S. 18 – 39<br />
Herek, Gregory M.: Gender gaps in public opinion<br />
about lesbians and gay men. – S. 40 – 66<br />
Publizistik<br />
Jg 47 (2002) Nr 1<br />
Reifarth, Jürgen; Reus, Gunter: „Mich aber mag<br />
das Gesetz recht eigentlich nicht“: publizistische<br />
Opposition gegen den SED-Staat in den Feuilletons<br />
von Heinz Knobloch. – S. 1 – 20<br />
Peter, Jochen: <strong>Medien</strong>-Priming: Grundlagen,<br />
Befunde und Forschungstendenzen. – S. 21-44<br />
„<strong>Medien</strong>-Priming ist der Prozess, in dem Informationen<br />
aus den <strong>Medien</strong> verfügbare Wissenseinheiten kognitiv<br />
leichter zugänglich machen, sodass diese mit<br />
höherer Wahrscheinlichkeit auf nachfolgende Umweltinformationen<br />
angewendet werden als weniger<br />
leicht zugängliche Wissenseinheiten. Innerhalb der<br />
Forschung zu kognitiven <strong>Medien</strong>effekten scheint aber<br />
Unklarheit darüber zu bestehen, auf welchen Grundlagen<br />
<strong>Medien</strong>-Priming beruht, wie der momentane<br />
Forschungsstand ist und was es noch zu erforschen<br />
gilt. Der vorliegende Artikel versucht, diese Unklarheit<br />
zu beseitigen, indem er (1) die (kognitions-)psychologischen<br />
Grundlagen des <strong>Medien</strong>-Priming-Konzeptes<br />
darstellt, (2) die wesentlichen Befunde der empirischen<br />
Forschung mit Bezug zu den Grundlagen<br />
des Konzeptes systematisiert und (3) ausgehend von<br />
Tendenzen, aber auch Defiziten in der aktuellen Forschung<br />
ein Programm für zukünftige Forschung erarbeitet.“<br />
Zeitschriftenlese<br />
Seibold, Balthas: Die flüchtigen Web-Informationen<br />
einfangen: Lösungsansätze für die Online-Inhaltsanalyse<br />
bei dynamischen Inhalten im<br />
Internet. – S. 45 – 56<br />
„Das Internet wird durch einen neuen Publikationsstil<br />
geprägt, bei dem die Inhalte dynamisiert, multimedialisiert,<br />
entgrenzt und partikularisiert werden. Dies<br />
stellt die Inhaltsanalyse vor neue Aufgaben. Über<br />
Jahrzehnte hinweg hat sie sich als zentrale Methode<br />
der <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong> erwiesen. Nun<br />
sollte sie erweitert werden, um den neuen Gegebenheiten<br />
des Internets gerecht zu werden. Als Beitrag<br />
dazu werden fünf neue theoretische und vier praktische<br />
Besonderheiten der Online-Inhaltsanalyse dargestellt.<br />
Darauf aufbauend werden Lösungsansätze<br />
aufgezeigt, mit denen man auch die flüchtigen Informationen<br />
des Webs inhaltsanalytisch einfangen kann.<br />
Insbesondere wird argumentiert, dass die Inhaltsanalyse<br />
von dynamischen Netzinhalten auch die Nutzungsanalyse<br />
integrieren sollte. Ein viel versprechender<br />
Ansatz dazu ist die Logfile-Analyse, die die Nutzerpfade<br />
durch Web-Angebot transparent macht. Für<br />
die <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong> ergeben sich große<br />
Chancen: Inhaltsanalyse und Rezeptionsanalyse können<br />
im Internet so miteinander verknüpft werden,<br />
dass die Zusammenhänge von Inhalten, Rezipient und<br />
Auswahl sichtbar, messbar und überprüfbar werden.“<br />
Laurien, Ingrid: Zeitschriftenlandschaft Nachkriegszeit:<br />
zu Struktur und Funktion politischkultureller<br />
Zeitschriften 1945-1949. – S. 57 – 82<br />
Jg 47 (2002) Nr 2<br />
Ludwig, Johannes: Lizenzverleger zwischen<br />
Monopol und Wettbewerb: Interessen und<br />
Motive, Unternehmensziele und langfristige Sicherung<br />
des publizistisch-ökonomischen Konzepts<br />
1949 bis 1999. – S. 135 – 169<br />
„Die Stunde Null war für die medienpolitische Entwicklung<br />
in Deutschland von einer außergewöhnlichen<br />
Situation geprägt: nicht Kapitalbesitz oder ererbte<br />
Verfügungsrechte entschieden darüber, wer als<br />
Zeitungsmacher den publizistischen Neuanfang prägen<br />
durfte, sondern 1) Ideale und moralische Überzeugung,<br />
2) Courage und gelebte Überzeugung in<br />
Form von Resistenzverhalten im „Dritten Reich“ sowie<br />
3) journalistisch-publizistische und/oder managementmäßige<br />
Qualifikation. In dieser seltenen – medial<br />
gesehen: ausgesprochen idealen – Konstellation<br />
konnten sich die so genannten Lizenzverleger in vielen<br />
<strong>Medien</strong>- bzw. Tageszeitungsregionen großen publizistischen<br />
und ökonomischen Einfluss sichern, bis<br />
sie sich ab 1949 dem Wettbewerb mit den „Altverlegern“<br />
stellen mussten. Inwieweit sie ihre publizistischen<br />
Ideale und Unternehmensphilosophien langfristig<br />
(ab)sichern konnten, hing vor allem davon ab,<br />
inwieweit sich Lizenz- und Altverleger arrangierten<br />
und imstande waren, auf journalistische wie ökonomische<br />
Herausforderungen zu reagieren. Die Unterschiedlichkeit<br />
solcher Lösungen in der damaligen<br />
Wendezeit prägen die bundesdeutsche Zeitungslandschaft<br />
bis heute ins 21. Jahrhundert.“<br />
Blöbaum, Bernd: Journalismus während der<br />
619
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
Besatzungszeit. – S. 170 – 199<br />
„Während der Besatzungszeit von 1945 bis 1949 wurden<br />
in Deutschland vor allem durch die Pressepolitik<br />
der Alliierten wichtige Anstöße für eine Modernisierung<br />
des Journalismus gegeben – allerdings gab es<br />
nach 1945 keinen durchgängigen Neubeginn des deutschen<br />
Journalismus. In drei Strukturbereichen des<br />
Journalismus – auf den Ebenen der journalistischen<br />
Organisationen, Rollen und Programme – wird auf<br />
der Basis vorliegender Studien untersucht, welche<br />
Merkmale eines Neubeginns und einer Modernisierung<br />
und welche Elemente einer Kontinuität während<br />
der Besatzungszeit im Journalismus zu identifizieren<br />
sind. Auf der Ebene der journalistischen Darstellungsformen<br />
etwa bedeutet die von den westlichen Alliierten<br />
verschriebene Trennung von Nachricht und<br />
Meinung einen wichtigen Schritt zur Modernisierung<br />
des Journalismus. Er zieht die Lösung von politischen<br />
Bindungen nach sich, die im deutschen Journalismus<br />
Tradition hatten. Zu einem guten Teil noch den Traditionen<br />
der Weimarer Republik und der NS-Zeit verhaftet,<br />
werden während der Besatzungszeit wichtige<br />
Weichen für einen unabhängigen und leseorientierten<br />
Journalismus gestellt. Damit wird zwischen 1945 und<br />
1949 in Deutschland eine Modernisierung des Journalismus<br />
nachgeholt, die in anderen Ländern schon realisiert<br />
war. Für die Journalisten eröffnet der in der Besatzungszeit<br />
eingeleitete Prozess Chancen, ihre Berufsrolle<br />
als autonome Vermittler von Information zu<br />
interpretieren.“<br />
Meyen, Michael: Kollektive Ausreise?: zur<br />
Reichweite ost- und westdeutscher Fernsehprogramme<br />
in der DDR. – S. 200 – 220<br />
„Die Bedeutung des Westfernsehens in der DDR ist<br />
überschätzt worden. Das Fernsehen der DDR hat mit<br />
seinen 20-Uhr-Angeboten zumindest bis Ende 1988<br />
im Jahresdurchschnitt stets etwas mehr ostdeutsche<br />
Zuschauer erreicht als die bundesdeutschen Programme.<br />
Diese Aussage stützt sich auf die Ergebnisse der<br />
Zuschauerforschung in der DDR. Der vorliegende<br />
Beitrag arbeitet mit der Methode der Historischen<br />
Datenanalyse, bei der Meinungsforschungsresultate in<br />
einem theoretischen Bezugsrahmen verortet, mit anderen<br />
Quellen (Umfragen in der Bundesrepublik,<br />
nichtrepräsentative Quellen aus der DDR, biografische<br />
Interviews) verglichen und so überprüft und erklärt<br />
werden können, und zeigt die überragende Bedeutung<br />
der Alltagsstrukturen für die <strong>Kommunikations</strong>bedürfnisse<br />
der DDR-Bürger sowie die Dominanz<br />
des Wunsches nach Unterhaltung. Das DDR-Fernsehen<br />
war oft besser zu empfangen als die Westprogramme<br />
und offenbar nicht so langweilig, wie ihm oft<br />
nachgesagt wird: Es ermöglichte Alltagsfluchten, parasoziale<br />
Beziehungen und die Arbeit an der eigenen<br />
Identität, es lieferte Gesprächsstoff, Vorbilder und<br />
Verhaltensmodelle.“<br />
Studies in Communication Sciences<br />
Jg 2 (2002) Nr 2<br />
Burger, Marcel: Identities at stake in social interaction:<br />
the case of media interviews. – S. 1 –<br />
20<br />
Gauthier, Gilles: L’Argumentation éditorial. –<br />
S. 21 – 46<br />
620<br />
Mondada, Lorenza: Interactions et pratiques<br />
professionelles: un regard issu des „studies of<br />
work“. – S. 47 – 82<br />
Seiler, Hansjakob: Object, language, and communication.<br />
– S. 83 – 108<br />
Hacken, Pius Ten: Chomskyan linguistics and<br />
the science of communication. – S. 109 – 134<br />
TelevIZIon<br />
Jg 15 (2002) Nr 1<br />
Gruber, Thomas: Wie viel Fantasie braucht die<br />
Zukunft?. – S. 4 – 6<br />
Klemm, Ruth Etienne: Zur Entstehung innerer<br />
Bilder: ein Überblick. – S. 6 – 11<br />
Taylor, Marjorie: Die unsichtbaren Freunde<br />
der Kinder. – S. 12 – 16<br />
Neuß, Norbert: Leerstellen für die Fantasie in<br />
Kinderfilmen: Fernsehen und Rezeptionsästhetik.<br />
– S. 17 – 23<br />
Götz, Maya; Lemish, Dafna; Aidman, Amy et<br />
al.: Kinderfantasien und Fernsehen im mehrnationalen<br />
Vergleich. – S. 24 – 36<br />
Kinderfantasien und Programmgestaltung:<br />
Statements von Programmverantwortlichen<br />
zum Verhältnis von Fantasien und Kinderprogramm.<br />
– S. 37 – 40<br />
Herrmann, Dorothee: Die „Traumgeschichten“.<br />
– S. 41 – 43<br />
Gerhardt, Ralf: Die „Fantastische Filmfabrik“:<br />
TV-Geschichten von Kindern. – S. 44 – 46<br />
Cole, Charlotte: Stell dir vor !. – S. 46 – 49<br />
Rogge, Jan Uwe: Fantasie, Emotion und Kognition<br />
in der Sesamstraße. – S. 50 – 56<br />
TMR<br />
Jg 54 (2002) Nr 3<br />
Rosenthal, Michael: Neue Antworten auf Fragen<br />
der Konvergenz: Entwicklungen des <strong>Kommunikations</strong>rechts<br />
in Europa und den USA. –<br />
S. 181 – 194<br />
Beschluss des Bundeskartellamts vom 22. Februar<br />
2002 mit den Versagungsgründen der Kabelübernahme<br />
von VIOLA und DTAG durch<br />
Liberty Media. – S. 92 – 125<br />
Koenig, Christian: Powerline und die Anforderungen<br />
an die elektromagnetische Verträglichkeit<br />
nach europäischem Gemeinschaftsrecht. –<br />
S. 195 – 213
Tolley’s Communications Law<br />
Jg 7 (2002) Nr 2<br />
Wiese, Henning: The justification of the copyright-system<br />
in the digital age. – S. 39 – 45<br />
McDermott, Jennifer: The media’s right to be<br />
wrong when reporting matters of public interest.<br />
– S. 46 – 48<br />
Sloan, Martin: Institutional web sites and accessibility<br />
by the disabled. – S. 49 – 51<br />
Jg 7 (2002) Nr 3<br />
Sloan, Martin: E-Learning and accessibility by<br />
the disabled. – S. 75 – 77<br />
Clarke, Linda: Privacy, breach of confidence<br />
and the press: where are we now?. – S. 78 – 84<br />
Hörnle, Julia: Internet service provider liability:<br />
let’s (not) play piggy in the middle. – S. 85 –<br />
88<br />
Trends in Communication<br />
Jg 31 (2001) Nr 9<br />
Ballon, Pieter et al: Business models for nextgeneration<br />
wireless services. – S. 7 – 30<br />
Aasman, Jans et al: The mobile in-home user<br />
experience. – S. 31 – 50<br />
Heres, Jeroen; Mante-Meijer, Enid; Pires,<br />
Dóris: Factors influencing the adoption of broadband<br />
mobile Internet. – S. 51 – 80<br />
Kar, Els van de; Bouwman, Harry: The development<br />
of location-based mobile transaction<br />
services. – S. 99 – 122<br />
Zeitschrift für <strong>Medien</strong>psychologie<br />
Jg 14 (2002) Nr 2<br />
Utz, Sonja; Jonas, Kai J.: MUDs: Ergänzung<br />
oder Ersatz traditioneller Bindungen bei jungen<br />
Erwachsenen?. – S. 52 – 59<br />
„In der Diskussion über die Auswirkungen der Partizipation<br />
an virtuellen Gemeinschaften haben sich<br />
zwei entgegengesetzte, empirisch jedoch jeweils kaum<br />
überprüfte, Positionen herauskristallisiert, die man<br />
grob als die kulturpessimistische und die kulturoptimistische<br />
bezeichnen kann. Beide postulieren Auswirkungen<br />
auf politisches und gesellschaftliches Engagement,<br />
Bedeutung der Region und Wertorientierung.<br />
Diese Studie vergleicht Mitglieder eines Typs<br />
virtueller Gemeinschaften (multi-user-dungeons,<br />
MUDs) mit einer bezüglich soziodemografischer<br />
Charakteristika parallelisierten Stichprobe von Personen<br />
ohne Erfahrung mit virtuellen Gemeinschaften.<br />
Innerhalb der Gruppe der MUDer wurde geprüft, ob<br />
Zeitschriftenlese<br />
sich Unterschiede zwischen niedrig und hoch mit virtuellen<br />
Gemeinschaft Identifizierter ergeben. Aus den<br />
Ergebnissen wird deutlich, dass virtuelle Gemeinschaften<br />
dem Trend zur Individualisierung und freien<br />
Wählbarkeit von Bindungen entgegenkommen. Das<br />
gesellschaftliche Engagement selbst der hoch identifizierter<br />
MUDer lässt nicht nach. Die Generalisierbarkeit<br />
der Ergebnisse auf andere virtuelle Gemeinschaften<br />
wird diskutiert.“<br />
Bilandzic, Helena: Genrespezifische Kultivierung<br />
durch Krimirezeption. – S. 60 – 67<br />
„Die Studie geht von zwei kontraintuitiven Befunden<br />
zur Kultivierung aus: Die Nutzung von Krimis hat einen<br />
geringeren Einfluss auf Kultivierung als das Gesamtfernsehen;<br />
aktive Rezeption schwächt Kultivierungseffekte<br />
ab. Shrum (1995) nimmt an, dass Fernsehinformationen<br />
nur dann in Ansichten über die reale<br />
Welt einfließen, wenn die Quelle der Information<br />
vergessen wird. Es wird daher postuliert, dass eine<br />
häufige Rezeption verbrechensbezogener Kultivierungsindikatoren<br />
in Krimis, Aktivität sowie die Lebhaftigkeit<br />
der Darstellung ein besseres Behalten der<br />
Quelle bewirken und damit niedrigere Kultivierungseffekte.<br />
In einer Befragung von 319 Personen stellt<br />
sich heraus, dass Kriminutzung mit fast allen Kultivierungsmaßen<br />
entweder schwächer als das Fernsehen<br />
korreliert oder aber negativ. Lebhafte Kultivierungsmaße<br />
hängen negativ mit Kriminutzung zusammen.<br />
Ein Inhibitionseffekt von Aktivität kann jedoch nicht<br />
festgestellt werden. Die Befunde werden in Hinblick<br />
auf Kausalität diskutiert.“<br />
Preston, Joan M.; Eden, Michael: Viewing music<br />
videos: emotion and viewer interpretation. –<br />
S. 69 – 79<br />
„Die Erfassung von sexuell expliziten oder gewalthaltigen<br />
Inhalten von Musikvideos beruht in der Regel<br />
auf der Einschätzung der Forscher. In der vorliegenden<br />
Studie wurde eine Einschätzung von 168 Studierenden<br />
zu neun Mainstream-Musikvideos bzgl. dieser<br />
Variablen erhoben. Dabei stellte sich heraus, dass die<br />
von den Rezipienten beurteilte Auftretenshäufigkeit<br />
von Sex und Gewalt nicht mit deren Bewertung der<br />
Videos als sexuell explizit oder gewalthaltig übereinstimmt.<br />
Die geschätzte Auftretenshäufigkeit kann<br />
durch andere Rezipientenvariablen erklärt werden als<br />
die Bewertung. Eine als hoch beurteilte Auftretenshäufigkeit<br />
von Sex und Gewalt geht mit höherem Alter,<br />
stärkerer individueller Ausprägung in Expressivität,<br />
geringerer Instrumentalität und der Abfolge der<br />
präsentierten Videos einher (gewalthaltige und sexuell<br />
expressive zuerst). Die Bewertung von Sex und Gewalt<br />
im Video geht mit höherem Alter und einer geringen<br />
individuellen Ausprägung von Instrumentalität<br />
einher. Rezipienten mit weniger Erfahrung mit<br />
sexuell expliziten Video-Inhalten schätzen die Auftretenshäufigkeit<br />
dieser Inhalte höher ein und bewerteten<br />
sie insgesamt als sex- und gewalthaltiger als erfahrene<br />
Zuschauer. Es wird angenommen, dass bei der<br />
Bewertung der Musikvideos die Rezipienten vor allem<br />
die gewalthaltigeren Fernsehinhalte als Vergleich benutzten.“<br />
Eichstaedt, Jan: <strong>Medien</strong>psychologische Methoden:<br />
Das Internet als Medium zur verzerrungsfreien<br />
Erfassung von Reaktionszeiten im Rahmen<br />
web-basierten Experimentierens. – S. 80 –<br />
83<br />
621
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
Jg 14 (2002) Nr 3<br />
Rössler, Patrick; Bacher, Julia: Transcultural<br />
effects of product placement in movies: a comparison<br />
of placement impact in Germany and<br />
the USA. – S. 98 – 108<br />
Product placement represents an alternative strategy<br />
of advertisers to overcome restrictions of traditional<br />
commercial communication. The paper describes different<br />
types of placement and resumes the small body<br />
of research in the field, both serving as a starting point<br />
for empirical research. As a matter of fact, placements<br />
which have become part of top movies will be distributed<br />
in cinemas and on screens all over the world. A<br />
quasi-experimental study carried out in Germany and<br />
the USA was designed in order to detect awareness<br />
and attitude effects of the respective placements as<br />
well as general evaluations. The results indicate small<br />
but noteworthy differences between the American<br />
and the German audience: To a certain degree, product<br />
placement was more effective on the awareness<br />
dimension in Germany, and more effective on the<br />
evaluative dimension in the USA (a result that may be<br />
traced back to the perceived function of creating a realistic<br />
impression). High placement awareness led to<br />
smaller attitude effects in Germany, while a lower degree<br />
of awareness in America should have enhanced<br />
the impact on product assessment.<br />
Konradt, Udo; Marsula, Andre; Rakuljic, Marijana:<br />
Eine Längsschnittstudie zur Motivation<br />
und Kommunikation beim netzbasierten Lernen<br />
in einem virtuellen Seminar. – S. 109 – 117<br />
Döring, Nicola: „1 x Brot, Wurst, 5 Sack Äpfel<br />
I. L. D.“: kommunikative Funktionen von<br />
Kurzmitteilungen (SMS). – S. 118 – 128<br />
Zeitschrift für Urheber- und <strong>Medien</strong>recht<br />
Jg 46 (2002) Nr 4<br />
Kuch, Hansjörg: <strong>Medien</strong>rechtliche Vorgaben<br />
für Kabelnetzbetreiber. – S. 248 – 251<br />
In dem Beitrag werden die medienrechtlichen Regelungen<br />
dargestellt, die für die Weiterverbreitung von<br />
Rundfunkprogrammen in Kabelanlagen und für so<br />
genannte Zusatzdienste zum Digitalen Fernsehen<br />
(Conditional Access, Navigatoren, Programmpakete)<br />
gelten.<br />
Ladeur, Karl-Heinz: Aktuelle Rechtsfragen der<br />
Einspeisung digitaler Fernsehprogramme in<br />
Kabelnetze, insbesondere: Anspruch auf Netzzugang,<br />
Bündelung von Programmen, Entgeltregulierung,<br />
„Durchleitungspflicht“. – S. 252 –<br />
260<br />
Der Autor setzt sich mit folgenden Fragen auseinander:<br />
Folgt aus den Vorschriften des Telekommunikationsgesetzes<br />
ein Anspruch der Anbieter von Fernsehprogrammen<br />
auf Zugang zum Breitbandkabel?<br />
Wie kann bei der Entgeltkontrolle sichergestellt werden,<br />
dass Programme, die nicht in Programmpakete<br />
aufgenommen werden, nicht diskriminiert werden?<br />
Welche Probleme bestehen bei der Abstimmung von<br />
Entscheidungen der Regulierungsbehörde für Post<br />
622<br />
und Telekommunikation und der Landesmedienanstalten?<br />
Besteht ein Anspruch auf die „Durchleitung“<br />
von Programmpaketen aus Kabelnetzen Dritter?<br />
Können die Landesmedienanstalten den Netzbetreibern<br />
die Verpflichtung auferlegen, den MHP-Standard<br />
zu verwenden? Und schließlich: Sollten Kabelnetzbetreiber<br />
von der Verbreitung eigener Inhalte<br />
ausgeschlossen werden?<br />
Wille, Karola: Kabelrundfunk aus Sicht der<br />
öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. –<br />
S. 261 – 266<br />
In dem Beitrag wird untersucht, ob das für die Weiterverbreitung<br />
geltende Recht sichergestellt, dass die<br />
Rundfunkanstalten ihrem Auftrag auch in diesem Bereich<br />
nachkommen können. Es werden „reale sowie<br />
potentielle Gefährdungen für die Auftragserfüllung<br />
sowie rechtliche Defizite und ordnungspolitische Lösungsansätze<br />
aus Sicht des öffentlich-rechtlichen<br />
Rundfunks dargestellt“. Die Autorin ist Juristische<br />
Direktorin des MDR.<br />
Bauer, Andreas: Kabelrundfunk zwischen urheber-<br />
und medienrechtlicher Regelungsdichte:<br />
Diskussionsbericht der gleich lautenden Arbeitssitzung<br />
des Instituts für Urheber- und <strong>Medien</strong>recht<br />
am 7. Dezember 2001. – S. 267 – 270<br />
König, Michel: Was bringt eine neue GATS-<br />
Runde für die audiovisuellen <strong>Medien</strong>?. – S. 271<br />
– 282<br />
Gercke, Marco: Die Entwicklung der Rechtsprechung<br />
zum Internetstrafrecht in den Jahren<br />
2000 und 2001. – S. 283 – 288<br />
Jg 46 (2002) Nr 5<br />
Bullinger, Martin: Vom Urheberrecht zum<br />
Rundfunkrecht. – S. 325 – -328<br />
Flechsig, Norbert P.: Gerichtliche Vertragsanpassung<br />
zum Zwecke der Inanspruchnahme<br />
angemessener Nutzung: Anmerkung zum<br />
Urteil des OLG München ZUM-RD 2002, 77.<br />
– S. 328 – 332<br />
Castendyk, Oliver: Neue Ansätze zum Problem<br />
der unbekannten Nutzungsart in § 31<br />
Abs. 4 UrhG. – S. 332 – 348<br />
Winghardt, Stefan: Kopiervergütung für den<br />
PC. – S. 349 – 361<br />
Goldmann, Bettina; Liepe, Andreas: Vertrieb<br />
von kopiergeschützten Audio-CDs in Deutschland:<br />
urheberrechtliche, kaufrechtliche und<br />
wettbewerbsrechtliche Aspekte. – S. 362 – 375<br />
Hepach, Stefan: Anmerkung zu OLG München<br />
ZUM 2002, 392. – S. 376 – 378
Jg 46 (2002) Nr 6<br />
Manz, Friederike; Ventroni, Stefan; Schneider,<br />
Inge: Auswirkungen der Schuldrechtsreform<br />
auf das Urheber(vertrags)recht. – S. 409 – 422<br />
Flechsig, Norbert; Hendricks, Kirsten: Konsensorientierte<br />
Streitschlichtung im Urhebervertragsrecht:<br />
die Neuregelung der Findung<br />
gemeinsamer Vergütungsregeln via Schlichtungsverfahren.<br />
– S. 423 – 432<br />
Eberl, Walter: ICC-Schiedsverfahren versus<br />
AFMA-Schiedsverfahren. – S. 433 – 439<br />
Erlmeier, Erich; Reinwald, Gerhard: Rechtsfragen<br />
bei Eigenwerbekanälen nach § 45 b<br />
Rundfunkstaatsvertrag. – S. 440 – 445<br />
Tabastajewa, Julianna: Das russische <strong>Medien</strong>recht:<br />
Überblick über die wesentlichen Rechtsgrundlagen.<br />
– S. 446 – 450<br />
Zecher, Jan: Die Umsetzung der EU-Richtlinie<br />
in deutsches Recht II: Diskussionsbericht der<br />
gleich lautenden Arbeitssitzung des Instituts<br />
für Urheber- und <strong>Medien</strong>recht am 22. März<br />
2002. – S. 451 – 456<br />
Zeitschriftenlese<br />
Jg 46 (2002) Nr 7<br />
Schack, Haimo: Schutz digitaler Werke vor privater<br />
Vervielfältigung: zu den Auswirkungen<br />
der Digitalisierung auf § 53 UrhG. – S. 497 –<br />
510<br />
Beucher, Klaus; Frentz, Wolfgang Raitz von:<br />
Kreditsicherung bei Filmproduktionen: Verpfändung<br />
und Sicherungsabtretung durch den<br />
Filmhersteller. – S. 511 – 524<br />
Alpert, Frank: Zum Werk- und Werkteilbegriff<br />
bei elektronischer Musik: Tracks, Basslines,<br />
Beats, Sounds, Samples, Remixes und DJ-Sets.<br />
– S. 525 – 533<br />
Wimmer, Norbert: Kabelrundfunk aus der<br />
Sicht eines regionalen Kabelnetzbetreibers. –<br />
S. 534 – 544<br />
623
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
Literaturverzeichnis<br />
11 Bibliographien. Lexika<br />
12 Jahrbücher. Geschäftsberichte<br />
21 <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong> und -forschung<br />
22 Journalismus. <strong>Medien</strong>berufe<br />
23 Publizistische Persönlichkeiten<br />
24 <strong>Medien</strong>institute<br />
31 Kommunikation<br />
32 <strong>Kommunikations</strong>politik<br />
33 Lokalkommunikation. Bundesländer<br />
41 Massenkommunikation Politik<br />
42 Massenkommunikation Gesellschaft<br />
43 Massenkommunikation Kultur<br />
11 Bibliographien. Lexika<br />
ABC der ARD. – Baden-Baden: Nomos, 2002.<br />
– 218 S.<br />
Der NDR von A-Z/Lenz-Krämer, Marion;<br />
Ohmstedt, Holger (Hrsg.). – Hamburg: NDR,<br />
o. J. – 194 S.<br />
Schlüsselwerke für die <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong>/Holtz-Bacha,<br />
Christina; Kutsch, Arnulf<br />
(Hrsg.). – Wiesbaden: Westdeutscher<br />
Verl., 2002. – 451 S.<br />
Ubbens, Wilbert: Jahresbibliographie Massenkommunikation<br />
2000: systematisches Verzeichnis<br />
der im Jahre 2000 innerhalb und<br />
außerhalb des Buchhandels veröffentlichten<br />
Literatur zu Presse, Rundfunk, Hörfunk, Fernsehen,<br />
Film, Tele- und Netzkommunikation<br />
und angrenzenden Problemen. – Berlin: Spieß,<br />
2002. – 471 S.<br />
12 Jahrbücher. Geschäftsberichte<br />
Allensbacher Jahrbuch der Demoskopie Bd 11:<br />
1998-2002/Noelle-Neumann, Elisabeth; Köcher,<br />
Renate (Hrsg.). – München: Saur, 2002. –<br />
1065 S.<br />
Forschungsbericht 2001/2002. – Hamburg:<br />
Hans-Bredow-Institut, 2002. – 83 S.<br />
Jahrbuch 2002: die Wirtschaftslage des audiovisuellen<br />
Sektors in Europa. – Baden-Baden: Nomos,<br />
2002. – 144 S.<br />
Fünfter Jahresbericht der Kommission zur<br />
Ermittlung der Konzentration im <strong>Medien</strong>bereich<br />
(KEK): Berichtszeitraum 1. Juli 2001 bis<br />
zum 30. Juni 2002. – Potsdam: KEK, 2002. –<br />
624<br />
51 Telekommunikation. Informationsgesellschaft<br />
52 Neue Technologien. Multimedia<br />
61 Internationale Kommunikation<br />
62 Europa Kommunikation<br />
71 Massenmedien, allgemein<br />
72 <strong>Medien</strong> Bildung<br />
73 <strong>Medien</strong> Ökonomie<br />
74 <strong>Medien</strong> Recht<br />
75 Rundfunk<br />
76 Werbung<br />
81 Publikum. <strong>Medien</strong>nutzung<br />
82 Rezeptionsforschung<br />
83 Kinder Jugendliche <strong>Medien</strong><br />
91 Literatur zu einzelnen Ländern<br />
253 S.<br />
Geschäftsbericht 1999/Landesanstalt für Kommunikation<br />
Baden-Württemberg, LfK (Hrsg.).<br />
– Baden-Württemberg: LfK, 1999. – 75 S.<br />
Geschäftsbericht 2001. – Köln: GEZ, 2002. –<br />
48 S.<br />
Jaarverslag 2001. – Hilversum: NCRV, 2002. –<br />
39 S.<br />
NHK Broadcasting Studies: an international<br />
annual of broadcasting science. – Tokyo: NHK<br />
Broadcasting Culture Research Institute, 2002.<br />
– 154 S.<br />
Wirtschaftsplan 2002/Radio Bremen, RB<br />
(Hrsg.). – Bremen: RB, 2002. – getr. S.<br />
ZDF Jahrbuch 01/Zweites Deutsches Fernsehen<br />
(Hrsg.). – Mainz: ZDF, 2002. – 402 S.<br />
21 <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong> und<br />
-forschung<br />
Applications of computer content analysis/<br />
West, Mark D. (Hrsg.). – Westport: Ablex<br />
Publ., 2001. – 195 S. (Progress in communication<br />
sciences; 17)<br />
Bühl, Achim; Zöfel, Peter: SPSS 11: Einführung<br />
in die moderne Datenanalyse unter Windows. –<br />
München: Addison-Wesley, 2000. – 757 S.<br />
Feministische <strong>Kommunikations</strong>- und <strong>Medien</strong><strong>wissenschaft</strong>:<br />
Ansätze, Befunde und Perspektiven<br />
der aktuellen Entwicklung/Dorer, Johanna;<br />
Geiger, Brigitte (Hrsg.). – Wiesbaden:<br />
Westdeutscher Verl., 2002. – 378 S.<br />
A Handbook of media and communication research:<br />
Qualitative and quantitative methodo-
logies/Jensen, Klaus Bruhn (Hrsg.). – London:<br />
Routledge, 2002. – 332 S.<br />
Keyton, Joann: Communication research: asking<br />
questions, finding answers. – London:<br />
Mayfield Publ., 2001. – 408 S.<br />
Schnell, James A.: Qualitative method interpretations<br />
in communication studies. – Lanham:<br />
Lexigton Books, 2001. – 174 S.<br />
Systemtheorie und Konstruktivismus in der<br />
<strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong>/Scholl, Armin<br />
(Hrsg.). – Konstanz: UVK, 2002. – 336 S.<br />
Theory, method, and practice in computer content<br />
analysis/West, Mark D. (Hrsg.). – Westport:<br />
Ablex. Publ., 2001. – 189 S. (Progress in<br />
communication sciences; 16)<br />
22 Journalismus. <strong>Medien</strong>berufe<br />
Bloom-Schinnerl, Margarete: Der gebaute Beitrag:<br />
ein Leitfaden für Radiojournalisten. –<br />
Konstanz: UVK, 2002. – 221 S. (Praktischer<br />
Journalismus; 45)<br />
Burns, Lynette Sheridan: Understanding journalism.<br />
– London: Sage, 2002. – 186 S.<br />
Eckoldt, Matthias; Hofmann, Stefanie; Pörksen,<br />
Bernhard: Schreiben lehren und Schreiben<br />
lernen an der Universität. – Greifswald: Universität,<br />
2002. – 37 S.<br />
Hafez, Kai: Die Politische Dimension der Auslandsberichterstattung<br />
Bd 1; Theoretische<br />
Grundlagen. – Baden-Baden: Nomos, 2002. –<br />
211 S.<br />
Hofert, Svenja: Berufe mit Zukunft – Internet-<br />
Jobs; Karriere mit Internet und Multimedia. –<br />
Frankfurt: Eichborn, 2001. – 182 S.<br />
Kepplinger, Hans Mathias: Die Kunst der<br />
Skandalierung und die Illusion der Wahrheit. –<br />
München: Olzog, 2001. – 174 S.<br />
<strong>Medien</strong>qualifikation für Kulturberufe II: ein<br />
Wegweiser für die Aus- und Weiterbildung/<br />
Keuchel, Susanne; Wiesand, Andreas Johannes<br />
(Hrsg.). – Bonn: ARCult-Media, 2002. – 397 S.<br />
(<strong>Medien</strong>kultur; 6)<br />
Meier, Klaus: Ressort, Sparte, Team: Wahrnehmungsstrukturen<br />
und Redaktionsorganisation<br />
im Zeitungsjournalismus. – Konstanz: UVK,<br />
2002. – 493 S. (Forschungsfeld Kommunikation;<br />
14)<br />
Neuberger, Christoph: Journalistikstudium<br />
und Arbeitsmarkt: Erfahrungen und Urteile<br />
der Eichstätter Journalistik-Absolventen. –<br />
Literaturverzeichnis<br />
Eichstätt: Katholische Universität, 2002. – 60 S.<br />
(Eichstätter Materialien zur Journalistik; 16)<br />
Pelizäus-Hoffmeister, Helga: Mobilität: Chance<br />
oder Risiko?: Soziale Netzwerke unter den<br />
Bedingungen räumlicher Mobilität – das Beispiel<br />
freie JournalistInnen. – Opladen: Leske &<br />
Budrich, 2001. – 177 S. (Forschung Soziologie;<br />
149)<br />
Political journalism: new challenges, new practices/Kuhn,<br />
Raymond; Neveu, Erik (Hrsg.). –<br />
London: Routledge, 2002. – 249 S.<br />
Rehberg, Frank; Stöger, Ursula; Sträter, Detlev:<br />
Frauen in der <strong>Medien</strong>wirtschaft: Chancen und<br />
Hemmnisse für Frauenerwerbstätigkeit in einer<br />
prosperierenden Zukunftsbranche. – München:<br />
Fischer, 2002. – [282] S. (BLM-Schriftenreihe;<br />
69)<br />
Wheeler, Thomas H.: Phototruth or photofiction?:<br />
ethics and media imagery in the digital<br />
age. – London: LEA, 2002. – 218 S.<br />
23 Publizistische Persönlichkeiten<br />
Gerbner, George: Against the mainstreem: the<br />
selected works of George Gerbner/Morgan,<br />
Michael (Hrsg.). – New York: Lang, 2002. –<br />
515 S. (Media & culture; 1)<br />
31 Kommunikation<br />
Berger, Arthur Asa: The mass comm murders:<br />
five media theorists self-destruct. – Lanham:<br />
Rowman & Littlefield, 2002. – 146 S.<br />
Hoffmann, Claus: Das Intranet: ein Medium<br />
der Mitarbeiterkommunikation. – Konstanz:<br />
UVK, 2001. – 329 S. (<strong>Medien</strong> und Märkte;<br />
9)<br />
Wireless world: social and international aspects<br />
of the mobile age/Brown, Barry; Green, Nicola;<br />
Harper, Richard (Hrsg.). – London: Springer,<br />
2002. – 229 S.<br />
33 Lokalkommunikation. Bundesländer<br />
BLM-Symposion <strong>Medien</strong>recht 2001; Zwischen<br />
Intendantenbefugnis und Zensurverbot: Jugendschutz<br />
in privaten Rundfunkangeboten in<br />
Bayern. – München: Fischer, 2002. – 144 S.<br />
(BLM-Schriftenreihe; 71)<br />
Lange, Bernd-Peter: Expertise zum Umstieg<br />
vom analogen zum digitalen Fernsehen: die<br />
Rolle Nordrhein-Westfalens. – Düsseldorf,<br />
625
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
2002. – 90 S. (LfR-Dokumentation; 22)<br />
<strong>Medien</strong>pädagogischer Atlas Niedersachsen. –<br />
Berlin: Vistas, 2002. – 349 S. (Schriftenreihe der<br />
NLM; 14)<br />
<strong>Medien</strong>wirtschaft Schleswig-Holstein; Dokumentation<br />
der ULR-<strong>Medien</strong>werft am 26. November<br />
2001/Unabhängige Landesanstalt für<br />
das Rundfunkwesen (ULR) (Hrsg.). – Kiel:<br />
ULR, 2002. – 74 S.<br />
41 Massenkommunikation Politik<br />
Donges, Patrick: Rundfunkpolitik zwischen<br />
Sollen, Wollen und Können: eine theoretische<br />
und komparative Analyse der politischen<br />
Steuerung des Rundfunks. – Wiesbaden:<br />
Westdt. Verl., 2002. – 309 S.<br />
Plake, Klaus; Jansen, Daniel; Schuhmacher,<br />
Birgit: Öffentlichkeit und Gegenöffentlichkeit<br />
im Internet: Politische Potentiale der <strong>Medien</strong>entwicklung.<br />
– Wiesbaden: Westdt. Verl., 2001.<br />
– 199 S.<br />
Politische Akteure in der <strong>Medien</strong>demokratie:<br />
Politiker in den Fesseln der <strong>Medien</strong>?/Schatz,<br />
Heribert; Rössler, Patrick: Nieland, Jörg-Uwe<br />
(Hrsg.). – Wiesbaden: Westdt. Verl., 2002. –<br />
375 S.<br />
42 Massenkommunikation Gesellschaft<br />
Curran, James: Media and power. – London:<br />
Routledge, 2002. – 308 S.<br />
43 Massenkommunikation Kultur<br />
Fahlenbrach, Kathrin: Protest – Inszenierungen:<br />
Visuelle Kommunikation und kollektive<br />
Identitäten in Protestbewegungen. – Wiesbaden:<br />
Westdt. Verl., 2002. – 271 S.<br />
Gutenbergs Folgen: von der ersten <strong>Medien</strong>revolution<br />
zur Wissensgesellschaft. – Baden-Baden:<br />
Nomos, 2002. – 316 S.<br />
Handbuch der Kulturpreise 4: Preise, Ehrungen,<br />
Stipendien und individuelle Projektförderungen<br />
für Künstler, Publizisten und Kulturvermittler<br />
in Deutschland und Europa (1995-<br />
2000)/Wiesand, Andreas Johannes (Hrsg.). –<br />
Bonn: ARCult-Media, 2001. – 1606 S.<br />
Medialität und Gedächtnis: Interdisziplinäre<br />
Beiträge zur kulturellen Verarbeitung europäischer<br />
Krisen/Borso, Vittoria; Krumeich, Gerd;<br />
Witte, Bernd (Hrsg.). – Stuttgart: Metzler,<br />
626<br />
2001. – 291 S.<br />
Privatheit im öffentlichen Raum: <strong>Medien</strong>handeln<br />
zwischen Individualisierung und Entgrenzung/Weiß,<br />
Ralph; Groebel, Jo (Hrsg.). – Opladen:<br />
Leske + Budrich, 2002. – 628 S. (Schriftenreihe<br />
<strong>Medien</strong>forschung der LfR; 43)<br />
51 Telekommunikation. Informationsgesellschaft<br />
Alkas, Hasan: Die Neue Investitionstheorie der<br />
Realoptionen und ihrer Auswirkungen auf die<br />
Regulierung im Telekommunikationssektor. –<br />
Bad Honnef: WIK, 2002. – 84 S. (Diskussionsbeiträge;<br />
234)<br />
Anwenderfreundliche <strong>Kommunikations</strong>systeme/Reichwald,<br />
Ralf (Hrsg.); Plang, Manfred. –<br />
Heidelberg: Hüthig, 2000. – 376 S.<br />
Internet@Future: Technik, Anwendungen und<br />
Dienste der Zukunft/Kubicek, Herbert;<br />
Klumpp, Dieter; Roßnagel, Alexander (Hrsg.).<br />
– Heidelberg: Hüthig, 2001. – 537 S. (Jahrbuch<br />
Telekommunikation und Gesellschaft; 2001)<br />
Kiesewetter, Wolfgang: Mobile Virtual Network<br />
Operators – Ökonomische Perspektiven<br />
und regulatorische Probleme. – Bad Honnef:<br />
WIK, 2002. – 62 S. (Diskussionsbeiträge; 233)<br />
Monitoring Informationswirtschaft: 3. Faktenbericht<br />
2001: eine Sekundärstudie von NFO<br />
Infratest. – München: NFO Infratest, 2001. –<br />
getr. S.<br />
Neumann, Karl-Heinz: Resale im deutschen<br />
Festnetzmarkt. – Bad Honnef: WIK, 2002. – 50<br />
S. (Diskussionsbeiträge; 235)<br />
Neumann, Karl-Heinz: Volkswirtschaftliche<br />
Bedeutung von Resale. – Bad Honnef: WIK,<br />
2002. –72 S. (Diskussionsbeiträge; 230)<br />
52 neue Technologien. Multimedia<br />
The digital divide: facing a crisis or creating a<br />
myth/Compaine, Benjamin M. (Hrsg.). – Cambridge:<br />
MIT Pr., 2001. – 357 S.<br />
E-trends: making sense of the electronic communication<br />
revolution/Beck, Barbara (Hrsg.).<br />
– London: Economist, 2001. – 402 S.<br />
Das Fernsehen geht neue Wege. – o.O.: Westdeutsche<br />
Landesbank, 2001. – 21 S.<br />
Das Jahrbuch der Interaktiven <strong>Medien</strong> 2002;<br />
Agenturen, Dienstleister und Produzenten. –<br />
München: HighText Verl., 2002. – 1098 S.
Knauth, Michael: Zugang zu Internet und Digitalem<br />
Fernsehen: Technische Grundlagen,<br />
Wettbewerbsstrategien und Regulierungsansätze.<br />
– Wiesbaden: DUV, 2001. – 194 S.<br />
Kroh, Michael: Marktchancen von Internet-<br />
Radioanbietern. – Köln: IRÖ, 2002. – 109 S.<br />
(Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie<br />
an der Universität zu Köln; 154)<br />
Lenhard, Erik: Die Regulierung des Mobilfunks<br />
dritter Generation: Ökonomische Analyse<br />
und Optimierung. – Wiesbaden: DUV,<br />
2002. – 229 S.<br />
Messmer, Siegbert: Digitales Fernsehen in<br />
Deutschland: eine industrieoekonomische<br />
Analyse des wirtschaftspolitischen Handlungsbedarfs.<br />
– Frankfurt: Lang, 2002. – 352 S.<br />
Older adults, health information, and the world<br />
wide web/Morrell, Roger W. (Hrsg.). – London:<br />
LEA, 2002. – 219 S.<br />
Perpetual contact: mobile communication, private<br />
talk, public performance/Katz, James E.;<br />
Aakhus, Mark (Hrsg.). – Cambridge: Cambridge<br />
Univ. Pr., 2002. – 391 S.<br />
Rinke, Claudia: Zugangsprobleme des digitalen<br />
Fernsehens. – Berlin: Duncker & Humblot,<br />
2002 (Schriften zu <strong>Kommunikations</strong>fragen; 33)<br />
Smit, Hilke: Auswirkungen des e-Commerce<br />
auf den Postmarkt. – Bad Honnef: WIK, 2002.<br />
– 90 S. (Diskussionsbeiträge; 237)<br />
Stritzl, Peter: Der Deutsche TV-Kabelmarkt:<br />
Spiele ums Netz; Dynamik und Strategien. –<br />
Berlin: Springer, 2002. – 197 S.<br />
61 internationale Kommunikation<br />
Becker, Jörg: Beitrag der <strong>Medien</strong> zur Krisenprävention<br />
und Konfliktbearbeitung: eine Analyse<br />
der internationalen Diskussion und Implementierungsmöglichkeiten<br />
mit Empfehlungen<br />
für die Technische Zusammenarbeit. – Darmstadt:<br />
GTZ, 2002. – 70 S. (GTZ Arbeitspapier;<br />
1/02)<br />
Global media policy in the new millennium/<br />
Raboy, Marc (Hrsg.). – Luton: Univ. of Luton<br />
Pr., 2001. – 282 S.<br />
Media and globalization: why the state matters/Morris,<br />
Nancy; Waisbord, Silvio (Hrsg.). –<br />
Lanham: Rowman & Littlefield, 2001. – 197 S.<br />
71 Massenmedien, allgemein<br />
Literaturverzeichnis<br />
Braun, Achim; Fischer, Anne: Under Attack;<br />
der 11. September und die Folgen in der Berichterstattung<br />
der <strong>Medien</strong>: eine Dokumentation.<br />
– Marl: Adolf Grimme Inst., 2001. – 37 S.<br />
Choi, Kyung-Jin: <strong>Medien</strong>-Selbstberichterstattung<br />
als <strong>Medien</strong>journalismus: Selbstreferentielle<br />
Themen der <strong>Medien</strong>seiten in überregionalen<br />
Tages- und Wochenzeitungen. – Münster: Lit<br />
Verl., 1999. – 199 S. (Beiträge zur <strong>Kommunikations</strong>theorie;<br />
17)<br />
Hafez, Kai: Die Politische Dimension der Auslandsberichterstattung<br />
Bd 2; das Nahost- und<br />
Islambild der deutschen überrregionalen Presse.<br />
– Baden-Baden: Nomos, 2002. – 400 S. (Materialien<br />
zur interdisziplinären <strong>Medien</strong>forschung;<br />
41)<br />
Mass media and drug prevention: classic and<br />
contemporary theories and research/Crano,<br />
William D.; Burgoon, Michael (Hrsg.). – London:<br />
Erlbaum, 2002. – 303 S.<br />
The Media: an introduction/Briggs, Adam; Cobley,<br />
Paul (Hrsg.). – New York: Longmann,<br />
2002. – 449 S.<br />
Media History: Theories, Methods, Analysis/Brügger,<br />
Niels; Kolstrup, Sören (Hrsg.). –<br />
Aarhus: Aarhus Univ., Press, 2002. – 196 S.<br />
Rajewsky, Irina O.: Intermedialität. – Tübingen:<br />
Francke, 2002. – 216 S.<br />
Sport und Sportrezeption/Roters, Gunnar;<br />
Klingler, Walter; Gerhards, Maria (Hrsg.). –<br />
Baden-Baden: Nomos, 2001. – 215 S. (Schriftenreihe<br />
Forum <strong>Medien</strong>rezeption; 5)<br />
Zöllner, Oliver: „Sagt die Warheit: die bringen<br />
uns um!“; zur Rolle der <strong>Medien</strong> in Krisen und<br />
Kriegen. – Berlin: Vistas, 2001. – 157 S. (DW-<br />
Schriftenreihe; 3)<br />
72 <strong>Medien</strong> Bildung<br />
<strong>Medien</strong>kompetenz: Voraussetzungen, Dimensionen,<br />
Funktionen/Groeben, Norbert; Hurrelmann,<br />
Bettina (Hrsg.). – Weinheim: Juventa,<br />
2002. – 318 S.<br />
<strong>Medien</strong>kompetenz zwischen Bildung, Markt<br />
und Technik: 5. Buckower <strong>Medien</strong>gespräche/<br />
Felsmann, Klaus-Dieter (Hrsg.). – München:<br />
kopaed, 2002. – 160 S. (Buckower <strong>Medien</strong>gespräche;<br />
5)<br />
627
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
73 <strong>Medien</strong> Ökonomie<br />
Bauder, Marc: Der deutsche Free-TV-Markt:<br />
Chancen für neue Anbieter?. – Köln: IRÖ,<br />
2002. – 119 S. (Arbeitspapiere des Instituts für<br />
Rundfunkökonomie an der Universität zu<br />
Köln; 153)<br />
Der deutsche VHS- und DVD-Markt 2001/<br />
2002. – Hamburg: BVV-Bundesverband audiovisuelle<br />
<strong>Medien</strong> e.V., 2002. – 22 S. (BVV-Business-Report;<br />
2001/2002)<br />
Doyle, Gillian: Media ownership: the economics<br />
and politics of convergence and concentration<br />
in the UK and European media. – London:<br />
Sage, 2002. – 192 S.<br />
KEF-Bericht 13/Kommission zur Ermittlung<br />
des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten,<br />
KEF (Hrsg.). – Mainz: KEF Geschäftstselle,<br />
2002. – 225 S.<br />
Kiesewetter, Wolfgang; Nett, Lorenz; Stumpf,<br />
Ulrich: Regulierung und Wettbewerb auf europäischen<br />
Mobilfunkmärkten. – Bad Honnef:<br />
WIK, 2002. – 36 S. (Diskussionsbeiträge; 236)<br />
Krätke, Stefan: <strong>Medien</strong>stadt: Urbane Cluster<br />
und globale Zentren der Kulturprouktion. –<br />
Opladen: Leske + Budrich, 2002. – 267 S.<br />
<strong>Medien</strong>management – Grundlagen und Fallstudien:<br />
Ergebnisse eines Projektseminars/Rosenberger,<br />
Bernhard (Hrsg.); Meinzolt, Artur;<br />
Dangel, Joachim. – Eichstätt: Katholische Universität,<br />
2001. – 64 S. (Eichstätter Materialien<br />
zur Journalistik; 15)<br />
Schumann, Matthias; Hess, Thomas: Grundfragen<br />
der <strong>Medien</strong>wirtschaft. – Berlin: Springer,<br />
2002. – 273 S.<br />
Smit, Hilke: Reform des UPU-Endvergütungssystems<br />
in sich wandelnden Postmärkten. –<br />
Bad Honnef: WIK, 2002. – 98 S. (Diskussionsbeiträge;<br />
238)<br />
Usadel, Jan: Target costing für TV-Produktionsunternehmen.<br />
– Köln: IRÖ, 2002. – 70 S.<br />
(Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie<br />
an der Universität zu Köln; 155)<br />
74 <strong>Medien</strong> Recht<br />
Baur, Jürgen F.; Henk-Merten, Katrin: Kartellbehördliche<br />
Preisaufsicht über den Netzzugang.<br />
– Baden-Baden: Nomos, 2002. – 107 S.<br />
Bornemann, Roland: Ordnungswidrigkeiten in<br />
Rundfunk und <strong>Medien</strong>diensten: ein Handbuch<br />
für die Praxis. – Heidelberg: Verl. Recht und<br />
628<br />
Wirtschaft, 2001. – 221 S. (Schriftenreihe Kommunikation<br />
& Recht; 6)<br />
Brand, Torsten: Rundfunk im Sinne des Artikel<br />
5 Abs. 1 Satz 2 GG: eine Analyse der Reichweite<br />
des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs<br />
unter besonderer Berücksichtigung neuerer<br />
medialer Angebotsformen. – Berlin:<br />
Duncker & Humdlot, 2002. – 332 S. (Schriften<br />
zu <strong>Kommunikations</strong>fragen; 32)<br />
Breith, Christopher: Die Fernsehschutzliste:<br />
Übertragungen von Großereignissen nach § 5a<br />
RfStV. – Frankfurt: Lang, 2002. – 178 S.<br />
Dargel, Christian: Die Rundfunkgebühr: Verfassungs-,<br />
finanz- und europarechtliche Probleme<br />
ihrer Erhebung und Verwendung. –<br />
Frankfurt: Lang, 2002. – 333 S.<br />
Dittmann, Armin: Analoger Switch-off ohne<br />
Gesetz?: Rechtsstaatliche Voraussetzungen der<br />
Einführung digitalen terrestrischen Fernsehens<br />
(DVB-T); Rechtsgutachten erstattet im Auftrag<br />
von ARD und ZDF. – Baden-Baden: Nomos,<br />
2002. – 76 S. (Beiträge zum Rundfunkrecht; 50)<br />
Eifert, Martin; Stapel-Schulz, Claudia; Schreiber,<br />
Lutz: Media@Komm; Die Startphase der<br />
Preisträgerkonzepte: erste Einschätzungen,<br />
Handlungsbedarfe und offene Fragen. – Berlin:<br />
Deutsches Institut für Urbanistik, 2000. – 55 S.<br />
(Media@Komm Arbeitspapiere aus der Begleitforschung;<br />
3/00)<br />
Ethik als Schranke der Programmfreiheit im<br />
<strong>Medien</strong>recht: eine Festschrift für Günter Herrmann<br />
zum 70. Geburtstag/Rehbinder, Manfred<br />
(Hrsg.). – Baden-Baden: Nomos, 2002. – 219 S.<br />
(UFITA; 197)<br />
Geppert, Martin; Ruhle, Erst-Olaf; Schuster,<br />
Fabian: Handbuch Recht und Praxis der Telekommunikation:<br />
EU, Deutschland, Österreich,<br />
Schweiz. – Baden-Baden: Nomos, 2002.<br />
– 1023 S.<br />
Gola, Peter; Müthlein, Thomas:TDG,<br />
TDDSG: Teledienstegesetze, Teledienstedatenschutzgesetze;<br />
Kommentierung für die Praxis.<br />
– Frechen: Datakontext Fachverl., 2000. –<br />
293 S.<br />
Greiner, Arved: Die Verhinderung verbotener<br />
Internetinhalte im Wege polizeilicher Gefahrenabwehr.<br />
– Hamburg: Kovac, 2001 (Recht<br />
der neuen <strong>Medien</strong>; 3)<br />
Holznagel, Bernd: Die Erhebung von Marktdaten<br />
im Wege des Auskunftsersuchens nach<br />
dem TKG: Befugnisse der Regulierungsbehör-
de für Telekommunikation und Post. – München:<br />
Beck, 2001. – 111 S. (Information und<br />
Recht; 15)<br />
Holzporz, Stefan: Der Rechtliche Schutz des<br />
Fernsehshowkonzepts. – Münster: Lit, 2002. –<br />
184 S. (Juristische Schriftenreihe; 180)<br />
Kameras statt Gerichtszeichner: die Rechtslage<br />
nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts;<br />
2. LfR-Kolloquium <strong>Medien</strong>recht,<br />
März 2001. – Berlin: Vistas, 2001. – 34 S. (LfR-<br />
Dokumentation; 16)<br />
Korte, Benjamin: Das Recht auf Gegendarstellung<br />
im Wandel der <strong>Medien</strong>. – Baden-Baden:<br />
Nomos, 2002. – 259 S. (Materialien zur interdisziplinären<br />
<strong>Medien</strong>forschung; 41)<br />
Krüger, Roland; Weghaus, Berthold: Media@Komm;<br />
E-Government: grundlegende<br />
Aufgaben der Kommunen aus sicherheitstechnischer<br />
Sicht. – Berlin: Deutsches Institut für<br />
Urbanistik, 2001. – 37 S. plus Anhang (Media@Komm<br />
Arbeitspapiere aus der Begleitforschung;<br />
5/01)<br />
Laukemann, Mark: Fernsehwerbung im Programm:<br />
die zunehmende Kommerzialisierung<br />
des Fernsehprogramms im Zeitalter einer Ökonomisierung<br />
der Aufmerksamkeit als verfassungs-,<br />
wettbewerbs- und rundfunkrechtliches<br />
Problem. – Frankfurt: Lang, 2002. – 377 S.<br />
Media@Komm; Ausgangssituation, Rahmenbedingungen<br />
und Hintergründe für die Umsetzung<br />
der Media@Komm-Projekte. – Berlin:<br />
Deutsches Institut für Urbanistik, 2000. – 112<br />
S. (Media@Komm Arbeitspapiere aus der Begleitforschung;<br />
2/00)<br />
Media@Komm; rechtliche Rahmenbedingungen<br />
für das virtuelle Rathaus: Anpassung der<br />
Formvorschriften am Beispiel der Bremischen<br />
Landesbauordnung und Bauvorlagenverordnung.<br />
– Berlin: Deutsches Institut für Urbanistik,<br />
2001. – 45 S. (Media@Komm Arbeitspapiere<br />
aus der Begleitforschung; 4/01)<br />
Olbertz, Klaus: Fernsehöffentlichkeit von Gerichtsverfahren<br />
unter verfassungsrechtlichen<br />
Gesichtspunkten: zur Frage der Verfassungsmäßigkeit<br />
des §169 S. 2 GVG. – Frankfurt:<br />
Lang, 2002. – 140 S.<br />
Popp, Martin: Die strafrechtliche Verantwortung<br />
von Internet-Providern. – Berlin:<br />
Duncker & Humblot, 2002. – 236 S.<br />
Schulz, Wolfgang; Jürgens, Uwe: Die Regulierung<br />
von Inhaltediensten in Zeiten der Konver-<br />
Literaturverzeichnis<br />
genz: rundfunkrechtliche Überlegungen zu einer<br />
dienstespezifisch diversifizierten Ausgestaltung<br />
der Sicherung von Vielfalt, Zugangschancengerechtigkeit<br />
und Publizistik. – Berlin:<br />
Vistas, 2002. – 184 S. (Schriftenreihe der Landesmedienanstalten;<br />
23)<br />
Siebert, Sabine: Die Auslegung der Wahrnehmungsverträge<br />
unter Berücksichtigung der digitalen<br />
Technik: Erläutert am Beispiel der<br />
GEMA, GVL, VG WORT und VG BILD<br />
KUNST. – München: Beck, 2002. – 162 S.<br />
(Schriftenreihe des Instituts für Rundfunkrecht<br />
an der Universität zu Köln; 82)<br />
Siegfried, Christine: Media@Komm; Beschreibung<br />
der Preisträgerkonzepte: Kurzdarstellung<br />
und Vergleich. – Berlin: Deutsches Institut für<br />
Urbanistik, 2000. – 45 S. (Media@Komm<br />
Arbeitspapiere aus der Begleitforschung;<br />
1/00)<br />
Stapel-Schulz, Claudia; Eifert, Martin; Siegfried,<br />
Christine: Media@Komm; Organisations-<br />
und Kooperationstypen kommunaler Internetauftritte.<br />
– Berlin: Deutsches Institut für<br />
Urbanistik, 2002. – 35 S. (Media@Komm Arbeitspapiere<br />
aus der Begleitforschung; 6/02)<br />
Steuerung medienvermittelter Kommunikation:<br />
Theorie, Praxis, Perspektiven/Rossen-<br />
Stadtfeld, Helge; Wieland, Joachim (Hrsg.). –<br />
<strong>Medien</strong> Recht: Nomos, 2001. – 134 S.<br />
Tätigkeitsbericht (18.) des Hamburgischen Datenschutzbeauftragten:<br />
zugleich Tätigkeitsbericht<br />
der Aufsichtsbehörde für den nicht-öffentlichen<br />
Bereich 2000/2001. – Hamburg: Datenschutzbeauftragter,<br />
2002. – 230 S.<br />
Telekommunikationsgesetz (TKG): Kommentar/Scheurle,<br />
Klaus-Dieter; Mayen, Thomas<br />
(Hrsg.). – München: Beck, 2002. – 1429 S.<br />
Wernicke, Nina: Rechtsschutz bei grenzüberschreitenden<br />
Verletzungen des Privatlebens<br />
durch die Presse in Frankreich: ein Vergleich<br />
mit deutschem Recht. – Frankfurt: Lang, 2002.<br />
– 279 S.<br />
75 Rundfunk<br />
Feldmann, Valerie: Markenstrategien von TV-<br />
Sendern dargestellt an ausgewählten Beispielen.<br />
– Berlin: Verlag für Wirtschaftskommunikation,<br />
2001. – 144 S.<br />
Der öffentliche Rundfunk im Netzwerk von<br />
Politik, Wirtschaft und Gesellschaft: eine komparative<br />
Studie zu Möglichkeiten der Absiche-<br />
629
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
rung des Public Service. – Baden-Baden: Nomos,<br />
2001. – 217 S.<br />
Das Private in der öffentlichen Kommunikation:<br />
Big Brother und die Folgen/Schweer, Martin;<br />
Schicha, Christian (Hrsg.). – Köln: Halem,<br />
2002. – 446 S. (Fiktion und Fiktionalisierung; 5)<br />
Schiller, Dietmar: Brennpunkt Plenum: die<br />
Präsentation von Parlamenten im Fernsehen;<br />
Britisches House of Commons und Deutscher<br />
Bundestag im Vergleich. – Wiesbaden: Westdt.<br />
Verl., 2002. – 482 S.<br />
Schmid, Josef: Ein Geschenk wird zerpflückt:<br />
zur Teilung des NWDR in WDR und NDR. –<br />
Hamburg: Verl. Hanse. Merkur, 2002 (Hamburger<br />
Wirtschafts-Chronik; 3)<br />
Zukunftsmusik für Kulturwellen: Neue Perspektiven<br />
der Kulturvermittlung/Blaes, Ruth;<br />
Richter, Arnd; Schmidt, Michael (Hrsg.). –<br />
Berlin: Vistas, 2002. – 207 S.<br />
76 Werbung<br />
Gerken, Gerd: Cyber-Manipulation: der Tod<br />
der Werbung im Internet. – Düsseldorf: Metropolitan<br />
Verl., 2001. – 382 S.<br />
Heinrich, Jürgen; Pätzold, Ulrich; Röper,<br />
Horst: Werbepotentiale für die privaten elektronischen<br />
<strong>Medien</strong> in Nordrhein-Westfalen. –<br />
Opladen: Leske + Budrich, 2002. – 255 S.<br />
(Schriftenreihe <strong>Medien</strong>forschung der LfR; 42)<br />
Recency Planning und Selektivseher: die Doppelstrategie<br />
zur Wirkungsoptimierung in der<br />
TV-Planung/ZDF Werbefernsehen (Hrsg.),<br />
2002. – 24 S.<br />
Schäfer, Stephan: Das professionelle 1x1: Event-<br />
Marketing. – Berlin: Cornelsen, 2002. – 189 S.<br />
81 Publikum. <strong>Medien</strong>nutzung<br />
Alles easy – Super prima?: wie viel Fernsehen<br />
braucht der Mensch?; Dokumentation des 16.<br />
Hessischen Gesprächsforums <strong>Medien</strong> der LPR<br />
Hessen am 7. November 2001 in Frankfurt am<br />
Main. – München: KoPäd, 2002. – 89 S.<br />
Das Image von Fernsehsendern 2000. – Unterföhring:<br />
MediaGruppe München, 2002. – 26 S.<br />
McDevitt, Michael; Chaffee, Steven H.: The<br />
Family in a sequence of political activation:<br />
why civic Interventions can succeed. – Columbia:<br />
AEJMC, 2002. – 42 S. (Journalism Communication<br />
monographs; 02/1)<br />
630<br />
82 Rezeptionsforschung<br />
a/effektive Kommunikation: Unterhaltung und<br />
Werbung/Schmidt, Siegfried J.; Westerbarkey,<br />
Joachim; Zurstiege, Guido (Hrsg.). – Münster:<br />
Lit, 2001. – 284 S. (Beiträge zur <strong>Kommunikations</strong>theorie;<br />
19)<br />
Firmstone, July: Discerning eyes: viewers on<br />
violence. – Luton: Univ. of Luton Pr., 2002. –<br />
104 S.<br />
Lipschultz, Jeremy Harris; Hilt, Michael L.:<br />
Crime and local television news: dramatic, breaking<br />
and live from the scene. – Mahwah: Erlbaum,<br />
2002. – 173 S.<br />
Media effects: advances in theory and research<br />
/ Bryant, Jennings; Zillmann, Dolf (Hrsg.). –<br />
Hillsdale: Erlbaum, 2002. – 634 S.<br />
Schenk, Michael: <strong>Medien</strong>wirkungsforschung. –<br />
Tübingen: Mohr Siebeck, 2002. – 752 S.<br />
83 Kinder Jugendliche <strong>Medien</strong><br />
Feilitzen, Cecilia von; Bucht, Catharina: Outlooks<br />
on children and media; children and media<br />
violence: Yearbook 2001. – Göteborg: Nordicom,<br />
2001. – 177 S.<br />
Jugendschutzbericht 2000/2001 der Landesmedienanstalten:<br />
Bestandsaufnahme und Perspektiven.<br />
– Berlin: Vistas, 2002. – 203 S. (Schriftenreihe<br />
der Landesmedienanstalten; 25)<br />
Sander, Ekkehard: Common Culture und neues<br />
Generationsverhältnis: die <strong>Medien</strong>erfahrungen<br />
jüngerer Jugendlicher und ihrer Eltern im<br />
empirischen Vergleich. – Opladen: Verlag Dt.<br />
Jugendinstitut, 2001. – 296 S. (<strong>Medien</strong>erfahrung<br />
von Jugendlichen; 3)<br />
91 Literatur zu einzelnen Ländern<br />
Cheung, Anne S. Y.: One step forward two<br />
steps back: a Study of Press law in Post-Colonial<br />
Hong Kong. – Columbia: AEJMC, 2002. –<br />
226 S. (Journalism communication monographs;<br />
02/4)<br />
Haaß, Mareike: Rundfunk in Schweden: Historie<br />
und Gegenwart – <strong>Medien</strong>politik und Anbieterstruktur.<br />
– Hamburg: Lit, 2002. – 404 S.<br />
(<strong>Medien</strong> und Politik; 19)<br />
Holzweißig, Gunter: Die schärfste Waffe der<br />
Partei: eine <strong>Medien</strong>geschichte der DDR. –<br />
Köln: Böhlau, 2002. – 295 S.<br />
Lacey, Nick: Media institutions and audiences:
key concepts in media studies. – Basingstoke:<br />
Palgrave, 2002. – 235 S.<br />
McKee, Alan: Australian television: a genealogy<br />
of great moments. – Melbourne: Oxford<br />
Univ. Press, 2001. – 361 S.<br />
Media in China: Consumption, content and<br />
crisis/Hemelryk Donald, Stephanie; Keane,<br />
Michael; Hong, Yin (Hrsg.). – Richmond: Curzon<br />
Pr., 2001. – 240 S.<br />
Media trends 2001 in Denmark, Finland, Iceland,<br />
Norway and Sweden: Statistics and Analyses/Carlsson,<br />
Ulla; Harrie, Eva (Hrsg.). –<br />
Göteborg: Nordicom, 2001. – 276 S. (Nordic<br />
Media Trends; 6)<br />
Napoli, Philip M.: Foundations of communication<br />
policy: principles and process in the regulation<br />
of electronic media. – Cresskill:<br />
Hampton Pr., 2001. – 344 S.<br />
Ohm, Britta: Ist dies eine Invasion?: Transnationale<br />
Sender und Nationales Fernsehen in Indien.<br />
– Hamburg: Lit, 2001. – 153 S. (Spektrum;<br />
78)<br />
Ollig, Stefan: Rahmenbedingungen und Entwicklungsmöglichkeiten<br />
ausländischer Fernsehprogrammanbieter<br />
in der VR China. – Köln:<br />
Literaturverzeichnis<br />
IRÖ, 2002. – 78 S. (Arbeitspapiere des Instituts<br />
für Rundfunkökonomie an der Universität zu<br />
Köln; 156)<br />
Das Schriftgut des DDR-Fernsehens: eine Bestandsübersicht/Salhoff,<br />
Sabine (Hrsg.). –<br />
Frankfurt: Stiftung Deutsches Rundfunkarchiv,<br />
2001. – 478 S.<br />
Stiehler, Hans-Jörg: Leben ohne Westfernsehen:<br />
Studien zur <strong>Medien</strong>entwicklung und <strong>Medien</strong>nutzung<br />
in der Region Dresden in den 80er<br />
Jahren. – Leipzig: Leipziger Univ.-Verl., 2001.<br />
– 126 S. (Media-Studien; 9)<br />
Tzankoff, Michaela: Der Transformationsprozess<br />
in Bulgarien und die Entwicklung der<br />
postsozialistischen <strong>Medien</strong>landschaft. – Hamburg:<br />
Lit, 2002. – 196 S.<br />
Vogelsang, Ingo: Theorie und Praxis des Resale-Prinzips<br />
in der amerikanischen Telekommunikationsregelung.<br />
– Bad Honnef: WIK,<br />
2002. – 50 S. (Diskussionsbeiträge; 231)<br />
Vozar, Jozef; Rittler, Robert: Das Recht der<br />
Rundfunkunternehmen in der Slowakei: Stand<br />
1.3.2002. – Wien: Bundesministerium für auswärtige<br />
Angelegenheiten, 2002. – 152 S. (Arge,<br />
Rundfunkrecht in den Reformstaaten)<br />
631
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
English Abstracts<br />
Helge Rossen-Stadtfeld: Perspectives of the dual broadcasting system under constitutional<br />
law (Verfassungsrechtliche Perspektiven des dualen Rundfunksystems),<br />
pp. 481 – 497<br />
The changing structures of communication in society are also influencing the<br />
development perspectives of the German dual broadcasting system. Two proposals<br />
for the reorganisation of the broadcasting system that are grounded in constitutional<br />
law respond to this fact. One of the proposals seeks to combine a deregulated commercial<br />
market broadcasting system with a public cultural broadcasting system. The<br />
other concept seeks to fundamentally dispense with broadcasting-specific regulation,<br />
yet at the same time specifically promote cultural diversity. Both approaches fail<br />
to satisfy the normative precepts that were developed in the legal decisions made<br />
by Germany’s Federal Constitutional Court in accordance with Art. 5, para. 1, p. 2<br />
of the Basic Law; they are unable to replace the model on which these precepts are<br />
based.<br />
Keywords: broadcasting law, dual system, broadcasting system, convergence, market<br />
broadcasting, cultural broadcasting<br />
Manuela Pietrass: Means of structuring as interpretive indications. A frame analysis<br />
look at infotainment in accordance with E. Goffman (Gestaltungsmittel als Interpretationshinweise.<br />
Eine rahmenanalytische Betrachtung des Infotainment nach<br />
E. Goffman), pp. 498 – 509<br />
Through the “frame analysis” Erving Goffman presents an interaction theory approach<br />
to the organisation of social reality and its experience. Frames represent scripted instructions,<br />
to which all persons involved in an interaction must comply in order to communicate<br />
in a common context of understanding. The recipience of media products can<br />
also be understood as a frame context of interaction. The media product contains interpretive<br />
indications of which frames respectively are applicable. How recipients understand<br />
is based on their correct comprehension. Frame indications are given by the respectively<br />
applied means and styles of structuring. The significance these factors assume<br />
for categorisation and understanding is outlined with reference to the example of infotainment.<br />
Keywords: Goffman, frame analysis, infotainment, means of structuring, reality and fiction,<br />
credibility, genre<br />
Mirko Marr: The end of commonalities? The effects of Internet use for the process<br />
of thematisation by the media (Das Ende der Gemeinsamkeiten? Folgen der Internetnutzung<br />
für den medialen Thematisierungsprozess), pp. 510 – 532<br />
The increase and progressive differentiation of media offerings is accompanied by the<br />
growing risk of a fragmented and individualised use of the media and a resultant impairment<br />
of the process of thematisation by the mass media. On the basis of an agendasetting<br />
design, the study conducted in Switzerland asks about the role of the Internet as<br />
a showpiece medium for the progressive differentiation of offerings and for individualised<br />
use in this process. It discovers clear differences between media and audience agen-<br />
632
das. At the same time, the use of the Internet as a cause of these agenda rifts can be ruled<br />
out on the basis of the data gathered.<br />
Keywords: disintegration, fragmentation, agenda-setting, media use, Internet use, online<br />
communication, media agenda, audience agenda<br />
Susanne Wolf / Helena Bilandzic: Chatting as a communication game (Chatten als<br />
<strong>Kommunikations</strong>spiel), pp. 633 – 550<br />
Working on the basis of Goffman’s frame concept, a game model of chatting is developed,<br />
which offers a more far-reaching explanation of the use of chatting. With the help<br />
of the model it can be shown why anonymity and non-commitment as the basic characteristics<br />
of chat communication do not lead to a complete disregard of the conventions<br />
of discussion and manners. The game model is based on the fundamental elements of<br />
conventional games and was concretised in an empirical study with a combination of observation<br />
and thinking out loud. The individual communications of the chatters are<br />
viewed as game plots. Controlling the presentation of one’s own identity and uncovering<br />
that of the other person can be perceived as a game-immanent goal. The aim is not<br />
so much the mere exposure of the partner in discussion, but rather an original and intellectually<br />
stimulating path to this goal – via the game plots – is decisive. Accordingly,<br />
the chatters develop game strategies in order to enhance their communication skills: activity,<br />
speed and originality make the player popular discussion partner. Those who fail<br />
to master these strategies or those who disregard the fundamental manners are ignored<br />
in the chat environment and excluded from the game – with the consequence that the enjoyment<br />
of the game is terminated.<br />
Keywords: chat, game, frame analysis, thinking out loud<br />
Olaf Schulte: “the next best thing to being there” – an overview of 25 years of videoconference<br />
research („the next best thing to being there“ – ein Überblick zu 25<br />
Jahren Videokonferenzforschung), pp. 551 – 570<br />
The videoconference has been the subject of (not only) communications research reflections<br />
for over 30 years. Up to now, however, no theory of audiovisual telecommunication<br />
has been elaborated that does justice to the characteristics of this independent<br />
form of communication. The article presented outlines the technological development<br />
and as well as research-based and theoretical study of videoconferencing during the past<br />
decades.<br />
Keywords: videoconference, state of research, social presence, telepresence<br />
633
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
Autorinnen und Autoren dieses Heftes<br />
Helena Bilandzic, M.A., Institut für <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong>, <strong>Kommunikations</strong>soziologie<br />
und -psychologie, Universität Erfurt, Nordhäuser Straße 63,<br />
99089 Erfurt, helena.bilandzic@uni-erfurt.de<br />
Prof. Dr. Joan Kristin Bleicher, Institut für Germanistik II, Universität Hamburg,<br />
Von-Melle-Park 6, 20146 Hamburg, fs5a097@rrz.uni-hamburg.de<br />
Roland Bornemann, Bayerische Landeszentrale für neue <strong>Medien</strong>, Heinrich-Lübke-<br />
Straße 27, 81737 München, Roland.Bornemann@BLM.de<br />
Jens Eder, M.A., Universität Hamburg, Institut für Germanistik II – <strong>Medien</strong>kultur,<br />
Von-Melle-Park 6, 20146 Hamburg, fs9a021@rrz.uni-hamburg.de<br />
Nina Hautzinger, M.A., IPMZ – Institut für Publizistik<strong>wissenschaft</strong> und <strong>Medien</strong>forschung,<br />
Universität Zürich, Kurvenstrasse 17, CH-8035 Zürich, n.hautzinger@ipmz.<br />
unizh.ch<br />
Prof. Dr. Klaus Hurrelmann, Fakultät für Gesundheits<strong>wissenschaft</strong>en, Universität<br />
Bielefeld, Postfach 100 131, 33501 Bielefeld, klaus.hurrelmann@uni-bielefeld.de<br />
HD Dr. Manfred Kammer, Sonderforschungsbereich 240, Universität-GH Siegen,<br />
57068 Siegen, kammer@sfb240.uni-siegen.de<br />
Mirko Marr, M.A., IPMZ – Institut für Publizistik<strong>wissenschaft</strong> und <strong>Medien</strong>forschung,<br />
Universität Zürich, Kurvenstrasse 17, CH-8035 Zürich, marr@ipmz.unizh.ch<br />
Prof. Dr. Michael Meyen, Institut für <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong> (ZW), LMU<br />
München, Oettingenstr. 67, 80538 München, meyen@ifkw.uni-muenchen.de<br />
PD Dr. Manuela Pietraß, Institut für Pädagogik der Universität München, Leopoldstraße<br />
13, 80802 München, ub23101@mail.lrz-muenchen.de<br />
Prof. Dr. Helge Rossen-Stadtfeld, Institut für Rechts<strong>wissenschaft</strong>, Universität<br />
der Bundeswehr München, 85577 Neubiberg, Helge.Rossen-Stadtfeld@unibw-muenchen.de<br />
Dr. Ekkehard Sander, Deutsches Jugendinstitut, Nockherstr. 2, 81541 München,<br />
sander@dji.de<br />
Olaf A. Schulte, M.A., DFG-Projekt „Audiovisuelle Fernkommunikation“,<br />
Universität Essen - R12 T03 E04, Universitätsstraße 12, 45117 Essen,<br />
Olaf.A.Schulte@uni-essen.de<br />
Prof. Dr. Gabriele Siegert, IPMZ – Institut für Publizistik<strong>wissenschaft</strong> und <strong>Medien</strong>forschung,<br />
Universität Zürich, Kurvenstrasse 17, CH-8035 Zürich,<br />
g.siegert@ipmz.unizh.ch<br />
Prof. Dr. Martin Stock, Universität Bielefeld, Fakultät für Rechts<strong>wissenschaft</strong>, Universitätsstr.<br />
25, 33615 Bielefeld, martin.stock@uni-bielefeld.de<br />
Prof. Dr. Thomas Vesting, Institut für Öffentliches Recht, Johann Wolfgang<br />
Goethe-Universität, Senckenberganlage 31-33, 60325 Frankfurt am Main,<br />
T.Vesting@jur.uni-frankfurt.de<br />
Carsten Winter, M.A., Institut für <strong>Medien</strong>- und <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong>, Universität<br />
Klagenfurt, Universitätsstraße 20, A-9022 Klagenfurt, carsten.winter@uniklu.ac.at<br />
Susanne Wolf, M.A., Institut für <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong> (ZW), LMU München,<br />
Oettingenstr. 67, 80538 München, wolf@ifkw.uni-muenchen.de<br />
634
Hinweise für Autorinnen und Autoren<br />
Die <strong>wissenschaft</strong>liche Vierteljahreszeitschrift „<strong>Medien</strong> & <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong>“<br />
(bis Ende 1999 „Rundfunk und Fernsehen – Zeitschrift für <strong>Medien</strong>- und <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong>“)<br />
wird seit 1953 vom Hans-Bredow-Institut herausgegeben<br />
und redaktionell betreut. Die Zeitschrift ist ein interdisziplinäres Forum für theoretische<br />
und empirische Beiträge aus der gesamten <strong>Medien</strong>- und <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong>.<br />
Für die Publikation in „<strong>Medien</strong> & <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong>“ kommen folgende<br />
Textsorten in Betracht:<br />
• Aufsätze sollen ein Moment originärer theoretischer Leistung beinhalten bzw. einen<br />
theoretisch weiterführenden Argumentationsgang bieten;<br />
• Berichte sollen Befunde zu einem ausgewiesenen Problem von theoretischer oder<br />
medienpraktischer Relevanz darstellen;<br />
• Unter der Rubrik Diskussion sollen Beiträge erscheinen, die innerhalb eines <strong>wissenschaft</strong>lichen<br />
Diskurses Position beziehen und die Diskussion voranbringen können.<br />
Dabei können auch spekulative Betrachtungen fruchtbar sein.<br />
• Literaturberichte/-aufsätze sollen Literatur bzw. ausgewählte Literatur zu bestimmten<br />
Problemstellungen systematisch und vergleichend zusammenfassen und<br />
eine Übersicht über den Stand der Theorie und/oder Empirie geben.<br />
Die Redaktion bietet außerdem die Möglichkeit zur Stellungnahme und Erwiderung zu<br />
publizierten Beiträgen der oben genannten Kategorien. Stellungnahmen und Erwiderungen,<br />
die den in „<strong>Medien</strong> & <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong>“ üblichen inhaltlichen und<br />
formalen Standards entsprechen und geeignet sind, die <strong>wissenschaft</strong>liche Diskussion zu<br />
fördern, werden im nächstmöglichen Heft publiziert. Die Redaktion räumt dabei dem<br />
Autor bzw. der Autorin des Beitrages, auf den sich die Stellungnahme bezieht, die Möglichkeit<br />
einer Erwiderung ein.<br />
Manuskripte, die zur Publikation in „<strong>Medien</strong> & <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong>“ eingereicht<br />
werden, dürfen nicht anderweitig veröffentlicht sein und bis Abschluss des Begutachtungsverfahrens<br />
nicht anderen Stellen zur Veröffentlichung angeboten werden.<br />
Im Sinne der Förderung des <strong>wissenschaft</strong>lichen Diskurses und der kumulativen Forschung<br />
sowie der Qualitätssicherung legt die Redaktion bei der Begutachtung von Beiträgen<br />
besonderen Wert darauf, dass größtmögliche Transparenz hinsichtlich der verwendeten<br />
Daten hergestellt wird. Autorinnen und Autoren empirischer Beiträge verpflichten<br />
sich mit der Einreichung des Manuskripts, dass sie die Art und Weise der Datenerhebung<br />
bzw. den Zugang zu Datenbeständen, die von Dritten (z. B. Datenbanken) zur<br />
Verfügung gestellt worden sind, ausreichend dokumentieren, um so die Voraussetzungen<br />
für Sekundäranalysen und Replikationen zu schaffen. Zugleich erklären sie sich bereit,<br />
die verwendeten Daten bei <strong>wissenschaft</strong>lich begründeten Anfragen im Rahmen der jeweils<br />
gegebenen Möglichkeiten für weitere Analysen zur Verfügung zu stellen.<br />
Formalien:<br />
• Manuskripte sind der Redaktion in dreifacher Ausfertigung zuzuschicken.<br />
• Da die eingereichten Manuskripte anonymisiert begutachtet werden, sind zwei Titelblätter<br />
erforderlich: eines mit Angabe des Titels und der Namen und Anschriften<br />
der Autorinnen und Autoren, eines ohne Anführung der Namen und Adressen. Das<br />
Manuskript selbst darf keine Hinweise auf die Autorinnen und Autoren enthalten.<br />
635
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
• Beizufügen ist eine kurze Zusammenfassung des Beitrags (max. 15 Zeilen), die dem<br />
Leser als selbständiger Text einen hinreichenden Eindruck vom Inhalt des jeweiligen<br />
Beitrags vermittelt.<br />
• Der Umfang der Beiträge soll 20 Manuskriptseiten (55.000 Zeichen) nicht überschreiten.<br />
• Die Manuskriptseiten müssen im DIN A4-Format (einseitig), anderthalbzeilig beschrieben<br />
und mit ausreichendem Rand versehen sein.<br />
• Gliederung des Textes: Jedes Kapitel und Unterkapitel sollte mit einer Überschrift<br />
(in Dezimalzählung) versehen sein.<br />
• Hervorhebungen im Text sind kursiv oder fett zu kennzeichnen.<br />
• Für Hinweise und Literaturbelege bestehen wahlweise zwei Möglichkeiten:<br />
a) durch Angabe von Autor, Erscheinungsjahr und Seitenziffer im fortlaufenden<br />
Text – z. B.: . . . (Müller, 1990: 37 – 40) . . . –, wobei der vollständige bibliographische<br />
Nachweis über ein Literaturverzeichnis im Anschluss an den Beitrag erfolgt;<br />
b) über durchnumerierte Anmerkungsziffern, wobei der Text der Anmerkung auf<br />
der entsprechenden Seite aufgeführt wird.<br />
Über eine Annahme des Manuskripts und den Zeitpunkt der Veröffentlichung entscheidet<br />
die Redaktion auf der Grundlage redaktionsinterner und externer Gutachten.<br />
Dem/der Autor/in wird die Redaktionsentscheidung schriftlich mitgeteilt. Im Falle einer<br />
Entscheidung für Überarbeitung, Neueinreichung oder Ablehnung legt die Redaktion<br />
die Gründe für ihre Entscheidung offen. Dazu werden die anonymisierten Gutachten,<br />
evtl. auch nur in Auszügen, zugesandt. Das Begutachtungsverfahren ist in der<br />
Regel sechs Wochen nach Eingang des Manuskripts abgeschlossen; falls die Begutachtung<br />
längere Zeit erfordert, werden die Autor/inn/en benachrichtigt.<br />
Von jedem Originalbeitrag werden 20 Sonderdrucke kostenlos zur Verfügung gestellt.<br />
Weitere Sonderdrucke können bei Rückgabe der Fahnenkorrektur an die Redaktion<br />
schriftlich gegen Rechnung bestellt werden.<br />
Verlag und Redaktion haften nicht für Manuskripte, die unverlangt eingereicht werden.<br />
Mit der Annahme eines Manuskripts erwirbt der Verlag von den Autorinnen und Autoren<br />
alle Rechte, insbesondere auch das Recht der weiteren Vervielfältigung zu gewerblichen<br />
Zwecken im Wege des fotomechanischen oder eines anderen Verfahrens.<br />
Anschrift der Redaktion: Hans-Bredow-Institut<br />
Heimhuder Straße 21, 20148 Hamburg (Tel. 0 40/45 02 17-41)<br />
<strong>Medien</strong> & <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong><br />
Herausgegeben vom Hans-Bredow-Institut für <strong>Medien</strong>forschung an der Universität Hamburg<br />
ISSN 1615-634X<br />
Die Zeitschrift sowie alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung,<br />
die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des<br />
Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und<br />
die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.<br />
Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden, 2002. Printed in Germany.<br />
Bezugsbedingungen: Die Zeitschrift erscheint vierteljährlich (4 Hefte jährlich), Jahresabonnement 64,–, Jahresabonnement<br />
für Studenten € 40,– (gegen Nachweis), Einzelheft € 20,–, jeweils zuzügl. Versandkosten (inkl.<br />
MwSt); Bestellungen nehmen der Buchhandel und der Verlag entgegen; Abbestellungen vierteljährlich zum<br />
Jahresende. Zahlung jeweils im Voraus an Nomos Verlagsgesellschaft, Postscheckk. Karlsruhe 736 36-751 und<br />
Stadtsparkasse Baden-Baden, Konto 5-002 266.<br />
Verlag und Anzeigenannahme: Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, 76520 Baden-Baden,<br />
Telefon: (0 72 21) 21 04-0, Telefax: 21 04 27.<br />
636
Inhaltsverzeichnis 50. Jahrgang 2002<br />
AUFSÄTZE<br />
Inhaltsverzeichnis 50. Jahrgang 2002<br />
Daniela Ahrens / Anette Gerhard „Doing Knowledge“. Neue Formen der Wissensorganisation<br />
durch den Einsatz neuer <strong>Medien</strong> . . . . 1/77<br />
Klaus-Dieter Altmeppen / Wer informiert uns, wer unterhält uns? Die Organi-<br />
Thorsten Quandt sation öffentlicher Kommunikation und die Folgen<br />
für <strong>Kommunikations</strong>- und <strong>Medien</strong>berufe . . . . . . . . 1/45<br />
Thomas Döbler / Birgit Stark Neue <strong>Medien</strong>: Berufliche Chancen für Frauen? . . . 1/63<br />
Kerstin Engels <strong>Kommunikations</strong>berufe im sozialen Wandel. Theoretische<br />
Überlegungen zur Veränderung institutioneller<br />
Strukturen erwerbsorientierter <strong>Kommunikations</strong>arbeit<br />
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1/7<br />
Wolfgang Hoffmann-Riem <strong>Medien</strong>regulierung als objektiv-rechtlicher Grundrechtsauftrag<br />
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2/175<br />
Gabriele Hooffacker / Irene Stuiber Ausbildung von Online-Journalisten: Journalismus,<br />
Technik, soziale Kompetenz. Ziele, Inhalte, Methoden,<br />
Finanzierung, Vermittlungsquote und Qualitätssicherung<br />
am Beispiel des Weiterbildungs-<br />
Lehrgangs „Online-Journalismus“ an der Journalistenakademie<br />
in München . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1/115<br />
Maria Lauber Italien als Eckpfeiler der Professionalisierungsforschung.<br />
Professionelle Defizite und Autonomiemangel<br />
trotz des gesetzlich geregelten Berufszugangs<br />
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1/125<br />
Wiebke Loosen / Das Drehkreuz der Redaktion. Kompetenz-Dimen-<br />
Siegfried Weischenberg sionen des „Datenbank-Journalismus“ . . . . . . . . . . 1/93<br />
Lutz P. Michel Arbeitsmarkt für flexible Spezialisten. Berufsbilder<br />
und Qualifikationsanforderungen in der Konvergenzbranche<br />
Multimedia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1/26<br />
Christoph Neuberger Online-Journalismus: Akteure, redaktionelle Strukturen<br />
und Berufskontext. Ergebnisse einer Berufsfeldstudie<br />
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1/102<br />
Manuela Pietraß Gestaltungsmittel als Interpretationshinweise. Eine<br />
rahmenanalytische Betrachtung des Infotainment<br />
nach E. Goffman . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4/498<br />
Helge Rossen-Stadtfeld Verfassungsrechtliche Perspektiven des dualen<br />
Rundfunksystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4/481<br />
Axel Schmidt Aggressiver Humor in den <strong>Medien</strong> – am Beispiel der<br />
Fernseh-Comedy-Show „TV total“ . . . . . . . . . . . . . 2/195<br />
637
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
BERICHTE<br />
Nicola Döring Klingeltöne und Logos auf dem Handy: Wie neue<br />
<strong>Medien</strong> der Uni-Kommunikation genutzt werden 3/376<br />
Silvia Knobloch / Grit Patzig / „Informational Utility“ – Einfluss von Nützlichkeit<br />
Matthias Hastall auf selektive Zuwendung zu negativen und positiven<br />
Online-Nachrichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3/359<br />
Edmund Lauf Freiheit für die Daten! Sekundäranalysen und Datenbestände<br />
in der deutschen <strong>Medien</strong>- und <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong><br />
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2/247<br />
Mirko Marr Das Ende der Gemeinsamkeiten? Folgen der Internetnutzung<br />
für den medialen Thematisierungsprozess<br />
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4/510<br />
Helmut Scherer / Werner Wirth Ich chatte – wer bin ich? Identität und Selbstdarstellung<br />
in virtuellen <strong>Kommunikations</strong>situationen . . . 3/337<br />
Holger Schramm / Sven Petersen / Wie kommt die Musik ins Radio? Stand und Stellen-<br />
Karoline Rütter / Peter Vorderer wert der Musikforschung bei deutschen Radiosendern<br />
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2/227<br />
Olaf A. Schulte „the next best thing to being there“ – ein Überblick<br />
zu 25 Jahren Videokonferenzforschung . . . . . . . . . 4/551<br />
Susanne Wolf / Helena Bilandzic Chatten als <strong>Kommunikations</strong>spiel . . . . . . . . . . . . . . 4/533<br />
LITERATUR<br />
Aufsatz Reihe „Klassiker der <strong>Kommunikations</strong>- und<br />
<strong>Medien</strong><strong>wissenschaft</strong> heute“<br />
Thomas Gebur Theodor W. Adorno: <strong>Medien</strong>kritik als Gesellschaftskritik<br />
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3/402<br />
Hans W. Giessen Harold A. Innis: „Kommunikation“ als Schlüsselbegriff<br />
zum Verständnis der Menschheitsgeschichte? 2/261<br />
Besprechungen<br />
Daniela Ahrens Manfred Faßler: Netzwerke. Einführung in die<br />
Netzstrukturen, Netzkulturen und verteilte Gesellschaftlichkeit,<br />
München 2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3/423<br />
Ben Bachmair David Buckingham: After the Death of Childhood.<br />
Growing Up in the Age of Electronic Media, Cambridge<br />
2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2/274<br />
638
Inhaltsverzeichnis 50. Jahrgang 2002<br />
Barbara Berkel Daniel Rölle / Petra Müller / Ulrich W. Steinbach:<br />
Politik und Fernsehen. Inhaltsanalytische Untersuchungen,<br />
Wiesbaden 2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2/275<br />
Joan Kristin Bleicher David Gauntlett (Hrsg.): Web.Studies. Rewiring<br />
media studies for the digital age. London 2001 . . . . 3/425<br />
Joan Kristin Bleicher Jürg Häusermann (Hrsg.): Inszeniertes Charisma.<br />
<strong>Medien</strong> und Persönlichkeit, Tübingen 2001. . . . . . . 2/276<br />
Joan Kristin Bleicher Dieter Prokop: Der Kampf um die <strong>Medien</strong>. Das Geschichtsbuch<br />
der neuen kritischen <strong>Medien</strong>forschung.<br />
Hamburg 2001<br />
Jochen Hörisch: Der Sinn und die Sinne. Frankfurt<br />
2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4/571<br />
Roland Bornemann Urban Pappi: Teledienste, <strong>Medien</strong>dienste und<br />
Rundfunk. Ihre Abgrenzung im Recht der elektronischen<br />
<strong>Medien</strong>. Baden-Baden 2000 . . . . . . . . . . . . 4/573<br />
Johanna Dorer Susanne Keil: Einsame Spitze? Frauen in Führungspositionen<br />
im öffentlich-rechtlichen Rundfunk<br />
Münster/Hamburg/London 2000 . . . . . . . . . . . . . . 1/135<br />
Jens Eder Clemens Schwender: <strong>Medien</strong> und Emotionen. Evolutionspsychologische<br />
Bausteine einer <strong>Medien</strong>theorie.<br />
Wiesbaden 2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4/575<br />
Christiane Eilders Karsten Renkstorf / Denis McQuail / Nicholas Jankowski<br />
(Hrsg.): Television News Research. Recent<br />
European Approaches and Findings. Berlin 2001 . 3/426<br />
Andreas Hepp David Morley: Home Territories. Media, Mobility<br />
and Identity. London 2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1/136<br />
John Tomlinson: Globalization and Culture. Cambridge,<br />
Oxford 1999 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1/136<br />
Ernest W. B. Hess-Lüttich Jens Wernecken: Wir und die anderen … Nationale<br />
Stereotypen im Kontext des <strong>Medien</strong>sports, Berlin<br />
2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3/428<br />
Joachim R. Höflich Friedrich Krotz: Die Mediatisierung kommunikativen<br />
Handelns. Der Wandel von Alltag und sozialen<br />
Beziehungen, Kultur und Gesellschaft durch die<br />
<strong>Medien</strong>. Wiesbaden 2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3/430<br />
Werner Holly Bernhard Pörksen: Die Konstruktion von Feindbildern.<br />
Zum Sprachgebrauch in neonazistischen <strong>Medien</strong>.<br />
Wiesbaden 2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1/140<br />
Klaus Hurrelmann Stefan Aufenanger / Mike Große-Loheide / Claudia<br />
Lampert / Uwe Hasebrink: Alkohol – Fernsehen –<br />
Jugendliche. Hamburg 2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4/578<br />
639
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
Manfred Kammer Gebhard Rusch (Hrsg.): Einführung in die <strong>Medien</strong><strong>wissenschaft</strong>.<br />
Konzeptionen, Theorien, Methoden,<br />
Anwendungen. Wiesbaden 2002 . . . . . . . . . . . . . . . 4/579<br />
Matthias Kohring Martin K. W. Schweer (Hrsg.): Der Einfluss der <strong>Medien</strong>.<br />
Vertrauen und soziale Verantwortung, Opladen<br />
2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2/279<br />
Hans-Dieter Kübler Christian Grüninger / Frank Lindemann: Vorschulkinder<br />
und <strong>Medien</strong>. Eine Untersuchung zum <strong>Medien</strong>konsum<br />
von drei- bis sechsjährigen Kindern unter<br />
besonderer Berücksichtigung des Fernsehens,<br />
Opladen 2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2/280<br />
Wiebke Loosen Michael Kunczik/Astrid Zipfel: Publizistik. Ein<br />
Studienhandbuch. Köln/Weimar/Wien 2001 . . . . . 3/433<br />
Peter Ludes Mike Sandbothe / Winfried Marotzki (Hrsg.): Subjektivität<br />
und Öffentlichkeit. Kultur<strong>wissenschaft</strong>liche<br />
Grundlagenprobleme virtueller Welten. Köln<br />
2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1/141<br />
Michael Meyen Patrick Rössler / Susanne Kubisch / Volker Gehrau<br />
(Hrsg.): Empirische Perspektiven der Rezeptionsforschung,<br />
München 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4/581<br />
Rossen Milev Jürgen Wilke: Grundzüge der <strong>Medien</strong>- und <strong>Kommunikations</strong>geschichte.<br />
Von den Anfängen bis ins<br />
20. Jahrhundert, Köln/Weimar/Wien 2000 . . . . . . . 2/282<br />
Marion G. Müller Christina Holtz-Bacha: Wahlwerbung als politische<br />
Kultur, Parteienspots im Fernsehen 1957–1998,<br />
Wiesbaden 2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2/283<br />
Christoph Neuberger Hans-Jürgen Bucher / Ulrich Püschel (Hg.): Die<br />
Zeitung zwischen Print und Digitalisierung, Wiesbaden<br />
2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2/285<br />
Wolfram Peiser Michael Meyen: <strong>Medien</strong>nutzung. Mediaforschung,<br />
<strong>Medien</strong>funktionen, Nutzungsmuster, Konstanz<br />
2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2/286<br />
Juliana Raupp Annette Rinck: Interdependenzen zwischen PR und<br />
Journalismus. Eine empirische Untersuchung der<br />
PR-Wirkungen am Beispiel einer dialogorientierten<br />
PR-Strategie von BMW, Wiesbaden 2001 . . . . . . . . 2/288<br />
Peter von Rüden Manfred Rexin (Hrsg.): Radio-Reminiszenzen. Erinnerungen<br />
an RIAS Berlin. Berlin 2002 . . . . . . . . . 3/435<br />
Ekkehard Sander Eike Hebecker: Die Netzgeneration. Jugend in der<br />
Informationsgesellschaft. Frankfurt 2001 . . . . . . . . 4/583<br />
640
Inhaltsverzeichnis 50. Jahrgang 2002<br />
Bernd Schorb Thomas Eberle: Motivation des Fernsehverhaltens<br />
Jugendlicher. Grundlagen, Verhaltensanalysen,<br />
Selbstauskünfte und Beurteilung des Reality T. Bad<br />
Heilbronn 2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1/142<br />
Gabriele Siegert / Nina Hautzinger Bernd W. Wirtz: <strong>Medien</strong>- und Internetmanagement.<br />
2. voll. überarb. und erw. Auflage. Wiesbaden 2001 4/584<br />
Martin Stock Bernd Holznagel/Andreas Grünwald: Meinungsvielfalt<br />
im kommerziellen Fernsehen. <strong>Medien</strong>spezifische<br />
Konzentrationskontrolle in Deutschland,<br />
Großbritannien, Frankreich, Italien, den USA und<br />
auf der Ebene von Europarat und Europäischer Gemeinschaft,<br />
Berlin 2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2/290<br />
Martin Stock Claudia Roider: Perspektiven einer europäischen<br />
Rundfunkordnung. Eine Untersuchung der gemeinschaftsrechtlichen<br />
Direktiven unter besonderer<br />
Berücksichtigung des Pluralismusgebots. Berlin<br />
2001<br />
Jürgen Schwarze/Albrecht Hesse (Hrsg.): Rundfunk<br />
und Fernsehen im digitalen Zeitalter. Die Sicherung<br />
von <strong>Medien</strong>freiheit und <strong>Medien</strong>vielfalt im<br />
deutschen und europäischen Recht. Baden-Baden<br />
2000<br />
Nizza, die Grundrechte-Charta und ihre Bedeutung<br />
für die <strong>Medien</strong> in Europa. EMR-Fachtagung in Zusammenarbeit<br />
mit der Europäischen Rechtsakademie<br />
Trier vom 22.-23. März 2001 im ERA Kongress<br />
Zentrum, Trier. Baden-Baden 2001 . . . . . . . . . . . . . 4/586<br />
Thomas Vesting Christoph Degenhart: Der Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen<br />
Rundfunks in der „Digitalen<br />
Welt“. Heidelberg 2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4/592<br />
Gerhard Vowe Pippa Norris: A Virtuous Circle. Political Communications<br />
in Postindustrial Societies. Cambridge<br />
2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3/437<br />
Claudia Wegener Friederike Herrmann /Margret Lünenborg (Hrsg.):<br />
Tabubruch als Programm. Privates und Intimes in<br />
den <strong>Medien</strong>, Opladen 2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2/294<br />
Carsten Winter Ekkehard Sander: Common Culture und neues Generationenverhältnis.<br />
Die <strong>Medien</strong>erfahrungen jüngerer<br />
Jugendlicher und ihrer Eltern im empirischen<br />
Vergleich. München 2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4/597<br />
Rainer Winter Klaus Neumann-Braun / Stefan Müller-Doohm<br />
(Hrsg.): <strong>Medien</strong>- und <strong>Kommunikations</strong>soziologie.<br />
Eine Einführung in zentrale Begriffe und Theorien,<br />
München 2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3/439<br />
641
M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />
Klaus Werner Wirtz Werner Susallek: Führungsinformationssysteme für<br />
öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten, Lohmar/<br />
Köln 2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2/296<br />
Wolfgang Wunden Felix Weil: Die <strong>Medien</strong> und die Ethik. Grundzüge<br />
einer brauchbaren <strong>Medien</strong>ethik. Freiburg 2001 . . . 3/441<br />
CHRONIK<br />
Hermann-Dieter Schröder Chronik der <strong>Medien</strong>entwicklung in Deutschland<br />
2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3/461<br />
Zeitschriftenlese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1/145, 2/298, 3/443, 4/599<br />
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1/158, 2/317, 3/455, 4/624<br />
642
M&K 2002/4 <strong>Medien</strong> & <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong>