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M&K 50. Jg. 2002/4 E 20039 F<br />

&<br />

HANS-BREDOW-INSTITUT<br />

<strong>Medien</strong><br />

<strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong><br />

Helge Rossen-Stadtfeld<br />

Verfassungsrechtliche Perspektiven des dualen Rundfunksystems<br />

Manuela Pietraß<br />

Gestaltungsmittel als Interpretationshinweise. Eine rahmenanalytische<br />

Betrachtung des Infotainment nach E. Goffman<br />

Mirko Marr<br />

Das Ende der Gemeinsamkeiten? Folgen der Internetnutzung für<br />

den medialen Thematisierungsprozess<br />

Susanne Wolf / Helena Bilandzic<br />

Chatten als <strong>Kommunikations</strong>spiel<br />

Olaf A. Schulte<br />

„the next best thing to being there“ – ein Überblick zu 25 Jahren<br />

Videokonferenzforschung<br />

Nomos Verlagsgesellschaft<br />

Baden-Baden<br />

Die neue Rundfunk und Fernsehen


II<br />

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2. Umschlagseite


M&K 50. Jg. 2002/4<br />

HANS-BREDOW-INSTITUT<br />

<strong>Medien</strong><br />

<strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong><br />

&<br />

Redaktion:<br />

Joan Kristin Bleicher, Hardy Dreier, Christiane Eilders,<br />

Uwe Hasebrink, Anja Herzog, Uwe Jürgens, Claudia Lampert,<br />

Christiane Matzen, Hermann-Dieter Schröder, Wolfgang Schulz,<br />

Jutta Simon, Ralph Weiß<br />

Nomos Verlagsgesellschaft<br />

Baden-Baden


M&K 50. Jahrgang 4/2002


AUFSÄTZE<br />

Helge Rossen-Stadtfeld Verfassungsrechtliche Perspektiven des dualen<br />

Rundfunksystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 481<br />

Manuela Pietraß Gestaltungsmittel als Interpretationshinweise. Eine<br />

rahmenanalytische Betrachtung des Infotainment<br />

nach E. Goffman . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 498<br />

BERICHTE<br />

Mirko Marr Das Ende der Gemeinsamkeiten? Folgen der Internetnutzung<br />

für den medialen Thematisierungsprozess<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 510<br />

Susanne Wolf / Helena Bilandzic Chatten als <strong>Kommunikations</strong>spiel . . . . . . . . . . . . . . 533<br />

Olaf A. Schulte „the next best thing to being there“ – ein Überblick<br />

zu 25 Jahren Videokonferenzforschung . . . . . . . . . 551<br />

LITERATUR<br />

INHALTSVERZEICHNIS<br />

Besprechungen<br />

Joan Kristin Bleicher Dieter Prokop: Der Kampf um die <strong>Medien</strong>. Das<br />

Geschichtsbuch der neuen kritischen <strong>Medien</strong>forschung.<br />

Hamburg 2001<br />

Jochen Hörisch: Der Sinn und die Sinne. Frankfurt<br />

2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 571<br />

Roland Bornemann Urban Pappi: Teledienste, <strong>Medien</strong>dienste und<br />

Rundfunk. Ihre Abgrenzung im Recht der elektronischen<br />

<strong>Medien</strong>. Baden-Baden 2000 . . . . . . . . . . . . 573<br />

Jens Eder Clemens Schwender: <strong>Medien</strong> und Emotionen. Evolutionspsychologische<br />

Bausteine einer <strong>Medien</strong>theorie.<br />

Wiesbaden 2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 575<br />

Klaus Hurrelmann Stefan Aufenanger / Mike Große-Loheide / Claudia<br />

Lampert / Uwe Hasebrink: Alkohol – Fernsehen –<br />

Jugendliche. Hamburg 2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 578<br />

Manfred Kammer Gebhard Rusch (Hrsg.): Einführung in die <strong>Medien</strong><strong>wissenschaft</strong>.<br />

Konzeptionen, Theorien, Methoden,<br />

Anwendungen. Wiesbaden 2002 . . . . . . . . . . . . . . . 579<br />

Michael Meyen Patrick Rössler / Susanne Kubisch / Volker Gehrau<br />

(Hrsg.): Empirische Perspektiven der Rezeptionsforschung,<br />

München 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 581<br />

479


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

Ekkehard Sander Eike Hebecker: Die Netzgeneration. Jugend in der<br />

Informationsgesellschaft. Frankfurt 2001 . . . . . . . . 583<br />

Gabriele Siegert / Nina Hautzinger Bernd W. Wirtz: <strong>Medien</strong>- und Internetmanagement.<br />

2. voll. überarb. und erw. Auflage. Wiesbaden 2001 584<br />

Martin Stock Claudia Roider: Perspektiven einer europäischen<br />

Rundfunkordnung. Eine Untersuchung der gemeinschaftsrechtlichen<br />

Direktiven unter besonderer<br />

Berücksichtigung des Pluralismusgebots. Berlin<br />

2001<br />

Jürgen Schwarze / Albrecht Hesse (Hrsg.): Rundfunk<br />

und Fernsehen im digitalen Zeitalter. Die Sicherung<br />

von <strong>Medien</strong>freiheit und <strong>Medien</strong>vielfalt<br />

im deutschen und europäischen Recht. Baden-Baden<br />

2000<br />

Nizza, die Grundrechte-Charta und ihre Bedeutung<br />

für die <strong>Medien</strong> in Europa. EMR-Fachtagung in Zusammenarbeit<br />

mit der Europäischen Rechtsakademie<br />

Trier vom 22.-23. März 2001 im ERA Kongress<br />

Zentrum, Trier. Baden-Baden 2001 . . . . . . . . . . . . . 586<br />

Thomas Vesting Christoph Degenhart: Der Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen<br />

Rundfunks in der „Digitalen<br />

Welt“. Heidelberg 2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 592<br />

Carsten Winter Ekkehard Sander: Common Culture und neues Generationenverhältnis.<br />

Die <strong>Medien</strong>erfahrungen jüngerer<br />

Jugendlicher und ihrer Eltern im empirischen<br />

Vergleich. München 2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 597<br />

Zeitschriftenlese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 599<br />

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 624<br />

English abstracts and keywords . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 632<br />

Autorinnen und Autoren<br />

dieses Heftes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 634<br />

Hinweise für Autorinnen<br />

und Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 635<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

50. Jahrgangs 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 637<br />

480


Verfassungsrechtliche Perspektiven des dualen<br />

Rundfunksystems<br />

Helge Rossen-Stadtfeld<br />

AUFSÄTZE<br />

Der Wandel der Strukturen gesellschaftlicher Kommunikation beeinflusst auch die Entwicklungsperspektiven<br />

des deutschen dualen Rundfunksystems. Hierauf reagieren zwei<br />

verfassungsrechtlich begründete Vorschläge zur Neuordnung des Rundfunksystems. Der<br />

eine Vorschlag zielt auf die Kombination eines deregulierten kommerziellen Marktrundfunks<br />

mit einem öffentlich-rechtlichen Kulturrundfunk. Nach der anderen Konzeption<br />

soll grundsätzlich auf rundfunkspezifische Regulierung verzichtet, zugleich aber<br />

kulturelle Vielfalt gezielt gefördert werden. Den normativen Vorgaben, die in der Rechtsprechung<br />

des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG entwickelt worden<br />

sind, genügen beide Ansätze nicht; sie können das Modell, das diesen Vorgaben zugrunde<br />

liegt, nicht ersetzen.<br />

Keywords: Rundfunkrecht, duales System, Rundfunksystem, Konvergenz, Marktrundfunk,<br />

Kulturrundfunk<br />

Die Entwicklungsperspektiven des deutschen dualen Rundfunksystems erscheinen derzeit<br />

besonders unsicher. Die Umwelt dieses Systems ist durch vermachtete Weltmärkte,<br />

global operierende <strong>Medien</strong>konzerne, Kommerzialisierungstendenzen, starken – technisch,<br />

wirtschaftlich und politisch induzierten – Konvergenzdruck und nicht zuletzt<br />

auch den Zusammenbruch der „new economy“ geprägt. Sie verändert sich schnell und<br />

tief greifend. Das alles ist auch von der Diskussion um verfassungsrechtliche Grundlagen,<br />

Spielräume und Ziele einer Ausgestaltung des deutschen Rundfunksystems zur<br />

Kenntnis genommen worden. Daraufhin zeichnet sich eine neue Entwicklungsstufe des<br />

dualen Modells ab: ein marktnah eingerichteter Unterhaltungsrundfunk, der eine mehr<br />

oder weniger ausgeweitete Kulturnische aufweist (Bullinger, 2001; Vesting, 2001a).<br />

I. Fortschritt zum Marktmodell?<br />

Ausgangspunkt dieser neueren Ansätze ist die Mahnung, die Wirklichkeit einer „Ökonomie<br />

der Aufmerksamkeit“ (Franck, 1998) – geprägt durch oligopolisierte Produktionsstrukturen<br />

und die Ausrichtung auf möglichst billige und quotenstarke Unterhaltungsprogramme<br />

– zu akzeptieren, realitätsferne duale Konstruktionen fallen zu lassen<br />

und auf realitätsnähere Modelle umzustellen. So rückt das Marktmodell wieder in den<br />

Vordergrund der rundfunkrechtlichen Auseinandersetzung.<br />

1. Marktrundfunk als „Normalfall“?<br />

Die Möglichkeit hierzu eröffnet zum einen die grundrechtstheoretische Prämisse, es seien<br />

die Grundrechte in erster Linie reine Abwehrrechte, gerichtet gegen einen Staat, der<br />

durch sie grundsätzlich an jedem Eingriff in bürgerliche Freiheiten gehindert werde. Da<br />

die Knappheitsprobleme heute nicht mehr bestünden, die ein gesetzlich befestigtes öffentlich-rechtliches<br />

Rundfunkmonopol zunächst hätten rechtfertigen können, verlange<br />

Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG nach einem Abbau aller normativen Hemmnisse, die einer nur<br />

übergangsweise und vorläufig dispensierten Rundfunkunternehmerfreiheit bislang ge-<br />

481


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

zogen worden seien. Das andere Argument, mit dem das Marktmodell als Gestaltungsvorgabe<br />

plausibilisiert werden soll, macht ein allmähliches Zusammenwachsen der europäischen<br />

Rundfunkordnungen geltend. In diesem Vorgang erscheint der Rundfunk –<br />

im Kern: die im Programm eingefangene Aufmerksamkeit möglicher Kunden derjenigen<br />

Unternehmen, die Werbezeit eingekauft haben (Heinrich, 1999, S. 277 ff.) – als ein<br />

Wirtschaftsgut unter anderen in einer europäischen Wirtschaftsordnung und die nationale<br />

Rundfunkordnung als Teil eines überwölbenden Rundfunk-Binnenmarktes (dazu<br />

Hoffmann-Riem, 2000, S. 74 ff. m. w. N.). Zusammengenommen erlauben das grundrechtstheoretische<br />

und das europarechtliche Argument die Anmahnung der „Normalität“<br />

eines nach dem Marktmodell ausgestalteten Rundfunkwesens (so bei Schoch, 1998,<br />

193 ff.; s. auch Starck, 1999, Rn. 115 ff.; in der Grundtendenz auch Bullinger/Mestmäcker,<br />

1996, S. 71 ff.). Das duale Rundfunksystem offenbart sich unversehens wieder als rechtfertigungsbedürftiger<br />

Sonderfall, womöglich als Abirrung. Korrekturen in die Richtung<br />

auf den marktnäheren Normalfall erscheinen dann nahe liegend und selbstverständlich.<br />

Dieses Ergebnis ist nicht neu (so zu Recht Eifert, 2002, S. 60). Die Behauptung einer<br />

verkannten und daraufhin wieder in ihr Recht zu setzenden marktwirtschaftlich-wettbewerblichen<br />

„Normalität“ begleitet die Entwicklung des dualen Rundfunksystems seit<br />

dessen Beginn, wenn auch zum Teil auf weitere oder anders gewichtete Argumente gestützt.<br />

Auch für die jüngeren Ausprägungen, in denen diese ältere Behauptung heute erhoben<br />

wird, gelten deshalb die Einwände weiter, die immer schon gegen die Forderung<br />

eines reinen Marktrundfunks vorgebracht worden sind (Diskussion bei Hoffmann-<br />

Riem, 2000, S. 116 ff., 171 ff. m. w. N.).<br />

2. Verzicht auf rundfunkspezifische Vermittlung?<br />

Die Einwände gegen eine rundfunkverfassungsrechtliche Normalität nach Maßgabe des<br />

Marktmodells leiten sich vor allem aus der Feststellung ab, dass in einem System ökonomischen<br />

Wettbewerbs letztlich die Funktion nicht erfüllt würde, die Art. 5 Abs. 1 GG<br />

in seiner Auslegung durch das Bundesverfassungsgericht dem Rundfunk zuweist. In einem<br />

nach dem Marktmodell ausgestalteten System ist das Programmangebot in erster<br />

Linie darauf ausgerichtet, das Versprechen einer möglichst weit reichenden und stabilen<br />

Aufmerksamkeitsbindung so überzeugend erscheinen zu lassen, dass stets in hinreichendem<br />

Umfang Werbegelder eingeworben werden können. In den verbleibenden –<br />

bislang allerdings sehr kleinen – Teilbereichen der Entgeltfinanzierung wird das Programm<br />

selbst unmittelbar zur Ware, die auf möglichst gute Marktgängigkeit bei niedrigen<br />

Erstellungskosten hin produziert und angeboten werden muss. In beiden Fällen ist<br />

der Rundfunk nicht mehr Medium und Faktor freier, chancengleicher und umfassender<br />

Meinungsbildung, ob in öffentlichen oder in individuell-privaten Bezügen. Das Marktmodell<br />

und das ihm zugrunde liegende Paradigma wirtschaftlichen Wettbewerbs erlauben<br />

von vornherein schon gar keine Aussagen zur Erfüllbarkeit der Funktion, die dem<br />

Rundfunk im Hinblick auf die kommunikationsverfassungsrechtliche Basisgewährleistung<br />

der Meinungsbildungsfreiheit normativ zugeschrieben wird. Für die ökonomische<br />

Analyse ist allein maßgeblich, dass das Rundfunkprogramm den Konsumentenpräferenzen<br />

gemäß produziert und angeboten wird und dass es im Übrigen möglichst geringe<br />

Kosten verursacht (Heinrich, 1999, S. 46). Für diese Analyse müssen demgegenüber<br />

normativ aufgeladene Ziele unberücksichtigt bleiben, die sich auf die Ermöglichung freier,<br />

umfassender und chancengleicher Meinungsbildung, auf die Gewährleistung vielfältiger<br />

Information, Bildung und Unterhaltung sowie ein stetig hohes Qualitätsniveau der<br />

Rundfunkprogramme richten. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts<br />

482


Rossen-Stadtfeld · Verfassungsrechtliche Perspektiven<br />

gelten diese Zielvorgaben für alle Rundfunkprogramme, auch die kommerziellen Angebote<br />

sind nicht von ihnen ausgenommen (BVerfGE 73, 118 [158, 180, 199]; 83, 238 [297,<br />

315 ff.]; 87, 181 [198]).<br />

Die Ausblendung dieser normativen Vorgaben bedarf der Rechtfertigung. Die Option<br />

für eine marktnahe „Normalisierung“ des Rundfunkwesens trägt die Beweislast dafür,<br />

dass kommunikativ hochgradig ausdifferenzierte Gesellschaften keiner massenmedialen<br />

Vermittlungsfunktion mehr bedürfen. Es muss gezeigt werden, dass eine Vermittlungsfunktion<br />

jedenfalls mit dem anspruchsvollen Gehalt obsolet geworden ist, den das Bundesverfassungsgericht<br />

– in Orientierung an einem Prozessmodell gesellschaftlicher<br />

Kommunikation, in dem diese als Zusammenhang selbstregulativer, in fortwährender<br />

Umstrukturierung befindlicher gesellschaftlicher <strong>Kommunikations</strong>netzwerke vorgestellt<br />

wird – dieser Funktion zugewiesen und als ein Kernelement des Normgehalts von<br />

Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG entfaltet hat (seit BVerfGE 12, 205 [260] st. Rspr., s. etwa E 57,<br />

295 [319 ff.]; 83, 238 [295 ff.]; 90, 60 [87 ff.]). Dieser Beweis ist bislang nicht nur nicht<br />

erbracht worden. Es gibt vielmehr im Gegenteil zahlreiche Anhaltspunkte dafür, dass<br />

die Erschließungs-, Analyse-, Synthetisierungs-, Ergänzungs-, Entdeckungs-, Orientierungs-<br />

und mit alledem letztlich Integrationsleistungen, die zur Verwirklichung der<br />

Vermittlungsfunktion des Rundfunks erbracht werden müssen, im Zuge der weiteren<br />

medientechnischen und medienstrukturellen Entwicklung immer wichtiger werden<br />

(Trute, 1998, S. 230 ff., 249 ff.; Holznagel, 1999, S. 39 ff., 118 ff.; Hoffmann-Riem, 2000,<br />

S. 136 ff., 311 f.; a. A. Determann, 1999, S. 395 ff.).<br />

II. Modifikationen des dualen Systems<br />

Das normative Leitmodell des dualen Rundfunksystems zielt auf lebhafte und vielfaltsfördernde<br />

publizistische Konkurrenz (BVerfGE 74, 297 [326]; Diskussion bei Kiefer,<br />

1994). Die tatsächliche Befindlichkeit dieses Systems ist durch starke Tendenzen einer<br />

programmlich-inhaltlichen „Konvergenz nach unten“ gekennzeichnet. Der Abstand<br />

zwischen Modell und Realisierung ist in der rundfunkrechtlichen Diskussion bemerkt<br />

worden. Das hat bislang, soweit erkennbar, zwei Vorschläge einer modelltheoretischen<br />

Neuorientierung veranlasst.<br />

1. Die Zuspitzung: öffentlich-rechtliche Kultur, deregulierte Privatwirtschaft<br />

Die erste dieser beiden Konzeptionen (Bullinger, 2001) knüpft bei dem Dualismus an,<br />

der die derzeitige Ausgestaltung des Rundfunkwesens in Deutschland kennzeichnet,<br />

und sucht ihn zuzuspitzen. Ihren Ausgang nimmt diese Konzeption bei einer Schilderung<br />

des Wandels im Realbereich der Grundrechtsnormen aus Art. 5 Abs. 1 GG, die für<br />

das deutsche duale Rundfunksystem maßgeblich geworden sind. Es wird hingewiesen<br />

auf neue Übertragungstechniken bzw. -formen (Digitalisierung) und Übertragungswege<br />

(Direktfunksatelliten, Internet), auf die vertikale und horizontale Verflechtung und<br />

Konzentration im Bereich der Veranstaltung kommerziellen Rundfunks, auf Anpassungszwänge<br />

und Konvergenzdruck im öffentlich-rechtlichen Sektor des dualen Systems,<br />

auf ein weltweit verbreitetes, aber individuell abrufbares Angebot zunehmend<br />

spezialisierter elektronischer Dienste und schließlich auf die „globale Ökonomisierung<br />

der Telekommunikation“ (Bullinger, 2001, S. 198 ff., 200 ff.; ders., 1980; s. auch Vesting,<br />

1997, S. 159 ff., 182 ff., und Reimers, 1999).<br />

Dieser Ausgangsbefund steht nicht mehr im Mittelpunkt medien<strong>wissenschaft</strong>licher,<br />

medienpolitischer oder medienrechtlicher Diskussionen. Wichtigster Gegenstand sol-<br />

483


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

cher Debatten sind mittlerweile vielmehr die Folgerungen, die aus diesem Befund gezogen<br />

werden können oder gar müssen. Auch die hier vorgestellte Konzeption zur Entwicklungsperspektive<br />

des dualen Rundfunksystems beruht auf solchen Folgerungen. Sie<br />

erscheinen erläuterungsbedürftig.<br />

a) Unklarheiten und offene Fragen<br />

Das betrifft schon die Feststellung, es verliere die Knappheit terrestrischer Frequenzen<br />

wegen neuer Übertragungswege und -techniken zusehends an Bedeutung (Bullinger,<br />

2001, S. 198). Der beträchtliche Modernisierungsbedarf in den Kabelnetzen und die Unsicherheit<br />

bezüglich der weiteren Netzentwicklung (Woldt, 2002; Lauff, 2002) stehen<br />

dieser These entgegen. Vor allem aber erschließt sich ihre Relevanz heute nicht mehr von<br />

selbst. Immer wieder ist in der Literatur im Anschluss an das FRAG-Urteil (BVerfGE<br />

57, 295 [322]) darauf hingewiesen worden, dass die Rechtfertigung „positiver“ Rundfunkregulierung<br />

gerade nicht von dem Fortbestand der Knappheitslagen bei den Übertragungsmöglichkeiten<br />

abhänge (s. nur Hoffmann-Riem, 2000, S. 89 ff. m. w. N.). Da sie<br />

auf diese Hinweise nicht eingeht, gelangt die Konzeption schon hier in eine Schieflage.<br />

Sie meldet weiterhin Regelungsbedarf an, vor allem zur Sicherung eines öffentlich-rechtlichen<br />

„nationalen Kulturrundfunks“, aber auch zur Konzentrationskontrolle und zum<br />

Jugendschutz im kommerziellen Sektor (Bullinger, 2001, S. 206 ff., 211 ff.). Zugleich<br />

aber unterstellt sie dabei unausgesprochen, dass mit der Vermehrung von Übertragungsmöglichkeiten<br />

ein deregulierter „‚Markt‘ für Rundfunk“ (a. a. O., S. 198) zum<br />

Normalfall werde, demgegenüber sich die bestehende Ausgestaltung des dualen Rundfunksystems<br />

als normalisierungsbedürftig erweist.<br />

An die Stelle des herkömmlichen „Fernsehvolks“ trete nun eine „im Ansatz spontan<br />

agierende und reagierende, ja ‚chaotische‘ globale Informationsgesellschaft“, der auch<br />

das Prädikat „interaktiv“ zugeschrieben wird (a. a. O. S. 201). Dieser Befund ist so<br />

vertraut (Schulz/Held, 2001, S. 111 m. w. N.) wie klärungsbedürftig. In der nationalen<br />

Binnenperspektive wird hier der Teil der Bevölkerung als konzeptionell unerheblich<br />

erachtet, der sich in der Rolle einer vor dem Fernsehgerät abgelegten „coach potatoe“<br />

wohlfühlt und Interaktionsaufforderungen dann als Zumutung zu empfinden scheint<br />

(Dörr/Janik/Zorn, 2002, S. 65 f. m. w. N.). Dabei handelt es sich nach den derzeit<br />

verfügbaren <strong>Medien</strong>nutzungsdaten um die Mehrheit der Gesamtbevölkerung (Ridder/Engel,<br />

2001, S. 107 ff.). Wieder scheint sich die These zu bewahrheiten, dass neue<br />

<strong>Medien</strong> die alten <strong>Medien</strong> nicht revolutionär ablösen, sondern allenfalls evolutionär ergänzen<br />

(Lerg, 1981, in Fortführung einer Spekulation von McLuhan; s. auch Stipp,<br />

1996, S. 5 f.). In einer nach außen gewandten Blickrichtung bleiben ferner die rund<br />

zwei Drittel der Weltbevölkerung und ganze Erdteile (Afrika, große Teile Asiens) unberücksichtigt,<br />

die nach wie vor keinen gesicherten Zugang zu globalen Netzen haben<br />

und diesen, soweit derzeit absehbar, wohl auch nicht erhalten werden (Metze-<br />

Mangold, 2001).<br />

Problematisch ist der Begriff der „Informationsgesellschaft“ auch aus anderen Gründen.<br />

Information entsteht erst im Zusammenhang von Mitteilung und Verstehen, sie ist<br />

der bestimmte Sinn, der einem Datum erst noch gegeben werden muss (Steinmüller,<br />

1993, S. 189 ff., 211 ff.). In den modernen Massenmedien und im Internet sind also<br />

zunächst keineswegs Informationen, sondern bloße Daten vorfindlich. Letztere müssen<br />

erst noch zu Informationen werden. Dieser Prozess ist komplex und voraussetzungsvoll<br />

(Hofstadter, 1985, S. 174 ff.; Luhmann, 1984, S. 193 ff.; rechts<strong>wissenschaft</strong>liche Folgerungen<br />

bei Albers, 1996, insbes. S. 117, 121; Schulz, 1998, S. 24 f.). Das wird im Begriff<br />

484


Rossen-Stadtfeld · Verfassungsrechtliche Perspektiven<br />

der „Informationsgesellschaft“ tendenziell unterschlagen. Gleiches gilt für den Umstand,<br />

dass die Befähigung in modernen Gesellschaften erst erworben und dann trainiert<br />

werden muss, in den wachsenden Wüsten des Nichtwissens gezielt die Oasen verfügbarer<br />

Daten aufzufinden und zu Informationen zu verarbeiten (Rossen-Stadtfeld, 1999,<br />

S. 224). Was schließlich ist von dem Begriff der „Informationsgesellschaft“ zu halten,<br />

wenn in den damit bezeichneten Gesellschaften die Kluft immer größer wird zwischen<br />

denen, die neue <strong>Medien</strong> und Datenquellen produktiv für sich nützen können, und denen,<br />

die das nicht können? Manches spricht dafür, dass es genau diese sich immer weiter<br />

öffnende Schere ist, die eine so genannte moderne „Informationsgesellschaft“ kennzeichnet<br />

(Kuhlen, 1995; Rötzer, 1999). Alles dies sind Fragen, die auch und gerade in<br />

einer rundfunkrechtlichen Perspektive Bedeutung erlangen müssten, die das Leitprinzip<br />

freier, umfassender und chancengleicher Meinungsbildung in öffentlichen und privaten<br />

Bezügen nicht preisgeben will. Die ungenaue, Ökonomisierungs- und sonstige Vermachtungserscheinungen<br />

ausblendende (Michalski, 1997) Rede von der „Informationsgesellschaft“<br />

führt demgegenüber in der Regel dazu, dass diese Fragen von Vornherein<br />

ungestellt bleiben.<br />

Schließlich bedürfte auch die „Interaktivität“ genauerer Betrachtung, die hier, wie<br />

überhaupt in vielen Darstellungen zum Internet, hervorgehoben wird. Es erschließt sich<br />

nicht unmittelbar, in welchem Sinn die Auswahl und Bestellung aus einem Warenkatalog<br />

oder die Einholung von Service-, Markt- und Ratgeberinformationen als Interaktion<br />

anzusehen sein könnten. In diesen Vorgängen erschöpft sich ein Großteil der auf das<br />

Internet bezogenen Nutzungsinteressen (Oemichen, 2002, S. 30 ff.). Jedenfalls erschiene,<br />

wenn die hier gemeinte „Interaktivität“ typischerweise in solchen Vorgängen zum<br />

Ausdruck käme, der Begriff einigermaßen trivial. Er wäre dann ungeeignet, kühne Visionen<br />

einer netzgestützten gesellschaftlichen Kommunikation zu fundieren, und könnte<br />

auch nicht den emphatischen Überschuss mit sich führen, auf den die Pragmatik seiner<br />

Verwendung doch so häufig setzt. Auch was eine „interaktive globale Gesellschaft“<br />

sein könnte, bleibt undeutlich. Vorderhand gilt immer noch, dass „die Armen schauen,<br />

die Reichen senden“ (Krönig, 2001, S. 3; Reljič, 2001) und dass diese „Armen“ – es handelt<br />

sich um Rezipienten in den bevölkerungsreichsten Regionen dieser Welt – kaum<br />

eine Chance haben, das mediale Angebot einer westlichen Populär- und Kommerzkultur<br />

folgenreich „interaktiv“ zu beeinflussen.<br />

b) Zwei eigenständige Rundfunkordnungen<br />

Es mag sein, dass die Unklarheiten ausgeräumt werden können, die der hier vorgestellten<br />

Rundfunkkonzeption noch anhaften. Der Diskussion bedarf aber auch dann noch<br />

die Hauptthese und wichtigste Entwicklungsmaßgabe für das duale Rundfunksystem<br />

Deutschlands, in der diese Konzeption ausmündet: In der bezeichneten Gesamtentwicklung<br />

bedürfe es einer schärferen funktionellen und finanziellen Abgrenzung der<br />

beiden Teilbereiche des dualen Rundfunksystems. Auf der einen Seite müsse „im machtvollen<br />

Strom globaler Ökonomisierung der Telekommunikation“ ein wirtschaftsferner<br />

nationaler und regionaler Rundfunk erhalten bleiben, „als Kristallisationsschwerpunkt<br />

für heimische Politik und Kultur und damit für eine nationale ‚Gesellschaft‘“ (Bullinger,<br />

2001, S. 205). Ein aus Gebühren oder vergleichbaren öffentlichen Abgaben finanzierter<br />

„nationaler Kulturrundfunk“ sei deshalb einer gesteigerten öffentlich-rechtlichen<br />

Pflichtenbindung, gerade auch in programmlicher Hinsicht, zu unterwerfen. Er habe<br />

weiterhin „die Gesamtheit der Meinungen und Interessen im Wesentlichen vollständig<br />

und ausgewogen zum Ausdruck zu bringen (Ausgewogenheitspflege)“ (a. a. O., S. 211)<br />

485


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

und müsse insoweit „Vorbildwirkung“ auch und gerade den kommerziellen Anbietern<br />

gegenüber entfalten können (a. a. O., S. 213 f.; das Petitum einer genaueren Vorgabe des<br />

öffentlich-rechtlichen Programmauftrags schon bei Bullinger, 1999, S. 23 f., 43 ff., 115<br />

ff.). Ihm gegenüber sei ein „weltmarktmäßig agierender, aus Werbung und anderen<br />

kommerziellen Einnahmen finanzierter privatwirtschaftlicher Rundfunk“ zuzulassen,<br />

dessen Pflichtenbindung auf das Maß zurückzuführen sei, „das sich auch im weltweiten<br />

Wettbewerb als Sozialbindung rechtfertigen läßt.“ (a. a. O., S. 210). Für dieses reduzierte<br />

Pflichtenmaß könne die periodische Massen-Presse als Vorbild dienen (Verpflichtung<br />

zu journalistischer Sorgfalt bei Nachrichten und Kommentaren, Jugendschutz),<br />

sonstige „marktfremde“ Bindungen müssten freilich aus öffentlichen Mitteln<br />

abgegolten werden (a. a. O., S. 212). Zeitliche Werbebeschränkungen seien aufzuheben,<br />

da sie ihren Rechtfertigungsgrund in der vielfaltssichernden Aufgabe gefunden hätten,<br />

an die der kommerzielle Rundfunk künftig nicht mehr gebunden sei (a. a. O., S. 211 f.).<br />

Insgesamt sei dies der Weg, auf dem „die Rundfunkfreiheit von einer nationalen Dienstpflicht<br />

zum tragenden Element einer weltoffenen Informationsgesellschaft werden<br />

kann“ (a. a. O., S. 193).<br />

Ein weitgehend deregulierter kommerzieller Rundfunk wird hier als Fortschritt aus<br />

überholten Bindungen, als Normalität der in Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG geschützten Freiheit<br />

und als letztlich unumgänglich empfohlen. Dieser Rundfunk kann und soll keine „dienende“<br />

Funktion mehr im Hinblick auf die Meinungsbildungsfreiheit erfüllen (a. a. O.,<br />

2001, S. 215, 217). Er wird in die Freiheit ausschließlich kommerzieller Zielsetzung entlassen.<br />

Damit aber wird sich das duale Rundfunksystem den Bedingungen einer „Ökonomie<br />

der Aufmerksamkeit“ weiter unterwerfen, ohne dass diese Entwicklung durch<br />

rundfunkspezifische Sicherungen noch verlangsamt werden könnte. Dass von einem öffentlich-rechtlichen<br />

Angebot allein schon deshalb „Vorbildwirkung“ für den kommerziellen<br />

Rundfunk ausgehen könnte, weil es qualitativ höherwertig erscheint, ist unrealistisch.<br />

Mit der Wirklichkeit eines kommerziellen Rundfunks auf engen und vermachteten<br />

Märkten hat diese Überlegung nichts zu tun. Wohl könnte eine Vorbildfunktion<br />

des öffentlich-rechtlichen Programmangebots für die externe Beobachtung und Ausgestaltung<br />

des <strong>Medien</strong>systems nutzbar gemacht werden (Holznagel, 1999, S. 42 f.; Eifert,<br />

2002, S. 71). Ohne eine derart regulative Umsetzung wird sie die funktionale Eingliederung<br />

des kommerziellen Rundfunks in die Wirtschaft der Gesellschaft nicht aufbrechen<br />

können: Zum Vorbild wird ein öffentlich-rechtliches Angebot erst dann, wenn und soweit<br />

dies eine Erhöhung der Quoten erwarten lässt. An letztlich denselben Problemen<br />

läuft auch der Vorschlag auf, kommerzielle Veranstalter durch Subventionen zur Produktion<br />

und Veranstaltung „marktfremder kultureller Sonderleistungen“ zu veranlassen<br />

(Bullinger, 2001, S. 214; Vesting, 2001a, S. 303, s. schon Engel, 1996, S. 63 f., 113).<br />

Dieser Vorschlag erscheint zunächst inkonsequent. Das Anliegen der hinter ihm stehenden<br />

Konzeption geht gerade dahin, den kommerziellen Rundfunk endlich ganz in<br />

eine so weit wie möglich deregulierte Wirtschaftsfreiheit jenseits aller extern vorgegebenen<br />

Qualitätsmaßgaben zu entlassen. Vor allem aber ist der Vorschlag bereits praktisch<br />

erprobt und hat sich dann als wenig erfolgreich erwiesen (Holznagel, 2002, S. 2355<br />

m. w. N.). Wie sich gezeigt hat, kann ein Rundfunk, sind dessen funktionale Bindungen<br />

in der Public Service-Tradition erst einmal gelöst worden, über Subventionen offenbar<br />

nicht in vergleichbarer Weise auf ein bestimmtes Programmniveau hingesteuert werden.<br />

Jedenfalls besteht derzeit keine Veranlassung, die motivierende Kraft von Subventionen<br />

als ein funktionales Äquivalent für die rechtsnormative Konkretisierung einer „dienenden<br />

Funktion“ des Rundfunks im deutschen <strong>Kommunikations</strong>verfassungsrecht anzusehen.<br />

486


Rossen-Stadtfeld · Verfassungsrechtliche Perspektiven<br />

In grundrechtsdogmatischer Hinsicht führt diese Rundfunkkonzeption dazu, dass<br />

mit zweierlei Rundfunk, zweierlei Rundfunkgewährleistungen, zweierlei funktionalen<br />

Ausrichtungen (sc. Meinungsbildung vs. Ratings) des Rundfunks zu rechnen ist (Stock,<br />

2001, S. 124 f.). Kommerzieller Rundfunk ist nun allerdings in funktionaler Hinsicht beliebigen<br />

<strong>Medien</strong>diensten bis zur Ununterscheidbarkeit nahe gerückt. Damit sind zum<br />

einen kompetenzrechtliche Konsequenzen zu überlegen: Bundeszuständigkeit für Telekommunikation<br />

und Wirtschaft (Art. 73 Ziff. 7, Art. 74 Ziff. 11 GG; Vesting, 2001, 295)?<br />

Zum anderen sind in dem Umfang, in dem die Merkmale der „Darbietung“ und des meinungsbildenden<br />

Charakters immer weniger ein zerstückeltes, individualisiertes und<br />

„banalisiertes“ (Bullinger, 2001, S. 203; ausführlicher ders., 1980, S. 53 ff.) kommerzielles<br />

Angebot kennzeichnen sollen, der Charakter dieses Angebots als „Rundfunkprogramm“<br />

und die an diesen Charakter gebundenen Privilegien – vor allem im Hinblick<br />

auf Übertragungsmöglichkeiten – zu überprüfen. Im Übrigen wäre wohl auch die Möglichkeit<br />

in Rechnung zu stellen, dass im dauerhaften Konsum der Angebote solcher als<br />

Rundfunkprogramm getarnter <strong>Medien</strong>dienstleistungen die Kompetenz zur selbstbestimmten<br />

Wahrnehmung, Unterscheidung und Beurteilung medialer Angebote auf<br />

Dauer beschädigt werden könnte. Die Rezipienten könnten schließlich infolge immer<br />

weiter verminderter „<strong>Medien</strong>kompetenz“ (hierzu Lauffer/Volkmer, 1995; Fromm u. a.,<br />

2000) durch ein anspruchsvolles Qualitätsprogramm schon gar nicht mehr erreicht, jedenfalls<br />

von vornherein überfordert werden. Die Meinungsbildungsfreiheit aller Rezipienten<br />

ist grundrechtlich aber nicht nur in ihren Bestands-, sondern auch in ihren<br />

Entstehensbedingungen geschützt (Rossen, 1988, S. 112 ff.). Die verfassungsrechtliche<br />

Legitimation getarnter <strong>Medien</strong>dienstleistungen, deren Konsum die Entwicklung von<br />

<strong>Medien</strong>kompetenz ausschließt oder hindert, erscheint deshalb zweifelhaft.<br />

Nur der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist in dieser Konzeption noch der Gewährleistung<br />

freier, umfassender und chancengleicher Meinungsbildung in öffentlichen und<br />

privaten Bezügen „dienend“ zugeordnet. In der dogmatischen Konstruktion eines Gewährleistungsgefüges,<br />

das von der Basisgewährleistung des <strong>Kommunikations</strong>verfassungsrechts<br />

zusammengehalten wird (Rossen, 1988, S. 167 ff., 317 ff.), zeigen sich Erosionserscheinungen.<br />

Die Einheit dieses Gewährleistungsgefüges zerbricht, wenn für einen<br />

bestimmten Rundfunktyp kein Ort mehr in diesem Gefüge, keine konstitutive Beziehung<br />

zur Meinungsbildungsfreiheit mehr rekonstruiert werden kann. Letztlich bleibt<br />

dabei auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht unberührt. Grundrechtsdogmatisch<br />

ist nicht mehr erkennbar, in welcher spezifisch verfassungsrechtlichen Grundlage<br />

die „besondere Pflichtenstellung“ wurzeln könnte, die dem öffentlich-rechtlichen<br />

Rundfunk in seiner Kulturnische hier noch zugeschrieben wird. Wenn die Meinungsbildungsfreiheit<br />

für Ausgestaltung und Praxis des kommerziellen Rundfunks kein normativer<br />

Bezugspunkt mehr sein soll, warum dann für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk?<br />

Die hier vorgestellte Konzeption beruht auf einer Meinungsbildungsfreiheit, die<br />

in ihrer rechtlich-maßstäblichen Bedeutung aus Gründen halbiert ist, die ihrerseits<br />

grundrechtsdogmatisch nicht rekonstruiert werden können (dazu Grimm, 2001, S. 29).<br />

Die Verfassung, die nach Wortlaut und Telos des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG keine typologisch-funktionale<br />

Unterscheidung innerhalb des Rundfunkbegriffs vornimmt oder<br />

zulässt, ist bereits mit den unterschiedlichen Anforderungsniveaus für öffentlich-rechtlichen<br />

und kommerziellen Rundfunk (BVerfGE 73, 118 [157]) aufs Äußerste strapaziert<br />

worden (Rossen, 1988, S. 375 ff.). Sie gerät als Grundlage spezifisch rechtlicher Unterscheidungen<br />

jetzt ganz außer Sicht. An die Stelle verfassungsrechtlicher und grundrechtsdogmatischer<br />

Argumente tritt das Anerkenntnis der Übermacht ökonomischer<br />

Mechanismen.<br />

487


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

c) Ökonomische Kolonisierung, verfassungsrechtliche Delegitimation<br />

Verfassungsrecht, auch und gerade <strong>Kommunikations</strong>verfassungsrecht, hat an der Spitze<br />

(oder Grundlage) der Rechtsordnung die Funktion, die Möglichkeit – wenn auch nicht<br />

den Erfolg – des rechtlichen Arguments gegen die Wucht anderer funktionssystemspezifischer<br />

Imperative offen zu halten und abzusichern (Rossen-Stadtfeld, 2000, S. 182 ff.,<br />

184 ff.). Es handelt sich um eine der verschiedenen Vorkehrungen moderner Gesellschaften,<br />

das historisch erreichte Maß an funktionaler Differenzierung nach Möglichkeit<br />

aufrecht erhalten zu können. Mit diesem Maß verknüpft ist aber auch das Maß an<br />

Vielfalt und Heterogenität der Perspektiven, Optionen, Maßstäbe und „Weltsichten“,<br />

das eine Gesellschaft zu einem bestimmten Zeitpunkt kennzeichnet. Wo der Geltungsbereich<br />

des verfassungsrechtlichen Arguments in der beschriebenen Weise zugunsten<br />

ökonomischer Gesichtspunkte verkürzt wird, findet Entdifferenzierung statt. Die betroffene<br />

Gesellschaft wird dann dimensional öder und verarmt. Eine Gesellschaft, die<br />

sich zunehmend nur noch nach Maßgabe und in den Grenzen der systemischen Imperative<br />

ihrer Ökonomie marktförmig integriert, ist weit davon entfernt, einer Vielfalt von<br />

Beobachtungsperspektiven, Orientierungsmodellen und Entscheidungsalternativen<br />

wirklich Raum geben zu können (scharfsichtig hierzu Ross, 1997, S. 99). Sie verliert aber<br />

auch an Potenzial, die problematischen, dysfunktionalen und womöglich zerstörerischen<br />

Nebenfolgen eines ungebremsten ökonomischen Diskurses in ihren <strong>Medien</strong><br />

kenntlich zu machen und dann vielleicht Wege zu finden, diese Nebenfolgen auszubalancieren.<br />

Niemals wird etwa die unter ökonomischen Gesichtspunkten (Werberatings,<br />

Konsumanreize, endloser/unbegrenzter Bedarf bei stets nur kurzfristiger Befriedigung<br />

etc.) jederzeit vorzugswürdig erscheinende „Spaßgesellschaft“ den unerfüllten utopischen<br />

Überschuss ihres bildungsbürgerlichen Herkommens aufnehmen und umsetzen<br />

können. Ebenso wenig kann sie neue Probleme auch nur in Umrissen fassen, mit denen<br />

es die Gegenwart immer drängender zu tun bekommt (etwa: Entwicklungsungleichzeitigkeiten<br />

innerhalb „multikultureller“ Gesellschaften, Persönlichkeitsentwicklung ohne<br />

vorgegebene Rollenschemata und außerhalb einer herkömmlichen Erwerbsbiografie,<br />

Jungsein und Altwerden ohne sozialen Ort, aber auch jüngere Fragen wie die nach einer<br />

gentechnisch erweiterten Perfektibilität des Menschen und seiner Umwelt).<br />

Die Konzeption einer Übersteigerung des dualen Systems wirft noch weitere Fragen<br />

auf. Wenn kommerzielle und öffentlich-rechtlich verantwortete Angebote unter verschiedene<br />

Pflichtenregime gestellt, wenn die beiden Sektoren des dualen Systems weiter<br />

und deutlicher auseinander gezogen werden sollen, dann bedarf es juristisch handhabbarer<br />

Kriterien, anhand deren die Trennlinie in Konfliktfällen ausgezeichnet werden<br />

kann. Diese Kriterien können sich, da der kommerzielle Rundfunk dereguliert und von<br />

(noch bestehenden) Pflichtenbindungen nach Möglichkeit freigestellt werden soll, nur<br />

auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk beziehen. Es muss also festgelegt werden, was<br />

dieser Rundfunk unter der leitenden Maßgabe „gesteigerter Pflichtenbindung“ zu leisten<br />

und worin er sein spezifisches programmliches Profil zu finden hat. Diese Festlegung<br />

eines öffentlich-rechtlichen „Funktionsauftrags“ (als Nachfolger der älteren „Grundversorgung“)<br />

wiederum kann in dem Ansatz dieser Konzeption nicht dem Rundfunk<br />

überlassen bleiben. Sie stellt eine grundrechtswesentliche Aufgabe dar, die der Gesetzgeber<br />

selbst bearbeiten muss, indem er den Programmauftrag über das heute schon erreichte<br />

Maß hinaus weiter konkretisiert. Auch wenn das in dieser Deutlichkeit nicht ausgesprochen<br />

wird: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk verlöre letztlich die ihm derzeit<br />

noch unbestritten verfassungsrechtlich garantierte Programmautonomie (Eifert, 2002,<br />

S. 89 ff.; Hoffmann-Riem, 2000, S. 188 f.).<br />

488


Rossen-Stadtfeld · Verfassungsrechtliche Perspektiven<br />

Es ist also eine beträchtliche Verschiebung der grundrechtsnormativen Gewichte, der<br />

hier das Wort geredet wird. Sie wiegt umso schwerer, als keineswegs ausgemacht<br />

erscheint, dass quantitative oder inhaltsbezogen-qualitative Festlegungen über den<br />

(niedrigen) Genauigkeitsgrad des derzeitigen Programmrechts hinaus tatsächlich steuerungswirksam<br />

werden, in der Begrifflichkeit der hier behandelten Konzeption also eine<br />

„gestärkte Pflichtenbindung“ bewirken könnten. Die derzeit verfügbaren sozial<strong>wissenschaft</strong>lichen<br />

Daten sprechen dagegen (Eifert, 2002, S. 44 ff. m. w. N.). Ein öffentlichrechtlicher<br />

Rundfunk, der auf ein möglichst hohes Qualitätsniveau in seinen Programmen<br />

verpflichtet werden soll, bedarf verbesserter Einrichtungen der Selbststeuerung<br />

und Selbstkontrolle, eines moderneren Qualitätsmanagements, vielleicht auch eines intensivierten<br />

Zusammenspiels interner und externer Programmbeobachtung (Vorschläge<br />

bei Eifert, 2002, S. 113 ff. m. w. N.). Weniger dringend bedarf er eines weiter konkretisierten,<br />

ausdifferenzierten und so zur Bereichsabgrenzung tauglichen Programmrechts.<br />

2. Die Aufhebung: Markt statt Recht, „Kultur“ statt Meinungsbildung<br />

Auch ein zweiter Vorschlag zur Zukunft des dualen Rundfunksystems knüpft bei dem<br />

beschleunigten Wandel an, der sich im Realbereich der normativen Gewährleistungen<br />

des Art. 5 Abs. 1 GG derzeit vollzieht (Vesting, 2001a). Dargestellt wird der Wandel in<br />

dieser Konzeption unter dem Leitbegriff einer „Logik der Vernetzung“. Gemeint ist damit,<br />

dass die medientechnische Entwicklung (insbesondere: Internet) und das Interesse<br />

an der Maximierung der Einschaltquoten, der Aufmerksamkeit und damit der Werbeerlöse<br />

ein Verhältnis wechselseitiger Beförderung eingingen. In ihm löse sich die Unterscheidung<br />

zwischen Rundfunk, Telekommunikations- und <strong>Medien</strong>diensten immer stärker<br />

auf, verliere die Veranstalterfunktion in langen und unübersichtlichen Verwertungsketten<br />

an Bedeutung, erweise sich die Prominenz von Personen und Themen als<br />

neue „Währung“ des <strong>Medien</strong>systems und sei eine Steuerung des dualen Rundfunksystems<br />

durch „positives“, an der verfassungsrechtlichen Vorgabe der Meinungsbildungsfreiheit<br />

orientiertes Rundfunkrecht nicht mehr möglich (a. a. O., S. 287 ff.). Die Schilderung<br />

der Wandlungsprozesse deckt sich mit der Darstellung, von der die Zuspitzungs-Konzeption<br />

ausgeht (neue Techniken, Entdifferenzierung, Verwischung herkömmlicher<br />

Unterscheidungen, Ökonomisierungsdruck, Konvergenztendenzen). Die<br />

Konsequenzen, die aus dieser Schilderung des Wandels gezogen werden, sind gleichfalls<br />

problematisch.<br />

a) Keine Regulierung gegen die „Logik der Vernetzung“<br />

Eine Grundthese lautet, dass das moderne duale Rundfunksystem sich weder politisch<br />

verantworten noch rechtlich regulieren lasse (a. a. O., S. 294). Der Zugang zu einem<br />

neuen Rundfunkmodell sei in einer Perspektive der „Erhaltung gesellschaftlicher und<br />

vor allem wirtschaftlicher Innovationsfähigkeit“ zu suchen, nicht aber mehr über eine<br />

„staatszentrierte Vorstellung von ‚Meinungsbildung‘ oder über Begriffe wie ‚Zugangsgerechtigkeit‘<br />

oder ‚Chancengleichheit‘“ (a. a. O., S. 296). Der These fehlt die überzeugende<br />

Begründung. Im theoretischen Entwurf mag „die Logik der Vernetzung durch<br />

eine Steigerung der Optionenräume die Diskriminierungskapazität von Grenzbegriffen“<br />

unterlaufen (a. a. O., S. 289). Im Zielbereich der Konzentrations- und Vermachtungsschübe,<br />

die im Zusammenbruch der New Economy derzeit zu beobachten sind,<br />

aber auch etwa in dem unter Quotendruck und Werbeflaute zunehmend „einfältiger“<br />

489


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

gestalteten kommerziellen Programmangebot, wird es freilich noch eine Weile dauern,<br />

bis sich von dort her ausgeweitete „Optionenräume“ abzeichnen könnten. Immerhin<br />

bleibt auch dann noch die Erkenntnis, dass dieselbe digitale Übertragungstechnik schon<br />

jetzt ganz unterschiedliche Programm- und Dienstleistungsangebote zu befördern geeignet<br />

ist. Bei dieser Technik anknüpfende Abgrenzungen geraten also in die Gefahr,<br />

kein klares Substrat mehr zu finden. Regulierung, die auf trennscharfe Rechtsbegriffe<br />

angewiesen ist, stößt hier in der Tat auf Schwierigkeiten. Dass diese aber sogleich zur<br />

Unmöglichkeit der Regulierung führen sollen, ist damit noch nicht zureichend nachgewiesen.<br />

Insbesondere in dem wichtigen Teilbereich der rechtlichen Erfassung, Einordnung<br />

und Steuerung von Online-Leistungen des Rundfunks sind ausführliche und differenzierte<br />

Vorschläge zu Regulationsansätzen vorgelegt worden (Hoffmann-Riem,<br />

2000, S. 229 ff., 233 ff.). Sie zeigen, dass Regulationsbemühungen jedenfalls nicht schon<br />

von vornherein als aussichtslos angesehen werden müssen. Wiederum unbestreitbar sind<br />

ferner eine immer wieder versagende Praxis der internen („gesellschaftlichen“) Rundfunkkontrolle<br />

und der externen <strong>Medien</strong>aufsicht sowie schließlich die Feststellung einer<br />

– freilich in Ausmaß und Dimensionen sehr umstrittenen und erläuterungsbedürftigen<br />

– „Konvergenz nach unten“ im Gesamtprogrammangebot des dualen Rundfunksystems.<br />

Solche Mängelbefunde können auch (niemals allein) in zu wenig, in zu viel, in<br />

schlechter oder – der Regelfall – in unzureichend durchgesetzter rechtlicher Regulation<br />

(Zulassung, Programmaufsicht, Konzentrationskontrolle) ihre Ursachen finden. Die<br />

Grundthese einer unmöglich werdenden Rundfunkregulierung durch Recht lässt sich<br />

durch sie also kaum schon ausreichend stützen.<br />

Allerdings wird auch auf eine „Logik der Vernetzung“ (a. a. O., S. 287; Begriff schon<br />

bei Ladeur, 1999, S. 68 ff.) verwiesen, die Regulierungskonzepte nach Art des Rundfunkstaatsvertrages<br />

ins Unwirkliche und Unvollziehbare treibe. Dieser Verweis impliziert<br />

die Vorstellung eines unentrinnbaren Geschicks („Logik“), dem die Gesellschaft<br />

preisgegeben sei. Die Beiläufigkeit, mit der Meinungsbildungsfreiheit, Chancengleichheit<br />

und Zugangsgerechtigkeit als normativ und konzeptionell leitende Gesichtspunkte<br />

beiseite geschoben werden und stattdessen „Innovationsfähigkeit“ in den Mittelpunkt<br />

gerückt wird, könnte in einer solchen Hintergrundvorstellung ihre Erklärung finden.<br />

Wo aber heute die Steigerung von „Innovationsfähigkeit“ gefordert oder ähnliche<br />

Schreckworte (etwa: „Flexibilität“, „Dynamik“, „Herausforderung“) gebraucht werden,<br />

heißt es aufmerken. Meist soll den so Angesprochenen angezeigt werden, dass härtere<br />

Zeiten bevorstehen, und zwar vor allem ihnen. Dementsprechend ergeht auch in dieser<br />

Rundfunkkonzeption eine ernste Ermahnung an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk,<br />

sich „im Wettbewerb der Aufmerksamkeit“ nicht auf „Strategien der Marktverstopfung“<br />

einzulassen (a. a. O., S. 293, 304 f.; ebenso Ladeur, 2000). Ob das im Niedergang des<br />

dualen Systems wirklich ein aktuelles Zentralproblem darstellt, ob demgegenüber nicht<br />

eher darauf zu achten wäre, eine ebenso bedrohte wie für moderne Gesellschaften unverzichtbare<br />

Public Service-Tradition gegen den immer mächtiger werdenden Kommerzialisierungsdruck<br />

zu verteidigen, soll hier dahingestellt bleiben. Die Erwägung, dass<br />

gesellschaftliche Entwicklung, wenn schon nicht gesteuert, so doch nach Maßgabe einigermaßen<br />

freier, aufgeklärter und vernünftiger Entscheidungen immerhin beeinflusst<br />

werden könnte, liegt jedenfalls weit jenseits der Perspektive, die mit dieser Konzeption<br />

zur Entwicklung des dualen Rundfunksystems eröffnet wird. Dieser Rundfunkkonzeption<br />

geht es in erster Linie um die Anpassung der <strong>Kommunikations</strong>strukturen moderner<br />

Gesellschaften an das, was auch so schon unwiderstehlich genug erscheint: die<br />

funktionalen Imperative von Wirtschaft und Technik. Anderes als diese Anpassung befördere<br />

nur die „Flucht in abstrakte Glaubensbekenntnisse“ (a. a. O., S. 295).<br />

490


Rossen-Stadtfeld · Verfassungsrechtliche Perspektiven<br />

b) Ein problematischer Kulturbegriff<br />

Damit gerät diese Konzeption in die Gefahr, sich selbst den Boden unter den Füßen<br />

wegzuziehen. Sie hat nämlich durchaus ein Regulierungsanliegen. Eine zweite Grundthese<br />

dieser Konzeption geht zunächst dahin, dass die Abgrenzung zwischen öffentlichrechtlichem<br />

und kommerziellem Rundfunk ohnehin längst fiktiv geworden sei, so dass<br />

auf sie verzichtet werden solle (a. a. O., S. 293). Sodann sei für das derart wieder vereinheitlichte<br />

Rundfunksystem ein „neues rundfunkrechtliches Ordnungsmodell“ zu entwerfen.<br />

Dieses dürfe keinesfalls mehr auf die Gewährleistung freier, umfassender und<br />

chancengleicher Meinungsbildung in öffentlichen und privaten Bezügen ausgerichtet<br />

sein und darin alteuropäisch-bildungsbürgerlich verengt werden. Stattdessen sei die leitende<br />

Maßgabe des neuen Ordnungsmodells künftig allein in der „Sicherung kultureller<br />

Vielfalt“ zu sehen (a. a. O., S. 296). Hier also soll durchaus noch reguliert werden,<br />

wenn auch erst nach einer „Verschiebung des verfassungsrechtlichen Ansatzpunktes<br />

von Politik auf Kultur bzw. auf die Erhaltung kultureller und wirtschaftlicher Innovationsfähigkeit“<br />

(a. a. O., S. 298).<br />

Wenn die bisherige Grundnorm des sich aus Art. 5 Abs. 1, 2 GG ergebenden <strong>Kommunikations</strong>verfassungsrechts,<br />

die Gewährleistung der Meinungsbildungsfreiheit, derart<br />

entschieden durch einen Leitwert „Kultur“ ersetzt werden kann, wird man hierfür<br />

eine spezifisch verfassungsrechtliche Begründung erwarten dürfen. Die hier vorgestellte<br />

Rundfunkkonzeption setzt eine solche Begründung schon voraus. Für sie ist ausgemacht,<br />

dass auf „rechts- und verfassungstheoretischer Ebene … ein solches Konzept unterstellen<br />

[kann], dass es ein öffentliches Interesse an der Sicherung kultureller Vielfalt<br />

gibt“ (a. a. O., S. 296). Als deskriptiv-empirische ist diese Feststellung keineswegs<br />

selbstverständlich. Seit jeher und nicht nur in Deutschland hat „kulturelle Vielfalt“ als<br />

Politikziel ohnehin keinen guten Stand. Derzeit aber kann in Deutschland von einem öffentlichen<br />

Interesse an ihr etwa im Hinblick auf die öffentliche Finanznot, auf vordringliche<br />

Arbeitsmarktprobleme und weitere damit verbundene Verschiebungen im<br />

gesellschaftlichen Präferenzhaushalt, auf innenministerielle Assimilationsforderungen<br />

oder auch etwa auf das Programmangebot des kommerziellen Rundfunks keine Rede<br />

sein. Wenn überhaupt in der parteipolitischen oder auch medienrechtlichen Diskussion<br />

die Forderung nach kultureller Vielfalt erhoben wird, dann scheint dies in erster Linie<br />

der Ungreifbarkeit und Plastizität beider Wörter geschuldet. Ihr operationalisierbarverpflichtender<br />

Gehalt geht nicht über die Substanz hinaus, die etwa Versprechen einer<br />

„wirksamen Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit“, der „Sicherung des Weltfriedens“<br />

oder einer „nachhaltigen Verbesserung der Umweltqualität“ aufweisen. Ein öffentliches<br />

Interesse an kultureller Vielfalt bleibt also zumindest äußerst zweifelhaft.<br />

Die Empfehlung, das Rundfunkverfassungsrecht auf „Kultur“ umzustellen, wird<br />

noch auf ein zweites Argument gestützt. Dabei werden „biologische Diversität“ als<br />

„Voraussetzung für die Evolution lebender Systeme“ einerseits und „kulturelle Vielfalt“<br />

als „Voraussetzung für die Sicherung der laufenden Selbsterneuerung einer (post-)modernen<br />

Gesellschaft“ andererseits parallelisiert (a. a. O., S. 296). Biologismen indizieren<br />

Begründungsprobleme, als Argumente sind sie nutzlos. Die hier diskutierte Rundfunkkonzeption<br />

schiebt aber ein drittes Argument nach. Das öffentliche Interesse an der Erhaltung<br />

kultureller Vielfalt lasse sich „auch deshalb schwerlich in Frage stellen, weil die<br />

Erhaltung der Innovationsfähigkeit der Kultur für die Innovationsfähigkeit der Wirtschaft<br />

mehr und mehr von ausschlaggebender Bedeutung ist“ (ebd.). Kultur in dienender<br />

Funktion der Ökonomie zugeordnet – das könnte praktisch funktionieren, doch<br />

dürfte diese neue Art funktionaler Grundrechtsinterpretation mit Wortlaut und Sinn<br />

491


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG kaum mehr in Deckung zu bringen sein. Die Umstellung des<br />

Rundfunkverfassungsrechts auf einen Leitwert „kulturelle Vielfalt“ wird also mit einer<br />

zweifelhaften Unterstellung, mit einem Biologismus und schließlich ökonomisch begründet.<br />

Das Bundesverfassungsgericht entwirft demgegenüber von der Meinungsbildungsfreiheit<br />

aus einen Zusammenhang konstruktiv-dogmatisch aufeinander bezogener<br />

Teilgewährleistungen des Art. 5 Abs. 1 GG, in den dann schließlich auch eine „kulturelle<br />

Verantwortung“ des Rundfunks (BVerfGE 90, 60 [90]; s. schon BVerfGE 73, 118<br />

[158]; 74, 297 [324]) eingebaut werden kann, und es sucht diesen Zusammenhang immer<br />

wieder in den Realbereichen der ihn tragenden Normen abzusichern. Das ist besser<br />

nachzuvollziehen und wohl auch verfassungsrechtlich anschlussfähiger.<br />

Der „Kultur“ kommt in dieser Rundfunkkonzeption eine entwicklungsstrategisch<br />

maßgebliche Bedeutung zu. Was aber könnte dieser Begriff hier meinen? Kultur sei<br />

„eine Art zerstreutes und flexibles Gedächtnis“, ein „Filter des Erinnerns und Vergessens“,<br />

durch den man „je nach Lage und Situation, Vergangenheit in Anspruch nehmen<br />

und den Variationsrahmen der Zukunft bestimmen kann“; Kultur sei „dispers und kontingent“<br />

geworden, „von Situationen und Ereignissen abhängig“, auch unterliege sie,<br />

unter Beteiligung der Massenmedien, der „dauernden Selbstveränderung“ (Vesting,<br />

2001a, S. 297). Damit wird der in der Tat einzige einigermaßen scharf geschnittene Kulturbegriff<br />

aufgenommen, der zurzeit in den Sozial<strong>wissenschaft</strong>en zur Verfügung steht.<br />

Bei Luhmann (etwa 1997, S. 409 ff., 587 f.) und Baecker (2000) bezeichnet Kultur den<br />

Gesichtspunkt, unter dem einer interessierten Beobachtung alles mit allem vergleichbar<br />

wird. Es ist eine wichtige, für moderne pluralistische Gesellschaften wahrscheinlich<br />

überlebenswichtige Leistung, die so erbracht werden kann. Es kann alles Fremde und<br />

Überraschende zunächst einmal – „wie interessant!“ – in die Wahrnehmung eingebaut<br />

werden. Weiteres wird sich finden, nach Maßgabe der Kriterien nämlich, die das Interesse<br />

jeweils lenken. Das muss dann nicht immer Erinnern bedeuten. Interesse kann auch<br />

abgezogen werden, dann fallen ehedem als kulturell bedeutsam erachtete Gehalte dem<br />

Vergessen anheim, auch dies ist eine notwendige Leistung für Gesellschaft und Individuen.<br />

Ein <strong>Medien</strong>system allerdings, dessen oberster verfassungsrechtlicher Ansatzpunkt<br />

eine so verstandene Kultur sein soll, gerät in schwerstes Wasser. Dieser Ansatzpunkt ermöglicht<br />

schon per definitionem keinen Gegenhalt mehr, wenn etwa quotengestützte<br />

Entdifferenzierungs- und Simplifikationszumutungen der „Ökonomie der Aufmerksamkeit“<br />

abgewehrt werden müssten. Zwar legt die hier vorgestellte Konzeption immer<br />

wieder einen inneren Zusammenhang zwischen „Kultur“ und „Vielfalt“ nahe (etwa<br />

a. a. O., S. 296). Worin dieser Zusammenhang bestehen könnte, wird aber nicht näher<br />

erläutert. Der als Referenz benannte Kulturbegriff jedenfalls beinhaltet einen solchen<br />

Zusammenhang keineswegs. Ganz im Gegenteil: „Kultur verhindert ... die Überlegung,<br />

was man anstelle des Gewohnten anders machen könnte“ (Luhmann, 1997, S. 588) –<br />

Kultur wird hier also als Variationsbremse begriffen, anders könnte sie ja auch kaum zur<br />

Praxisform der Unterscheidung zwischen Erinnern und Vergessen werden. Diese „Kultur“<br />

auf der einen und „Vielfalt“ auf der anderen Seite haben strukturell nichts miteinander<br />

zu tun. Kultur ist danach vielmehr das, was nach dritten Maßstäben (im Rundfunk<br />

etwa: unterstellter Massengeschmack, Simplizität, Rasanz, Sexappeal, Brutalität, „Starpower“<br />

etc., s. Vesting, 2001a, S. 291 f., 299 f.) als „interessant“ eingestuft und zur Rezeption<br />

feilgeboten wird. Was nach diesen Maßstäben als uninteressant gilt, ist für die<br />

betreffende Wahrnehmung nicht mehr Kultur. Es kann dann zwar nach anderen Maßstäben<br />

und in anderer Wahrnehmung noch als „interessant“ eingestuft werden. Für die<br />

massenmedial gestützte gesellschaftliche Kommunikation bleibt es aber uninteressant<br />

492


Rossen-Stadtfeld · Verfassungsrechtliche Perspektiven<br />

und damit: nicht existent. Nur folgerichtig ist deshalb der Vorschlag, auf die Vorgabe regulativer<br />

Ziele zu verzichten und „sich“ (gemeint ist wohl das Rundfunkrecht) auf „den<br />

zeitlichen Fluss der sich von Moment zu Moment vollziehenden ... Selbstreproduktion<br />

des Rundfunks und der <strong>Medien</strong>wirtschaft einzulassen“ (a. a. O., S. 298). Erneut also<br />

wendet sich der Blick der Ökonomie zu. Das ist konzeptionell stimmig. Dort in der Tat<br />

werden jene dritten Maßstäbe vor allem festgelegt, anhand derer die kulturelle Relevanz<br />

von <strong>Medien</strong>angeboten bestimmt wird – und die, so die konzeptionelle Idee, dann von<br />

den rundfunkrechtlichen Maßgaben normativ abgestützt werden müssen.<br />

c) Qualitätsmanagement ohne Qualitätsbegriff<br />

Überraschen muss dann freilich, dass das hier empfohlene neue Rundfunkrecht doch<br />

noch veranlassen und fördern soll, was ausdrücklich als „Qualitätsmanagement“ bezeichnet<br />

wird (a. a. O., S. 302 f., 304). Wie immer selbstregulativ dieses Management nun<br />

auch ausfallen soll, wie immer „kooperativ“ seine Kontrolle zu sein hat, wie immer die<br />

Schwellenwerte zur Erzwingung dieses Managements gebildet werden könnten (Andeutungen<br />

dazu a. a. O., S. 301 f.) – Qualitätsmanagement benötigt, soll der Begriff nicht<br />

ganz inhaltsleer sein, einen Begriff von Qualität. Dieser Begriff muss Maßstäben aufruhen,<br />

die eine Unterscheidung zwischen qualitativ Wertvollem und qualitativ Wertlosem<br />

ermöglichen. Eben diese Maßstäbe werden einer <strong>Medien</strong>regulierung aber aus der Hand<br />

genommen, der als zentraler Leitwert nur noch „Kultur“ im skizzierten Verständnis<br />

vorgegeben ist. Diese <strong>Medien</strong>regulierung kann gar nicht anders verfahren, als extern bestimmte<br />

Maßstäbe zu übernehmen. Wie unter solchen Bedingungen ein programmbezogenes<br />

Qualitätsmanagement auch nur entworfen, geschweige denn regulativ durchgesetzt<br />

werden könnte, ist nicht zu erkennen.<br />

3 Meinungsbildungsfreiheit und Public Service<br />

Beide vorstehend nachgezeichneten Konzeptionen zur weiteren Entwicklung des dualen<br />

Systems nehmen bei der Beobachtung eines Wandels der technischen, wirtschaftlichen,<br />

soziokulturellen und politischen Rahmenbedingungen des Rundfunks ihren Ausgang.<br />

Sie gelangen von dort aus einmal zu einer zuspitzenden Übersteigerung, im anderen<br />

Fall zu einer Aufhebung der systemprägenden Dualität. In beiden Fällen, auch in der<br />

Variante der Übersteigerung, gibt es dasjenige duale Rundfunksystem, dessen Grundlinien<br />

in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vorgezeichnet worden sind,<br />

am Ende nicht mehr. In beiden Fällen sind es ökonomische Interessen und Funktionsimperative,<br />

von denen die weitere Entwicklung des Rundfunks maßgeblich bestimmt<br />

werden soll. In beiden Fällen schließlich fehlt es den vorgestellten Rundfunkmodellen<br />

an einer verfassungsrechtlich tragfähigen Begründung. Im Übersteigerungs-Modell zerbricht<br />

mit der Herauslösung des kommerziellen Rundfunks aus den Bindungen, die in<br />

der Meinungsbildungsfreiheit ihren Ursprung haben, der Gewährleistungszusammenhang<br />

des Art. 5 Abs. 1 GG. Mit diesem entfällt aber nicht zuletzt auch die verfassungsrechtliche<br />

Begründung einer gesteigerten Pflichtenbindung des öffentlich-rechtlichen<br />

Rundfunks. Der Vorschlag einer vereinheitlichenden Aufhebung des dualen Systems<br />

wiederum sucht sich schon von vornherein ausdrücklich und entschieden von allen bislang<br />

gültigen kommunikationsverfassungsrechtlichen Vorgaben zu trennen.<br />

493


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

a) Auch meinungsbildende Unterhaltung ...<br />

Die Konzeption des Bundesverfassungsgerichts erscheint demgegenüber verfassungsrechtlich<br />

besser begründet, vielfaltsförderlicher, deutlich realitätszugewandter und vor<br />

allem wesentlich entwicklungsfähiger. Meinungsbildung findet danach keineswegs nur<br />

in den Bereichen Information und Bildung statt. Sie reicht in „gesellschaftlich-kulturelle<br />

Tiefendimensionen“ (Stock, 2001, S. 121) hinein. Deshalb kann ihr auch das Unterhaltungsangebot<br />

des Rundfunks Grundlage und Substrat werden. Die Gewährleistung<br />

der Meinungsbildungsfreiheit ist nicht auf Nation oder Staat bezogen. Sie hat Verfassungsrang<br />

erlangt, weil ihr im Hinblick auf die Sicherung gesellschaftlicher Öffentlichkeit<br />

und die laufende Persönlichkeitsentwicklung in sozialen Beziehungen Bedeutung<br />

zukommt. Schließlich vollzieht sich verfassungsrechtlich geschützte Meinungsbildung<br />

keineswegs nur in öffentlichen Räumen, sondern auch in individuell-privaten Innenwelten.<br />

Sie wird dabei zum Konstituens nicht nur der Demokratie, sondern gerade auch<br />

unverfügbarer personaler Subjektivität. Das alles wird in den konzeptionell maßgeblichen<br />

Entscheidungen des Gerichts seit langem als selbstverständlich mitgeführt (s. etwa<br />

BVerfGE 35, 202 [222 f.]; 57, 295 [319]; 73, 118 [152]; st. Rspr.).<br />

Auch der Verdacht, dass die in der Meinungsbildungsfreiheit zentrierte Konzeption<br />

des Bundesverfassungsgerichts kognitiv-„politisch“ und etatistisch verengt sei (Vesting,<br />

2001b, S. 230 f.), ist deshalb unbegründet. Die Dimensionen, in denen Meinungsbildung<br />

verfassungsrechtlichen Schutz genießt, sind mit dem Begriff der Meinungsbildungsfreiheit<br />

nicht festgelegt. Auch sie sind dem offenen, niemals abgeschlossenen Prozess überantwortet,<br />

den dieser Begriff bezeichnet (Eifert, 2002, S. 23 f.). Es lässt sich ein Konzept<br />

verfassungsrechtlicher Vorgaben für die Rundfunkordnung entwerfen, das wichtige<br />

Funktionen der Massenmedien für den politischen Prozess anerkennt, ohne deshalb<br />

ebenso wichtige Funktionen derselben Massenmedien für die Aufrechterhaltung zivilgesellschaftlicher,<br />

staatsvergessener Pluralität und Selbstbestimmungsfähigkeit sowie<br />

für die Entwicklung und laufende Selbstvergewisserung bürgerlicher Subjektivität leugnen<br />

zu müssen (Rossen, 1988, S. 97 ff., 109 ff., 112 ff., 317 ff.). Die Rechtsprechung des<br />

Bundesverfassungsgerichts kann in einem solchen Konzept abgestützt werden. In ihr<br />

wird vielfach auf die Bedeutung der Massenmedien für die Orientierung der Einzelnen<br />

in ihren gesellschaftlichen Beziehungen (die den demos politikos, wenn man Luhmann<br />

folgen will, einschließen mögen, also über ihn hinausreichen) und für die Entwicklung<br />

der individuellen Persönlichkeit hingewiesen (s. o.).<br />

b) ... als Gegenstand der Medium-und-Faktor-Funktion des Rundfunks<br />

Der Bereich, in dem sich Meinungsbildung ereignet und in dem deshalb der Rundfunk<br />

eine „dienende Funktion“ innehat, wird damit allerdings in der Tat sehr weit ausgezogen.<br />

Dies ist die Konsequenz einer grundrechtsdogmatischen Konzeption, die das Ziel<br />

freier, umfassender und chancengleicher Meinungsbildung in öffentlichen und in privaten<br />

Bezügen in seiner ganzen Vielschichtigkeit ernst zu nehmen sucht. Eines der großen<br />

Rätsel einer einfachrechtlich konkretisierten <strong>Medien</strong>verfassung, die eine lebendige, reiche<br />

und vielfältige gesellschaftliche Kommunikation sicherstellen will, besteht gerade<br />

darin, wie die unverfügbare Subjektivität der <strong>Kommunikations</strong>teilnehmer anerkannt<br />

und gewährleistet, zugleich aber auch zur Beförderung des „gemeinen Wesens“ einer<br />

Gesellschaft befähigt und motiviert werden könnte, die zutiefst differenziert, pluralisiert<br />

und individualisiert ist und das auch bleiben soll. Die FRAG-Entscheidung (BVerfGE<br />

57, 295 [319 ff.]) ist deshalb eine der besseren Entscheidungen des Bundesverfassungs-<br />

494


Rossen-Stadtfeld · Verfassungsrechtliche Perspektiven<br />

gerichts, weil sie die Spannung aufnimmt, die von jenem Rätsel ausgeht. Diese Entscheidung,<br />

fortgeführt vor allem in dem NRW-Urteil (BVerfGE 83, 238 [295 ff.]), lässt<br />

vereinfachende Marktrundfunktheoreme ebenso wie jeden paternalistischen Gestus<br />

weit hinter sich. Sie legt zur Lösung des Rätsels vielmehr eine Konstruktion nahe, in der<br />

eine mediale und faktorielle Funktion des Rundfunks normativ auf die gleiche umfassende<br />

Meinungsbildungsfreiheit aller ausgerichtet und zur eigenständigen, professionellen<br />

und organisierten Bearbeitung in besonderen Berufsrollen ausdifferenziert ist. Die<br />

Wahrnehmung dieser Funktion kann (nicht: muss!) das ihre dazu beitragen, dass selbstbewusste<br />

Persönlichkeiten an vielfältigsten Kommunikationen teilhaben können (nicht:<br />

müssen!), nicht zuletzt also auch an denjenigen Kommunikationen, in denen unter kulturellen,<br />

sozialen, ästhetischen, politischen oder wirtschaftlichen Gesichtspunkten Meinungen<br />

zur weiteren Ausgestaltung gesellschaftlicher Kommunikation gebildet werden.<br />

Was gelingende Meinungsbildung ausmachen könnte, soll sich (und kann sich auch nur,<br />

s. Eifert, 2002, S. 36, 49 ff., 143 ff. ) nach diesem Modell in professionell ermöglichten<br />

bzw. vermittelten Prozessen freier und umfassender Meinungsbildung, an denen alle<br />

teilhaben können (nicht: müssen!), herausstellen. Die neueren Entwürfe zur Zukunft des<br />

dualen Rundfunksystems, die oben diskutiert worden sind, bleiben weit hinter der<br />

Komplexität des verfassungsgerichtlichen Modells zurück; sie nähern sich dem Rätsel<br />

nicht einmal von ferne, auf das dieses Modell schon eine Antwort vorschlägt.<br />

c) Public Service als Verpflichtung<br />

Der Markt ist jedenfalls kein Medium, in dem dieser Gefahr durchgreifend begegnet<br />

werden könnte. Das wird in rundfunkökonomisch instruierten Diskussionsbeiträgen<br />

zur Entwicklung des dualen Systems durchaus gesehen, ebenso wird dort zum Teil auch<br />

die Notwendigkeit einer normativen Ausrichtung dieser Entwicklung eingeräumt (zusammenfassend<br />

Eifert, 2002, S. 61 ff. m. w. N.). Das Leitmodell, das sich hierbei abzeichnet,<br />

nimmt eine ältere Tradition auf, um sie in gewandelte Rahmenbedingungen<br />

fortzuführen. Es ist die Tradition des Rundfunks als Public Service (dazu Jarren u. a.,<br />

2001a, S. 35 ff. m. w. N.), in der das Bundesverfassungsgericht dem Rundfunk eine dienende<br />

Funktion als Medium und Faktor freier öffentlicher und privater Meinungsbildung<br />

zugeschrieben hat. In dieser Tradition kann (und muss) das verfassungsgerichtliche<br />

Leitmodell weiterentwickelt werden. Vorschläge hierzu liegen, wie bemerkt, bereits<br />

vor (Hoffmann-Riem, 2000, Teile V-VII; Jarren/ Donges, 2001; für den öffentlich-rechtlichen<br />

Rundfunk Jarren u. a., 2001a, S. 155 ff.; Eifert, 2002, Teil 3; mit Blick auf die Perspektive<br />

einer „dienstespezifisch diversifizierten Informationsordnung“ Schulz/Held,<br />

2001, S. 124 ff.). Aus dieser Tradition heraus öffnet sich schließlich auch der einzig gangbare<br />

Weg, auf dem von dem deutschen <strong>Kommunikations</strong>verfassungsrecht Anregungen<br />

für eine tatsächlich zukunftsoffene und zukunftsfähige <strong>Medien</strong>ordnung Europas ausgehen<br />

könnten (Stock, 2000, S. 53 ff. u. pass.).<br />

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496


Rossen-Stadtfeld · Verfassungsrechtliche Perspektiven<br />

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497


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

Gestaltungsmittel als Interpretationshinweise<br />

Eine rahmenanalytische Betrachtung des Infotainment nach E. Goffman<br />

Manuela Pietraß<br />

Mit der „Rahmen-Analyse“ legt Erving Goffman einen interaktionstheoretischen Ansatz<br />

zur Organisation sozialer Wirklichkeit und ihrer Erfahrung vor. Rahmen stellen<br />

skriptartige Anweisungen dar, an die sich alle an einer Interaktion Beteiligten halten<br />

müssen, um in einem gemeinsamen Verstehenszusammenhang zu kommunizieren. Die<br />

Rezeption von <strong>Medien</strong>produkten kann ebenfalls als ein gerahmter Interaktionszusammenhang<br />

verstanden werden. Das <strong>Medien</strong>produkt enthält Interpretationshinweise darauf,<br />

welche Rahmen jeweils gültig sind. Auf ihrem korrekten Nachvollzug basiert das<br />

Verstehen des Rezipienten. Rahmenhinweise werden durch die jeweils eingesetzten Gestaltungsmittel<br />

und -stile gegeben. Welche Bedeutung ihnen beim Einordnen und Verstehen<br />

von Aussagen zukommt, wird am Beispiel des Infotainment aufgezeigt.<br />

Keywords: Goffman, Rahmen-Analyse, Infotainment, Gestaltungsmittel, Realität und<br />

Fiktion, Glaubwürdigkeit, Genre<br />

1. Problemstellung<br />

Neue Vermittlungstechnologien und eine veränderte Praxis beim Einsatz der formalen<br />

Gestaltungsmittel sind gemeinsam an der Aufhebung bisheriger Genregrenzen und der<br />

Entstehung neuer Programmformen beteiligt. Ästhetisch gesehen sind die Wirklichkeitsbereiche<br />

Fiktion und Realität – als Grundkategorien von <strong>Medien</strong>wirklichkeiten –<br />

nicht mehr eindeutig zuzuordnen: Realität wird dramatisiert, inszeniert, ins Hyperreale<br />

überhöht und rückt so in den Bereich des Fiktionalen, nicht-Authentischen (z. B. Göttlich/Nieland/Schatz,<br />

1998); und die Differenz des Fiktionalen zur Realität wird aufgehoben,<br />

indem das Fiktionale mit gering ästhetisierenden Gestaltungsmitteln ausgestattet<br />

wird. Durch die narrative Dramatisierung von realen Ereignissen wie im so genannten<br />

Reality TV (z. B. Theunert/Schorb, 1995; Wegener, 1994; Winterhoff-Spurk u. a.,<br />

1994), die Inszenierung von Authentizität bei Dokusoaps (Mikos, 2000; Pietraß, 2002;<br />

Winter, 2000), den Einbezug von Darstellungsstilen, die ursprünglich anderen Genres<br />

angehörten, wie beim Infotainment, werden Wirklichkeitsbereiche ästhetisch miteinander<br />

vermischt.<br />

Die Präsentation von Fernsehbotschaften folgt einer typischen Verwendung von Gestaltungsmitteln<br />

für spezifische <strong>Kommunikations</strong>anlässe, was hier als Genre bezeichnet<br />

werden soll. Die Entwicklung von Genres unterliegt einem historischen Verlauf, ihre<br />

Konventionen ändern sich mit der Zeit. Aus kunstgeschichtlicher Perspektive kann dies<br />

als ein ästhetischer Wandel aufgefasst werden, der lediglich Geschmacksfragen berührt<br />

(Mukařovsky, 1970). Berücksichtigt man allerdings, dass <strong>Medien</strong> nicht wie Kunstwerke<br />

einen abgegrenzten Raum etablieren, sondern konstitutiver Bestandteil der sozialen<br />

Orientierung sind, so besitzt die Frage, welche Auswirkungen der Wandel von Gestaltungsmitteln<br />

besitzt, nicht nur eine ästhetische, sondern vor allem eine wissenssoziologische<br />

und medienpädagogische Dimension. Wie Menschen <strong>Medien</strong>botschaften hinsichtlich<br />

ihrer Verbindlichkeit einschätzen, besitzt eine erhebliche Bedeutung für das gemeinsame<br />

Handeln und das Weltwissen.<br />

Programmformate wie das Infotainment gehören zu Genreentwicklungen, deren Spe-<br />

498


Pietraß · Gestaltungsmittel als Interpretationshinweise<br />

zifität die Vermischung von Gestaltungsmitteln aus dem Unterhaltungs- und Informationsbereich<br />

ist. Mit Infotainment wird die „Konvergenz zwischen Information und<br />

Unterhaltung in den <strong>Medien</strong>“ (Mikos, 2000: 30) bezeichnet. Beim Infotainment wird<br />

über reale Sachverhalte und Ereignisse berichtet, durch den Einbezug von dramatisierenden<br />

Gestaltungsmitteln aber werden diese in die Nähe von (fiktionalen) Unterhaltungsfilmen<br />

gerückt und/oder es wird durch die Verwendung emotionaler Gestaltungsmittel<br />

boulevardisiert. Wirth nennt folgende Strategien zur Infotainisierung: „Emotionalisierung“,<br />

„Narrativisierung/Personalisierung“ und „Dynamisierung“. Alle drei Dimensionen<br />

gehörten „typischerweise eher zum Unterhaltungsgenre (Spielfilme, Shows,<br />

Theater)“ (Wirth, 2000: 63). Infotainment stelle sich als Kontinuum dar, „das auf der einen<br />

Seite ausschließlich auf Information und Informieren und auf der anderen Seite auf<br />

Unterhaltung gerichtet ist“ (64). Beim Reality TV werden durch die Verwendung spezifischer<br />

Gestaltungsmittel reale 1 Ereignisse dramatisiert und fiktionalisiert, z. B. durch<br />

die Konzentration auf und Darstellung von Einzelpersonen in schicksalhaften Situationen<br />

(Winterhoff-Spurk u. a., 1994). Vereinfachend kann man sagen, dass Inhalte in eine<br />

Erzählform gebracht werden, die eher dem Bereich der fiktionalen Unterhaltungssendungen<br />

zugeordnet wird. Aufgrund des real bestehenden Lebensweltbezuges der Sendungsinhalte<br />

(Mikos, 2000) ist es jedoch für den Zuschauer wichtig, die Glaubwürdigkeit<br />

der Informationen und den Wirklichkeitsgehalt der Bilder richtig einschätzen zu<br />

können.<br />

Die Frage nach den Einschätzungen der Zuschauer soll bezüglich der formalen Gestaltungsmittel<br />

gestellt werden, da die Vermischung von bisher abgegrenzten Formaten<br />

vor allem durch die Wahl der Gestaltungsmittel entsteht (die Ebene der Inhalte soll hier<br />

ausgeblendet werden; siehe dazu Pietraß, 2002). Sie wird i. E. bezüglich der Bedeutung<br />

des Genres für die Bewertung der Glaubwürdigkeit von Informationen und hinsichtlich<br />

der Einordnung von Ereignissen als real oder fiktional verfolgt.<br />

Um etwas über die Bedeutung der gewählten Gestaltungsmittel für die Einordnung<br />

von <strong>Medien</strong>botschaften durch die Nutzer zu erfahren, steht die Rezeptionsforschung<br />

vor einer doppelten Aufgabe: Sie muss einerseits hinsichtlich der Gestaltungsmittel produktanalytisch<br />

vorgehen und andererseits den Aussagegehalt der Gestaltungsmittel durch<br />

das rezeptionsanalytische Vorgehen klären. Dazu ist ein Ansatz erforderlich, der die direkte<br />

Bezugnahme beider Perspektiven aufeinander ermöglicht. Geeignet sind interaktionstheoretische<br />

Ansätze, die Rezeption als eine Interaktion zwischen dem Rezipienten<br />

und der Botschaft verstehen (Mikos, 2001). Von einem interaktiven Geschehen kann<br />

man sprechen, weil Text und Leser sich jeweils auf soziale Bedeutungshorizonte beziehen,<br />

über die beide – als Voraussetzung für Kommunikation – verfügen. Mit Goffmans<br />

Ansatz sind Text-Leser-Interaktionen als Einordnung von Botschaften in Aussagekontexte<br />

erklärbar. Gerade bezüglich der Entwicklung von neuen Programmformaten ist<br />

dies relevant, weil sie durch die Vermischung bisheriger Gestaltungsstile Aussagekontexte<br />

– die als Hybridformen von Wirklichkeiten erscheinen – verschwimmen lassen.<br />

2. Grundlagen der Rahmen-Analyse und Rahmen in den <strong>Medien</strong><br />

E. Goffmans Rahmen-Analyse (1993, erstmals 1974) beschreibt die Herstellung semantischer<br />

Verbindlichkeiten in Interaktionszusammenhängen, also die Festsetzung der Bedeutung<br />

von Zeichen durch typische Organisationsweisen des kommunikativen Aus-<br />

1 Die Bezeichnung „real“ wird in Abgrenzung zu „fiktional“ resp. „gestellt“ verwendet.<br />

499


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

tauschs. Als einen tragenden Bezugspunkt verwendet Goffman die Ausführungen<br />

G. Batesons über das Spiel („Ökologie des Geistes“, 1981). Bateson beschreibt am Beispiel<br />

von Ottern, dass die im Spiel wie im Kampf gleichen Aktionen durch ihre jeweils<br />

unterschiedlichen Kontexte resp. Rahmen „Spiel“ und „Kampf“ spezifische Interpretationshinweise<br />

enthalten, die der Aufrechterhaltung der jeweils gültigen Handlungsmuster<br />

dienen. Im Fall des Spiels sind sie eine Drohung als-ob und im anderen Fall besser<br />

nicht misszuverstehen! Goffman (1993) überträgt die Bedeutungsherstellung einer<br />

Handlung durch ihren Kontext auf soziale Alltagssituationen: Rahmen sind seiner Definition<br />

nach Organisationsformen von alltäglicher Erfahrung (22). Gut ist das Rahmenkonzept<br />

zu verstehen, wenn man sich vergegenwärtigt, dass für eine begrenzte Zahl<br />

von Einzelzeichen mit dem im Lauf der Sozialisation wachsenden Erfahrungshintergrund<br />

ebenfalls wachsende Bedeutungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen (Soeffner,<br />

1989: 149). Die eingeschränkte Semantik von Zeichen wird durch ihre jeweilige Kontextabhängigkeit<br />

ausgeweitet.<br />

Grundlage der Bedeutung von Interaktionen sind primäre Rahmen, „elementare<br />

Strukturen des untransformierten Sinnhintergrunds, der als Grundlage von Sinntransformationen<br />

fungiert“ (Willems, 2000: 216). Primäre Rahmen sind das, was wir als wirklich<br />

erfahren, worauf wir unsere Gewissheit zurückführen. Der Sinn primärer Rahmen<br />

kann transformiert werden, wenn sie in einen anderen Kontext resp. Rahmen gestellt<br />

werden, z. B. wenn die Ottern kämpfen spielen. Die Handlung stellt nun nicht das dar,<br />

was sie im primären Rahmen bedeutet (Biss), sondern das, was sie im primären Rahmen<br />

bedeuten würde. Für die Transformation stehen bestimmte Konventionen zur Verfügung,<br />

die Goffman als „Modul“ (key) bezeichnet:<br />

„Darunter verstehe ich das System von Konventionen, wodurch eine bestimmte<br />

Tätigkeit, die bereits im Rahmen eines primären Rahmens sinnvoll ist, in etwas transformiert<br />

wird, das dieser Tätigkeit nachgebildet ist, von den Beteiligten aber als etwas<br />

ganz anderes gesehen wird.“ (Goffman, 1993: 55)<br />

Durch Modulation wird etwas systematisch transformiert, das bereits in einem anderen<br />

Rahmen sinnvoll war, sie basiert auf der „Kopie“ einer Handlung(sabfolge) von einem<br />

„Original“ (ebd.). Goffman unterscheidet insgesamt fünf grundlegende Module, so<br />

ist z. B. das „So-Tun-als-ob“ eine Handlung, „die für die Beteiligten eine offene Nachahmung<br />

oder Ausführung einer weniger transformierten Handlung ist, wobei man weiß,<br />

dass es zu keinerlei praktischen Folgen kommt“, (60) und weist in den Bereich der Fiktion.<br />

Primäre Rahmen und Module sind Organisationsformen sozialer Interaktionen, welche<br />

auch durch <strong>Medien</strong> vermittelt werden. Damit der Rezipient erkennen kann, ob und<br />

welche Rahmen und Module jeweils vorliegen, müssen ihm entsprechende Hinweise<br />

vermittelt werden. Rahmungshinweise werden durch die jeweils eingesetzten Gestaltungsmittel<br />

gegeben. In der praktischen <strong>Medien</strong>kommunikation haben sich Gestaltungsstile<br />

etabliert, anhand deren Typik die jeweils gültigen Rahmen für den Zuschauer<br />

erkennbar werden. Genres als Träger spezifischer Gestaltungsstile markieren einerseits<br />

Grenzen, wie etwas durch die <strong>Medien</strong> vermittelbar ist, und andererseits stellen sie als<br />

Rahmen Orientierungsmuster dar, die dem Verstehen von <strong>Medien</strong>informationen und<br />

ihrer Bewertung dienen. Zugleich sind „Genre-Rahmen“ Grenzen der Interpretationsfreiheit<br />

der Zuschauer „für einen ‚aktiven‘ Umgang mit <strong>Medien</strong>erzeugnissen“ (Willems,<br />

2000: 219), d. h. nicht nur das Produkt, sondern auch die Rezeption unterliegt den historisch<br />

gewachsenen Rahmen der Darstellungs- und Interpretationsfreiheit. Die durch<br />

die Rahmen gegebenen Metaanweisungen zum richtigen Verstehen implizieren „eine<br />

objektive Sinnkomplexität (…), die die Theater- und <strong>Medien</strong>akteure ebenso wie deren<br />

500


Pietraß · Gestaltungsmittel als Interpretationshinweise<br />

Publika typischerweise intuitiv verstehen“ (Willems, 2000: 217). Konsequenterweise<br />

könnte die Übertragung bestimmter Darstellungsstile in andere Rahmen als bisher bedeuten,<br />

dass die Zuschauer nun „intuitiv“ den falschen Rahmen zuordnen, einfach weil<br />

bestimmte Gestaltungsmittel und -stile bisher für einen solchen Rahmen verwendet<br />

wurden. In einem solchen Fall könnte der Zuschauer z. B. den gestellten Schaukampf<br />

„Wrestling“ für einen echten Kampf halten, weil die Bewegungen und der Übertragungsstil<br />

wie bei einem echten Boxkampf aussehen (Aufenanger, 1996a) und die Transformation<br />

vom Kampf zum Spiel nicht durch zusätzliche Rahmenhinweise erkennbar<br />

gemacht wird. Ist ein solcher Rahmungsfehler auf die Präsentationsform zu schieben, so<br />

könnte es auch zu Fehlinterpretationen aufgrund begrenzter Kompetenzen der Zuschauer<br />

kommen. Dies ist vor allem ein medienpädagogisches Problem, das hier nicht<br />

verfolgt werden soll.<br />

2.1 Gestaltungsstile als allgemeine Bewertungsrahmen bei Genres<br />

Die durch das Genre gegebenen Rahmen bieten den Zuschauern die Möglichkeit einer<br />

generellen Einstufung von <strong>Medien</strong>botschaften ohne nähere Kenntnis des je spezifischen<br />

Inhalts. Anhand des Gestaltungsstils kann der Zuschauer rasche und wichtige Bewertungen<br />

vornehmen und zu einer sozialen Orientierung aufgrund seiner Genre-Kenntnisse<br />

gelangen. Welche Rolle solche generellen Rahmen-Einstufungen für die Bewertung<br />

von Informationen hinsichtlich ihrer Glaubwürdigkeit spielen, lässt sich mit einer<br />

Untersuchung von Schultheiss und Jenzowsky (2000) zum Infotainment zeigen. Sie<br />

untersuchten die Rolle des Unterhaltungscharakters für den Glaubwürdigkeitsgehalt.<br />

Drei Sendungen aus der Reihe „Reporter“ wurden in Originalversion („starkes Infotainment“)<br />

und als manipulierte Version („schwaches Infotainment“) vorgeführt, bei<br />

der manipulierten Version wurden emotionalisierende Elemente wie Bebilderung und<br />

Hintergrundbild, Musik, Sprache, Sprechstil, Mimik und Gestik herausgenommen. Da<br />

weiterhin zwischen Anmoderation und Beitrag unterschieden wurde, entstanden vier<br />

Untersuchungsgruppen (Originalversion, manipulierte Version, Kombination aus manipulierter<br />

Anmoderation und Originalbeitrag und umgekehrt). Untersucht wurde die<br />

Wirkung von Unterhaltungselementen im Informationsbereich, wobei darunter solche<br />

Elemente verstanden werden, die „nicht zu einer Intensivierung des Informationswertes,<br />

aber zu einer Intensivierung des Unterhaltungswertes und der Emotionalisierung<br />

der Zuschauer beitragen“ (64). Die Untersuchungsergebnisse lassen sich als Hinweis auf<br />

die Bedeutung der genrespezifischen Gestaltungsstile für die Bewertung von Informationen<br />

deuten:<br />

1) So konnte gezeigt werden, dass die Version „starkes Infotainment“, also das nicht<br />

manipulierte Material, gegenüber der schwachen Version weniger glaubwürdig ist.<br />

Dies wurde sowohl hinsichtlich der Glaubwürdigkeit des Moderators wie der Glaubwürdigkeit<br />

des Beitrags nachgewiesen. Da die negative Bewertung der Glaubwürdigkeit<br />

auf einer Ablehnung des Präsentationsstils beruht – der Inhalt selbst war ja<br />

bei beiden Versionen derselbe –, ist zu vermuten, dass die mangelnde Glaubwürdigkeit<br />

auf eine genre-orientierte Bewertung als Interpretation des Gestaltungsstils<br />

zurückgeführt werden kann: Die studentischen Probanden besitzen ein vergleichsweise<br />

hohes Bildungsniveau und, wie die Autoren vermuten, damit verknüpft eine<br />

stark ausgeprägte Ablehnung von „Sensationalismus“ und „Boulevardjournalismus“<br />

(vgl. S. 81). Die in der Originalversion eingesetzten emotionalisierend-affektorientierten<br />

Gestaltungsmittel erinnern aber genau an ein solches Genre und sind für die<br />

Probanden damit ein Zeichen für mindere Glaubwürdigkeit. Insofern stellt sich<br />

501


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

die Frage, ob andere Untersuchungsgruppen mit anderen Geschmackspräferenzen zu<br />

einer gleichen Bewertung gekommen wären, also deren genreorientierte Rahmung<br />

andere Bewertungsmuster enthielte.<br />

2) Der genre-orientierten Bewertung folgend wird weiterhin erklärbar, warum entgegen<br />

der Hypothese, dass das Vorhandensein von Unterhaltungselementen den Unterhaltungswert<br />

steigert, den Untersuchungsteilnehmern jene Sendungen besser gefielen,<br />

die weniger Unterhaltungselemente besaßen. Nach Deutung der Autoren haben<br />

die Probanden die Berichte als „Infotainmentangebot mit primär informierendem<br />

Anspruch“ (Schultheiss/Jenzowsky, 2000: 80) wahrgenommen, also nicht<br />

primär als Unterhaltungs-, sondern als Informationsangebot. Erklärt wird dies mit<br />

dem Effekt der sozialen Erwünschtheit, die Untersuchungsteilnehmer hätten sich auf<br />

ein informatives, weil sozial stärker akzeptiertes Programm eingestellt. Die Untersuchung<br />

war eingeführt worden unter dem Vorwand, dass das Konzept der Sendung<br />

„Reporter“ geändert werden solle – mit dem Ziel, eine neutrale Einstellung bei den<br />

Probanden zu erreichen. Ist die These der sozialen Erwünschtheit richtig, so hatten<br />

die Probanden jedoch keine neutrale Einstellung, sondern eine genre-orientierte,<br />

nämlich auf die Darstellung von Informativität gerichtet. D. h. sie erwarteten von<br />

dem Angebot einen sachlich-informativen Präsentationsstil, wie auch ihre oben beschriebene<br />

Ablehnung des unterhaltenden Präsentationsstils belegt. Mit einer solchen<br />

Erwartung aber ist das Gefallen nicht an den Unterhaltungswert, sondern an den Gestaltungsstil<br />

geknüpft, dessen Emotionalität dann der Erwartung von sachlicher Information<br />

widerspricht.<br />

Die Ergebnisse von Schultheiss/Jenzowsky können als Beleg dafür gedeutet werden,<br />

dass Genres den Zuschauern generelle Orientierungen erlauben, die nicht an den Inhalt<br />

geknüpft sind, sondern an den genrespezifischen Gestaltungsstil. Der Genre-Rahmen<br />

gibt vor, wie über bestimmte Dinge gesprochen wird, wie und von wem diese präsentiert<br />

werden, und ermöglicht so eine rasche Orientierung bei der wachsenden Vielfalt<br />

von Gestaltungsstilen. Insofern erlaubt er generelle Bewertungen und lässt umgekehrt<br />

das Vorhandensein von Geschmackspräferenzen spezifischer Nutzergruppen vermuten.<br />

2.2 Der Rahmen als Hinweis auf Realität oder Fiktion<br />

Ermöglicht die Kenntnis des Genre-Rahmens generelle Bewertungen, wie bezüglich der<br />

Glaubwürdigkeit ausgeführt, so gibt der Rahmen als Modulationsangabe Hinweise auf<br />

die Einordnung eines Ereignisses als real oder fiktional. Weil ein Ereignis häufig nicht<br />

nur einen Rahmen besitzt, insbesondere in den <strong>Medien</strong>, enthält ein Rahmen mehrere<br />

Schichten: Z. B. kann in einem Fernsehkrimi ein Einschub vorliegen, in dem die Schauspieler<br />

einen Ausschnitt aus einem Kinofilm ansehen, hier ist also die Modulation einer<br />

Modulation enthalten. Die äußerste aller Schichten ist der „Rand“ des Rahmens, „der<br />

uns sagt, welchen Status das ganze eigentlich in der äußeren Welt hat“ . In der inneren<br />

Schicht spielt sich das Ereignis ab, das „den Beteiligten gefangennimmt“ (Goffman,<br />

1993: 96). Goffman erklärt am Beispiel der Probe eines Stückes und der Probe eines<br />

Stückes als Inhalt des Drehbuchs, dass es sich zwar in beiden Fällen um Proben, aber um<br />

verschiedene Rahmenränder handelt, einmal um eine Probe für eine Theateraufführung<br />

und im zweiten Fall um eine Theateraufführung. Insofern wird vom Rahmenrand her<br />

die im Rahmen enthaltene Modulation beschrieben, was insbesondere bei solchen Rahmen<br />

wichtig ist, bei denen nicht, wie z. B. bei primären Rahmen, „Rand und innerster<br />

Kern zusammenfallen“ (ebd.). Rahmen seien von diesem äußersten Rand her zu beschreiben,<br />

also als Probe oder als Theater-Rahmen, jedoch, wie Goffman anmerkt, sei<br />

502


Pietraß · Gestaltungsmittel als Interpretationshinweise<br />

nicht zu vergessen, dass „oft nicht der Rahmen als ganzes beschrieben wird, sondern nur<br />

die in ihm enthaltene Modulation“ (S. 97).<br />

Wie wichtig die Kenntnis des Rahmenrandes, also die Kenntnis dessen ist, dass eine<br />

Modulation vorgenommen wurde, lässt sich an den Reaktionen auf das Hörspiel „The<br />

War of the Worlds“ illustrieren (Regie: Orson Welles, 1938; basierend auf dem gleichnamigen<br />

Werk von H. G. Wells, 1898). Aufgrund seines äußerst realistischen Gestaltungsstils<br />

war offensichtlich nicht für alle Hörer erkennbar, dass der Rahmenrand eindeutig<br />

die Fiktionalität des Ereignisses und damit seine Transformation in das Modul<br />

des „So-tun-als-ob“ festlegte (Faulstich, 1981). Ohne Kenntnis der Modulation wirkte<br />

der Beitrag wie ein Bericht über ein reales Geschehen und nicht als das, was er tatsächlich<br />

war: der realitätsnah gestaltete Bericht über ein fiktionales Geschehen.<br />

Da es sich in den <strong>Medien</strong> immer um mehrschichtige Rahmen handelt, weil selbst<br />

primäre Rahmen nur als vermittelte primäre Rahmen erscheinen können, ist die Analyse<br />

der Aufschichtung von Rahmen ein wichtiges Instrument, um die vom Zuschauer zu<br />

erbringenden Verstehensleistungen aufzuschlüsseln. Insbesondere die neuen Programmformate<br />

erzeugen durch ihre unkonventionelle Verwendung von Gestaltungsmitteln<br />

verwirrende Angaben über die bestehende Modulation. Der Rahmenrand, z. B.<br />

die Programmankündigung, Vorspann oder Anmoderation, weist auf die bestehende<br />

Modulation hin. Wenn der Zuschauer nicht von Anfang an zugeschaltet ist, kann er noch<br />

immer die Gestaltungsmittel als Interpretationshilfe dafür nützen, ob eine Modulation<br />

vorliegt. Sind diese jedoch uneindeutig, wie im genannten Fall des Hörspiels, kann die<br />

vorgenommene Modulation unerkannt bleiben und die fiktionale Live-Berichterstattung<br />

über fliehende Menschen als reale Live-Berichterstattung missverstanden werden.<br />

Wie wichtig die Vergewisserung am Rahmenrand ist, wenn nicht eindeutig zuzuordnende<br />

Gestaltungsstile vorliegen, kann aus einer Untersuchung Buckinghams (1996) an<br />

zwei Sendungen abgelesen werden, die einen realistisch wirkenden Gestaltungsstil einsetzten,<br />

deren Inhalt aber fiktional war („Casualties“, eine Unterhaltungsserie aus dem<br />

Krankenhausalltag, und „Ghostwatch“, eine fingierte Geisterjagd). Mit einer Stichprobe<br />

von 72 Kindern (6 bis 16 Jahre) führte er qualitative Interviews zu dem Problem der<br />

Einordnung von Sendungs-Mischformen als real oder fiktional durch. Wie Aussagen aus<br />

den Interviews zeigen, drängt eine hohe Realitätsnähe der Aufnahmen den Zuschauer<br />

zur wiederholten (Selbst-)Vergewisserung darüber, dass es sich tatsächlich um eine Modulation,<br />

also gestellte (!) Aufnahmen handelt und nicht um reales Geschehen. Ein anderes<br />

Thema ist, dass die offensichtlich fiktionalen Ereignisse selbst (Marsmännchen,<br />

Geister) nicht als Hinweis auf die Fiktionalität des Ereignisses erkannt wurden.<br />

Welch große Bedeutung dem Rahmenrand zukommt, lässt sich weiterhin an zwei Studien<br />

von Grimm (1993) und Früh/Kuhlmann/Wirth (1996) zeigen. Grimm prüfte nach,<br />

ob es einen Unterschied macht, wenn ein Film als real („faction“) oder als „Fälschung<br />

mit gestellten Szenen“ („fiction“) angekündigt wird. Zwei verschiedenen Versuchsgruppen<br />

(n = 80) wurde ein äußerst gewalttätiger Filmbeitrag von RTL Explosiv vorgeführt,<br />

in welchem gezeigt wird, wie Menschen Lynchjustiz durchführen und Terroristen<br />

mit Benzin übergießen und verbrennen, einmal als „real“ und einmal als „Fälschung“<br />

angekündigt. Dieser Rahmenhinweis wirkte sich in der Untersuchung signifikant auf<br />

das Bewertungsprofil der gezeigten Szenen aus. Insbesondere am Item „glaubwürdigunglaubwürdig“<br />

wird erkennbar, wie stark die Rezeption des Filmmaterials von der<br />

Ankündigung beeinflusst wird – die Bewertungen beider Versuchsgruppen weichen hier<br />

am stärksten voneinander ab.<br />

Zu einem vergleichbaren Ergebnis kommen Früh/Kuhlmann/Wirth in ihrer Untersuchung<br />

zum Reality TV. Die Forscher interessierten sich für die Einflüsse der drama-<br />

503


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

turgischen Aufbereitung und des Realitätsbezugs dieses Genres auf den subjektiven Unterhaltungs-<br />

und Informationsgehalt der Rezipienten. Im vorliegenden Zusammenhang<br />

ist insbesondere die Frage interessant, inwiefern Realität des Ereignisses den Informationswert<br />

gegenüber seiner vermeintlichen Fiktionalität erhöht, also welchen Einfluss<br />

der als gültig vermutete Rahmen besitzt. Als Untersuchungsmaterial wurden zwei Originalversionen<br />

der RTL-Reihe „Auf Leben und Tod“ gewählt und deren Darstellungsmittel<br />

variiert. Es wurden jeweils verschiedene Versionen eingesetzt, die einmal einen<br />

„mäßigen“ (im Stil Aktenzeichen XY) und einmal einen starken Einsatz an dramaturgischen<br />

Gestaltungsmitteln (Stil des modernen Reality TV) besaßen. Beide Versionen<br />

wurden einmal als real und einmal als fiktional angekündigt, so dass insgesamt vier verschiedene<br />

Versionen vier Untersuchungsgruppen (n = 262) vorgeführt wurden. Die Informationsaspekte<br />

(„kann sich gut über aktuelle Ereignisse informieren“, „…einen recht<br />

genauen Eindruck der Wirklichkeit“, „mehr Einblick in die ‚tragischen Schicksale …<br />

hinter den Ereignissen‘“, „globale Relevanz“, S. 439) trafen in beiden als real angekündigten<br />

Versionen signifikant stärker zu als bei den als fiktional angekündigten Versionen.<br />

Bei beiden Untersuchungen dient damit die Ankündigung als real oder fiktional resp.<br />

gestellt als Orientierungskategorie für die durch die Gestaltungsmittel gegebenen Informationen<br />

und bestimmt die Bewertung des Ereignisses mit. Diese vergewissernde<br />

Funktion des Rahmenrandes ist beim Infotainment vor allem deswegen relevant, weil<br />

der Zuschauer bei dem beim Infotainment bestehenden uneindeutigen Gestaltungsstil<br />

des Ereignisses, also der inneren Rahmenschicht, ebenfalls uneindeutige Rahmungshinweise<br />

erhält. Mit anderen Worten ermöglicht es der Gestaltungsstil des Infotainments,<br />

dass dasselbe Ereignis mit unterschiedlichen Rahmen belegt werden kann, so dass für die<br />

Einordnung des Ereignisses in den richtigen Rahmen der Rahmenrand zur entscheidenden<br />

Deutungshilfe wird, während die Ereignisebene selbst unterschiedlichen Rahmen<br />

(und damit Realität oder Fiktion!) zugeordnet werden könnte.<br />

2.3 Verwirrende Unstimmigkeit zwischen Rahmenrand und innerer Schicht<br />

Der <strong>Medien</strong>nutzer ist am dargestellten Ereignis nicht selbst beteiligt, sondern dessen Beobachter.<br />

Zum Verstehen der Interaktionen und zur korrekten Einordnung in Rahmenbezüge<br />

ist er darauf angewiesen, dass ihm jenes Wissen vermittelt wird, das den am<br />

Rahmen Beteiligten vorliegt und deren gemeinsames Handeln und dessen Bedeutungen<br />

koordiniert. Rahmen in den <strong>Medien</strong> enthalten grundsätzlich verschiedene Rahmenschichten.<br />

So sind die dem Ereignis selbst gegebenen Rahmen von jenem Rahmen zu unterscheiden,<br />

in den es durch die <strong>Medien</strong>darstellung gesetzt wurde: Bei Aufnahmen von<br />

Straßenkämpfen in einem Krisengebiet ist die Verortung in einem Programm, die äußerste<br />

Rahmenschicht, z. B. eine Live-Aufzeichnung in den Abendnachrichten, vom Rahmen<br />

des Ereignisses selbst zu unterscheiden, im genannten Beispiel der primäre Rahmen<br />

des tatsächlich erfolgten Straßenkampfes. Die eingesetzten Gestaltungsmittel (Filmmaterial,<br />

Hinweise des Moderators und Reporters auf die Entstehung der Bilder etc.) enthalten<br />

die entsprechenden Hinweise darauf, ob eine Modulation stattfindet. Gerade bei<br />

Programm-Mischformen kann allerdings eine fehlende Stimmigkeit zwischen Rahmenrand<br />

und Gestaltungsstil der inneren Schicht bestehen, wie im bereits erwähnten Beispiel<br />

Buckinghams, wo die Realitätsnähe der Darstellung so überzeugend war, dass sich<br />

die Zuschauer über die bestehende Modulation (Fiktion) rückversichern mussten.<br />

Bei der oben erwähnten Untersuchung von Grimm (1993) entstand offensichtlich<br />

durch die Ankündigung der gemäßigten und starken Reality TV-Version als „gefälsch-<br />

504


Pietraß · Gestaltungsmittel als Interpretationshinweise<br />

te Aufnahmen“ eine Unstimmigkeit zwischen dem durch die Ankündigung etablierten<br />

Rahmen (Fälschung) und jenem Rahmen, den das Ereignis aufgrund seines realistischen<br />

Gestaltungsstils tatsächlich zu haben schien. Die Bilder von extremer Gewalt und Leid<br />

wirkten auf die Probanden so real (was sie ja tatsächlich auch waren), dass die offenen<br />

Antworten einen erfahrenen Widerspruch zwischen der Realitätsnähe der Darstellung<br />

und dem Hinweis, alles sei nur gestellt, aufweisen:<br />

• „Die Brutalität (…) die ist so realistisch nachgestellt, dass man da schon mitempfinden<br />

kann.“<br />

• „Der Realismus des Verbrennens war schon sehr groß, und ich meine, es ist vielleicht<br />

doch kein Unterschied, ob es eine filmische Darstellung ist oder eine wirkliche Verbrennung,<br />

letztendlich nähern sich die Dinge an.“<br />

• „Es war so eigenartig, ich hab mich immer nur damit beschäftigt, weil da ja stand, es<br />

sei nachgestellt worden, wie haben die das nachgestellt? Das muss ein sehr aufwendiger<br />

Trick gewesen sein…“. (Grimm 1993, S. 24f)<br />

Grimm bringt diese Zitate als Beispiel für den „empathetischen Zwang“, den extreme<br />

Gewalt- und Leiddarstellungen auslösen und „der die Unterscheidung von ‚fiction‘ und<br />

‚faction‘ unterläuft“ (S. 25). Auf kognitiver Ebene jedoch setzen sich die Probanden mit<br />

der Unterscheidung von real und nachgestellt auseinander und messen den „faction“am<br />

„fiction“-Rahmen. Die Angabe „gestellt“ wird von ihnen nicht bezweifelt, und dennoch<br />

erscheint den Probanden die Realitätsnähe der Darstellung aufgrund der Gestaltungsmittel<br />

der inneren Rahmenschicht als „realistisch“, als aufwändig zu präsentieren,<br />

dass es wirkt wie echt. Ohne es zu wissen, erkennen die Versuchspersonen den tatsächlich<br />

vorliegenden primären Rahmen des Gewaltaktes, über dessen Präsentationsstil<br />

Grimm zwar keine Angaben macht, der aber offensichtlich dem entspricht, was die Probanden<br />

als zu realen Informationen passend einstufen. Insofern zeigen die Untersuchungen<br />

von Buckingham und Grimm, wie auch der Fall des Hörspiels „War of the<br />

Worlds“, dass die Gestaltungsmittel einen wichtigen Hinweis für die Einordnung eines<br />

Ereignisses darstellen, es mit einem Wort also durchaus bedeutsam für das Verstehen<br />

und die klare Einordnung von „<strong>Medien</strong>wirklichkeiten“ ist, welchen Gestaltungsstil ein<br />

vermitteltes Ereignis besitzt.<br />

2.4 Täuschungen durch irreführende Rahmenhinweise<br />

Die Untersuchungen Grimms und Frühs veranschaulichen, wie die Anschauung des Ereignisses<br />

unter die gegebene Rahmenangabe gestellt und entsprechend bewertet wird. In<br />

den zuletzt zitierten Aussagen der Untersuchung Grimms aber wird deutlich, dass es lediglich<br />

der Rahmenrand war, der das an Realitätsnähe überbordende Ereignis mit seinem<br />

vermeintlichen Rahmen eines tatsächlichen Geschehens noch in der mit der<br />

Ankündigung „gestellt“ vorgegebenen Begrenzung hielt. Möglich war dies vermutlich<br />

nur aufgrund des Vertrauens auf die Glaubwürdigkeit der Angaben der Versuchsleiter.<br />

Ist dessen Glaubwürdigkeit weniger gesichert, könnte der Gestaltungsstil des Rahmeninneren<br />

ein Hinweis darauf sein, dass eine Täuschung stattfindet. Bezogen auf die<br />

Untersuchung Grimms: Hätten die Probanden Grund gehabt, an der Glaubwürdigkeit<br />

des Hinweises auf gestellte Bilder zu zweifeln, hätten sie ihrem eigenen Augenschein,<br />

der ihnen zeigte, dass die Bilder nicht gestellt sind, stärker vertraut. Nach Goffman wurde<br />

hier eine Täuschung der Untersuchungsteilnehmer vorgenommen, denen vorenthalten<br />

wurde, dass es sich tatsächlich um nicht gestellte Aufnahmen handelte. Auch in der<br />

Untersuchung von Früh/Kuhlmann/Wirth wurde durch die Vorgabe der Fiktionalität<br />

des Untersuchungsmaterials ein Täuschungsmanöver vorgenommen.<br />

505


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

Täuschungen als bewusst herbeigeführte Rahmenvorgaben gehören neben den Modulationen<br />

zur zweiten großen Gruppe der Transformationsformen. An ihnen lässt sich<br />

ex negativo darstellen, worum es in der Rahmen-Analyse geht. Eine Täuschung ist „das<br />

bewußte Bemühen eines oder mehrerer Menschen, das Handeln so zu lenken, daß einer<br />

oder mehrere andere zu einer falschen Vorstellung von dem gebracht werden, was vor<br />

sich geht“ (Goffman, 1993: 98). Während bei Modulationen alle Beteiligten in Kenntnis<br />

dessen sind, welche Transformation jeweils vorliegt, besitzen bei Täuschungsmanövern<br />

nicht alle Beteiligten denselben Kenntnisstand: „… für die Wissenden bei einem Täuschungsmanöver<br />

geht ein Täuschungsmanöver vor sich; für die Getäuschten geht das vor<br />

sich, was vorgetäuscht wird“ (S. 99). Eine getäuschte Person glaubt den Rahmenrand zu<br />

kennen, tatsächlich aber gibt es eine weitere Rahmenschicht. So diente die Begutachtung<br />

der vermeintlichen „Hitler-Tagebücher“ durch Spezialisten hinsichtlich ihrer Authentizität<br />

(Koch, 1990) der Nachprüfung des Verdachts, ob durch Betrug ein weiterer Rahmen<br />

vorläge. Letztendlich entscheidet die Verbindlichkeit des Rahmenrands, in diesem<br />

Fall zunächst des „Stern“, darüber, inwieweit der <strong>Medien</strong>nutzer diesem auch dann vertraut,<br />

wenn das Ereignis selbst dieser Verbindlichkeit zu widersprechen scheint.<br />

Der Getäuschte nimmt Verstehenshinweise für gültig, die, von dieser Kenntnis ist er<br />

aber ausgeschlossen, etwas vorgeben, was nicht tatsächlich stattfindet. Bei Gewahrwerden<br />

eines Täuschungsmanövers bricht für die getäuschte Person das, was „vorher für sie<br />

noch Wirklichkeit war“, in sich zusammen (Goffman, 1993: 99). Insofern erhebt sich<br />

die Frage, wie die Untersuchungsteilnehmer der Untersuchungen von Grimm und<br />

Früh/Kuhlmann/Wirth die Inhalte bewertet hätten, wäre ihnen die Existenz der weiteren<br />

Rahmenebene (Manipulation durch die Versuchsleiter) bekannt gemacht worden.<br />

Die in den oben zitierten offenen Antworten bei Grimm deutlich geäußerten Zweifel<br />

daran, dass die Aufnahmen gestellt sind, zeigen wie gesagt, dass in Anschauung des Ereignisses<br />

die vorgegebene Modulation akzeptiert wurde, dies aber auf die Glaubwürdigkeit<br />

der Versuchsleiter zurückzuführen ist. Tatsächlich nähren Unstimmigkeiten<br />

zwischen Rahmenrand und innerer Schicht den Verdacht auf zusätzlich bestehende<br />

Rahmenebenen. Arthur Schütz, der Anfang des letzten Jahrhunderts mit seinen „Grubenhund-Attacken“<br />

die österreichische Presse hinter das Licht führte, beherrschte es<br />

ausgezeichnet, eine stilistische Stimmigkeit zwischen dem (vorgegebenen) Rahmenrand<br />

sowie der Darstellung des Ereignisses herzustellen (Schütz 1996; Wagner, 1996: 169ff).<br />

Schütz‘ Mittel waren die Erzeugung eines seriösen Eindrucks der (fingierten) Nachrichtenquelle,<br />

also einem Bestandteil des Rahmenrandes, und des Stils, in dem das Ereignis<br />

präsentiert wurde. Er achtete dabei nicht nur auf Name und Stand des Absenders,<br />

sondern auch auf deren stilistische Stimmigkeit (äußere Form und Stil der Zuschrift,<br />

Thema und Tonfall) mit dem Kommunikat resp. Rahmeninneren (vgl. Wagner, 1996:<br />

129ff) und konnte so gänzlich unsinnige Inhalte glaubwürdig erscheinen lassen. In der<br />

neueren Zeit wurde der Journalist Michael Born (1997) mit seinen Fälschungen auffällig,<br />

bei denen er gestelltes Bildmaterial bereitstellte, um Beiträgen eine größere Brisanz<br />

und Glaubwürdigkeit zu verleihen. Wird jedoch ein „Fake“ (Born, 1998) aufgedeckt, so<br />

wird der Rahmenrand der betrügerischen Inszenierung sichtbar, und alles, was vorher<br />

die Glaubwürdigkeit für den Getäuschten belegte, kann jetzt nur noch als „gut gemacht“<br />

erscheinen.<br />

Gerade dadurch, dass Aussagen in den <strong>Medien</strong> immer noch eine eigene, durch die Vermittlung<br />

bedingte Rahmung besitzen, sind sie für Täuschungsmanöver anfällig. Der<br />

Nutzer muss darauf vertrauen, dass die ihm für ein Ereignis als gültig angegebene Rahmung<br />

richtig ist und keine weiteren Rahmen existieren. Eine fehlende Übereinstimmung<br />

zwischen Rahmenrand und innerer Schicht ist für den Zuschauer ein Hinweis auf feh-<br />

506


Pietraß · Gestaltungsmittel als Interpretationshinweise<br />

lende Glaubwürdigkeit. Aufgrund der Bedeutung des Rahmenrandes für die Sicherung<br />

des Status einer Aussage kommt diesem, auch bei fehlender Übereinstimmung zwischen<br />

beiden Schichten, eine wesentliche Bedeutung für die Glaubwürdigkeit zu. Gemäß der<br />

Vermischung von Sachlichkeit und Inszenierung beim Infotainment ist der denkbare<br />

Fall einer Täuschung die Nachstellung von Ereignissen unter der Vorgabe dessen, dass<br />

keine Modulation bestehe, also der Vorgabe von Authentizität. Allerdings ist die Voraussetzung<br />

hierfür die Glaubwürdigkeit der Quelle, da sie das Vorhandensein weiterer<br />

Rahmenschichten ausschließen muss. Es zeigt sich also, wie wichtig es ist, dass der Zuschauer<br />

sich nicht durch die Quelle zu vorschnellen Rahmungen verführen lässt, auch<br />

wenn Inhalt und Gestaltungsstil sozusagen von innen her den Rahmenrand fragwürdig<br />

machen können. Für die Untersuchung des Infotainments bedeutet dies, dass die Wirkung<br />

der eingesetzten Gestaltungsmittel nicht allein auf das Untersuchungsmaterial,<br />

sondern auch auf das Genre, die Anmoderation oder den Untersuchungsleiter zurückgeführt<br />

werden kann.<br />

3. Schluss<br />

Die vorliegend diskutierte Fragestellung betraf die Bedeutung der Gestaltungsmittel für<br />

die Einordnung von <strong>Medien</strong>botschaften. Aktuelle Relevanz erhält sie aufgrund der Entstehung<br />

neuer Programmformate, die unterhaltende und informierende, „authentisierende“<br />

und „fiktionalisierende“ Gestaltungsmittel (Pietraß, 2002) vermischen. Zur<br />

Klärung dieser Frage wurde der Ansatz Goffmans herangezogen und die Bedeutung der<br />

formalen Gestaltungsmittel unter rahmenanalytischer Perspektive an Beispielen erläutert.<br />

Folgende Schlussfolgerungen können hinsichtlich der orientierenden Rolle der Gestaltungsmittel<br />

für das Infotainment abgeleitet werden:<br />

• Genres zeichnen sich durch spezifische Gestaltungsstile aus, anhand deren Typik es<br />

den Rezipienten möglich ist, generelle Bewertungen vorzunehmen. Insofern können<br />

Bewertungen von Probanden auf solche typischen Einstufungen zurückzuführen<br />

sein. Z. B. wird bestimmten Probanden(gruppen) Reality TV grundsätzlich als weniger<br />

glaubwürdig erscheinen als Nachrichten der öffentlich-rechtlichen Anbieter.<br />

Nicht die Unterhaltsamkeit aufgrund der Wirkung emotional-affektorientierter Gestaltungsmittel<br />

würde danach eine mindere Glaubwürdigkeit bedingen, sondern die<br />

emotional-affektorientierten Gestaltungsmittel würden als Hinweis auf eine weniger<br />

seriös erscheinende Berichterstattung gedeutet werden. Notwendig ist es hier zu untersuchen,<br />

inwiefern solche aufgrund des Genres vollzogenen ästhetischen Bewertungen<br />

in Abhängigkeit von Rezipientenmerkmalen stehen.<br />

• Der Rahmenrand gibt hinsichtlich der Einordnung von <strong>Medien</strong>botschaften als real<br />

oder fiktional, als authentisch oder gestellt etc. den Ausschlag gebenden Hinweis. Für<br />

Programm-Mischformen lässt sich daraus ableiten, dass redaktionelle Angaben darüber,<br />

ob Bilder authentisch oder gestellt sind, unerlässlich sind. Wie anhand der genannten<br />

Beispiele zum Realitäts- und Informationsgehalt gezeigt wurde, beeinflusst<br />

diese Angabe die Bewertung von <strong>Medien</strong>botschaften maßgeblich mit. Gerade beim<br />

Infotainment scheint sie wichtig, da sein zwischen Informations- und Unterhaltungsgenre<br />

schwankender Gestaltungsstil klare Interpretationshinweise verwischt.<br />

• Uneinheitlichkeiten zwischen Rahmenrand und innerer Schicht können ein Hinweis<br />

darauf sein, dass der vermeintliche Rahmen nicht korrekt ist. Besitzt jedoch die Informationsquelle<br />

resp. der Rahmenrand eine hohe Glaubwürdigkeit, so wird der erkennbare<br />

Bruch zugunsten der Quelle entschieden, was sich z. B. an jenen Untersuchungen<br />

zeigt, bei denen der Versuchsleiter für die Glaubwürdigkeit der Modulati-<br />

507


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

onsangabe (real oder fiktional resp. gestellt) bürgte. Die Bewertung von Inhalten aufgrund<br />

der formalen Gestaltungsmittel ist in Konsequenz auch von der Seriosität der<br />

Rahmenangaben abhängig. Täuschungen allerdings kann der Zuschauer nicht innerhalb<br />

des Rahmens, sondern durch Einbezug außerhalb des Rahmens liegender Informationen<br />

aufdecken – was nicht nur auf notwendige Kompetenzen der Nutzer, sondern<br />

auch die Verantwortung der Produzenten verweist.<br />

Literatur<br />

Aufenanger, Stefan (1996): Lustige Gewalt? München: Fischer.<br />

Aufenanger, Stefan (1996a): „Also manchmal denk’ ich, daß es gut wäre, wenn ich auch so kämpfen<br />

könnte – wie Kinder und Jugendliche Wrestling-Sendungen rezipieren. In: Bachmair, Ben/<br />

Kress, Gunther (Hrsg.): Höllen-Inszenierung Wrestling. Opladen: Leske + Budrich, S. 87 – 99.<br />

Bateson, Gregory (1981): Ökologie des Geistes. Frankfurt: Suhrkamp.<br />

Born, Michael (1997): Wer einmal fälscht … Köln: Kiepenheuer & Witsch.<br />

Buckingham, David (1996): Moving images. Manchester University Press.<br />

Faulstich, Werner (1981): Radiotheorie. Tübingen: Gunter Narr.<br />

Früh, Werner/Kuhlmann, Christoph/Wirth, Werner (1996): Unterhaltsame Information oder informative<br />

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Goffman, Erving (1993): Rahmen-Analyse. Frankfurt: Suhrkamp.<br />

Göttlich, Udo/Nieland, Jörg-Uwe/Schatz, Heribert (1998): In: dies. (Hrsg.): Kommunikation im<br />

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Grimm, Jürgen (1993): Vom wahren Schrecken. <strong>Medien</strong> praktisch 17 (1), S. 22 – 26.<br />

Hömberg, Walter (1992): Arthur Schütz – Person und Werk. In: Schütz, Arthur: Der Grubenhund<br />

(hrsg. von Walter Hömberg): München: Reinhard Fischer, S. 9 – 30.<br />

Kepplinger, Hans Matthias (1992): Ereignismanagement. Zürich: Edition Interform.<br />

Koch, Peter-Ferdinand (1990): Der Fund. Hamburg: Facta Oblita.<br />

Mikos, Lothar (2000): Big Brother als performatives Realitätsfernsehen. In: Big Brother. Münster:<br />

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Theoretische Perspektiven der Rezeptionsforschung. München: Reinhard Fischer, S. 59 – 72.<br />

Mukařovsky, Jan (1970): Kapitel aus der Ästhetik. Frankfurt: Suhrkamp.<br />

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Baum, Achim/Schmidt, Siegfried (Hrsg.): Fakten und Fiktionen. Konstanz: UVK Verlagsgesellschaft,<br />

S. 367 – 378.<br />

Pietraß, Manuela (2002): Bild und Wirklichkeit. Opladen: Leske + Budrich (im Druck).<br />

Schultheiss, Britta M./Jenzowsky, Stefan A. (2000): Infotainment: Der Einfluss emotionalisierendaffektorientierter<br />

Darstellung auf die Glaubwürdigkeit. <strong>Medien</strong> & <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong><br />

48. Jg., Heft 1, S. 63 – 84.<br />

Schütz, Arthur (1996): Der Grubenhund. In ders.: Der Grubenhund (hrsg. von Walter Hömberg).<br />

München: Reinhard Fischer, S. 31 – 105.<br />

Soeffner, Hans Georg (1989): Auslegung des Alltags – Der Alltag als Auslegung. Frankfurt: Suhrkamp.<br />

Theunert, Helga/Schorb, Bernd (1995): „Mordsbilder”. Berlin: Vistas.<br />

Wagner, Hans (1996): Das Fach-Stichwort: Das Grubenhund-Gesetz – Die Rationalität sozialer<br />

Orientierung. In: Schütz, Arthur: Der Grubenhund (hrsg. von Walter Hömberg). München:<br />

Reinhard Fischer, S. 119 – 192.<br />

Wegener, Claudia (1994): Reality-TV. Opladen: Leske + Budrich.<br />

Willems, Herbert (1997): Rahmen und Habitus. Frankfurt: Suhrkamp.<br />

Willems, Herbert (2000): <strong>Medien</strong>produktion, <strong>Medien</strong>produkt und <strong>Medien</strong>rezeption. <strong>Medien</strong> &<br />

<strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong> 48. Jahrgang, Heft 2, S. 212 – 225.<br />

Winter, Rainer (2000): Die Hoffnung auf Sex. Zur Wirklichkeitskonstruktion in Big Brother. Sonderheft<br />

der Zeitschrift medien praktisch Nr. 3, S. 61 – 66.<br />

508


Pietraß · Gestaltungsmittel als Interpretationshinweise<br />

Winterhoff-Spurk, Peter/Heidinger, Veronika/Schwab, Frank (1994): Reality TV. Saarbrücken:<br />

Logos-Verlag.<br />

Wirth, Werner (2000): Infotainment. In: Paus-Haase, Ingrid / Schnatmeyer, Dorothee / Wegener,<br />

Claudia (Hrsg.): Information, Emotion, Sensation. Bielefeld, S. 62 – 91.<br />

509


Das Ende der Gemeinsamkeiten?<br />

Folgen der Internetnutzung für den medialen Thematisierungsprozess<br />

Mirko Marr<br />

BERICHTE<br />

Mit der Zunahme und Ausdifferenzierung der <strong>Medien</strong>angebote wächst die Gefahr einer<br />

fragmentierten und individualisierten <strong>Medien</strong>nutzung und einer daraus resultierenden<br />

Beeinträchtigung des massenmedialen Thematisierungsprozesses. Auf der Basis eines<br />

Agenda-Setting-Designs fragt die in der Schweiz durchgeführte Studie nach der Rolle des<br />

Internets als Parademedium für Angebotsausdifferenzierung und individualisierte Nutzung<br />

in diesem Prozess. Sie ermittelt deutliche Unterschiede zwischen <strong>Medien</strong>- und<br />

Publikumsagenden. Gleichzeitig kann mit den gewonnenen Daten die Internetnutzung<br />

als Ursache dieser Agendenklüfte ausgeschlossen werden.<br />

Keywords: Desintegration, Fragmentierung, Agenda-Setting, Online-Kommunikation,<br />

Agenda Setting, <strong>Medien</strong>nutzung, Internetnutzung, <strong>Medien</strong>agenda, Publikumsagenda<br />

1. Einleitung<br />

„La suisse n’existe pas“. Mit diesem kryptischen Slogan empfing die Schweiz die Besucher<br />

ihres Pavillons auf der Weltausstellung von 1992 in Sevilla und löste damit vor<br />

allem im eigenen Land reichlich Irritationen aus. Die Subversion der Parole bestand<br />

darin, dass sie, indem sie die Existenz der Schweiz in Frage stellte, eine Diskussion über<br />

das auslöste, was die Schweiz eigentlich sei, und allein damit die Antwort selbst produzierte.<br />

Was die Schweiz zusammenhält, lässt sich angesichts der nationalen Vielfalt, Widersprüchlichkeit<br />

und Multikulturalität nur unzureichend mit dem Rückgriff auf<br />

„natürliche“ Grundlagen wie Sprache, Geographie, Geschichte oder Kultur bestimmen.<br />

Ihre wahre Identität bezieht die Schweiz als „Willensnation“ aus der permanenten Auseinandersetzung<br />

mit ihrer Identität und der dabei stattfindenden Selbstvergewisserung.<br />

„Viele kulturelle, soziale und politische Ereignisse und Entscheidungen werden unter<br />

dem Aspekt betrachtet: Fördert oder gefährdet dies den Zusammenhalt der Nation, der<br />

Sprachgruppe oder des Landesteils?“ (Jarren 2000: 25) In diesem Sinne existiert die<br />

Schweiz nur insofern, als es ihr gelingt, sich in einem kontinuierlichen Integrationsdiskurs<br />

ihrer übergreifenden Gemeinsamkeiten zu vergewissern.<br />

Es liegt auf der Hand, dass ein solcher Integrationsdiskurs ausgesprochen fragil ist und<br />

nur auf Dauer gestellt werden kann, wenn es gelingt, ihn zu institutionalisieren. Die wohl<br />

spektakulärste Form einer solchen Institutionalisierung ist die alle 25 Jahre stattfindende<br />

Landesausstellung. Mit ihr gönnt sich jede Generation einen öffentlichen Anlass, der<br />

ihr die Gelegenheit zu einer umfassenden Selbstreflexion und nationalen Standortbestimmung<br />

bietet. Die Expo des Jahres 2002 hat diese Funktion auf exemplarische Weise<br />

erfüllt, obwohl oder gerade weil im Vorfeld der Sinn einer solchen Veranstaltung bis zum<br />

Beinaheabbruch in Frage gestellt wurde und obwohl oder gerade weil sich einige Westschweizer<br />

Kantone eher kritisch zu ihr ins Verhältnis setzten.<br />

Als weniger spektakulär, dafür aber kontinuierlicher und nachhaltiger muss die Leistung<br />

des nationalen <strong>Medien</strong>systems für die Aufrechterhaltung des Integrationsdiskurses<br />

erachtet werden. Die von den Massenmedien hergestellte Öffentlichkeit konstituiert<br />

seinen wichtigsten Austragungsort und garantiert seine Zugänglichkeit und Transparenz.<br />

Darüber hinaus tragen Massenmedien zur Steuerung dieses Diskurses bei, indem<br />

510


Marr · Das Ende der Gemeinsamkeiten?<br />

sie auf der Basis von Selektionsentscheidungen und Relevanzzuweisung eine Fokussierung<br />

der öffentlichen Aufmerksamkeit auf prioritäre Themen ermöglichen. Umso verständlicher<br />

ist es, dass einem möglichen Zerfall dieser Öffentlichkeit und einer Beeinträchtigung<br />

der Thematisierungs- und Orientierungsfunktion der Massenmedien, wie er<br />

mit der Ausweitung und Ausdifferenzierung des medialen Angebotes droht, hierzulande<br />

große Aufmerksamkeit geschenkt wird. Dies wird bei der gerade laufenden Debatte<br />

um die Novellierung des Bundesgesetzes über Radio und Fernsehen deutlich, in der Integration<br />

als Leistung des Rundfunks immer wieder eingefordert wird (vgl. Donges 2002).<br />

Mit dem Internet, dessen Verbreitung in der Schweiz mit vergleichsweise hoher Geschwindigkeit<br />

erfolgt (vgl. Bonfadelli/Marr 2002), kommt es ähnlich wie mit dem privaten<br />

Rundfunk zu einer weiteren Zunahme des zur Verfügung stehenden Angebotes,<br />

das mehrheitlich von Anbietern zur Verfügung gestellt wird, die unabhängig von journalistischen<br />

Berufsnormen oder Qualitätsstandards und vor allem jenseits irgend eines<br />

nationalen Integrationsanspruches operieren. Dessen ungeachtet blieb das neue Medium<br />

vom Vorwurf der Dysfunktionalität für den Integrationsdiskurs bisher weitgehend verschont.<br />

Stattdessen setzen die staatlichen Akteure auf die durch das Internet entstehenden<br />

Möglichkeiten des E-Government und deshalb auf eine möglichst schnelle und<br />

flächendeckende Implementierung der neuen Technologie (vgl. Schweizerischer Bundesrat<br />

1998). Desintegrative Gefahren werden allein in der unvollständigen und demographisch<br />

ungleichmäßigen Diffusion der neuen Technologie und der daraus resultierenden<br />

Digitalen Spaltung gesehen (vgl. Koordinationsgruppe Informationsgesellschaft<br />

2001, Saxer 2002).<br />

Vor diesem Hintergrund geht die folgende Studie der allgemeinen Frage nach, welche<br />

negativen Folgen das Internet für die durch Massenmedien geleistete gesellschaftliche<br />

Integration zeitigt. Dabei konzentriert sie sich auf mögliche Beeinträchtigungen, die sich<br />

aus der Nutzung des Netzmediums für die gemeinsame Themenorientierung des Publikums<br />

ergeben. Zunächst wird an Hand vorliegender theoretischer Positionen diskutiert,<br />

worin der Desintegrationsverdacht gegen das Internet besteht und inwiefern sich dieser<br />

erhärten lässt. Anschließend erfolgt eine empirische Überprüfung dieses Verdachtes auf<br />

der Basis einer Agenda-Setting-Untersuchung. Ungeachtet der dabei vorgenommenen<br />

Fokussierung auf die besondere Situation in der Schweiz dürften die gewonnenen Befunde<br />

auch über die Landesgrenzen hinaus von Interesse sein. Schließlich stellt sich unter<br />

dem Eindruck von Globalisierung oder Europäisierung die Frage nach der eigenen<br />

Identität und ihrer medialen Absicherung im Internetzeitalter mittlerweile auch für solche<br />

Nationen, die sich bisher keine Gedanken darüber machen mussten, ob es sie wirklich<br />

gibt.<br />

2. Das Internet unter Desintegrationsverdacht<br />

Die Erwartungen an die Integrationsleistungen der Massenmedien sind zahlreich und<br />

vielfältig, leiden aber in den meisten Fällen an einer Überschätzung des Wirkungspotenzials<br />

der <strong>Medien</strong> (vgl. Rühl 1985, McQuail 1994, Jarren 2000). Zu den wenigen realistischen<br />

Forderungen können dagegen jene gezählt werden, die von der Presse, dem<br />

Radio und dem Fernsehen eine Fokussierung der Aufmerksamkeit des Publikums auf<br />

relevante gesellschaftliche Fragestellungen und Themen erwarten. Insbesondere im<br />

Rahmen der Agenda-Setting-Forschung hat die Publizistik<strong>wissenschaft</strong> eine Reihe von<br />

empirischen Belegen für die tatsächliche Erbringung solcher Thematisierungsleistungen<br />

geliefert (vgl. u. a. Brosius 1994, Rössler 1997a). Die Notwendigkeit dieser Themenfokussierung<br />

durch die Massenmedien wächst in dem Maße, in dem die Ausdifferen-<br />

511


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

zierung und Individualisierung der Gesellschaft voranschreitet, und die Bedeutung,<br />

Reichweite und Verbindlichkeit traditioneller Vermittlungsinstanzen erodieren<br />

(vgl. Jarren 1994b). Da aber das Angebot der <strong>Medien</strong> und seine Nutzung ebenfalls Tendenzen<br />

der Ausdifferenzierung und Individualisierung unterliegen, sinkt die Wahrscheinlichkeit,<br />

dass die Massenmedien ihrer Thematisierungsfunktion gerecht werden<br />

können. Langfristig würden dadurch die Massenmedien selbst von Erosionsprozessen<br />

erfasst. „Der Raum, in dem eine gemeinsame Agenda politischer Prioritäten ausgehandelt<br />

wird, der damit zugleich auch Identifikationsmöglichkeiten bietet und so das<br />

Zusammengehörigkeitsgefühl fördert und identitätsstiftend wirkt, droht […] an Bedeutung<br />

zu verlieren und seine Funktion einzubüßen“ (Holtz-Bacha 1997: 17).<br />

In der Publizistik<strong>wissenschaft</strong> untersucht man diese Tendenz, die vor allem mit der<br />

Deregulierung im Rundfunkbereich sichtbar wurde (vgl. u. a. die Beiträge in Jarren<br />

1994a), unter dem Etikett der Kettenhypothese zur Fragmentierung des Publikums<br />

(vgl. Holtz-Bacha/Peiser 1999). Unter dem Eindruck einer zunehmenden Ausdifferenzierung<br />

und einer verstärkten Zielgruppenorientierung des <strong>Medien</strong>angebotes und im<br />

Anschluss an die in der Soziologie geführte Individualisierungsdebatte (vgl. Beck 1994,<br />

Schroer 2000) geht man dabei wahlweise von einer Fragmentierung oder von einer<br />

Polarisierung des Publikums durch die differenzierte Nutzung der neuen Vielfalt aus<br />

(vgl. u. a. Neuman 1991, Hasebrink 1994, McQuail 1997, Schulz 1999, Handel 2000).<br />

Die daraus resultierende Zersplitterung führe in einem nächsten Schritt dazu, „dass das<br />

Publikum immer weniger gemeinsame medial vermittelte Erfahrung macht“ (Holtz-<br />

Bacha/Peiser 1999: 41). Sofern gesellschaftliche Integration auf dem „gleichartigen Tun,<br />

dem Wissen davon und der Kommunikation darüber [beruht]“ (Krotz 1999: 361), hat<br />

Fragmentierung und Polarisierung langfristig die Tendenz, desintegrativ zu wirken (vgl.<br />

Heuser 1996, McQuail 1997, Schulz 1997). Eine Beeinträchtigung der Thematisierungsfunktion<br />

wäre dann gegeben, wenn die Schnittmenge zwischen den Themenagenden der<br />

<strong>Medien</strong> und des Publikums abnimmt und sich im Zuge dessen „diese Themenagenden<br />

so sehr unterscheiden, dass Anschlusskommunikationen ausbleiben“ (Jäckel 1999: 14).<br />

Mit dem Internet, seiner raschen Diffusion und seiner hohen Akzeptanz bei den Nutzern<br />

einerseits, mit seiner geringen Allgemeinverbindlichkeit, der unüberschaubaren<br />

Menge an bereitstellbaren Informationen und den spezifischen Möglichkeiten ihrer Selektion<br />

sowie seiner individualisierten Nutzung andererseits ist den herkömmlichen<br />

Massenmedien und ihrer Thematisierungsfunktion eine Konkurrenz entstanden, auf die<br />

sich der Verdacht der Desintegration, wie er im Rahmen der Kettenhypothese zur Fragmentierung<br />

des Publikums formuliert wurde, übertragen lässt. Insofern ist es nicht überraschend,<br />

dass dieser Verdacht in der <strong>wissenschaft</strong>lichen Diskussion um die Chancen<br />

und Risiken der neuen Technologie immer wieder auftaucht (vgl. u. a. Rössler 1997b und<br />

1998, Schulz 1997, Krotz 1999, Wirth/Schweiger 1999, Neuman 2000, Lievrouw 2001,<br />

Bonfadelli/Marr 2002).<br />

Eine viel beachtete Ausformulierung dieses Desintegrationsverdachtes gegen das Internet<br />

stammt von Cass Sunstein, einem angesehenen Juristen der University of Chicago,<br />

und soll hier beispielhaft skizziert werden. Unter dem Titel „The Daily We“ präsentierte<br />

Sunstein im Sommerheft 2001 des Boston Review 1 den Vorabdruck eines Kapitels<br />

aus seinem 2002 erschienenen Buch republic.com. Ausgangspunkt der dort ent-<br />

1 Im gleichen Heft findet sich eine ausgiebige Diskussion namhafter Experten zum Beitrag und<br />

zu den Thesen von Sunstein. Eine Zusammenfassung der Debatte liefert James Fallows in ‚The<br />

New York Review of Books’: http://www.nybooks.com/articles/15180.<br />

512


Marr · Das Ende der Gemeinsamkeiten?<br />

wickelten Argumentation sind zwei Prämissen, die der Autor als unabdingbar für den<br />

demokratischen Prozess erachtet.<br />

„First, people should be exposed to materials that they would not have chosen in<br />

advance. Unanticipated encounters, involving topics and points of view that people have<br />

not sought out and perhaps find irritating, are central to democracy and even to freedom<br />

itself. Second, many or most citizens should have a range of common experiences. Without<br />

shared experiences, a heterogeneous society will have a more difficult time addressing<br />

social problems and understanding one another“ (Sunstein 2001: 4).<br />

Im Internet sieht der Autor nun eine Technologie, die diese Prämisse maßgeblich ins<br />

Wanken bringe. Die Bedrohung erwachse aus der technischen Möglichkeit, durch vordefinierte<br />

Filterprozesse (‚Daily Me’) nur noch mit solchen Informationen und Themen<br />

konfrontiert zu werden, die den individuellen Interessen entsprechen und allein auf die<br />

persönlichen Bedürfnisse der Nutzer zugeschnitten sind. Damit sinke die Wahrscheinlichkeit<br />

von unvorhergesehenen Begegnungen und gemeinsamen Erfahrungen. Sunstein<br />

betont, dass das Phänomen interessengesteuerter <strong>Medien</strong>nutzung nicht neu sei, konstatiert<br />

aber angesichts des Internets „a difference of degree if not of kind“. Diese Differenz<br />

bestehe in dem gegenläufigen Prozess eines „dramatic increase in individual control<br />

over content, and a corresponding decrease in the power of general interest intermediaries,<br />

including newspapers, magazines, and broadcasters“ (Sunstein 2001: 4). Dies<br />

bedeute, dass die Errungenschaft des „Daily Me“ langfristig zum Verlust des „Daily<br />

We“ führe und damit ein Ende der Gemeinsamkeiten drohe.<br />

Wer sich selbst schon einmal sein Informationsmenü durch einen technischen Dienst<br />

im Internet zusammenstellen ließ, der weiß, dass der Kontakt mit Themen außerhalb des<br />

vordefinierten Interessengebietes wesentlich wahrscheinlicher ist als die Chance, wirklich<br />

auf das zu stoßen, was man erwartet. Insofern ist das „Daily Me“ bei Sunstein mehr<br />

eine Metapher als ein Grund zur Beunruhigung. Betrachtet man aber die von individuellen<br />

Interessen gesteuerte Internetnutzung und den schwindenden Einfluss von General-Interest-<strong>Medien</strong><br />

als Kern seines Desintegrationsverdachtes, so werden die Parallelen<br />

zur Fragmentierungsdebatte evident.<br />

3. Relativierung des Desintegrationsverdachtes<br />

Gegen die Annahme einer Bedrohung der bisher von den Massenmedien hergestellten<br />

Öffentlichkeit und damit auch der mit dieser Herstellung verbundenen Thematisierungsfunktion<br />

durch das Internet, lassen sich zwei grundsätzliche Argumente ins Feld<br />

führen, die den Verdacht zwar nicht völlig ausräumen, allerdings deutlich relativieren<br />

können.<br />

Zum einen hat sich im Zuge der Forschung zur Fragmentierung des Publikums durch<br />

die Angebotszunahme des Fernsehens gezeigt, dass sich ungeachtet der empirisch nachweisbaren<br />

Verstreuung der Rezipienten auf die vielen neuen und zielgruppengerechten<br />

Programme und Sendungen zahlreiche Überlappungen in den individuellen <strong>Medien</strong>menus<br />

feststellen lassen (vgl. Jäckel 1996, Hasebrink 1997). Somit ist die Chance auf gemeinsame<br />

medienvermittelte Erfahrung auch unter der Bedingung der Publikumsfragmentierung<br />

weiterhin gegeben, und es darf gezweifelt werden, ob sich mit dem Internet<br />

daran etwas ändert (vgl. Krotz 1999). Zurückhaltung ist in diesem Zusammenhang auch<br />

gegenüber der Erwartung eines hyperaktiven Publikums angebracht (vgl. Schönbach<br />

1997), das nicht nur in der Argumentation Sunsteins implizit unterstellt wird.<br />

Zum anderen gilt bei aller Faszination für die neue Technologie, „dass die virtuelle<br />

Welt der Netze keinen isolierten Raum darstellt, sondern einen, der zu den überkom-<br />

513


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

menen Formen von Öffentlichkeit hinzutritt und von ihnen eingebettet wird“ (Winkel<br />

2001: 154). Olaf Winkel, von dem dieses Zitat stammt, sieht in einer solchen Position ein<br />

Charakteristikum, mit dem sich ein pragmatischer Neutralismus im <strong>wissenschaft</strong>lichen<br />

Umgang mit den interaktiven <strong>Kommunikations</strong>technologien von den einseitigen Argumentationen<br />

der Netzoptimisten und der Netzpessimisten gleichermaßen abgrenzen<br />

lässt (vgl. Winkel 2001) 2 . „Die Relevanz neuer <strong>Kommunikations</strong>technologien muss also<br />

stets vor dem Hintergrund der Wirkungen traditioneller <strong>Medien</strong> betrachtet werden, die<br />

nach wie vor existieren“ (Rössler 1999: 149 f.). Allein von den spezifischen Merkmalen<br />

des Internets wie etwa die Angebotserweiterung oder die Selektionsmodalitäten auf<br />

mögliche Folgen für den gesellschaftlichen Thematisierungsprozess zu schließen, greift<br />

deshalb zu kurz. Zu beachten sind die Wechselwirkungen mit dem bestehenden <strong>Medien</strong>ensemble<br />

(vgl. Jarren 1998) und die forschungslogische Notwendigkeit, erwartbare Effekte<br />

relational und nicht absolut zu bestimmen.<br />

Beide Relativierungen des Desintegrationsverdachtes lassen die Schlussfolgerung zu,<br />

dass der Einfluss des Internets auf die Thematisierungsfunktion der Massenmedien<br />

maßgeblich davon abhängt, welche Stellung das Internet im <strong>Medien</strong>nutzungsmenü der<br />

User einnimmt und welche Folgen dies für die Nutzung der herkömmlichen <strong>Medien</strong> hat.<br />

Innerhalb der Forschung wird das Verhältnis von neuen und alten <strong>Medien</strong> unter dem<br />

Gegensatz der substitutiven oder komplementären Nutzung diskutiert (vgl. Hagen<br />

1998). Die Ergebnisse dazu fallen bisher widersprüchlich aus. Während Nie und Erbring<br />

(2000) in einer amerikanischen Studie substitutive Nutzungstendenzen auf Kosten des<br />

Fernsehens und in etwas geringerem Maße auf jene der Zeitungslektüre feststellen, zeigt<br />

ein ebenfalls in den USA über den Zeitraum von fünf Jahren durchgeführter Längsschnittvergleich<br />

der <strong>Medien</strong>nutzung von Usern und Non-Usern, dass diese sich in der<br />

Nutzung traditioneller <strong>Medien</strong> kaum unterscheiden (vgl. Stempel/Hargrove/Bernt<br />

2000). Auch die regelmäßig durchgeführte ARD/ZDF-Online Studie kann bisher keine<br />

Substitutionseffekte erkennen. Stattdessen gehen ihre Autoren davon aus, „dass die Zeit,<br />

die insgesamt mit <strong>Medien</strong> verbracht wird, ansteigen wird“ (van Eimeren/Gerhard/Frees<br />

2001: 396). Die Ursachen für die Differenzen können in den unterschiedlichen Fragestellungen<br />

und in der Kontrolle soziodemographischer Variablen gesehen werden<br />

(vgl. Bonfadelli 2000: 200 f.). Werden Drittfaktoren kontrolliert, „zeigen sich Substitutionseffekte<br />

beim Fernsehen und bei der Tageszeitung, Komplementaritätseffekte beim<br />

Radio und bei bestimmten Typen von Publikumszeitschriften“ (Hagen 1998: 121).<br />

Unabhängig von diesen widersprüchlichen Befunden kann aber generell festgestellt<br />

werden, dass eine vollständige Substitution der klassischen <strong>Medien</strong> durch das Internet<br />

ins Reich der Mythen gehört. Unter dieser Voraussetzung stellt sich die Frage, welches<br />

eigenständige Thematisierungspotenzial das Internet in das <strong>Medien</strong>ensemble einbringt.<br />

Für ihre Beantwortung kann auf die Forschung zum Agenda-Setting-Prozess zwischen<br />

den Massenmedien und dem Publikum zurückgegriffen werden (vgl. Dearing/Rogers<br />

1996, Rössler 1997a, McCombs/Shaw/Weaver 1997). Zu den Modifizierungen der Ausgangshypothese<br />

eines einfachen Agendentransfers von den <strong>Medien</strong> zu den Rezipienten<br />

gehört die Einsicht, „dass verschiedene <strong>Medien</strong> wie etwa die Zeitung oder das Fernsehen<br />

über ein unterschiedliches Wirkungspotential verfügen“ (Rössler 1997a: 144) und<br />

somit einen unterschiedlichen Beitrag zur Themensetzung leisten. Empirische Überprüfungen<br />

dieser Vermutung haben deutlich gemacht, dass sich das Thematisierungs-<br />

2 In der englischsprachigen Literatur findet sich eine vergleichbare Unterscheidung der so genannten<br />

Technorealisten von den Utopians und den Dystopians (vgl. Fisher/Wright 2001).<br />

514


Marr · Das Ende der Gemeinsamkeiten?<br />

potenzial eines Mediums erhöht, wenn es folgende Kriterien erfüllt: Es sollte über eine<br />

große Reichweite verfügen, diese sollte bekannt sein und von den Rezipienten unterstellt<br />

werden können, sein Angebot sollte wenigstens zu einem gewissen Teil aus politikrelevanten<br />

Informationen bestehen, seine Nutzung sollte informationsorientiert erfolgen,<br />

sein publizistisches Angebot sollte beim Publikum ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit<br />

genießen und es sollte über formale Mittel verfügen, Themen per Präsentation Relevanz<br />

zuzuschreiben.<br />

Überträgt man diesen Kriterienkatalog auf das Internet, so muss dessen relatives Thematisierungspotenzial<br />

vorläufig als gering veranschlagt werden. Zwar sind die Wachstumszahlen<br />

der Internetnutzer beeindruckend (für die Schweiz vgl. Abbildung 1) und<br />

die Diffusionsgeschwindigkeit wesentlich höher als bei den Vorgängermedien, allerdings<br />

erfolgt diese Diffusion soziodemographisch ungleichmäßig und eine Reichweite,<br />

wie sie etwa das Fernsehen oder das Radio erreichen, ist eher unwahrscheinlich. Vielmehr<br />

geht man von der Erwartung aus, „dass in absehbarer Zeit die Rede vom Alltagsmedium<br />

Online bzw. Internet nur auf bestimmte Milieus und Bevölkerungsgruppen zutrifft“<br />

(ARD/ZDF-Arbeitsgruppe Multimedia 1999: 422).<br />

Abbildung 1: Entwicklung der Internetnutzung in der Schweiz (1997–2002)<br />

5-10/1997 1997/98 5-10/1998 1998/99 4-9/1999 1999/2000 4-9/2000 2000/2001 4-9/2001 2001/2002<br />

Weitester Nutzerkreis Enger Nutzerkreis (mehrmals pro Woche)<br />

Tagesreichweite<br />

Quelle: Halbjahresdaten der AG für Werbemedienforschung (WEMF), eigene Zusammenstellung<br />

Das Internet gilt gemeinhin als Leitmedium des Informationszeitalters, was allein schon<br />

auf eine informationsorientierte Nutzung schließen lassen könnte. Entsprechende Untersuchungen<br />

(zuletzt: Ridder/Engel 2001, Oehmichen/Schröter 2001) bestätigen dies<br />

und es lässt sich bilanzieren, „dass die Informationsfunktion für die Nutzer der Online-<br />

<strong>Medien</strong> als deren wesentliche Gratifikationsleistung dominiert“ (Hagen/Kamps 1999:<br />

214). Fragt man aber spezifischer nach der Nutzung der für Agenda-Setting-Prozesse<br />

bedeutungsvollen politikbezogenen Inhalte, so muss man konstatieren, dass diese „für<br />

die meisten Nutzer nur eine unter- bzw. nebengeordnete Rolle spielen“ (Hagen/Kamps<br />

515


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

1999: 219). Dies gilt auch für die Schweiz, wo die im Anschluss an Wahlen oder Volksabstimmungen<br />

durchgeführten VOX-Analysen zeigen, dass sich nur etwa 5% der<br />

Stimmberechtigten via Internet über Kandidaten oder Abstimmungsvorlagen informieren<br />

und die Tendenz bei den letzten vier Abstimmungen sogar nach unten weist (vgl.<br />

Trechsel 2002: 109).<br />

Was die Glaubwürdigkeit des Internets betrifft, so werden die Urteile darüber vorläufig<br />

noch sehr vorsichtig gefällt. Fest steht wohl nur, dass dem Internet kaum mehr<br />

Vertrauen entgegengebracht wird als den herkömmlichen <strong>Medien</strong>. Vielmehr „vertrauen<br />

im Zweifelsfalle […] die weitaus meisten Webnutzer den herkömmlichen <strong>Medien</strong> Tageszeitung<br />

und Fernsehen“ (Schweiger 1999: 108). Auch mit einem engeren Fokus auf<br />

die politische Berichterstattung finden sich wenig Anzeichen dafür, dass gerade das Internet<br />

einen „Königsweg aus der Unglaubwürdigkeitsfalle“ (Marshall 1999:169) darstellt.<br />

Traditionelle <strong>Medien</strong> selektieren die Themen nicht nur, sondern präsentieren sie in einer<br />

Relevanzhierarchie, die wiederum eine wichtige Voraussetzung für Agenda-Setting-<br />

Prozesse darstellt (vgl. Graber 1988). Die formalen Mittel hierfür sind bei der Tageszeitung<br />

etwa die Titelseite oder beim Fernsehen und Radio die Erstmeldung. Für das Internet<br />

werden diese formalen Möglichkeiten der Relevanzzuweisung angesichts der<br />

Fragmentierung seines Inhalts (vgl. Donges/Jarren 1999: 94) und der Gleichrangigkeit<br />

und Gleichberechtigung aller Informationen (vgl. Marshall 1997: 317) ebenfalls als gering<br />

eingeschätzt.<br />

4. Fragestellungen und Hypothesen<br />

Ausgehend von den dargestellten Positionen soll die Frage nach den Folgen der Internetnutzung<br />

für den Agenda-Setting-Prozess der traditionellen Massenmedien einer empirischen<br />

Prüfung unterzogen werden. Ungeachtet der im Kapitel 3 dargelegten Relativierungen<br />

soll im Sinne einer größeren analytischen Klarheit der Desintegrationsverdacht<br />

gegen das Internet als Ausgangspunkt der Untersuchung dienen. Die Prüfung dieses<br />

Verdachtes erfolgt in drei Schritten. Zunächst wird untersucht, welchen Einfluss die<br />

Internetnutzung auf die Nutzung der traditionellen <strong>Medien</strong> hat (Substitution vs. Komplementarität).<br />

Dies geschieht sowohl hinsichtlich der retrospektiven Selbsteinschätzung<br />

als auch in Bezug auf die faktische <strong>Medien</strong>nutzung, wobei das besondere Interesse<br />

der Hinwendung zu politisch relevanten Informationsangeboten gilt. Sofern sich eine<br />

Nutzung des Internets auf Kosten der herkömmlichen <strong>Medien</strong> nachweisen ließe, wäre<br />

eine zentrale Voraussetzung für heterogene Publikumsagenden erfüllt. Darauf aufbauend<br />

soll nach den Übereinstimmungen und Unterschieden zwischen den Themenagenden<br />

von Netznutzern und Nichtnutzern gefragt werden (Homogenität vs. Heterogenität).<br />

Der Vergleich soll dabei eine Differenzierung erfahren, indem das Interesse sowohl<br />

auf die Themenreichweite (awareness) als auch auf die Themengewichtung (priority)<br />

gerichtet wird (für die Unterscheidung dieser Dimensionen vgl. McCombs 1977).<br />

Unter Berücksichtigung der soziodemographisch ungleichmäßigen Diffusion des Internets<br />

werden bei dieser Gegenüberstellung die Variablen Bildung, Alter und Geschlecht<br />

über ein quasiexperimentelles Samplingverfahren kontrolliert. Schließlich werden in einem<br />

dritten Schritt die beiden Publikumsagenden zu Themenagenden der traditionellen<br />

<strong>Medien</strong> ins Verhältnis gesetzt, um zu prüfen, inwiefern sich letztere in den Agenden der<br />

Vergleichsgruppen niederschlagen (Agenda-Setting).<br />

Die Interpretation der präsentierten Daten fragt nach sich abzeichnenden desintegrativen<br />

Konsequenzen der Internetnutzung. Sie geht aus von drei aufeinander aufbauenden<br />

Hypothesen:<br />

516


Marr · Das Ende der Gemeinsamkeiten?<br />

H1: Onliner nutzen das Internet auf Kosten der traditionellen <strong>Medien</strong> (Substitution).<br />

Dies gilt sowohl für die Dauer der <strong>Medien</strong>nutzung allgemein als auch in Bezug auf die<br />

Intensität informationsorientierter Nutzung der Angebote von Radio, TV und Printmedien.<br />

H2: Die Themenagenda der Onliner unterscheidet sich von jener der Offliner. Dies<br />

gilt sowohl für die Reichweite von Themen als auch für deren Gewichtung (Heterogenität).<br />

H3: Die Themenagenda der Offliner weist in beiden Themendimensionen eine größere<br />

Übereinstimmung mit der Agenda traditioneller <strong>Medien</strong> auf als jene der Onliner (Beeinträchtigung<br />

des Agenda-Setting).<br />

5. Methodische Umsetzung<br />

Die Untersuchung basiert auf einem klassischen Agenda-Setting-Design, d. h. es werden<br />

Befragungsdaten über die Themenreichweite und Themenwichtigkeit in der Bevölkerung<br />

ins Verhältnis gesetzt zu inhaltsanalytisch gewonnenen Befunden über die<br />

Themensetzung der <strong>Medien</strong>. Die Bestimmung der <strong>Medien</strong>agenda beruht auf einer<br />

sekundäranalytischen Auswertung des vom Forschungsbereich Öffentlichkeit und Gesellschaft<br />

der Universität Zürich durchgeführten kontinuierlichen Issue-Monitoring.<br />

Die Bevölkerungsagenda sowie Daten zur <strong>Medien</strong>nutzung wurden im Rahmen<br />

einer vom Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) finanzierten Untersuchung unter<br />

der Leitung des Verfassers mit Hilfe telefongestützter Interviews im März 2001 unter<br />

840 Personen zwischen 20 und 60 Jahren in den Regionen Basel und Zürich erhoben3<br />

.<br />

5.1 <strong>Medien</strong>agenda<br />

Das Issue-Monitoring des Forschungsbereichs Öffentlichkeit und Gesellschaft zielt auf<br />

eine permanente Beobachtung der Themenentwicklung in der <strong>Medien</strong>öffentlichkeit der<br />

Schweiz. Dabei werden die wichtigsten Tages- und Wochenzeitungen sowie die Hauptinformationsgefäße<br />

überregionaler Radio- und Fernsehanbieter archiviert und hinsichtlich<br />

ihrer thematischen Bezüge codiert. Codiereinheiten sind Artikel im Printbereich<br />

und Beiträge im elektronischen Angebot. Auf der Basis dieser Codierungen wurde für<br />

die vorliegende Arbeit eine <strong>Medien</strong>agenda über die vier, der Befragung vorausgehenden<br />

Monate (November 2000 bis Februar 2001) ermittelt. Tabelle 1 listet die dabei berücksichtigten<br />

Deutschschweizer <strong>Medien</strong> auf.<br />

Für die Ermittlung der <strong>Medien</strong>agenda wurde eine Auswahl von zehn verschiedenen<br />

Themenkomplexen getroffen (Tabelle 2). Auswahlkriterium war zum einen der nationale<br />

Bezug. Alle Themen sollten sich auf Problemlagen beziehen, die in unmittelbarem<br />

Zusammenhang mit der politischen Situation in der Schweiz stehen. Zum anderen sollten<br />

die Themen gegeneinander abgrenzbar sein, um eine trennscharfe Zuordnung der<br />

differenzierten Kategorisierungen, wie sie durch das Issue-Monitoring vorgenommen<br />

werden, zu gewährleisten. Schließlich wurde mit Blick auf mögliche Zusatzauswertungen<br />

(die in diesem Beitrag unberücksichtigt bleiben) entschieden, fünf Themen mit hoher<br />

sowie fünf mit geringer <strong>Medien</strong>präsenz zu berücksichtigen.<br />

3 Die Feldarbeit wurde vom IPSO-Forschungsinstitut in Dübendorf übernommen.<br />

517


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

Tabelle 1: Berücksichtigte <strong>Medien</strong><br />

Medium Titel/Sendung Reichweite 2000 (in %)<br />

Tageszeitung Blick 18,5<br />

Tages-Anzeiger Zürich 15,3<br />

Neue Zürcher Zeitung 7,7<br />

Wochenzeitungen Sonntagsblick 24,9<br />

Sonntagszeitung 18,7<br />

Weltwoche 8,4<br />

Zeitschriften Facts 13,5<br />

Radio Rendez-Vous am Mittag<br />

(werktags von 12.30-13.00 Uhr auf DRS1)<br />

Echo der Zeit<br />

(werktags von 18.00-18.45 Uhr auf DRS1,<br />

18,4<br />

von 19.00-19.45 auf DRS2) 7,2<br />

TV Tagesschau<br />

(täglich von 19.30-19.50 Uhr auf SF1 und SF2)<br />

Zehn vor Zehn<br />

21,0<br />

(werktags von 21.50-22.20 Uhr auf SF1) 13,0<br />

Quelle: Printmedien = AG für Werbemedienforschung (WEMF), Elektronische <strong>Medien</strong> = SRG-<br />

Forschungsdienst<br />

Tabelle 2: Berücksichtigte Themen<br />

Themen mit hoher <strong>Medien</strong>präsenz Themen mit geringer <strong>Medien</strong>präsenz<br />

Die Beziehung der Schweiz zur EU Die Neuausrichtung der Schweizerischen<br />

(EU-Initiative) Armee (Armeereform)<br />

Das Schicksal der Schweizerischen Luftfahrt Die Qualität und die Kosten der Ärzte, Spitäler<br />

(SwissAir, Crossair, Fluglärm, Flughafen<br />

Kloten)<br />

und der medizinischen Versorgung<br />

Der Kampf gegen Wirtschaftskriminalität Die Ausländerthematik / Die Integration<br />

und Geldwäscherei von Ausländern<br />

Die Korrektur von Fehlern in der Die Belastung der Schweizerischen Straßen<br />

Landwirtschaftspolitik (BSE, MKS) durch (Alpen-)Transit- und Schwerverkehr<br />

Die Privatisierung staatlicher Betriebe Die Schweizerische Kandidatur für die<br />

(Post, SBB, Strom) Olympischen Winterspiele 2010<br />

Unter den Bedingungen der vorgenommenen zeitlichen, medialen und thematischen<br />

Einschränkungen konnten insgesamt 2163 Analyseeinheiten berücksichtigt werden, von<br />

denen 1864 auf die Printmedien und die übrigen auf die elektronischen <strong>Medien</strong> entfielen.<br />

Die <strong>Medien</strong>agenda wurde als Themenrangordnung auf der Basis der Häufigkeiten,<br />

mit der die einzelnen Themen codiert wurden, erstellt.<br />

518


Marr · Das Ende der Gemeinsamkeiten?<br />

5.2 Publikumsagenda<br />

Wie in den Hypothesen festgelegt, bestand das Ziel der Auswertung in einem Vergleich<br />

der Themenagenden von Internetnutzern und Nicht-Nutzern. Ein solcher Vergleich<br />

von Nutzern und Nicht-Nutzern eines Mediums, dessen Diffusion soziodemographisch<br />

ungleichmäßig erfolgt, steht vor dem methodischen Problem, den verzerrenden<br />

Einfluss der soziodemographischen Variablen zu berücksichtigen. Grundsätzlich gibt es<br />

zwei Möglichkeiten diesem Problem zu begegnen. Entweder können die demographischen<br />

Variablen durch statistische Verfahren im Nachhinein kontrolliert werden oder<br />

ihr Einfluss wird vorgängig durch den Sampling-Prozess minimiert. Bei der vorliegenden<br />

Untersuchung wurde der zweite Weg gewählt.<br />

5.2.1 Samplingverfahren<br />

Auf der Basis eines quasiexperimentellen Samplingdesigns wurden bei der Auswahl der<br />

Befragten Quotierungen für die Variablen Alter, Bildung und Geschlecht vorgegeben<br />

und mit Hilfe von Screener-Fragen umgesetzt. Diese Quoten entstammen dem soziodemographischen<br />

Profil der MA-Net, einer von der AG für Werbemedienforschung<br />

(WEMF) halbjährlich durchgeführten Repräsentativbefragung von etwa 10 000 Personen<br />

in der Schweiz. Ziel des Samplingprozesses war es, zwei Gruppen von Internetnutzern<br />

und Nicht-Nutzern zu erhalten, die in ihren soziodemographischen Profilen der<br />

Deutschschweizer Bevölkerung im Alter von 20 bis 60 Jahren entsprechen. Als Internetnutzer<br />

(Onliner) galten dabei jene Personen, die angaben, das Netz mindestens einmal<br />

pro Woche zu nutzen. Als Nichtnutzer (Offliner) galten Personen, die über keine<br />

Nutzungserfahrungen mit dem neuen Medium verfügten. Tabelle 3 gibt Auskunft über<br />

die sich daraus ergebende Samplestruktur.<br />

Quasiexperimentelle Untersuchungen werden im Gegensatz zu experimentellen dann<br />

angewendet, wenn die zu vergleichenden Teilpopulationen nicht künstlich hergestellt<br />

werden können, sondern in der sozialen Realität bereits existieren (vgl. Cook/Campbell<br />

1979). Die Zuordnung der Untersuchungsteilnehmer zu den jeweiligen Teilpopulationen<br />

ist somit nicht durch eine Randomisierung herstellbar, sondern durch die unabhängige<br />

Variable vorgegeben. Das Problem quasiexperimenteller Untersuchungen besteht<br />

nun darin, dass die unabhängige Variable selbst von theoretisch unendlich vielen weiteren<br />

Variablen abhängig sein kann und mit diesen kofundiert ist. Daraus folgt, „dass letztlich<br />

nicht entschieden werden kann, welche Variablen für die Unterschiede in der abhängigen<br />

Variable verantwortlich sind“ (Bortz/Döring 1995: 491).<br />

Um die Zahl möglicher Erklärungsalternativen dennoch zu reduzieren, d. h. die geringere<br />

interne Validität zu steigern, existieren eine Reihe von Samplingverfahren, die<br />

eine Kontrolle personengebundener Störvariablen ermöglichen. In der vorliegenden<br />

Untersuchung wurde das der Parallelisierung gewählt, bei dem der Einfluss der Störvariablen<br />

ausgeschaltet wird, indem dafür gesorgt wird, dass diese in den Teilpopulationen<br />

gleichermaßen wirksam sind. Voraussetzung für dieses Verfahren ist ein möglichst<br />

umfassendes Wissen über die Störvariablen. Was die Nutzung des Internets anbetrifft,<br />

existieren hier relativ gesicherte Erkenntnisse über den zentralen Einfluss von Alter, Bildung<br />

und Geschlecht (für die Schweiz vgl. Bonfadelli 2002). Deshalb wurden diese Variablen<br />

als Grundlage für die Parallelisierung herangezogen. Der Preis für das Parallelisierungsverfahren<br />

besteht darin, dass entweder eine Gruppe an die andere oder – wie im<br />

vorliegenden Fall – beide an eine dritte angepasst werden müssen und somit die entsprechenden<br />

Populationen nicht mehr richtig repräsentiert sind. Diese Einschränkung<br />

519


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

Tabelle 3: Stichprobenstruktur<br />

MA-Net 1/2000 Offliner Onliner<br />

Sex Bildung4 Alter5 N % N % N %<br />

männlich niedrig jung 802 15,6 62 15,6 69 15,6<br />

mittel 457 8,9 35 8,8 39 8,8<br />

alt 516 10,0 40 10,1 44 10,0<br />

männlich hoch jung 317 6,2 24 6,0 27 6,1<br />

mittel 266 5,2 21 5,3 23 5,2<br />

alt 292 5,7 23 5,8 25 5,7<br />

weiblich niedrig jung 843 16,4 65 16,3 73 16,5<br />

mittel 572 11,1 44 11,1 49 11,1<br />

alt 643 12,4 50 12,6 55 12,4<br />

weiblich hoch jung 205 4,0 16 4,0 18 4,1<br />

mittel 115 2,2 9 2,3 10 2,3<br />

alt 122 2,4 9 2,3 10 2,3<br />

Gesamt 5150 100 397 100 443 100<br />

der externen Validität sowie die Möglichkeit, dass neben Alter, Bildung und Geschlecht<br />

weitere Störvariablen wirksam sein können, gilt es bei der Interpretation der Ergebnisse<br />

zu berücksichtigen.<br />

5.2.2 Operationalisierung<br />

<strong>Medien</strong>nutzung<br />

Der Vergleich der <strong>Medien</strong>nutzung erfolgt auf zwei Ebenen. Zum einen soll nach den<br />

Unterschieden in der Nutzungszeit für verschiedene <strong>Medien</strong> gefragt werden. Zum anderen<br />

soll die Intensität, mit der die informationsorientierte Nutzung verschiedener <strong>Medien</strong><br />

in den beiden Vergleichsgruppen erfolgt, gegenübergestellt werden. Der Vergleich<br />

der Nutzungszeiten erfolgt einerseits auf der Basis retrospektiver Selbsteinschätzungen<br />

der Befragten und andererseits anhand der von ihnen angegebenen faktischen Nutzungsdauer.<br />

Themenreichweite (awareness)<br />

Die Befragten wurden gebeten, zu allen zehn Themen der <strong>Medien</strong>agenda anzugeben, ob<br />

sie davon in den letzten Wochen in den <strong>Medien</strong> (traditionelle Massenmedien und Internet)<br />

etwas gelesen oder gehört haben. Auf der Basis der Anteile, mit der eine solche<br />

Wahrnehmung bestätigt wurde, konnte die Awareness-Rangfolge der Themen für beide<br />

Gruppen ermittelt werden.<br />

4 Niedrige Bildung = Primarschule, Real-/Sekundarschule, Berufsschule; Hohe Bildung = Mittelschule,<br />

Gymnasium, Seminar, Fachhochschule, Universität, Eidgenössische Technische<br />

Hochschule (ETH).<br />

5 Jung = 20 bis 34 Jahre; Mittel = 35 bis 44 Jahre; Alt = 45 – 60 Jahre.<br />

520


Themengewichtung (priority)<br />

Darüber hinaus wurde von den Befragten eine Einschätzung der aktuellen Dringlichkeit<br />

der Themen für die Schweiz auf einer vierstufigen Skala verlangt. Die Fragestellung lautete:<br />

„Können Sie mir für jedes von den folgenden Problemen sagen, wie dringlich das<br />

Problem ihrer Meinung nach zurzeit für die Schweiz ist?“ Die daraus ermittelbaren<br />

Durchschnittswerte dienten als Grundlage für die Erstellung der Priority-Rangfolge<br />

beider Gruppen.<br />

6. Ergebnisse<br />

Marr · Das Ende der Gemeinsamkeiten?<br />

6.1 <strong>Medien</strong>nutzung von Off- und Onlinern<br />

Umverteilungen von Nutzungszeiten für die verschiedenen <strong>Medien</strong> sind langfristige<br />

Prozesse. Will man Informationen mit einer Querschnittserhebung gewinnen, kann dies<br />

entweder mit retrospektiven Selbsteinschätzungen der Befragten oder mit dem Vergleich<br />

ihrer faktischen Nutzungszeiten geschehen. Beides soll hier erfolgen, wobei die<br />

Selbsteinschätzung der Veränderungen, die sich durch den Netzeinstieg ergeben haben,<br />

natürlich nur von Netznutzern getroffen werden können.<br />

Die Befunde, die mit Hilfe der Retrospektion gewonnen wurden, indizieren vor allem<br />

für das Fernsehen deutliche Substitutionsprozesse (Abbildung 2). Jeder vierte Onliner<br />

gibt an, seinen Fernsehkonsum durch die Netznutzung verringert zu haben. Für die Zei-<br />

Abbildung 2: Einfluss der Internetnutzung auf die Nutzung anderer <strong>Medien</strong><br />

(Selbsteinschätzung der Onliner)<br />

tungsnutzung äußern dies nur noch 13% und nur jeder zehnte Onliner meint, seine Radionutzung<br />

eingeschränkt zu haben.<br />

Ein anderes Bild ergibt sich, wenn man die Angaben von Off- und Onlinern zu ihren<br />

täglichen Nutzungszeiten vergleicht (Abbildung 3). Während die Nutzung des Internets<br />

für die Printmedien offensichtlich folgenlos bleibt, erhöht sich die für das Radio aufgewendete<br />

Zeit sogar um 5 Minuten. Substitutionstendenzen zeigen sich allein für das<br />

Fernsehen. Die TV-Nutzungszeit der Onliner verringert sich im Vergleich zu den Offlinern<br />

um 10 Minuten. Den eigentlichen Unterschied macht aber die Internetnutzung.<br />

521


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

Durch sie erhöht sich die tägliche Bruttomediennutzung der Onliner um mehr als eine<br />

Stunde. Inwiefern die zusätzliche Nutzungszeit durch Parallelnutzung oder durch Reduktion<br />

anderer Tätigkeiten gewonnen wird, muss an dieser Stelle offen bleiben.<br />

Abbildung 3: Durchschnittliche Nutzungsdauer pro Tag<br />

Fokussiert man die Fragestellung nach möglichen Substitutionen auf die Nutzung von<br />

informationsorientierten Angeboten der verschiedenen <strong>Medien</strong>typen, so lässt sich für<br />

die Offliner eine etwas häufigere Nutzung der elektronischen <strong>Medien</strong> feststellen (Abbildung<br />

4). Die Unterschiede beschränken sich allerdings auf Radionachrichten und politische<br />

Sendungen im Fernsehen.<br />

Wesentlich deutlicher werden die Differenzen bei den Printmedien. Hier sind es die<br />

Onliner, die eine intensivere Nutzung an den Tag legen (Abbildung 5). Sowohl beim Inlandsteil<br />

der Tageszeitungen als auch bei Fachzeitschriften und Sachbüchern liegt der<br />

Anteil der intensiven Nutzer unter den Onlinern um zehn Prozent über dem der Offliner.<br />

Dieses Nutzungsübergewicht wird zusätzlich mit dem neuen Medium Internet<br />

kombiniert. Jeder fünfte Onliner bezeichnete sich als häufiger Rezipient von Online-<br />

Abbildung 4: Nutzung von Infoangeboten elektronischer <strong>Medien</strong> (sehr häufig/häufig)<br />

522


News und jeder Zehnte nutzt kontinuierlich politische Berichte im Netz. Somit zeichnet<br />

sich bei der informationsorientierten <strong>Medien</strong>nutzung ein komplementäres Verhältnis<br />

zwischen Print- und Onlinemedien ab.<br />

Die präsentierten Daten zur faktischen <strong>Medien</strong>nutzung von Off- und Onlinern lassen<br />

die Schlussfolgerung zu, dass sich durch die Nutzung des Internets durchaus Veränderungen<br />

für die klassischen <strong>Medien</strong> ergeben, wenn auch nicht in dem Maße, wie dies subjektiv<br />

erfahren wird. Onliner verringern ihre Zuwendung zum Fernsehen, erhöhen aber<br />

gleichzeitig ihre Radionutzung. Geht es um die Nutzung der Informationsangebote,<br />

zeigt sich eine gesteigerte Affinität der Onliner zu den Printmedien. Die zusätzliche<br />

Nutzung des Internets führt zu einer Ausweitung der absoluten <strong>Medien</strong>nutzungszeit<br />

der Onliner. Für die Thematisierungsleistungen der traditionellen <strong>Medien</strong> bedeutet dies,<br />

dass Onliner weniger vom Fernsehen, dafür aber stärker von den Printmedien erreicht<br />

werden. Damit zeigt sich die Datenlage widersprüchlicher als mit der Hypothese 1 angenommen.<br />

Dies gilt es bei der Gegenüberstellung der Themenagenden der Vergleichsgruppe<br />

zu berücksichtigen.<br />

6.2 Themenagenden von Off- und Onlinern<br />

Marr · Das Ende der Gemeinsamkeiten?<br />

Abbildung 5: Nutzung von Infoangeboten der Printmedien (sehr häufig/häufig)<br />

6.2.1 Themenreichweite<br />

Verglichen werden soll zunächst die Themenreichweite, d.h. die Anteile derjenigen, die<br />

angaben, von den vorgegebenen Themen in den <strong>Medien</strong> etwas gehört oder gelesen zu<br />

haben. Wie Tabelle 4 zeigt, lässt sich bei neun von zehn Themen eine größere Reichweite<br />

unter den Netznutzern feststellen. So haben etwa die <strong>Medien</strong>berichte zu den Problemen<br />

der schweizerischen Luftfahrt 85% der Onliner, aber nur 77% der Offliner erreicht. Die<br />

höhere Printorientierung sowie die Nutzung des zusätzlichen Vermittlungskanals korrespondieren<br />

also mit einer größeren Wahrscheinlichkeit, von den verschiedenen Themen<br />

erreicht zu werden.<br />

Dies hat allerdings keinen Einfluss auf die Rangfolge der Themen. Sie ist bei den Vergleichsgruppen<br />

quasi identisch. Allein die mögliche Olympiakandidatur der Schweiz<br />

tauscht mit der Thematik der Privatisierung staatlicher Betriebe in den beiden Gruppen<br />

523


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

die Ränge 8 und 9. Die hohe Übereinstimmung findet ihren Ausdruck in einer signifikanten<br />

Awareness-Rangkorrelation von .97.<br />

Tabelle 4: Themenreichweite (awareness)<br />

… in den <strong>Medien</strong> davon gehört/gelesen (in%) Offliner Onliner Gesamt<br />

Beziehungen der Schweiz zur EU (EU-Initiative) 84 88 86<br />

Schweizerische Luftfahrt (SwissAir, Fluglärm) 77 85 81<br />

Qualität/Kosten der medizinischen Versorgung 73 76 74<br />

Fehler in der Landwirtschaftspolitik (BSE, MKS) 71 76 74<br />

Ausländerthematik/Integration von Ausländern 62 68 65<br />

Wirtschaftskriminalität und Geldwäscherei 56 60 58<br />

(Alpen-)Transit- und Schwerverkehr 56 57 57<br />

Schweizerische Olympiakandidatur 44 57 51<br />

Privatisierung staatl. Betriebe (Post, SBB, Strom) 49 48 49<br />

Neuausrichtung der Armee (Armeereform) 35 46 41<br />

6.2.2 Themengewichtung<br />

Während die Themenreichweite eher als Indikator für die <strong>Medien</strong>aufmerksamkeit gesehen<br />

werden kann, gibt die Themengewichtung Auskunft über die subjektiv empfundene<br />

Dringlichkeit, die die Befragten den Themen zuordnen. Die Priorities-Rangfolge der<br />

beiden Gruppen, wie sie in Tabelle 5 präsentiert wird, basiert auf den Mittelwerten der<br />

Dringlichkeitseinschätzung.<br />

Tabelle 5: Themengewichtung (priority)<br />

… besonders (4) bis Offliner Onliner Gesamt<br />

gar nicht dringlich (1) M SD M SD M SD<br />

Fehler in der Landwirtschaftspolitik<br />

(BSE, MKS)<br />

3.38 .71 3.39 .70 3.38 .71<br />

Qualität/Kosten der medizinischen<br />

Versorgung<br />

3.40 .59 3.34 .71 3.36 .66<br />

Wirtschaftskriminalität und<br />

Geldwäscherei<br />

3.27 .72 3.21 .70 3.24 .71<br />

Ausländerthematik/Integration<br />

von Ausländern*<br />

3.12 .84 3.23 .73 3.18 .78<br />

(Alpen-)Transit- und Schwerverkehr * 3.11 .72 2.97 .77 3.03 .75<br />

Schweizerische Luftfahrt<br />

(SwissAir, Fluglärm)<br />

2.63 .84 2.67 .84 2.65 .84<br />

Beziehungen der Schweiz zur EU<br />

(EU-Initiative)**<br />

2.33 1.0 2.62 .93 2.49 .98<br />

Privatisierung staatl. Betriebe<br />

(Post, SBB, Strom)*<br />

2.29 .84 2.43 .94 2.37 .90<br />

Neuausrichtung der Armee<br />

(Armeereform)<br />

2.28 .84 2.33 .88 2.31 .86<br />

Schweizerische Olympiakandidatur 1.66 .77 1.71 .78 1.69 .78<br />

* p


Ein Vergleich der Mittelwerte liefert für vier der zehn Themen signifikante Unterschiede.<br />

Während die Onliner die Beziehungen der Schweiz zur EU, die Ausländerproblematik<br />

und die Privatisierung staatlicher Betriebe für dringlicher erachten als die Offliner,<br />

schätzen letztere die Probleme, die sich für die Schweiz aus dem Transitverkehr<br />

ergeben, als lösungsbedürftiger ein als die Internetnutzer. Diese Unterschiede bleiben<br />

für die Priorities-Rangfolge allerdings folgenlos. Ebenso wie bei den Reichweiten, finden<br />

sich auch bei den Gewichtungen kaum Abweichungen. Allein über die Vergabe der<br />

ersten beiden Rangplätze besteht Uneinigkeit. Während die Offliner der medizinischen<br />

Versorgung die höchste Dringlichkeit einräumen, stehen für die Onliner die Versäumnisse<br />

der Landwirtschaftspolitik an erster Stelle. Daraus ergibt sich ein signifikanter<br />

Wert von .98 für die Rangkorrelation zwischen beiden Agenden, der damit ebenso hoch<br />

liegt wie jener für die Awareness-Rangfolge. Die Forschungsvermutung, dass die Internetnutzung<br />

zu heterogenen Publikumsagenden führt, lässt sich somit nicht bestätigen.<br />

Der Desintegrationsverdacht findet keine empirische Bestätigung.<br />

6.3 Vergleich von <strong>Medien</strong>- und Publikumsagenda<br />

Mit dem Nachweis homogener Themenagenden ist die Frage nach dem Einfluss des Internets<br />

auf den medialen Thematisierungsprozess im Grunde beantwortet und ein Vergleich<br />

mit der <strong>Medien</strong>agenda erübrigt sich. Er soll hier dennoch durchgeführt werden,<br />

weil er in Bezug auf die Agenda-Setting-Hypothese Unerwartetes an den Tag bringt.<br />

Werfen wir zunächst einen Blick auf die Ergebnisse der Inhaltsanalyse.<br />

6.3.1 <strong>Medien</strong>agenda<br />

Die Agenda der berücksichtigten Deutschschweizer <strong>Medien</strong> wird von drei Themen dominiert<br />

(Tabelle 6). An der Spitze rangieren die Beziehungen der Schweiz zur EU, dicht<br />

gefolgt von den Problemen der Schweizerischen Luftfahrt und der Wirtschaftskriminalität.<br />

Knapp die Hälfte aller Analyseeinheiten konnten diesen drei Themen zugeordnet<br />

werden. Mit etwas Abstand folgen die Landwirtschaftspolitik und die Privatisierung<br />

staatlicher Betriebe. Die geringste Beachtung schenken die <strong>Medien</strong> der Olympiakandidatur.<br />

Tabelle 6: <strong>Medien</strong>agenda<br />

Marr · Das Ende der Gemeinsamkeiten?<br />

Print TV/Radio Gesamt<br />

Beziehungen der Schweiz zur EU (EU-Initiative) 17.3 12.7 16.6<br />

Schweizerische Luftfahrt (SwissAir, Fluglärm) 16.1 17.1 16.3<br />

Wirtschaftskriminalität und Geldwäscherei 16.0 16.4 16.0<br />

Fehler in der Landwirtschaftspolitik (BSE, MKS) 13.0 20.1 14.0<br />

Privatisierung staatl. Betriebe (Post, SBB, Strom) 12.9 12.4 12.8<br />

Neuausrichtung der Armee (Armeereform) 8.3 8.4 8.3<br />

Qualität/Kosten der medizinischen Versorgung 6.8 2.7 6.2<br />

Ausländerthematik/Integration von Ausländern 4.6 2.3 4.3<br />

(Alpen-)Transit- und Schwerverkehr 3.8 4.7 3.9<br />

Schweizerische Olympiakandidatur 1.2 3.3 1.5<br />

N 1’864 299 2’163<br />

525


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

Die Gesamtagenda wird aufgrund der Fallzahlen deutlich von der Agenda der Printmedien<br />

geprägt. Für die Berichterstattung der elektronischen <strong>Medien</strong> ergeben sich einige<br />

Abweichungen. Der Schwerpunkt liegt dort eindeutig beim Themenkomplex „Rinderwahnsinn“<br />

und seinen Begleitumständen. Erst dann folgen die drei Topthemen der<br />

Printagenda, wobei deren Spitzenreiter Schweiz-EU nur von 13% der Beiträge in Funk<br />

und Fernsehen thematisiert wird. Auffällig ist auch, dass die Olympiakandidatur für Radio<br />

und TV attraktiver ist als die schwer visualisierbaren Themen der medizinischen<br />

Versorgung und der Integration von Ausländern.<br />

6.3.2 Agendenvergleich<br />

Stellt man nun die verschiedenen Agenden nebeneinander, wie es in Tabelle 7 geschehen<br />

ist, so wird auf den ersten Blick deutlich, dass die <strong>Medien</strong>agenda nur wenig mit der<br />

Awareness-Agenda und fast nichts mit der Priorities-Agenda der Befragten gemein hat.<br />

Tabelle 7: Agendenvergleich (Rangfolgen)<br />

<strong>Medien</strong> Awareness Priorities<br />

Print TV/R Off On Off On<br />

Beziehung der Schweiz zur EU<br />

(EU-Initiative)<br />

1 4 1 1 7 7<br />

Schweizerische Luftfahrt<br />

(SwissAir, Fluglärm)<br />

2 2 2 2 6 6<br />

Wirtschaftskriminalität und<br />

Geldwäscherei<br />

3 3 6 6 3 4<br />

Fehler in der Landwirtschaftspolitik<br />

(BSE, MKS)<br />

4 1 4 3 2 1<br />

Privatisierung staatl. Betriebe<br />

(Post, SBB, Strom)<br />

5 5 8 9 8 8<br />

Neuausrichtung der Armee<br />

(Armeereform)<br />

6 6 10 10 9 9<br />

Qualität/Kosten der medizinischen<br />

Versorgung<br />

7 9 3 3 1 2<br />

Ausländerthematik/Integration<br />

von Ausländern<br />

8 10 5 5 4 3<br />

(Alpen-)Transit- und Schwerverkehr 9 7 6 7 5 5<br />

Schweizerische Olympiakandidatur 10 8 9 7 10 10<br />

Rangkorrelationen (Spearman-Rho) .79** .97** .98**<br />

** p


Stattdessen geraten die Verbraucherthemen BSE/MKS und die Gesundheitskosten deutlich<br />

stärker in den Wahrnehmungshorizont des Publikums als dies von ihrer Präsenz in<br />

den <strong>Medien</strong> her zu erwarten wäre.<br />

Noch größere Abweichungen ergeben sich bei der Dringlichkeitseinschätzung. In der<br />

persönlichen Wichtigkeit der Schweizerinnen und Schweizer rücken die Beziehungen<br />

der Schweiz zur EU als Spitzenthema der <strong>Medien</strong> deutlich in den Hintergrund und finden<br />

sich nur noch auf Platz sechs wieder. Was den Befragten unter den Nägeln brennt,<br />

sind ganz klar auch hier die beiden Verbraucherthemen BSE/MKS und die medizinische<br />

Versorgung 6 . Die Probleme der Landwirtschaft sind zwar für die elektronischen <strong>Medien</strong><br />

von höchster Priorität, gehören aber nicht zu den drei Spitzenthemen der Printagenda.<br />

Die Gesundheitskosten rangieren dagegen bei beiden <strong>Medien</strong>agenden auf den hinteren<br />

Plätzen.<br />

Die Kluft zwischen <strong>Medien</strong>- und Bevölkerungsagenden lässt sich auch an den Rangkorrelationen<br />

ablesen, die in Tabelle 8 ausgewiesen sind. Keiner der Koeffizienten für<br />

die verschiedenen Gegenüberstellungen erreicht ein signifikantes Niveau. Während die<br />

Zusammenhänge zwischen <strong>Medien</strong> und Themenreichweite (awareness) noch moderat<br />

ausfallen, tendieren die Werte beim Vergleich von <strong>Medien</strong> und Themenwichtigkeit<br />

(priorities) gegen Null. Im <strong>Medien</strong>vergleich zeigt die Printagenda mehr Gemeinsamkeiten<br />

mit den beiden Publikumsagenden als die der elektronischen <strong>Medien</strong>.<br />

Tabelle 8: Agendenvergleich (Korrelationen)<br />

Marr · Das Ende der Gemeinsamkeiten?<br />

Rangkorrelationen <strong>Medien</strong>agenden<br />

(Spearman-Rho) Print TV/Radio Gesamt<br />

Awareness Offliner .58 .29 .58<br />

Onliner .57 .32 .57<br />

Publikumsagenden<br />

Priorities Offliner .14 .08 .14<br />

Onliner .12 .09 .12<br />

7. Zusammenfassung<br />

Die in dieser Studie präsentierten Daten liefern keine Hinweise auf ein mögliches Ende<br />

der Gemeinsamkeiten in Folge der Internetnutzung. Sie stützen die theoretischen Zweifel<br />

an den Auswirkungen der Publikumsfragmentierungen und an einem eigenständigen<br />

Thematisierungspotenzial des neuen Mediums, obwohl in Folge der Internetnutzung<br />

moderate Umverteilungen bei der Zuwendung zu den einzelnen <strong>Medien</strong>typen zu beobachten<br />

sind. Der Befund gilt sowohl für die Wahrnehmung von Themen als auch für die<br />

persönliche Einschätzung ihrer aktuellen Dringlichkeit für die Schweiz. Damit lässt sich<br />

der Desintegrationsverdacht gegen das Internet entkräften. Die relative Gelassenheit ge-<br />

6 Die hohe Dringlichkeit, die dem Thema Gesundheit in der Schweiz zugeschrieben wird, dokumentiert<br />

auch das vom GfS-Forschungsinstitut (2001) erstellte Sorgenbarometer, welches im<br />

Auftrag der Credit Suisse jährlich im Oktober/November bevölkerungsrepräsentativ erhoben<br />

wird. Rangierte das Thema 1999 noch auf Platz drei, galt es im Jahr 2000, also sechs Monate vor<br />

der Datenerhebung der vorliegenden Studie, als des Schweizers/der Schweizerin größte Sorge<br />

und blieb es auch 12 Monate später.<br />

527


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

genüber dieser Gefahr in der Schweiz, kann im Lichte der hier gewonnenen Daten<br />

durchaus als Ausdruck des Realitätssinns des Landes in der Antizipation von Gefahren<br />

für den gesellschaftlichen Integrationsdiskurs interpretiert werden. Die hohen Wellen,<br />

die Cass Sunsteins Thesen oder auch die von Robert Putnam (2000) initiierte Diskussion<br />

um die ‚Balkanisierung’ durch das Internet in den USA geschlagen haben, zeigt,<br />

dass die Beunruhigung dort ungleich größer zu sein scheint.<br />

Dessen ungeachtet bleibt als zweiter Befund festzuhalten, dass die Agenden beider<br />

Vergleichsgruppen deutlich von jener der traditionellen <strong>Medien</strong> abweichen. Dies trifft<br />

auf die Gewichtung und in etwas geringerem Maße auf die Reichweite der Themen zu.<br />

Ein solcher Befund gibt vor dem Hintergrund der Agenda-Setting-Forschung Rätsel<br />

auf. Ohne Zweifel ist die Frage der Einbindung des Landes in den europäischen Integrationsprozess<br />

für die Schweiz eine Frage von hoher wirtschaftlicher, politischer und<br />

kultureller Priorität. Die Massenmedien tragen dem Rechnung, indem sie das Thema an<br />

die Spitze ihrer Agenda setzen. Allerdings gelingt es ihnen nicht, eine entsprechende<br />

Sensibilisierung beim Publikum zu erreichen. Für die Bevölkerung stehen Themen im<br />

Vordergrund, die sich durch eine hohe Alltagsrelevanz auszeichnen und mit dem aus der<br />

Agenda-Setting-Forschung geläufigen Begriff der „obtrusive issues“ (vgl. Zucker 1978)<br />

beschrieben werden können. Interessanterweise sind aber die Topthemen des Publikums<br />

wie BSE/MKS, die Wirtschaftskriminalität oder die Ausländerproblematik eng<br />

mit der Frage der europäischen Integration verknüpft und können als deren alltagsrelevante<br />

Seite betrachtet werden. In dieser Lesart steht die Kluft zwischen <strong>Medien</strong>- und<br />

Publikumsagenda auch für die Kluft zwischen der Sensibilisierung für Ursachen und<br />

Folgen gesellschaftlicher Zusammenhänge. Sollte den <strong>Medien</strong> deren Überbrückung jemals<br />

gelungen sein, dann haben wir es hier mit einem Prozess zu tun, der die Aufmerksamkeit<br />

künftiger Forschung mehr als verdient.<br />

Ein weiteres Fragezeichen lässt sich in Bezug auf die Themendefinition setzen. Diese<br />

bewegte sich in engen inhaltlichen Grenzen und lässt sich bezüglich der Klassifikation<br />

von Themenabstraktionen in „abstract issues“, „concrete issues“ und „events“, wie sie<br />

Yagade und Dozier (1990) vorgeschlagen haben, wohl in der Mehrzahl der Fälle den<br />

„concrete issues“ zuordnen. Fraglich ist diese Zuordnung allerdings beim Thema<br />

„Schweiz-EU“, das durchaus auch als „abstract issue“ begriffen werden könnte, obwohl<br />

in der Fragestellung mit dem Zusatz „EU-Initiative“ eine Konkretisierung und Verknüpfung<br />

mit einem aktuellen Ereignis versucht wurde. Wenn es stimmt, dass Agenda-<br />

Setting-Effekte mit steigendem Abstraktionsgrad unwahrscheinlicher werden (vgl.<br />

Yagade/Dozier 1990: 4), dann könnte die geringe Dringlichkeit des EU-Themas für die<br />

Bevölkerung auch mit seinem höheren Abstraktionsgrad erklärt werden.<br />

Wie auch immer man die Agenden-Kluft interpretiert, mit der vorliegenden Untersuchung<br />

kann die Internetnutzung als mögliche Ursache ausgeschlossen werden. Allerdings<br />

nur unter den konzeptionellen Voraussetzungen, die bei der Studie getroffen wurden.<br />

Mit dem quasi-experimentellen Samplingdesign konnten zwar verzerrende Einflüsse<br />

demographischer Drittvariablen kontrolliert werden, gleichzeitig wurden dazu<br />

Vergleichsgruppen gebildet, die so in der sozialen Realität nicht existieren. Eine Überprüfung<br />

der Befunde anhand bevölkerungsrepräsentativer Studien ist dringend geboten.<br />

Methodisch folgenreich könnte schließlich auch die etwas grobe Operationalisierung<br />

der Internetnutzung gewesen sein. Eine Differenzierung über die einfache Unterscheidung<br />

„keine Nutzung/regelmäßige Nutzung“ hinaus, würde unter Umständen jene<br />

Unterschiede produzieren, die so nicht sichtbar werden. Um Forschungen in diese<br />

Richtung zu stimulieren, sei eine letzte Auswertung angefügt. Vergleicht man die<br />

Agenden von Offlinern mit der jener Onliner, die angaben, das Internet für die Infor-<br />

528


mation über nationale Ereignisse den anderen <strong>Medien</strong> vorzuziehen (N = 82), ergibt<br />

sich eine nicht-signifikante Awareness-Rangkorrelation von r = 0.6, was auf eine abweichende<br />

Themenreichweite bei Nicht-Nutzern und internetabhängigen Nutzern<br />

hindeutet. Allerdings verschwindet dieser Unterschied bei den Priorities-Agenden<br />

(r = 0.9) wieder. Eine Fortsetzung dieser Differenzierung ist mit unseren Daten nicht<br />

möglich, da damit die Parallelisierung der Vergleichsgruppen nicht aufrechterhalten<br />

werden kann.<br />

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531


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532


Chatten als <strong>Kommunikations</strong>spiel<br />

Susanne Wolf / Helena Bilandzic<br />

Ausgehend vom Rahmenkonzept Goffmans wird ein Spielmodell des Chattens entwickelt,<br />

das eine weiter gehende Erklärung der Chatnutzung bietet. Mit Hilfe des Modells<br />

lässt sich zeigen, warum Anonymität und Unverbindlichkeit als grundlegende Charakteristika<br />

der Chatkommunikation nicht zu einer völligen Missachtung von Gesprächs-<br />

und Umgangskonventionen führen. Das Spielmodell basiert auf den Grundelementen<br />

konventioneller Spiele und wurde in einer empirischen Studie mit einer<br />

Kombination von Beobachtung und Lautem Denken konkretisiert. Als Spielhandlungen<br />

werden die einzelnen Kommunikate der Chatter betrachtet. Die Darstellung der eigenen<br />

Identität zu steuern und die des anderen zu enttarnen, kann als spielimmanentes Ziel<br />

begriffen werden. Dabei geht es nicht um das bloße Entlarven des Gesprächspartners,<br />

vielmehr ist ein origineller und geistreicher Weg dorthin – über die Spielhandlungen –<br />

entscheidend. Dementsprechend entwickeln die Chatter Spielstrategien, um ihre <strong>Kommunikations</strong>geschicklichkeit<br />

zu steigern: Aktivität, Schnelligkeit und Originalität machen<br />

einen Spieler zum gefragten Gesprächspartner. Beherrscht man diese Strategien<br />

nicht oder missachtet man die grundlegenden Umgangsformen, wird man im Chat<br />

ignoriert und aus dem Spiel ausgeschlossen – mit der Konsequenz, dass auch das Spielvergnügen<br />

beendet ist.<br />

Keywords: Chat, Spiel, Rahmenanalyse, lautes Denken<br />

1. Einführung<br />

Pessimisten warnten Anfang der 90er Jahre vor negativen Auswirkungen der Chat-<br />

Kommunikation: Anonyme Netzbekanntschaften würden reale Beziehungen ersetzen<br />

und zu sozialer Isolation führen (z. B. Mettler-Meibom, 1990). Nachdem die erste Aufregung<br />

über die neue <strong>Kommunikations</strong>form Chat abgeklungen ist, sowohl bei Kritikern<br />

als auch Nutzern, kann man sagen, dass sich die Befürchtungen nicht bewahrheitet haben.<br />

Obwohl 30% aller Onliner den Chat nutzen und dies unter anderem auch deshalb<br />

tun, um Kontakte zu knüpfen, sind es relativ wenige, die ihre realen Bekanntschaften<br />

wegen Cyberspace-Beziehungen vernachlässigen (Döring, 1996: 300). Neben den Kontaktmotiven<br />

gibt es eine weitere wichtige Gruppe von Motiven, warum sich Menschen<br />

der Chatkommunikation zuwenden; das sind unspezifische Motive wie Unterhaltung,<br />

Zeitvertreib, Ablenkung. Um diese unspezifischen Motive zu konkretisieren und eine<br />

weiter gehende Erklärung der Chatnutzung zu bieten, schlagen wir in diesem Beitrag<br />

vor, den Chat als <strong>Kommunikations</strong>spiel zu betrachten. Nach einer theoretischen Analyse<br />

der <strong>Kommunikations</strong>situation im Chat und ihrer Konsequenzen als Spielvoraussetzungen<br />

wird der Spielaspekt empirisch untersucht.<br />

2. Theoretische Analyse des Chat<br />

Das Gespräch im Chat trägt die typischen Merkmale eines informellen Alltagsgesprächs<br />

(vgl. Gesprächstyp-Dimensionen nach Henne und Rehbock, 1995: 32 f.): Es ist ein natürliches<br />

Gespräch, das sich erst im Verlauf konstituiert und nicht vorbereitet ist; die Handlungsdimensionen<br />

sind offen, sowohl diskursive (kontroverse Diskussion von Normen<br />

533


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

oder Themen), direktive (Handlungs- und Hinweischarakter, etwa Ratsuche, Ratgeben)<br />

als auch narrative (ohne bestimmtes inhaltliches Ziel zur Herstellung eines sprachlichen<br />

Kontaktes) Gespräche scheinen im Chat möglich. Diese geringe Determiniertheit<br />

macht das Alltags- sowie das Chatgespräch gewissermaßen selbstzweckhaft: Nicht<br />

der Gesprächsinhalt ist (in der Regel) wichtig, sondern dass das Gespräch läuft –<br />

dem „Gesprächsfluss wird nahezu jeder Gesprächsgegenstand geopfert“ (Keppler, 1994:<br />

88 f.).<br />

Der Chat stellt eine Fernkommunikation dar, die zwar zeitlich simultan, aber räumlich<br />

fern abläuft. Dies ist ebenso beim Telefonieren der Fall, jedoch schrumpft die<br />

räumliche Nähe beim Chat so weit, dass jegliche Körperlichkeit, etwa das Sehen der Person,<br />

aber auch das Hören ihrer Stimme, wegfällt. Das Fehlen des physisch-interpersonellen<br />

Kontexts, das bereits oft als wichtigstes Charakteristikum des Chat wie der<br />

Netzkommunikation überhaupt genannt worden ist (z. B. Gallery 2000: 71), setzt die<br />

Bedingungen für die Kommunikation.<br />

Anonymität. Durch das Wegfallen des physisch-interpersonellen Kontexts fehlen Informationen<br />

wie Name, Status, Alter, Geschlecht und Aussehen und machen die visuelle<br />

oder auditive Identifikation der Real-Life-Identität einer Person unmöglich – die <strong>Kommunikations</strong>partner<br />

können anonym bleiben. Allerdings herrscht keine völlige Namenlosigkeit<br />

im Chat, da Nicknames zur Kennzeichnung der Chat-Persönlichkeit dienen.<br />

Ob die Angabe dieses fiktiven Namens jedoch ausreicht, um die Anonymität im Chat<br />

aufzuheben, ist stark zu bezweifeln (Gallery 2000: 72). Gerade Kategorien wie Geschlecht<br />

und Alter spielen eine entscheidende Rolle in der sozialen Interaktion, nicht zu<br />

vergessen auch Hautfarbe, Größe, Attraktivität etc. Solche Merkmale fungieren als<br />

Schlüssel, mit denen eine ganze Reihe von Erwartungen verbunden sind.<br />

Unverbindlichkeit. Des Weiteren fehlt der Kommunikation im Chat die Verbindlichkeit<br />

der direkten Kommunikation. Mediale Kontakte entbehren gegenseitiger Verpflichtungen<br />

und Zusagen, die bei realen Begegnungen eingegangen werden (Höflich,<br />

1999: 147; Turkle, 1999: 286). Direkte und unverblümte, auch verletzende Äußerungen<br />

(flaming) können ohne Konsequenzen für die Real-Life-Existenz erfolgen (Kiesler/Siegel/McGuire,<br />

1984: 1129). Interessanter Weise herrscht aber trotzdem ein großes Maß<br />

an Selbstkontrolle vor; ungezügelte Äußerungen halten sich in Grenzen (Klemm/Graner,<br />

2000: 165).<br />

Nicht nur die Verantwortung für die Folgen einer Äußerung ist schwerlich einzufordern,<br />

auch grundlegende Gesprächskonventionen, wie etwa, dass der Gesprächspartner<br />

die volle Aufmerksamkeit erhält, oder dass nebenbei nicht geflüstert wird, können unbemerkt<br />

gebrochen werden. Ebenso kann die Verbindlichkeit zu einer Kontinuität des<br />

Gesprächs verletzt werden: „Relativ mühelos kann man sich in ein Gespräch einschalten<br />

und wieder ausklinken“ und, so Scherer und Wirth weiter, „man hinterlässt zwar<br />

Spuren, kann aber nicht aufgespürt werden“ (Scherer/Wirth, 2002: 341).<br />

Handlungen im Chat. Diese besonderen Umstände der Chat-Kommunikation wirken<br />

auf die Kommunikation selbst zurück. Diese Anpassung an den Kontext kann mit<br />

dem Rahmenkonzept von Goffman theoretisch formuliert werden (Goffman, 1977;<br />

Esser, 1999; vgl. auch Höflich, 1998, 1999; Höflich/Gebhardt 2001; Döring, 1997a: 303):<br />

Menschen finden sich in ihrem Alltag zurecht, indem sie sich in jeder Situation fragen,<br />

was gerade vor sich geht. Dadurch definieren sie die aktuelle Situation, oder anders ausgedrückt,<br />

sie geben ihr einen Rahmen, der wiederum ihre folgenden Handlungen wesentlich<br />

bestimmt. Mit dem Begriff Rahmen (Frame) sind Deutungs- und Interpretationsmuster<br />

gemeint, über die Konsens bei den Akteuren herrscht, und die eine soziale Situation<br />

aus der Sicht der Akteure strukturieren und Verhaltenserwartungen schaffen<br />

534


Wolf / Bilandzic · Chatten als <strong>Kommunikations</strong>spiel<br />

(Döring, 1997a: 303; Hettlage, 1991: 95-154). Ein klarer Rahmen liegt dann vor, wenn<br />

der Konsens stark ist, die Beteiligten die Situation also ähnlich einschätzen. Beim Chat<br />

wird der Rahmen vor allem durch das Fehlen des physisch-interpersonellen Kontexts<br />

sowie der daraus resultierenden Anonymität und Unverbindlichkeit geprägt.<br />

Im Gegensatz dazu ist Rahmung (Framing) die Situationsdefinition, wie sie konkrete<br />

Akteure in einer konkreten Situation durchführen. Sie kann eine Aktualisierung des<br />

Rahmens enthalten, aber auch darüber hinausgehen, vor allem, wenn der Rahmen unklar<br />

ist und neue unvertraute Situationen vorliegen (Goffman, 1977: 46 f.; Crook/Taylor,<br />

1980: 245; Willems 1997: 59). In der konkreten Chat-Situation müssen sich die Teilnehmer<br />

fortwährend orientieren, wenn sie ihre sprachlichen Handlungen planen (z. B.<br />

Wer ist im Chat? Worüber wird geredet? Wie kann ich mich einbringen?).<br />

Der Chat-Rahmen hat drei Konsequenzen für den Umgang der User mit dem Chat<br />

und damit für die Rahmung: (1) Die gegenseitige Wahrnehmung der <strong>Kommunikations</strong>partner<br />

verändert sich. (2) Die Erwartungen an die Kommunikation werden den Bedingungen<br />

angepasst. (3) Die eigene Person wird von ihrer Real-Life-Identität befreit.<br />

1. Veränderte Wahrnehmung der <strong>Kommunikations</strong>partner. Im Chat werden soziale<br />

Hinweisreize durch die Art der Übermittlung ausgeblendet. In der Terminologie<br />

der Kanalreduktionstheorie ist mit der Verringerung der <strong>Kommunikations</strong>kanäle ein Informationsverlust<br />

verbunden, der die Wahrnehmung der <strong>Kommunikations</strong>partner verändert<br />

(Kiesler/Siegel/McGuire, 1984: 1123 ff.; Döring, 1997b: 278 f.). Gerade die im<br />

Chat fehlenden Informationen über den Hintergrund (Alter, Aussehen, Bildung, Status,<br />

Vermögen) einer Person entscheiden in Alltagssituationen oft, wie wir eine Person einschätzen,<br />

ob sie uns sympathisch ist und ob wir mit ihr in Kontakt treten. Im Chat hingegen<br />

haben die Teilnehmer ausschließlich die Kommunikate (Threads) zur Verfügung,<br />

um die Situation zu definieren und die Personen einzuschätzen – „unfreiwillige“ nonverbale,<br />

paraverbale und sonstige Personeninformationen fließen in die Rahmung nicht<br />

ein. 1 Jede neue Äußerung kann das bisherige Bild vom Gesprächspartner vervollständigen<br />

oder revidieren.<br />

Zum anderen geht mit der fehlenden Information ein ständiges Hinterfragen der<br />

Glaubwürdigkeit einher: „Glaubwürdigkeit ist das Ergebnis eines konkreten und situativen<br />

Zuschreibungsprozesses, in dessen Verlauf der Rezipient eine Botschaft, eine<br />

Quelle, ein Medium oder auch andere Sachverhalte überprüft und einschätzt“ (Krotz,<br />

1999: 126). In der Face-to-Face-Kommunikation erfolgt diese Zuschreibung und Überprüfung<br />

anhand nonverbaler Aspekte wie Gestik und Mimik. Als Indikatoren für Täuschungen<br />

werden z. B. Kopf- und Körperbewegungen, Blickkontakte, aber auch<br />

Sprechgeschwindigkeit, Pausen und Stottern herangezogen, die im Chat freilich fehlen.<br />

Man muss sich wohl damit arrangieren, so Höflich, im Netz jederzeit einer Täuschung<br />

ausgeliefert zu sein (Höflich, 1999: 147).<br />

2. Anpassung der <strong>Kommunikations</strong>erwartungen an den Chat-Rahmen. Wegen<br />

ihrer Besonderheiten kann die Chatkommunikation nicht alle Funktionen der interpersonalen<br />

Kommunikation übernehmen. Manche kommunikativen Ziele erscheinen<br />

durch eine elektronische Vermittlung geradezu gefährdet (Versöhnungsgespräche, Kondolenzbezeugungen).<br />

Eine Abwägung, welches Medium für welches <strong>Kommunikations</strong>vorhaben<br />

geeignet ist, ist notwendig (Döring, 1997b: 279 f.). Es ist daher plausibel, dass<br />

1 Daher stammt auch die Anfälligkeit der Chat-Kommunikation für Missverständnisse (z. B. bei<br />

ironischen Bemerkungen ohne stimmliche oder mimische Ironiezeichen).<br />

535


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

Chatter ihre Erwartungen am Chat-Rahmen ausrichten. Eine Substitution persönlicher<br />

Kontakte durch Netzkontakte (z. B. Mettler-Meibom, 1990: 65 ff.) erscheint wenig<br />

wahrscheinlich, weil an die beiden <strong>Kommunikations</strong>arten verschiedene Erwartungen<br />

gerichtet und unterschiedliche Gratifikationen gesucht werden, was eher eine Komplementarität<br />

nahe legt (vgl. auch die Befragungsergebnisse von Döring, 1996: 300<br />

und Weinreich, 1997: 84 f.). Netzbeziehungen können zwar ins reale Leben übertragen<br />

werden, nehmen dann aber durch den Rahmenwechsel einen völlig neuen Charakter<br />

an.<br />

3. „Befreiung“ von der eigenen Real-Life-Identität. Krotz sieht die „Anonymität als<br />

Chance“ (Krotz, 1999: 125), weil sie von den Zwängen der direkten Kommunikation befreit.<br />

So werden z. B. soziale Barrieren verringert und ausgewogenere Partizipationschancen<br />

ermöglicht. Eine virtuelle <strong>Medien</strong>identität kann beliebig angenommen und<br />

durchgespielt werden, 2 wie z. B. der oft diskutierte Fall eines Psychiaters, der sich als<br />

eine nach einem Autounfall gelähmte Frau ausgab, zeigt (van Gelder, 1991: 373; Stone,<br />

1995: 70 ff.). Daneben gibt es auch relativ harmlose Täuschungen, wie die selektive<br />

Selbstpräsentation (z. B. Verschweigen überschüssiger Pfunde; Walther, 1996: 19) oder<br />

die Selbstkorrektur (Hinzufügen einiger Zentimeter Körpergröße). Es kann sich dabei<br />

um Veränderungen handeln, die für die jeweilige <strong>Kommunikations</strong>situation funktional<br />

sind, etwa die Akzeptanz als Chat-Partner erhöhen, oder dem eigenen Selbstbild besser<br />

entsprechen (Scherer/Wirth, 2002: 340, mit Hinweis auf Döring, 1999). <strong>Medien</strong>identitäten<br />

müssen sich schlüssig präsentieren, sie müssen also bestimmte Rollen erlernen und<br />

diese konsequent spielen, was bei einer großen Diskrepanz zur Real-Life-Identität auf<br />

Dauer sehr anstrengend ist und hohe Konzentration erfordert (Scherer/Wirth, 2002:<br />

341). Wenn hier von „Identität“ die Rede ist, so sind Schlüsselmerkmale gemeint, die in<br />

einem Face-to-Face-Kontakt sofort in Erfahrung gebracht werden können (Alter, Geschlecht,<br />

Status, Aussehen) und die als Basisinformation über eine Person mit einer<br />

ganzen Grammatik von Erwartungen verbunden sind. Diese Schlüsselinformationen zur<br />

Identität, die sonst so selbstverständlich sind, fehlen im Chat.<br />

Soziale Regeln im Netz. Die pessimistische Interpretation der drei beschriebenen<br />

Konsequenzen lautet, dass der Chat generell Möglichkeiten zur (böswilligen) Täuschung<br />

über die eigene Identität und Verletzungen von Standards des sozialen Umgangs<br />

eröffnet. Jedoch „entstehen nicht nur dem Alltag analoge Formen sozialer Vergemeinschaftung<br />

(etwa: Kontinuität durch den gleichen Nick, … usw.), sondern die Chatter beginnen<br />

sich darüber hinaus auch als Gemeinschaft zu verstehen und aktiv eine soziale<br />

Verregelung zu betreiben“ (Schmidt, 2000: 18), etwa in Form der Netiquetten, deren<br />

Einhaltung durch die so genannte elektronische Gemeinschaft überwacht wird (Höflich,<br />

1995: 529). Auch umfassende Täuschungen zur eigenen Identität erfolgen nicht in dem<br />

Maße, wie es möglich wäre: Scherer und Wirth (2002) finden in einer Befragung von<br />

Chattern heraus, dass die Mehrheit sich im Chat eher authentisch präsentiert. Obwohl<br />

mehr als zwei Drittel der Befragten in einer anderen Frage zugeben, beim Aussehen, Alter,<br />

Geschlecht oder bei ihren Ansichten etwas zu schummeln, kommen die Autoren zu<br />

dem Schluss, dass diese „Schummeleien“ nie so weit gehen, dass sich die Chatter nicht<br />

mehr als eigene authentische Persönlichkeit erleben und vielmehr „beziehungs- und<br />

2 Manche Autoren sprechen von den Usern nicht mehr als Personen, sondern als <strong>Medien</strong>identitäten<br />

oder Chiffrenexistenzen, deren Gebrauch zu einem partiellen Realitäts- und Identitätsverlust<br />

führen kann (Klemm/Graner 2000: 156; Höflich, 1998: 149).<br />

536


Wolf / Bilandzic · Chatten als <strong>Kommunikations</strong>spiel<br />

kommunikationstaktische Gründe“ (Scherer/Wirth, 2002: 354) haben als die der Täuschung<br />

des anderen über die eigene Identität.<br />

Warum werden die potenziell möglichen Grenzen nicht ausgereizt? Neben der Tatsache,<br />

dass die dauerhafte Annahme einer anderen Identität z. B. schwierig und anstrengend<br />

ist, sind zwei weitere Erklärungen denkbar:<br />

1. Nach längerer Bekanntschaft werden die Regeln aus der Face-to-Face-Kommunikation<br />

eingeführt, weil der Wunsch nach festen Beziehungen auch außerhalb des virtuellen<br />

Raums entsteht. Die Angst vor Sanktionen bei einem möglichen Treffen würde<br />

also von vornherein eine Selbstkontrolle bewirken (Schmidt, 2000: 19). Tatsächlich<br />

haben in der Befragung von Scherer und Wirth die Personen, die nur wenig „schummeln“,<br />

auch mehr Real-Life-Freunde im Chat gefunden als Personen, die mehr<br />

schummeln (Scherer/Wirth, 2002: 352). Warum aber lohnt sich die Disziplin auch für<br />

Menschen, die keinen Real-Life-Kontakt suchen, wenn keine Notwendigkeit für die<br />

Selbstbeherrschung besteht?<br />

2. Die Sanktionen, die in eventuellen Real-Life-Kontakten zu befürchten sind, erscheinen<br />

abstrakt und von der aktuellen Kommunikation weit entfernt. Sanktionen von<br />

Identitätstäuschungen und Verletzung von <strong>Kommunikations</strong>regeln lassen sich aber<br />

auch viel unmittelbarer finden: Wir haben oben die Analogie des Chattens mit dem<br />

Alltagsgespräch ausgeführt, so dass man von einer ähnlichen Selbstzweckhaftigkeit<br />

des Chattens ausgehen darf. Ein mögliches Ziel ist also das Chatten selbst, das den<br />

Teilnehmenden Vergnügen bereitet. Beim Alltagsgespräch ist die eigene Person stets<br />

Ausgangs- und Referenzpunkt. Verstellt man sich, ist dies nicht nur anstrengend,<br />

sondern bringt auch keinen Nutzen, da die Teilnehmer ja de facto nicht mit einem<br />

selbst, sondern mit der fingierten Person reden (Scherer/Wirth, 2002: 341). Auf der<br />

anderen Seite, wenn man als Chatter nun die potenziellen Möglichkeiten hinsichtlich<br />

Anonymität und Unverbindlichkeit ausnützt und sich so verhält, wie es im Real Life<br />

negative Konsequenzen hätte (z. B. andere beleidigt), wird die Kommunikation von<br />

Seiten der anderen Teilnehmenden abgebrochen. Damit ist allerdings auch der Chat<br />

beendet. In beiden Fällen ist das Resultat ein Verlust des Chat-Vergnügens. Nur<br />

wenn sich Chatter an die Regeln der konventionellen interpersonalen Kommunikation<br />

halten, können sie an der Kommunikation teilhaben und am Vergnügen, beim<br />

Chat „mitzuspielen“. Auch Höflich und Gebhardt interpretieren das Ziel des Chattens<br />

weniger instrumentell: Es scheint beim Chatten eben nicht in erster Linie darum<br />

zu gehen, „auf stabile und über den Chat hinausgehende persönliche Beziehungen<br />

zurückgreifen zu können, sondern vielmehr darum, auf spielerische Art und Weise<br />

mit neuen <strong>Kommunikations</strong>möglichkeiten umzugehen“ (Höflich/Gebhardt, 2001:<br />

10).<br />

3. Das Spielmodell<br />

Den Chat als Spiel zu betrachten, kann nicht nur plausibel machen, warum sich die<br />

Chatter an grundlegende Umgangsformen auch in der anonymen Situation halten und<br />

in der Regel keine größeren Täuschungen über die eigene Person anstellen, sondern stellt<br />

auch eine Chance dar, unspezifische Motive der Chatnutzung wie Zeitvertreib und Unterhaltung<br />

zu konkretisieren.<br />

Diesen Gedanken wollen wir nun in einem Spielmodell des Chattens ausbauen, das<br />

die Grundelemente konventioneller Spiele auf den Chat anwendet. Rieber (1996: 44 f.)<br />

definiert das Spiel als üblicherweise freiwillige Tätigkeit, die intrinsisch motiviert ist,<br />

d. h. ohne äußere Anreize ausgeführt wird, die ein aktives (oft physisches) Engagement<br />

537


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

erfordert, und die sich von anderen Tätigkeiten durch ihre „make-believe-quality“ unterscheidet<br />

und eine Art Scheinwelt aufbaut (vgl. ähnliche Definitionen in Pellegrini,<br />

1995; Blanchard/Cheska 1985).<br />

Linder/Roos/Victor (2001: 5) gehen darüber hinaus und sehen Regeln als konstitutive<br />

Elemente des Spiels. Die Scheinwelt, die vom Spielkontext aufgebaut wird, muss dabei<br />

in der Fantasie rekonstruiert werden: „In play, the imaginary situation permits a shift<br />

from a real world dominated by things and actions, to a world dominated by meaning“<br />

(Linder/Roos/Victor, 2001: 8). Ähnlich argumentiert Stephenson: „Characteristic of a<br />

game is its rules, its repetitions, its demand for fair play (…) the player has to be transported<br />

into a special place psychologically, if not physically as well“ (Stephenson, 1964:<br />

369 f.).<br />

Wie sind diese Merkmale nun auf den Chat anzuwenden? Spielort ist ein virtueller<br />

Raum, in den die Spieler sich psychologisch hineinversetzen, was teilweise durch die Benennung<br />

der Chats als Cafés oder Bars unterstützt wird. Zum Ablauf des Spiels gibt es<br />

zwei Arten von Regeln: Erstens existieren Spielregeln („rules“, Stephenson; „constitutive<br />

rules“ Linder/Roos/Victor, 2001: 7), die die strukturellen Bedingungen und die formalen<br />

Abläufe des Spiels fixieren, wie sie etwa in der Spielanweisung bei konventionellen<br />

Spielen zu finden sind. Beim Chat sind solche Spielregeln in der grundlegenden<br />

<strong>Kommunikations</strong>struktur zu sehen (man meldet sich an, kann Beiträge liefern, kann sich<br />

in private Chats ausklinken), in den Netiquetten, der symbolischen Bedeutung von<br />

Emoticons, die das Fehlen von analogen Codes der Körpersprache und Intonation ausgleichen,<br />

und anderen standardisierten Gebräuchen (z. B. eine gerichtete Ansprache<br />

durch @Name). Zweitens gibt es „ungeschriebene Gesetze“, die individuelle und bewährte<br />

Spielstrategien umfassen, möglichst effizient zum Spielziel zu kommen, und die<br />

nicht festgeschrieben sind, sondern sich durch Erfahrung entwickeln („regulatory rules“<br />

Linder/Roos/Victor, 2001: 7). Als Beispiel dafür kann man etwa bei Monopoly die Strategie<br />

nennen, sich auf die teuren Straßen zu konzentrieren, weil diese ertragreicher sind.<br />

Wir unterscheiden zusätzlich zwei Arten von Zielen: Zum einen gibt es das Spielziel,<br />

das ausdrückt, wonach die Handlungen innerhalb des Spielsystems ausgerichtet sind<br />

und wann man gewonnen hat; bei Mensch-ärgere-dich-nicht bestünde das Spielziel darin,<br />

alle vier Figuren nach Hause zu bringen. Zum anderen gibt es das Metaziel, das die<br />

Ziele der Teilhabe am Spiel ausdrückt, wie etwa Unterhaltung, Ablenkung, Zeitvertreib<br />

(Weinreich, 1997: 117), und das selbstzweckhafte Moment jeden Spiels beinhaltet – das<br />

Vergnügen am Spielprozess.<br />

Spielhandlungen bestehen aus dem Lesen und Schreiben von Threads, die nach einer<br />

Rahmung der aktuellen Situation geplant und ausgeführt werden. In die Rahmung<br />

fließen der Chat-Rahmen, die Spielregeln, die Strategien sowie Spiel- und Metaziel<br />

ein. Mit der Darstellung des Modells (s. Abb. 1) werden die noch erklärungsbedürftigen<br />

Aspekte offenkundig: Während die Spielrollen (Spieler/Spielleiter), das Metaziel und die<br />

Spielregeln gut aus bisheriger Forschung abgeleitet werden können, bleiben Spielziel<br />

und Spielstrategien noch im Dunkeln und sollen daher Gegenstand unserer empirischen<br />

Untersuchung sein.<br />

4. Untersuchungsaufbau<br />

Spielziele und –strategien sind in den Prozess des Chattens eingebettet. Da nicht angenommen<br />

werden kann, dass diese Aspekte außerhalb der Chat-Situation von Chattern<br />

rekonstruiert werden können, erscheint die Beobachtung des Chat-Prozesses die geeignete<br />

Methode zu sein. Daher kam hier eine Kombination aus Beobachtung und Lautem<br />

538


Abbildung 1: Arbeitsmodell des Chattens als Spiel<br />

Vergnügen<br />

Wolf / Bilandzic · Chatten als <strong>Kommunikations</strong>spiel<br />

Denken zur Anwendung. Zwölf freiwillige Probanden 3 , regelmäßige Chatter, wurden<br />

bei einer ihrer Chatsitzungen für 45 Minuten beobachtet. 4 Dabei wurden sie aufgefordert,<br />

alles laut auszusprechen, was ihnen gerade durch den Kopf geht (Lautes Denken,<br />

Ericsson/Simon, 1993; Bilandzic/Trapp, 2000). Eine viertelstündige Aufwärmphase, deren<br />

Daten nicht zur Auswertung verwendet wurden, ging der eigentlichen Beobachtung<br />

voraus. Das Chatgespräch sowie die verbalisierten Gedanken der Probanden wurden auf<br />

Video aufgezeichnet und später transkribiert. Die Probanden wurden über Kontaktpersonen<br />

aus dem weiteren Bekanntenkreis der Erstautorin rekrutiert, die den Kontakt zu<br />

ihnen bekannten regelmäßigen Chattern herstellten. Die relativ aufwändige Beobachtung<br />

mit einer Dauer von insgesamt zwei Stunden legte eine solche Vorgehensweise<br />

nahe, nicht zuletzt, um überhaupt Teilnehmer zu gewinnen. Die Bereitschaft zur Teilnahme<br />

war über die Vermittlung durch bekannte Personen gesichert, war aber gleichzeitig<br />

nicht von einem engen sozialen Verhältnis belastet. Die Probanden wurden angewiesen,<br />

ihre angestammten und damit vertrauten Chats aufzusuchen, um eine möglichst<br />

natürliche Situation vorzufinden. Dies hatte auf der anderen Seite die Konsequenz, dass<br />

verschiedene Chats besucht wurden und bestimmte Aspekte der Situation, wie z. B. die<br />

Vertrautheit mit den anderen Chattern, nicht kontrolliert werden konnten. Dies wurde<br />

aber in Kauf genommen, um die Chatter in der Umgebung zu beobachten, die sie ge-<br />

3 Acht Männer und vier Frauen im Alter von 19 bis 34 Jahren, was dem ‚Mainstream‘ der Online-Nutzer<br />

entspricht.<br />

4 Die Daten wurden ursprünglich im Rahmen der Magisterarbeit der Erstautorin an der Universität<br />

München erhoben. Es wurde dafür auch ein Leitfadeninterview im Anschluss an das Laute<br />

Denken durchgeführt, in dem die Ansichten der Probanden zum Chat noch einmal vertieft<br />

wurden.<br />

539


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

wöhnt waren. Wollte man untersuchen, welchen Einfluss die Art des Chats oder der<br />

Bekanntheitsgrad der Chatter untereinander hat, müsste man gezielt diese Aspekte<br />

variieren, was aber hier nicht im Mittelpunkt stand und sicherlich eine größere Stichprobe<br />

erfordert hätte. Die Vorteile des Lauten Denkens liegen darin, dass die Prozesse,<br />

die beim User während der Nutzung ablaufen, nachgezeichnet werden können. Nach<br />

der Aufwärmphase haben sich die Probanden auch in der Regel an die Versuchssituation<br />

gewöhnt und sprechen ihre Gedanken automatisch aus ohne darüber nachzudenken,<br />

was sie sagen. Die Grenzen des Lauten Denkens liegen aber ganz klar darin, dass nur bewusste<br />

psychische Vorgänge überhaupt eine Chance haben, ausgesprochen zu werden;<br />

unbewusste Vorgänge, Gefühle, Wahrnehmungen bleiben außen vor. Die Gesamtheit<br />

aller psychischen Prozesse wird man daher nicht erfassen können. Für unsere Zwecke<br />

war die Methode jedoch ausreichend, da es um Strategien und Ziele ging, von denen<br />

angenommen werden kann, dass sie den Usern zumindest während des Chattens bewusst<br />

sind (wenn auch nicht in einem analytischen Sinne, dass sie als Spiel identifiziert<br />

werden).<br />

Die Auswertung wurde folgendermaßen durchgeführt: Die interessierenden Elemente<br />

unseres Spielmodells, Spielziele und -strategien, wurden als heuristische Kategorien<br />

an das Material herangetragen. Die heuristischen Kategorien stellen hier begrifflich definierte,<br />

aber empirisch noch nicht ausgebaute (d. h. in ihren genauen Ausprägungen<br />

noch unbekannte) Konzepte dar, die als Selektionskriterium dienen, um die interessierenden<br />

Stellen des Think-aloud-Transkripts für eine weitere Analyse auszuwählen. 5 Die<br />

heuristischen Kategorien wurden folgendermaßen definiert:<br />

• Spielziel: Thematisieren von Absichten, Wünschen und Gratifikationen, die sich auf<br />

den Chat selbst beziehen.<br />

• Ungeschriebene Gesetze: Thematisieren eigener und fremder Strategien des Chattens<br />

und Äußerung von Handlungsregeln.<br />

Stellen des Transkripts, die mit Hilfe dieser Definitionen identifiziert werden konnten,<br />

wurden einer Kategorienbildung unterzogen. Dazu wurde das Material zunächst mit<br />

Hilfe der theoretisch-heuristischen Segmentierung in einzelne gleichwertige Teile zerlegt,<br />

um eine Basis für die folgende systematische Inhaltsverdichtung zu erhalten (zum<br />

Verfahren siehe Bilandzic/Koschel/Scheufele, 2001). Dieses Verfahren ist geeignet, die<br />

sonst dominierende induktive Vorgehensweise bei der qualitativen Inhaltsanalyse intersubjektiv<br />

nachvollziehbarer zu machen, indem theoretisches Vorwissen explizit in die<br />

Kategorienbildung einfließt. Dieses theoretische Vorwissen ist durch die Rahmenanalyse<br />

und das Spielmodell abgesteckt: Im Zentrum des Spiels steht eine Interaktion zwischen<br />

Chattern über medial vermittelte Threads. Das heißt, dass jede Äußerung im Lauten<br />

Denken als Anlass oder Gegenstand einen Thread oder einen Chatter haben wird.<br />

Daher dienen Verweise auf eigene und fremde Threads sowie Verweise auf andere Chatter<br />

als Segmentierungskriterien. Wird ein neuer Verweis genannt, so beginnt auch ein<br />

neues Segment. Das weitere Vorgehen hat die Kategoriebildung zum Ziel (Bilandzic/Koschel/Scheufele,<br />

2001: 108 ff.; ähnlich Mayring, 1997): Zunächst werden die Segmente<br />

sprachlich und inhaltlich reduziert und die Kernaussagen einheitlich und allgemein<br />

reformuliert. Daraufhin werden über die Segmente hinweg Klassen ähnlicher<br />

Kernaussagen gebündelt. Schließlich werden die entstandenen Klassen mit dem theoretischen<br />

Vorwissen verknüpft und definiert. In der Ergebnisdarstellung werden die Er-<br />

5 Vgl. ähnliche Konzepte heuristischer Leitideen bei der Theoriekonstruktion: Blumer, 1954; zur<br />

Übersicht siehe Kelle, 1997: 225 ff.<br />

540


kenntnisse anhand von Beispielen interpretiert. Dieses Auswertungsverfahren ist gezielt<br />

so konstruiert, den Prozess des Spielens näher zu untersuchen; andere Aspekte müssen<br />

damit zugunsten dieser gezielten Analyse herausfallen (z. B. die Gewichtung des Spielrahmens<br />

im Vergleich zu anderen Rahmungen).<br />

5. Ergebnisse<br />

Wolf / Bilandzic · Chatten als <strong>Kommunikations</strong>spiel<br />

5.1 Spielziel I: Entlarvung der <strong>Kommunikations</strong>partner<br />

Als ein wesentliches Ziel des <strong>Kommunikations</strong>spiels Chat hat sich die Entlarvung der<br />

Schlüsselmerkmale der <strong>Kommunikations</strong>partner herauskristallisiert, die in drei Schritten<br />

abläuft. Wie bereits erwähnt, sind mit Schlüsselmerkmalen Grundinformationen<br />

über einen Menschen gemeint, also Merkmale wie Alter, Geschlecht, Aussehen etc., und<br />

nicht die Persönlichkeit oder eine „wahre“ Persönlichkeit.<br />

Schritt 1: Zunächst versuchen die Chatter, sich über den Nickname einen ersten Eindruck<br />

von den anderen <strong>Kommunikations</strong>teilnehmern zu verschaffen. Durch den Nickname<br />

wird eine Erwartung generiert, und oft beginnt die Kommunikation mit dem Ziel,<br />

diese Erwartung zu überprüfen. So spricht Sofa-Surfer1 DynamiteD an, weil: „DynamiteD,<br />

das klingt für mich ziemlich prollig und deshalb find ich’s interessant, was der<br />

so von sich gibt“ und Donk spricht Blödel an: „Blödel ist doch ein super Name…das ist<br />

immer sehr aussagekräftig, wenn sich die Leute solche Namen geben.“ Nicknames können<br />

darüber hinaus auch den ersten Gesprächsstoff einer Kommunikation liefern. So<br />

entspinnt sich um den Namen Sofa-Surfer ein ganzes Gespräch; der Nickname wird zum<br />

Selbstläufer (Klemm/Graner, 2000: 163).<br />

Schritt 2: Anschließend geht es darum, die Schlüsselmerkmale der Gesprächspartner<br />

schrittweise zu enttarnen und etwa Geschlecht, Alter, Wohnort und Beruf in Erfahrung<br />

zu bringen. Werden die Vorteile der computervermittelten Kommunikation oft darin<br />

gesehen, dass herkömmliche Identitätskategorien und Statusmerkmale in den Hintergrund<br />

treten, stellte sich bei unseren Probanden heraus, dass gerade nach diesen im Verlauf<br />

des Chats geforscht wird, um das Bild der Gesprächspartner zu vervollständigen.<br />

Für Alasta900 ist z. B. das Alter so wichtig, dass er danach entscheidet, ob das Gespräch<br />

überhaupt fortgesetzt werden kann: „Ich frag immer, wie alt ist er oder sie. Weil,<br />

wenn sie so jung sind, ich mach‘ nicht weiter.“ Regenfrau ist insgesamt durch die Enttarnungsversuche<br />

ziemlich ungehalten: „Also, eigentlich wäre der jetzt normalerweise<br />

schon wieder voll abgeschossen, erste Frage: männlich oder weiblich, zweite Frage: Alter…pf…wahrscheinlich<br />

kommt dann noch Größe: Hurra!!“ Regenfrau weist damit<br />

nicht nur auf die mangelnde Originalität ihres Gegenübers hin, sondern kritisiert vor allem<br />

die Plumpheit seiner Spielpraxis – wer den Prozess der Entlarvung nicht geistreich<br />

ausgestaltet, ist ein Spielverderber.<br />

Nicht nur die direkte Frage an die Mitchatter kann Aufschluss geben über ihre Person;<br />

es werden auch fleißig Indizien gesammelt und Schlussfolgerungen gezogen. Sofa-<br />

Surfer2 überlegt bezüglich des Wohnortes von Virus: „…wenn er zum Union-Move<br />

will, dann kann er nicht so weit weg wohnen!“ Sofa-Surfer1 stellt fest: „… sind sowieso<br />

viel mehr Männer unterwegs als Frauen … Was sie schreiben, bzw. von der Art und<br />

Weise her, wie sie es schreiben“ und zieht damit aus den Textbeiträgen selbst Rückschlüsse<br />

auf das Geschlecht (vgl. auch die Ergebnisse von Bahl, 1997). Alice fragt: „What<br />

time is it over there?“, denn es „ist immer interessant, wenn man sich überlegt, wie viel<br />

Uhr es bei denen ist, es ist jetzt irgendwie neun in der Früh, davon kann man immer<br />

schließen, was des für Leute sind …“.<br />

541


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

Auch die Visitenkarten, jederzeit abrufbare Selbstbeschreibungen, können als Hinweise<br />

dienen. MartinK, Donk, Sofa-Surfer2 und Airnesto nutzen diese Möglichkeit. „Ich<br />

schau mir die Leute immer vorher an“, äußert MartinK und findet es „echt gemein“, dass<br />

die meisten nichts in ihre Karte eingetragen haben. 6<br />

Schritt 3: Neben der Enttarnung der Schlüsselmerkmale ihrer <strong>Kommunikations</strong>partner<br />

sind die Chatter außerdem damit beschäftigt, die Glaubwürdigkeit der Threads zu<br />

prüfen, um dadurch mögliche Täuschungen zu entlarven. Zwar haben nur vier Probanden<br />

während der Beobachtung über sich selbst Unwahrheiten erzählt; es waren sich allerdings<br />

alle der Tatsache bewusst, dass sie selbst jederzeit ‚angeschwindelt‘ werden können.<br />

Groemucs Chat-Partnerin AnnaS hat sich zwar als 15-jähriges Mädchen geoutet, aber:<br />

„Ja, wer weiß, vielleicht ist des irgendwie ein 30-Jähriger!“ Und bei JerryLee meint er:<br />

„Ich schätze sie mal als Studentin ein … oder als 80-jährigen fetten Opa, hahaha!“. Auf<br />

die Beschreibung von Manuel, dass er 24 Jahre, jung und sportlich sei, meint Idefix nur:<br />

„Ja, wer hätte das nicht gern?“<br />

Zur Prüfung der Glaubwürdigkeit werden Kontrollfragen gestellt. Adonis hat Dia bereits<br />

gesagt, dass er 25 sei, aber sie stellt noch mal die Frage nach seinem Alter. Auch Regenfrau<br />

nutzt die Möglichkeit, noch mal nachzufragen: „… in Regensburg war er an den<br />

Wochenenden … mal schauen, ob das so stimmt …“. Groemuc ist selbst Subjekt von<br />

Kontrollfragen von AnnaS: „… es kann sein, dass sie mich jetzt testen will, wer ich bin“.<br />

Das ständige Hinterfragen der Glaubwürdigkeit und das Stellen von Kontrollfragen<br />

sind also die Strategien, wie sich Chatter mit der Möglichkeit arrangieren, jederzeit einer<br />

Täuschung ausgeliefert zu sein (Höflich, 1999).<br />

5.2 Spielziel II: Steuerung der Selbstdarstellung<br />

Die unweigerliche andere Seite der Entlarvung ist es, die Gesprächspartner mit Hinweisen<br />

zur eigenen Person zu beliefern und damit die Selbstdarstellung zu steuern. Sutton-<br />

Smith (1997) beschreibt das „play as self“ als eine Variante konventioneller Spiele, die<br />

das Sammeln von Lebenserfahrungen über das Ich in den Vordergrund stellt.<br />

Eine Täuschung über die eigene Person kann im Chat dazu dienen, die <strong>Kommunikations</strong>chancen<br />

zu verbessern. Alasta900 nutzt die Möglichkeit, sich bei Serbiangirl-yu<br />

ein paar Jahre jünger zu machen. Er musste nämlich bei der 18-jährigen Pretty-Orange-Katt<br />

feststellen, nachdem er sein Alter (29 Jahre) verraten hatte: „Hm, sie antwortet<br />

nicht, wahrscheinlich ist sie enttäuscht, weil ich elf Jahre älter bin!“ Als er von Serbiangirl-yu<br />

schließlich nach seinem Alter gefragt wird, meint er: „Also, sag ich ein bisschen<br />

jünger.“ Und so werden aus 29 ganz einfach 25 Jahre. Sofa-Surfer1 sagt: „Mal ein bisschen<br />

provozieren, mal schauen, vielleicht steigt er drauf ein!“ als er auf die Frage von<br />

Visitor4219: „bin aus Augsburg und suche wwwwww!“ antwortet:„allo Schwabe, hier<br />

ist w“. Allerdings kommt Sofa-Surfer1 nicht dazu, seinen Geschlechtswechsel weiter-<br />

6 Man kann nur spekulieren, warum diese Möglichkeit eher selten genutzt wird. Mit dem Spielmodell<br />

könnte man gut erklären, warum Visitenkarten unattraktiv sind: Das Entlarvungsspiel<br />

und das Spiel um die eigene Identität wären jäh beendet, könnte man gleich nachlesen, wer sich<br />

hinter welchem Nick verbirgt. Somit wäre die Visitenkarte kontraproduktiv zum Spielziel. Freilich<br />

sind auch andere Gründe denkbar, etwa die grundsätzliche Abneigung der User, persönliche<br />

Informationen irgendwo im Netz zu fixieren.<br />

542


Wolf / Bilandzic · Chatten als <strong>Kommunikations</strong>spiel<br />

zuspinnen, da das Gespräch nicht weitergeführt wird. In beiden Beispielen wird explizit<br />

die Absicht geäußert, mit der Selbstmodifikation die eigenen Kontaktmöglichkeiten<br />

zu verbessern.<br />

Eine weitere Absicht, die hinter der Modifikation der Schlüsselmerkmale steckt, ist<br />

die, das Spiel um die Identität spannender und interessanter zu machen. Die unverhohlene<br />

Suche anderer Chatteilnehmer nach weiblichen Chatterinnen treibt Donk dazu,<br />

sich zu verstellen und einen eifrigen Sucher mit ambivalenten Hinweisen zu foppen:<br />

Auf die Frage von Spookey, ob er männlich oder weiblich sei und wo er herkomme,<br />

meint Donk: „Jaaa, das würdest jetzt gerne wissen, Spookey, ha, lassen wir ihn mal im<br />

Zweifel … ‚ich komme aus Bayern‘… jetzt denkt er sicherlich, er hat es mit einer netten<br />

Münchnerin zu tun.“ Abermals fragt Spookey: „m o w? donk?“ „Schauen wir mal …<br />

haha, spielen wir mal die doofe Frau … ja, jetzt geben wir ihm einfach mal ein bisschen<br />

die Blondine … Jetzt frag ich ihn doch mal, ob er solo ist … der arme Kerl wird immer<br />

mehr denken, er hat’s mit einer Frau zu tun!“ Schließlich macht Donk jedoch einen<br />

Fehler, der zu seiner Entlarvung führt: Er spricht Lolita an, woraus Spookey schließt:<br />

„Donk ist also m!“ Daraufhin verschwindet Spookey aus der Unterhaltung. Donks<br />

Kommentar: „Ich glaub, Spookey ist jetzt beleidigt … weil er gemerkt hat, dass ich gar<br />

keine Frau bin.“ Eine einfache Antwort auf Spookeys Frage hätte die Konversation vermutlich<br />

sofort im Keim erstickt. Auf diese Weise hat Donk ein Rätselspiel entsponnen,<br />

das seinen Reiz durch die verwirrten Reaktionen Spookeys auf die ambivalenten Hinweise<br />

erhält.<br />

Groemuc tritt als Einziger längere Zeit als eine andere Person auf. Er verändert Alter,<br />

Wohnort und Lebenssituation. An der Kommunikation mit AnnaS zeigt sich deutlich,<br />

welche Schwierigkeiten dabei auftauchen können. „Schauen wir mal, was das wird, jetzt<br />

bin ich 17!“ Die Frage nach seinem Wohnort nimmt Groemuc noch ganz gelassen: „Hm,<br />

ja wo komm ich denn her?“ und entscheidet sich für Neuhausen. Als AnnaS aber wissen<br />

will, auf welcher Schule er sei, wird es schwieriger: „Was für eine Schule? Scheiße,<br />

was für eine Schule????“ Da die Schulzeit doch schon zu lange her ist, gibt er schließlich<br />

an, eine Lehre zu machen. Doch plötzlich weiß er nicht mehr, welches Alter er angegeben<br />

hatte: „ … sag mal, wie alt bin ich denn eigentlich – 17, oder?“ Als Kucki auftaucht<br />

und fragt: „Suche netten ihn so um die 30“ freut sich Groemuc und will sich bemerkbar<br />

machen, muss aber dann feststellen: „Ah, ne, jetzt kann ich ja nicht reingehen … ich würde<br />

mich ja voll outen, haha!“ Schließlich wird die Rolle des 17-jährigen Azubis doch etwas<br />

anstrengend. „… ich muss mich jetzt da irgendwie entlang hangeln und ‘ne längere<br />

Konversation führen, ohne dass, äh, ohne meine Identität preiszugeben, und sie dann irgendwie<br />

zu verärgern.“ Dem lockeren und entspannten Chatten bereitet eine frei erfundene<br />

Identität ein jähes Ende: Es ist anstrengend, die neue Person konsistent und<br />

dauerhaft zu spielen. Grenzen werden auch durch das Verantwortungsgefühl gesetzt;<br />

der Gesprächspartner soll nicht verletzt werden, der Chatter will selbst aber auch weiterhin<br />

im Gespräch integriert bleiben. Er hat sich durch das Darstellen einer anderen<br />

Person aber <strong>Kommunikations</strong>chancen verbaut, die seine eigene Person mehr interessiert<br />

hätten.<br />

Weder bei anderen noch bei sich selbst wird die Variation des Selbst als negativ angesehen:<br />

Die Verstellung der anderen Chatter wird ständig mitgedacht und bringt im Sinne<br />

von Rätselraten auch Spielvergnügen. Mit der eigenen Verstellung kann man auf der<br />

anderen Seite den Verlauf des Spiels steuern. Sofa-Surfer2 bringt dies auf den Punkt:<br />

„Das ist Chatten. Das ist beim Chatten das A und O. Es ist ja klar, dass jeder sich falsch<br />

gibt. Das darf man nicht negativ sehen. Aber Chatten ist, sich in einer anderen Rolle ausgeben.“<br />

543


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

5.3 Spielstrategie: <strong>Kommunikations</strong>geschicklichkeit<br />

Das Beherrschen der Kommunikation in inhaltlicher und technischer Hinsicht trennt<br />

Könner von Nicht-Könnern im Chat-Spiel. Schnelligkeit und ständige Aktivität sowie<br />

Schlagfertigkeit sind unabdingbar, um <strong>Kommunikations</strong>partner zu finden und zu halten.<br />

Die taktische Planung von Kontaktaufnahme und Gespräch dient ebenfalls diesem<br />

Zweck. Schließlich müssen Chatter auch mit der Unübersichtlichkeit und Komplexität<br />

der Chatkommunikation fertig werden.<br />

Schnelligkeit und ständige Aktivität. Während man sich in direkten Gesprächen mit<br />

einem freundlichen Nicken aus der Affäre ziehen kann, oder auch einfach mal schweigt,<br />

gelten im Netz andere Maßstäbe: „Du darfst hier nicht inaktiv bleiben. Des geht total<br />

schnell vorbei an dir, der ganze Spaß …“ (Groemuc). Was droht, ist eine der härtesten<br />

Sanktionen im Chat, nämlich ignoriert zu werden („Höchststrafe“, Klemm/Graner,<br />

2000: 164). „Also, im Prinzip bin ich jetzt offline“, bemerkt Groemuc schließlich, als sich<br />

seine Gesprächspartnerin nicht mehr meldet und er auch keine anderen Kontakte knüpfen<br />

kann. Nicht nur eine ständige Aktivität ist wichtig, auch die Schnelligkeit einer Reaktion<br />

auf andere Ansprachen ist notwendig, weil sich sonst der Gesprächspartner abwendet<br />

oder jemand anders den Thread aufgreift. Sofa-Surfer2 äußert etwas resigniert:<br />

„… ach, der Angel hat da schon geantwortet, der war schneller!“ Auch MartinK verpasst<br />

seine Chance: „Uha, schon vorbei … da muss man viel zu schnell sein, sonst ist es langweilig!“.<br />

Schlagfertigkeit und Originalität. Nicht nur zahlreich und prompt sollen die Äußerungen<br />

sein, sondern auch noch schlagfertig und originell, um im Gewirr der Threads<br />

Aufmerksamkeit zu erregen und Gesprächspartner zu gewinnen. Zwar sind herkömmliche<br />

Statusmerkmale ausgeblendet, wodurch alle Teilnehmer zunächst einmal die gleichen<br />

<strong>Kommunikations</strong>chancen haben, jedoch werden nun Schlagfertigkeit und Originalität<br />

ausschlaggebend für eine Aufnahme ins Gespräch. So werden eigene Bemerkungen<br />

mit diesem Zwang zur Originalität begründet. Auf die Frage, auf welchem Sofa<br />

Sofa-Surfer1 surft, entgegnet er: ‚Irisches Schafswollsofa auf Gummistelzen’ – „um aufzufallen<br />

und einfach ‘ne interessante Antwort zu geben, die ein bisschen abgefahren<br />

klingt“. Den Abbruch eines Gesprächs erklärt Regenfrau mit der mangelnden Originalität<br />

ihres virtuellen Gegenübers Puffy: „Na, ja, Puffy ist nicht so der Brüller…“ und ignoriert<br />

seine wiederholten Kontaktversuche. Sofa-Surfer2 freut sich, als er herausfindet,<br />

dass sich hinter dem Pseudonym Roudgirl zwei Personen verstecken: „Super, zwei sind<br />

noch besser. Doppelt so viele Ideen!“ Nicht nur die Kommunikate selbst transportieren<br />

Originalität; bereits der Nickname verschafft einen ersten Eindruck vom „Originalitäts-<br />

Potenzial“ des Chatters und kann auch Anlass für eine Kontaktaufnahme sein: „‚Webgoofy‘<br />

– das ist ja geil… ‚Hi Webgoofy‘…das muss man ja belohnen!“, meint Donk und<br />

belohnt ihn mit der Währung des Chat: mit Aufmerksamkeit.<br />

Strategien der Kontaktaufnahme und <strong>Kommunikations</strong>taktiken. Das Problem<br />

der Kontaktaufnahme wird von den Chattern ständig reflektiert: „Bis man da direkt einen<br />

richtig drankriegt, das ist schwierig… na super, hey, was mach ich heute falsch?<br />

Warum will keiner mit mir schreiben, verdammt noch mal?“ oder „Keiner antwortet<br />

mir, das ist ja gemein!“. Sofa-Surfer2 bemerkt schließlich: „Ich glaub, es ist komplizierter,<br />

ein Gespräch im Chat anzufangen als im wirklichen Leben, haha!“.<br />

Aus dem Zwang nach Schlagfertigkeit, Originalität und Auffälligkeit entwickeln sie<br />

individuelle <strong>Kommunikations</strong>taktiken, die von direkten Fragen an einzelne Chatter<br />

über gehäufte und schnelle Antworten, Provokationen bis hin zu Flüstermails reichen<br />

(Sofa-Surfer1 flüstert ein paar Chattern einfach „Alles Gute zum Geburtstag!“zu). Dia,<br />

544


Wolf / Bilandzic · Chatten als <strong>Kommunikations</strong>spiel<br />

Airnesto und Regenfrau gehen nach einem Ausschlussprinzip vor: Viele ansprechen, damit<br />

vielleicht ein paar übrig bleiben und loggen sich dafür gleichzeitig in mehreren Foren<br />

ein. Auch der Nickname kann über eine Kontaktaufnahme entscheiden: Regenfrau<br />

wird erst angesprochen, nachdem sie ihren ursprünglichen Nick Loopa ändert und kommentiert<br />

dies: „… irgendwas mit ‚Frau‘ hintendran… ich denke, dann wird man eher angelabert.“<br />

Was im echten Leben die Kleidung und die Frisur ist, ist im Chat die Schrift:<br />

Will man auffallen, so legt man sich eine auffällige Schrift in einer auffälligen Farbe zu.<br />

Textuelle Komplexität. Neben der inhaltlichen Gewandtheit ist auch Konzentrationsfähigkeit<br />

gefordert, um die verschiedenen parallelen „kommunikativen Baustellen“<br />

im Auge zu behalten und den Faden in der jeweiligen Unterhaltung nicht zu verlieren.<br />

Sofa-Surfer2 formuliert dies folgendermaßen: „Also, das ist irgendwie doof, wenn man<br />

mehrere Leute gleichzeitig am Start hat … dann kennt man sich überhaupt nicht mehr<br />

aus.“ Auch Regenfrau kämpft mit diesem Problem und gibt irgendwann zu: „Was? Also<br />

irgendwie habe ich jetzt langsam den Überblick verloren … Jetzt wird es echt stressig!<br />

… Äh, was war??“ Das Wirr-Warr an Kommunikaten, die technisch bedingt in einer beliebigen<br />

Reihenfolge auf dem Bildschirm erscheinen, erschwert die Orientierung gerade<br />

bei mehreren parallelen Gesprächen. Das Beherrschen dieser textuellen Komplexität<br />

(z. B. Jakobs, 1998: 196) ist aber unabdingbare Voraussetzung für das Spiel. So müssen<br />

Chatter darauf achten, keine Antworten zu verpassen, während sie ihre Repliken tippen.<br />

Donk ist z. B. noch so mit Spookey beschäftigt, dass ihm schließlich einfällt: „… jetzt<br />

hab ich nicht mal gesehen, ob mir die Lolita vorher geantwortet hat.“ Dia fragt Loverman,<br />

ob es ihm jetzt die Sprache verschlagen hätte, weil er nicht mehr antworten würde.<br />

Doch dann stellt sie fest: „Ah, da hat er doch schon geschrieben, peinlich, haha.“<br />

Die Aufgabe, mehrere Gesprächspartner gleichzeitig zu bedienen, führt regelmäßig zu<br />

solchen Pannen, weshalb sich Chatter damit abgefunden und ihre <strong>Kommunikations</strong>erwartungen<br />

dementsprechend angepasst haben: „Hm, man überliest immer irgendwas<br />

…“, bemerkt Dia; als Idefix keine Antwort auf seine Frage bekommt und feststellt,<br />

dass BlueScreen die Frage überhaupt nicht bemerkt hat, meint auch er ganz gelassen:<br />

„Na gut, dann muss man halt noch mal fragen.“<br />

Da eine erfolgreiche Kommunikation Voraussetzung ist, um überhaupt am Spiel teilzunehmen,<br />

bestimmen diese Geschicklichkeiten über Erfolg und Misserfolg einer Kommunikation<br />

und damit über das Erreichen von Spiel- und Metaziel. Mehr noch, nur<br />

Kenntnis über die Identität des anderen zu erlangen, heißt nicht ohne weiteres, auch das<br />

Metaziel „Vergnügen“ zu erreichen: Der Weg dorthin ist entscheidend, die Freude an<br />

der eigenen Geschicklichkeit und der der anderen Chatter. Nicht umsonst hatte Regenfrau<br />

ärgerlich reagiert, als jemand versucht hat, diesen Weg plump abzukürzen. Wir können<br />

damit die vorher formulierten Spielziele präzisieren: Entlarvung und Selbstdarstellung<br />

sind die konsensuellen Leitmotive des Spielrahmens 7 (Abb. 2). Es geht jedoch nicht<br />

einfach nur darum, möglichst schnell Namen und Basisinformationen über den Partner<br />

herauszufinden; sonst würden ja die Visitenkarte oder die direkte Frage nach soziodemografischen<br />

Merkmalen die rationellsten Wege zur Erreichung des Spielziels darstellen.<br />

Doch das eine wird kaum genutzt, das andere entlarvt den bemühten Chatter als Di-<br />

7 Goffman beschreibt den Prozess der Situationsdefinition als Bühne für ein »Informationsspiel«<br />

bzw. als endlosen »Kreislauf von Verheimlichungen, Entdeckungen, falscher Enthüllungen und<br />

Wiederentdeckung« (Goffman 1969: 12) - und fasst gleichzeitig genau die Prozesse zusammen,<br />

die auch beim Chat-Spiel beobachtet werden können.<br />

545


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

lettanten. Die unterhaltsame und originelle Ausgestaltung des Wegs dorthin macht das<br />

Spiel aus.<br />

Abbildung 2: Spielmodell des Chattens<br />

6. Fazit<br />

Betrachtet man den Chat als <strong>Kommunikations</strong>spiel, wird klar, warum sich die Mehrheit<br />

der Teilnehmer an die Regeln konventioneller Kommunikation hält und die Möglichkeiten<br />

der Anonymität und Unverbindlichkeit nur selten zu langfristigen und schwer<br />

wiegenden Täuschungen missbraucht: Wer sich nicht an die Spielregeln hält, wird ignoriert<br />

und muss auf das Spielvergnügen verzichten. Hingegen gehören kleinere und kurzfristige<br />

Täuschungen fast schon zum Spiel dazu, jeder rechnet bei anderen damit und<br />

macht es selbst, um das Spiel voranzubringen. In den Gedankenprotokollen der Chatter<br />

haben wir die Entlarvung des Gegenübers und die Steuerung der Selbstdarstellung<br />

als Spielziele identifizieren können. Nicht aber die bloße Kenntnis der fremden Identität<br />

oder eine möglichst positive Selbstdarstellung ist wichtig, sondern die kreative Ausgestaltung<br />

des Prozesses, die mit der <strong>Kommunikations</strong>geschicklichkeit als Spielstrategie<br />

steht und fällt. Ein plumpes Nachfragen „m o w?“ verärgert und verprellt die Gesprächspartner.<br />

Was das Spielvergnügen ausmacht, ist ein geschicktes Anpirschen an den<br />

Anderen, das Sammeln von Indizien und ein scharfsinniges Schlussfolgern. Man kann<br />

also sagen: Der Weg ist das Spielziel.<br />

Nur wer diese <strong>Kommunikations</strong>geschicklichkeit – ständige Aktivität, Originalität,<br />

taktisches Vorgehen und Meistern der textuellen Komplexität – beherrscht, wird von anderen<br />

Chattern mit Aufmerksamkeit belohnt und „darf mitspielen“. Dieses Vergnügen<br />

am eigenen Witz und Scharfsinn findet man natürlich in vielen Spielen wieder; wo es<br />

aber besonders prominent ist und wo sich eine Parallele zum Chat geradezu aufdrängt,<br />

ist die Scherzkommunikation im privaten Kontext: Treffen sich Freunde oder Bekann-<br />

546<br />

Vergnügen<br />

Spielregeln<br />

(Netetiquette,<br />

grundsätzlicher<br />

Ablauf etc.)<br />

Spielzeit<br />

Entlarvung der<br />

<strong>Kommunikations</strong>partner<br />

Steuerung der<br />

Selbstdarstellung


Wolf / Bilandzic · Chatten als <strong>Kommunikations</strong>spiel<br />

te, um zusammen zu plaudern, ist zu beobachten, dass die Ernsthaftigkeit gelockert<br />

wird, kreativ mit der Sprache umgegangen wird, schließlich auch gefrotzelt, gewitzelt<br />

und fantasiert wird (Hartung, 1996: 109). Diese Art der Kommunikation ist nicht nur<br />

als Hilfe in der Konfliktbearbeitung und Lebensbewältigung zu sehen, „diese Funktionen<br />

… [können] zurücktreten …, um der puren Lust an Sprache, Phantasie und Kreativität<br />

Platz zu machen“ und „oft wird nicht die scherzhafte Modalität instrumentalisiert,<br />

um soziale Probleme zu lösen, sondern soziale Probleme werden instrumentalisiert, um<br />

Scherzkommunikation so unterhaltsam wie möglich zu machen“ (Hartung, 1996: 109).<br />

Vor allem die spielerische Provokation (teasing; Günther, 1996) hat den Sprung in die<br />

virtuelle Welt geschafft. Der Unterschied zur Real-Life-Scherzkommunikation liegt<br />

darin, dass die Gesprächspartner sich nicht unbedingt kennen. Sie verfügen insofern<br />

auch nicht ohne weiteres über einen gemeinsamen Erfahrungsschatz, aus dem sie für ihre<br />

Kommunikation schöpfen können. Das wiederum bedeutet, dass passende Partner erst<br />

ausgelotet werden müssen und es manchmal zwangsläufig zu Startschwierigkeiten<br />

kommt. Gleichzeitig ist der geringe Bekanntheitsgrad auch der Grund, warum sich die<br />

Chatter in der Regel an Gebote der Höflichkeit halten und warum sie auch ständig reflektieren,<br />

welche Handlungen welche Chatter beleidigen könnten: Ist eine „grundsätzliche<br />

Gutwilligkeit des Verhältnisses“ (Hartung, 1996: 112) nicht sicher, und das ist bei<br />

jungen Bekanntschaften nie der Fall, müssen die Spieler umso sensibler darauf achten,<br />

dass ihre Äußerungen nicht als böswillig missverstanden werden. Wenn nämlich diese<br />

Vertrauensgrundlage nicht vorhanden ist, ist auch eine spielerische Konversation nicht<br />

mehr möglich, weil dann scherzhafte Äußerungen als ernst gemeinte Angriffe gedeutet<br />

werden können (Hartung, 1996: 112) – diese Erkenntnis zur Scherzkommunikation als<br />

einer Form der Alltagskommunikation kann leicht auf den Chat übertragen werden.<br />

Im Chat findet spielerische Alltagskommunikation zwar statt. Chatkommunikation<br />

ist aber mehr als nur computervermittelte Alltagskommunikation, und zwar durch zwei<br />

Aspekte: Erstens ist der Chat ein institutionalisiertes Forum für Spiel; d. h. es ist jederzeit<br />

für jeden verfügbar. Das hat unmittelbare Konsequenzen auf seinen Gebrauch: Man<br />

muss sich nicht verabreden, man hat gewisse Sicherheit, dass immer jemand da ist, und<br />

es ist normal und erwünscht, mit Menschen in Kontakt zu treten und auch Fremde anzusprechen<br />

(im Gegensatz zum Marktplatz).<br />

Zweitens kann der Chat als „social laboratory“ betrachtet werden, in dem Handlungsweisen,<br />

Rollenkonzepte und die Reaktionen darauf gewissermaßen getestet werden<br />

können, wobei als Grenzen dieses »play as self« die allgemeinen Umgangsformen<br />

fungieren. Dieses Ausprobieren von Möglichkeiten ohne reale Sanktionen ist ein Charakteristikum<br />

von Spielen allgemein: „in play we are able to control the content, the roles<br />

and the outcomes while experiencing attached emotional experiences. We explore and<br />

discover, trying out a variety of different styles of communication, enacting different roles,<br />

breaking out of the constraining confinements and limitations of everyday real life,<br />

testing the potential of diverse dramatic approaches, the free expression of feelings, or<br />

experimenting the desirability and the acceptability of social behaviors.“ (Linder/<br />

Roos/Victor 2001: 13) Die Institutionalisierung und die Social-Laboratory-Eigenschaft<br />

unterscheiden den Chat von gewöhnlicher Alltagskommunikation und unterstreichen<br />

seinen Spielcharakter.<br />

Der Spielrahmen steht natürlich nur für diejenigen Chatter im Vordergrund, die den<br />

Chat aus den von uns eingangs „unspezifisch“ genannten Motiven heraus nutzen. Wird<br />

der Chat aus Kontaktmotiven heraus genutzt und dementsprechend als Kontaktrahmen<br />

betrachtet, dürften andere Handlungsziele im Vordergrund stehen, z. B. das Herausfinden<br />

von E-Mail-Adresse und Telefonnummer oder die Vereinbarung eines Real-Life-<br />

547


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

Treffens. In einem Informationsrahmen hingegen könnte die beste Kneipe der Stadt<br />

oder der Termin der nächsten Love-Parade erfragt werden. In einem Therapierahmen<br />

würde man ernsthafte Probleme und Ratsuche erwarten. Bei diesen drei Rahmen wäre<br />

es kontraproduktiv, jemand in ein Rätselspiel zu verwickeln, sinnlos, die Selbstdarstellung<br />

zu verzögern und von untergeordneter Bedeutung, sich um Originalität zu<br />

bemühen.<br />

Diese Phänomene können hingegen mit dem Spielrahmen plausibel erklärt werden –<br />

hier ist der Erkenntnisgewinn unserer Studie zu verorten. Das Spielmodell kann erklären,<br />

warum Chatkommunikation manchmal belanglos erscheint, warum ernsthafte<br />

Probleme nur selten besprochen werden und warum sich an harmlosen Täuschungen<br />

kaum jemand stört – das Spiel funktioniert auf diese Weise und verhilft den Spielern zu<br />

einem wichtigen Metaziel: dem Spielvergnügen.<br />

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549


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

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Goffmans: Vergleiche, Anschlüsse und Anwendungen. Frankfurt am Main.<br />

550


„the next best thing to being there“ – ein Überblick<br />

zu 25 Jahren Videokonferenzforschung<br />

Olaf A. Schulte<br />

Die Videokonferenz ist seit mehr als 30 Jahren Gegenstand (nicht nur) kommunikations<strong>wissenschaft</strong>licher<br />

Betrachtungen. Bis heute jedoch fehlt eine Theorie der audiovisuellen<br />

Telekommunikation, die den Charakteristika dieser eigenständigen <strong>Kommunikations</strong>form<br />

gerecht würde. Der vorliegende Artikel zeichnet die technische Entwicklung<br />

sowie die <strong>wissenschaft</strong>liche und theoretische Beschäftigung mit der Videokonferenz in<br />

den letzten Jahrzehnten nach.<br />

Keywords: Videokonferenz, Forschungsstand, soziale Präsenz, Telepräsenz<br />

1. Einleitung1 Als der amerikanische Regisseur Stanley Kubrick 1968 mit „2001: A Space Odyssey“ die<br />

Geschichte des Computers HAL 9000 erzählte, war dies zugleich ein Blick auf die Zukunftsvisionen<br />

der späten sechziger Jahre: Zu Johann Strauß’ Donauwalzer werden interplanetare<br />

Raumflüge, bewohnte Orbitalstationen und moderne Telekommunikationseinrichtungen<br />

präsentiert. So beobachten wir Dr. Heywood R. Floyd, der ein<br />

öffentliches Bildtelefon benutzt, um seiner Tochter zum Geburtstag zu gratulieren<br />

(s. Abb. 1).<br />

Abbildung 1: Bildtelefon in Stanley Kubricks „2001: A Space Odyssey“ 2<br />

1 Der vorliegende Artikel ist Teil der Arbeiten des DFG-Projektes „Audiovisuelle Fernkommunikation“<br />

an der Universität Essen, das die Nutzung von Videokonferenzen erforscht<br />

(www.uni-essen.de/videokonferenz).<br />

2 Copyright by Metro-Goldwyn-Mayer Studios, Inc.<br />

551


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

Kubricks Vision eines Bildtelefons ist eine der wenigen Technologien, die noch vor<br />

dem Jahr 2001 Realität wurden: Videokonferenzen gehören heute zum Repertoire geschäftlicher<br />

Kommunikation und werden ansatzweise auch privat genutzt. Ihre <strong>wissenschaft</strong>liche<br />

Erforschung begann vor einem Vierteljahrhundert: 1976 veröffentlichten<br />

John Short, Ederyn Williams und Bruce Christie mit „The Social Psychology of Telecommunications“<br />

einen Überblick zu den Arbeiten der Communications Studies Group<br />

(CSG), die an der Universität von London die Nutzung der „person-to-person telecommunication“<br />

(1976: 1) untersuchte. Mit dem Konzept der sozialen Präsenz legten sie<br />

darin einen theoretischen Ansatz vor, der einen ersten Versuch darstellte, die verschiedenen<br />

Varianten technisch vermittelter Kommunikation zu analysieren. Die soziale Präsenz<br />

bestimmt sich einerseits über die an den technischen Bedingungen festzumachenden<br />

objektiven Eigenschaften eines Mediums, wird aber andererseits präzisiert als eine<br />

aus Wahrnehmung und Einstellungen der Nutzenden resultierende subjektive Eigenschaft.<br />

2. Start – Stop – Start: Von den dreißiger zu den sechziger Jahren<br />

Erste Ansätze einer audiovisuellen interpersonellen Telekommunikation kamen zeitgleich<br />

mit der Entwicklung des Fernsehens in den zwanziger Jahren des vergangenen<br />

Jahrhunderts auf: In den USA präsentierten die Bell Telephone Laboratories das noch<br />

experimentelle „two-way television as an adjunct to the telephone“ (Ives 1930: 399),<br />

während wenige Jahre später die deutsche Reichspost „Fernsehsprechstellen“ in Berlin<br />

und Leipzig einrichtete (Schulte 1993: 16; Zimmermann 1991: 314). Vorstellungen, wie<br />

sich diese Technik nutzen ließe, waren schon damals entwickelt (s. Abb. 2) 3 :<br />

Abbildung 2: „Drahtloses Privattelefon und Fernseher“, Sammelbild, ca. 1930 4<br />

3 Eine gänzlich andere Vision bot der Film „Metropolis“ des deutschen Regisseurs Fritz Lang von<br />

1927; hier setzt der über Metropolis herrschende Fredersen ein Bildtelefon als Teil seines Überwachungsapparates<br />

ein; vgl. http://www.uni-hamburg.de/Wiss/FB/09/VolkskuI/Texte/Vokus/1999-2/herlyn.html<br />

(August 2002).<br />

4 Weyers et al. 1992: 34.<br />

552


Die reale Technik jedoch war von solchen mobilen Geräten weit entfernt, zudem extrem<br />

aufwändig und kostenintensiv; schon bald fiel die Weiterentwicklung der Geräte<br />

dem zweiten Weltkrieg zum Opfer. Nach dessen Ende fokussierte die technische Forschung<br />

in erster Linie das Massenmedium Fernsehen. Erst in den sechziger Jahren präsentierten<br />

die Bell Laboratories das als Bildtelefon mit einem etwa fünf mal fünf Zoll<br />

großen Monitor konzipierte „Picturephone Mod 1“, mit dessen Entwicklung sich die<br />

Techniker auf einer Stufe mit dem Erfinder des Telefons, Alexander Graham Bell sahen:<br />

„Today there stands before us an opportunity of equal magnitude – PICTURE-<br />

PHONE ® service“ (Molnar 1969: 134).<br />

Abbildung 3: Picturephone Bildtelefon der Firma AT&T 5<br />

Zehn Jahre später hatte AT&T annähernd 500 Millionen US-Dollar in Entwicklung und<br />

Vermarktung des Gerätes investiert (Pye/Williams 1977: 230), ohne eine nennenswerte<br />

Nachfrage anregen zu können: „the original picturephone flopped in 1964 and has gone<br />

nowhere since.“ (Johnson 1991: 88)<br />

3. Fast forward: Die siebziger Jahre<br />

Schulte · 25 Jahre Videokonferenzforschung<br />

3.1 Technik<br />

Trotz des sich abzeichnenden Picturephone-Debakels wurde von Seiten der damals<br />

meist staatlichen Telekommunikationsunternehmen die Entwicklung von Videokonferenzanlagen<br />

vorangetrieben. Neben das in der Tradition des Picturephone stehende, am<br />

Telefon orientierte und (mittelfristig) für den privaten Kunden geplante Bildtelefon<br />

(„video(tele)phone“) trat nunmehr die der Nutzung im Studio vorbehaltene Videokonferenz<br />

(„videoconferencing system“). Beide Systeme waren aufgrund der benötigten<br />

Bandbreiten der Videoübertragung ebenso aufwändig wie kostenintensiv und daher<br />

zunächst einem sehr kleinen Kreis von Nutzenden vorbehalten. Zu diesem gehörten in<br />

erster Linie die Telekommunikationsunternehmen selbst, die auch die wenigen öffentlichen<br />

Studios verwalteten. Hinzu kamen einige wenige private Studios großer Unternehmen<br />

und öffentlicher Institutionen, die aufgrund ihrer dezentralen Struktur beson-<br />

5 Produktbroschüre, ca. 1964.<br />

553


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

ders von der Überwindung räumlicher Distanzen profitierten (Johansen/Bullen 1984:<br />

164; Gerfen 1986: 6).<br />

3.2 Forschung<br />

Die mit Beginn der siebziger Jahre einsetzenden Forschungsaktivitäten waren ebenso<br />

zahlreich6 wie dispers. Eine erste Richtung war eng verknüpft mit den großen Hoffnungen,<br />

die die Telekommunikation und speziell die Videokonferenz mit sich brachten:<br />

Unternehmen versprachen sich eine deutliche Reduzierung der kostenintensiven Reisetätigkeit,<br />

Politiker erhofften sich eine entsprechende Abnahme des Berufsverkehrs,<br />

des gerade nach den Ölpreisschocks der siebziger Jahre relevanten Energieverbrauchs<br />

und in letzter Konsequenz der verstärkt in den Fokus gesellschaftlicher Relevanz<br />

rückenden Umweltverschmutzung. Die Videokonferenz sollte sogar zum „instrument<br />

of antidiscrimination“ 7 werden. Die Forschung stand diesen Argumenten zur Seite, indem<br />

die Kosten der Videokonferenz den Reisekosten gegenübergestellt und die Folgen<br />

für Verkehr und Umwelt kalkuliert wurden (Nilles et al. 1976; Gold 1979).<br />

Die vorherrschende Forschungsrichtung jedoch waren intermediale Vergleiche der<br />

nunmehr zahlreichen Konferenzvarianten. Die Frage nach deren Charakter, Stil, Effizienz<br />

und möglichem Einsatzgebiet war dabei ebenso forschungsleitend wie die Ausarbeitung<br />

objektiver und subjektiver Differenzierungskriterien der verschiedenen <strong>Kommunikations</strong>technologien:<br />

„most researchers concentrated their efforts on empirical investigations<br />

of the effect of channel type (audio, audio-video or face-to-face) upon meeting<br />

outcomes and user attitudes.“ (Albertson 1984: 394) Ziel war es, verlässliche<br />

Aussagen über diejenigen Aufgaben und Konferenzen zu machen, deren Durchführung<br />

zukünftig (auch) per Videokonferenz erfolgen konnte (Williams 1977: 964). Die Ergebnisse<br />

waren ebenso vielfältig wie die experimentell oder im Rahmen von Begleitforschungen<br />

untersuchten Anlagen 8 : Auf der einen Seite führte eine ganze Reihe von Studien<br />

zu der Einschätzung, dass die Videokonferenz kürzer, effizienter und disziplinierter<br />

sei. Sie erschwere den Aufbau interpersoneller Beziehungen und sei daher für potenziell<br />

konfliktgeladene Diskussionen ungeeignet. Auf der anderen Seite gab es gerade<br />

bei Akzeptanz- und Effizienzuntersuchungen auch gegenteilige Ergebnisse, so dass der<br />

Nutzen der visuellen Information insgesamt unklar blieb: „The research reviewed casts<br />

considerable doubt on the value of a visual channel to enable participants in business<br />

teleconferencing to see each other.“ (Pye/Williams 1977: 240)<br />

3.3 Theorie<br />

Vor diesem Hintergrund wagten sich die Forschenden an eine theoretische Aufarbeitung<br />

der zahlreichen empirischen Studien. Ein erster Ansatz orientierte sich an der zur<br />

Verfügung stehenden Bandbreite (bzw. der Zahl der zur Verfügung stehenden Kom-<br />

6 Schon 1977 konnte Johansen in einer synoptischen Darstellung der „social evaluations of audio,<br />

video, or computer-based teleconferencing“ (395) auf 251 (!) Texte zurückgreifen.<br />

7 So Dickson / Bowers (1974: 110); allerdings befürchteten sie andererseits obszöne Anrufe und<br />

sahen ganz neue Problemfelder: „Reputedly the nature of the Picturephone camera’s spectral<br />

sensitivity also enables toupees and wigs to be identified more easily.“ (105)<br />

8 Vgl. zu den nachfolgenden Ausführungen insbesondere die synoptischen Darstellungen bei Johansen<br />

1977 und Williams 1977.<br />

554


Schulte · 25 Jahre Videokonferenzforschung<br />

munikationskanäle) und betrachtete diese als ausschlaggebend für die Effizienz der jeweiligen<br />

<strong>Kommunikations</strong>technologie (Ryan/Craig 1975: 2). Allerdings war dieser – im<br />

Wesentlichen auf die Überlegungen Shannons und Weavers (1971: 7) zurückgehende –<br />

mechanistische Ansatz angesichts der offensichtlich auch aufgaben- und themenabhängigen<br />

Effizienz unzureichend.<br />

Eine zweite theoretische Richtung fokussierte die Bedeutung nonverbaler kommunikativer<br />

Aktivitäten und übertrug damit die Ergebnisse der seit Mitte der sechziger Jahre<br />

intensivierten Forschungen zur Vis-à-vis-Kommunikation (z. B. Kendon 1967; Argyle<br />

et al. 1968; Sacks et al. 1974) auf die Telekommunikation. Der partielle Verlust nonverbaler<br />

Informationen wurde als Ursache kommunikativer Defizite technisch vermittelter<br />

Kommunikation ausgemacht, die den Aufbau von Beziehungen, die Behandlung<br />

sensibler Themen oder auch die Organisation der Kommunikation selbst (Rederechtswechsel,<br />

Backchannel-Signale etc.) erschwerten. Diese Erklärung vernachlässigte allerdings<br />

die Kompensationsmöglichkeiten der Teilnehmenden ebenso wie die Redundanz<br />

der übermittelten Informationen (Cook/Lalljee 1972: 218; Berman et al. 1976: 83; Pye/<br />

Williams 1977: 233) und war auch im Lichte hoher Akzeptanz- und Effizienzwerte der<br />

Audiokonferenz wenig aussagekräftig.<br />

3.3.1 The Social Psychology of Telecommunications – das Konzept der „sozialen Präsenz“<br />

Obwohl (oder gerade weil) sie die zuvor genannten Ansätze mit Blick auf die Differenzierung<br />

verschiedener Konferenzformen nicht für aussagekräftig erachteten, synthetisierten<br />

Short, Williams und Christie diese in ihren Überlegungen. Ziel war es, mögliche<br />

Anwendungsfelder der Videokonferenztechnologie im Rahmen geschäftlicher Kommunikation<br />

auszumachen. Unter Bezugnahme auf das mehrstufige „telecommunications<br />

impact model“ nach Reid (1971) widmeten sie sich zunächst einer grundsätzlichen<br />

Bestimmung zwischenmenschlicher (Vis-à-vis-)Kommunikation, bei der die Bedeutung<br />

nonverbaler Aktivitäten im Mittelpunkt steht: Mimik, Gestik, Proxemik und Blick werden<br />

in ihrer u. a. gegenüber den kommunizierten Inhalten oder den <strong>Kommunikations</strong>zwecken<br />

differenzierten Funktionalität beleuchtet. Der anschließende Blick auf unterschiedliche<br />

(geschäftliche) <strong>Kommunikations</strong>zwecke und -formen sollte dann Aussagen<br />

über deren mögliche Substituierbarkeit erlauben. Kernpunkt dieser Entscheidung war<br />

die „Social Presence“ als Ausmaß der wahrgenommenen Salienz des jeweiligen <strong>Kommunikations</strong>partners:<br />

„We believe, however, that the degree of salience of the other person<br />

in the interaction and the consequent salience of the interpersonal relationships is an<br />

important hypothetical construct that can usefully be applied more generally. We shall<br />

term this quality ‚Social Presence’.“ (Short et al. 1976: 65) Unter Rückgriff auf die Überlegungen<br />

zur bandbreitenabhängigen Effizienz ist dieser Ansatz einerseits sehr medienorientiert,<br />

indem nämlich die soziale Präsenz definiert wird als „a quality of the communications<br />

medium.“ (65). Andererseits beziehen Short, Williams und Christie in<br />

einem zweiten Schritt die Nutzenden und deren Fähigkeit, das genutzte Medium zu beurteilen,<br />

ausdrücklich in ihre Definition ein: Inwieweit nämlich die <strong>Medien</strong>eigenschaften<br />

überhaupt eine Rolle spielen, „is determined by the individual, because we conceive<br />

of the Social Presence of a medium as a perceptual or attitudinal dimension of the user,<br />

a ‚mental set‘ towards the medium.“ (65) Deren Urteil über die soziale Präsenz fasse die<br />

wahrgenommene Präsenz der zuvor diskutierten nonverbalen kommunikativen Aktivitäten<br />

im jeweiligen Medium und auch die Angemessenheit gegenüber der zu bewältigenden<br />

Aufgabe zusammen. Die Synthese dieser Perspektiven lautet dann: „We con-<br />

555


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

ceive of Social Presence not as an objective quality of the medium, though it must surely<br />

be dependent upon the medium’s objective qualities, but as a subjective quality of the<br />

medium.“ (66)<br />

Wie gering jedoch der tatsächliche Einfluss der objektiven <strong>Medien</strong>eigenschaften auf<br />

das Maß der sozialen Präsenz war, zeigen die Ausführungen zur Methodik: „The chief<br />

method for measuring Social Presence in the laboratory is the semantic differential technique“<br />

(66). Damit bestimmte sich die soziale Präsenz eines Mediums über seine Einstufung<br />

durch die Nutzenden auf ihnen vorliegenden Skalen, die mit gegensätzlichen<br />

Adjektiven wie „kalt – warm“, „sensibel – unsensibel“, „persönlich – unpersönlich“<br />

oder „sozial – unsozial“ arbeiteten.<br />

Short, Williams und Christie sahen sich durch die Ergebnisse dieser semantischen Differenziale<br />

in der Lage, eine Unterscheidung verschiedener <strong>Kommunikations</strong>formen<br />

vorzunehmen, die eben nicht allein auf <strong>Medien</strong>eigenschaften fußt, sondern in Abhängigkeit<br />

von den (Einschätzungen der) beteiligten Individuen und den jeweiligen <strong>Kommunikations</strong>zwecken<br />

steht. Dass die nachfolgenden Untersuchungen zur sozialen Präsenz<br />

lediglich in einer Reihung verschiedener <strong>Kommunikations</strong>technologien vom Telefon<br />

über die Audiokonferenz bis hin zur Videokonferenz mündeten, die zudem mit den<br />

Ergebnissen der an der Bandbreite oder der visuellen Information orientierten Ansätze<br />

übereinstimmten, war nur ein Problem. Viel gravierender war aber, dass der Forschungsboom<br />

der siebziger Jahre ebenso wenig wie die resultierenden theoretischen Ansätze<br />

den ausbleibenden Erfolg der Videokonferenz erklären konnten.<br />

4. Pause: Die achtziger Jahre<br />

4.1 Technik<br />

Denn auch die achtziger Jahre wurden nicht zum Jahrzehnt des oftmals prognostizierten<br />

Videokonferenzbooms: In den USA brachte AT&T mit dem „Picturephone Meeting<br />

Service“ (PMS) eine studiobasierte Videokonferenzlösung auf den Markt, die öffentliche<br />

Verbindungen zwischen etwa vierzig Städten erlaubte (Menist/Wright 1984:<br />

180). Hinzu kamen einige Projekte im Gesundheits- und im Bildungswesen (Bretz 1984;<br />

Niemiec 1984) sowie private Studios insbesondere großer Unternehmen wie Procter &<br />

Gamble, IBM oder das Luftverkehrsunternehmen Boeing. Trotz vereinzelter Erfolgsgeschichten<br />

blieb eine flächendeckende Nutzung selbst in der geschäftlichen Anwendung<br />

aus. Für das Jahr 1983 verzeichnete das amerikanische „Teleconferencing Directory“<br />

gerade mal 204 Organisationen, deren Anlagen eher mäßig ausgelastet waren (Johansen/Bullen<br />

1984; Dutton et al. 1984). Ähnlich die Situation in Deutschland: Auch das<br />

1984 gestartete Bigfon-Projekt9 , das für die Videokonferenz weiterhin auf die studiobasierte<br />

Fernsehtechnik setzte, konnte keinen nennenswerten Nachfrageschub auslösen10 .<br />

Hinzu kam, dass mit der Einführung von ISDN11 die schmalbandige Videokonferenz<br />

erst am Anfang ihrer Entwicklung stand und die extrem teuren Breitbandverbindungen<br />

noch den Standard darstellten. Zwar wurde ISDN als zukünftige Videokonferenzlösung<br />

9 Breitbandiges Integriertes Glasfaser-Ortsnetz.<br />

10 Die Nutzung der immerhin 118 Studios blieb im Gegenteil bis zum Ende der achtziger Jahre<br />

mit durchschnittlich 2,5 Stunden im Monat und etwa 50 (fast) vollständig ungenutzten Studios<br />

sehr bescheiden (Zimmermann 1991: 314).<br />

11 Integrated Services Digital Network.<br />

556


Schulte · 25 Jahre Videokonferenzforschung<br />

Abbildung 4: Bildtelefon „Christa R“ und Videokonferenzstudio der Deutschen Bundespost,<br />

achtziger Jahre 12<br />

gepriesen, angesichts der Ungewissheit über die zu verwendenden Netze sowie der noch<br />

inadäquaten Kompressionsverfahren wirkte dies jedoch eher investitionshemmend<br />

(Krull 1988: 386; Schlobach 1989: 55).<br />

4.2 Forschung<br />

Auch die Forschungsaktivitäten gingen nach dem Ende der ersten Euphorie deutlich<br />

zurück. Hinzu kam, dass sich in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre die Forschung<br />

zunehmend anderen, neueren und sehr schnell auch verbreiteteren <strong>Kommunikations</strong>formen<br />

der Computer-Mediated-Communication (CMC) wie Newsgroups, Bulletin<br />

Boards oder E-Mail zuwandte. Der im Vergleich spärliche Erfolg der Videokonferenz<br />

beeinflusste auch die Forschungsfragen. Neben einer Reihe traditioneller Studien zu intermedialen<br />

Effizienzvergleichen (Krueger/Chapanis 1980), zur Substitution von Geschäftsreisen<br />

(Kraemer 1982) oder zur Analyse betrieblicher Anwendungsfelder<br />

(Schenk 1986; Schlobach 1989) tauchten zunehmend Studien auf, die die nunmehr offensichtliche<br />

Erfolglosigkeit der Videokonferenz am Markt und auch die unbefriedigende<br />

Forschungslage zum Anlass für die Forderung nach neuen Wegen machten. 1984<br />

sprachen Johansen und Bullen vom Trugschluss, die Videokonferenz könne die Vis-àvis-Kommunikation<br />

ersetzen (6). Ihre Bedenken teilten im selben Jahr Birell und Young:<br />

„Too often teleconference design has been motivated by the desire to replicate the faceto-face<br />

meeting. We should be considering more deeply whether the face-to-face model<br />

is really so very valid.“ (286) 13<br />

Eine gänzlich andere Perspektive nahmen etwa zwei Forschende ein, die eine (Mikro-)Analyse<br />

der spezifischen kommunikativen Aktivitäten der Videokonferenzteilnehmenden<br />

durchführten. 1984 resümiert Karen M. Cohen: „While there is considerable<br />

literature documenting differences in perceived effectiveness and acceptability of<br />

video teleconferencing systems […], there is a lack of objective data on speaking behavior<br />

among participants in video teleconferences, compared with FTF meetings.“ (288)<br />

12 Mit freundlicher Genehmigung des Museums für Kommunikation, Frankfurt a. M.<br />

13 Ganz ähnlich Egido: Sie sprach vom „questionable portrayal of videoconferencing as a direct<br />

replacement for face-to-face meetings.“ (1988: 16)<br />

557


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

Erstmalig wird hier die Frage in den Vordergrund gerückt, inwieweit die Organisation<br />

von Kommunikation über die Wahrnehmungsbedingungen auf ganz fundamentale Art<br />

und Weise beeinflusst wird, indem Elemente wie der Rederechtswechsel oder die Länge<br />

der Turns gegenüber der Vis-à-vis-Kommunikation verändert werden. Einen ähnlich<br />

weitsichtigen Beitrag liefert fast zeitgleich der französische Soziologe Pascal Périn (1983)<br />

zur „visioconférence“: Auch hier geht es unter Rückgriff auf Sacks, Schegloff und Jefferson<br />

(1974: 696) um eine Analyse insbesondere des Turn-taking und der Rolle des<br />

Blicks. Dabei arbeitet Périn mit Videoaufzeichnungen sowie einem auf diesen aufbauenden<br />

Transkript und geht damit auch methodisch neue Wege. Ein weiterer Punkt, den<br />

Cohen anspricht, ist die für die Videokonferenz typische Verzögerung zwischen den beteiligten<br />

Standorten 14 , die erhebliche Störungen in der zeitlichen Koordination kommunikativer<br />

Aktivitäten mit sich bringt: „transmission delay disrupts the pace of normal<br />

conversations, makes the appropriate timing of interruptions more difficult, and impedes<br />

the smooth resolution of simultaneous speech events.“ (292)<br />

Deutschland war aufgrund der verzögerten technischen Entwicklung von den internationalen<br />

Forschungsaktivitäten entkoppelt: Hier entstanden parallel zu den Bemühungen<br />

der Deutschen Bundespost/Telekom, die Videokonferenz und das von ihr vertriebene<br />

Bildtelefon zu vermarkten, zahlreiche Begleitstudien. Und obwohl neben ingenieur<strong>wissenschaft</strong>lichen<br />

und nachrichtentechnischen Studien auch die „Abteilung Wirtschafts-<br />

und Sozial<strong>wissenschaft</strong>liche Begleitforschung des Heinrich-Hertz-Institutes<br />

für Nachrichtentechnik“ mitwirkte (Otto et al. 1986: 5), standen die technischen Bedingungen<br />

der Videokonferenz im Mittelpunkt. Erforscht wurde das gesamte Spektrum der<br />

technischen Parameter: Größe und Anordnung verschiedener Bildschirme, Kameraperspektiven,<br />

die Rolle des Eigenbildes und sogar die Raumgestaltung bis hin zur Wahl der<br />

vorteilhaftesten Vorhänge (Schwarz/Tilse 1980: 87; Romahn et al. 1985: 690; Mühlbach<br />

1987: 506; Mühlbach et al. 1989: 8). Parallel wurden empirische Studien zur Akzeptanz<br />

durch die Nutzenden betrieben, die sich jedoch meist auf experimentelle Laboruntersuchungen<br />

oder Dienstbesprechungen der Deutschen Bundespost/Telekom beschränkten<br />

(Stachelsky/Tonnemacher 1987).<br />

4.3 Theorie<br />

Auch die theoretische Aufarbeitung machte keine wesentlichen Fortschritte und bewegte<br />

sich zunächst im Fahrwasser der intermedialen Vergleiche.<br />

4.3.1 Cuelessness<br />

Rutter et al. stellten 1981 als Ergebnis zahlreicher Studien das Konzept der „cuelessness“<br />

(41) vor. Sie kritisieren, dass das Konzept der sozialen Präsenz durch die ex post-Befragung<br />

zirkulär sei und keine Angaben zu möglichen Faktoren der subjektiven Einschätzung<br />

der sozialen Präsenz gemacht würden. In ihren Überlegungen beziehen sie sich auf<br />

verbale, nonverbale und paraverbale Signale (cues), die als Lächeln, Zögern, Betonung<br />

u. v. m. kommunikative Relevanz besitzen und – sofern sie übermittelt werden – Ein-<br />

14 Diese ist bedingt durch die Digitalisierung, Kodierung (Datenkompression auf Basis mathematischer<br />

Verfahren), Übertragung sowie Dekodierung und Analogisierung insbesondere des Videomaterials;<br />

die entstehenden Verzögerungen betragen zwischen 0,4 und 1 Sekunde, abhängig<br />

von technischen Faktoren.<br />

558


Schulte · 25 Jahre Videokonferenzforschung<br />

fluss auf die soziale Präsenz haben. Rutter et al. trennen die ihres Erachtens bis dato unzureichend<br />

differenzierten Aspekte der „visual communication“ als ausschließlich visuell<br />

vermittelte Information und der „physical presence“ als rein körperliche Gegenwart,<br />

um diese dann angesichts einer unzureichenden singulären Aussagekraft im Konzept der<br />

„cuelessness“ zu bündeln: „The smaller the aggregate number of available social cues<br />

from whatever source – visual communication, physical presence or, indeed, any other<br />

– the more task oriented and depersonalized the content, and the less spontaneous the<br />

style.“ (48) 15 Damit bilde dieses medienorientierte Konzept die Grundlage für die soziale<br />

Präsenz: „social presence is underpinned by cuelessness. The more cueless a medium,<br />

the less its social presence.“ (49)<br />

4.3.2 Information Richness<br />

1984 lieferten Daft und Lengel mit dem Konstrukt der „Information Richness“ (bzw.<br />

„Media Richness“) einen weiteren Ansatz der <strong>Medien</strong>auswahl, der ebenfalls häufig für<br />

die Analyse möglicher Anwendungsfelder der Videokonferenz herangezogen wird.<br />

Tatsächlich jedoch erscheint er zunächst eher als Rückgriff auf die simplen Bandbreitenklassifikationen<br />

der frühen siebziger Jahre: „Richness is defined as the potential information-carrying<br />

capacity of data“ (Daft/Lengel 1984: 196). Vier „objektive“ <strong>Medien</strong>eigenschaften<br />

werden für eine solche Klassifikation herangezogen: die Unmittelbarkeit<br />

des Feedbacks, die Art und Anzahl der verwendeten Kanäle, die Qualität der hinter dem<br />

Medium stehenden Quelle (persönlich – unpersönlich) sowie die verwendete Sprache.<br />

Im Mittelpunkt steht die Frage, inwieweit diese <strong>Medien</strong>eigenschaften den Anforderungen<br />

der jeweiligen Aufgabe gerecht werden („contingency“; Rice 1992: 481) sowie die<br />

daraus abzuleitende optimale <strong>Medien</strong>nutzung bzw. Informationsverarbeitung innerhalb<br />

von Organisationen. Das Modell wurde – gerade im Zuge der Diskussion um „interaktive“<br />

<strong>Medien</strong> – vielfach modifiziert, etwa durch die Hinzufügung neuer <strong>Kommunikations</strong>technologien<br />

oder die Ergänzung entsprechender Kriterien:<br />

Mehr als eine Taxonomie verschiedener <strong>Kommunikations</strong>formen bot aber auch dieses<br />

Konzept nicht. Warum etwa die Videokonferenz trotz hoher Anzahl von „cues“ einen<br />

im Vergleich zum Telefon eher formalen Charakter besitzt, konnte das Konzept von<br />

Rutter et al. ebenso wenig erklären wie die Theorie von Daft und Lengel die anhaltende<br />

Erfolglosigkeit der Videokonferenz am Markt – trotz einer dem Vis-à-vis-Gespräch und<br />

dem Telefon ähnlichen „information richness“. Die theoretischen Ansätze versagten sowohl<br />

in ihren analytischen als auch prognostischen Aussagen, so dass bald die Forderung<br />

nach neuen Wegen in der Forschung aufkam, wie sie ansatzweise schon Cohen und<br />

Périn beschritten hatten: „In order to understand the impact of mediated communication<br />

on this intersubjective process more fully, research is needed which focuses on the<br />

interaction itself rather than on task effectiveness, user attitudes, or simple objective<br />

measures of communicative differences.“ (Hiemstra 1982: 883) Eine solche, mit Blick auf<br />

die Kommunikation eher mikroanalytische Vorgehensweise einer detaillierten Betrachtung<br />

setzte sich – nicht zuletzt dank neuer Optionen der Aufzeichnungstechnik und<br />

technisch gestützter Analyseverfahren – in den neunziger Jahren durch.<br />

15 Eine ähnliche Differenzierung wurde schon zuvor aufgrund der „formality“ eines Mediums von<br />

Morley/Stephenson (1969) vorgebracht; Rutter et al. bezeichneten es als „equivalent to our concept<br />

of cuelessness.“ (49)<br />

559


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

Tabelle: Klassifikation der Media Richness (Dennis/Valacich 1999: o. S.)<br />

Feed- Symbol Parallelism Rehears- Reprocessback<br />

Variety ability ability<br />

Face-to-Face high low-high low low low<br />

Videoconference<br />

medium-high low-high low low low<br />

Telephone medium low low low low<br />

Written mail low low-medium high high high<br />

Voicemail low low low low-medium high<br />

Electronic mail low-medium low-high medium high high<br />

Electronic phone medium low-medium medium low-medium low-medium<br />

(„chat“)<br />

Asynchronous low low-high high high high<br />

groupware<br />

Synchronous low-medium low-high high medium-high high<br />

groupware<br />

5. Slowmotion: Die neunziger Jahre<br />

5.1 Technik<br />

Mit Blick auf die Technik brachten die neunziger Jahre erneut gravierende Umwälzungen<br />

mit sich: Mit der flächendeckenden Bereitstellung von ISDN, der zunehmenden<br />

Verbreitung von TCP/IP-basierten Netzwerken16 mit ausreichenden Bandbreiten, den<br />

Fortschritten in der Komprimierung der audiovisuellen Daten sowie der resultierenden<br />

Möglichkeit, Videokonferenzen auch als schmalbandige Variante vermittels einer einfachen<br />

ISDN S0-Schnittstelle zu betreiben, waren technisch wieder einmal die Weichen<br />

auf Erfolg gestellt (Wilcox 2000: 2). Während das Bildtelefon nurmehr ein Nischendasein<br />

am Markt führte, wurde im Zuge der Verbreitung des PCs die „Desktop-Videokonferenz“<br />

zu einer Lösung insbesondere in der audiovisuell unterstützten Telekooperation<br />

und als kostengünstige Videokonferenz für private Anwendungen17 . Am oberen<br />

Ende des Marktes wurden die stationären und extrem teuren Großanlagen zunehmend<br />

durch „Rollabouts“ ersetzt, die als mobile, kostengünstigere Lösungen in jedem Besprechungsraum<br />

mit entsprechender (Verbindungs-) Technik eingesetzt werden können.<br />

Die Forschung hingegen beurteilte den Markt nach wie vor nüchtern: „teleconferencing<br />

expectations in general have failed to realize themselves fully despite consistently<br />

brilliant market forecasts“, urteilte Egido (1990: 351) schon recht früh, wurde aber<br />

durch Mayes und Foubister 1996 bestätigt: Die Videokonferenz bleibe eine „technology<br />

on the fringe“ (1996a: 163; vgl. auch 1996b).<br />

16 Netze, die auf dem Transmission Control Protocol (over) Internet Protocol basieren wie etwa<br />

das Internet.<br />

17 Seit Mitte der neunziger Jahre wurde das Betriebssystem Windows standardmäßig mit der Videokonferenzsoftware<br />

Netmeeting installiert.<br />

560


Schulte · 25 Jahre Videokonferenzforschung<br />

5.2 Forschung<br />

Die Forschung selbst hingegen blühte im Verlauf der neunziger Jahre wieder deutlich<br />

auf: Bewegung in die Überlegungen zur audiovisuellen Telekommunikation brachten in<br />

erster Linie Studien aus dem Bereich der computerbasierten Kommunikation, die etwa<br />

unter dem Dach der amerikanischen „Association for Computing Machinery“ (ACM)<br />

in der „Special Interest Group on Computer-Human Interaction“ gebündelt wurden.<br />

Zahlreiche Publikationen und Konferenzproceedings zur „Human-Computer Interaction“<br />

(HCI) 18 sowie zur „Computer Supported Cooperative Work“ (CSCW) fokussierten<br />

die videogestützte Kooperation und Kommunikation19 . Eine ganze Reihe von<br />

Impulsen erhielt die Forschung zudem durch Auftragsarbeiten: Relevante Beiträge lieferten<br />

etwa die Wissenschaftler im Xerox Palo Alto Research Center (PARC), dessen<br />

europäischen Ableger EuroPARC in Großbritannien (Gaver 1992; Dourish et al. 1994;<br />

Harrison et al. 1997) sowie bei Hewlett Packard (O’Conaill et al. 1993; O’Conaill/<br />

Whittaker 1995). Hinzu kamen europäische Forschungsinitiativen wie das 1988 gestartete<br />

RACE-Projekt20 der Europäischen Kommission zur Entwicklung moderner <strong>Kommunikations</strong>techniken<br />

(Barber/Laws 1994; Wallbott 1992) und SuperJANET21 , ein<br />

1989 initiiertes Projekt zur Nutzung breitbandiger (IP-)Technologie in Großbritannien<br />

(Jameson et al. 1996). Ähnliche Bemühungen unternahm in Deutschland das Deutsche<br />

Forschungsnetz (DFN). Hinzu kam, dass in der Folge der langsam, aber stetig wachsenden<br />

Nutzung der Videokonferenz verstärkt Anwendungsfelder fokussiert werden<br />

konnten: Neben dem klassischen Einsatz im betrieblichen Umfeld (Köhler 1993; Schulte<br />

1993; Kydd/Ferry 1994; Bergmann et al. 1998) wurde die Videokonferenz zunehmend<br />

auch im Gesundheitswesen („Telemedizin“; vgl. Guckelberger 1995; Armoni 2000)<br />

und im Rahmen von Fortbildung und Lehre („Teleteaching“) genutzt und erforscht<br />

(Storck/Sproull 1995; Kawalek 1997; Schütze 2000).<br />

Forschungsperspektivisch können für die neunziger Jahre zwei wesentliche Richtungen<br />

ausgemacht werden: auf der einen Seite diejenigen Studien, die den genannten mikroanalytischen<br />

Ansatz verfolgten und damit ein von Fussel und Benimoff formuliertes<br />

Desiderat einzulösen suchten: „For instance, with the exception of work on computerbased<br />

communication, we know of few studies that have examined turn taking and<br />

speaker selection as a function of mode of communication. […] future research should<br />

systematically vary the amount, type, and fidelity of information contained in the video<br />

feed“ (1995: 244). Und auf der anderen Seite die erwähnten Studien aus dem Umfeld von<br />

CMC und CSCW.<br />

5.2.1 Wahrnehmungsbedingungen und Kommunikation<br />

Erneut wandten sich die Forschenden der Frage zu, wie sich die technischen Bedingungen<br />

auf die Kommunikation auswirken, wobei beide Aspekte nunmehr en détail beleuchtet<br />

wurden. Studien vornehmlich psychologischer Provenienz untersuchten den<br />

Einfluss von Bildauflösung, -größe oder -wiederholungsrate auf Emotionsdekodierung<br />

18 Alternativ „Computer-Human-Interaction“ (CHI).<br />

19 Exemplarisch Furuta / Neuwirth 1994; ein Überblick über die Proceedings findet sich unter<br />

http://www.acm.org/dl/proc_byseries_list.html (September 2001).<br />

20 Research and Development of Advanced Communications for Europe.<br />

21 Joint Academic NETwork.<br />

561


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

und Sprachverständnis (Wallbott 1992; Schwan 1994; Blokland/Anderson 1998; Barber/Laws<br />

1994), während gesprächs- bzw. konversationsanalytische Forschungen die in<br />

den achtziger Jahren von Cohen und Périn aufgeworfenen Fragen aufgriffen. 1992 legte<br />

Abigail Sellen, Mitarbeiterin im PARC, eine Studie zu „Speech Patterns in Video-Mediated<br />

Conversations“ vor, in der mit Hilfe quantitativer Maße der Einfluss unterschiedlicher<br />

Videokonferenzanlagen auf die Organisation von Kommunikation untersucht<br />

wurde (Sellen 1992: 49; Sellen 1997: 95). Gegenüber herkömmlichen Geräten sollte<br />

HYDRA Kopfbewegungen und Blickkontakt übertragen und damit dem Ideal der<br />

Vis-à-vis-Kommunikation nahe kommen. Im direkten Vergleich blieben jedoch die Anzahl<br />

der Turns, deren Dauer sowie deren Verteilung von der technischen Vermittlung<br />

unberührt; lediglich die Anzahl der Parallelsequenzen war deutlich reduziert. Eine ganz<br />

ähnliche Vorgehensweise wählten O’Conaill und Whittaker 1995: Auch sie experimentierten<br />

mit einem optimierten System (Live-Net), um über die Analyse spezifischer<br />

kommunikativer Aktivitäten (Rederechtswechsel, Backchannel-Signale) die Charakteristika<br />

der Interaktion per Videokonferenz herauszuarbeiten. Im Gegensatz zu Sellen<br />

jedoch setzten sie methodologisch auf eine Transkription der aufgezeichneten Videokonferenz<br />

– ein Verfahren, das zum Ende der neunziger Jahre hin immer häufiger herangezogen<br />

wurde (O’Malley et al. 1996; Bergmann et al. 1998; Braun et al. 1999; Ruhleder/Jordan<br />

2001 22 ).<br />

Die Studien förderten im Ergebnis eine ganze Reihe detaillierter (und empirisch bestätigter)<br />

Charakteristika der Videokonferenz zu Tage. Zu diesen können ein problematischer<br />

(und daher oft formalisierter) Rederechtswechsel, verzögerte (und daher oft<br />

zur Vermeidung von Irritationen reduzierte) Backchannel-Signale sowie eine insgesamt<br />

reduzierte Wirksamkeit visueller Informationen (und der resultierende Verzicht auf diese)<br />

gezählt werden. Die in der ex post-Betrachtung oft recht formal und steif wirkenden<br />

Videokonferenzen beschreiben O’Conaill et al. wohl zutreffend als „lecture-like“ (1993:<br />

32). Obwohl diese Charakteristika in der Nutzung herkömmlicher Anlagen (mit Verzögerung,<br />

ohne direkten Blickkontakt, mit eingeschränkter Audio- und Videoqualität<br />

etc.) stärker zutage traten, war die Kommunikation auch unter verbesserten oder nahezu<br />

optimalen Bedingungen (verzögerungsfreie Übertragung in Fernsehqualität mit<br />

Blickkontakt) weit vom Ideal der Vis-à-vis-Kommunikation entfernt. Unter Verwendung<br />

eher quantitativer Merkmale der videovermittelten Kommunikation konnten zwar<br />

einige elementare kommunikative Unterschiede herausgearbeitet werden, deren Ursachen<br />

jedoch waren noch nicht klar: „these dialogue measures […] do not explain why<br />

video interaction, even under ‚ideal’ conditions (i.e. high bandwidth, no delay, high resolution,<br />

etc.) is different to face-to-face communication. This requires a more detailed<br />

analysis of the content and structure of dialogues and their relationship to gaze.“<br />

(O’Malley et al. 1996: 187) Und ganz ähnlich erheben Ruhleder und Jordan die Forderung<br />

nach weiteren, noch detaillierteren Forschungen: „The underlying cause may only<br />

be recognizable through analysis of both sides of the interaction, something reserved for<br />

analysts who have the time to do this kind of detailed work.“ (2001: 133) 23<br />

22 Eine kritische Würdigung dieser Vorgehensweise findet sich bei Körschen et al. (2002) bzw.<br />

Schulte et al. (2001: 227).<br />

23 Warnend hierzu O’Conaill / Whittaker: „Because of the detailed nature of the analysis, the method<br />

is a time-consuming one.“ (1997: 129).<br />

562


Schulte · 25 Jahre Videokonferenzforschung<br />

5.2.2 Video-As-Data, Media Space & Virtual Reality<br />

Die Annäherung der Forschungen zu CMC und CSCW an die videobasierte Kommunikation<br />

war in erster Linie der technischen Machbarkeit computerbasierter audiovisueller<br />

Telekooperationen zu verdanken. Gleichzeitig aber waren die Forschungen in experimentellen<br />

Settings der Entwicklung der gängigen Videokonferenz weit voraus. Mit<br />

deren Hilfe sollten die Defizite der gelegentlich als „’talking heads’ video“ (Nardi et al.<br />

1995: 205; Neale et al. 1998) verspotteten Videokonferenz überwunden werden: So wurden<br />

etwa im EuroPARC dauerhafte Videoverbindungen zwischen kooperierenden Personen<br />

und Räumen (meist innerhalb eines Gebäudes) hergestellt24 , bei der die visuelle<br />

Information auch als Indikator für Anwesenheit und Beschäftigung des Gegenübers genutzt<br />

wird (Heath/Luff 1992: 315; Harrison et al. 1997: 273; Bellotti/Dourish 1997: 252).<br />

Im Bereich der Telekooperation wurde mit Hilfe mobiler Kameras die Zusammenarbeit<br />

auf Objekte im Raum erweitert, für die dann Anleitungen oder Hilfestellungen geliefert<br />

werden konnten („video-as-data“; Whittaker/O’Conaill 1997: 42; Nardi et al. 1997:<br />

487). Japanische Forschungsteams erprobten Videokonferenz-Prototypen, die mit lebensgroßen<br />

Abbildungen und durch den Einsatz halbdurchlässiger Spiegel- bzw. Projektionsflächen<br />

eine quasi-physische Präsenz herzustellen suchten (Okada et al. 1994;<br />

Yamaashi et al. 1996; Morikawa/Maesako 1998).<br />

Gemeinsamkeit all dieser Forschung war zum einen der Versuch, die Probleme technisch<br />

vermittelter Kommunikation auch technisch in den Griff zu bekommen. Zum anderen<br />

sollte vermittels technischer Innovationen die Videokonferenz erweitert werden<br />

in Richtung eines gemeinsamen „Media Space“, „Video Space“ oder „Workspace“<br />

(Heath/Luff 1993: 35; Ishii et al. 1992: 349; Gaver/Smets 1995: 257). Die Videokonferenz<br />

sollte nicht mehr nur der Zusammenführung getrennter Standorte dienen, sondern<br />

Abbildung 5: Setting der National Tele-Immersion Initiative, USA 25<br />

24 Unter Verzicht auf akustische Informationen, die erst im Bedarfsfall zugeschaltet werden.<br />

25 http://www.advanced.org/tele-immersion/news.html (August 2002).<br />

563


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

durch den Einsatz zahlreicher Kameras, extrem leistungsstarker Rechner und derzeit<br />

nur experimentell bereitzustellender Breitbandverbindungen in einem gemeinsamen<br />

virtuellen, meist dreidimensional konzipierten <strong>Kommunikations</strong>- und Kooperationsraum<br />

aufgehen. Mit dem „Eintauchen“ der Nutzenden in einen solchen Raum (Tele-Immersion;<br />

Schulzki-Haddouti 2001: 12) ist die Videokonferenz angelangt im Bereich der<br />

Virtual Reality (Biocca/Levy 1995: 127).<br />

5.3 Von der sozialen zur Telepräsenz?<br />

Auf den ersten Blick ähneln die in diesem Bereich geführten Diskussionen um die Telepräsenz<br />

der Virtual Reality den Bemühungen, über eine Bestimmung der sozialen Präsenz<br />

die Charakteristika, Einsatzgebiete und Defizite der Videokonferenz theoretisch<br />

herauszuarbeiten. Ein genauerer Blick jedoch zeigt, dass die „telepresence“ in ihrer ursprünglichen<br />

Form (Minsky 1980: 45) zum einen stärker das Verhältnis zwischen<br />

Mensch und computergeneriertem Raum fokussiert, und dabei die sensorisch gesteuerte<br />

Teleoperation als technisch gestützte Manipulation entfernter Arbeitsumgebungen im<br />

Mittelpunkt steht (Held/Durlach 1992: 109; Sheridan 1992: 120). Zum anderen operieren<br />

auch die auf zwischenmenschliche Kommunikation ausgelegten Überlegungen zur<br />

Teleimmersion mit grundsätzlich verschiedenen Annahmen. So sind durch die Schaffung<br />

eines gemeinsamen Raumes die für die Videokonferenzforschung zentralen Überlegungen<br />

zur Asymmetrie der Wahrnehmungsbedingungen (Fussell/Benimoff 1995:<br />

228) oder zur typischen zeitlichen Verzögerung grundverschieden. Dennoch zeigen sich<br />

Parallelen: Auch für die Virtual Reality ist die Telepräsenz ein entscheidender Bestimmungsfaktor,<br />

der zwischen objektiven <strong>Medien</strong>eigenschaften und subjektiven Einschätzungen<br />

der Nutzenden pendelt: „Thus, telepresence is a function of both technology<br />

and perceiver.“ (Steuer 1995: 40) Mit dieser Dichotomie rekurriert die Forschung letztlich<br />

auf Überlegungen, wie sie erstmals von Short et al. angestellt wurden. Gleichzeitig<br />

wird deutlich, wie vielfältig die Faktoren sind, die auf diese subjektiven Komponenten<br />

einwirken: So hatte etwa Lopez Montes in direkter Bezugnahme auf die Überlegungen<br />

zur sozialen Präsenz festgestellt, dass sich diese in erster Linie aus internen Faktoren der<br />

Kommunikation wie der Art des Gesprächs (demokratisch vs. undemokratisch) ableiten<br />

lasse (1992: 189); auch die jeweilige Aufgabe spielt eine entscheidende Rolle für die<br />

Ausgestaltung der Videokonferenz (Olson/Olson 1997: 77; O’Conaill/Whittaker 1997:<br />

127). Aus kommunikations<strong>wissenschaft</strong>licher Perspektive wird auf den Einfluss der<br />

physikalisch gegebenen, von der <strong>Kommunikations</strong>technologie jedoch modifizierten<br />

Wahrnehmungsbedingungen hingewiesen (Loenhoff 2001).<br />

Unter Berücksichtigung dieser Faktoren nehmen neue Formulierungen einer Theorie<br />

der Videokonferenz Gestalt an: So nennen Friebel et al. (2002) die technischen Parameter,<br />

die <strong>Kommunikations</strong>zwecke und die individuellen Kompetenzen der an der Kommunikation<br />

per Videokonferenz beteiligten Personen als Variablen einer eigenständigen<br />

<strong>Kommunikations</strong>form, die sich erst in der je spezifischen Ingebrauchnahme der Technologie<br />

realisiere (Schmitz 1999).<br />

6. Fazit und Ausblick<br />

Interplanetare Flüge, orbitale Hotels oder persönlichkeitsgestörte Computer waren entgegen<br />

den Erwartungen Stanley Kubricks im Jahr 2001 nicht alltäglich. Und auch die audiovisuelle<br />

Telekommunikation ist noch keine Selbstverständlichkeit, wenngleich die<br />

Ursachen hierfür viel weniger in den technischen Bedingungen zu suchen sind.<br />

564


Die kühne Vermutung des AT&T-Vizepräsidenten Molnar im Jahre 1969, die Videokonferenz<br />

werde „the next best thing to being there“ (1969: 135), hat sich ebenso wenig<br />

bestätigt wie die zunächst euphorischen <strong>wissenschaft</strong>lichen Prognosen, wie sie auch in<br />

der Positionierung der Videokonferenz in Taxonomien verschiedener <strong>Kommunikations</strong>technologien<br />

zum Ausdruck kommen. Erst die detaillierten Forschungen der letzten<br />

Jahre haben mit der Analyse der wesentlichen Unterschiede zwischen Vis-à-vis-<br />

Kommunikation und Videokonferenz die Charakteristika letzterer herausarbeiten können,<br />

die einige mögliche Ursachen für die Skepsis gegenüber videokonferenzvermittelter<br />

Kommunikation andeuten. Auf der Basis dieser Ergebnisse sollte der Einsatz von<br />

Videokonferenzen mit Hilfe technischer Verbesserungen, aber auch vermittels gezielter<br />

Trainingsmaßnahmen weiterentwickelt werden, um die für die Videokonferenzforschung<br />

typische euphorische Prognose wahr werden zu lassen, dass „the day will come<br />

when adding a visual component to a distance communication is an ever-present<br />

option“ (Wilcox 2000: 2).<br />

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570


Besprechungen<br />

Dieter Prokop<br />

Der Kampf um die <strong>Medien</strong><br />

Das Geschichtsbuch der neuen kritischen <strong>Medien</strong>forschung<br />

Hamburg: VSA-Verl., 2001. – 494 S.<br />

ISBN 3-87975-807-7<br />

Jochen Hörisch<br />

Der Sinn und die Sinne<br />

Frankfurt: Eichborn, 2001. – 440 S.<br />

ISBN 3-8218-4195-8<br />

Mit Dieter Prokop und Jochen Hörisch haben<br />

zwei Autoren umfassende medienhistorische<br />

Untersuchungen vorgelegt, die sich ihrem Gegenstandsbereich<br />

jedoch von zwei entgegengesetzten<br />

Polen nähern: Dieter Prokop folgt seinem<br />

selbst entworfenen Modell der kritischen<br />

<strong>Medien</strong>forschung aus der Perspektive der Soziologie,<br />

deren Gegenstand er wie folgt beschreibt:<br />

„Die neue kritische <strong>Medien</strong>forschung<br />

untersucht – und sie bezieht den Unterhaltungsbereich<br />

und die Bilder mit ein –, wo und<br />

wie sich in der <strong>Medien</strong>geschichte identitätsstärkende,<br />

solidarische, rational diskursive<br />

<strong>Kommunikations</strong>- und Entscheidungsformen<br />

entwickelten, durch welche Macht- und Wirtschafts-Strukturen<br />

und durch welche Theorien<br />

sie verhindert wurden und in welchen strukturellen<br />

Konstellationen sie sich trotz aller<br />

Macht- und Wirtschafts-Interessen und oft<br />

auch über sie vermittelt durchsetzten.“<br />

(Prokop 2001, 9) Das Ziel des Untersuchungsansatzes<br />

von Prokop ist eng an einen politischpädagogischen<br />

Impetus geknüpft: „In den<br />

meisten gesellschaftlichen Strukturen finden<br />

sich Elemente, die die Dinge weiter treiben, die<br />

den Menschen nützen und kritisches Bewusstsein<br />

fördern. Man muss nur daran interessiert<br />

sein, sie zu untersuchen. Tut Kritik das nicht,<br />

ist sie <strong>wissenschaft</strong>lich unseriös und politisch<br />

konservativ nutzbar“ (Prokop 2001, 436). Es<br />

erscheint zumindest fraglich, ob eine derartig<br />

auf eine politische Richtung festgelegte Vorgehensweise<br />

tatsächlich dem Ideal des objektiven<br />

Erkenntnisfortschritts der Wissenschaft folgen<br />

kann.<br />

Der Literatur<strong>wissenschaft</strong>ler Jochen Hörisch<br />

nutzt unterschiedliche Perspektiven der<br />

LITERATUR<br />

Kulturtheorie, der Literaturgeschichte und der<br />

medien<strong>wissenschaft</strong>lichen Geschichtsschreibung,<br />

um ein spannungsvolles Wechselverhältnis<br />

aus <strong>Medien</strong>- und Kulturgeschichte entstehen<br />

zu lassen. „Die leitende These der vorliegenden<br />

<strong>Medien</strong>geschichte lautet: Die im Bann<br />

von Stimme und Schrift stehende frühe <strong>Medien</strong>geschichte<br />

ist sinnzentriert, die neuere <strong>Medien</strong>technik<br />

fokussiert hingegen unsere Aufmerksamkeit<br />

immer stärker auf die Sinne. (…)<br />

Um zu schematisieren: Die frühen <strong>Medien</strong><br />

Stimme und Schrift schalten das Verhältnis von<br />

Sinn und Sinnen so, dass die Gesamtheit dieses<br />

Verhältnisses von seiner Sinnseite dominiert<br />

wird. Die Post-Gutenberg-<strong>Medien</strong> Phonound<br />

Photographie mitsamt ihren radiophonen<br />

und televisionären Abkömmlingen schalten die<br />

Sinn-Sinne-Relation so, dass der traditionelle<br />

Sinnprimat gesprengt werden kann.“ (Hörisch<br />

2001, 14)<br />

Vielfach sind bei Hörisch Anlehnungen an<br />

die Theorien Friedrich Kittlers erkennbar, der<br />

die militärischen Ursprünge medientechnischer<br />

Entwicklungen betont. „Die Geschichte<br />

des 20. Jahrhunderts ist die Geschichte der totalen<br />

<strong>Medien</strong>mobilmachung. Das 19. Jahrhundert<br />

stand (wie die schrift- beziehungsweise<br />

buchfixierten Jahrhunderte zuvor) mediengeschichtlich<br />

überwiegend im Zeichen von Speichermedien<br />

– von Photographie, Phonographie<br />

und Kinematographie, aber auch von Schreibmaschinen<br />

und Massenpresse. <strong>Medien</strong>technik<br />

insgesamt, die flüchtige Augenblicke, Töne,<br />

Bewegungen und Ereignisse zu bannen und<br />

dauerhaft zu speichern vermag. (…) Vor und<br />

um 1900 drängten sich dann zusehends Übertragungsmedien<br />

wie die Telegraphie und das<br />

Telephon in den Vordergrund – also <strong>Medien</strong>techniken,<br />

die Übertragungsmedientechniken<br />

sind und sich darauf kaprizieren, zwei Sender<br />

beziehungsweise Empfänger miteinander zu<br />

verbinden.“(Hörisch 2001, 324)<br />

Hörischs Untersuchung legt sich als Metageschichte<br />

der <strong>Medien</strong> über zahllose vorhandene<br />

Untersuchungen, die er in ihren Erklärungspotenzialen<br />

je nach Bedarf geschickt kombiniert.<br />

Er strukturiert sein Buch in die chronologische<br />

Abfolge von <strong>Medien</strong>entwicklungen:<br />

Sound, Stimme, Bilder, Schrift, Buchdruck,<br />

Presse/Post, Photographie, Phono- und Telegraphie,<br />

Film, Radio, Fernsehen, Computer/<br />

Internet. Diese chronologische Abfolge wird<br />

jedoch in den Kapiteln selbst thematisch orientiert<br />

durchbrochen und durch wechselnde as-<br />

571


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

soziativ gesetzte historische Bezüge ersetzt.<br />

Neben zahllosen vorhandenen Untersuchungen<br />

bezieht sich Hörisch auch auf Texte aus<br />

dem Bereich der Belletristik, deren „medienhistorische<br />

und medienanalytische Einsichten<br />

(…) sich das vorliegende Buch dankbar zunutze<br />

macht.“ (Hörisch 2001, 10) Prokop nutzt<br />

nur vereinzelt die Erklärungsmuster fiktionaler<br />

Texte, etwa Ecos „Der Name der Rose“<br />

(Prokop 2001, 72ff.), bezieht sich dafür umso<br />

stärker auf soziologische Studien.<br />

Prokop bindet seine chronologisch strukturierte<br />

<strong>Medien</strong>geschichte in ausführliche Erläuterungen<br />

zur Zeit- und Gesellschaftsgeschichte<br />

ein. Ausgangspunkt dieser Vorgehensweise ist<br />

die These: „Die Massenmedien entwickelten<br />

sich, weil sich Macht, Wirtschaft und Gesellschaft<br />

veränderten.“ (Prokop 2001, 54) Es fehlen<br />

an vielen Stellen die Bezüge der langen Ausführungen<br />

zur Gesellschaftsgeschichte zur <strong>Medien</strong>geschichte<br />

selbst. Innerhalb des chronologischen<br />

Aufbaus setzt Prokop vielfach Bezüge<br />

von Vorformen zu späteren <strong>Medien</strong>entwicklungen.<br />

So beschreibt er im Abschnitt zur Renaissance<br />

die 1560 erfolgten Theaterinszenierungen<br />

des Giovanni Battista Della Porta als<br />

„‚Fernsehen‘: Das Publikum wusste nichts von<br />

dem Theater draußen in der Sonne und staunte<br />

über die realistischen bewegten Bilder, die im<br />

dunklen Zimmer auf eine Wand projiziert und<br />

mit Musik begleitet wurden.“ (Prokop 2001,<br />

85)<br />

Auch in der Berücksichtigung vorhandener<br />

medienhistorischer Untersuchungen unterscheiden<br />

sich beide Ansätze. Während Hörisch<br />

in seinen kultur<strong>wissenschaft</strong>lichen Ansatz auch<br />

historische Arbeiten aus dem Bereich <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong><br />

integriert (etwa Stöber),<br />

scheint Prokops soziologischer Blickwinkel<br />

ihn davon abzuhalten, die Vielzahl vorliegender<br />

medien<strong>wissenschaft</strong>licher Arbeiten zur<br />

<strong>Medien</strong>geschichte zur Kenntnis zu nehmen. So<br />

kommt er bei seinen Ausführungen zur Fernsehgeschichte<br />

völlig ohne die grundlegenden<br />

Arbeiten von Knut Hickethier aus. Auch<br />

schreibt er die These von der Restzeitverwertung<br />

der <strong>Medien</strong>nutzung Luhmann zu, obwohl<br />

sie sehr viel früher bei Hickethier zu finden ist.<br />

Aus dem Bereich des Siegener Sonderforschungsbereichs<br />

zur Fernsehgeschichte nutzt<br />

er nur Werner Faulstichs Arbeiten wahlweise<br />

als Materiallieferant oder „Theorieboxsack“.<br />

Schon die Einleitung seines Buches nutzt<br />

Prokop zu einem Pauschalrundschlag vielfälti-<br />

572<br />

ger Aburteilung der <strong>wissenschaft</strong>lichen Konkurrenz.<br />

Die Angriffe etwa gegen die Unterhaltungssoziologen<br />

(Rainer Winter) oder Neo-<br />

Pascalisten (Jo Reichertz) durchziehen das<br />

ganze Buch. Konkurrierende Definitionen<br />

etwa des <strong>Medien</strong>begriffs werden als Blödsinn<br />

bezeichnet, der die Forschung nicht weiterbringe,<br />

so kann er denn auch auf eine weiter gehende<br />

argumentative Auseinandersetzung verzichten.<br />

Diese bleibt nur wenigen konkurrierenden<br />

Theorien vorbehalten und lesen sich<br />

dann etwa so: „Die Systemtheorie zeigt dasselbe<br />

Argumentationsmuster wie der katholische<br />

Gegenreformator: Erst wird die Welt propagandistisch<br />

als Chaos dramatisiert, dann wird<br />

das Kollektiv als Lösung angeboten.“ (Prokop<br />

2001, 431)<br />

Beide Autoren erfassen in ihren historischen<br />

Untersuchungen einen langen Zeitraum.<br />

Hörisch befasst sich neben „den frühen <strong>Medien</strong><br />

Schrift, Bild und Buch“, auch mit „den neuen<br />

und neuesten <strong>Medien</strong>, die vermögen, was<br />

kein Buch vermag – zum Beispiel den flatus<br />

voci, die flüchtigen Laute, aufzuzeichnen und<br />

als Laute, die sie sind, festzuhalten (zum Beispiel<br />

auf Wachswalzen, Schellack-Platten,<br />

Filmrollen, Ton- beziehungsweise Videobändern<br />

und CDs).“ (Hörisch 2001, 10) Diese Orientierung<br />

an Materialträgern lässt unschwer<br />

den Einfluss der Arbeiten Friedrich Kittlers erkennen,<br />

der auch häufig zitiert wird.<br />

Prokop Anfangspunkt liegt in „der Antike<br />

ab ca. 500 vor unserer Zeitrechnung“ und erfasst<br />

das Mittelalter. Er bemerkt selbst: „Das ist<br />

ungewöhnlich. Man erwartet eher, dass eine<br />

Geschichte der Massenmedien mit der Erfindung<br />

des Buchdrucks im 15. Jahrhundert beginnt<br />

oder mit dem Aufkommen regelmäßig erscheinender<br />

Zeitungen im frühen 17. Jahrhundert.<br />

Man konzentriert sich auf die Schrift und<br />

vergisst die öffentlichen Bilder und Spiele.“<br />

(Prokop 2001, 7f.) Die Quellenproblematik,<br />

die sich mit der Geschichte der Populärkultur<br />

verbindet, wird leider nicht beschrieben. Auch<br />

Hörisch verzichtet vielfach auf eine direkte<br />

Auseinandersetzung mit den Quellen und zieht<br />

dann für seine langen Datenaufzählungen medialer<br />

Entwicklungen die Chronik von Hiebel<br />

heran, deren zeitliche Zuordnungen vielfach<br />

nicht nachvollziehbar sind und sich von anderen<br />

Datengebungen der <strong>Medien</strong>geschichte unterscheiden.<br />

Umfassende historische Untersuchungen<br />

sind auch umfassende mögliche Fehlerquellen.


Aus Stuart Hall wird bei Prokop Steward Hall.<br />

Hörisch verwendet zahllose fragwürdige Daten<br />

und interpretiert die Abkürzung ARD<br />

zunächst als Allgemeiner Rundfunk Deutschland<br />

(Hörisch 2001, 15f.). Auch wird das Radio<br />

in Edgar Reitz’ „Heimat“ nicht erst mit der<br />

Führerrede des 1. September 1939 zum Motiv,<br />

denn bereits in der ersten Folge beobachtet die<br />

Dorfgemeinschaft die Empfangsversuche von<br />

Paul Simon.<br />

Erst die Kombination beider Publikationen<br />

mit ihren soziologischen und kultur<strong>wissenschaft</strong>lichen<br />

Erklärungsmustern ergibt ein umfassendes<br />

Gesamtspektrum der <strong>Medien</strong>geschichte.<br />

Joan Kristin Bleicher<br />

Urban Pappi<br />

Teledienste, <strong>Medien</strong>dienste und Rundfunk<br />

Ihre Abgrenzung im Recht der elektronischen<br />

<strong>Medien</strong><br />

Baden-Baden: Nomos, 2000. – 176 S.<br />

(Schriftenreihe des Archivs für Urheber- und<br />

<strong>Medien</strong>recht; 182).<br />

ISBN 3-7890-6954-X<br />

Babette Kibele<br />

Multimedia im Fernsehen<br />

Die gesetzlichen Grundlagen audiovisueller Informations-<br />

und <strong>Kommunikations</strong>dienste auf<br />

der Basis des deutschen und europäischen <strong>Medien</strong>rechts<br />

München: Verlag C. H. Beck, 2001. – 258 S.<br />

(Information und Recht; 18).<br />

ISBN 3-406-47799-2<br />

Die Dissertationen von Pappi (Freiburg) und<br />

Kibele (Münster) behandeln ein hochaktuelles,<br />

schwieriges und <strong>wissenschaft</strong>lich wichtiges<br />

Thema mit erheblicher Bedeutung für die Praxis:<br />

Definition und Abgrenzung von Rundfunk,<br />

<strong>Medien</strong>diensten und Telediensten. Weitere<br />

Dissertationen zu diesem Thema sind in<br />

der Zwischenzeit veröffentlicht worden, die für<br />

die folgende Rezension jedoch nicht ausgewertet<br />

wurden; auf die Dresdener Dissertation von<br />

Claudia Bernard, Rundfunk als Rechtsbegriff,<br />

2001 im Centaurus-Verlag veröffentlicht, und<br />

die Passauer Dissertation von Torsten Brand,<br />

Rundfunk im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2<br />

Literatur · Besprechungen<br />

GG, 2002 bei Duncker & Humblot erschienen,<br />

sei ergänzend hingewiesen.<br />

Die beiden vorzustellenden Arbeiten könnten<br />

unterschiedlicher kaum sein. Dies beginnt<br />

bei der äußeren Form. Während die Freiburger<br />

Dissertation (Pappi) in der UFITA-Schriftenreihe<br />

konventionell gewandet daherkommt<br />

und in der alten Rechtschreibung verfasst ist,<br />

wirkt die Arbeit von Kibele in neuer Schreibung<br />

und dem frischen Design der Schriftenreihe<br />

Information und Recht äußerlich moderner.<br />

Ferner erfreut Kibele den Leser mit einem<br />

sehr ordentlichen Stichwort- und einem eigenen<br />

Abkürzungsverzeichnis, die bei Pappi beide<br />

fehlen, was dadurch negativ verstärkt wird,<br />

dass Pappi zum Teil eigene anstelle der amtlichen<br />

Abkürzungen verwendet: z. B. RfStV anstatt<br />

RStV für den Rundfunkstaatsvertrag oder<br />

BayRF-Gesetz statt BayRG für das Gesetz<br />

über den Bayerischen Rundfunk. Es mag<br />

grenzwertig unter Form angemerkt werden,<br />

dass Pappi in den inhaltlichen Randzonen seiner<br />

Arbeit vereinzelt unsorgfältig mit Bezeichnungen<br />

umgeht: z. B. spricht er auf S. 35 von<br />

klassischer Musik anstatt von unkommentierter<br />

Instrumentalmusik ohne Werbung, wie es<br />

in der von ihm zitierten Stelle im BayMG-<br />

Kommentar von Bornemann/Lörz heißt, oder<br />

er nennt die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten<br />

in Fußnote 110 auf S. 33 Direktorenkonferenz<br />

der Landesmedienzentralen,<br />

was vielleicht daran liegt, dass er als Student<br />

ein Praktikum bei der Bayerischen Landeszentrale<br />

für neue <strong>Medien</strong> abgeleistet hat. Die Divergenz<br />

im Umfang der Literaturverzeichnisse<br />

(Pappi: 7 Seiten, Kibele: über 23 Seiten) ist<br />

überwiegend drucktechnisch verursacht; während<br />

durchschnittlich über 30 Werke auf jeder<br />

Seite in der Arbeit von Pappi nachgewiesen<br />

sind, enthält eine Seite im Buch von Kibele<br />

durchschnittlich weniger als 15 Werke.<br />

Es wäre ein großer Fehler, sich nach diesem<br />

kritischen Einstieg gegen die Lektüre der Dissertation<br />

von Pappi zu entscheiden, die sich bei<br />

inhaltlicher Wertung als prägnant formulierte,<br />

scharfsinnige Arbeit der rechts<strong>wissenschaft</strong>lichen<br />

Grundlagenforschung darstellt, die auch<br />

kommunikations<strong>wissenschaft</strong>liche Erkenntnisse<br />

sinnvoll einbezieht. Demgegenüber darf<br />

der Leser bei Kibele eine im deskriptiven Teil<br />

breit angelegte Arbeit über Entwicklung und<br />

Stand von Erscheinungsformen elektronischer<br />

Informations- und <strong>Kommunikations</strong>angebote<br />

erwarten, die jeweils die Rechtslage für den öf-<br />

573


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

fentlich-rechtlichen Rundfunk gesondert darstellt.<br />

Pappi referiert – wie Kibele – die <strong>wissenschaft</strong>liche<br />

Kontroverse zur Thematik zutreffend.<br />

Der deskriptive Teil seiner Arbeit belegt,<br />

dass der Autor sich auskennt. Das erlaubt ihm,<br />

klare eigene Positionen zu beziehen. Vor eindeutig<br />

formulierter Kritik an misslungenen Regelungen<br />

schreckt er nicht zurück, etwa wenn<br />

er meint, die zersplitterte Aufsicht über die<br />

Telemedien „dürfte sich auch in der Praxis<br />

als kostenintensive Fehlkalkulation erweisen.“<br />

(S. 19)<br />

Kibele hat mit großer Sorgfalt viele Fakten<br />

zusammengetragen, die sie vollständig ausbreitet.<br />

Chronologische Darstellungen (S. 24), Begriffserklärungen<br />

(S. 31) Kategorisierungen<br />

(S. 41), Umfrageergebnisse (S. 51) oder sonstige<br />

tabellengeeignete Daten (z. B. S. 125–129,<br />

S. 211–216, 221, 231) werden durch tabellarische<br />

oder sonstige grafische Gestaltung (S. 16,<br />

33, 44, 125) anschaulich gemacht.<br />

Im Gegensatz zu Kibele, die im Wesentlichen<br />

die herrschende Meinung referiert, auf die vielfältigen,<br />

gut recherchierten <strong>Medien</strong>phänomene<br />

anwendet und den Gesetzgeber zu Lösungen für<br />

die erkannten Probleme aufruft, entwickelt Pappi<br />

einen eigenen rechtsdogmatischen Lösungsansatz<br />

auf der Grundlage der bestehenden Vorschriften.<br />

Dazu entfaltet er Art. 5 Abs. 1 Satz 2<br />

GG über den Wortlaut hinaus zu einem Schutzschirm<br />

für alle massenkommunikativen Verhaltensweisen;<br />

das ermöglicht ihm eine Kategorisierung<br />

medialer Massenkommunikationsphänomene<br />

unabhängig von den Begriffen „Presse“,<br />

„Film“ und „Rundfunk“, da Art. 5 Abs. 1<br />

Satz 2 GG nach seiner Ratio auch solche Massenkommunikation<br />

schütze, die der Verfassungsgeber<br />

noch nicht kannte und deshalb in<br />

der Aufzählung noch nicht benennen konnte.<br />

Deshalb besteht für Pappi keine Notwendigkeit,<br />

<strong>Medien</strong>dienste unter den verfassungsrechtlichen<br />

Rundfunkbegriff zu subsumieren, um ihnen<br />

den Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG angedeihen<br />

zu lassen. Bekanntlich definiert das<br />

Grundgesetz den Rundfunkbegriff nicht. Die<br />

Definitionen der verschiedenen einschlägigen<br />

Gesetze (Rundfunkstaatsvertrag, Landesmediengesetze,<br />

Landesrundfunkgesetze, Bundesrundfunkgesetz)<br />

entschleiert Pappi als Anwendungsbereichsregeln,<br />

die in Wahrheit nicht den<br />

Rundfunkbegriff (mit kleinen Unterschieden)<br />

definieren, sondern den Anwendungsbereich<br />

der verschiedenen Gesetze festlegen. Schließlich<br />

574<br />

schlägt er vor, nicht allein anhand abstrakter Begriffsdefinitionen<br />

festzulegen, was im Rechtssinn<br />

Rundfunk sein soll, sondern zusätzlich anhand<br />

der Zweckbestimmung von Rundfunkrecht<br />

zu fragen, was für Rundfunk typisch ist<br />

(S. 91ff.). Dabei greift er auf die Normsituation<br />

des Erlasses des Grundgesetzes zurück: Der<br />

Verfassungsgeber hatte die bekannten Erscheinungsformen<br />

Hörfunk und Fernsehen vor Augen.<br />

Alle funktechnisch verbreiteten massenkommunikativen<br />

<strong>Medien</strong>angebote, die eine<br />

rundfunktypische Gefährdungslage für die öffentliche<br />

Meinungsbildung schaffen, bedürfen<br />

der besonderen rundfunkspezifischen gesetzlichen<br />

Ausgestaltung. Weil die weniger meinungsrelevanten<br />

Informations- und <strong>Kommunikations</strong>angebote<br />

des <strong>Medien</strong>dienste-Staatsvertrags<br />

nach diesem Ansatz kein Rundfunk im verfassungsrechtlichen<br />

Sinn sind, sondern in Art. 5<br />

Abs. 1 Satz 2 GG nicht ausdrücklich genannte,<br />

aber gleichwohl durch ihn grundrechtlich geschützte<br />

Massenkommunikation, entsteht das<br />

Dilemma nicht, entgegen der Doktrin des Bundesverfassungsgerichts<br />

vom verfassungsrechtlich<br />

vorgegebenen gesetzlichen Ausgestaltungsvorbehalt<br />

zulassungs- und anmeldefreie <strong>Medien</strong>dienste<br />

ohne vorgegebene Programmgrundsätze<br />

als nicht ausgestaltete Rundfunkformen<br />

verteidigen zu müssen (S. 115f.). Dass<br />

bei diesem Ansatz auch der Schönheitsfehler<br />

zweier verschiedener Rundfunkbegriffe (eines<br />

weiteren verfassungsrechtlichen und eines engeren<br />

einfachrechtlichen) vermieden wird, sei<br />

ergänzend bemerkt. Das Problem der Einordnung<br />

des § 20 Abs. 2 Satz 2 RStV in dieses System<br />

wird zwar gesehen, aber nicht als Problem<br />

gewertet. Bei konsequenter Anwendung des<br />

Ansatzes von Pappi wäre die Vorschrift mindestens<br />

überflüssig: Unabhängig von der Subsumtionsfähigkeit<br />

eines Dienstes unter die Regelbeispiele<br />

des § 2 Abs. 2 MDStV könnte im Wege<br />

der Einzelfallabwägung nach Pappis Modell immer<br />

festgestellt werden, ob ein Dienst wegen seiner<br />

(überwiegenden) typischen Merkmale<br />

Rundfunk ist. In der Tat unterscheiden sich die<br />

notwendigen Prüfungsschritte nach dem Ansatz<br />

der überwiegenden Meinung und nach Pappi<br />

nicht. Gleichwohl konstruiert der Gesetzgeber<br />

in § 20 Abs. 2 Satz 2 RStV eine besondere<br />

Konstellation, die es nach dem auf eindeutige<br />

Ergebnisse bedachten Ansatz von Pappi gar<br />

nicht geben kann: <strong>Medien</strong>dienste, die dem<br />

Rundfunk zuzuordnen sind. Nach Pappi wären<br />

diese „<strong>Medien</strong>dienste“ aufgrund ihrer rund-


funktypischen Merkmale bereits als Rundfunk<br />

zu definieren; die Rechtsfolge ist in beiden Modellen<br />

prinzipiell gleich. Nach Rundfunkstaatsvertrag<br />

ist jedoch eine einstimmige Entscheidung<br />

aller Landesmedienanstalten für die rechtliche<br />

Zuordnung zum Rundfunk konstitutiv.<br />

Zwar gilt dies möglicherweise nur im Hinblick<br />

auf medienrechtliche Sanktionen und bindet bereits<br />

die Gerichte in wettbewerbsrechtlichen<br />

Auseinandersetzungen nicht. Ein Dilemma liegt<br />

hierin doch: Falls das Einvernehmen unter den<br />

15 Landesmedienanstalten nicht zustande<br />

kommt, findet Rundfunk außerhalb rundfunkrechtlicher<br />

Regeln statt (S. 153f.). Pappi löst das<br />

Problem durch Vertrauen auf „die Koordinierungsfähigkeit<br />

der Landesmedienanstalten“.<br />

(S. 154 Fn. 703) Es schmerzt den Rezensenten,<br />

dieses Vertrauen wegen der standortpolitischen<br />

Versuchungen der Landesmedienanstalten, die<br />

insoweit zum Teil landespolitischem Druck ausgesetzt<br />

sind, nicht teilen zu können. Abgesehen<br />

davon bietet Pappi ein in sich geschlossenes System<br />

an, das frei ist von logischen Brüchen und<br />

deshalb für die medienrechtliche Diskussion einen<br />

hervorragenden Beitrag zu leisten vermag.<br />

Der nahezu aussichtlosen Debatte über die<br />

Abgrenzung von <strong>Medien</strong>diensten und Telediensten<br />

anhand der Gesetzestexte gibt Pappi<br />

richtigerweise durch Beleuchtung mit verfassungsrechtlichenGesetzgebungskompetenztiteln<br />

Kontur. Seine kritische Distanz zur Bundeskompetenz<br />

ist überzeugend dargelegt und<br />

schwer zu überbrücken. Mit nachvollziehbarer<br />

Schroffheit weist er die Idee zurück, Inhalte<br />

von Individualkommunikation überhaupt gesetzlich<br />

zu regeln (S. 147f.). Somit bleibt es bei<br />

einer umfassenden Länderkompetenz für die<br />

Regelung aller Erscheinungsformen der Massenkommunikation<br />

und Einzelkompetenzen<br />

des Bundes zu verschiedenen Teilbereichen<br />

(z. B. Fernmelderecht, Recht der Wirtschaft,<br />

Strafrecht, Bürgerliches Recht), die jedoch<br />

nicht als Vorwand für Gesamtregelungen von<br />

Informations- und <strong>Kommunikations</strong>diensten<br />

nutzbar gemacht werden dürfen. Demgegenüber<br />

bleibt Kibele auf der Ebene der Interpretation<br />

von einfachrechtlichen Gesetzestexten,<br />

denen sie versucht, das Beste abzugewinnen.<br />

In pointierter Zusammenfassung könnte die<br />

Arbeit von Pappi als originelle rechtsdogmatische<br />

Grundlagenforschung charakterisiert<br />

werden, während Kibele mehr eine Phänomenologie<br />

aktueller medialer Angebotsformen<br />

mit historischen Reminiszenzen unter aus-<br />

Literatur · Besprechungen<br />

drücklicher Würdigung der Vorgaben für den<br />

öffentlich-rechtlichen Rundfunk vorgelegt hat,<br />

die sauber subsumiert und in ihren rechtlichen<br />

Wertungen im Wesentlichen der überwiegenden,<br />

wenn nicht herrschenden Meinung folgt.<br />

Beide Arbeiten berücksichtigen die europarechtlichen<br />

Implikationen.<br />

Roland Bornemann<br />

Clemens Schwender<br />

<strong>Medien</strong> und Emotionen<br />

Evolutionspsychologische Bausteine einer<br />

<strong>Medien</strong>theorie<br />

Wiesbaden: DUV, 2001. – 342 S.<br />

ISBN 3-8244-4470-4<br />

Zugl.: Berlin, TU, Habil., 2000<br />

Evolutionspsychologie, Soziobiologie und<br />

Ethologie erforschen die biologischen Grundlagen<br />

menschlichen Wahrnehmens, Denkens<br />

und Verhaltens. Der Mensch ist ihnen zufolge<br />

wesentlich durch angeborene, evolutionär entwickelte<br />

Anlagen geprägt. Menschen sehen,<br />

fühlen und handeln nicht zuletzt deshalb auf<br />

bestimmte Weise, weil dies in ihrer Entwicklungsgeschichte<br />

einmal einen adaptiven Vorteil<br />

bedeutete. Letztlich sind sie wie alle Lebewesen<br />

auf das Ziel reproduktiver Fitnessmaximierung<br />

ausgerichtet. Die genannten Disziplinen gehen<br />

davon aus, dass die natürlichen Anlagen des<br />

Menschen auch sein soziokulturelles Handeln<br />

in hohem Maße beeinflussen. Wenn dies zutrifft,<br />

liegt der Gedanke nahe, evolutionspsychologische<br />

Forschungsergebnisse in die Geistes-<br />

und Sozial<strong>wissenschaft</strong>en zu integrieren.<br />

Dort stoßen die evolutionspsychologischen<br />

und soziobiologischen Thesen seit einigen Jahren<br />

auf faszinierte Zustimmung, häufiger jedoch<br />

auf scharfen Widerspruch. Denn sie treffen<br />

auf Positionen, die gerade die Freiheit des<br />

Menschen von natürlichen Zwängen betonen<br />

und der Ansicht sind, dass menschliches Verhalten<br />

stärker durch andere Faktoren, etwa gesellschaftliche<br />

Kontexte, als durch angeborene<br />

Anlagen bestimmt wird. Die kulturalistischen<br />

Positionen werfen den naturalistischen Ansätzen<br />

Biologismus, Determinismus, Reduktivismus,<br />

mangelnde Falsifizierbarkeit und politische<br />

Inkorrektheit vor; die Naturalisten bezichtigen<br />

die Kulturalisten der Ignoranz gegenüber<br />

empirischen Belegen. Die Gegner<br />

stehen sich meist unversöhnlich gegenüber.<br />

575


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

Nun sind die Konzepte der Evolutionspsychologie<br />

auch in der <strong>Medien</strong>theorie angekommen:<br />

Clemens Schwender (TU Berlin) wendet<br />

sie in seiner Habilitation auf den Bereich massenmedialer<br />

Kommunikation an. Trotz des Titels<br />

„<strong>Medien</strong> und Emotionen“ entwickelt das<br />

Buch keine medienbezogene Emotionstheorie<br />

(dieser Bereich wird nur gestreift), sondern –<br />

umfassender – eine evolutionsbiologisch begründete<br />

<strong>Medien</strong>anthropologie. Wo McLuhan<br />

die <strong>Medien</strong> als „Prothesen“ bezeichnet, die die<br />

menschlichen Fähigkeiten erweitern, spricht<br />

Schwender von „Attrappen“, die die natürliche<br />

und soziale Umwelt nachahmen.<br />

Seine beiden Hauptthesen sind verblüffend<br />

einfach. Erstens: Menschen reagieren auf <strong>Medien</strong>angebote,<br />

weil diese in wesentlichen Hinsichten<br />

der Umwelt gleichen, an die sich Sinneswahrnehmung<br />

und Informationsverarbeitung<br />

angepasst haben. „<strong>Medien</strong> sind Attrappen<br />

für Auge, Ohr und Gehirn“ (S. 41). Zweitens:<br />

Die Inhalte von <strong>Medien</strong>angeboten zielen auf<br />

evolutionär entwickelte Mechanismen und<br />

Motive der Rezipienten, die vor allem den<br />

Bereich des Zusammenlebens betreffen. „<strong>Medien</strong><br />

sind Attrappen des sozialen Verhaltens“<br />

(S. 129).<br />

Die Entwicklung dieser Thesen gliedert sich<br />

in vier Teile. Der erste fasst ihre evolutionspsychologischen<br />

Prämissen zusammen. Schwender<br />

skizziert Darwins Grundlegung der Evolutionstheorie<br />

und deren moderne Auffassung als<br />

„Genetik plus Spieltheorie“. Die Evolutionspsychologie<br />

wird als Verbindung von evolutionstheoretischen,<br />

soziobiologischen und empirisch-psychologischen<br />

Modellen charakterisiert<br />

und in provokanter Zuspitzung von Soziologie<br />

und Psychoanalyse abgegrenzt. Das<br />

dort vorherrschende „Standard Social Science<br />

Model“ menschlichen Verhaltens fasse den<br />

Menschen als von natürlichen Voraussetzungen<br />

völlig unabhängiges Wesen auf und stehe<br />

evolutionstheoretischen Erkenntnissen blind<br />

gegenüber.<br />

Der zweite Teil des Buchs skizziert biologische<br />

Voraussetzungen der Wahrnehmung und<br />

Informationsverarbeitung, aufgrund derer die<br />

<strong>Medien</strong> als „Attrappen für Auge, Ohr und Gehirn“<br />

fungieren können. In <strong>Medien</strong>wahrnehmung<br />

und Realitätswahrnehmung werden<br />

demzufolge dieselben perzeptiven und kognitiven<br />

Mechanismen angesprochen; so beruht<br />

etwa die Realitätsillusion des Films auf Bau und<br />

Funktionsweise von Auge und Hirn. Imagina-<br />

576<br />

tion, Fiktion und Empathie führt Schwender<br />

auf den evolutionär nützlichen Vorgang des<br />

Denkens als Probehandeln zurück, Emotionen<br />

versteht er als adaptive reaktionssteuernde Programme.<br />

Dass Rezipienten auf <strong>Medien</strong>darstellungen<br />

affektiv reagieren, obwohl ihnen der<br />

Unterschied zur Realität bewusst ist, liege an<br />

der funktionalen Modularität des Gehirns.<br />

Die <strong>Medien</strong>-Attrappen täuschen also Sinne<br />

und Gehirn. Dabei richten sich die <strong>Medien</strong>angebote<br />

nach evolutionär vorgegebenen Interessen<br />

vor allem sozialer Art. Dies will der dritte<br />

und längste Teil des Buchs zeigen, der die<br />

Evolutionspsychologie auf <strong>Medien</strong>themen,<br />

Genres und Rezeptionsmotive anwendet. Sprache<br />

diene vorwiegend der Pflege von Sozialbeziehungen<br />

(„Weiterentwicklung des Kraulens“).<br />

Entsprechend drehten sich Gespräche in<br />

den <strong>Medien</strong> vorwiegend um fitnessrelevante<br />

Themen wie Reproduktion, Dominanz und<br />

Kooperation. Eine empirische Untersuchung<br />

zur relativen Häufigkeit von Talkshow-Themen<br />

soll diese These stützen. Schönheit und<br />

Kunst sieht Schwender im „Wahrnehmen von<br />

Wegen zu optimierter Fitness“ begründet.<br />

Mode, Tanz und Gesang hätten sich als Formen<br />

der Balz und Kooperationsoptimierung entwickelt.<br />

Der Sport als wichtiges <strong>Medien</strong>ereignis<br />

erfülle Funktionen des Leistungsvergleichs und<br />

des Aushandelns von Gruppenkonflikten. Humor,<br />

dessen Vorformen sich schon bei Primaten<br />

nachweisen lassen, diene der Durchsetzung<br />

von Normen und dem gewaltlosen Umgang<br />

mit Aggression; in vielen Subgenres der Komödie<br />

stünden daher Fehlleistungen im Vordergrund.<br />

Partnerwahl, Elternschaft und soziale Kooperation<br />

bilden ebenfalls wesentliche <strong>Medien</strong>themen.<br />

Evolutionär bedingte Unterschiede<br />

im Sexualleben von Frau und Mann findet<br />

Schwender in Kontaktanzeigen, Soap Operas<br />

und Pornografie wieder. Die Rolle elterlicher<br />

Fürsorge untersucht er am Beispiel des Kindesmord-Themas<br />

in Fernsehsendungen. Kooperation<br />

und Betrüger-Suche bilden zentrale Inhalte<br />

fiktionaler Formate, aber auch der Nachrichten.<br />

Den klassischen Nachrichtenfaktoren-<br />

Ansatz will Schwender durch einen inhaltlichevolutionspsychologischen<br />

ersetzen.<br />

Der vierte und letzte Teil des Buchs versammelt<br />

heterogene „Konsequenzen für die<br />

Rezeption“: Fiktion sei eine Perfektionierung<br />

mentalen Probehandelns, inhaltlich zentriert<br />

auf Überleben und Reproduzieren. Zwischen


Unterhaltung und Information in den <strong>Medien</strong><br />

lasse sich keine klare Grenze ziehen. Als neue<br />

Fernsehprogramm-Einteilung schlägt Schwender<br />

eine Gliederung nach den evolutionspsychologisch<br />

begründeten Inhalten vor. Eine empirische<br />

Erhebung von ca. 14.000 TV-Sendungen<br />

soll die These stützen, dass diese Inhalte in<br />

den <strong>Medien</strong> im Vordergrund stehen.<br />

Die Grundgedanken des Buchs sind anregend<br />

und bestechend einfach, es versammelt<br />

eine Vielfalt interessanter Informationen und<br />

macht sie durch ein ausführliches Register zugänglich.<br />

Das primäre Ziel der evolutionspsychologischen<br />

<strong>Medien</strong>theorie ist nicht deskriptive<br />

Analyse, sondern Explikation; es geht vor allem<br />

darum, funktionalistische Erklärungen für<br />

mediale Formen und Inhalte anzubieten. Die<br />

einprägsame „Attrappen“-Metapher und der<br />

leicht lesbare Schreibstil helfen dabei, eine<br />

neuartige Sichtweise auf <strong>Medien</strong>angebote einzunehmen.<br />

Es erscheint in der Tat als sinnvoll,<br />

die evolutionspsychologischen Argumente zur<br />

Kenntnis zu nehmen. Dabei könnte Schwender<br />

für sein Anliegen mehr Verbündete finden.<br />

Denn ganz so neu, wie er es beansprucht, sind<br />

viele seiner Thesen nicht. Kognitive Filmtheoretiker<br />

haben schon vor längerer Zeit ähnliche,<br />

allerdings vorsichtigere Modelle entwickelt<br />

(z. B. Joseph D. Anderson), die Arbeiten anderer<br />

(z. B. Torben Grodal, Peter Ohler) weisen<br />

deutliche Berührungspunkte zur Evolutionspsychologie<br />

auf.<br />

Trotz seiner Vorzüge hinterlässt Schwenders<br />

Buch insgesamt einen zwiespältigen Eindruck.<br />

Das ist weniger auf die Schwierigkeiten integrativer<br />

Theoriebildung zurückzuführen, auf<br />

die umsichtig hingewiesen wird, als vielmehr<br />

darauf, dass das Buch immer wieder grundlegende<br />

Standards <strong>wissenschaft</strong>licher Argumentation<br />

verletzt. Das betrifft zum einen viele Details:<br />

Wiederholungen und „Wir“-Pauschalisierungen;<br />

Fehler wie die Verwechslung des epischen<br />

Theaters mit dem aristotelischen; die<br />

unzureichende Einordnung der empirischen<br />

Untersuchungen; lange, unnötige Abschweifungen,<br />

etwa über den Heimvorteil beim Fußball.<br />

Doch auch Grundsätzlicheres ist betroffen:<br />

Die einfache Klarheit der Darstellung gleitet<br />

vor allem im dritten und vierten Teil immer<br />

wieder in krude Vereinfachung ab; die pointierte<br />

Zuspitzung in eine Karikatur gegnerischer<br />

Positionen. An entscheidenden Stellen<br />

bleibt Schwender Quellenhinweise schuldig, so<br />

Literatur · Besprechungen<br />

geht er etwa hart mit dem „Standard Social<br />

Science Model“ ins Gericht, nennt aber keinen<br />

Soziologen, der dieses Modell vertritt. Seine<br />

evolutionspsychologischen Erklärungen inhaltlicher<br />

Präferenzen und <strong>Medien</strong>themen sind<br />

zum einen äußerst global – die detaillierte Analyse<br />

eines konkreten Beispiels wäre sinnvoll gewesen<br />

–, zum anderen monokausal: Obwohl<br />

Schwender am Anfang des Buchs den Einfluss<br />

der natürlichen Anlagen relativiert, bestimmen<br />

sie in den späteren Darstellungen ganz allein<br />

das Bild. Dabei wird weder eine klare Grenze<br />

gezogen zu den soziokulturellen Faktoren, die<br />

zu spezifischen Ausformungen der (<strong>Medien</strong>-)<br />

Kultur führen, noch werden Möglichkeiten<br />

und Regeln der Interaktion natürlicher und sozialer<br />

Faktoren aufgezeigt. Die Vorschläge der<br />

Ersetzung etablierter Modelle (Nachrichtenfaktoren,<br />

Programmeinteilung) sind in sich unstimmig<br />

und können in der vorliegenden Form<br />

nicht überzeugen. Die funktionalistische Sichtweise<br />

ignoriert Diskurstraditionen und wirkt<br />

oft grotesk überzeichnet; so ruft Schwenders<br />

Erklärung ästhetischer Darstellungen Nelson<br />

Goodmans Spott über eine solche „Turnhallentheorie<br />

der Kunst“ in Erinnerung.<br />

Die strategische Zuspitzung der Argumentation<br />

mag dem Ziel dienen, eine Diskussion in<br />

Gang zu bringen. Doch sie birgt Gefahren:<br />

Statt die Vielfalt der <strong>Medien</strong>angebote analytisch<br />

zu erfassen und sich für alternative Erklärungen<br />

offen zu halten, droht die simplifizierende<br />

Heuristik alles auf den kleinsten gemeinsamen<br />

Nenner (die angeborenen Anlagen)<br />

zurückzustutzen. Statt auf angeborene Tendenzen,<br />

die verbreitete Ungerechtigkeiten<br />

(z. B. Sexismus) möglicherweise antreiben, kritisch<br />

hinzuweisen, droht die kritiklose und vereinfachende<br />

Darstellung diese Ungerechtigkeiten<br />

zu legitimieren. Vorsicht bleibt auch gegenüber<br />

dem Erklärungspotenzial der Evolutionspsychologie<br />

angebracht: Viele ihrer Thesen<br />

sind trotz ihrer Plausibilität spekulativ und<br />

<strong>wissenschaft</strong>stheoretisch keineswegs gefestigt.<br />

Schwenders „evolutionspsychologische Bausteine<br />

einer <strong>Medien</strong>theorie“ müssten also präziser<br />

bearbeitet und durch weitere Elemente ergänzt<br />

werden, damit ein stabiles Haus daraus<br />

werden kann. Die Leistung des Buchs besteht<br />

aber darin, den Stein zu einer längst fälligen<br />

Diskussion ins Rollen zu bringen.<br />

Jens Eder<br />

577


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

Stefan Aufenanger / Mike Große-Loheide /<br />

Claudia Lampert / Uwe Hasebrink<br />

Alkohol - Fernsehen – Jugendliche<br />

Hamburg: Vistas, 2001. - 410 S.<br />

(HAM-Schriftenreihe; 21)<br />

ISBN 3-89158-325-7<br />

Endlich liegt auch aus Deutschland eine Studie<br />

zu dem immer wichtiger werdenden Thema<br />

vor, welche Rolle neben den Gewaltdarstellungen<br />

die Präsentationen anderer entwicklungsund<br />

gesundheitsgefährdender Themen im<br />

Fernsehen haben. Aus den USA kennen wir<br />

mehrere Untersuchungen mit diesem Zuschnitt,<br />

aber sie sind wegen der erheblich anderen<br />

Konturen der <strong>Medien</strong>landschaft und der<br />

Schul- und Jugendarbeit nur begrenzt übertragbar.<br />

Stefan Aufenanger und sein Forschungsteam<br />

haben es geschafft, Interesse und<br />

finanzielle Unterstützung nicht nur von der<br />

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung,<br />

sondern auch von der Hamburgischen<br />

Anstalt für neue <strong>Medien</strong> für dieses Pionierprojekt<br />

zu gewinnen. Sie legen jetzt einen ausführlichen<br />

und sehr differenzierten, zugleich aber<br />

gut lesbaren und spannungsreich aufgebauten<br />

Forschungsbericht vor. Er gehört ab sofort zu<br />

den zentralen Referenzquellen für Forschung<br />

und Praxis in diesem Bereich.<br />

Die zentralen Fragen der Studie werden in<br />

der Einleitung von der Direktorin der Bundeszentrale<br />

für gesundheitliche Aufklärung und<br />

dem Direktor der Hamburgischen Anstalt für<br />

neue <strong>Medien</strong> klar aufgelistet: Wie wird Alkohol<br />

im Fernsehen dargestellt? Wie hängen diese<br />

Darstellungen mit der Meinungsbildung von<br />

Jugendlichen im Umgang mit Alkohol zusammen?<br />

Inwieweit können medienpädagogische<br />

Projekte zu einer kritischen und reflektierten<br />

Haltung beitragen. Aus diesen Fragen geht hervor,<br />

das Projekt nimmt sich gleich mehrere<br />

Aspekte dieses vielschichtigen Themas vor, es<br />

strebt, wie die Autorinnen und Autoren in<br />

ihrem Vorwort betonen, „erstmals eine systematische<br />

und spartenübergreifende Bestandsaufnahme<br />

von Alkoholdarstellungen im Fernsehen“<br />

an. Auch in dieser Hinsicht also ein bemerkenswertes<br />

Projekt, das wegen seiner Kombination<br />

verschiedenster Methodiken und<br />

Forschungsstrategien Beachtung verdient.<br />

Das Thema „Alkohol im Fernsehen“ ist deswegen<br />

so bedeutsam, weil das Medium Fernsehen<br />

bei Jugendlichen nach wie vor sehr beliebt<br />

578<br />

ist und für viele zur wichtigsten Informationsund<br />

Unterhaltungsquelle in der Freizeit geworden<br />

ist. Das Forschungsteam arbeitet deswegen<br />

zu Recht mit der Hypothese, das Fernsehen<br />

werde gerade auch bei Fragen der Selbststeuerung<br />

des individuellen Verhaltens und der Formung<br />

von Lebensstilen eine immer wichtigere<br />

kulturelle Bezugsgröße für die junge Generation.<br />

Ob aber die medialen Darstellungsformen<br />

von Lebensstil, hier insbesondere die Darstellung<br />

der Rolle von Alkoholkonsum im täglichen<br />

Handeln, auch einen tatsächlichen Einfluss<br />

auf die Konsummuster von Jugendlichen<br />

haben, das konnten bisherige Studien nicht<br />

klären. An dieser schwierigen Frage versucht<br />

sich der Forschungsbericht. Er kombinierte<br />

eine Programmanalyse, nämlich eine systematische<br />

Bestandsaufnahme des Themas Alkohol<br />

im deutschen Fernsehen, die schon für sich eine<br />

ergiebige Basis für künftige Forschungen gibt,<br />

mit einer Untersuchung der Einstellungen von<br />

Jugendlichen zum Alkohol und zum Alkohol<br />

im Fernsehen und schließlich medienpädagogischen<br />

Projekten mit Jugendlichen, bei denen sie<br />

selbst durch Produktion von Videofilmen zum<br />

Thema Alkohol und zur Alkoholnutzung Position<br />

beziehen. Diese Forschungsteile werden<br />

durch einen medienrechtlichen Exkurs zu den<br />

heute bestehenden Rahmenbedingungen von<br />

Alkoholdarstellungen im Fernsehen hochkompetent<br />

ergänzt. In der Programmanalyse wurde<br />

das Angebot von acht deutschen Fernsehsendern<br />

berücksichtigt. Die bei Jugendlichen erfolgreichsten<br />

Programme wurden in die Auswertung<br />

einbezogen. Auf diese Weise wurden<br />

insgesamt 520 Stunden Programm analysiert,<br />

meines Wissens die umfassendste Studie dieser<br />

Art bisher in Deutschland. Alle Szenen mit Alkoholbezug<br />

wurden herausgegriffen, der Stellenwert<br />

der Darstellung und der Bewertung<br />

von Alkohol wurde kodiert, dieser Vorgang<br />

wurde für fiktionale und für Nachrichtensendungen<br />

gleichermaßen durchgeführt. Ein<br />

besonderes Augenmerk wurde auf die Konsumentinnen<br />

und Konsumenten von Alkohol in<br />

diesen Programmen gelegt. Die Motive der<br />

Konsumenten für den Alkoholkonsum, die<br />

Menge der von ihnen konsumierten verschiedenen<br />

Alkoholika, die sozialen Kontexte des<br />

Konsums – alles wurde sorgfältig verschlüsselt<br />

und analysiert. Dabei kommen schon überraschende<br />

Ergebnisse zustande: Polizisten trinken<br />

bei der Arbeit Alkohol, und zwar gleich in<br />

vier Serien („Ein Bayer auf Rügen“; „Balko“;


„Alarm für Cobra 11“; „Vier Frauen und ein<br />

Mord“). In der Sendung „Beverly Hills 90210“<br />

und „Polizeiruf 110“ trinken Darsteller beim<br />

Autofahren Alkohol oder fahren nach dem<br />

Konsum Auto, in anderen Sendungen wird<br />

während der Schwangerschaft Alkohol konsumiert.<br />

Die Häufigkeit der Darstellungen in diesen<br />

fiktionalen Programmangeboten bestätigt<br />

einen häufig bei Fernsehanalysen herausgearbeiteten<br />

Effekt: Die in Frage stehende Handlung<br />

erscheint allgegenwärtig und normal. In<br />

siebzig Prozent der 245 untersuchten fiktionalen<br />

Sendungen wurde mindestens eine Szene<br />

mit einem Alkoholbezug identifiziert. Die<br />

Konsumenten sind überwiegend positive Charaktere<br />

in den verschiedenen Sendungen. Auch<br />

wenn sie größere Mengen Alkohol konsumieren,<br />

wirken sie in der weitaus größten Zahl aller<br />

Darstellungen nüchtern und nicht alkoholisiert.<br />

Auch in den Informationssendungen der<br />

Stichprobe wurden viele Alkoholszenen kodiert.<br />

Das gilt insbesondere für Boulevard-Magazine,<br />

in denen fast 71 Prozent der ausgewählten<br />

Programme solche Szenen enthielten, und<br />

Dokumentationen mit 62 Prozent. In den meisten<br />

Szenen stellt Alkohol einen nebensächlichen<br />

Bestand dar, er wirkt als Requisite im<br />

Hintergrund. Entsprechend findet kritische<br />

Auseinandersetzung mit Alkohol in diesen Informationsbeiträgen<br />

nicht statt. Die Sportsendungen<br />

fallen besonders auf: In praktisch jeder<br />

Sendung dieser Sparte ist Alkohol präsent – Bezug<br />

auf diese Substanz wird aber nicht genommen,<br />

wenn man einmal von den expliziten verbalen<br />

Sponsorenhinweisen absieht. Alkohol ist<br />

permanenter Begleiter aller sportlichen Darstellungen,<br />

gerade der auch von Jugendlichen<br />

besonders stark nachgefragten Programme.<br />

Alles in allem zeigt diese Programmanalyse,<br />

dass Alkohol in Fernsehdarstellungen aller<br />

Formate und Sparten zu einem integralen Bestandteil<br />

des Alltags wird. „Nur in wenigen<br />

Fällen wird auf die Probleme und Folgen von<br />

Alkoholkonsum Bezug genommen, aus dieser<br />

Perspektive scheint auch oder gerade die Vielzahl<br />

an nebensächlichen Darstellungen problematisch“<br />

(S. 187). Ein bemerkenswerter Befund,<br />

der in aller Deutlichkeit unterstreicht,<br />

wie schwierig die vorbeugende Arbeit in diesem<br />

Bereich ist. Den Alkoholkonsum zu einem<br />

bewussten, mit Absicht gewählten Bestandteil<br />

der Gestaltung des Alltags und der Auswahl eines<br />

Lebensstils zu machen, das wird nämlich<br />

Literatur · Besprechungen<br />

durch die große Masse der Fernsehdarstellungen<br />

gerade nicht thematisiert.<br />

Hierin liegt aber die Chance jeder suchtpräventiven<br />

und auch medienpädagogischen<br />

Arbeit. Dieser Herausforderung stellen sich die<br />

Autorinnen und Autoren des Bandes in einer<br />

Reihe von ausgezeichnet angelegten medienpädagogischen<br />

Praxisprojekten, bei denen das<br />

zentrale Ziel der bewusste, von den Konsumentinnen<br />

und Konsumenten wahrgenommene<br />

Konsum von Alkohol war. Es sind elf Vorhaben<br />

realisiert worden, die Modell für ähnliche<br />

Vorhaben im schulischen und außerschulischen<br />

Bereich stehen können. Ergänzt werden<br />

die Projekte durch qualitative Befragungen von<br />

Jugendlichen zu ihrem Umgang mit Alkohol<br />

und ihrer Bewertung von Alkoholdarstellungen<br />

im Fernsehen.<br />

Ein wichtiges und sowohl forschungsmethodisch<br />

als auch pädagogisch-praktisch wegweisendes<br />

Forschungsprojekt liegt hier vor, das<br />

meiner Einschätzung nach in den nächsten Jahren<br />

Maßstäbe für gute weiterführende Untersuchungen<br />

in diesem Bereich setzen wird. Für<br />

die Präventionsarbeit, so zeigen die Ergebnisse<br />

dieser Studie, kommen harte Zeiten, denn die<br />

heute vorherrschenden Tendenzen der medialen<br />

Darstellung von Alkohol und Alkoholkonsum<br />

im Fernsehen fördern, auch wenn sie nicht<br />

von Alkoholindustrie gesponsert oder finanziert<br />

werden, den unterschwelligen, nicht ins<br />

Bewusstsein getragenen Konsum der „Volksdroge<br />

Alkohol“.<br />

Klaus Hurrelmann<br />

Gebhard Rusch (Hrsg.)<br />

Einführung in die <strong>Medien</strong><strong>wissenschaft</strong><br />

Konzeptionen, Theorien, Methoden, Anwendungen<br />

Wiesbaden: Westdeutscher, 2002. – 393 S.<br />

ISBN 3-531-13323-3<br />

Wer unter diesem Titel eine Einführung in ein<br />

fest umrissenes Feld von Theorien, Methoden<br />

und Anwendungsbereichen erwartet, wird enttäuscht<br />

werden. „So etwas wie die <strong>Medien</strong><strong>wissenschaft</strong><br />

als Einzeldisziplin mit fest umrissenen<br />

Inhalten, Methoden und Aufgaben gibt es<br />

– derzeit – noch gar nicht“ (S. 7) stellt denn<br />

auch der Herausgeber gleich zu Beginn seines<br />

Vorwortes freimütig fest. Dennoch – oder gerade<br />

deswegen – gelingt es mit den Beiträgen<br />

579


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

dieses Bandes, einen informativen, anregenden<br />

und spannenden Blick in das sich etablierende<br />

interdisziplinäre Forschungsfeld zu werfen.<br />

Gerade weil der Band nicht als reiner Einführungsband<br />

für Studierende einer etablierten<br />

Studienrichtung konzipiert ist, bietet er immer<br />

wieder neue Einsichten und Anregungen auch<br />

für Fachkollegen und am Gegenstandsbereich<br />

Interessierte benachbarter Disziplinen. Prägnanter<br />

Ausdruck dieser Schwerpunktsetzung<br />

ist die Gewichtung der vier Kapitel des Bandes:<br />

Kapitel 1 & 2, die sich mit „Konzeptionen“ sowie<br />

„Theoretischen Konzepten und Arbeitsfeldern“<br />

der <strong>Medien</strong><strong>wissenschaft</strong> auseinander setzen,<br />

machen bereits 5/7 des Textumfangs aus.<br />

Die beiden Kapitel zu den „Methoden“ und<br />

den „Anwendungsfeldern“ fallen demgegenüber<br />

nicht so sehr ins Gewicht, auch wenn der<br />

Herausgeber zu Recht betont, dass gerade in<br />

diesem Bereich nur exemplarisch vorgegangen<br />

werden kann (S. 313). Die umfangreiche „Mediographie“<br />

rundet den Überblick ab und bietet<br />

neben einem Überblick vor allem auch Einstiegspunkte<br />

in weiterführende Arbeitsfelder.<br />

Die Autoren des Kapitels zu den „Konzeptionen<br />

von <strong>Medien</strong><strong>wissenschaft</strong>“ nähern sich<br />

der Thematik aus unterschiedlichen Perspektiven.<br />

R. Viehoff zeichnet den Weg der Disziplin<br />

von den Ausweitungen des Gegenstandsbereiches<br />

der Germanistik, die vor über 30 Jahren<br />

mit den „Ansichten einer zukünftigen Germanistik“<br />

ihren Ausgangspunkt nahm, über verschiedene<br />

Paradigmenwechsel bis hin zum (an<br />

der Person von S. J. Schmidt festgemachten)<br />

Wechsel von der Literatur<strong>wissenschaft</strong> zur <strong>Medien</strong><strong>wissenschaft</strong><br />

nach. Schmidt selbst widmet<br />

sich der Frage nach dem Verhältnis der <strong>Medien</strong><strong>wissenschaft</strong><br />

zu den Nachbardisziplinen;<br />

dabei thematisiert er auch das nicht unproblematische<br />

Verhältnis zur Publizistik und den<br />

<strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong>en, ohne hier<br />

aber dogmatische Entscheidungen zu treffen.<br />

Stattdessen führt er die Differenzen auf unterschiedliche<br />

<strong>Medien</strong>begriffe zurück und schlägt<br />

als integratives Element die Entwicklung einer<br />

Bezugs- und Beobachtungsplattform vor. K.<br />

Kreimeier betreibt dagegen Positionsbestimmung<br />

ex negativo, wenn er sich mit kritischem<br />

Blick denjenigen Fragenkomplexen widmet,<br />

die <strong>Medien</strong><strong>wissenschaft</strong> in der gegenwärtigen<br />

politischen Situation gerade nicht bearbeitet.<br />

G. Rusch schließt das Konzeptions-Kapitel mit<br />

einem Plädoyer für einen integrativen Ansatz<br />

ab, bei dem er eine Erweiterung des <strong>Medien</strong>be-<br />

580<br />

griffs hin zu einem „multiplexen System“ fordert,<br />

das Gegenstand einer transdisziplinären<br />

<strong>Medien</strong><strong>wissenschaft</strong> sein müsse (S. 80).<br />

Das zweite Kapitel, das rund die Hälfte des<br />

gesamten Einführungsbandes ausmacht, widmet<br />

sich in zehn Artikeln Grundbegriffen resp.<br />

Arbeitsfeldern der <strong>Medien</strong><strong>wissenschaft</strong>, da –<br />

wie der Herausgeber zu Recht feststellt – zentrale<br />

Begriffe und Arbeitsbereiche noch nicht<br />

hinreichend konsensfähig abgesteckt sind.<br />

Ohne hier die Auswahl als Wertung verstanden<br />

wissen zu wollen, sei auf einige der Ansätze<br />

näher eingegangen: Während P. M. Spangenberg<br />

unter dem Stichwort „<strong>Medien</strong>erfahrungen“<br />

auf zentrale Begriffe und Theorieansätze<br />

eingeht – er spannt dabei den Bogen von McLuhan<br />

bis zu Kittler, Coy, Bolz und Rötzer – widmet<br />

sich G. Rusch dem Begriff der „Kommunikation“<br />

und gibt hier einen historisch fundierten<br />

wie systematisch orientierten Überblick.<br />

Die Darstellungen zur <strong>Medien</strong>rezeption (P.<br />

Vorderer & H. Schramm) sowie zur <strong>Medien</strong>geschichte<br />

(K Hickethier) verdeutlichen, dass<br />

scheinbar klare und eindeutige Begrifflichkeiten<br />

im Kontext einer <strong>wissenschaft</strong>lichen Auseinandersetzung<br />

durchaus komplexe Problemfelder<br />

beschreiben. Während der Rezeptionsbegriff<br />

vor allem auf den medienpsychologischen<br />

Aspekt fokussiert wird, gibt Hickethier<br />

mit seinem systematisierenden Überblick über<br />

die verschiedenen Felder der <strong>Medien</strong>geschichtsschreibung<br />

und die hier zum Einsatz<br />

kommenden Verfahren wertvolle Orientierung<br />

in einem der traditionsreichen Zweige der <strong>Medien</strong><strong>wissenschaft</strong>.<br />

Mit je unterschiedlicher Perspektivisierung<br />

setzen sich die Beiträge zur <strong>Medien</strong>ästhetik<br />

(Y. Spielmann: Auseinandersetzung<br />

mit der Kunst- und Avantgarde-Diskussion)<br />

und zur <strong>Medien</strong>ethik (R. Leschke: Zuresp.<br />

Abweisung der Werthaltigkeit von <strong>Medien</strong>produkten)<br />

mit Fragen der Beurteilung<br />

und Bewertung, aber auch der Funktionalisierung<br />

von <strong>Medien</strong>produkten auseinander.<br />

In den abschließenden beiden Kapiteln wird<br />

exemplarisch auf Methoden und Anwendungsfelder<br />

eingegangen. Durch die Auswahl der<br />

Exempel wird deutlich, dass die Trennung<br />

von eher theoriegeleiteten und primär pragmatisch<br />

orientierten Abschnitten allenfalls ein<br />

formales Unterscheidungskriterium darstellt.<br />

So sind z. B. die Beiträge zur <strong>Medien</strong>pädagogik<br />

(T. Hug/Theorie) und <strong>Medien</strong>erziehung<br />

(A. Barsch/Anwendung) als ‚zwei Seiten einer<br />

Medaille‘ zu sehen; die Doppelung der Thema-


tik lässt darüber hinaus den Stellenwert der<br />

Verwertungs- wie der Wirkungs-Diskussion<br />

deutlich werten, ein Aspekt, der auch stark in<br />

die Methodendarstellung der Rezeptions- und<br />

Wirkungsanalyse (M. Schreier) hineinspielt. Jeweils<br />

den Abschluss der Kapitel bilden dann<br />

stärker systematisch orientierte Beiträge:<br />

Während G. Rusch für eine medien<strong>wissenschaft</strong>liche<br />

Systemanalyse plädiert – und damit<br />

ebenfalls die „Brücke schlägt“ zum Beitrag<br />

über <strong>Medien</strong>systeme (M. Meckel & A. Scholl) –<br />

setzen sich R. Klauser & R. Leschke mit dem<br />

brisanten Feld einer möglichen „Vereinnahmung“<br />

der <strong>Medien</strong><strong>wissenschaft</strong> unter dem<br />

„Deckmantel“ einer Praxisorientierung resp.<br />

einer pragmatischen Anwendungsorientierung<br />

auseinander. Von hier aus ergeben sich interessante<br />

Rückbezüge zum Beitrag von K. Kreimeier,<br />

der sich ja kritisch mit der Verfasstheit<br />

der <strong>Medien</strong> und ihrem nicht unproblematischen<br />

Bezug zur „Realität“ auseinander setzt.<br />

Gerade weil der Band nicht in „epischer<br />

Breite“ (z. T. in anderen [älteren] Disziplinen<br />

entwickelte und damit mehr oder minder) bekannte<br />

Verfahren und Positionen für den ‚Novizen‘<br />

ausbreitet, stellt er eine wertvolle und<br />

anregende Einführung in die Problematik eines<br />

sich etablierenden Faches dar. Die verschiedenen<br />

perspektivisierten Beiträge zu zentralen<br />

Bereichen dieses Forschungs- und Lehrfeldes<br />

regen auch die in diesem Feld Tätigen zur Reflexion<br />

über das eigene Tun und über mögliche<br />

inter- und transdisziplinäre Kooperationen an.<br />

Der Neuling wird damit aber keineswegs ausgeschlossen,<br />

er wird vielmehr von vornherein<br />

eingebunden in die Selbstreflexion und Positionsbestimmung<br />

einer jungen und lebendigen<br />

Wissenschaft.<br />

Manfred Kammer<br />

Patrick Rössler/Susanne Kubisch/<br />

Volker Gehrau (Hrsg.)<br />

Empirische Perspektiven der Rezeptionsforschung<br />

München: Reinhard Fischer, 2002. – 216 S.<br />

(Reihe Angewandte <strong>Medien</strong>forschung; 23)<br />

ISBN 3-88927-303-3<br />

Der Titel des Buches und die Herausgeber versprechen<br />

eine Leistungsschau – Teil zwei der<br />

„Standortbestimmung“, die sich die DGPuK-<br />

Fachgruppe Rezeptionsforschung „am Beginn<br />

Literatur · Besprechungen<br />

des Jahrtausends“ selbst verordnet hat. Nach<br />

den theoretischen (P. Rössler, U. Hasebrink &<br />

M. Jäckel: Theoretische Perspektiven der Rezeptionsforschung,<br />

München 2001) nun also<br />

die „empirischen Perspektiven“, eine Dokumentation<br />

fast aller Beiträge, die auf der Jahrestagung<br />

der Fachgruppe im Januar 2001 unter<br />

dem Titel „Der Prozess der Rezeption“ gehalten<br />

worden sind. Damit ist die Grenze dieses<br />

„forschungsorientierten Überblicks“ (S. 7)<br />

schon benannt. All das, was von Verlagen oder<br />

Rundfunkveranstaltern selbst gemacht oder bei<br />

kommerziellen Markt- und Meinungsforschungsinstituten<br />

in Auftrag gegeben wird, um<br />

den <strong>Medien</strong>nutzern auf die Spur zu kommen,<br />

wird lediglich in der „Skizze der Rezeptionsforschung<br />

in Deutschland“ von Volker Gehrau<br />

gestreift, die den acht Forschungsberichten<br />

voran gestellt worden ist und die offenbar helfen<br />

soll, den großen Überblick nicht zu verlieren.<br />

Gehrau stützt sich auf die deutschsprachigen<br />

Fachzeitschriften und die kommunikations<strong>wissenschaft</strong>liche<br />

Literatur der letzten<br />

Jahre („neuere Überblicke“, „diverse“ Sammelbände,<br />

Tagungsbände, „einschlägige Monographien“;<br />

S. 9). Dass die Ergebnisse redaktioneller<br />

Forschung normalerweise unter Verschluss<br />

bleiben und von der „akademischen Rezeptionsforschung“<br />

kaum wahrgenommen werden,<br />

erklärt vielleicht, warum er die „angewandte<br />

Publikumsforschung“ nur am Rande erwähnt<br />

und „die gesamte Media- und die reine <strong>Medien</strong>nutzungsforschung“<br />

auf „demoskopische<br />

Abbilder bestimmter Merkmale der Gesellschaft“<br />

reduziert. Die Langzeitstudie Massenkommunikation<br />

gehört für Gehrau zum „akademischen<br />

Bereich“ (S. 18) – möglicherweise,<br />

weil die Ergebnisberichte so aussehen wie andere<br />

Bücher aus dem Fach. Brauchbar ist in jedem<br />

Fall seine Literaturliste: sechs Seiten mit<br />

den wichtigsten Veröffentlichungen aus den<br />

Jahren 1990 bis 2000.<br />

Wohin geht die empirische Rezeptionsforschung<br />

an deutschen Universitäten? Auf der<br />

Habenseite stehen, das ist jedenfalls die Botschaft<br />

dieses Buches, ambitionierte theoretische<br />

Überlegungen, großer Einfallsreichtum im<br />

Bereich Methoden und die Beherrschung computergestützter<br />

Auswertungsprogramme. Die<br />

andere Seite der Medaille: die Umsetzung in oft<br />

ungeeigneten Stichproben (in der Regel interessierte<br />

junge Leute) und in künstlichen Situationen<br />

sowie der Verzicht auf jede Makroperspektive.<br />

Die Herausgeber schreiben in ihrer Ein-<br />

581


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

führung, dass die „acht Originalbeiträge“ auf<br />

die „analytische Mikroebene“ abzielen und<br />

folglich eine „psychologische Sichtweise dominiert“:<br />

„Was passiert eigentlich genau, wenn<br />

Menschen <strong>Medien</strong> rezipieren?“ Wie und warum<br />

sie dies im Alltag überhaupt tun, wird bei<br />

einer solchen Fragestellung ebenso aus dem<br />

Blick verloren wie der Stellenwert, den die<br />

Nutzer den <strong>Medien</strong> in ihrem Leben zubilligen.<br />

Wer Ideen für die methodische Umsetzung<br />

sucht, dem sei das Buch dennoch uneingeschränkt<br />

empfohlen. Helmut Scherer und Daniela<br />

Schlütz (Hannover) haben beispielsweise<br />

die „Experience Sampling Method“ (ESM) aus<br />

der Glücksforschung adaptiert. Bei der ESM<br />

signalisiert ein Pieper den Versuchspersonen,<br />

dass es Zeit ist, einen Fragebogen auszufüllen<br />

oder etwas in ein Notizheft zu schreiben. Auf<br />

diese Weise lassen sich die unterschiedlichsten<br />

Momente im täglichen Leben darstellen. Scherer<br />

und Schlütz haben den Einsatz dieser Methode<br />

damit begründet, dass herkömmliche Befragungen<br />

im Rahmen der Uses-and-Gratifications-Forschung<br />

sowohl die <strong>Medien</strong>inhalte als<br />

auch die konkrete Situation des Nutzers vernachlässigten<br />

und deshalb eher Gratifikationserwartungen<br />

abbilden würden, Vorstellungen<br />

der Rezipienten über mögliche Eigenschaften<br />

der <strong>Medien</strong>. Die ESM solle nicht nur helfen,<br />

den Kontext zu erfassen, sondern auch die Abhängigkeit<br />

vom Gedächtnis der Befragten zu<br />

verringern. Die Untersuchung wurde als Panelstudie<br />

angelegt. Zunächst gab es eine klassische<br />

Face-to-face-Befragung, und dann bekamen<br />

die Teilnehmer per Pager eine Woche lang täglich<br />

drei bis vier Aufforderungen, einen kurzen<br />

Fragebogen auszufüllen. Obwohl 61 Prozent<br />

der ausgefüllten Bögen nicht auf <strong>Medien</strong>nutzung<br />

entfielen, sondern auf andere Beschäftigungen<br />

(„Zwar ist auch das ein Ergebnis, aber<br />

ein teuer bezahltes“), empfehlen die Autoren<br />

den Einsatz dieser Methode.<br />

In Sachen Aufwand das genaue Gegenstück<br />

ist die Studie von Peter Vorderer, Christoph<br />

Klimmt und Dörte Liebetruth (Hannover)<br />

zum Thema Hörspielkassetten und Vorschulkinder.<br />

Insgesamt 40 Kindergartenkindern im<br />

Alter von drei bis vier Jahren wurde ein Text in<br />

zwei unterschiedlichen Varianten vorgespielt,<br />

einmal als langweilige Buchfassung mit Märchenonkel<br />

und ohne Klangeffekte und einmal<br />

mit Musikstück, mehreren Stimmen und einem<br />

Schluss-Chor. Um das Unterhaltungserleben<br />

der Kinder messen zu können, wurden sie zum<br />

582<br />

einen mit einem ganz einfachen Kodiersystem<br />

beobachtet (Gesichtsausdruck und Bewegung)<br />

und mussten zum anderen hinterher zwei einfache<br />

Fragen beantworten. Beide Methoden<br />

brachten eindeutige Ergebnisse (die unterhaltsame<br />

Version bereitete den Kleinen mehr Vergnügen),<br />

wobei die Kinder die Frage, ob ihnen<br />

das Ganze Spaß gemacht habe, bei beiden Varianten<br />

eher bejaht haben, sich dann aber klar<br />

entscheiden konnten, als es darum ging, ob sie<br />

die Kassette beim nächsten Mal wieder hören<br />

wollen oder lieber ein Buch ansehen.<br />

Helena Bilandzic (früher München, jetzt Erfurt)<br />

hat mit der Methode des lauten Denkens<br />

gearbeitet. Ihre Frage: Wie kommen kurzfristige<br />

Handlungsorientierungen während der Rezeption<br />

zustande und warum führen langfristige<br />

Vorlieben nicht immer zum gleichen Handlungsresultat?<br />

Bilandzic hat dazu das Fernsehverhalten<br />

von 20 Jugendlichen jeweils ungefähr<br />

eine Stunde lang mitgeschnitten, sich das Band<br />

hinterher gemeinsam mit den Teilnehmern angesehen<br />

und sie gebeten, die Gedanken zu<br />

äußern, die sie bei der Rezeption hatten. Nach<br />

der Inhaltsanalyse der Protokolle sieht die Autorin<br />

zwar das Ziel Prognose in weite Ferne<br />

gerückt, ist aber immerhin zu dem Ergebnis gekommen,<br />

dass auch situative Ziele ganz stark<br />

vom Fernsehprogramm abhängen und es keine<br />

völlige „Anarchie“ des Zuschauers gibt.<br />

Um eine Prognose ging es auch Wolfgang<br />

Schweiger (München). Er wollte herausfinden,<br />

wie die Selektionsentscheidungen der Rezipienten<br />

fallen, hat dazu ein „Ablaufmodell der<br />

<strong>Medien</strong>nutzung“ entwickelt (ein Nacheinander<br />

von Phasen der Auswahl und der Aufnahme)<br />

und dieses Modell am Beispiel „informationsorientierte<br />

Hypermedien“ getestet. Das<br />

Internet bot sich für die Untersuchung vor allem<br />

deshalb an, weil Schweiger in seinem Experiment<br />

Befragungen und Logfileanalysen kombinieren<br />

konnte. Carsten Wünsch (Leipzig) hat<br />

die Ergebnisse einer Tagebuchuntersuchung<br />

reanalysiert, um die Mood-Management-<br />

Theorie überprüfen zu können, Dagmar Unz,<br />

Frank Schwab und Peter Winterhoff-Spurk<br />

(alle Saarbrücken) haben die Mimik und die Befindlichkeit<br />

von Schülern gemessen, denen gewalthaltige<br />

TV-Nachrichten vorgespielt wurden,<br />

und Monika Suckfüll (Berlin), Jörg Matthes<br />

und Doreen Markert (beide Jena) haben<br />

zunächst problemzentrierte Interviews geführt,<br />

um individuelle Strategien bei der<br />

Rezeption von Spielfilmen ermitteln zu kön-


nen, daraus einen entsprechenden Itempool abgeleitet<br />

und diesen bei einer schriftlichen Befragung<br />

getestet. Während es in diesem Beitrag<br />

keine Angabe darüber gibt, wie die Stichprobe<br />

rekrutiert wurde, haben sich Christoph<br />

Klimmt und Peter Vorderer (beide Hannover)<br />

selbstkritisch mit ihrem Erhebungsinstrumentarium<br />

auseinander gesetzt. Klimmt und Vorderer<br />

wollten die Intensität der parasozialen<br />

Interaktion zu Computer- und Fernsehfiguren<br />

miteinander vergleichen und haben ihre Erhebung<br />

in einer größere schriftliche Befragung<br />

integriert, die von der Firma veranstaltet wurde,<br />

die Lara Croft erschaffen hat.<br />

Man mag einerseits die Flut von Tagungsbänden<br />

bedauern und darauf hinweisen, dass<br />

das wirklich Wichtige irgendwann als Monographie<br />

erscheint oder schon erschienen ist.<br />

Andererseits bietet der vorliegende Band dem<br />

Nachwuchs eine Publikationsmöglichkeit, gelungenen<br />

Abschlussarbeiten ein Forum und<br />

zudem einen Einstieg in ein weites Forschungsfeld.<br />

Höher sollte man die Messlatte nicht legen.<br />

Michael Meyen<br />

Eike Hebecker<br />

Die Netzgeneration<br />

Jugend in der Informationsgesellschaft<br />

Frankfurt: Campus, 2001. – 212 S.<br />

ISBN 3-593-36838-2<br />

Bei dieser Arbeit handelt es sich um die Veröffentlichung<br />

einer Dissertation (Universität<br />

Gießen). Es ist eine theoretische Auseinandersetzung<br />

mit den gängigen Interpretationen und<br />

Bewertungen der „<strong>Medien</strong>“. Diese „Diskursanalyse“<br />

wird in einem umfangreichen theoretischen<br />

Teil ausgearbeitet, in dem der Forschungsstand<br />

zum Thema Jugend und <strong>Medien</strong><br />

ebenso berücksichtigt ist wie methodische und<br />

begriffliche Überlegungen zum Diskursbegriff.<br />

Die folgenden Kapitel zu den Typen der Jugenddiskurse<br />

schließen erfreulicherweise die<br />

Auseinandersetzung mit der Geschichte der Jugendbilder<br />

und Jugenddebatten mit ein. Mit einem<br />

Kapitel zum Konzept der Generationen<br />

wird dieser umfangreiche theoretische Teil beendet,<br />

der mehr als die Hälfte der Untersuchung<br />

umfasst. Schließlich werden in den beiden<br />

Schlusskapiteln die Ergebnisse präsentiert.<br />

Literatur · Besprechungen<br />

Eingangs grenzt sich der Autor in seiner Untersuchung<br />

von der Erwartung ab, dass er Belege<br />

für einen „anstehenden Generationswechsels“<br />

oder empirische Beweise für die Existenz<br />

einer „Netzgeneration“ vorlegt (z. B. an Hand<br />

demographischer Daten, Nutzungsstudien<br />

oder jugendkultureller Artikulationen). Es geht<br />

ihm in dieser Arbeit um eine theoretische Auseinandersetzung<br />

mit der Art und Weise, wie<br />

sich die „gesellschaftliche Thematisierung aktueller<br />

Jugendgenerationen“ mit der Debatte<br />

über die <strong>Medien</strong> verbinden: „Der Fokus richtet<br />

sich … auf die Verwendung des Diskurs- und<br />

Deutungsmusters ‚Generation‘ im Zusammenhang<br />

mit der gesellschaftlichen Thematisierung<br />

digitaler und interaktiver <strong>Medien</strong> und des damit<br />

verbundenen Wandels hin zu einer Informationsgesellschaft“<br />

(S. 9).<br />

Im theoretischen Teil werden Begriffe wie<br />

<strong>Medien</strong>generation, Netzgeneration oder Generation@<br />

u. a. (S. 13) im Hinblick auf die gesellschaftliche<br />

Konstruktion von Jugend und Generationsgestalten<br />

analysiert. Dieser Anspruch<br />

ist insofern spannend, weil der Autor mit seinem<br />

Titel „Die Netzgeneration“ sich selbst auf<br />

diesen Diskurs bezieht und damit ein Teil desselben<br />

wird. Ist sich der Autor dieser gewollten<br />

oder ungewollten Beteiligung an der Debatte<br />

über Generation und Jugend bewusst?<br />

Zunächst charakterisiert der Autor die<br />

Beiträge der anderen Beteiligten an diesem Diskurs.<br />

Kritisch beschreibt er die dazugehörigen<br />

„Metaphernfelder“, „Motivationslagen“, „Begriffsfetische“<br />

und das „Leitbildpotenzial“, die<br />

allesamt in ihren verschiedenen Formen dem<br />

„Überzeugungsdiskurs“ zur Ausformung und<br />

Diffusion bestehender und zukünftiger Technologien<br />

zu Grunde liegen und ihn beeinflussen.<br />

Hier zeige sich eine Fixierung zuerst auf<br />

das „Nutzungsverhalten der Anwender“,<br />

während die „Materialität“ der <strong>Medien</strong> weniger<br />

Aufmerksamkeit bekäme. Hebecker setzt sich<br />

inhaltsanalytisch mit der Rhetorik und den<br />

Mustern sowohl von wichtigen Printmedien<br />

(Wochenmagazine u. a) als auch von anderen<br />

„Meinungsführern“ auseinander. Deutlich<br />

wird, das fast gleichzeitig eine Reihe von Diskurstypen<br />

und -stilen nebeneinander existieren<br />

– populär<strong>wissenschaft</strong>liche, mediale, Szenereportagen,<br />

Generationsreportagen, „Selbstdeutungen<br />

einer <strong>Medien</strong>kohorte“, 64-er Generation.<br />

Diese Diskurse, so der Autor, sind Teil einer<br />

„Risikokommunikation“ in der das Konzept<br />

der Generationen dazu dient, das Eigene<br />

583


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

und das Fremde zu formulieren und sich in diesen<br />

Diskursen jeweils zu positionieren – z. B.<br />

als „Integrierte“ oder als „Apokalyptiker“.<br />

Der Eindruck beim Lesen dieser Arbeit ist<br />

widersprüchlich. Einerseits werden im 6. Kapitel<br />

eine Reihe von ‚Typisierungen‘ von Jugend<br />

in der Informationsgesellschaft beschrieben,<br />

die selbst ein Stück weit eben diese Muster wieder<br />

bestätigen und zugleich in ihrer begrenzten<br />

Gültigkeit demonstrieren. An dieser Stelle<br />

macht sich störend bemerkbar, dass der Bezug<br />

zu den Lebenswelten der verschiedenen Jugendkohorten<br />

blass bleibt. Die zu Grunde liegende<br />

Empirie in Form von Desideraten der<br />

<strong>Medien</strong>forschung und der damit verbundenen<br />

Interpretationen leisten diesen Bezug nur abstrakt.<br />

Das ist umso bedauerlicher, weil das Generationenkonzept<br />

von Manheim auch als Aufforderung<br />

verstanden werden kann, z. B. die<br />

„Gestaltungsintentionen“ (Manheim) innerhalb<br />

einer Generation zu untersuchen, um die<br />

Signale des sozialen und kulturellen Wandels<br />

zu erkennen.<br />

Die hier geleistete ausführliche Analyse der<br />

Diskurstypen zum Thema Jugend und <strong>Medien</strong><br />

führt zu einem Paradoxon: Die Analyse der<br />

mediatisierten, publizierten Zeugnisse über die<br />

„Jugend“ nehmen einen großen Raum ein, sie<br />

dominieren. Andererseits ist es eine Aufgabe<br />

der Sozialforschung, das Spannungsverhältnis<br />

zwischen den gesellschaftlich konstruierten<br />

Bildern über Jugend und ihrer begrenzten Gültigkeit<br />

zur Beschreibung und zum Verständnis<br />

der vielschichtigen Lebensbedingungen und<br />

den subjektiven Befindlichkeiten von Jugend<br />

anzusprechen. Es geht hier um eine Vermittlungsfunktion<br />

der Sozial<strong>wissenschaft</strong>en: Beide<br />

– theoretische Konzepte und Desiderate der<br />

empirischen Forschung – bedürfen der kritischen<br />

Überprüfung und der Bewertung.<br />

Bezogen auf das Thema „Netzgeneration –<br />

Jugend in der Informationsgesellschaft“ stellt<br />

sich die Frage, warum beim Lesen der Eindruck<br />

entsteht, dass die Ergebnisse der empirischen<br />

Jugendforschung relativ peripher aufgegriffen<br />

werden. Dieser Eindruck wird gestärkt, wenn<br />

die Ergebnisse der Peerforschung z. B. einen<br />

Zusammenhang zwischen der Ausdifferenzierung<br />

von Freundschaften und der Qualität der<br />

verschiedenen Einzelmedien aufzeigen. Die<br />

verschiedenen jugendlichen Altersgruppen<br />

entwickeln unterschiedliche Umgangsstile mit<br />

den <strong>Medien</strong> – das zeigt sich z. B. beim Internet<br />

(Szenen, Musikstile, Communities u. a.). Die<br />

584<br />

These der thematischen Auswahl der <strong>Medien</strong><br />

hier und die These vom Umgang mit dem <strong>Medien</strong>mix<br />

dort – es scheint, dass die Aufmerksamkeit<br />

für die Diversifikation der <strong>Medien</strong> und<br />

die Ausdifferenzierung der Jugend und ihrer<br />

verschiedenen Teilgruppen und kulturellen<br />

Praxen miteinander korrespondieren. Die Analyse<br />

der verschiedenen Diskurstypen mit ihren<br />

medial verstärkten und von diesen z. T. selbst<br />

konstruierten Typisierungen ist so gesehen<br />

hilfreich, weil damit zugleich deren Möglichkeiten<br />

und Grenzen aufzeigt werden können.<br />

Aber dieser Zugang zum Thema reicht nicht<br />

aus, wenn man mehr über die Besonderheiten<br />

der Netzgeneration erfahren will.<br />

Auf der anderen Seite gelingt es der Untersuchung,<br />

das Augenmerk auf die impliziten<br />

Stereotypen und Wertmuster zu lenken, die<br />

hinter den gängigen Mustern und Begriffen der<br />

öffentlichen Debatte über <strong>Medien</strong> und Jugend<br />

stehen. Die Interpretationen und Kriterien für<br />

Hebeckers Verständnis von „Netzgeneration“<br />

(z. B. als „Integration kultureller Gegensätze“,<br />

„als gesellschaftliche Regelung von Wissen“)<br />

sind sehr anregend, um sie als Grundlage für<br />

den Diskurs über die Generationen und die<br />

<strong>Medien</strong> aufzugreifen und weiterzutragen.<br />

Ekkehard Sander<br />

Bernd W. Wirtz<br />

<strong>Medien</strong>- und Internetmanagement<br />

2. voll. überarb. und erw. Auflage<br />

Wiesbaden: Gabler, 2001. – 571 S<br />

ISBN 3-409-21661-8<br />

Bereits nach einem Jahr erscheint die 2. Auflage<br />

von Bernd W. Wirtz’ Band „<strong>Medien</strong>- und<br />

Internetmanagement“. Es handelt sich dabei<br />

um ein Lehrbuch, das eine systematische Aufarbeitung<br />

der unterschiedlichen Aspekte von<br />

<strong>Medien</strong>management bietet. Dabei nimmt<br />

Bernd W. Wirtz klar und explizit eine betriebswirtschaftliche<br />

Perspektive ein und grenzt sich<br />

von kommunikations<strong>wissenschaft</strong>lichen und<br />

volkswirtschaftlichen Betrachtungen ab (S. 5),<br />

wiewohl er <strong>Medien</strong>management als „Nachbardisziplin<br />

der <strong>Medien</strong><strong>wissenschaft</strong>en“ (S. 8)<br />

sieht. Entsprechend stützt er sich auf die Ansätze<br />

der klassischen Betriebswirtschaftslehre,<br />

was sich auch an der verwendeten Literatur<br />

zeigt, und konzipiert <strong>Medien</strong>- und Internetmanagement<br />

als einen neuen und zunehmend


wichtigen Bereich der speziellen Betriebswirtschaftslehre.<br />

In der Definitionsarbeit ist er mit der nach<br />

wie vor problematischen Bestimmung von <strong>Medien</strong>management<br />

über <strong>Medien</strong>unternehmen<br />

und -branche konfrontiert. Er begegnet diesem<br />

Problem einerseits, indem er von der Leistungsausrichtung<br />

der Unternehmen ausgeht,<br />

die jedoch mit der Aussage „… zur <strong>Medien</strong>branche<br />

gehören alle Unternehmen, die <strong>Medien</strong>produkte<br />

erstellen und/oder auf Märkten<br />

absetzen“ (S. 9) lediglich eine Umformulierung<br />

des ursprünglichen Problems darstellt. Andererseits<br />

führt er das Internetmanagement als<br />

den Bereich ein, in dem medienfremde Unternehmen<br />

kommunikative Angebote machen<br />

und in dem von der klassischen one-to-many-<br />

Kommunikation zur one-to-one-Kommunikation<br />

gewechselt werden kann. Spätestens hier<br />

ist offensichtlich, dass <strong>Medien</strong>ökonomie und<br />

<strong>Medien</strong>management nicht von ungefähr interund<br />

transdisziplinäre Fachgebiete sind, sondern<br />

dass die Wurzeln in der Komplexität des<br />

Gegenstands liegen. Diese Komplexität muss –<br />

schlägt man sich völlig auf eine „disziplinäre<br />

Seite“ – notwendigerweise etwas zu kurz kommen.<br />

Mit dem Ziel, ein Lehrbuch zu verfassen, ist<br />

aber auch und vor allem der Anspruch verbunden,<br />

eine strukturierte, gut verständliche und<br />

überblicksartige Einführung in ein Themengebiet<br />

zu ermöglichen, das auch in der universitären<br />

Lehre – die ja überwiegend disziplinär<br />

ausgerichtet ist – Gewinn bringend eingesetzt<br />

werden kann. Dieser Anspruch wird von Bernd<br />

W. Wirtz eingelöst, gerade weil er sich nicht auf<br />

den disziplinären Perspektivenwechsel einlässt,<br />

sondern klar eine disziplinäre Perspektive vertritt.<br />

Der Band ist übersichtlich und klar gegliedert:<br />

In einem ersten Kapitel, das ca. 100 Seiten<br />

umfasst, werden die Grundlagen des <strong>Medien</strong>und<br />

Internetmanagement in allgemeiner Form<br />

dargelegt, wobei die betriebwirtschaftlichen<br />

Zusammenhänge anschaulich an „<strong>Medien</strong>beispielen“<br />

verdeutlicht werden.<br />

So werden die Besonderheiten von <strong>Medien</strong>märkten<br />

– insbesondere die Aufteilung in den<br />

Werbe-, Rezipienten- und Beschaffungsmarkt<br />

sowie die Angebotsspezifika – klar herausgearbeitet<br />

und zusammenfassend wiedergegeben.<br />

Auch den Aufgaben des <strong>Medien</strong>managements,<br />

worunter Bernd W. Wirtz Strategisches Management,<br />

Beschaffungsmanagement, Produktionsmanagement<br />

und Absatzmanagement fasst,<br />

Literatur · Besprechungen<br />

wird viel Platz eingeräumt. Dennoch kann in<br />

diesem Kontext nur ein verkürzter, aber ausreichender<br />

Überblick über die vorhandenen wirtschafts<strong>wissenschaft</strong>lichen<br />

Ansätze gegeben<br />

werden. Dem Aspekt der Konvergenz, der sehr<br />

knapp unter dem Teilkapitel „<strong>Medien</strong>- und Internet-Management<br />

im digitalen Zeitalter“ diskutiert<br />

wird, hätte man jedoch eine stärker hervorgehobene<br />

Bedeutung und längere Abhandlung<br />

gewünscht. Hier handelt es sich um eine<br />

Entwicklung, die sich elementar auf die <strong>Medien</strong>märkte<br />

auswirkt – auch weil idealtypisch<br />

die Verknüpfung ökonomischer und kommunikativer<br />

Implikationen analysiert werden<br />

kann.<br />

In den Folgekapiteln werden die Grundlagen<br />

auf einzelne <strong>Medien</strong>gattungen (Zeitung, Zeitschrift,<br />

Buch, TV, Radio, Musik, Internet und<br />

Multimedia) angewendet und anhand von Fallbeispielen<br />

konkretisiert, wobei stets der einmal<br />

gewählte Aufbau – 1. Marktstruktur und<br />

Marktverhalten, 2. Wertschöpfungsstrukturen,<br />

Geschäfts- und Erlösmodelle, Leistungsspektrum,<br />

3. Aufgaben – beibehalten wird. Dies ermöglicht<br />

es insbesondere auch Studierenden,<br />

Vergleiche zwischen den unterschiedlichen<br />

<strong>Medien</strong>gattungen herzustellen und Unterschiede<br />

und Gemeinsamkeiten zu erkennen.<br />

Ein Stichwortverzeichnis erleichtert zudem das<br />

Finden spezieller Themen und zahlreiche Abbildungen<br />

dienen der Veranschaulichung. Auffallend<br />

ist jedoch, dass Bernd W. Wirtz, obwohl<br />

er allgemein <strong>Medien</strong>angebote als Kombination<br />

von Produkten und Dienstleistungen<br />

definiert und schreibt „<strong>Medien</strong>unternehmen<br />

erbringen Rezipienten gegenüber eine Informations-<br />

und Unterhaltungsleistung.“ (S. 32),<br />

das Leistungsspektrum der einzelnen <strong>Medien</strong>gattungen<br />

ausgesprochen produkt- und trägerorientiert<br />

bestimmt. So wird z. B. bei der Erläuterung<br />

des Leistungsspektrums von Zeitungen<br />

und Zeitschriften zwar auf Aktualität und<br />

Kontinuität Bezug genommen, der Begriff Information<br />

fällt jedoch nicht.<br />

Den Abschluss des Bandes bildet das Kapitel<br />

„Integrierte <strong>Medien</strong>- und Internetverbundunternehmen“.<br />

Auch hier wird ein aktuelles Phänomen<br />

der Wirtschaft analysiert und am Fallbeispiel<br />

AOL Time Warner konkretisiert. Dieses<br />

Schlusskapitel ist eine gelungene Aufarbeitung<br />

gegenwärtiger Entwicklungen, die<br />

gleichzeitig das Bewusstsein für die zu erwartende<br />

Komplexität zukünftiger Trends schärft.<br />

Unklar bleibt insgesamt die Differenzierung<br />

585


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

von <strong>Medien</strong>- und Internetbranche, die auch im<br />

Titel des Bandes „<strong>Medien</strong>- und Internetmanagement“<br />

hervorgehoben wird. Diese Unterscheidung<br />

wird theoretisch nicht ganz schlüssig<br />

beantwortet (S. 9). Zwar wird auf den Wechsel<br />

von massenmedialer zu interpersonaler Kommunikation<br />

verwiesen; um jedoch hier Differenzierungen<br />

und Zusammenhänge aufzeigen<br />

zu können, hätte ein viel größerer „Abstecher“<br />

in die <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong> unternommen<br />

werden müssen als das disziplinäre<br />

Konzept des Lehrbuches es zulässt. Deshalb<br />

drängt sich der Eindruck auf, dass die Begriffe<br />

lediglich als „Eye Catcher“ für die Regale der<br />

Buchhandlungen eingeführt wurden – was aus<br />

verlagsökonomischen Gründen durchaus verständlich<br />

ist.<br />

Obwohl oder gerade weil Bernd W. Wirtz’<br />

Band aus betriebswirtschaftlicher Perspektive<br />

geschrieben ist, stellt er auch für <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong>lerInnen<br />

eine gute und wichtige<br />

Ergänzung zu den kommunikations<strong>wissenschaft</strong>lich<br />

orientierten Publikationen des<br />

<strong>Medien</strong>managements dar und eignet sich gut<br />

für den Einsatz in der Lehre.<br />

Gabriele Siegert / Nina Hautzinger<br />

Claudia Roider<br />

Perspektiven einer europäischen Rundfunkordnung<br />

Eine Untersuchung der gemeinschaftsrechtlichen<br />

Direktiven unter besonderer Berücksichtigung<br />

des Pluralismusgebots<br />

Berlin: Duncker & Humblot, 2001. – 327 S.<br />

(Schriften zum Europäischen Recht, Bd. 81)<br />

ISBN 3-428-10568-0<br />

Jürgen Schwarze/Albrecht Hesse (Hrsg.)<br />

Rundfunk und Fernsehen im digitalen Zeitalter<br />

Die Sicherung von <strong>Medien</strong>freiheit und <strong>Medien</strong>vielfalt<br />

im deutschen und europäischen Recht<br />

Baden-Baden: Nomos, 2000. – 167 S.<br />

(Schriftenreihe Europäisches Recht, Politik<br />

und Wirtschaft, Bd. 242)<br />

ISBN 3-7890-6993-0<br />

Nizza, die Grundrechte-Charta und ihre Bedeutung<br />

für die <strong>Medien</strong> in Europa<br />

EMR-Fachtagung in Zusammenarbeit mit der<br />

Europäischen Rechtsakademie Trier vom 22.–<br />

586<br />

23. März 2001 im ERA Kongress Zentrum,<br />

Trier<br />

Baden-Baden, Nomos, 2001. – 118 S.<br />

(Schriftenreihe des Instituts für Europäisches<br />

<strong>Medien</strong>recht, Bd. 23)<br />

ISBN 3-7890-7609-0<br />

1. Im Zeichen der Konventsidee kommt Europa<br />

jetzt wieder voran, allerdings nur langsam<br />

und umständlich. Zahlreich sind noch die<br />

Bücher über problematische Zustände und<br />

Entwicklungen auf der europäischen Szene,<br />

auch in medienpolitischer und medienrechtlicher<br />

Hinsicht. Vor kurzem war in dieser Zeitschrift<br />

(M&K 2002, S. 290 ff.) über eine DLM-<br />

Studie zu den Schwierigkeiten einer wirksamen<br />

Konzentrationskontrolle zu berichten. Heute<br />

ist zunächst die Heidelberger juristische Dissertation<br />

von Roider anzuzeigen, eine bilanzierende<br />

Arbeit, welche die Unzulänglichkeiten<br />

und Defizite der bisherigen, primär ökonomisch-wirtschaftsrechtlich<br />

konzipierten „europäischen<br />

Rundfunkordnung“ noch einmal<br />

klar vor Augen führt: Europäisierung als europäisch-regionale<br />

Erscheinungsform eines<br />

weltweiten Trends zur Herausbildung transnationaler<br />

<strong>Medien</strong>märkte im Zeichen von Digitalisierung<br />

und Konvergenz, begleitet von<br />

Bemühungen um einen lockeren, relativ marktkonformen<br />

neuen regulatorischen Rahmen –<br />

Bemühungen, welche aber meist schwächlich<br />

und konzeptionell inkonsistent bleiben, woraufhin<br />

vorsichtshalber auch gewisse Vorbehalte<br />

zugunsten überlieferter nationaler Rundfunkordnungen<br />

angebracht werden. Roider<br />

stellt ihrer Arbeit sogar ein konservativ-harmonisierendes<br />

Diktum von Ortega Y Gasset voran:<br />

„Der Fortschritt besteht nicht darin, das<br />

Gestern zu zerstören, sondern seine Essenz zu<br />

bewahren, welche die Kraft hatte, das bessere<br />

Heute zu schaffen.“ Zu den zu bewahrenden<br />

älteren Essenzialien zählt die Autorin im<br />

Rundfunkwesen ein metaökonomisches, auch<br />

politisch-demokratische und kulturelle Dimensionen<br />

einbeziehendes „Pluralismusgebot“.<br />

Ihr europarechtlicher Befund in punkto<br />

medienspezifische Vielfaltssicherung bleibt jedoch<br />

alles in allem enttäuschend, denn das geltende<br />

Recht ist in diesem Punkt ziemlich mager.<br />

Es verkörpert noch kein „besseres Heute“<br />

– dazu müsste erst noch einiges geschehen.<br />

Weiter gehende, wirklich kontinuitätsverbürgende<br />

innovative Effekte könnten insoweit<br />

von der im Jahre 2000 politisch konsentierten


Charta der Grundrechte der Europäischen<br />

Union (EuGRC) ausgehen, sofern die Charta<br />

nunmehr rechtsverbindlich gemacht und in<br />

eine wohlgelungene integrative EU-Verfassung<br />

einbezogen und sofern die <strong>Medien</strong>freiheit darin<br />

angemessen ausgestaltet wird. Dieses interessante<br />

Thema wird von Roider – deren Untersuchung<br />

im Wesentlichen den Sachstand um die<br />

Jahreswende 1999/2000 wiedergibt – nur noch<br />

am Rande berührt und erheblich unterschätzt.<br />

Etwas mehr darüber findet man in den beiden<br />

anschließend zu besprechenden Tagungsdokumentationen.<br />

Insbesondere die EMR-Tagung<br />

im Frühjahr 2001 hat dazu manche neuen Gesichtspunkte<br />

ergeben. Sie hat allerdings auch<br />

erkennen lassen, dass hier noch vieles im Argen<br />

liegt und dass der gegenwärtig in Brüssel tagende<br />

EU-Verfassungskonvent gut beraten wäre,<br />

die Grundrechtscharta hinsichtlich einer adäquaten<br />

Gewährleistung von <strong>Medien</strong>freiheit<br />

noch einmal zu überprüfen und inhaltlich<br />

nachzubessern. „Die Freiheit der <strong>Medien</strong> und<br />

ihre Pluralität werden geachtet“ (so bislang<br />

Art. 11 Abs. 2 EuGRC) – das wäre denn doch<br />

zu wenig.<br />

2. So viel als Einführung, nun erst einmal<br />

näher zu der Status-quo-Analyse von Roider.<br />

Diese beginnt mit der Beschreibung einiger<br />

technikinduzierter Veränderungen der <strong>Medien</strong>landschaft<br />

seit den 1980er Jahren. Dabei ist<br />

noch ein hohes Maß an Technikfaszination zu<br />

bemerken, desgleichen ein grundsätzlicher<br />

Marktoptimismus, wie er bis vor kurzem auch<br />

sonst weit verbreitet war. Von den heutigen<br />

Krisenerscheinungen und schweren Verwerfungen<br />

in der Telekommunikations- und <strong>Medien</strong>industrie<br />

weiß das Buch noch nichts. Es<br />

sieht den <strong>Medien</strong>sektor noch als überaus dynamischen,<br />

unaufhaltsam expandierenden Wirtschaftssektor,<br />

und es denkt der Europäischen<br />

Gemeinschaft die Aufgabe zu, dafür innerhalb<br />

ihrer Grenzen einen flexiblen primär wirtschaftsrechtlichen<br />

Ordnungsrahmen zu schaffen.<br />

Das betreibt diese Doktorandin indes nicht<br />

so hingebungsvoll und postmodern-unbeschwert<br />

wie manch flotter junger Professor. Sie<br />

hat auch noch „alteuropäische“ Elemente in<br />

ihrem Repertoire. So zeigt sich bei ihr ein deutliches<br />

Unbehagen über den notorisch eindimensionalen,<br />

gerade auch den so genannten<br />

klassischen Rundfunk mit seinem herkömmlich<br />

kulturrechtlichen Profil erfassenden und<br />

ökonomisierenden Charakter von Brüsseler<br />

Literatur · Besprechungen<br />

wirtschaftsrechtlichen Harmonisierungsmaßnahmen<br />

à la EWG-Fernsehrichtlinie 1989/97.<br />

Roider stellt daraufhin erste Überlegungen<br />

über eine positive Alternative an: Gibt es auf<br />

dem Boden des Vertrags zur Gründung der<br />

Europäischen Gemeinschaft (EGV) in seiner<br />

heute geltenden Fassung Mittel und Wege, um<br />

über den bisherigen beengenden Ökonomismus<br />

hinauszukommen und eine intensivere politische,<br />

soziale und auch kulturelle Integration<br />

anzusteuern?<br />

Ins Auge gefasst wird zunächst die Maastrichter<br />

Kulturklausel (Art. 151 Abs. 4 EGV).<br />

Ihr wird insoweit jedoch weiter kein Gewicht<br />

beigelegt, denn sie soll auf einen engen, nationalstaatlich-defensiven<br />

Kulturbegriff festgelegt<br />

sein (nur innerstaatlich vorhandene „Hochkultur“,<br />

S. 56ff., 68ff.). Größere Bedeutung wird<br />

dann einem übergreifenden medienspezifischen<br />

Pluralismusgebot beigemessen, in dem<br />

Roider zufolge ein für den Rundfunk maßgebliches<br />

europarechtlich relevantes Strukturprinzip<br />

zu erblicken ist, welches zu der ökonomischen<br />

Primärorientierung des EGV quasi quer<br />

liege. Es sei in den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen<br />

der EU-Mitgliedstaaten verwurzelt,<br />

werde in Art. 10 der Europäischen<br />

Menschenrechtskonvention (EMRK) in der Interpretation<br />

des Europäischen Gerichtshofs<br />

für Menschenrechte (EGMR) widergespiegelt<br />

und finde über Art. 6 Abs. 2 des Vertrags über<br />

die Europäische Union (EUV) auch in das<br />

primäre Gemeinschaftsrecht Eingang. Hier<br />

könne es gewisse Akzentverschiebungen bewirken<br />

(S. 128ff.).<br />

Das ist ein interessanter, bei energischer<br />

Handhabung eventuell weiterführender Ansatz.<br />

Roider scheint damit von eher neoliberal<br />

orientierten juristischen Autoren, die darüber<br />

schon oftmals geschrieben haben, ein gutes<br />

Stück abzurücken. Im Ergebnis behält sie aber<br />

dennoch nicht viel in den Händen. Materiellrechtlich<br />

bleibt sie, wie mir scheint, bei Art. 10<br />

EMRK/Art. 6 EUV auf halbem Wege stehen.<br />

Im Übrigen wendet sie das Thema nun in erster<br />

Linie negativ-kompetenzrechtlich: Sie widmet<br />

sich vor allem der Frage nach grundrechtlich abgesicherten<br />

kompetenziellen Grenzen für regulierende<br />

Zugriffe der Gemeinschaft auf die jeweiligen<br />

nationalen medienrechtlichen Besitzstände.<br />

Einen in Brüssel grassierenden rohen<br />

und simplen Ökonomismus könnte sie damit<br />

nicht direkt angehen, sie könnte ihn nicht gewissermaßen<br />

in seiner eigenen Höhle aufsuchen,<br />

587


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

von innen heraus zivilisieren und auf diese<br />

Weise unionsweit verfassungsverträglich machen.<br />

Springender Punkt ist dabei eine rückwärts<br />

gewandte und zaghafte, tendenziell einseitige<br />

Ausdeutung des Art. 10 Abs. 1 EMRK, nämlich<br />

eine Interpretation zugunsten lediglich einer<br />

von zwei für heutige „duale Systeme“ konstitutiven,<br />

in der Praxis in der Regel nebeneinander<br />

bestehenden typologischen Grundentscheidungen:<br />

zugunsten einer strukturell privatnützigen,<br />

marktorientierten subjektiven Rundfunkveranstalterfreiheit<br />

nach presserechtlichen<br />

Vorbildern (Tendenz- und Gewerbefreiheit)<br />

(S. 157 ff.). Damit will das Buch auch für das<br />

Verständnis von EUV und Grundrechtscharta<br />

die Weichen stellen.<br />

Roider kennt und beschreibt zwar auch die<br />

andersartige, genuin rundfunkrechtliche Tradition<br />

des Public-Service-Gedankens und eines<br />

entsprechenden funktional-dienenden, auf<br />

Qualitätssicherung durch innere Vielfalt und<br />

unabhängigen Journalismus angelegten <strong>Medien</strong>grundrechts.<br />

Sie sieht diese Tradition aber<br />

auf nationale Rechtsordnungen (vor allem die<br />

britische und die deutsche) beschränkt. Mag es<br />

in der rechts<strong>wissenschaft</strong>lichen Literatur auch<br />

gegenteilige Stimmen und gute Argumente für<br />

eine Europäisierung der Public Service-Idee<br />

geben – die Autorin will sich möglichst eng an<br />

die bisherige Rechtsprechung des EGMR halten,<br />

und sie kann dieser nichts dafür entnehmen,<br />

dass ein derartiges avanciertes Grundrechtskonzept<br />

in Art. 10 EMRK mitgemeint<br />

sein könnte.<br />

Zwar werden in dem Buch manche wohlklingenden<br />

Aussagen des Straßburger Gerichtshofs<br />

über objektivrechtliche Dimensionen der<br />

<strong>Medien</strong>freiheit als Konstituens öffentlicher<br />

Räume und Vehikel umfassender Information,<br />

Voraussetzung freier demokratischer Meinungs-<br />

und Willensbildung usw. zitiert. Hierher<br />

gehört dann auch das von Roider angenommene,<br />

in der näheren Begründung oszillierende<br />

Pluralismusgebot. Manchmal lesen sich solche<br />

Passagen so, als sei sie im Begriff, daraus nun<br />

auch entsprechende grundrechtssystematische<br />

Konsequenzen zu ziehen und als sei es bis dahin<br />

nur noch ein kleiner Schritt. Jedoch ist die<br />

Scheu davor wohl in Heidelberg groß, und so<br />

kommt es im Ergebnis in etwas gezwungener<br />

Weise – gleichsam mit dem Ausdruck des Bedauerns<br />

– zu einer ausdrücklichen Absage:<br />

Karlsruher Standards seien nun einmal nicht<br />

588<br />

auf die Straßburger Judikatur übertragbar (vgl.<br />

S. 167ff.).<br />

Die <strong>Medien</strong>freiheit nach Art. 10 EMRK<br />

bleibt daraufhin schließlich doch wieder nur<br />

ein unselbstständiger Annex privater Meinungsverbreitungs-<br />

und Unternehmensfreiheit.<br />

Das gedachte europäische Pluralismusgebot<br />

soll sich anscheinend auf marktmäßige<br />

Außenpluralität beschränken. Wenn von einer<br />

Schutzpflicht die Rede ist, wird dabei an die<br />

Nationalstaaten gedacht, deren kompetenzielle<br />

Ausstattung als weit besser gilt und in kulturkonservativer<br />

Absicht gegen die Gemeinschaft<br />

verteidigt werden soll. Demzufolge bleibt dieses<br />

Pluralismusgebot als EGV-Interpretament<br />

im Sinn eines gemeinschaftsgrundrechtlichen<br />

nichtökonomischen Werts unvermeidlich<br />

schwach: Derzeit kein eigenständiger Handlungsauftrag<br />

auf Gemeinschaftsebene, keine<br />

Vertragsgrundlage für unmittelbar auf Vielfaltssicherung<br />

abzielende Maßnahmen, lediglich<br />

mittelbare Relevanz etwa bei einer verständigen<br />

Anwendung der Beihilferegeln.<br />

Roider scheint bei diesen Befunden ein erhebliches<br />

Unbehagen zu verspüren – was ja angesichts<br />

der realen Marktverhältnisse und ihrer<br />

krisenhaften Entwicklung durchaus nahe liegend<br />

erscheint. Der EGMR hätte also Anlass,<br />

von der Marktgläubigkeit nunmehr gänzlich<br />

abzulassen, er sollte die Public Service-Idee als<br />

wertbeständige europäische Alternative endlich<br />

einmal klar benennen und aufwerten, und<br />

unabhängige juristische Expertise sollte ihn dabei<br />

unterstützen und ermutigen. Unter den<br />

heutigen Umständen wird man übrigens auch<br />

leichter geneigt sein, in Art. 11 EuGRC ein<br />

Potenzial möglicher Gegensteuerung gegen<br />

Tendenzen des Marktversagens zu erblicken.<br />

Dies auch vor dem Hintergrund der jetzigen<br />

Bemühungen um einen veritablen Europäischen<br />

Verfassungsvertrag, in welchen die<br />

Grundrechtscharta einzugliedern wäre. Der<br />

<strong>Kommunikations</strong>- und <strong>Medien</strong>artikel der<br />

Charta könnte darin zu einer vermehrten demokratisch-konstitutiven<br />

Bedeutung auf supranationalem<br />

Niveau kommen, über den älteren<br />

unentwickelten, mittlerweile überholten<br />

völkerrechtlichen EMRK-Level weit hinaus.<br />

Dieser mögliche progressive Charakter der<br />

Charta wird allerdings von Roider noch nicht<br />

gesehen. Vielmehr will die Autorin Art. 11<br />

Abs. 2 EuGRC interpretativ ohne weiteres an<br />

Art. 10 Abs. 1 EMRK in der von ihr vertretenen<br />

marktorientierten Auslegung zurück-


inden. Dafür greift sie auch auf Art. 52 Abs. 3<br />

Satz 1 EuGRC zurück, wonach Charta-Rechte,<br />

welche EMRK-Rechten entsprechen, die<br />

gleiche Bedeutung und Tragweite wie jene haben<br />

(S. 133ff.). Ein derartiges Entsprechungsverhältnis<br />

ist hier indes bei Lichte besehen nicht<br />

gegeben, denn wir haben es in Art. 11 Abs. 2<br />

EuGRC – anders als in Art. 10 Abs. 1 EMRK –<br />

mit einem strukturlogisch selbstständigen Freiheitsrecht<br />

zu tun. Dessen Auslegung kann und<br />

muss sich mithin von den Halbheiten der bisherigen<br />

EMRK-Praxis lösen und eigene Wege<br />

gehen. Das belegt nicht zuletzt die wechselvolle<br />

Entstehungsgeschichte des Art. 11 Abs. 2 im<br />

Grundrechtskonvent, die in dem Buch allerdings<br />

nicht zur Kenntnis genommen wird. Die<br />

Autorin hat da keine glückliche Hand. (Den<br />

jetzigen erweiterten konstitutionellen Horizont<br />

im Zeichen des Verfassungskonvents<br />

konnte sie, wie es scheint, aus zeitlichen Gründen<br />

nicht mehr berücksichtigen.)<br />

Dennoch handelt es sich alles in allem um<br />

eine substanzielle und informative, als Problembeschreibung<br />

ergiebige Studie, die übrigens<br />

auch gut lesbar ist. An den erwähnten<br />

schwierigeren Stellen hätte man der Autorin<br />

mehr Fortune gewünscht.<br />

3. In dem von Schwarze und Hesse herausgegebenen<br />

Sammelband wird eine Freiburger<br />

Tagung vom Mai 2000 dokumentiert, welche<br />

zunächst eine Reihe allgemeinerer medienrechtlicher<br />

und -politischer Fragen betraf und<br />

sich dann der eben schon behandelten aktuellen<br />

Entwicklung auf europäischer Ebene zuwandte.<br />

Von den Beiträgen des ersten Teils sei hier<br />

nur einer genannt: ein entschiedenes Plädoyer<br />

des SWR-Intendanten und damaligen ARD-<br />

Vorsitzenden Peter Voß für Rundfunk als „öffentliches<br />

Gut“ und gegen eine flächendeckende<br />

Kommerzialisierung, auch international und<br />

global (S. 9 ff.). Auf die einführenden Beiträge<br />

folgen dann einige speziellere, auf Fragen der<br />

europäischen Nutzanwendung bezogene Stellungnahmen<br />

aus Wissenschaft, Praxis, Politik<br />

und Rechtspflege, die im hiesigen Kontext besonders<br />

interessieren.<br />

Zuerst zu nennen ist eine längere Abhandlung<br />

des Freiburger Europarechtlers Jürgen<br />

Schwarze über <strong>Medien</strong>freiheit und <strong>Medien</strong>vielfalt<br />

im Europäischen Gemeinschaftsrecht<br />

(S. 87ff.). Darin finden sich vielerlei Grundinformationen<br />

zum Status quo: eine Bilanzierung<br />

der Judikatur des Gerichtshofs der Europäischen<br />

Gemeinschaften (EuGH) zu den Grund-<br />

Literatur · Besprechungen<br />

freiheiten und zum Wettbewerbsrecht (dazu<br />

aus EuGH-Sicht auch Skouris, ebd. S. 159ff.),<br />

Ausführungen zur Fernsehrichtlinie, zu Art.<br />

151 EGV, zu dem Amsterdamer Protokoll über<br />

den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den<br />

Mitgliedstaaten vom 2.10.1997, zum Subsidiaritätsprinzip<br />

und zur neueren Kompetenzdebatte.<br />

Die nüchterne Darstellung läuft auf einige<br />

sehr zurückhaltend formulierte, aber immerhin<br />

immanent-kritische rechtspolitische<br />

Schlussfolgerungen hinaus, im Ergebnis ähnlich<br />

wie hernach bei Roider (die sich u.a. auf<br />

Schwarze bezieht). Von einem europäischen<br />

Verfassungsvertrag erwartet sich der Autor<br />

eine klarere Kompetenzabgrenzung zwischen<br />

nationaler und supranationaler Ebene. Er<br />

denkt beispielsweise an eine Präzisierung und<br />

Fortentwicklung des Amsterdamer Rundfunkprotokolls,<br />

d. h. er optiert in der Hauptsache –<br />

jedenfalls den öffentlichen Sektor betreffend –<br />

für die Wahrung und Absicherung der einschlägigen<br />

mitgliedstaatlichen Kompetenzen.<br />

Dadurch und durch eine Garantie von <strong>Medien</strong>freiheit<br />

und <strong>Medien</strong>vielfalt in der EU-Grundrechtscharta<br />

lasse sich vermeiden, dass künftige<br />

medienrechtliche Verfassungsentscheidungen<br />

anhand unbestimmter und unspezifischer Normen<br />

allein durch europäische Behörden und<br />

Gerichte getroffen würden (vgl. S. 127). Der<br />

Duktus ist demnach, soweit von einer Europäisierung<br />

dysfunktionale Effekte befürchtet werden,<br />

alles andere als schwungvoll und vorwärtsdrängend.<br />

Was Europa als neues Verfassungsprojekt<br />

und verfassten <strong>Kommunikations</strong>raum<br />

betrifft, so scheinen hier Unsicherheit<br />

und Besorgnis vorzuwalten.<br />

Wie wird das künftige europäische <strong>Medien</strong>grundrecht<br />

also aussehen? Wird es auf Rundfunk<br />

als europäisch-öffentliches Gut, etwa im<br />

emphatischen Sinn von Peter Voß, angelegt<br />

sein oder dafür doch wenigstens hinreichend<br />

Raum lassen – oder wird es auf eine allgemeine<br />

marktmäßige Regression hinauslaufen? Etwas<br />

näher kommt in dem Freiburger Tagungsband<br />

der Beitrag des ZDF-Justiziars Eberle an das<br />

große Thema heran (S. 129ff.). Auch bei ihm<br />

steht allerdings eine bange national-interne<br />

Frage am Anfang: Läuft Deutschland mit seinem<br />

hoch entwickelten, mit Karlsruher Nachhilfe<br />

sehr effektiven medienrechtlichen Grundrechtsstandard<br />

Gefahr, dass sein Schutzniveau<br />

demnächst anhand der EU-Charta verwässert<br />

oder konterkariert wird? Der Autor sieht in der<br />

Tat eine derartige Gefahr, und er sucht ihr in<br />

589


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

der Weise zu begegnen, dass er entsprechende<br />

seiner Ansicht nach vorbeugend wirksame Formulierungsvorschläge<br />

für den einschlägigen<br />

Charta-Artikel vorstellt. Eberle dokumentiert<br />

eine schriftliche Stellungnahme, die von ARD<br />

und ZDF zu einer Brüsseler Anhörung im<br />

April 2000 vorgelegt worden war (S. 135ff.),<br />

und gibt dazu einige Erläuterungen.<br />

Jenes Anstaltspapier stammt aus einem<br />

frühen Stadium der Entwurfsarbeiten im<br />

Grundrechtskonvent, in welchem man dort<br />

noch auf Art. 10 Abs. 1 EMRK fixiert war. Aus<br />

gutem Grund drängten ARD und ZDF – wie<br />

auch ein paar weitere Diskutanten – demgegenüber<br />

auf eine ausdrückliche Ergänzung der<br />

älteren Jedermannsrechte der EMRK um medienbezogene<br />

funktionale Elemente: Zu Meinungs-<br />

und Informationsfreiheit müsse eine<br />

modernisierte und selbstständige, als Funktionsgrundrecht<br />

ausgestaltete <strong>Medien</strong>freiheit –<br />

und nicht nur eine Marktrundfunkfreiheit als<br />

annexweise garantiertes, kommerzialisierbares<br />

Menschenrecht – hinzutreten. Das waren Vorschläge,<br />

wie sie dann im Konvent wenig später<br />

teilweise durchdrangen. Daraus ging überhaupt<br />

erst der jetzige Art. 11 Abs. 2 EUGRC hervor,<br />

der immerhin eine „Freiheit der <strong>Medien</strong>“ als<br />

selbstständiges Grundrecht kennt.<br />

Was indessen die nähere Ausgestaltung dieses<br />

Grundrechts betrifft, so beharrten die deutschen<br />

Rundfunkanstalten darauf, diese falle –<br />

insbesondere auf dem öffentlichen Sektor – in<br />

die Zuständigkeit des jeweiligen Mitgliedstaats<br />

und sei allein an den dortigen (nicht harmonisierungsbedürftigen)<br />

Verfassungsnormen zu<br />

messen; nationales <strong>Medien</strong>recht dürfe durch<br />

die Charta nicht verdrängt werden. Auch duale<br />

Systeme werden in dem ARD/ZDF-Papier,<br />

ebenso wie in dem dort angeführten Amsterdamer<br />

Rundfunkprotokoll, noch als rechtlich<br />

rein nationale Gebilde gesehen. Insoweit hat<br />

das Anstaltspapier immer noch eine deutlich<br />

euroskeptische, defensive Note, desgleichen<br />

dann die Darlegungen Eberles. Mit Brüsseler<br />

neoliberalen medienpolitischen Initiativen hatte<br />

man früher, etwa in der Ära Bangemann, seine<br />

schlechten Erfahrungen gemacht, und das<br />

wirkte hier noch nach.<br />

Mittlerweile gab es in der EG-Kommission<br />

allerdings auch andere, für die Public-Service-<br />

Idee aufgeschlossenere Stimmen und Positionen,<br />

besonders deutlich in der Mitteilung der<br />

Kommission vom 14.12.1999 über „Grundsätze<br />

und Leitlinien der audiovisuellen Politik der<br />

590<br />

Europäischen Gemeinschaft im digitalen Zeitalter“.<br />

Dazu findet sich im ersten Teil des Freiburger<br />

Tagungsbands ein differenzierter und<br />

kluger, angenehm zu lesender Beitrag von Laitenberger,<br />

Mitglied im Kabinett der Kulturkommissarin<br />

Reding (S. 31ff.). Andererseits<br />

gibt es in dem Buch aber auch die aus Paritätsgründen<br />

üblichen, vergleichsweise simplen<br />

Äußerungen von Interessenvertretern aus dem<br />

privaten Sektor, und für solche Lobbyisten und<br />

Wadenbeißer war die Ära Bangemann noch<br />

lange nicht zuende. So war es auch schon<br />

während der Beratungen des Grundrechtskonvents<br />

gewesen. Unter diesen Umständen hatten<br />

ARD und ZDF erst einmal an der vorsichtigen<br />

Distanz gegenüber Brüssel festgehalten, wie sie<br />

hier von Eberle vertreten wird, mit der Folge,<br />

dass sie sich gehindert sahen, auf eine „positive<br />

Ordnung“ à la Karlsruhe auch auf der europäischen<br />

Ebene hinzuwirken und entsprechende<br />

explizite, auch den öffentlichen Sektor gewährleistende<br />

Regelungen in der Grundrechtscharta<br />

vorzuschlagen.<br />

4. Derartige anspruchsvollere, die Europaund<br />

Zukunftsproblematik des öffentlichen<br />

Sektors ein für alle Mal klärende und ausräumende<br />

Regelungsvorschläge wurden damals in<br />

Brüssel von mehreren anderen Diskutanten, so<br />

auch von mir, präsentiert, sie blieben jedoch erfolglos.<br />

Stattdessen kam es im Grundrechtskonvent<br />

in letzter Stunde unter fragwürdigen<br />

Begleitumständen – dem Vernehmen nach aufgrund<br />

eines wiederum euroskeptisch motivierten<br />

nächtlichen Vorstoßes der deutschen Bundesländer<br />

im Konventspräsidium – zu einer<br />

weiteren Verwässerung des Art. 11 Abs. 2 Eu-<br />

GRC. Freiheit und Pluralität der <strong>Medien</strong> werden<br />

danach nicht mehr „gewährleistet“ (so<br />

noch die vorletzte Fassung), sondern nur noch<br />

„geachtet“ (so die Endfassung). Mit diesem wenig<br />

substanziellen, ziemlich unklaren Achtungsgebot<br />

in Art. 11 ist die Charta dann in<br />

Nizza politisch proklamiert worden. So liegt<br />

sie nun auch dem Verfassungskonvent vor, und<br />

es wird jetzt darüber gestritten, ob es ratsam ist,<br />

Art. 11 in dieser Fassung beizubehalten und<br />

rechtsverbindlich zu machen (näher Stock, Europarecht<br />

2002, Heft 4). Einen Ausschnitt aus<br />

dieser anhaltenden, manchmal sehr konfusen<br />

Debatte betrifft nun die dritte hier zu besprechende<br />

Schrift. Sie dokumentiert eine von dem<br />

Saarbrückener Institut für Europäisches <strong>Medien</strong>recht<br />

und der Europäischen Rechtsakademie<br />

Trier im März 2001, also nach dem Grund-


echts- und vor dem Verfassungskonvent, in<br />

Trier durchgeführte internationale Fachtagung,<br />

die zu einiger Verwirrung führte und mit einem<br />

großen Fragezeichen endete.<br />

Vor und nach Nizza wurde in zahlreichen<br />

Stellungnahmen von sachkundiger Seite, so von<br />

Abgeordneten des Europäischen Parlaments<br />

(EP) und des Deutschen Bundestages sowie<br />

von den Vorsitzenden der ARD-Rundfunkund<br />

Verwaltungsräte, bezweifelt, dass die genannte<br />

Umformulierung des Art. 11 Abs. 2 Eu-<br />

GRC („geachtet“) weise war. Eine defensiv-nationalstaatliche<br />

medienpolitische Haltung, wie<br />

sie von den deutschen Ländern in der Schlussphase<br />

der Konventsarbeit an den Tag gelegt<br />

und unversehens durchgedrückt worden war,<br />

wurde als unrealistisch bewertet, und sie wurde<br />

als kurzsichtig und angstbesetzt kritisiert: Das<br />

sei „ein typischer Fall von Europhobie“, so die<br />

deutsche EP-Abgeordnete Karin Junker. In<br />

diesem Sinn auch der deutsche EP-Vertreter im<br />

Grundrechtskonvent Jo Leinen in seinem einführenden<br />

Beitrag in der hiesigen Schrift<br />

(S. 15ff.): Art. 11 sei „noch nicht zu Ende gedacht“.<br />

Es bestehe ein Nachbesserungsbedarf,<br />

der jedenfalls die Rückkehr zur vorletzten Fassung<br />

(„gewährleistet“) zu umfassen hätte.<br />

Außerdem hätten die deutschen Konventsmitglieder<br />

gern einen programmlichen „Informationsauftrag“<br />

nach dem Vorbild des öffentlichrechtlichen<br />

Rundfunks in Art. 11 verankert.<br />

Großbritannien sei allerdings dagegen gewesen.<br />

Nach Castendyk (ebd. S. 103ff.) hielt das<br />

freilich auch die deutsche private <strong>Medien</strong>wirtschaft<br />

für „nicht notwendig“. In deren Kreisen<br />

war und ist man vielmehr, wie sich auch aus einer<br />

Stellungnahme des VPRT sowie sonstigen<br />

Erklärungen ergibt, mit der derzeitigen abgeschwächten<br />

Fassung der Vorschrift recht zufrieden.<br />

Man schreibt sich sogar den wesentlichen<br />

Anteil am Zustandekommen jenes nächtlichen<br />

Brüsseler Coups zu. In der jetzigen Fassung<br />

findet man Pluspunkte zugunsten einer<br />

möglichst freizügigen nationalen und transnationalen<br />

Entfaltung des Marktrundfunks.<br />

Wieder andere Stimmen gingen in Trier indes<br />

dahin, der Ausdruck „geachtet“ habe bei<br />

Lichte besehen gar nicht jene latent antieuropäische,<br />

das <strong>Medien</strong>recht renationalisierende<br />

Bedeutung, die ihm seine Väter und Fürsprecher<br />

im Konvent beigelegt hatten. Es wurden<br />

auch Auslegungen vertreten, wonach „geachtet“<br />

im Ergebnis ungefähr dasselbe wie „ge-<br />

Literatur · Besprechungen<br />

währleistet“ bedeutet oder der Gemeinschaft<br />

sogar noch weiterreichende Eingriffs- und Gestaltungsmöglichkeiten<br />

einräumt. So erblickte<br />

die deutsche EP-Abgeordnete Ruth Hieronymi<br />

in Art. 11 Abs. 2 EuGRC Legitimation und<br />

„Auftrag“, eine medienspezifische europäische<br />

Konzentrationskontrolle politisch zu prüfen<br />

und nötigenfalls einzuführen (S. 53ff.). BR-Justiziar<br />

Albrecht Hesse neigte dazu, „achten“<br />

ohne weiteres, schon per Wortauslegung, mit<br />

„garantieren“ und „schützen“ gleichzusetzen<br />

(vgl. S. 37ff.). Jan Willem Gast als Vertreter des<br />

Niederländischen Zeitungsverlegerverbands<br />

leitete eine solche Gleichsetzung im Weg systematischer<br />

Auslegung aus Art. 52 Abs. 3 bzw.<br />

Art. 53 EuGRC in Verbindung mit Art. 10<br />

EMRK her (S. 77ff.). Seitens des Europäischen<br />

Zeitungsverlegerverbands mutmaßte Dietmar<br />

Wolf sogar, „achten“ biete den Betroffenen weniger<br />

Schutz als z. B. „beachten“, es beinhalte<br />

eine gewisse „Degradierung“ der <strong>Medien</strong>freiheit,<br />

lasse mithin für Brüsseler Interventionismus<br />

mehr Raum und werde womöglich ein<br />

höheres Regulierungsniveau nach sich ziehen<br />

(S. 48, 84). Nach Castendyk enthält Art. 11<br />

Abs. 2 nunmehr überhaupt keine subjektivrechtliche<br />

Grundrechtsverbürgung mehr, sondern<br />

er hat lediglich objektivrechtliche Bedeutung<br />

und kann zur Rechtfertigung von Eingriffen<br />

beispielsweise in die „unternehmerische<br />

Freiheit“ des Art. 16 EuGRC herangezogen<br />

werden (S. 104, 111). So gesehen stellt sich der<br />

nächtliche Coup der deutschen Länder im<br />

Konventspräsidium als Pyrrhussieg dar.<br />

Diejenigen Politiker und Lobbyisten, die das<br />

„geachtet“ in Brüssel durchgesetzt hatten,<br />

wollten und wollen das allerdings nicht gelten<br />

lassen, sie beharren vielmehr auf ihrer restriktiven<br />

Deutung. Und diese wird wahrscheinlich<br />

auch in Zukunft eine erhebliche Rolle spielen.<br />

Dafür spricht die Entstehungsgeschichte, die<br />

hier nach Lage der Dinge ein beachtliches Interpretament<br />

darstellt. Dahinter stehen auch<br />

gewichtige private und staatliche Abwehrinteressen,<br />

gegen die mit bloßer Wortinterpretation<br />

nicht viel auszurichten sein wird (zumal der<br />

grammatische Befund vage bleibt). Was eine<br />

gründliche systematische Auslegung unter Einbeziehung<br />

der allgemeinen Bestimmungen der<br />

Art. 51 ff. EuGRC ergeben wird, erscheint ungewiss.<br />

Hierüber hat die juristische Fachdiskussion<br />

bislang kaum begonnen.<br />

5. Zusammenfassend sei festgehalten: Von<br />

einer konsistenten und kraftvollen europäi-<br />

591


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

schen Rundfunkordnung kann gegenwärtig<br />

noch nicht die Rede sein. Auf der EU-<strong>Medien</strong>freiheit<br />

mögen insoweit einige Hoffnungen ruhen.<br />

Seit der letzten Änderung im Grundrechtskonvent<br />

ist dieses <strong>Medien</strong>grundrecht in<br />

spe aber von hermeneutischen Ambivalenzen<br />

betroffen. Wenn sich die von den deutschen<br />

Ländern verfochtene nationalstaatlich forcierte<br />

und enge Lesart durchsetzt, ist mit entsprechenden<br />

Irritationen und weiteren Hemmnissen<br />

für die europäische Integration zu rechnen,<br />

d.h. diese Lesart wäre dysfunktional. Dysfunktional<br />

wäre andererseits auch die zuletzt referierte<br />

(wie mir scheint, eher fern liegende) weite<br />

Lesart, falls sie in der Praxis doch einmal zum<br />

Zuge käme und darauf hinausliefe, dass die Organe<br />

und Einrichtungen der Union und die<br />

Mitgliedstaaten „bei der Durchführung des<br />

Rechts der Union“ (Art. 51 Abs. 1 Satz 1 Eu-<br />

GRC) fast Pleinpouvoir erhielten, unter Abwesenheit<br />

verbindlicher medienadäquater Leitkriterien.<br />

So oder so – jedenfalls zeichnen sich hier<br />

beträchtliche Risiken ab, und es ist Abhilfe<br />

durch Nachbesserung im Verfassungskonvent<br />

angezeigt.<br />

Wie aber nun, wenn es dazu nicht kommt<br />

und wenn Art. 11 Abs. 2 EuGRC in seiner jetzigen<br />

kargen Fassung endgültig akzeptiert und<br />

rechtlich perpetuiert wird? In diesem Fall<br />

bleibt der Public Service-Gedanke auf europarechtlicher<br />

Ebene ohne feste Basis. Er befindet<br />

sich sozusagen in freier Wildbahn und hat europaweit<br />

mit gefährlichen Gegnern zu rechnen.<br />

Denkbar sind zum Beispiel (was sich heute<br />

schon ankündigt) aggressive Missdeutungen<br />

der Charta seitens kommerzieller Interessenten<br />

und ihrer Gutachter, und dann auch entsprechende<br />

einseitig-marktliberale Entscheidungen<br />

von Kommission, EuGH usw. zum Nachteil<br />

des öffentlichen Sektors, übrigens auch innerhalb<br />

der Mitgliedstaaten. Nationale Abschottungsversuche<br />

wären dann nicht sonderlich<br />

aussichtsreich. Der erwähnte Brüsseler Coup<br />

der deutschen Länder wird sich dann als kurzsichtig<br />

und fatal erweisen. Damals gab es ein<br />

Window of Opportunity, aber man scheute vor<br />

einer konsequenten Europäisierung zurück,<br />

man versäumte eine offensive Verfassungs- und<br />

Grundrechtspolitik. Das war ein schwerer Fehler.<br />

Er wird uns noch lange zu schaffen machen.<br />

Martin Stock<br />

592<br />

Christoph Degenhart<br />

Der Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen<br />

Rundfunks in der „Digitalen Welt“<br />

Heidelberg: Recht und Wirtschaft 2001. –<br />

123 S.<br />

ISBN 3-8005-1288-2<br />

Die Untersuchung, die auf eine „Anregung“ (7)<br />

des Zeitungsverlegerverbandes Nordrhein-<br />

Westfalens und des BDZV zurückgeht, beschäftigt<br />

sich mit der Frage, ob sich die Aufgabe<br />

des öffentlich-rechtlichen Rundfunks über<br />

die Bereiche des herkömmlichen Fernsehens<br />

und Hörfunks hinaus auch auf den Aufbau eigenständiger<br />

Web-Seiten im Internet erstreckt;<br />

und ob es den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten<br />

erlaubt ist, sich zu „Multimedia-<br />

Unternehmen“ zu entwickeln (36). Diese Fragestellung<br />

wird vom Verfasser als primär rundfunkverfassungsrechtlich<br />

qualifiziert, also als<br />

Frage der Interpretation der Rundfunkfreiheit<br />

des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. Degenhart untersucht<br />

vor allem, ob die Präsenz öffentlichrechtlicher<br />

Anstalten im World Wide Web von<br />

der Rundfunkfreiheit gefordert sein könnte<br />

und ob der öffentlich-rechtliche Rundfunkauftrag<br />

dementsprechend weit und „dynamisch“<br />

interpretiert werden muss. Diese Frage drängt<br />

sich dem Verfasser dadurch auf, dass er insbesondere<br />

im Fall der Internet-Aktivitäten des<br />

WDR und des ZDF die Absicht zu erkennen<br />

können glaubt, das Internet in einem weiten<br />

Sinn, also über vorwiegend programmbezogene<br />

Inhalte hinaus (vgl. 3 Abs. 3 Satz 2 WDR-G;<br />

§ 4 Abs. 3 ZDF-StV), als „Aktionsfeld“ (53) zu<br />

beanspruchen.<br />

Die Ergebnisse der Untersuchung lesen sich<br />

der Sache nach folgendermaßen: Das Internet<br />

ist ein in seinen Grenzen nicht einfach zu bestimmendes<br />

Netzwerk von Netzwerken. Auf<br />

der Grundlage digitaler technischer Netzwerke,<br />

über die der Energie- und Informationsfluss<br />

gesteuert wird, generiert und kombiniert<br />

das Internet auf der „Content-Ebene“<br />

sehr unterschiedliche Angebote und Dienste;<br />

z. B. presseähnliche Web-Seiten mit neuartigen<br />

Verknüpfungsmöglichkeiten, die das Herunterladen<br />

von Video- oder Audiofiles einschließen.<br />

Diese Angebote und Dienste werden<br />

durch ihre Integration in das neue elektronische<br />

(Verbreitungs-)Medium Internet teils verändert,<br />

teils in neue Kontexte gekleidet, teils<br />

überhaupt erst als <strong>Kommunikations</strong>formen geschaffen.<br />

Dementsprechend stellt das Internet


nicht absehbare Entwicklungsmöglichkeiten<br />

bereit, die den Prozess der laufenden Transformation<br />

von „alten“ in „neue“ <strong>Medien</strong> in Bewegung<br />

halten.<br />

In der Perspektive des deutschen <strong>Medien</strong>rechts<br />

ist das Internet in einem Zwischenraum,<br />

zwischen Individual- oder Massenkommunikation,<br />

angesiedelt. Seine Einordnung in die<br />

bisherigen juristischen Kategorien ist daher<br />

schwierig. Für Degenhart kann das Internet<br />

nicht generell als Rundfunk im Sinne des Art. 5<br />

Abs. 1 Satz 2 GG qualifiziert werden. Es ergibt<br />

sich vielmehr „ein Erfordernis differenzierter<br />

Zuordnung“ (56). Diese differenzierte Zuordnung<br />

schließt eine Qualifikation als Rundfunk<br />

zwar nicht völlig aus, lässt sie aber nur ausnahmsweise<br />

zu, nämlich dort „wo der Online-<br />

Anbieter als Inhaltanbieter ein redaktionell gestaltetes<br />

Informationsangebot zum Abruf bereithält“<br />

(57). Das gelte etwa für die vom WDR<br />

unter wdr.de angebotene Rubrik „Nachrichten“.<br />

Grundsätzlich ist Netzkommunikation<br />

aber dem Schutzbereich der Meinungsfreiheit<br />

(Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) zuzuordnen, sofern<br />

sie meinungsbezogen ist (55). Jede über die redaktionelle<br />

Arbeit hinaus gehende Tätigkeit öffentlich-rechtlicher<br />

Rundfunkanstalten im<br />

Netz, z. B. als Access Provider, wird als „<strong>Kommunikations</strong>mittlung“<br />

eingestuft. Unter<br />

„<strong>Kommunikations</strong>mittlung“ fällt auch der<br />

Aufbau öffentlich-rechtlicher Internet-Portale<br />

mit umfassenden Informations- und Serviceangeboten,<br />

Suchmaschinen, Links, Chatforen,<br />

Newsgroups etc.. Enge Grenzen sind den öffentlich-rechtlichen<br />

Anstalten damit auch bei<br />

solchen Angeboten gezogen, die zwischen Anstaltsbezug<br />

und E-Commerce liegen, wie etwa<br />

Merchandising. Aber auch für die als Rundfunk<br />

zu qualifizierenden Web-Angebote greift<br />

nicht eo ipso die „rundfunkbezogene Grundversorgungs-<br />

und Vielfaltsdoktrin“ (63).<br />

Eine solche „rundfunkbezogene Grundversorgungs-<br />

und Vielfaltsdoktrin“ (63), die auch<br />

rundfunkfinanzierungsrechtliche Konsequenzen<br />

hätte (91 ff.), könnte allenfalls aus einem<br />

sehr weit verstandenen „Funktionsauftrag“ abgeleitet<br />

werden. Überlegungen, die auf die<br />

Konstruktion einer erweiterten Kompetenz<br />

des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hinauslaufen,<br />

werden vom Verf. jedoch abgelehnt.<br />

Vor allem Konzepte, die im Anschluss an die<br />

für den Rundfunk entwickelte funktionale<br />

Grundrechtskonzeption des Bundesverfassungsgerichts<br />

auf „strukturelle Diversifikati-<br />

Literatur · Besprechungen<br />

on“ (Hoffmann-Riem) oder „strukturelle Vielfaltssicherung“<br />

(Trute) im World Wide Web<br />

setzen, überzeugen Degenhart nicht. Es bedürfe<br />

des Nachweises, so Degenhart, dass eine<br />

„grundrechtsbezogene Informationsordnung“<br />

einer Ergänzung der das Internet „prägenden<br />

Marktordnung durch ein nicht kommerzielles<br />

Widerlager bedarf und dass es gerade die bestehenden<br />

Rundfunkanstalten sein müssen, die<br />

dieses Widerlager bilden“ (75). Weder unter sozialstaatlichen<br />

Aspekten („Internet für alle“),<br />

noch unter Vielfaltsaspekten („Meinungsmacht“),<br />

noch unter Vertrauensgesichtspunkten<br />

(„Glaubwürdigkeit“) sei ein solches „Widerlager“<br />

bei näherer Prüfung jedoch zu begründen,<br />

ein zwingender verfassungsrechtlicher<br />

Rundfunk- oder <strong>Kommunikations</strong>auftrag<br />

für „Multimedia-Dienste“ deshalb zu verneinen<br />

(86). Das schließt wohl nicht aus, dass der<br />

Gesetzgeber im Rahmen der durch Art. 14, 12<br />

und 2 Abs. 1 GG vorgegebenen Grenzen die<br />

Voraussetzungen für eine solche Internet-Präsenz<br />

des öffentlich-rechtlichen Rundfunks<br />

schafft, aber eine verfassungsrechtliche Pflicht,<br />

aus der die Anstalten ihre Internet-Strategien<br />

notfalls gegen den Willen des Gesetzgebers<br />

durchsetzen könnten, gibt es nach Degenhart<br />

nicht. In der digitalen Welt bedarf es keiner<br />

staatlichen bzw. öffentlich-rechtlichen Fürsorge<br />

mehr (72), schreibt Degenhart – und meint<br />

damit wohl insbesondere die Fürsorge durch<br />

das Bundesverfassungsgericht.<br />

Degenhart trägt durchaus eine Reihe von zutreffenden<br />

Argumenten gegen die in der rechts<strong>wissenschaft</strong>lichen<br />

Literatur teilweise unkritisch<br />

vorgenommene Expansion des Rundfunkbegriffs<br />

auf das Internet vor. So ist es sicher<br />

richtig, dass das Internet nicht einfach als<br />

„funktionale“ Verlängerung des bisherigen<br />

Rundfunks qualifiziert werden kann. 1 Darin<br />

unterscheidet sich die Emergenz des Internets<br />

grundsätzlich von der Erweiterung der technischen<br />

Verbreitungsmöglichkeiten im Übergang<br />

vom terrestrischen Rundfunk zum Satellitenrundfunk<br />

oder Kabelfernsehen. 2 Zwischen<br />

beiden Entwicklungsschritten steht der Computer,<br />

und dieser tiefe Einschnitt darf auch<br />

rundfunkverfassungsrechtlich nicht einfach ni-<br />

1 Dazu tendiert aber offensichtlich Wolfgang<br />

Hoffmann-Riem, Regulierung der dualen Rundfunkordnung,<br />

Baden-Baden 2000, S. 231.<br />

2 Vgl. dazu BVerfGE 74, 297, 350 ff.; ähnlich 83,<br />

238, 302 f.<br />

593


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

velliert werden. 3 Es leuchtet daher beispielsweise<br />

nur schwer ein, warum die Web-Seite<br />

„Politik“ unter www.wdr.de verfassungsrechtlich<br />

als Rundfunk qualifiziert werden sollte.<br />

Nur weil sie redaktionell gestaltet ist? Ebenso<br />

gut könnte man sie der Pressefreiheit zuordnen<br />

oder, wenn man die einzelnen audio-visuelle<br />

Elemente akzentuiert, der Filmfreiheit.<br />

In Wahrheit passt die Web-Seite in keine der<br />

herkömmlichen verfassungsrechtlichen Kategorien.<br />

Das hängt gerade damit zusammen,<br />

dass das Internet ein „Transmedium“ ist. In<br />

diesem Transmedium verflechten sich Aspekte,<br />

die bisher getrennten <strong>Medien</strong> zugeordnet worden<br />

sind, miteinander und verdichten sich<br />

„durch eine Vielzahl von kleinen Neuerungen<br />

und veränderten Nutzungsformen zum Gesamteindruck<br />

eines neuen Mediums.“ 4 Das Internet<br />

generiert benutzerabhängige Weiterverknüpfungsmöglichkeiten<br />

(„links“), die stark<br />

personalisierte Gebrauchsmuster erzeugen.<br />

Der aus diesen Gebrauchsmustern resultierende<br />

Selbstorganisationseffekt geht weit über den<br />

produktiven Beitrag von Zuschauern und Lesern<br />

herkömmlicher Massenmedien hinaus,<br />

etwa dem bei der Rezeption eines Fernsehfilms,<br />

der Lektüre eines Buches oder beim Durchblättern<br />

einer Tageszeitung. 5 Um diese „transmediale“<br />

oder „hybride“ Verflechtung von<br />

<strong>Medien</strong> innerhalb des Internet beschreiben zu<br />

können, wird Internetkommunikation in der<br />

neueren medientheoretischen Literatur auch<br />

als „Massenindividualkommunikation“ bezeichnet.<br />

6 Dieser Begriff ist sicher noch zu sehr<br />

der Welt der Massenmedien und ihren Differenzen<br />

verhaftet. Aber auch Web-TV oder Internet-Radio,<br />

deren angebliche 1:1-Weiterleitung<br />

von Degenhart irrigerweise als Rundfunk<br />

qualifiziert werden (z. B. 87), werden im Internet<br />

durch eine spezielle, an HTML gebundene<br />

Benutzeroberfläche gekoppelt. Sie werden also<br />

in ein neues Medium und seine Formen integriert<br />

und verlieren damit zugleich ihre Eigenschaft,<br />

„Rund-Funk“ zu sein. Rundfunk ist nur<br />

dann zu bejahen, wenn z. B. Personal Computer<br />

über eine TV-Karte als Fernsehempfänger<br />

benutzt werden – wenn also die internetspezifische<br />

Computertechnologie keinen Einfluss<br />

mehr auf die inhaltlichen Nutzungsmöglichkeiten<br />

hat.<br />

Setzt man dies voraus, könnte man Degenhart<br />

in seiner Kritik an der Übertragung des<br />

Rundfunkbegriffs auf das Internet durchaus<br />

folgen. Die Plausibilität seiner Argumente wird<br />

594<br />

jedoch dadurch stark relativiert, dass die von<br />

ihm angebotene Alternative auf eine gänzlich<br />

unspezifische Vorstellung von „Marktordnung“<br />

hinausläuft, die durch die hinlänglich<br />

bekannte These vom „Abwehrrecht“ ergänzt<br />

wird. Die mit dem Internet verbundene Netzwerkökonomie<br />

kann aber nicht einfach auf ein<br />

„Paradebeispiel für ein funktionierendes<br />

außenpluralistisches Modell“ (91) reduziert<br />

werden. Das Internet produziert sicherlich<br />

mehr als nur eine quantitative Ausdehnung<br />

schon bestehender Fernseh- oder Pressemärkte,<br />

aber es ist auch keine Technologie, die dank<br />

einer im Hintergrund wirkenden Vorsehung in<br />

einen sich selbst stabilisierenden oligopolistischen<br />

Markt mündet. Jedenfalls erzeugt das Internet<br />

auf der technologischen Ebene und der<br />

daran gebundenen Softwaremärkte Netzwerkeffekte<br />

und positive Rückkopplungsschleifen,<br />

die zu äußerst dynamischen Märkten mit<br />

neuartigen temporären Monopolen führen, wie<br />

etwa der Siegeszug von Microsoft zeigt. 7 Diese<br />

Monopolbildung hat natürlich auch Konsequenzen<br />

für die darstellbaren Inhalte (z. B.<br />

Browser), darüber hinaus lässt sich eine vergleichbare<br />

Entwicklung durchaus auch unmittelbar<br />

auf der Ebene der Inhalte der „Aufmerksamkeitsökonomie“<br />

beobachten (Blockbuster,<br />

Stars, Mega-Hits etc.). Insgesamt wirft diese<br />

Entwicklung nicht nur für das <strong>Medien</strong>recht,<br />

sondern auch für das Wirtschaftsrecht eine Fülle<br />

von neuen Fragestellungen auf, wie z. B. die<br />

Frage der Berücksichtigung der Innovationsfähigkeit<br />

von Netzwerktechnologien innerhalb<br />

des Wettbewerbs- und Kartellrechts. 8<br />

3 Ein erster (sehr vorläufiger) Versuch der rechts<strong>wissenschaft</strong>lichen<br />

Einordnung der „digitalen<br />

Revolution“ findet sich bei Thomas Vesting, Prozedurales<br />

Rundfunkrecht, 1997, S. 175 ff., 202 ff.,<br />

die die Brüche zur „analogen Welt“ aber noch<br />

wenig akzentuiert.<br />

4 Mike Sandbothe, Pragmatische <strong>Medien</strong>philosophie,<br />

Weilerswist, 2001, S. 152<br />

5 Skeptisch zu diesen Konsequenzen für die Demokratie<br />

Cass Sunstein, republic.com, Princeton<br />

2001, S. 3 ff.; kritisch zu Sunstein Michael Froomkin,<br />

Filtering and Democracy – A Double Edged<br />

Sword, im Erscheinen.<br />

6 Stefan Weber, <strong>Medien</strong> - Systeme – Netze, Bielefeld<br />

2001, S. 17.<br />

7 Vgl. Shapiro/Varian; Information Rules, S. 173<br />

ff.; Kevin Kelly, New Rules for the New Economy,<br />

1998; Michael Hutter, Eigenheiten des E-<br />

Commerce, AfP 2000, S. 30 ff.<br />

8 Vgl. nur J. Kairo/M. Paulweber, High Technology<br />

Industrie, Private Restraints on Innovation, and<br />

EU Antitrust Law, RTKom 2001, S. 13 ff., 68 ff.


Auch Degenharts Reduktion von „<strong>Kommunikations</strong>mittlung“<br />

auf eine abwehrrechtliche<br />

Meinungsfreiheit ist alles andere als überzeugend.<br />

Das Internet bringt zwar neue Formen<br />

der Personalisierung hervor, wie sie etwa in<br />

Form des „data-mining“ genutzt werden. Aber<br />

mit einer Wiedergeburt der freien Rede unter<br />

Anwesenden und einer Rückkehr zu einem gegen<br />

den Staat gerichteten Abwehrrecht hat dies<br />

alles nichts zu tun. Die Formbildungen des<br />

World Wide Web auf der Ebene der kommunizierten<br />

Inhalte werden maßgeblich durch die<br />

Operation des Linkens und damit letztlich<br />

durch die technische Infrastruktur bestimmt.<br />

Das Internet ist also als Verbreitungsmedium,<br />

als prinzipiell unendlicher „Hypertext“ (im<br />

weiten semiotischen Sinn), von den Strukturen<br />

der technischen Vermittlung der Kommunikation<br />

abhängig. 9 Und zwar in doppelter Weise:<br />

Zum einen durch die physikalische Ebene des<br />

Materials und des Energieflusses (Hardware),<br />

zum anderen durch die Computerprogramme<br />

(Software), die die Hardware steuern, also<br />

durch den „Code“ im Sinne von Lawrence Lessig.<br />

10<br />

Anders als Degenhart anzunehmen scheint,<br />

bedeutet dies, dass vor allem letztere, also technisch<br />

interagierende Programme für die „<strong>Kommunikations</strong>mittlung“<br />

dominant werden. Zwar<br />

können technische Programme nicht die zeitlichen<br />

Ereignisse des Eingebens und Entnehmens<br />

von Informationen determinieren, aber<br />

sachlich gesehen schaffen sie in den neuen<br />

<strong>Kommunikations</strong>räumen Restriktionen und<br />

legen damit zugleich – wie einst die grammatischen<br />

Regeln der Sprache – die Bedingungen<br />

der Möglichkeit von (Netz-)Kommunikation<br />

fest. Dies läuft vor allem auf die Ausweitung<br />

der Möglichkeit der zeitlichen und sachlichen<br />

Entkoppelung von Information, Mitteilung<br />

und Verstehen hinaus. Daher wird mit dem<br />

Einzug des Computers in das Alltagsleben vermutlich<br />

auch ein Umbau der kognitiven Formen<br />

der Ordnung des Wissens in Richtung<br />

stärker temporalisierter Formen einhergehen. 11<br />

Dann muss auf die Positivbewertung zeitlicher<br />

Beständigkeit künftig aber auch im Rechtssystem<br />

zugunsten einer stärkeren „Prozeduralisierung“<br />

verzichtet werden. Für ein eher pragmatisch<br />

ansetzendes Internet-Recht kann dies nur<br />

heißen, sich auf die Fragen des Zusammenhangs<br />

von Medium und Code einzulassen. Die<br />

juristische Aufmerksamkeit wäre also vor allem<br />

auf die Funktion und Folgen einer neuen, glo-<br />

Literatur · Besprechungen<br />

balen Masse von technischen Regeln zu lenken,<br />

durch die die „Architektur“ des Internet konfiguriert<br />

wird („lex informatica“). 12<br />

Die Unruhe und Ungewissheit, die das<br />

World Wide Web in die bisherige <strong>Medien</strong>landschaft<br />

einführt, dürfte es nahe legen, künftig das<br />

Moment der Diskontinuität gegenüber dem<br />

hergebrachten Rundfunkbegriff zu betonen.<br />

Der Rundfunk ist als elektronisches Verbreitungsmedium<br />

an intermediäre Instanzen (Unternehmen,<br />

Anstalten) gebunden und an ein<br />

Programm, das an eine festliegende lineare<br />

Zeitstruktur sowie an eine im Normalfall zeitgleiche<br />

Rezeption durch mehr oder weniger<br />

kompakte (Teil-)Öffentlichkeiten gekoppelt<br />

ist. Auch das Internet schaltet Interaktion unter<br />

Anwesenden durch Technik aus. Seine Besonderheit<br />

beruht vermutlich auf einer zerstreuten<br />

dezentralen, die Grenzen des Raums<br />

übersteigenden und zeitlich nicht synchronisierten<br />

Form der Kommunikation. 13 Es ist also<br />

ein Verbreitungsmedium und nicht einfach –<br />

von wenigen Ausnahmen abgesehen (z. B. E-<br />

Mail) – Individualkommunikation oder „<strong>Kommunikations</strong>mittlung“.<br />

Für seine kommunikativ-kulturelle<br />

Komponente wäre das Internet<br />

also verfassungsrechtlich einer neuen Internet-<br />

Freiheit innerhalb der im Grundgesetz nicht<br />

abschließend aufgezählten <strong>Medien</strong>grundrechte<br />

des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 zuzuordnen, wie es<br />

auch Degenhart zumindest teilweise für richtig<br />

hält. Wenn man die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts<br />

zum Rundfunkrecht<br />

für das Internet als Ganzes still stellt (was nicht<br />

ausschließt, einzelne institutionelle Komponenten<br />

der Rechtsprechung weiter zu verwenden),<br />

ließe sich vermutlich auch rechtlich sehr<br />

viel produktiver über die Zukunft des Internets<br />

9 Eine gute Darstellung des Diskussionstandes bietet<br />

z.B. Sandbothe, a. a. o, S. 182 ff.<br />

10 Vgl. nur Lawrence Lessig, Code and other Laws<br />

of Cyberspace, 1999, S. 6, 43 ff.<br />

11 Vgl. Niklas Luhmann, Die Gesellschaft der Gesellschaft,<br />

1997, S. 302 ff., 310; Dirk Baecker, Niklas<br />

Luhmann in der Gesellschaft der Computer,<br />

in: Merkur 2001, S. 597 ff.<br />

12 Vgl. nur Joel Reidenberg, Lex Informatica: The<br />

Formulation of Information Policy Rules<br />

through Technology, Texas Law Review, Vol. 76,<br />

1998, S. 553 ff., 566.<br />

13 Dies zeigt sich wirtschaftlich gesehen in der<br />

Emergenz einer netzbasierten Peer-Production,<br />

deren Produktivität sich gegenwärtig vor allem<br />

im Bereich der freien Software manifestiert, die<br />

kommerziellen Konkurrenten vielfach überlegen<br />

ist.<br />

595


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

und die Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks<br />

in den neuen raumlosen <strong>Kommunikations</strong>räumen<br />

des „Cyberspace“ diskutieren:<br />

Web-Seiten sind kein Rundfunk (sondern eben<br />

Web-Seiten), aber in einem Netzwerk der<br />

Netzwerke, das durch permanente Grenzüberschreitung<br />

und Grenzverwischung gekennzeichnet<br />

ist, kann und muss es auch in einer neu<br />

zu konzipierenden Internet-Freiheit eine verfassungsrechtliche<br />

Schicht geben, die auf Institutionenschutz,<br />

d. h. auf den kollektiven Erhalt<br />

von Vielfalt zielt. 14<br />

Primär könnte eine neue Internet-Freiheit<br />

also durchaus als Abwehrrecht im Sinne eines<br />

dezentralen (konsensentlasteten) Entscheidungsrechts<br />

modelliert werden. Aber sie muss<br />

sekundär an der Erhaltung der Selbsterneuerungsfähigkeit<br />

der Ideenpools einer (post-)modernen<br />

Gesellschaft orientiert sein. 15 In einem<br />

solchen Modell, das stärker die Funktionsfähigkeit<br />

des öffentlich-rechtlichen Rundfunks<br />

als „Dachmarke“ im neuen Netzwerk der<br />

Netzwerke betonen würde, wäre auch Platz für<br />

„Branding-“ und andere Crossmedia-Strategien<br />

des öffentlich-rechtlichen Rundfunks; auch<br />

wenn diese über eine reine Programmbegleitung<br />

hinausgehen sollten (diese Grenze dürfte<br />

praktisch gesehen ohnehin schwer zu ziehen<br />

sein). Solche Aktivitäten wären durch verfassungsrechtliche<br />

und gesetzgeberische Vorgaben<br />

aber strikt zu begrenzen, vor allem auf solche<br />

Angebote und Dienste, die das Internet für<br />

Innovationen nutzen. 16 Es ist Degenhart zuzugeben,<br />

dass man gewisse Zweifel haben kann,<br />

ob der öffentlich-rechtliche Rundfunk in<br />

Deutschland dazu in seiner derzeitigen Organisationsform<br />

in der Lage ist; man vergleiche nur<br />

einmal den Web-Auftritt der BBC mit denen<br />

von ARD und ZDF. 17 Im Ergebnis kann es also<br />

keine verfassungsrechtliche Garantie für beliebige<br />

Internet-Aktivitäten des öffentlich-rechtlichen<br />

Rundfunks geben, aber eine so weit reichende<br />

Reduktion dieses Engagements, wie es<br />

Degenhart offenbar vorschwebt, ist gerade in<br />

der Experimentierphase, in der sich das World<br />

Wide Web befindet (und wohl noch lange befinden<br />

wird), nicht plausibel. 18 Wie wenig<br />

überzeugend eine solche Argumentationsstrategie<br />

ist, zeigt sich schon daran, dass selbst Regierungsorganisationen,<br />

wie z. B. das Bundespresseamt,<br />

zunehmend im Netz präsent sind.<br />

Hier verbietet sich zweifellos jede institutionell-grundrechtliche<br />

Absicherung der Regierungskommunikation,<br />

aber andererseits ist es<br />

596<br />

selbst im Fall staatlicher Institutionen nicht zu<br />

rechtfertigen, die Präsenz des Staates im Web<br />

auf ein Minimum „neutraler“ Öffentlichkeitsarbeit<br />

einfrieren zu wollen. 19 Das muss dann<br />

aber erst recht für den öffentlich-rechtlichen<br />

Rundfunk gelten!<br />

Thomas Vesting<br />

14 Degenhart neigt dazu, rechts<strong>wissenschaft</strong>liche<br />

Ansätze, die auf den Erhalt von „Vielfalt“ zielen,<br />

als Vermengung von Rechts<strong>wissenschaft</strong> und<br />

„rechtspolitisch motivierten Regulierungszielen“<br />

(70) hinzustellen. Hier fragt sich allerdings, warum<br />

Institutionenschutz „Politik“ ist, zumal gerade<br />

die Politik als Entscheidungssystem an den Erhalt<br />

von Vielfalt gebunden werden soll?<br />

15 Vgl. Lawrence Lessig, The Future of Ideas, New<br />

York, 2001; vgl. auch Thomas Vesting, Das<br />

Rundfunkrecht vor den Herausforderungen der<br />

Logik der Vernetzung, M&K 2001, S. 287 ff., 296<br />

ff. und allgemein K.-H. Ladeur, Postmoderne<br />

Rechtstheorie, 1992, S. 176 ff.<br />

16 Damit ist nicht gemeint, dass der öffentlichrechtliche<br />

Rundfunk nur solange im Netz präsent<br />

sein darf, wie eine Innovation eine Innovation ist.<br />

Er kann und soll gerade durch Innovationen<br />

Standards auch für andere setzen („Orientierungsfunktion“).<br />

17 Vgl. nur Jill Hills/Maria Michaelis, The Internet:<br />

a challenge to Public Service Broadcasting, im Erscheinen.<br />

18 Eine abwägende Stellungnahme zur Problematik<br />

aus schweizerischer Sicht findet sich z.B. bei M.<br />

Dumermuth, <strong>Medien</strong>regulierung und öffentlicher<br />

Rundfunk, in: Abele/Fünfgeld/Riva (Hrsg.),<br />

Werte und Wert des öffentlichen Rundfunk in<br />

der digitalen Zukunft, Potsdam 2001, S. 41 ff.,<br />

88ff.<br />

19 Vgl. nur Karl-Heinz Ladeur, Verfassungsrechtliche<br />

Fragen regierungsamtlicher Öffentlichkeitsarbeit<br />

und öffentlicher Wirtschaftstätigkeit im<br />

Internet, DÖV 2002, S. 1 ff. Der Fall der Öffentlichkeitsarbeit<br />

zeigt im übrigens sehr deutlich,<br />

wie kontraproduktiv es wäre, die Rechtsprechung<br />

des Bundesverfassungsgerichts zum<br />

Rundfunkrecht eins zu eins auf das Internet zu<br />

übertragen. Dies müsste zu einem umfassenden<br />

„Funktionsverbot“ von Regierungskommunikation<br />

führen.


Ekkehard Sander<br />

Common Culture und neues Generationenverhältnis<br />

Die <strong>Medien</strong>erfahrungen jüngerer Jugendlicher<br />

und ihrer Eltern im empirischen Vergleich<br />

München: Verlag Deutsches Jugendinstitut,<br />

2001. – 296 S.<br />

(zgl. Dresden: Universität, Diss.)<br />

ISBN 3-87966-401-3<br />

Das kommunikative Verhältnis zwischen Jugendlichen<br />

und ihren Eltern gestaltet sich komplexer<br />

als das zwischen früheren Generationen.<br />

Das zeichnete sich in Arbeiten am Deutschen<br />

Jugendinstitut e.V. in München seit Anfang der<br />

90er Jahre in einer Langzeitstudie ab, in der 22<br />

Mädchen und Jungen im Alter von 13 bis 18<br />

Jahren sowie deren Eltern in den Jahren 1992,<br />

1994 und 1997 unabhängig voneinander befragt<br />

wurden. Es ist das Verdienst von Ekkehard<br />

Sander, der diese Langzeitstudie mit Jürgen<br />

Barthelmes durchführte, ihre Ergebnisse publizierte<br />

(1997) und durch eine ausführliche Auswahlbibliographie<br />

zum Thema „Familie und<br />

<strong>Medien</strong>“ auch mit ihm vorbereitet hatte (1990),<br />

mit seiner Dissertation die „Ablösung“ der heranwachsenden<br />

Jugendlichen von ihren Eltern<br />

als ein kommunikations- und medien<strong>wissenschaft</strong>liches<br />

Forschungsfeld neu zu erschließen.<br />

Sander untersucht, „ob die stark biografisch<br />

geprägten <strong>Medien</strong>erfahrungen der Eltern die<br />

Ablösung ihrer Kinder fördern oder behindern“<br />

(9).<br />

Die Dissertation ist in eine Einleitung (9–16),<br />

drei Hauptteile, zum Forschungsstand (17–82),<br />

zur Methode (83–98) und der Darstellung der<br />

Ergebnisse (99–282), sowie eine Schlussbemerkung<br />

(283–288) gegliedert. Sander zeigt, dass<br />

<strong>Medien</strong> und ihre Inhalte, insbesondere Musik,<br />

Filme und Stars, zuletzt immer häufiger das<br />

Fernsehen, in der Familie Gegenstand einer<br />

komplexen Arbeit an kulturellen Differenzen<br />

und Übereinstimmungen geworden sind. Das<br />

empirische Material belegt „eine verblüffende<br />

Übereinstimmung einzelner kultureller Praxen<br />

und ihrer Bedeutung für die Adoleszenz“ (285)<br />

bei den Eltern und ihren Kindern, die die Voraussetzung<br />

für eine „neue Qualität (…) der<br />

Verständigungs- und Handlungsmöglichkeiten<br />

in der Familie“ (286) schafft.<br />

Vor diesem Hintergrund wird vor allem ein<br />

medienpädagogisches Ergebnis präsentiert.<br />

Demnach liegt der „Schlüssel zum Verständnis<br />

Literatur · Besprechungen<br />

und zur Analyse problematischen Verhaltens<br />

und von devianten jugendkulturellen Stilen“<br />

(287) in der Berücksichtigung jugendkultureller<br />

Kontexte, der Familie und insbesondere der<br />

Berücksichtigung der <strong>Medien</strong>biografien, kulturellen<br />

Praxen und Interessen sowie einzelner<br />

Familienmitglieder. Denn anders als bei der<br />

Generation der Eltern wird das „Thema Jugendkultur<br />

in Filmen, Liedern, Zeitschriften<br />

und Bildern (Poster) (…) nicht mehr tabuisiert.“<br />

(287) Sanders Arbeit schließt wohl auch<br />

daher mit medienpädagogischen Vorschlägen<br />

(288), deren Nutzen im Kontext der von ihm<br />

empirisch belegten weit gehenden Mediatisierung<br />

familiärer Kommunikation unbestritten<br />

sein dürfte.<br />

Sanders Arbeit ist allerdings keine rein<br />

medienpädagogische und empirische, sondern<br />

vor allem eine theoretische Arbeit. Die Ergebnisse<br />

wären ohne eine Reflexion der Möglichkeiten<br />

und Grenzen konzeptueller Bezugsrahmen<br />

und einer empirischen Vergewisserung<br />

der tatsächlichen konkreten und lebensweltlichen<br />

Formen der Nutzung von <strong>Medien</strong> und<br />

ihren Inhalten sowie der Gespräche darüber in<br />

der Familie nicht möglich gewesen. Ihr Wert<br />

besteht daher auch in der Problematisierung<br />

der Erforschung der Familie als Kontext der<br />

<strong>Medien</strong>nutzung und kommunikativen Orientierung<br />

heranwachsender Jugendlicher und ihrer<br />

Eltern. Sander macht deutlich, dass bei ihrer<br />

Erforschung kaum an herkömmliche Konzepte<br />

der Jugendkultur- und <strong>Kommunikations</strong>forschung<br />

angeschlossen werden kann,<br />

die das Gemeinsame und das Trennende in der<br />

Familienkommunikation über <strong>Medien</strong> nicht<br />

konzeptualisieren können. Er arbeitet daher<br />

mit dem Konzept der common culture, um das<br />

Gemeinsame auch jenseits von Konflikten begrifflich<br />

bewusst zu halten, das der Terminus<br />

Jugendkultur unterschlägt: den Sachverhalt,<br />

dass die Kultur der Kinder oder Jugendlichen<br />

weder eine reine „eigene“ oder gar ausschließlich<br />

„oppositionelle“ Kultur sei. Es basiert auf<br />

dem Kulturverständnis der Cultural Studies,<br />

die Kultur(en) als komplexe und konfliktäre<br />

Artikulationen darstellen, die durch ein permanentes<br />

und konfliktäres Aushandeln von<br />

Bedeutungen geprägt sind, das als Kampf<br />

beschrieben werden kann. Sander zeigt, dass<br />

genau dies für die Familie zutrifft, die somit<br />

auch über eine eigene <strong>Medien</strong>kultur verfügt,<br />

zu der die heranwachsenden Jugendlichen<br />

gehören – auch wenn sie sich in Prozessen<br />

597


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

ihrer Identitätsentwicklung andere „Kulturen“<br />

aneignen.<br />

In diesem Zusammenhang stellt Sander die<br />

Frage, „ob in kulturellen Gemeinsamkeiten<br />

von Eltern und ihren heranwachsenden Kindern<br />

ein neues Generationsverhältnis zum<br />

Ausdruck kommt“ (16). Zu ihrer Beantwortung<br />

führt er die Differenz „Generation“ ein,<br />

wobei er sich an Mannheim und dessen Generationenkonzept<br />

orientiert, das er allerdings bei<br />

der Formulierung seiner Ergebnisse nicht systematisch<br />

wieder aufnimmt. Die Einführung<br />

der Differenz „Generation“, die analytisch<br />

noch für einige Einsichten gut sein dürfte, wäre<br />

problematisch, wenn sie im Sinne einer „Generationentheorie“<br />

Ergebnisse vorwegnähme.<br />

Das trifft für diese Differenz ebenso zu wie<br />

für „Rasse“, „Klasse“ oder „Geschlecht“, die in<br />

den Cultural Studies dafür kritisiert werden,<br />

dass sie empirische Erkenntnisse zuweilen eher<br />

„beschwören“ als zu ihrem Verständnis beizutragen.<br />

Hier steht die Arbeit erst am Anfang –<br />

und das hätte deutlicher herausgestellt werden<br />

können. Allerdings ist dieses Problem für Arbeiten,<br />

die eine neue Komplexität aufzeigen<br />

und die über klassische Forschungsgrenzen<br />

hinaus Erkenntnisse von Zusammenhängen<br />

aufzeigen wollen, nicht ungewöhnlich. Daher<br />

ist die ausführliche Reflexion des Forschungs-<br />

598<br />

standes (17-83) gerechtfertigt. Insbesondere die<br />

für seine Ergebnisse zentrale Ausführung zur<br />

Komplexität der Ablösung hätten aber mit der<br />

Diskussion über die Bezugstheorien (common<br />

culture und Generationenkonzept) oder darüber<br />

hinaus etwa mit Arbeiten zu <strong>Medien</strong> und<br />

Identität verbunden werden können (79–82).<br />

Hier steht künftig aber sicherlich nicht nur<br />

Theoriearbeit ins Haus, die dann – wie Sander<br />

plausibel begründet – im Kontext qualitativer<br />

Forschung zu differenzieren und zu spezifizieren<br />

wäre. Vielmehr wird es etwa darum gehen,<br />

über den Umgang mit den angesprochenen<br />

<strong>Medien</strong> hinaus die zunehmende technologische<br />

Privatisierung und Personalisierung des Umgangs<br />

mit <strong>Medien</strong> in der common culture der<br />

Kinder und Jugendlichen zu berücksichtigen,<br />

also den Walkman, Computerspiele, das Internet,<br />

Chat und zuletzt vor allem das Handy und<br />

neue Services wie SMS. Es wäre zu wünschen,<br />

dass die Erforschung sowohl neu entstehender<br />

Gemeinsamkeiten wie auch Differenzen und<br />

Konflikte in der common culture von Kindern<br />

und Jugendlichen in der Tradition von Arbeiten<br />

wie dieser fortgesetzt werden, die explizit<br />

die Rolle der Familie und der Eltern berücksichtigen.<br />

Carsten Winter


Zeitschriftenlese<br />

AfP<br />

Jg 33 (2002) Nr 3<br />

Köhne, Michael: Neuprüfung von indizierten<br />

Schriften und <strong>Medien</strong>. – S. 201 – 203<br />

Ory, Stephan: Das neue Urhebervertragsrecht.<br />

– S. 93 – 103<br />

Janik, Viktor: Kapitulation vor der eingetretenen<br />

Konzentration?: die Sicherung der Meinungsvielfalt<br />

im privaten Rundfunk nach dem<br />

Sechsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag. –<br />

S. 104 – 114<br />

Der Beitrag untersucht kritisch die Frage, ob die<br />

durch den 6. Rundfunkänderungsstaatsvertrag modifizierten<br />

Bestimmungen zur Sicherung der Meinungsvielfalt<br />

eine zeitgemäße Antwort bieten, um auf die<br />

durch die neuen technischen Entwicklungen (Einführung<br />

des Digitalen Fernsehens und die Innovationen<br />

im Multimediabereich) angestoßenen Verschiebungen<br />

bei der <strong>Medien</strong>nutzung zu reagieren. Der Beitrag<br />

kommt dabei zu dem Ergebnis, dass den verfassungsrechtlichen<br />

Zielvorstellungen nur zum Teil<br />

Rechnung getragen wird. Erforderlich seien insbesondere<br />

Antworten auf die Problematik des „Cross-Media-Ownerships“,<br />

die Einbeziehung der Nutzungszeiten<br />

der Pay-TV-Abonnenten und die Senkung der<br />

Beteiligungsgrenze für die Zurechenbarkeit bei Programmen.<br />

Rath-Glawatz, Michael: Die Namen von kommunalen<br />

Verwaltungseinheiten im Titel von<br />

<strong>Medien</strong>angeboten. – S. 115 – 119<br />

Engel, Christoph: Globale Netze und lokale<br />

Werte. – S. 119 – 128<br />

Der Beitrag, der auf einem einleitenden Kapitel einer<br />

Gemeinschaftsstudie des amerikanischen National<br />

Research Council und der Max-Planck-Projektgruppe<br />

Recht der Gemeinschaftsgüter beruht, versucht<br />

eine konzeptionelle Basis für das Verständnis von<br />

Werten und das Verhältnis lokaler Werte und globaler<br />

Netze zu legen. Dabei illustriert er die Funktion von<br />

Werten in der Gesellschaft, für das Individuum und<br />

den Staat einerseits, ihre Dynamik und ihre Funktion<br />

für die Lösung künftiger Probleme andererseits.<br />

Nachdem im Folgenden der lokale Charakter und die<br />

Legitimität von Werten skizziert werden, stellt der<br />

Autor den Einfluss globaler Netze auf Werte dar, um<br />

abschließend aus dieser Grundlegung rechtspolitische<br />

Folgerungen zu skizzieren.<br />

Holznagel, Bernd: Meinungsfreiheit oder Free<br />

Speech im Internet: unterschiedliche Grenzen<br />

tolerierbarer Meinungsäußerungen in den USA<br />

und Deutschland. – S. 128 – 133<br />

Der Beitrag stellt unterschiedliche Grenzen tolerierbarer<br />

Meinungsäußerungen in den USA und in<br />

Deutschland dar. Dabei werden insbesondere der unterschiedliche<br />

Umgang mit rechtsextremistischen<br />

Äußerungen, Probleme des Jugendschutzes und die<br />

Haftung von Providern dargestellt. Im Folgenden erläutert<br />

der Autor die Gründe für die nicht immer harmonisierenden<br />

Regelungen und stellt dabei das grundverschiedene<br />

Verständnis vom Grundrecht auf Meinungsfreiheit<br />

dar. Schließlich wird der Versuch unternommen,<br />

rechtspolitische Leitlinien zu entwickeln,<br />

wie mit den differierenden Rechts- und Wertetraditionen<br />

zukünftig umgegangen werden kann.<br />

Weingärtner, Dieter: Globale Netze und lokale<br />

Werte. – S. 134 – 136<br />

Thaenert, Wolfgang: Global networks: Anmerkungen<br />

aus der Sicht der Regulierungspraxis<br />

für die Landesmedienanstalten. – S. 136 – 138<br />

Lange, Knut Werner: Werbung mit gesellschaftskritischen<br />

Themen als Bestandteil der<br />

Meinungs- und Pressefreiheit. – S. 185 – 190<br />

Der Beitrag stellt zunächst nochmals die ursprüngliche<br />

rechtliche Beurteilung so genannter Schock- bzw.<br />

gefühlsbetonter Werbung durch die Zivilgerichte dar<br />

und illustriert in einem zweiten Schritt die Auffassung<br />

des Bundesverfassungsgerichts und ihre Auswirkungen<br />

auf die traditionellen Fallgruppen des UWG.<br />

Nach einer Analyse der jüngsten Entscheidungen des<br />

BGH kommt der Autor zu dem Ergebnis, dass die<br />

Diskussion zwischen den Bundesgerichten noch nicht<br />

abgeschlossen ist, der BGH sei nicht auf die Linie des<br />

BVerfG eingeschwenkt.<br />

Frenzel, Eike Michael: Von Josefine Mutzenbacher<br />

zu American Psycho: das Jugendschutzgesetz<br />

2002 und das Ende des Gesetzes über die<br />

Verbreitung jugendgefährdender Schriften und<br />

<strong>Medien</strong>inhalte?. – S. 191 – 194<br />

Anhand der Josefine Mutzenbacher Entscheidung des<br />

Buches American Psycho stellt der Autor die verfassungsrechtlichen<br />

Grundlagen des Jugendmedienschutzes<br />

einerseits sowie die für das Indizierungsverfahren<br />

maßgeblichen Gesichtspunkte nach dem GjSM<br />

und dem im April 2003 in Kraft tretenden JuSchG dar<br />

und nimmt abschließend kritisch Stellung.<br />

Ory, Stephan: Fußballrechte im untechnischen<br />

Sinn. – S. 195 – 198<br />

Partsch, Christoph: Informationsfreiheitsgesetze:<br />

bessere Recherchemittel für die Presse. –<br />

S. 198 – 201<br />

Comm/Ent<br />

Jg 23 (2001) Nr 3<br />

Calvert, Clay: Regulating sexual images on the<br />

web: last call for „Miller“ time, but new issues<br />

remain untapped. – S. 507 – 536<br />

Der Beitrag setzt sich mit dem im Fall Miller entwickelten<br />

Test für „obscene speech“ auseinander, in<br />

dem der United States Supreme Court Kriterien für<br />

die Beurteilung von <strong>Kommunikations</strong>inhalten herausgearbeitet<br />

hat. Nach Auffassung des Verfassers ist<br />

dieser Test für Internet-Content nur begrenzt geeignet.<br />

Er schlägt daher einen Internet-spezifischen Test<br />

für „Obscenity“ vor.<br />

599


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

Greene, David: Trade secrets, the First Amendment<br />

and the challenges of the Internet age. –<br />

S. 537 – 562<br />

Unternehmen, die versuchen, die Veröffentlichung ihrer<br />

Geschäftsgeheimnisse durch Dritte zu unterbinden,<br />

können in Konflikt mit der <strong>Kommunikations</strong>freiheit,<br />

in Amerika gesichert durch das First Amendment,<br />

geraten. Der Beitrag stellt fest, dass die zunehmende<br />

Verbreitung des Internet zu einer verstärkten<br />

Veröffentlichung von Geschäftsgeheimnissen geführt<br />

hat, plädiert aber dennoch dafür, die tradierten Prinzipien<br />

des First Amendment nicht zu modifizieren.<br />

Stattdessen sollten die bestehenden Mechanismen<br />

zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen besser genutzt<br />

werden.<br />

Ghosh, Shubha: Turning gray into green: some<br />

comments on „Napster“. – S. 563 – 586<br />

Garfield, Alan E.: The first amendment as a<br />

check on copyright rights. – S. 587 – 606<br />

Jackson, Matt: Using technology to circumvent<br />

the law: the DMCA’s push to privatize copyright.<br />

– S. 607 – 646<br />

Jg 23 (2001) Nr 4<br />

Baker, Alice J.: Legislative prohibitions on the<br />

enforcement of post-employment covenants<br />

not to compete in the broadcasting industry. –<br />

S. 647 – 686<br />

Der Beitrag setzt sich mit dem Vertragsrecht auseinander,<br />

dass im Bereich der Unterhaltungsindustrie für<br />

Konkurrenzverbotsklauseln gilt. Der Beitrag schildert<br />

gesetzgeberische Versuche, die Möglichkeit derartiger<br />

Klauseln im Bereich des Rundfunks zu beschränken,<br />

und plädiert dafür, keine besonderen Beschränkungen<br />

in dieser Branche vorzusehen.<br />

Barrett, David S.: The future of the concurrent<br />

use of trademarks doctrine in the information<br />

age. – S. 687 – 722<br />

Der Beitrag untersucht die sogenannte „concurrent<br />

use of trademarks doctrine“, die unter bestimmten<br />

Voraussetzungen erlauben, ähnliche oder gleiche trademarks<br />

im geschäftlichen Verkehr zu nutzen. Er<br />

stellt die Besonderheiten der Nutzung von trademarks<br />

im Internet dar, bei denen etwa ein räumlicher Abstand<br />

eine untergeordnete Rolle spielt. Der Verfasser<br />

entwickelt zahlreiche Vorschläge zur Lösung des Problems.<br />

Ross, Susan Dente: Reconstructing first<br />

amendment doctrine: the 1990s (R)Evolution<br />

of the „Central Hudson and O’Brien Tests“. –<br />

S. 723 – 750<br />

Der Beitrag untersucht die jüngere Rechtsprechung<br />

des US Supreme Courts zum amerikanischen <strong>Kommunikations</strong>grundrecht,<br />

dem First Amendment. Er<br />

kommt zu dem Schluss, dass der Supreme Court die<br />

Prüfungsmaßstäbe für die Verfassungsmäßigkeit von<br />

Gesetzen, die kommerzielle Kommunikation betreffen,<br />

erhöht, während es die Maßstäbe für Gesetze, die<br />

die <strong>Medien</strong>betätigung betreffen, abgesenkt hat. Dadurch<br />

sei es zu einer Erosion des First Amendments<br />

im Bereich der <strong>Medien</strong> gekommen.<br />

600<br />

Massa, Salvatore; Meitzen, Mark E.; Parsons,<br />

Steve G.: Pricing network elements under the<br />

telecommunications act of 1996: back to the future.<br />

– S. 751 – 788<br />

Der Beitrag stellt das Konzept des Telecommunications<br />

Act von 1996 im Hinblick auf die Förderung von<br />

Wettbewerb im lokalen Telefonmarkt dar. Er plädiert<br />

dafür, dass der Supreme Court die Rechtsprechung<br />

des 8th Circuit’s Courts übernehmen sollte, der bei<br />

der Preisregulierung einen „incremental cost approach“<br />

anwendet.<br />

Jg 24 (2002) Nr 1<br />

Craft, Kimberly L.: The webcasting music revolutions<br />

is ready to begin, as soon as we figure<br />

out the copyright law: the story of the music<br />

industry at war with itself. – S. 1 – 42<br />

Hetherington, Samantha L.: Fashion runways<br />

are no longer the public domain: applying the<br />

common law right of publicity to haute couture<br />

fashion design. – S. 43 – 72<br />

Kratzke, William P.: The Supreme Court and<br />

trade dress: a short comment. – S. 73 – 108<br />

Communicatio Socialis<br />

Jg 35 (2002) Nr 1<br />

Greshake, Gisbert: Der Ursprung der <strong>Kommunikations</strong>idee.<br />

– S. 5 – 26<br />

Ruppert, Helmuth S.: „Global prayer“ im<br />

Äther: Radio Vatikan: vom Dampfradio zum<br />

Weltsender. – S. 27 – 38<br />

Nientidt, Klaus: In der Tradition katholischer<br />

Aufklärung: der Freiburger Herder-Verlag<br />

wurde 200 Jahre alt. – S. 39 – 46<br />

Verst, Ludger: Neue Organisationsstrukturen<br />

für die katholische <strong>Medien</strong>arbeit in Deutschland.<br />

– S. 47 – 52<br />

Oertel, Ferdinand: USA: Kirche kein <strong>Medien</strong>thema<br />

mehr?. – S. 53 – 57<br />

Päpstlicher Rat für die sozialen <strong>Kommunikations</strong>mittel;<br />

Ethik im Internet; Kirche und Internet.<br />

– S. 58 – 89<br />

Internet: ein neues Forum zur Verkündigung<br />

des Evangeliums: Botschaft von Papst Johannes<br />

Paul II. zum 36. Welttag der sozialen <strong>Kommunikations</strong>mittel<br />

2002. – S. 90 – 94<br />

Jg 35 (2002) Nr 2<br />

Skarics, Marianne: Popularkino als Ersatzkirche?:<br />

Überlegungen zur partiellen Funktionsäquivalenz<br />

von Kirche und Kino. – S. 119 – 136


Der Film übernimmt traditionelle Funktionsweisen<br />

der Religion: Sinnstiftung, Gleichnischarakter und<br />

Erlösung. Der Vorteil des Films liegt u.a. darin, dass er<br />

schnell und effektiv auf Trends und Veränderungen<br />

von kollektiven Stimmungslagen reagieren und religiöse<br />

Momente ohne Bindung an die religiösen Dogmen<br />

einsetzen kann. Dem Misstrauen der Menschen<br />

gegenüber großen Institutionen kann der Film entgegenkommen,<br />

indem er ein Glaubenssystem etabliert,<br />

das nicht über den manifesten Filminhalt, sondern<br />

über die Metaebenen des Films transportiert wird.<br />

Weber, Stefan: Optionen einer konstruktivistischen<br />

<strong>Medien</strong>ethik angesichts des aktuellen<br />

Trash-Fernsehens. – S. 137 – 146<br />

Goderbauer-Marchner, Gabriele: Anforderungen<br />

an die journalistische Weiterbildung. –<br />

S. 147 – 155<br />

Gerhardy, Roger: „Als faire Partner im Wettstreit<br />

der Ideen“: zu den Ausbildungszielen des<br />

Instituts zur Förderung publizistischen Nachwuchses.<br />

– S. 156 – 162<br />

Hefelle, Paul: „Wir machen aus Talenten Profis“:<br />

Journalistenausbildung in Österreich. –<br />

S. 163 – 165<br />

Oschwald, Hanspeter: Verkündigen wollte ich<br />

nie: Erfahrungen eines katholisch geprägten<br />

Journalisten. – S. 166 – 171<br />

Jannusch, Andrea Sofie: Journalistische Ausbildungsstätten<br />

in der Trägerschaft kirchlicher<br />

Gruppen in Mittel- und Osteuropa. – S. 172 –<br />

177<br />

Lukacs, Laszlo: Kirchliche Öffentlichkeitsarbeit<br />

in Ungarn nach der Wende. – S. 178 – 189<br />

Hillebrecht, Steffen W.: Nachwuchsförderung<br />

für kaufmännische Führungskräfte in kirchlichen<br />

<strong>Medien</strong>unternehmen: das Beispiel des<br />

MDG-Traineeprogramms. – S. 190 – 200<br />

Communication Research<br />

Jg 29 (2002) Nr 2<br />

Berger, Charles R.: Base-rate Bingo: ephemeral<br />

effects of population data on cognitive responses,<br />

apprehension and perceived risk. – S. 99 –<br />

124<br />

Kalman, Michael E.; Monge, Peter; Fulk, Janat;<br />

Rebecca Heino: Motivations to resolve communication<br />

dilemmas in database-mediated<br />

collaboration. – S. 125 – 154<br />

Weintraub Austin, Erica: The effects of increased<br />

cognitive involvement on College students’<br />

interpretations of Magazine advertisements for<br />

alcohol. – S. 155 – 179<br />

Zeitschriftenlese<br />

Althaus, Scott L.; Tewksbury, David: Agenda<br />

setting and the „new“ news: patterns of issue<br />

importance among readers of the paper and online<br />

versions of the „New York Times“. –<br />

S. 180 – 207<br />

Der Artikel berichtet über eine Studie, die sich der Frage<br />

widmete, ob die Leser der Zeitungsausgabe und die<br />

der Online-Ausgabe einer nationalen Zeitung, der<br />

New York Times, zu unterschiedlichen Einschätzungen<br />

über die Wichtigkeit verschiedener politischer<br />

Themen kommen. In der einwöchigen Studie lasen die<br />

Versuchspersonen entweder die Zeitungsausgabe oder<br />

die Online-Version der New York Times oder erhielten<br />

keine der beiden Vorgaben. Die Studie weist den<br />

Einfluss der Lektüre auf die Agenda der Versuchspersonen<br />

nach, der je nach Medium unterschiedlich ausfällt.<br />

U. a. wurde festgestellt, dass die Leser der Papierversion<br />

eine breitere Auswahl an Themen beachtete,<br />

außerdem wurde für diese Gruppe eine höhere<br />

Berücksichtigung internationaler Themen konstatiert.<br />

Jg 29 (2002) Nr 3<br />

Lang, Annie; Borse, Jennifer; Wise, Kevin; Prabu<br />

David: Captured by the world wide web:<br />

orienting to structural and content features of<br />

Computer-presented Information. – S. 215 –<br />

245<br />

Andsager, Julie L.; Weintraub Austin, Erica;<br />

Pinkleton, Bruce E.: Gender as a variable in<br />

interpretation of alcohol-related messages. –<br />

S. 246 – 269<br />

Der Artikel berichtet über eine Studie, in der die unterschiedliche<br />

Wahrnehmung von Alkoholwerbung<br />

von männlichen und weiblichen Jugendlichen untersucht<br />

wurde. Es zeigte sich, dass von den 578 Versuchspersonen<br />

die Jungen die eher individualistisch<br />

gestalteten Werbebeiträge überzeugend fanden und<br />

behalten konnten, während die Mädchen eher durch<br />

die kollektivistischen, gruppenorientierten Public-<br />

Service-Beiträge überzeugt wurden. Die Autoren plädieren<br />

daher für eine stärkere Berücksichtigung der<br />

Geschlechterunterschiede in Analysemodellen.<br />

David, Prabu; Morrison, Glenda; Johnson, Melissa<br />

A.; Felecia Ross: Body image, race, fashion<br />

models: social distance and social identification<br />

in third-person-effects. – S. 270 – 294<br />

Groenendyk, Eric W.; Valentino, Nicholas A.:<br />

Of dark clouds and silver linings: effects of exposure<br />

to issue versus candidate advertising on<br />

persuasion, information retention, and issue salience.<br />

– S. 295 – 319<br />

Neuwirth, Kurt; Frederick, Edward; Mayo,<br />

Charles: Person-effects and heuristic-systematic<br />

processing. – S. 320 – 359<br />

Jg 29 (2002) Nr 4<br />

Slater, Michael D.; Kelly, Kathleen J.: Testing<br />

alternative explanations for exposure effects in<br />

601


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

media campaigns: the case of a community-based,<br />

In-school media drug prevention project. –<br />

S. 367 – 389<br />

Lannutti, Pamela J.; Monahan, Jennifer L.:<br />

When the frame paints the picture: alcohol consumption,<br />

relational framing and sexual communication.<br />

– S. 390 – 421<br />

Yanovitzky, Itzhak: Effects of news coverage<br />

on policy attention and actions: a closer look<br />

into the media-policy connection. – S. 422-465<br />

Der Artikel berichtet über eine Studie, die den Einfluss<br />

der <strong>Medien</strong>berichterstattung auf die Politik untersuchte.<br />

Beim Beispiel der Berichterstattung zwischen<br />

1978 und 1995 über Trunkenheit am Steuer<br />

wurde eine erhöhte Aufmerksamkeit der Politiker für<br />

diese Problematik während der Phase der frühen 80er<br />

Jahre, in der vermehrt über dieses Thema berichtet<br />

wurde, festgestellt. Diese erhöhte Aufmerksamkeit<br />

von Öffentlichkeit und Politik zeitigte schnelle und<br />

kurzfristige Lösungen von Seiten der Politiker. Als die<br />

Aufmerksamkeit der <strong>Medien</strong> dann aber sank (ab den<br />

späten 80ern) wurde dem Problem eher mit längerfristigen<br />

Lösungen Rechnung getragen.<br />

Roberts, Marilyn; Wanta, Wayne; Dzwo,<br />

Tzong-Horng: Agenda-setting and issue salience<br />

online. – S. 452 – 465<br />

Zhu, Joanthan J. H.; He, Zhou: Perceived characteristics,<br />

perceived needs, and perceived popularity:<br />

adoption and use of the Internet in<br />

China. – S. 466 – 495<br />

Communication theory<br />

Jg 11 (2002) Nr 2<br />

Singhal, Arvind; Rogers, Everett M.: A theoretical<br />

agenda for entertainment-education. –<br />

S. 117 – 135<br />

Kincaid, D. Lawrence: Drama, Emotion, and<br />

cultural convergence. – S. 136 – 152<br />

Sood, Suruchi: Audience involvement and entertainment-education.<br />

– S. 153 – 172<br />

Slater, Michael D.; Rouner, Donna: Entertainment-Education<br />

and elaboration likelihood:<br />

understanding the processing of narrative persuasion.<br />

– S. 173 – 191<br />

Davenport, Beverly et al: Fostering reproductive<br />

health through Entertainment-Education<br />

in the Peruvian Amazon: the social construction<br />

of Bienvenida Salud. – S. 192 – 205<br />

Sherry, John L.: Media saturation and Entertainment-Education.<br />

– S. 206 – 224<br />

Bouman, Martine: Turtles and peacocks: collaboration<br />

in Entertainment-Education Television.<br />

– S. 225 – 244<br />

602<br />

Computer und Recht<br />

Jg 18 (2002) Nr 4<br />

Niedermeier, Robert; Schröcker, Stefan: Assettracking:<br />

datenschutzrechtlicher Zündstoff?. –<br />

S. 241 – 247<br />

Neitzel, Jens: Regulierung in der Sackgasse?:<br />

das Sondergutachten der Monopolkommission<br />

zur Wettbewerbsentwicklung bei Telekommunikation<br />

und Post 2001. – S. 256 – 262<br />

„Gemäß § 81 Abs. 3 TKG muss die Monopolkommission<br />

alle zwei Jahre einen Bericht zu der Frage vorlegen,<br />

ob auf den Märkten der Telekommunikation<br />

ein funktionsfähiger Wettbewerb herrscht. Dabei<br />

kann sie auf aus ihrer Sicht notwendige Konsequenzen<br />

für einzelne Bestimmungen des TKG hinweisen und<br />

soll insbesondere darlegen, ob die Regelungen zur<br />

Entgeltregulierung im Dritten Teil des TKG weiterhin<br />

erforderlich sind. Im Dezember 2001 hat die Monopolkommission<br />

ihr aktuelles Sondergutachten<br />

,Wettbewerbsentwicklung bei Telekommunikation<br />

und Post 2001’ veröffentlicht. [... In dem Beitrag] sollen<br />

die Ergebnisse des Gutachtens der Monopolkommission<br />

zur Wettbewerbsentwicklung im Bereich der<br />

Telekommunikation kritisch gewürdigt werden. [...]“<br />

Linke, Thomas: Das Recht der Namensgleichen<br />

bei Domains. – S. 271 – 279<br />

Ulbricht, Johannes: Unterhaltungssoftware:<br />

urheberrechtliche Bindungen bei Projekt- und<br />

Publishingverträgen. – S. 317 – 323<br />

Jg 18 (2002) Nr 5<br />

Petri, Axel; Göckel, Andreas: Vertragsstruktur<br />

der Internet-Backbone-Betreiber: Backbone-<br />

Access. – S. 329 – 337<br />

Perrey, Elke: Das Namensrecht der Gebietskörperschaften<br />

im Internet: Umfang und<br />

Durchsetzung. – S. 349 – 357<br />

Oberndörfer, Julian: Digitale Wertpapiere im<br />

Licht der neuen Formvorschriften des BGB. –<br />

S. 358 – 362<br />

Jg 18 (2002) Nr 6<br />

Lober, Andreas: Jugendgefährdende Unterhaltungssoftware<br />

– kein Kinderspiel: Voraussetzungen<br />

und Rechtsfolgen der Indizierung jugendgefährdender<br />

Computerspiele. – S. 397 –<br />

406<br />

Feil, Thomas; Leitzen, Werner: Die EVB-IT<br />

nach der Schuldrechtsreform: Überarbeitete<br />

Regelungen in den IT-Beschaffungsverträgen<br />

der öffentlichen Hand. – S. 407 – 410<br />

Petri, Axel; Göckel, Andreas: Vertragsstruktur<br />

der Internet-Backbone-Betreiber: Peering. –<br />

S. 418 – 424


Schafft, Thomas: Die systematische Registrierung<br />

von Domain-Varianten: nicht sittenwidrig,<br />

sondern sinnvoll. – S. 434 – 440<br />

Hartmann, Matthias; Koch, Philip: Datenbankschutz<br />

gegen Deep-Linking: zugleich Anmerkung<br />

zu LG München I v. 1.3.2002: 21 O<br />

9997/01: deep-l9inks in Online-Pressespiegel. –<br />

S. 441 – 444<br />

Jg 18 (2002) Nr 7<br />

Diedrich, Kay: Typisierung von Softwareverträgen<br />

nach der Schuldrechtsreform: Lösungsansätze<br />

für neue Abgrenzungsfragen. – S. 473 –<br />

479<br />

Feil, Thomas; Leitzen, Werner: EVB-IT Überlassung<br />

Typ B: der neue IT-Beschaffungsvertrag<br />

für die befristete Überlassung von Standardsoftware.<br />

– S. 480 – 482<br />

Gramlich, Ludwig: Die Regulierungsbehörde<br />

für Telekommunikation und Post im Jahr 2001.<br />

– S. 488 – 498<br />

„Der Beitrag setzt frühere Beiträge in Computer und<br />

Recht (Gramlich, CR 1999, 489; Gramlich, CR 2000,<br />

509; Gramlich, CR 2001, 373) fort und legt wie diese<br />

bei Betrachtung der Aktivitäten der Regulierungsbehörde<br />

für Post und Telekommunikation (RegTP)<br />

den Schwerpunkt auf die Praxis der sektorspezifischen<br />

Regulierung im Bereich der Telekommunikation.<br />

Entwicklungen im Postsektor werden in einem<br />

der nächsten Hefte kurz beleuchtet.“<br />

Schmidl, Michael: Die elektronische Signatur:<br />

Funktionsweise, rechtliche Implikationen,<br />

Auswirkungen der EG-Richtlinie. – S. 508 –<br />

517<br />

Foerstl, Uli: Die Entscheidung „shell.de“ –<br />

Stärkung von Kennzeichenrechten im Internet?:<br />

zugleich Anmerkung zu BGH v.<br />

22.11.2001 – I ZR 138/99. – S. 518 – 523<br />

Jg 18 (2002) Nr 8<br />

Müller-Hengstenberg, Claus D.; Krcmar, Helmut:<br />

Mitwirkungspflichten des Auftragsgebers<br />

bei IT-Projekten. – S. 549-556<br />

Feil, Thomas; Leitzen, Werner: Die BVB nach<br />

der Schuldrechtsreform: zur Gestaltung einer<br />

Übergangslösung. – S. 557-558<br />

Freund, Natascha; Ruhle, Ernst-Olaf: Die Praxis<br />

der Regulierung von Terminierungsentgelten<br />

in der Telekommunikation: ein Vergleich<br />

von Fest- und Mobilnetzen in den EU-Staaten.<br />

– S. 567 – 572<br />

Zeitschriftenlese<br />

Müglich, Andreas: Auswirkungen des EGG<br />

auf die haftungsrechtliche Behandlung von<br />

Hyperlinks. – S. 583 – 591<br />

Heller, Arne; Sadeghi, Salmeh; Dretzki, Teresa;<br />

Ruhe, Catharina L.: Die online-Hauptversammlung:<br />

Überlegungen zur unmittelbaren<br />

Ausübung der Aktionärsrechte via Internet. –<br />

S. 592 – 598<br />

Computer und Recht international<br />

Jg 3 (2002) Nr 2<br />

Gaster, Jens L.: European community patent:<br />

the quest for a common approach on the revision<br />

of the European Patent System. – S. 33 – 39<br />

Friedman, William: The good guys win in the<br />

movies: the second circuit hands the movie studios<br />

a big win against decryption programs. –<br />

S. 40 – 45<br />

Handa, Sunny: Retransmission of television<br />

broadcasts on the Internet: the Canadian case<br />

of Jump.TV.com Canada Inc.. – S. 45 – 49<br />

Jg 3 (2002) Nr 3<br />

Bender, David; Toto, Martin M.: U.S. antitrust<br />

issues in software licensing and distribution. –<br />

S. 65 – 74<br />

Towle, Holly; Bruggeman, Alan: A guide on<br />

drafting and negotiating effective service level<br />

agreements and/or how to prevent Keanu Reeves<br />

from destroying your networks. – S. 75 – 80<br />

Jg 3 (2002) Nr 4<br />

Howard, Anthony: Patentability of Computer-implemented<br />

inventions: a concise analysis<br />

of the Commission’s proposal for a directive on<br />

the patentability of computer-implemented inventions.<br />

– S. 97 – 104<br />

Huppertz, Marie Thérèse: The pivotal role of<br />

digital rights management systems in the digital<br />

world. – S. 105 – 111<br />

Barceló, Rosa Julia: Spanish implementations<br />

of the E-Commerce Directive: main features of<br />

the implementation of the E-Commerce-directive<br />

in Spain. – S. 112 – 115<br />

Convergence<br />

Jg 8 (2002) Nr 1<br />

Banerjee, Indrajit; Loo, Eric: Information as<br />

603


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

freedom in the development process: an alternative<br />

consideration. – S. 10 – 17<br />

Leaning, Marcus: The person we meet online. –<br />

S. 18 – 29<br />

Duffet, Mark: Naturalising the webcast: live<br />

performance, nostalgia and Paul McCartney’s<br />

„Little big gig“. – S. 30 – 42<br />

Martin, Fiona; Wilson, Helen: Beyond the<br />

ABC’s backyard: radio, the web and Australian<br />

regional space. – S. 43 – 61<br />

„Over its 70 year history the ABC has attempted to<br />

map the spatiality of the Australian nation with TV<br />

and radio networks – networks designed in part to service<br />

regional and remote Australia with information<br />

and entertainment. However, until recently the<br />

ABC’s ability to reflect the diverse experiences, ideas<br />

and perspectives of regional Australians in broadcast<br />

media was largely restricted by geography, a federalist<br />

heritage, limited resources and the concentration of<br />

ABC resources in urban centers. With its development<br />

of a publicly funded WWW service, ABC online,<br />

the ABC revisited the problem of connecting Australian’s<br />

in „the bush“ with those in the city. In September<br />

1999, it launched an online gateway to „local“<br />

(metropolitan and regional) websites, called The<br />

Backyard. This paper investigates the ABC’s changing<br />

vision of localism by comparing its local radio spaces<br />

with the evolution, concept and functions of its local<br />

web spaces.“<br />

Mullen, Megan: The fall and rise of cable narrowcasting.<br />

– S. 62 – 85<br />

„The history of cable television in the USA has always<br />

reflected a tension between those who see in the technology<br />

a promise for a more progressive television future<br />

and those who see it as a lucrative business opportunity.<br />

This has been true since the 1950s, when a<br />

select group of small-town CATV (community antenna)<br />

entrepreneurs began to think of non-broadcastderived<br />

programme options (eg Associated Press news<br />

text, weather channels, movies) to offer their subscribers.<br />

The countervailing forces became particularly<br />

apparent, however, during the 1970s, when satellitedelivered<br />

cable channels first became a reality and there<br />

was limited experimentation with interactive television.“<br />

Elmer, Greg: Consumption in the network age:<br />

solicitation, automation, and networking. –<br />

S. 86 – 101<br />

European Journal of Communication<br />

Jg 17 (2002) Nr 2<br />

Klaehn, Jeffery: A critical review and assessment<br />

of Herman and Chomsky’s „Propaganda<br />

model“. – S. 147–182<br />

Mass media play an especially important role in democratic<br />

societies. They are presupposed to act as intermediary<br />

vehicles that reflect public opinion, respond<br />

to public concerns and make the electorate cognizant<br />

of state policies, important events and viewpoints.<br />

The fundamental principles of democracy<br />

604<br />

depend upon the notion of a reasonably informed electorate.<br />

The ‘propaganda model’ of media operations<br />

laid out and applied by Edward Herman and Noam<br />

Chomsky in Manufacturing Consent: The political<br />

Economy of the Mass Media postulates that elite media<br />

interlock with other institutional sectors in ownership,<br />

management and social circles, effectively circumscribing<br />

their ability to remain analytically detached<br />

from other dominant institutional sectors. The<br />

model argues that the net of this is self-censorship<br />

without any significant coercion. Media, according to<br />

this framework, do not have to be controlled nor does<br />

their behaviour have to be patterned, as it is assumed<br />

that they are integral actors in class warfare, fully integrated<br />

into the institutional framework of society,<br />

and act in unison with other ideological sectors, i.e. the<br />

academy, to establish, enforce, reinforce and ‘police’<br />

corporate hegemony. It is not a surprise, then, given<br />

the interrelations of the state and corporate capitalism<br />

and the ‘ideological network’, that the propaganda<br />

model has been dismissed as a ‘conspiracy theory’ and<br />

condemned for its ‘overly deterministic’ view of media<br />

behaviour. It is generally excluded from scholarly<br />

debates on patterns of media behaviour. This article<br />

provides a critical assessment and review of Herman<br />

and Chomsky’s propaganda model and seeks to encourage<br />

scholarly debate regarding the relationship<br />

between corporate power and ideology. Highly descriptive<br />

in nature, the article is concerned with the<br />

question of whether media can be seen to play a hegemonic<br />

role in society oriented towards legitimization,<br />

political accommodation and ideological management.<br />

Chalaby, Jean K.: Transnational television in<br />

Europe: the role of pan-European channels. –<br />

S. 183 – 204<br />

Jewkes, Yvonne: The use of media in constructing<br />

identities in the masculine environment of<br />

men’s prisons. – S. 205 – 225<br />

Picard, Robert G.: Assessing audience performance<br />

of public service broadcasters. – S. 227 –<br />

235<br />

Deuze, Mark; Paulussen, Steve: Online-Journalism<br />

in the low countries: basic, occupational<br />

and professional characteristics of online journalists<br />

in Flandern and the Netherlands. –<br />

S. 237 – 245<br />

Federal Communications Law Journal<br />

Jg 54 (2002) Nr 2<br />

Abernathy, Kathleen Q.: My view from the<br />

doorstep of FCC change. – S. 199 – 224<br />

Speta, James B.: A common carrier approach to<br />

Internet interconnection. – S. 225 – 280<br />

Der Beitrag plädiert dafür, Elemente der „common<br />

carrier regulation“ auch für Probleme von Interconnection<br />

im Bereich des Internet anzuwenden.<br />

Nach Auffassung des Autors haben diese regulatorischen<br />

Konzepte im 17. Jahrhundert Probleme mit<br />

Kneipenwirten, im 18. Jahrhundert mit Dampfschiffen,<br />

im 19. Jahrhundert mit Eisenbahnen, im 20. mit


Telefonie gelöst und können im 21. Jahrhundert des<br />

Internets durchaus produktiv sein.<br />

Helein, Charles H.; Marashlian, Jonathan S.;<br />

Haddad, Loubna W.: Detariffing and the death<br />

of the filed tariff doctrine: deregulation in the<br />

„self“interest. – S. 281 – 318<br />

Jg 54 (2002) Nr 3<br />

Carver, Justin: An efficiency analysis of contracts<br />

for the provision of telephone services to<br />

prisons. – S. 391 – 420<br />

Beard, T, Randolph; Ford, George S.; Spiwak,<br />

Lawrence J.: Why ADCo? Why now?: an economic<br />

exploration into the future of industry<br />

structure for the „last mile“ in local telecommunications<br />

markets. – S. 421 – 460<br />

Der Beitrag stellt dar, welche hohen festen und versunkenen<br />

Kosten beim Eintritt in den lokalen Telekommunikationsmarkt<br />

entstehen, die den Marktzutritt<br />

riskant machen. Der große Marktanteil, der nötig<br />

ist, um auf diesem Markt erfolgreich agieren zu können,<br />

ist für Wettbewerber schwer zu erreichen, die<br />

über den entbündelten Zugang zu Elementen der Telekommunikationsnetze<br />

des ehemaligen Monopolisten<br />

oder einem von Grund auf neuen Telekommunikationsnetz<br />

in den Markt eintreten. Als Strategie für<br />

Unternehmen, die auf dem Markt hinzu treten, empfiehlt<br />

der Beitrag die Bildung von sogenannten „alternative<br />

distribution Companies“ (ADCo).<br />

Day, Christopher R.: The concrete barrier at<br />

the end of the information superhighway: why<br />

lack of local rights-of-way access is killing<br />

competitive local exchange carriers. – S. 461 –<br />

492<br />

Der Beitrag stellt dar, dass fünf Jahre nach Inkrafttreten<br />

des Telekommunications Act in vielen Bereichen<br />

noch kein Wettbewerb auf dem lokalen Telefonmarkt<br />

existiert. Zumindest eine Teilschuld daran tragen nach<br />

Auffassung des Verfassers Fehler des Gesetzgebers<br />

und der Aufsichtsbehörde. Der Beitrag analysiert diese<br />

Fehlentwicklungen und schlägt eine Reihe gesetzgeberischer<br />

und regulatorischer Maßnahmen vor, die<br />

den Zugang zu Telekommunikationsnetzen verbessern<br />

sollen.<br />

Zion, Eric M. D.: Protecting the e-marketplace<br />

of ideas by protecting employers: immunity for<br />

employers under section 230 of the communications<br />

decency act. – S. 493 – 516<br />

Human Communication Research<br />

Jg 28 (2002) Nr 2<br />

Corman, Steven R. u.a.: Studying complex discursive<br />

systems: centering resonance analysis of<br />

communication. – S. 157 – 206<br />

Zeitschriftenlese<br />

Afifi, Walid A.; Weiner, Judith L.: Colloquy on<br />

Information Seeking: introduction. – S. 207 –<br />

212<br />

Ramirez, Artemio u.a.: Information-seeking<br />

strategies, uncertainty, and Computer-mediated<br />

Communication. – S. 213 – 228<br />

Morrison, Elizabeth Wolfe: Information seeking<br />

within organizations. – S. 229 – 242<br />

Knobloch, Leanne K.; Solomon, Denise Haunani:<br />

Information seeking beyond initial interaction:<br />

negotiating relational uncertainty within<br />

close relationships. – S. 243 – 257<br />

Brashers, Dale E.; Goldsmith, Daena J.; Hsieh,<br />

Elaine: Information seeking and avoiding in<br />

health contexts. – S. 258 – 271<br />

Baldwin, John R.; Hunt, Stephen K.: Information-seeking<br />

behavior in intercultural and intergroup<br />

communication. – S. 272 – 286<br />

Berger, Charles R.: Strategic and nonstrategic<br />

Information Acquisition. – S. 287 – 297<br />

Mokros, Hartmut B.; Aakhus, Mark: From Information-seeking<br />

behavior to meaning engagement<br />

practice: implications for communication<br />

theory and practice. – S. 298 – 312<br />

Journal of Communication<br />

Jg 52 (2002) Nr 1<br />

Wilson, Barbara J. u. a.: Violence in children’s<br />

television programming: assessing the risks. –<br />

S. 5 – 35<br />

This study investigates the nature and extent of violence<br />

contained in television programming that targets<br />

children aged 12 and younger. The measures employed<br />

in this content analysis are grounded in previous<br />

experimental research that has identified contextual<br />

features that either diminish or enhance the risk of<br />

harmful effects associated with viewing violent portrayals.<br />

This report uses the database from the National<br />

Television Violence Study (Wilson et al., 1998),<br />

which involved an unusually large and representative<br />

sample of programming. Results indicate that programs<br />

targeted to children contain more violence than<br />

do other types of programming. The violence itself is<br />

just as likely to be glamorized in children’s as in nonchildren’s<br />

shows, but it is even more sanitized and<br />

more likely to be trivialized. These patterns heighten<br />

the risk of viewers learning aggression and becoming<br />

desensitized from such portrayals. Finally this study<br />

documents 5 subgenres of children’s programming<br />

that differ dramatically in violent content.<br />

Wilson, Barbara J.; Colvin, Carolyn M.; Smith,<br />

Stacy L.: Engaging in violence on American television:<br />

a comparison of child, teen, and adult<br />

perpetrators. – S. 36 – 60<br />

Smith, Stacy L.; Boyson, Aaron R.: Violence in<br />

605


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

music videos: examining the prevalence and<br />

context of physical aggression. – S. 61 – 83<br />

Smith, Stacy L.; Nathanson, Amy I.; Wilson,<br />

Barbara J.: Prime-time television: assessing violence<br />

during the most popular viewing hour. –<br />

S. 84 – 111<br />

Kunkel, Dale u.a.: Deciphering the V-Chip: an<br />

examination of the television industry’s program<br />

rating judgments. – S. 112 – 138<br />

Acosta-Alzuru, Carolina; Kreshel, Peggy J.:<br />

„I’m an American girl... whatever that means“:<br />

girls consuming pleasant company’s American<br />

girl identity. – S. 139 – 161<br />

Denham, Bryan E.: Advanced categorical<br />

statistics: issues and applications in communication<br />

research. – S. 162 – 176<br />

Gunther, Albert C.; Christen, Cindy T.: Projection<br />

or persuasive press?: contrary effects<br />

of personal opinion and perceived news coverage<br />

on estimates of public opinion. – S. 177 –<br />

195<br />

Wackwitz, Laura A.: Burger on Miller: obscene<br />

effects and the filth of a nation. – S. 196-210<br />

Ind, Rebecca Ann; Salo, Colleen: The framing<br />

of feminists and feminism in news and public<br />

affairs programs in U.S. electronic media. –<br />

S. 211 – 228<br />

Cappella, Joseph N.: 2001 ICA presidential address:<br />

cynicism and social trust in the new media<br />

environment. – S. 229 – 241<br />

Jg 52 (2002) Nr 2<br />

Segrin, Chris; Nabi, Robin L.: Does television<br />

viewing cultivate unrealistic expectations about<br />

marriage?. – S. 247 – 263<br />

Crawley, Alisha M. et al: Do children learn<br />

how to watch television?: the impact of extensive<br />

experience with „Blue’s Clues“ on preschool<br />

children’s television viewing behavior. –<br />

S. 264 – 280<br />

Johnston, Anne; Kaid, Lynda Lee: Image ads<br />

and issue ads in U.S. presidential advertising:<br />

using videostyle to explore stylistic differences<br />

in televised political ads from 1952 to 2000. –<br />

S. 281 – 300<br />

Pfau, Michael et al: Issue-advocacy versus<br />

candidate advertising: effects on candidate preferences<br />

and democratic process. – S. 301 –<br />

315<br />

606<br />

Benoit, William L.; McKinney, Mitchell S.; Stephenson,<br />

Michael T.: Effects of watching primary<br />

debates in the 2000 U.S. presidential campaign.<br />

– S. 316 – 331<br />

This essay reports the results of 2 studies measuring<br />

the effects of watching U.S. presidential primary debates.<br />

Using a pretest-posttest design, participants<br />

watched either a Republican (October 22, 1999) or a<br />

Democratic (October 27, 1999) New Hampshire primary<br />

debate. Those who watched each debate learned<br />

more about the candidates‘ policies, formed evaluations<br />

of candidates who were less well-known, and<br />

changed their evaluations of better known candidates.<br />

Viewers changed voting intention and expressed more<br />

confidence in their vote choice after watching a debate.<br />

Thus, we can conclude that primary debates are<br />

capable of influencing both policy and character impressions<br />

of the candidates, as well as changing voting<br />

intentions and increasing vote confidence.<br />

Hall, A; Cappella, Joseph N.: The impact of political<br />

talk radio exposure on attributions about<br />

the outcome of the 1966 U.S. presidential election.<br />

– S. 332 – 350<br />

Knobloch, Silvia; Zillmann, Dolf: Mood management<br />

via the digital jukebox. – S. 351 – 366<br />

Trumbo, Craig W.: Information processing<br />

and risk perception: an adaptation of the heuristic-systematic<br />

model. – S. 367 – 382<br />

McAllister, Matthew P.: Television news plugola<br />

and the last episode of „Seinfeld“. – S. 383<br />

– 401<br />

Raney, Arthur A.; Bryant, Jennings: Moral<br />

judgment and crime drama: an integrated theory<br />

of enjoyment. – S. 402 – 415<br />

The article proposes a theoretical framework which<br />

moral reasoning about mediated crime and punishment<br />

is defined and combined with existing, affectdriven<br />

entertainment theory to yield an integrated<br />

theory of enjoyment. The authors analyze how crime<br />

dramas serve as statements about justice and then address<br />

how moral deliberation about the propriety of<br />

those statements impact enjoyment. The authors report<br />

research findings to support the analysis of cognitive<br />

processing during crime dramas distinct from<br />

affective processing. The article also suggests future<br />

means by which the integrated theory of enjoyment<br />

can be examined.<br />

Jackson, Matt: From private to public: reexamining<br />

the technological basis for copyright. –<br />

S. 416 – 433<br />

Jackson, Ronald L.; Heckman, Susan M.: Perceptions<br />

of white identity and white liability:<br />

an analysis of white students responses to a college<br />

campus racial hate crime. – S. 434 – 450


Journal of Media Economics<br />

Jg 15 (2002) Nr 2<br />

Cho, Hiromi; Lacy, Stephen: Competition for<br />

circulation among Japanese national and local<br />

daily newspapers. – S. 73 – 90<br />

Chyi, Hsiang Íris; Lasorsa, Dominic L.: An explorative<br />

study on the market relation between<br />

online and print newspapers. – S. 91 – 106<br />

Kranenburg, Hans von: Mobility and market<br />

structure in the Dutch daily newspaper market<br />

segments. – S. 107 – 124<br />

Lee, Sang-Woo: An economic analysis of the<br />

movie industry in Japan. – S. 125 – 140<br />

Jg 15 (2002) Nr 3<br />

Chan-Olmstedt, Sylvia M.; Li, Jack C. C.:<br />

Strategic competition in the multichannel video<br />

programming market: an intraindustry strategic<br />

group study of cable programming networks.<br />

– S. 153 – 174<br />

Yan, Michael Zhaoxu: Market structure and local<br />

signal carriage decisions in the cable television<br />

industry: results from count analysis. –<br />

S. 175 – 192<br />

Kang, Myung-Hyun: Digital cable: exploring<br />

factors associated with early adoption. – S. 193<br />

– 208<br />

Rizzuto, Ronald J.; Wirth, Michael O.: The<br />

economics of video on demand: a simulation<br />

analysis. – S. 209 – 224<br />

Journal of Communication Inquiry<br />

Jg 26 (2002) Nr 2<br />

Peixoo Labre, Magdala: The Brazilian wax;<br />

new hairlessness norm for women?. – S. 113 –<br />

132<br />

Peterson, Valerie: Text as cultural antagonist:<br />

the Kama Sutra of Vatsyayana. – S. 133 – 154<br />

Borden, Sandra L.: Janet Cooke in hindsight:<br />

reconsideration of a paradigmatic case of journalism<br />

ethics. – S. 155 – 170<br />

1981 hatte Janet Cooke ihren Pulitzer-Preis zurückgeben<br />

müssen, nachdem sich herausgestellt hatte, dass<br />

die prämierte Reportage erfunden war. Als Janet Cooke<br />

1996 einen Wiedereinstieg in den Journalismus versuchte,<br />

war dies Anlass für intensive Diskussionen<br />

von Journalisten und Journalismusausbildern über<br />

ethische Standards im Journalismus. Die Autorin analysiert<br />

diesen Diskurs anhand von Diskussionsbeiträgen<br />

im Internet und illustriert die schrittweise Verfeinerung<br />

ethischer Konzepte im Journalismus.<br />

Zeitschriftenlese<br />

Goss, Brian Michael: „Things like this don’t<br />

just happen“: ideology and Paul Thomas Anderson’s<br />

„Hard Eight“, „Boogie nights“, and<br />

„Magnolia“. – S. 171 – 192<br />

Abraham, Linus K.: The black woman as marker<br />

of hypersexuality in Western mythology: a<br />

contemporary manifestation in the film „The<br />

scarlet letter“. – S. 193 – 214<br />

Jg 26 (2002) Nr 3<br />

Park, David J.: Media, democracy, human<br />

rights in Argentina. – S. 237 – 260<br />

Auf der Basis von Archivmaterialien zur <strong>Medien</strong>konzentration<br />

und ethnographischer Untersuchungen<br />

wird illustriert, dass der Zugang von Menschenrechtsgruppen<br />

in Argentinien zu den <strong>Medien</strong> auch nach<br />

Ende der Militärdiktatur 1983 vielfach eingeschränkt<br />

war, was nachhaltige Probleme bei der Herausbildung<br />

einer demokratischen Öffentlichkeit mit sich brachte.<br />

Bishop, Ronald; Hakanen, Ernest A.: In the public<br />

interest?: the State of local television programming<br />

fifteen years after deregulation. –<br />

S. 261 – 276<br />

Die Autoren überprüfen die These, dass die Deregulierung<br />

im Bereich des amerikanischen Lokalfernsehens<br />

dazu geführt hat, dass das Angebot an lokal<br />

produzierten Sendungen jenseits der Nachrichten abgenommen<br />

hat. Sie vergleichen die Programme der<br />

Lokalfernsehveranstalter in drei amerikanischen<br />

Märkten aus den Jahren 1976 (vor der Deregulierung),<br />

1985 (während der Deregulierung) und 1997. Insgesamt<br />

zeigt sich, dass die lokale Berichterstattung im<br />

Laufe der Zeit abgenommen hat.<br />

Pajnik, Mojca; Lesjak-Tusek, Petra: Observing<br />

discourses of advertising: mobitel’s interpellation<br />

of potential consumers. – S. 277 – 299<br />

Bulc, Gregor: Kill the cat killers: moral panic<br />

and juvenile crime in Slovenia. – S. 300 – 325<br />

Journalism & Mass Communication<br />

Quarterly<br />

Jg 78 (2001) Nr 4<br />

Reese, Stephen D.; Ballinger, Jane: The roots of<br />

a sociology of news: remembering Mr. Gates<br />

and social control in the newsroom. – S. 641 –<br />

658<br />

David Manning White und Warren Breed haben in<br />

den fünfziger Jahren zwei wegweisende empirische<br />

Studien zur Nachrichtenforschung vorgelegt. Der<br />

Beitrag beleuchtet den persönlichen Hintergrund, den<br />

<strong>wissenschaft</strong>lichen Kontext, die Entstehung und die<br />

Wirkung dieser Klassiker.<br />

Tomasello, Tami K.: The status of Internet-based<br />

research in five leading communication<br />

journals, 1994-1999. – S. 659 – 674<br />

Das Internet als <strong>Kommunikations</strong>medium ist in den<br />

607


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

fünf führenden kommunikations<strong>wissenschaft</strong>lichen<br />

Zeitschriften bis 1999 kaum zum Forschungsgegenstand<br />

gemacht worden.<br />

Bunker, Matthew D.: Intellectuals’ property:<br />

universities, professors, and the problem of copyright<br />

in the Internet age. – S. 675 – 687<br />

Gunther, ALbert C.; Chih-Yun Chia, Stella:<br />

Predicting pluralistic ignorance: the hostile media<br />

perception and its consequences. – S. 688 –<br />

701<br />

Wei, Ran: From luxury to utility: a longitudinal<br />

analysis of cell phone laggards. – S. 702 – 719<br />

Curtin, Patricia A.; Maier, Scott R.: Numbers<br />

in the newsroom: a qualitative examination of a<br />

quantitative challenge. – S. 720 – 738<br />

Paul, Mary Jae: Interactive disaster communication<br />

on the Internet: a content analysis of sixty-four<br />

disaster relief home pages. – S. 739 – 753<br />

Lowrey, Wilson; Becker, Lee B.: The impact of<br />

technology skill on job-finding success in the<br />

mass communication labor market. – S. 754 –<br />

770<br />

Underwood, Doug; Stamm, Keith: Are Journalists<br />

really irreligious?: a multidimensional<br />

Analysis. – S. 771 – 786<br />

Weaver, David; Drew, Dan: Voter learning and<br />

interest in the 2000 presidential election: did the<br />

media matter?. – S. 787 – 798<br />

Kim, Yungwook: Searching for the organization-public<br />

relationship: a valid and reliable instrument.<br />

– S. 799 – 815<br />

Kilmer, Paulette D.: „Madstones“, clever toads,<br />

and killer tarantulas / fairy-tales briefs in wild<br />

west newspapers). – S. 816 – 835<br />

Lacy, Stephen u.a.: Sample size for newspaper<br />

content analysis in multi-year studies. – S. 836<br />

– 846<br />

Jg 79 (2002) Nr 1<br />

Kim, Sei-Hill; Scheufele, Dietram A.; Shanahan,<br />

James: Think about it this way: attribute<br />

agenda-setting function of the press and the public’s<br />

evaluation of a local issue. – S. 7 – 25<br />

Eveland, William P.: News information processing<br />

as mediator of the relationship between<br />

motivations and political knowledge. – S. 26 –<br />

40<br />

Carter, Sue; Fico, Frederick; McCabe, Jocelyn<br />

A.: Partisan and structural balance in local tele-<br />

608<br />

vision election coverage. – S. 41 – 53<br />

Kerr, Peter A.; Moy, Patricia: Newspaper coverage<br />

of fundamentalist christians, 1980-2000.<br />

– S. 54 – 72<br />

Wu, H. Denis; Bechtel, Arati: Web site use and<br />

news topic and type. – S. 73 – 86<br />

NcDevitt, Michael; Gassaway, Bob M.; Pérez,<br />

Frank G.: The making and unmaking of civic<br />

journalists: influences of professional socialization.<br />

– S. 87 – 100<br />

Kodrich, Kris: Finding a new way: Nicaraguan<br />

newspapers in a globalized world. – S. 101 – 120<br />

Wahl-Jorgensen, Karin: The normative-economic<br />

justification for public discourse: letters to<br />

the editors as a „wide open“ forum. – S. 121 –<br />

133<br />

Deuze, Mark: National news culture: a comparison<br />

of Dutch, German, British, Australian,<br />

and U.S. journalists. – S. 134 – 149<br />

Sallot, Lynne M.: What the public thinks about<br />

public relations: an impression management<br />

experiment. – S. 150 – 171<br />

Ross, Susan Dente: Silenced students: the uncertain<br />

but extensive power of school officials<br />

to control student expression. – S. 172 – 187<br />

Barker-Plummer, Bernadette: Producing public<br />

voice: resource mobilization and media access<br />

in the national organization for women. –<br />

S. 188 – 205<br />

Kommunikation & Recht<br />

Jg 5 (2002) Nr 4<br />

Möschel, Wernhard: Hat das Telekommunikationsgesetz<br />

seine Bewährungsprobe bestanden?.<br />

– S. 161 – 164<br />

„Als Folge des europäischen Telekom-Reformpakets<br />

steht eine Novellierung des TKG bevor. Im Vordergrund<br />

stehen die Unabhängigkeit und die Wettbewerbsorientierung<br />

der RegTP als einer Sonderregulierungsbehörde.<br />

Defizite werden am ehesten sichtbar<br />

beim materiellen und verfahrensmäßigen Zusammenspiel<br />

von TKG und allgemeinem Kartellgesetz. Das<br />

vom europäischen Rechtsrahmen vorgesehene Vetorecht<br />

der Kommission gegenüber Einzelfallentscheidungen<br />

nationaler Regulierungsbehörden ist nach<br />

Ansicht des Verfassers kritisch zu sehen.“<br />

Charissé, Peter: Kabelkommunikation zwischen<br />

Rundfunk- und Urheberrecht. – S. 164 –<br />

169<br />

„Über die Hälfte der deutschen Fernsehhaushalte<br />

empfangen ihre Programme über Breitbandkabelanschlüsse.<br />

Mit dem beginnenden Ausbauprozess der<br />

Breitbandverteilanlagen zu bidirektionalen Kommu-


nikationsnetzen werden interaktive TV-Angebote<br />

und Kabeltelefonie möglich. Im Zuge dieser technischen<br />

Weiterentwicklung rückt zugleich der komplexe<br />

regulatorische Rahmen des Betriebs von Kabelnetzen<br />

verstärkt ins Blickfeld. Der nachfolgende Beitrag<br />

befasst sich mit dem Spannungsverhältnis zwischen<br />

rundfunkrechtlichen Anforderungen und urheberrechtlichen<br />

Vorgaben.“<br />

Viefhues, Wolfram; Scherf, Uwe: Sicherheitsaspekte<br />

bei der elektronischen Kommunikation<br />

zwischen Anwalt und Gericht. – S. 170 – 176<br />

Schrey, Joachim; Meister, Matthias: Beschränkte<br />

Verwendbarkeit von Standortdaten: Hemmschuh<br />

für den M-Commerce?. – S. 177 – 188<br />

Schmitz, Florian; Schröder, Steffen: Streitwertbestimmung<br />

bei Domainstreitigkeiten. – S. 189<br />

– 192<br />

Nacimiento, Grace: Neue Methodik zur Ermittlung<br />

von EBC-Entgelten: Abschied vom<br />

analytischen Kostenmodell?. – S. 193 – 196<br />

Jg 5 (2002) Nr 5<br />

Boehme-Neßler, Volker: Datenschutz in der<br />

Informationsgesellschaft. – S. 217 – 224<br />

Kaminski, Bert; Kerssenbrock, Otto-Ferdinand;<br />

Strunk, Günther: Elektronischer Datenzugriff<br />

der Finanzverwaltung gemäß § 147 Abs.<br />

6 AO. – S. 225 – 234<br />

Jofer, Robert; Wegerich, Christine: Betriebliche<br />

Nutzung von e-mail-Diensten: Kontrollbefugnisse<br />

des Arbeitgebers. – S. 235 – 240<br />

Günther, Johann: Regulierung der Telekommunikation<br />

in Österreich. – S. 241 – 248<br />

Jg 5 (2002) Nr 6<br />

Scherer, Joachim: Die Umgestaltung des europäischen<br />

und deutschen Telekommunikationsrechts<br />

durch das EU-Richtlinienpaket, Teil<br />

1. – S. 273 – 288<br />

„Der europäische Gesetzgeber hat einen neuen rechtlichen<br />

Rahmen für die elektronische Kommunikation<br />

verabschiedet. Ziel des Beitrags ist es, den Regelungsansatz<br />

sowie die wichtigsten materiell- und verfahrensrechtlichen<br />

Regelungen des neuen Rechtsrahmens<br />

vorzustellen und – ohne Anspruch auf Vollständigkeit<br />

– zu skizzieren, welche Änderungen im deutschen Telekommunikationsrecht<br />

zur Umsetzung des Richtlinienpakets<br />

erforderlich sind. Nach einem Überblick<br />

zu Regelungszielen und -gegenständen des Richtlinienpakets<br />

werden Grundzüge der Rahmen-RL, der<br />

Genehmigungs-RL, der Zugangs-RL, der Universaldienst-RL<br />

und der Frequenzentscheidung dargestellt<br />

und der jeweilige Umsetzungsbedarf ermittelt.“<br />

Zeitschriftenlese<br />

König, Christian; Koch, Alexander; Braun,<br />

Jens-Daniel: Die Telekommunikationsüberwachungsverordnung:<br />

neue Belastungen für Internet<br />

Service Provider und Mobilfunknetzbetreiber.<br />

– S. 289 – 297<br />

Rickert, Beate: Regulatorische Einordnung virtueller<br />

Mobilfunknetzbetreiber. – S. 298 – 300<br />

Bornemann, Roland: Der sechste Rundfunkänderungsstaatsvertrag:<br />

ein Überblick. – S. 301 –<br />

305<br />

„Der Sechste Rundfunkänderungsstaatsvertrag ändert<br />

wenige, dafür aber politisch brisante Vorschriften des<br />

Rundfunkstaatsvertrags, insbesondere zum Thema<br />

Vielfaltssicherung und enthält eine Fülle von Änderungen<br />

des <strong>Medien</strong>dienste-Staatsvertrags, die im Wesentlichen<br />

der Umsetzung europäischer Richtlinien<br />

dienen und im Übrigen die datenschutzrechtlichen<br />

Bestimmungen an die des novellierten Teledienstdatenschutzgesetzes<br />

anpassen. Der Beitrag stellt die Änderungen<br />

im Einzelnen dar.“<br />

Strömer, Tobias H.: First come – first serve:<br />

keine Regel ohne Ausnahme. – S. 306 – 309<br />

Jg 5 (2002) Nr 7<br />

Scherer, Joachim: Die Umgestaltung des europäischen<br />

und deutschen Telekommunikationsrechts<br />

durch das EU-Richtlinienpaket, Teil<br />

II. – S. 329 – 345<br />

Gerpott, Torsten J.; Winzer, Peter: Wirtschaftlichkeitsperspektiven<br />

für alternative Festnetzbetreiber<br />

im deutschen Telekommunikationsmarkt.<br />

– S. 346 – 353<br />

Karenfort, Jörg; Hutschneider, Markus: Die<br />

Bereitstellung von Überwachungseinrichtungen<br />

nach In-Kraft-Treten der TKÜV: Zeitpunkt<br />

und Modalitäten der Umsetzung. –<br />

S. 354 – 357<br />

Ruhle, Ernst-Olav: UMTS network sharing im<br />

internationalen Vergleich. – S. 358 – 364<br />

Jg 5 (2002) Nr 8<br />

Scherer, Joachim: Die Umgestaltung des europäischen<br />

und deutschen Telekommunikationsrechts<br />

durch das EU-Richtlinienpaket,<br />

Teil III. – S. 385 – 397<br />

Spindler, Gerald; Volkmann, Christian: Die<br />

öffentlich-rechtliche Störerhaftung der Access-<br />

Provider. – S. 398 – 408<br />

„Die öffentlich-rechtliche Anordnung zur Sperrung<br />

gegenüber Providern hinsichtlich von rechtsradikalen<br />

Seiten hat die Grundsatzdiskussion über die Verantwortlichkeit<br />

der Provider neu belebt. Der Beitrag beschäftigt<br />

sich mit den wesentlichen verwaltungsrecht-<br />

609


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

lichen Grundproblemen von Sperrungsverfügungen<br />

gegen Internetprovider. Hierzu wird zunächst auf den<br />

durch die Multimediagesetze geschaffenen Rechtsrahmen<br />

eingegangen und dort insbesondere auf die Anwendbarkeit<br />

des MDStV auf reine Zugangsvermittler.<br />

Sodann werden die Voraussetzungen der in Betracht<br />

kommenden Ermächtigungsgrundlagen sowie die<br />

Grundsätze des Verhältnismäßigkeitsprinzips untersucht.“<br />

Hein, Werner J.; Schmidt, Jens Peter: Entgelte<br />

für die Übertragung von Rundfunksignalen<br />

über das Breitbandkabel. – S. 409 – 416<br />

„Die Verkäufe der Kabelnetze der Deutsche Telekom<br />

AG (DTAG) an ausländische Investoren haben die<br />

Debatte ausgelöst, mit welchem Geschäftsmodell die<br />

Kabelnetze betrieben werden dürfen. Die Schlagworte<br />

Transportmodell und Vermarktungsmodell charakterisieren<br />

zwei unterschiedliche Geschäftskonzepte,<br />

denen sehr unterschiedliche Leistungsbeziehungen<br />

zwischen den Beteiligten zu Grunde liegen. Dies hat<br />

Folgen für die rechtliche Beurteilung von Entgelten<br />

für die Übertragung von Rundfunksignalen, vor allem<br />

in urheber- und telekommunikationsrechtlicher Hinsicht.<br />

Solange Kabelnetzbetreiber gegenüber Sendeunternehmen<br />

und Endkunden die Nachfrage nach<br />

Transport bedienen und nicht Inhalte vermarkten,<br />

sind die Übertragungsentgelte vor allem an telekommunikationsrechtlichen<br />

Maßstäben zu messen.“<br />

Sosnitza, Olaf: Fernsehduell zu dritt?. – S. 417<br />

– 422<br />

„In Deutschland haben sich erstmals die Spitzenkandidaten<br />

der beiden großen Volksparteien auf ein Fernsehduell<br />

im Vorfeld der Bundestagswahl am 22. 9.<br />

2002 geeinigt. Nun meldet auch die FDP den Anspruch<br />

an, an den Fernsehdiskussionen teilzunehmen,<br />

da sie mit der förmlichen Nominierung ihres Parteivorsitzenden<br />

erstmals einen eigenen Kanzlerkandidaten<br />

ins Rennen schickt. Der Beitrag gibt einen<br />

Überblick über die rechtlichen Grundlagen des gegenwärtigen<br />

Streits, hinter dem letztlich die Frage<br />

steht, unter welchen Voraussetzungen politische Parteien<br />

einen Anspruch auf Zugang zu Programminhalten<br />

haben.“<br />

Mass Communication & Society<br />

Jg 5 (2002) Nr 1<br />

Palmer, Allen W.: Negotiation and resistance in<br />

global networks: the 1884 International Meridian<br />

Conference. – S. 7 – 24<br />

Hardt, Hanno: Reading the Russian revolution:<br />

international communication research and<br />

the journalism of Lippmann and Merz. – S. 25<br />

– 39<br />

Ostini, Jennifer; Fung, Anthony Y. H.: Beyond<br />

the four theories of the press: a new model of<br />

national media systems. – S. 41 – 56<br />

Luther, Catherine A.: National identities,<br />

structure, and press images of nations: the case<br />

of Japan and the United States. – S. 57 – 86<br />

Laderman, Scott: Shaping memory of the past:<br />

610<br />

discourse in travel guidebooks for Vietnam. –<br />

S. 87 – 110<br />

Jg 5 (2002) Nr 2<br />

Neuwirth, Kurt; Frederick, Edward: Extending<br />

the framework of third-, first-, and second-person-effects.<br />

– S. 113 – 140<br />

Pinkleton, Bruce E.; Weintraub Austin, Erica:<br />

Exploring relationships among media use frequency,<br />

perceived media importance, and media<br />

satisfaction in political disaffection and efficacy.<br />

– S. 141 – 164<br />

Fico, Frederick; Cote, William: Partisan and<br />

structural balance of election stories on the<br />

1998 governor’s race in Michigan. – S. 165 – 182<br />

Fraser, Benson P.; Brown, William J.: Media,<br />

celebrities, and social influence: identification<br />

with Elvis Presley. – S. 183 – 206<br />

Media Asia<br />

Jg 29 (2002) Nr 1<br />

Santos, Vergel O.: Civil society, the media and<br />

government: an Awkard relationship. – S. 6 – 9<br />

Akhtar, Shahid; Kumar, Mahesh Malla; Gregson,<br />

Jon: Transparency, accountability, and<br />

good governance: the role of new ICTs and the<br />

mass media. – S. 10 – 16<br />

Netto, Anil: Media freedom in Malaysia: the<br />

challenge facing civil society. – S. 17 – 23<br />

Hoang Thi Minh Hong: Media and civil society<br />

in support of good governance and democracy<br />

in Vietnam. – S. 24 – 31<br />

Sotharith, Chap: Media, civil society, and democracy<br />

in Cambodia: achievements and challenges.<br />

– S. 32 – 37<br />

Chen, Ping-Hung: Challenges for the Indian<br />

media and civil society. – S. 37 – 45<br />

Joshi, R. S.: Challenges for the Indian media<br />

and civil society. – S. 46 – 49<br />

Media, Culture & Society<br />

Jg 24 (2002) Nr 3<br />

Pieczka, Magda: Public relations expertise deconstructed.<br />

– S. 301 – 324<br />

Weaver, C. Kay; Motion, Judy: Sabotage and<br />

subterfuge: public relations, democracy and genetic<br />

engineering in New Zealand. – S. 325 –<br />

344


Palmer, Jerry: Smoke and mirrors: is that the<br />

way it is?: themes in political marketing. –<br />

S. 345 – 364<br />

Pinchevski, Amit; Torgovnik, Efraim: Signifying<br />

passages: the signs of change in Israeli street<br />

names. – S. 365 – 388<br />

Meyers, Oren; Zandberg, Eyal: The soundtrack<br />

of memory: „Ashes and Dust“ and the<br />

commemoration of the Holocaust in Israeli popular<br />

culture. – S. 389 – 408<br />

Skuse, Andrew: Vagueness, familiarity and social<br />

realism: making meaning of radio soap opera<br />

in south-east Afghanistan. – S. 409 – 428<br />

Jg 24 (2002) Nr 4<br />

Strelitz, Larry Nathan: Media consumption<br />

and identity formation: the case of the „homeland“<br />

viewers. – S. 459 – 480<br />

Rivero, Yiedy M.: Erasing blackness: the media<br />

construction of „race“ in „Mi Familia“, the first<br />

Puerto Rican situation comedy with a black family.<br />

– S. 481 – 498<br />

Kaiser, Susana: Escraches: demonstrations,<br />

communication and political memory in postdictatorial<br />

Argentina. – S. 499 – 516<br />

Iordanova, Dina: Feature filmmaking within<br />

the new Europe: moving funds and images<br />

across the East-West divide. – S. 517 – 536<br />

Iordanova zeichnet in ihrem Artikel die Entwicklung<br />

der Filmförderung in Europa nach dem Ende der sozialistischen<br />

Staatsformen in Mittel- und Osteuropa<br />

nach. Nach einem Jahrzehnt (90er Jahre) der Transition<br />

lässt sich im Filmgeschäft eine ähnliche Entwicklung<br />

nachzeichnen, wie in anderen Bereichen: Nach<br />

einer Phase des Triumphierens folgte eine Phase der<br />

Desillusionierung, die nun in einer Phase der Anpassung<br />

bzw. Angleichung gemündet ist. Nach dem Ende<br />

der sozialistischen Regime geriet die Filmproduktion<br />

in Osteuropa in eine massive Krise, da die Finanzierung<br />

nicht mehr gewährleistet war. Dies führte zu einer<br />

Orientierung nach Westeuropa: Koproduktionen<br />

und Finanzierung durch europäische Förderprogramme<br />

stellten Lösungen dar, die grundlegende Veränderungen<br />

in der osteuropäischen Filmproduktionslandschaft<br />

einleiteten. Nachdem in der ersten Phase zahlreiche,<br />

sehr unterschiedliche und häufig unbekannte<br />

Filmregisseure und Produktionsteams gefördert wurden,<br />

verschob sich der Schwerpunkt der Filmförderung<br />

auf etablierte Regisseure, die heute oft in Westeuropa<br />

leben bzw. hier einen Wohnsitz haben und die<br />

eine gewisse Garantie für einen kommerziellen Erfolg<br />

bieten.<br />

Dijck, José van: Medical documentary: conjoined<br />

twins as a mediated spectacle. – S. 537 – 556<br />

Ist eine Fernseh-Dokumentation über die Operation<br />

eines 159 kg-Mannes, bei dem eine Fettabsaugung<br />

Zeitschriftenlese<br />

vorgenommen wird, als eine medizinische Informationssendung<br />

zu sehen oder als Unterhaltungssendung<br />

mit Sensationscharakter? Das ist die Frage, die van Dijck<br />

zum Anlass nimmt, die Darstellung von behinderten<br />

Menschen (konkret: von siamesischen Zwillingen)<br />

in den audiovisuellen <strong>Medien</strong> historisch zu betrachten.<br />

An drei Beispielen (Trennung von siamesischen<br />

Zwillingen Anfang des 20. Jahrhunderts, in den 50er<br />

Jahren und 1995) wird die Entwicklung eines Genres<br />

nachgezeichnet, das immer den Impetus der <strong>wissenschaft</strong>lichen<br />

Dokumentation und der medizinischen<br />

Aufklärung hatte, aber auch immer auf das (Sensations-)Interesse<br />

eines breiten Publikums traf. Mit der<br />

Kommerzialisierung der <strong>Medien</strong>produktion hielten<br />

entsprechend narrative, dramatisierende Elemente („a<br />

story of love and courage“) Einzug in das Genre. Dies<br />

führt van Dijck u. a. zu der Schlussfolgerung, dass die<br />

Freak-Show, die Kuriositätenschau der Jahrmärkte<br />

nie verschwunden ist, sondern sich in ein mediatisiertes<br />

Medizin-Spektakel verwandelt hat.<br />

Media Perspektiven<br />

(2002) Nr 3<br />

Conrad, Rainer: Rundfunk online: ein Symposion<br />

der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs<br />

der Rundfunkanstalten. – S. 114<br />

„Kernthema des Symposions „Rundfunk online“ der<br />

Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der<br />

Rundfunkanstalten (KEF) waren Entwicklung und<br />

Perspektiven der Onlineaktivitäten der öffentlichrechtlichen<br />

Rundfunkanstalten, Fragen ihres Umfangs<br />

und ihrer Finanzierung. Weitere Aspekte waren<br />

die technischen Entwicklungen sowie Rundfunk online<br />

aus der Sicht kommerzieller Anbieter. Im Folgenden<br />

werden die ... einzelnen Vorträge chronologisch<br />

wiedergegeben.“<br />

Sewczyk, Jürgen: Online aus der Sicht eines<br />

kommerziellen Anbieters: das Beispiel RTL<br />

Newmedia. – S. 115 – 116<br />

Raff, Fritz: Online heute aus der Sicht der<br />

ARD: die Strategie der ARD. – S. 117 – 120<br />

Ridder, Christa-Maria: Onlinenutzung in<br />

Deutschland: Entwicklungstrends und Zukunftsprognosen.<br />

– S. 121 – 131<br />

Reimers, Ulrich: Online: was ist technisch<br />

möglich?: online privat für die Übertragung<br />

von Audio und Video. – S. 132 – 134<br />

Reitze, Helmut: Online morgen aus der Sicht<br />

des ZDF: die Onlinestrategie des ZDF. – S. 135<br />

– 139<br />

Heitzer, Eric: Vision Breitbandkabel: welche<br />

Erwartungen sind damit verbunden?. – S. 140 –<br />

143<br />

Rüter, Klaus: <strong>Medien</strong>rechtliche und -politische<br />

Aspekte von Rundfunk online: eine Stellungnahme<br />

aus Ländersicht. – S. 144 – 147<br />

611


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

(2002) Nr 4<br />

Darschin, Wolfgang; Gerhard, Heinz: Tendenzen<br />

im Zuschauerverhalten: Fernsehgewohnheiten<br />

und Programmbewertungen im Jahr<br />

2001. – S. 154 – 165<br />

Emmer, Martin; Kuhlmann, Christoph; Vowe,<br />

Gerhard; Jens Wolling: Der 11. September: Informationsverbreitung,<br />

<strong>Medien</strong>wahl, Anschlusskommunikation:<br />

Ergebnisse einer Repräsentativbefragung<br />

zu einem Ereignis mit extremen<br />

Nachrichtenwert. – S. 166 – 177<br />

Krüger, Udo Michael; Zapf-Schramm, Thomas:<br />

Öffentlich-rechtliches und privates Fernsehen:<br />

typische Unterschiede bleiben bestehen:<br />

Programmanalyse 2001/I. – S. 178 – 189<br />

(2002) Nr 5<br />

Woldt, Gunnar: Selbstverpflichtungen bei der<br />

BBC: ein Modell für Transparenz im öffentlich-rechtlichen<br />

Rundfunk?. – S. 202 – 209<br />

„Von den Ministerpräsidenten der Länder wurde im<br />

Oktober vergangenen Jahres die Einführung von so<br />

genannten Selbstverpflichtungen für ARD und ZDF<br />

in die medienpolitische Debatte eingebracht. Die<br />

Selbstverpflichtungen sollen dazu dienen, den öffentlich-rechtlichen<br />

Programmauftrag quantitativ und<br />

qualitativ näher zu bestimmen und eine entsprechende<br />

regelmäßige Rechenschaftslegung zu ermöglichen.<br />

Dabei wurde das Beispiel der BBC als Modell auch für<br />

Deutschland genannt. Unter anderem in der Diskussion<br />

um das Onlineengagement der öffentlich-rechtlichen<br />

Anstalten wurde das Instrument der Selbstverpflichtungen<br />

erneut als eventuell sinnvolle Lösung erwogen....“<br />

Darschin, Wolfgang; Zubayr, Camille: Politische<br />

Diskussionssendungen und Magazine im<br />

Urteil der Zuschauer: Ergebnisse einer Repräsentativbefragung.<br />

– S. 210 – 220<br />

Feierabend, Sabine; Klingler, Walter: Was Kinder<br />

sehen: eine Analyse der Fernsehnutzung<br />

von Drei- bis 13-Jährigen 2001. – S. 221 – 231<br />

Zöllner, Oliver: Deutsches Auslandsfernsehen:<br />

Akzeptanz von DW-TV: Ergebnisse der internationalen<br />

Nutzungsforschung. – S. 232-238<br />

„Im April 2002 feierte DW-TV, das Auslandsfernsehen<br />

der Deutschen Welle (DW), sein zehnjähriges Bestehen.<br />

Es wird in drei Sprachen ausgestrahlt und erzielt<br />

über terrestrische Rebroadcaster, Kabel und<br />

mehrere Satelliten eine technische Reichweite von<br />

rund 137 Millionen Haushalte weltweit. DW-TV versteht<br />

sich als deutsche Konkurrenz zu u.a. CNN,<br />

BBC World oder TV5. Sein Auftrag besteht darin<br />

„den Rundfunkteilnehmern ein umfassendes Bild des<br />

(...) Lebens in Deutschland zu vermitteln“. Das 24-<br />

Stunden-Programm richtet sich mit einem Nachrichten-<br />

und Informationsformat vor allem an nicht-deutsche<br />

Multiplikatoren im Ausland. ...“<br />

612<br />

(2002) Nr 6<br />

Engländer, Julia: Der Werbemarkt 2001: nach<br />

langen Jahren des Wachstums erstmals rückläufige<br />

Entwicklung. – S. 242 – 251<br />

Wiedemann, Joachim: DeutschlandTrend<br />

2001: 11. September, politisches Interesse und<br />

<strong>Medien</strong>nutzung: ein Forschungsansatz der<br />

ARD-<strong>Medien</strong>kommission. – S. 252 – 262<br />

Brettschneider, Frank: Kanzlerkandidaten im<br />

Fernsehen: Häufigkeit, Tendenz, Schwerpunkte.<br />

– S. 263 – 276<br />

Bieber, Christoph: Online-Wahlkampf 2002:<br />

Formate und Inhalte in der digitalen Politikarena.<br />

– S. 277 – 283<br />

(2002) Nr 7<br />

Domke, Uwe; Wild, Christoph: Fernsehen<br />

braucht Radio: wie Radiowerbung TV-Kampagnen<br />

verstärkt. – S. 294 – 307<br />

„Die gemeinsame Studie von ARD-Werbung Sales &<br />

Services und Radio Marketing Service zeigt, dass Radio<br />

und Fernsehen für die Ziele der Werbewirtschaft<br />

nicht in Konkurrenz zueinander stehen, sondern sich<br />

hinsichtlich Mediaplanung und Werbewirkung ergänzen.<br />

Dieser neue Forschungsansatz stellt die Werbewirkung<br />

des Radios für identische Radio-/TV-Mixkampagnen<br />

aus dem Jahr 2001 mittels zweier unterschiedlicher<br />

Methoden auf den Prüfstand. ...“<br />

Zubayr, Camille; Gerhard, Heinz: Fußball-<br />

WM 2002: ein Fernsehhighlight aus Sicht der<br />

Zuschauer: Nutzung und Bewertung der WM-<br />

Berichterstattung im Fernsehen. – S. 308 – 313<br />

Krähenbühl, Peter: Qualitätsbeurteilung im<br />

Schweizer Fernsehen: das Modell von SF DRS.<br />

– S. 314 – 318<br />

„Das Schweizer Fernsehen DRS gilt im deutschsprachigen<br />

Raum als Vorreiter für eine strukturierte Qualitätsbeurteilung<br />

im Fernsehen. Schon zu Beginn der<br />

90er Jahre wurde dort ein Modell zur Qualitätsbeurteilung<br />

der Sendungen entwickelt, das inzwischen<br />

modifiziert und an die aktuellen Anforderungen angepasst<br />

wurde. Heute ist SF DRS nach wie vor klarer<br />

Marktführer in der Deutschen Schweiz und verfolgt<br />

das Ziel, diese Marktführung zu behaupten. ...“<br />

Price, David: Der Programmrechtemarkt im<br />

digitalen Zeitalter: Analyse am Fallbeispiel<br />

Großbritannien. – S. 319 – 333<br />

„Der Programmrechtemarkt in Großbritannien befindet<br />

sich in starkem Wandel, und die Fernsehindustrie<br />

versucht, sich auf die neuen digitalen Bedingungen<br />

einzustellen. Bereits seit einiger Zeit treibt der<br />

wachsende Wettbewerb zwischen terrestrischen, Satelliten-<br />

und Kabelplattformen vor allem die Preise für<br />

die attraktivsten Programmrechte nach oben. Zwar<br />

führte diese Entwicklung für die Programmrechteinhaber<br />

zu hohem Profit, allerdings wird inzwischen<br />

immer deutlicher, dass allzu häufig überzogene Preise


ezahlt worden sind. So musste die digitale Plattform<br />

ITV digital, die für 150 Mio Pfund die Übertragungsrechte<br />

der zweiten nationalen Fußball-Liga in Großbritannien<br />

erworben hatte, vor kurzem ihren Betrieb<br />

einstellen. Der vorliegende Beitrag untersucht exemplarisch<br />

die wichtigsten Entwicklungstrends des britischen<br />

Rechtemarkts von Mainstream-Unterhaltungsprogrammen,<br />

wobei auch die Hintergründe und traditionellen<br />

Marktstrukturen (Duopol von BBC und<br />

ITV) bis hin zur Gründung neuer Kabel- und Satellitensender<br />

und zur heutigen Vielkanalsituation beleuchtet<br />

werden. ...“<br />

Media Perspektiven, Dokumentation<br />

(2002) Nr I<br />

Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten<br />

Deutschland in der Fassung des sechsten Rundfunkänderungsstaatsvertrags<br />

in Kraft seit 1. Juli<br />

2002. – S. 1 – 50<br />

<strong>Medien</strong>dienste-Staatsvertrag in der Fassung des<br />

sechsten Rundfunkänderungsstaatsvertrags in<br />

Kraft seit 1. Juli 2002. – S. 51 – 60<br />

Media psychology<br />

Jg 4 (2002) Nr 1<br />

Smith, Stacy L.; Wilson, Barbara J.: Children’s<br />

comprehension of and fear reactions to television<br />

news. – S. 1 – 26<br />

Potter, W. James u.a.: Perceptions of television:<br />

a schema. – S. 27 – 50<br />

Schmitt, Kelly L.; Anderson, Daniel R.: Television<br />

and reality: Toddler’s use of visual information<br />

from video guide behavior. – S. 51 – 76<br />

Kwak, Hyokjin; Zinkham, George M.; Dominick,<br />

Joseph R.: The moderating role of gender<br />

and compulsive buying tendencies in the cultivation<br />

effects of TV shows and TV advertising:<br />

a cross cultural study between the United States<br />

and South Korea. – S. 77 – 111<br />

Jg 4 (2002) Nr 2<br />

Thomsen, Steven R. et al: Motivations for reading<br />

beauty and fashion magazines and anorexic<br />

risk in college-age women. – S. 113 – 136<br />

Oliver, Mary Beth; Fonash, Dana: Race and crime<br />

in the news: white’s identification and misidentification<br />

of violent and nonviolent criminal<br />

suspects. – S. 137 – 156<br />

Mastro, Dana; Eastin, Matthew S.; Tamborini,<br />

Ron: Internet Search behaviors and mood alterations:<br />

a selective exposure approach. – S. 157<br />

– 172<br />

Zeitschriftenlese<br />

Sundar, S. Shyam; Wagner, Carson B.: The<br />

World Wide Wait: exploring physiological and<br />

behavioral effects of download speed. – S. 173 –<br />

206<br />

medien + erziehung<br />

Jg 46 (2002) Nr 3<br />

Schachtner, Christina: Entdecken und erfinden:<br />

neue <strong>Medien</strong> – neues Lernen?. – S. 145 –<br />

153<br />

„Die Neuen <strong>Medien</strong> als Gegenstand von Bildung werden<br />

an Gewicht weiter zunehmen. Die Mitsprache der<br />

Lernenden bei dieser Unternehmung ist innovative<br />

Ressource und Korrektiv, ihre Visionen und Reflexionen<br />

sind dabei unverzichtbar.“<br />

Priemer, Burkhard; Zajonc, Rolf: Das Internet<br />

in der Welt der Bildungsmedien: eine aktuelle<br />

Einschätzung aus didaktischer Sicht. – S. 154 –<br />

163<br />

„Zur Unterstützung der Entscheidung, wann und wie<br />

das Internet als Bildungsmedium in den Unterricht integriert<br />

werden soll, liefern die Autoren funktionale<br />

und inhaltliche Kriterien sowie Hinweise für die Unterrichtspraxis.“<br />

Kliewer, Heinz-Jürgen: Literatur hören: Überlegungen<br />

zu einem Curriculum. – S. 164 – 168<br />

„Ohne den Einsatz visueller <strong>Medien</strong> im Unterricht<br />

und die Bedeutung von Schriftlichkeit schmälern zu<br />

wollen, plädiert der Autor für eine generell Hörästhetik<br />

im Deutschunterricht.“<br />

Ohle-Nieschmidt, Hannelore: Mediale und<br />

reale Lernwelten: noch ein Widerspruch, bald<br />

integrale Bestandteile des Schulalltags. – S. 169<br />

– 171<br />

„Die Euphorie rund um die Online-Lernangebote hat<br />

sich inzwischen gelegt, und die Anbieterseite geht verhaltener<br />

mit neuen Produkten um, ohne jedoch klassische<br />

Lernmedien wie das Buch zu vernachlässigen.“<br />

Hüther, Jürgen: Wegbereiter der <strong>Medien</strong>pädagogik<br />

(5): Bertolt Brecht. – S. 187 – 190<br />

Jg 46 (2002) Nr 4<br />

Thema; <strong>Medien</strong>pädagogik: eine Diskussionsrunde<br />

mit Stefan Aufenanger u.a.. – S. 211 – 221<br />

<strong>Medien</strong>pädagogik hat seit einigen Jahren als Schlagwort<br />

Konjunktur, gleichzeitig zeigen sich Probleme<br />

bei der Profilbeschreibung. <strong>Medien</strong>pädagogik-Experten<br />

nahmen dies zum Anlass für eine Standortbestimmung.<br />

Im Mittelpunkt standen und stehen vor allem<br />

folgende Frage: Was zeichnet <strong>Medien</strong>pädagogik aus?<br />

Ist sie eine eigene Disziplin oder Teilbereich anderer<br />

Disziplinen? Gibt es verbindliche Standards und Qualitätskriterien<br />

für die Ausbildung und medienpädagogische<br />

Praxis? Wie kann die <strong>Medien</strong>pädagogik ihre<br />

Außendarstellung verbessern? Fest steht, die Diskussion<br />

muss weitergeführt werden.<br />

613


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

Kaden, Michael: <strong>Medien</strong>erziehung in Portugal.<br />

– S. 244 – 247<br />

Hüther, Jürgen: Die Kinoreformer 1907–1920.<br />

– S. 248 – 251<br />

<strong>Medien</strong> & Zeit<br />

Jg 17 (2002) Nr 1<br />

Bauer, Elke: „Gegenöffentlichkeit“ – Baukasten<br />

zu einer Ideengeschichte:: paradigmatische<br />

Konzepte im deutschsprachigen Diskurs von<br />

den sechziger Jahren bis heute. – S. 4 – 15<br />

Behrend, Hanna: Feministische Gegenöffentlichkeit<br />

im „Realsozialismus“. – S. 16 – 26<br />

Moser, Karin: Propaganda und Gegenpropaganda:<br />

das „kalte“ Wechselspiel während der<br />

alliierten Besatzung in Österreich. – S. 27 – 42<br />

Hysek, Dalibor: Die Wiener tschechische Presse<br />

der Donaumonarchie: eine bedeutende Leistung<br />

einer unvollkommenen Gesellschaft. –<br />

S. 43 – 52<br />

Duchkowitsch, Wolfgang: Auf zum Widerstand?:<br />

zur Gegenöffentlichkeit in Österreich<br />

vor 1848. – S. 53 – 66<br />

Boyer, Elisabeth: „Wir gehen solange, bis Ihr<br />

geht“: „Widerstand“ gegen die ÖVP/FPÖ-Regierung<br />

in Österreich. – S. 67 – 72<br />

Jg 17 (2002) Nr 2 – 3<br />

Pöttker, Horst: Momente einer Debatte: wie<br />

die deutsche <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong><br />

sich heute vor ihrer Vergangenheit schützt. –<br />

S. 4 – 11<br />

Bohrmann, Hans: Als der Krieg zu Ende war:<br />

von der Zeitungs<strong>wissenschaft</strong> zur Publizistik. –<br />

S. 12 – 33<br />

Hardt, Hanno: Am Vergessen scheitern: Essay<br />

zur historischen Identität der Publizistik<strong>wissenschaft</strong>,<br />

1945-1968. – S. 34 – 39<br />

Sösemann, Bernd: Kämpferische Wissenschaft:<br />

Zeitungs- und Publizistik<strong>wissenschaft</strong>ler zwischen<br />

Versailles und Kaltem Krieg. – S. 40 – 45<br />

Pöttker, Horst: Konformität, Opportunismus,<br />

Opposition: zur Typologie von Verhaltensweisen<br />

im NS-Regime und danach. – S. 46 – 56<br />

Averbeck, Stefanie; Kutsch, Arnulf: Thesen zur<br />

Geschichte der Zeitungs- und Publizistik<strong>wissenschaft</strong>.<br />

– S. 57 – 66<br />

Stöber, Rudolf: Emil Dovifat, Karl d’Ester und<br />

614<br />

Walter Hagemann: die Wiederbegründung der<br />

Publizistik in Deutschland nach 1945. – S. 67 –<br />

84<br />

Schütz, Walter J.: Neuanfang mit brauner Lektüre:<br />

Studienbedingungen nach 1945: ein Erfahrungsbericht.<br />

– S. 85 – 91<br />

Heinelt, Peer: Portrait eines Schreibtischtäters:<br />

Franz Ronneberger 1913 – 1999. – S. 92 – 111<br />

Oggolder, Christian: Wissenschaft und Forschung<br />

in der nationalsozialistischen Presse<br />

1938 – 1945. – S. 112 – 139<br />

Pürer, Heinz: Zur Fachgeschichte der Publizistik<strong>wissenschaft</strong>.<br />

– S. 122 – 139<br />

Duchkowitsch, Wolfgang: Von Karl Oswin<br />

Kurth zu Kurt Paupié: eine Geschichte ideologischer<br />

Konformität?. – S. 140 – 150<br />

Hausjell, Fritz: Franz Ronnebergers Wiener<br />

Jahre: seine journalistische Tätigkeit und seine<br />

Mitarbeit am „Institut zur Erforschung und<br />

Förderung des internationalen Pressewesens<br />

der Union Nationaler Journalistenverbände<br />

UNJ“ in Wien 1941-1945. – S. 151 – 163<br />

<strong>Medien</strong> Concret<br />

(2002)<br />

Media Mix Mondial: Ideen für die interkulturelle<br />

<strong>Medien</strong>arbeit. – S. 6 – 25<br />

„Diese Ausgabe ... beleuchtet das <strong>Medien</strong>angebot auf<br />

seine multikulturelle Vielfalt; Hintergrundbeiträge<br />

beschäftigen sich mit der medialen Darstellung von<br />

Migranten und Menschen in anderen Kulturkreisen,<br />

mit ihrer <strong>Medien</strong>nutzung, vor allem aber mit ihren<br />

Aktivitäten im <strong>Medien</strong>bereich, vor und hinter der Kamera.“<br />

Besondere Aufmerksamkeit wird diversen<br />

Projekten im Bereich der interkulturellen Jugendmedienarbeit<br />

gewidmet. Vorgestellte Praxisporträts verweisen<br />

auf die Vielfalt der Ansätze und Konzepte in<br />

der interkulturellen <strong>Medien</strong>arbeit.<br />

<strong>Medien</strong> Journal<br />

Jg 26 (2002) Nr 1<br />

Paus-Haase, Ingrid: Zur Forschung mit Kindern:<br />

der Blick auf den Alltag der Kinder ist unerlässlich.<br />

– S. 7 – 12<br />

Paus-Haase, Ingrid; Hammerer, Eva; Rotter,<br />

Gabriele: Zur Faszination der Fernsehserie Pokémon:<br />

Ergebnisse der Produktanalyse. – S. 13<br />

– 19<br />

Wagner, Ulrike; Bollig, Sebastian: Pokémon im<br />

<strong>Medien</strong>menü von Kindern: Ergebnisse einer<br />

standardisierten Befragung mit österreichischen<br />

Kindern. – S. 20 – 33


Paus-Haase, Ingrid; Wagner, Ulrike: Pokémon:<br />

Gefährten zum Spielen und Kämpfen: eine<br />

qualitative Befragung von Kindern und Jugendlichen.<br />

– S. 34 – 42<br />

Schuller, Sandra; Sindermann, Anja: Perspektiven<br />

von Eltern auf Pokémon: Pokémon wird<br />

als Modeerscheinung eingeschätzt. – S. 43 – 46<br />

Hammerer, Eva; Pointecker, Marco: Perspektiven<br />

von Pädagoginnen auf Pokémon: das Thema<br />

wird in Kindergarten und Schule am liebsten<br />

gemieden. – S. 47 – 52<br />

Eckstein, Kirstin: Kampf für Liebe und Gerechtigkeit:<br />

Sailor Moon ein Action-Cartoon<br />

für Mädchen. – S. 53 – 68<br />

Paus-Haase, Ingrid: <strong>Medien</strong>pädagogische<br />

Konzepte für Eltern und Pädagogen tun Not. –<br />

S. 69 – 72<br />

<strong>Medien</strong> praktisch<br />

Jg 26 (2002) Nr 2<br />

Kübler, Hans-Dieter: PISA und die <strong>Medien</strong>kompetenz.<br />

– S. 4 – 8<br />

Fromme, Johannes: Spiel und Bildung im Zeitalter<br />

der Neuen <strong>Medien</strong>. – S. 8 – 13<br />

Wagner, Wolf-Rüdiger: Wege in eine neue<br />

Lernkultur: www.literatur@tlas.de. – S. 13 – 16<br />

Röll, Franz Josef: Lernen in der Wissensgesellschaft:<br />

wie Lehrende zu Navigatoren des Lernprozesses<br />

werden. – S. 17 – 21<br />

Die Wissensgesellschaft stellt die Individuen vor neue<br />

Anforderungen. „Lebenslanges Lernen“ und der Erwerb<br />

von „Schlüsselqualifikationen“ wie z.B. Kreativität,<br />

Flexibilität, Fähigkeit zum Problemlösen etc. erfordern<br />

andere Lernkonzepte. Nicht nur der Lernprozess<br />

wird sich verändern, sondern vor allem das<br />

Verhältnis von Lernenden und Lehrenden. Die Verantwortung<br />

für die Qualifikation übernehmen zunehmend<br />

die Lernenden, während die Pädagogen den<br />

Lernprozess fördern, unterstützen und „navigieren“.<br />

Neuß, Norbert: Screenrecording: Evaluation<br />

der Rezeption von Neuen <strong>Medien</strong>. – S. 21 – 25<br />

Beim so genannten Screenrecording handelt es sich<br />

um ein Verfahren zur Evaluation der Nutzung multimedialer<br />

(Lern-)Angebote. Durch die parallele Aufzeichnung<br />

der Nutzer und der Aktionen auf dem<br />

Bildschirm bietet es die Möglichkeit, den Aneignungsprozess<br />

zu rekonstruieren. An drei Beispielen,<br />

in denen Kinder mit verschiedenen PC-Programmen<br />

arbeiten, werden die Einsatzmöglichkeiten des Screenrecordings<br />

veranschaulicht. Ingesamt handelt es<br />

sich nach der Einschätzung des Autors um ein geeignetes<br />

Beobachtungsverfahren, das in Kombination<br />

mit verbalen Verfahren (z.B. lautes Denken, Interview)<br />

vielfältige Einsatzmöglichkeiten im Bereich der<br />

neuen <strong>Medien</strong> bietet.<br />

Zeitschriftenlese<br />

Müller, Petra: Kinderwelt und Internet: <strong>Kommunikations</strong>macht<br />

Internet und kindgerechte<br />

Entwicklung. – S. 25 – 30<br />

Die Autorin sieht sowohl die Gesellschaft als auch das<br />

Individuum vor die notwendige Aufgabe gestellt, sich<br />

den Umgang mit dem Computer anzueignen: „Das<br />

bedeutete, das Medium technisch zu beherrschen, um<br />

es in einem positiven Sinn nutzen zu können. Und es<br />

bedeutet zugleich, dass pädagogische Bewahr-, Verschweige-<br />

und Verdrängungsstrategien nur noch in<br />

sehr begrenztem Umgang wirksam sein können.“ (S.<br />

26). Entsprechend plädiert sie für einen frühen, aber<br />

begleiteten Umgang mit dem Internet bereits in der<br />

Grundschule. Mit der von ihr vorgestellten CD-Rom<br />

„Kinderbrauser“ der FWU könnten Kinder mit der<br />

Nutzung des Internets vertraut gemacht und auf das<br />

„reale Internet“ vorbereitet werden.<br />

Hochreuther, Ina: DVD im Bildungsbereich:<br />

das neue Unterrichtsmedium DVD-educativ. –<br />

S. 30 – 32<br />

Unter dem Label „DVD-educativ“ verbirgt sich ein<br />

multimediales, modulares und interaktives DVD-<br />

Lernangebot, das sowohl für die Schule als auch für<br />

die außerschulische Kinder- und Jugendarbeit konzipiert<br />

wurde. Die Autorin wägt die Vor- und Nachteile<br />

des Einsatzes neuer <strong>Medien</strong> im Unterricht (u.a.<br />

Schwierigkeiten hinsichtlich der kritischen Reflektion<br />

der Inhalte, unerlaubtes Surfen) ab und plädiert für<br />

eine verstärkte Implementierung neuer <strong>Medien</strong> im<br />

Unterricht. Anhand der Erfahrungen von Modellschulen<br />

leitet sie Faktoren ab, die diese erleichtern<br />

können.<br />

Seeber, Franziska: Chancen und Möglichkeiten<br />

Neuer <strong>Medien</strong> in der Schule: können andre<br />

Lehr- und Lernformen durch Neue <strong>Medien</strong><br />

entstehen?. – S. 33 – 37<br />

Bobert-Stützel, Sabine: Zukunft E-learning?:<br />

Religionspädagogik zwischen Bewahrpädagogik<br />

und selbstgesteuertem Lernen. – S. 37 – 41<br />

Bickelhaupt, Thomas; Buschmann, Gerd: Die<br />

Erschaffung Adams in der Werbung, Teil 2. –<br />

S. 50 – 55<br />

<strong>Medien</strong> praktisch<br />

Jg 26 (2002) Nr 5, Sonderheft Texte<br />

Bachmair, Ben: Jugendschutz & <strong>Medien</strong>macht:<br />

James Bond medienpädagogisch betrachtet. –<br />

S. 3 – 12<br />

Austermann, Anton: Kultivierung der Freiheit:<br />

Reflexionen zum Jugendschutz. – S. 13 – 15<br />

Wagner, Wolf-Rüdiger: <strong>Medien</strong>kompetenz<br />

und Allgemeinbildung: Überlegungen zur<br />

Neuorientierung der <strong>Medien</strong>pädagogik ausgehend<br />

vom Bond-Film „Tomorrow never dies“.<br />

– S. 16 – 25<br />

615


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

Krotz, Friedrich: And the winner is – BMW:<br />

James Bond, die <strong>Medien</strong> und die Märkte. –<br />

S. 27 – 35<br />

BMW hat sich den Film „Tomorrow never dies“ erfolgreich<br />

zunutze gemacht, ebenso wie andere Unternehmen<br />

und Politiker. Der Autor beschreibt aus verschiedenen<br />

Perspektiven die Entwicklung sowie den<br />

damit einhergehenden Bedeutungswandel der <strong>Medien</strong><br />

für die Öffentlichkeit und die Demokratie und stellt<br />

fest: „Die <strong>Medien</strong> und ihre Bedeutung für die Demokratie<br />

wandeln sich heute grundlegend, und man kann<br />

sagen, dass ihre Entwicklung in eine neue Phase eingetreten<br />

ist. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass immer<br />

mehr <strong>Medien</strong> einen immer geringeren Beitrag zur<br />

Demokratie leisten und sie daran auch immer weniger<br />

interessiert sind.“ (S. 27) Er sieht dabei die <strong>Medien</strong> zunehmend<br />

durch ökonomische Interessen geprägt, die<br />

das Einflussvermögen der Rezipienten gleichsam<br />

schmälern.<br />

Hepp, Andreas: Globalisierung der <strong>Medien</strong>kommunikation:<br />

Herausforderungen für die<br />

moderne Gesellschaft. – S. 36 – 45<br />

Wulff, Hans J.: Journalismus & <strong>Medien</strong> im<br />

Film: Zeitungs-, Reporter- und <strong>Medien</strong>filme. –<br />

S. 46 – 55<br />

Feist, Udo: Die im Dunkeln sieht man nicht:<br />

New York, Erfurt, Masar-i-Scharif: mit Johannes<br />

B. Kerner, Noam Chomsky und die CIA<br />

im Backstage-Bereich der Schreckensbilder. –<br />

S. 56 – 64<br />

Wegener, Claudia: Wo steht eigentlich Schröder?:<br />

zum Verhältnis von politischer und medialer<br />

Realität. – S. 65 – 70<br />

Am Beispiel der medialen Inszenierung von Gerhard<br />

Schröder wird die Rolle der <strong>Medien</strong> in der politischen<br />

Berichterstattung skizziert. <strong>Medien</strong> verringern<br />

scheinbar die Distanz zwischen Politikern und<br />

Wählern, sie inszenieren politische Ereignisse und<br />

konstruieren eine eigene <strong>Medien</strong>politik. Nur selten<br />

werden diese Prozesse und deren Folgen kritisch reflektiert.<br />

Die Autorin plädiert für die Förderung von<br />

<strong>Medien</strong>kompetenz, die es den Rezipienten ermöglicht,<br />

die medialen Formen politischer Inszenierung<br />

zu durchschauen.<br />

Schaffar, Birgit: Talk über Politik, Politik als<br />

talk: ein Sonntagabend mit Sabine Christiansen.<br />

– S. 71 – 79<br />

Multimedia und Recht<br />

Jg 5 (2002) Nr 4<br />

Lurger, Brigitta; Vallant, Sonja Maria: Die<br />

österreichische Umsetzung des Herkunftslandprinzips<br />

der e-commerce-Richtlinie. –<br />

S. 203 – 208<br />

Horn, Christian: Verbraucherschutz bei Internetgeschäften.<br />

– S. 209 – 214<br />

Roßnagel, Alexander: Rechtliche Unterschiede<br />

von Signaturverfahren. – S. 215 – 221<br />

616<br />

Reinersdorff, Wolfgang von: Keine Einspeisung<br />

von Inhalten in Kabelnetze ohne Zustimmung<br />

des Netzbetreibers. – S. 222 – 224<br />

Der Verfasser geht vor dem Hintergrund der zunehmenden<br />

Digitalisierung der Breitbandkabelnetze der<br />

Frage nach, ob und inwieweit Netzbetreiber der<br />

Netzebene 4 verpflichtet sind, Dienste und Programme<br />

von Inhalteanbietern oder Betreibern der Netzebene<br />

durch ihre Netze zum Endkunden zu leiten.<br />

Nach einem Überblick über die bisher zu diesem Themenkomplex<br />

ergangene Rechtsprechung wird ein<br />

möglicher Unterlassungsanspruch der NE4-Betreiber<br />

anhand des Merkmals der Störungshandlung sowie<br />

der Sperrproblematik geprüft. Der Verfasser kommt<br />

zu dem Ergebnis, dass eine Durchleitung digitaler<br />

Programme durch die NE 4 eine Störungshandlung<br />

darstellt und die technische Möglichkeit der Durchleitungssperrung<br />

durch den NE 4-Betreiber sich nicht<br />

auf das generelle Bestehen eines Unterlassungsanspruchs<br />

des NE 4-Betreibers gegen den Inhalteanbieter<br />

bzw. den NE 3-Betreiber auswirkt.<br />

Jg 5 (2002) 5<br />

Schmidt, Frank; Rommel, Wolfrad: Regulierung<br />

zwischen Dienste- und Infrastrukturwettbewerb.<br />

– S. 225 – 230<br />

Hufnagel, Frank-Erich: Software- und Business-Patente:<br />

Herausforderung für das juristische<br />

Risikomanagement. – S. 279 – 283<br />

Hoffmann, Helmut: Zivilrechtliche Haftung<br />

im Internet. – S. 284 – 288<br />

Der Beitrag befasst sich mit dem Regelungsinhalt der<br />

im Dezember 2001 geänderten Haftungsnormen des<br />

TDG und gibt einen Überblick über die allgemeinen<br />

Grundsätze der Verantwortlichkeit bei Telediensten<br />

sowie über die speziellen Vorschriften und Haftungsbeschränkungen<br />

bei Durchleitung, Zwischenspeicherung<br />

und Speicherung von Informationen. Der Verfasser<br />

typisiert die einschlägigen Diensteformen und<br />

definiert die jeweiligen Tatbestandmerkmale kurz.<br />

Abel, Ralf B.: Der behördliche Datenschutzbeauftragte.<br />

– S. 289 – 293<br />

Holthoff-Frank, Klaus: Wettbewerb auf Telekommunikationsmärkten:<br />

das zweite Sondergutachten<br />

der Monopolkommission. – S. 294 –<br />

298<br />

„Die Monopolkommission hat im Dezember 2001<br />

ihre zweite Stellungnahme zur Entwicklung des Wettbewerbs<br />

auf den Märkten der Telekommunikation<br />

gemäß § 81 Abs. 3 TKG vorgelegt. Darin nimmt sie<br />

zu den Fragen Stellung, ob auf den Märkten der Telekommunikation<br />

funktionsfähiger Wettbewerb<br />

herrscht und ob der Gesetzgeber ggf. die Regulierungsintensität<br />

zurückführen kann. Im Ergebnis<br />

schließt die Kommission die Möglichkeit einer Deregulierung<br />

der Märkte für Fern- und Auslandsgespräche<br />

in absehbarer Zukunft nicht aus. Um zu verhindern,<br />

dass die Deutsche Telekom AG (DTAG)<br />

ihre verbleibende Marktmacht insbesondere bei den<br />

Teilnehmeranschlüssen dazu nutzen kann, die Wettbewerbsverhältnisse<br />

in den gerade deregulierten<br />

Märkten wieder zu ihren Gunsten zu verändern, sieht


die Monopolkommission allerdings die Notwendigkeit<br />

flankierender Maßnamen zur Absicherung des erreichten<br />

Wettbewerbs. Eine solche wäre die strukturelle<br />

Trennung der Geschäftsaktivitäten der DTAG in<br />

unabhängige Fern- und Ortsnetzgesellschaften.“<br />

Reinersdorff, Wolfgang von: Rückforderung<br />

gezahlter Lizenzgebühren trotz Rechtskraft<br />

des Gebührenbescheids. – S. 299 – 301<br />

Jg 5 (2002) Nr 6<br />

Stadler, Thomas: Sperrungsverfügung gegen<br />

Access-Provider. – S. 343 – 346<br />

Der Beitrag untersucht die Frage, ob die Access-Provider<br />

auf Grundlage des MDStV verpflichtet werden<br />

können, Maßnahmen zur Sperrung von rechtswidrigen<br />

Inhalten zu ergreifen. Der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit<br />

von § 18 MDStV, die der Verfasser<br />

aufgrund der Nähe von <strong>Medien</strong>diensten zur Presse für<br />

zweifelhaft hält, folgt die Untersuchung, inwieweit<br />

der MDStV auf Access-Provider anwendbar ist und<br />

ob eine Sperrungsverfügung dem Provider technisch<br />

möglich und zumutbar ist. Zuletzt wird der Frage<br />

nachgegangen, ob durch Sperrungsverfügungen eine<br />

Beeinträchtigung der Informationsfreiheit und der Interessen<br />

der Allgemeinheit vorliegt und ob Access-<br />

Provider einen Entschädigungsanspruch haben.<br />

Flechsig, Norbert P.: Subdomain: sicher versteckt<br />

und erreichbar?: die Verkehrssicherungspflichten<br />

des Host-Providers. – S. 347 –<br />

352<br />

Cornelius, Kai: Vertragsabschluss durch autonome<br />

elektronische Agenten. – S. 353 – 357<br />

Bär, Wolfgang: Auskunftsanspruch über Telekommunikationsdaten<br />

nach den neuen §§<br />

100g, 100h StPO. – S. 358- – 363<br />

Holznagel, Bernd; Schulz, Christian: Die Auskunftsrechte<br />

der Regulierungsbehörde aus § 72<br />

TKG und § 45 PostG. – S. 364 – 369<br />

Kibele, Babette: Zugangsfreiheit zu digitalen<br />

Diensten: die Satzung der Landesmedienanstalten<br />

zu § 53 Abs. 7 RStV und ihre Bedeutung für<br />

die Praxis. – S. 370 – 375<br />

Die Verfasserin stellt die Satzung der Landesmedienanstalten<br />

über die „Zugangsfreiheit zu digitalen<br />

Diensten gem. § 53 Abs. 7 RStV“ als Kern der gesetzlichen<br />

Grundlagen der Zugangssicherung im digitalen<br />

Fernsehen vor und untersucht ihre Brauchbarkeit in<br />

der Praxis. Der Beitrag geht dabei neben der rechtlichen<br />

Einbettung und dem Ziel der Satzung auf den<br />

Anwendungsbereich, Verfahrensgrundsätze, Prüfungs-<br />

und Sanktionsinstrumentarien und besondere<br />

Zugangsregelungen für einzelne Dienste wie CA-<br />

Dienste, Navigatoren und Programmplattformen ein.<br />

Im Ergebnis wird die Satzung als notwendiges und<br />

taugliches Instrumentarium für die Gewährleistung<br />

einer effektiven Zugangssicherung bewertet.<br />

Zeitschriftenlese<br />

Jg 5 (2002) Nr 7<br />

Hoenike, Mark; Hülsdunk, Lutz: Die Gestaltung<br />

von Fernabsatzangeboten im elektronischen<br />

Geschäftsverkehr nach neuem Recht: gesetzesübergreifende<br />

Systematik und rechtliche<br />

Vorgaben vor Vertragsschluss. – S. 415 – 419<br />

Köster, Oliver; Jürgens, Uwe: Haftung professioneller<br />

Informationsvermittler im Internet:<br />

eine Bestandsaufnahme nach der Novellierung<br />

der Haftungsregelungen. – S. 420 – 425<br />

„Nach der Umsetzung der E-Commerce-Richtlinie in<br />

das Haftungsregime der deutschen Multimediagesetze<br />

muss die Problematik der Verantwortlichkeit von<br />

Links neu betrachtet werden. Insbesondere für professionelle<br />

Informationsvermittler, deren Angebot<br />

maßgeblich darin besteht, Nutzern des Internet den<br />

Zugang zu bestimmten Informationen mittels Links<br />

zu erleichtern, stellen sich die Haftungsfragen. Der<br />

Beitrag stellt zunächst die gängigen Formen dieser<br />

Dienstleistung dar und beschreibt ihre wichtigsten<br />

haftungsrechtlichen Charakteristika. Da anders als<br />

nach der früheren Rechtslage heute allein eine Haftung<br />

nach den allgemeinen Gesetzen in Betracht<br />

kommt, werden in Anlehnung an die für einzelne <strong>Medien</strong>typen<br />

herausgearbeiteten Grundsätze der Autoren-<br />

und Verbreiterhaftung für die verschiedenen Arten<br />

von Informationsvermittlungen entsprechende<br />

Haftungsgrundsätze entwickelt und zur Diskussion<br />

gestellt.“<br />

Räther, Philipp C.; Seitz, Nicolai: Übermittlung<br />

personenbezogener Daten in Drittstaaten:<br />

Angemessenheitsklausel, Safe Harbor und die<br />

Einwilligung. – S. 425 – 433<br />

Müller, Ulf; Kemper, Birgit: TK-Verträge in<br />

der Insolvenz. – S. 433 – 439<br />

Koenig, Christian; Koch, Alexander: Die Resale-Verpflichtung<br />

von Mobilfunknetzbetreibern<br />

nach dem neuen gemeinschaftlichen TK-<br />

Rechtsrahmen. – S. 439 – 445<br />

Roßnagel, Alexander; Hilger, Caroline: Offener<br />

Zugang zum digitalisierten Kabel: Realität<br />

oder Zielvorstellung?. – S. 445 – 452<br />

Der Beitrag zeigt die Probleme auf, die sich aus den<br />

Eigentumsverhältnissen und der Digitalisierung in<br />

Bezug auf die Zugangsoffenheit des Kabelnetzes ergeben<br />

können, und erörtert rechtliche Lösungsmöglichkeiten.<br />

Neben der Darstellung der Geschäftsmodelle<br />

und der Empfangstechnik bei digitalem Fernsehen untersucht<br />

der Beitrag die grundrechtliche Bedeutung<br />

des offenen Netzzugangs, insbesondere im Hinblick<br />

auf Art. 5 Abs. 1 GG. Da die Gesetzgeber bereits eine<br />

positive Ordnung des Rundfunks sowie ergänzende<br />

Rechtsregelungen geschaffen haben, geht der Verfasser<br />

der Frage nach, ob die gebotene Sicherung eines offenen<br />

Zugangs in ausreichender Weise möglich ist.<br />

Daneben werden alternative oder kumulative Möglichkeiten<br />

der Zugangssicherung, etwa durch Kabelbelegung,<br />

Empfangstechnik, Wettbewerbsregulierung<br />

oder gesellschaftspolitische Maßnahmen auf ihre<br />

Wirksamkeit hin untersucht.<br />

617


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

Jg 5 (2002) Nr 8<br />

Spindler, Gerald: Verantwortlichkeit und Haftung<br />

für Hyperlinks im neuen Recht. – S. 495-<br />

503<br />

Der Beitrag beleuchtet die Haftung für Hyperlinks<br />

nach dem neuen Teledienstegesetz, auch vor dem<br />

Hintergrund der bisherigen Gesetzeslage und den<br />

Vorgaben der E-Commerce-Richtlinie. Der Verfasser<br />

kommt zu dem Ergebnis, dass das neue TDG keinerlei<br />

Regelung mehr für Hyperlinks enthält und das<br />

stattdessen auf die tradierten Kriterien der Garantieund<br />

Verkehrssicherungspflichten zurückgegriffen<br />

werden muss.<br />

Koch, Christian: Bankgeheimnis im Onlineund<br />

Internet-Banking: Auswirkungen auf den<br />

Vertrieb von Bankprodukten. – S. 504 – 508<br />

Ranke, Johannes: M-Commerce: Einbeziehung<br />

von AGB und Erfüllung von Informationspflichten.<br />

– S. 509 – 515<br />

Hoenike, Mark; Hülsdunk, Lutz: Rechtliche<br />

Vorgaben für Fernabsatzangebote im elektronischen<br />

Geschäftsverkehr bei und nach Vertragsschluss:<br />

ein Überblick über die gesetzlichen<br />

Anforderungen und die Rechtsfolgensystematik<br />

bei Verstößen. – S. 516 – 519<br />

Räther, Philipp C.; Seitz, Nicolai: Ausnahmen<br />

bei Datentransfer in Drittstaaten: die beiden<br />

Ausnahmen nach § 4c Abs. 2 BDSG: Vertragslösung<br />

und Code of conduct. – S. 520 – 527<br />

Schmidt, Frank; Wehmeier, Axel; Alkas, Hasan:<br />

Unzulässige Bündelung bei optionalen Tarifen<br />

der Deutschen Telekom?: eine regulierungsökonomische<br />

Betrachtung. – S. 528 – 533<br />

Multimedia und Recht, Beilage<br />

Jg 5 (2002) Nr 7<br />

Marktabgrenzung und Marktbeherrschung auf<br />

Telekommunikationsmärkten: TK-Forum der<br />

RegTP am 27. August 2001 in Bonn. – S. 1 – 44<br />

Die Beilage gibt einen Gesamtüberblick über die intensiv<br />

diskutierten Fragen zur Marktabgrenzung und<br />

-beherrschung im TK-Sektor. Sie enthält alle wesentlichen<br />

Beiträge und Stellungnahmen der Diskussion<br />

über die zu diesen Fragen von der RegTP veröffentlichten<br />

Eckpunkte. Die Beiträge und die Zusammenfassungen<br />

der Podiumsdiskussionen kreisen dabei insbesondere<br />

um die Fragestellungen, inwiefern Besonderheiten<br />

des TK-Sektors bei der Marktanalyse zu<br />

berücksichtigen sind und wie das Verhältnis zwischen<br />

dem GWB als allgemeinem Wettbewerbsrecht und<br />

dem TKG als sektorspezifischem Recht generell zu<br />

bewerten ist.<br />

Jg 5 (2002) Nr 8<br />

Kirchner, Christian: Verschärfte Regulierung<br />

der Mobilfunkmärkte?. – S. 1 – 21<br />

618<br />

Mobilfunkmärkte geraten zunehmend in das Visier einer<br />

umfassenden sektorspezifischen Regulierung. Der<br />

Beitrag fragt nach Funktion, Sinn und Zweck der geforderten<br />

Verschärfung der Regulierung des Mobilfunksektors.<br />

Nach einer Analyse des derzeitigen<br />

Wettbewerbs auf deutschen Mobilfunkmärkten stellt<br />

der Verfasser die derzeitige Regulierung auf deutscher<br />

und europäischer Ebene sowie die in diesen Bereich<br />

gemachten Änderungsvorschläge vor. Der Beitrag<br />

zieht ein Fazit aus den normativen Diskussionen in<br />

Form von Vorschlägen für die Rechtsetzung auf europäischer<br />

und deutscher Ebene und gibt einen Ausblick<br />

auf den künftigen Diskussionsbedarf.<br />

New media & society<br />

Jg 4 (2002) Nr 2<br />

Dai, Xiudian: Towards a digital economy with<br />

Chinese characteristics?. – S. 141 – 162<br />

Zhang, Junhua: Will the government „Serve<br />

the people“?: the development of Chinese<br />

e-government. – S. 163 – 184<br />

Fung, Anthony Y. H.: Identity politics, resistance<br />

and new media technologies: a Foucauldian<br />

approach to the study of the HKnet. –<br />

S. 185 – 204<br />

Hughes, Christopher R.: China and the globalization<br />

of ICTs: implications for international<br />

relations. – S. 205 – 224<br />

Goodwin, Ian; Spittle, Steve: The European<br />

Union and the information society: discourse,<br />

power and policy. – S. 225 – 250<br />

Andrejevic, Mark: The kinder, gentler gaze of<br />

Big Brother: reality TV in the era of digital capitalism.<br />

– S. 251 – 270<br />

McMillan, Sally J.: A four-part model of cyberinteractivity:<br />

some cyber-places are more interactive<br />

than others. – S. 271 – 292<br />

Political Communication<br />

Jg 19 (2002) Nr 2<br />

Amin, Hussein: Freedom as a value in Arab media:<br />

perceptions and attitudes among journalists.<br />

– S. 125 – 136<br />

Ayish, Muhammad I.: Political communication<br />

on Arab world television: evolving patterns. –<br />

S. 137 – 154<br />

Rawan, Shir Mohammad: Modern mass media<br />

and traditional communication in Afghanistan.<br />

– S. 155 – 270<br />

Jones, Adam: From vanguard to vanquished:<br />

the tabloid press in Jordan. – S. 171 – 188


Wolfsfeld, Gadi; Khouri, Rami; Peri, Yoram:<br />

News about the other in Jordan and Israel: does<br />

peace make a difference?. – S. 189 – 210<br />

Vogt, Achim: Regulation and self-regulation:<br />

the role of media commissions and professional<br />

bodies in the Muslim world. – S. 211 – 224<br />

Hafez, Kai: Journalism ethics revisited: a comparison<br />

of ethics codes in Europe, North Africa,<br />

the Middle East, and Muslim Asia. – S. 225<br />

– 250<br />

Diamond, Matthew: No laughing matter: post-<br />

September 11 political cartoons in Arab/Muslim<br />

newspapers. – S. 251 – 272<br />

Sreberny, Annabelle: Media, Muslims, and the<br />

Middle East: a critical review essay. – S. 273 –<br />

280<br />

Public Opinion Quarterly<br />

Jg 66 (2002) Nr 1<br />

Highton, Benjamin: Bill Clinton, Newt Gingrich,<br />

and the 1998 House Elections. – S. 1 – 17<br />

Brick, J. Michael; Montaquila, Jill; Scheuren,<br />

Fritz: Estimating residency rates for undetermined<br />

telephone numbers. – S. 18 – 39<br />

Herek, Gregory M.: Gender gaps in public opinion<br />

about lesbians and gay men. – S. 40 – 66<br />

Publizistik<br />

Jg 47 (2002) Nr 1<br />

Reifarth, Jürgen; Reus, Gunter: „Mich aber mag<br />

das Gesetz recht eigentlich nicht“: publizistische<br />

Opposition gegen den SED-Staat in den Feuilletons<br />

von Heinz Knobloch. – S. 1 – 20<br />

Peter, Jochen: <strong>Medien</strong>-Priming: Grundlagen,<br />

Befunde und Forschungstendenzen. – S. 21-44<br />

„<strong>Medien</strong>-Priming ist der Prozess, in dem Informationen<br />

aus den <strong>Medien</strong> verfügbare Wissenseinheiten kognitiv<br />

leichter zugänglich machen, sodass diese mit<br />

höherer Wahrscheinlichkeit auf nachfolgende Umweltinformationen<br />

angewendet werden als weniger<br />

leicht zugängliche Wissenseinheiten. Innerhalb der<br />

Forschung zu kognitiven <strong>Medien</strong>effekten scheint aber<br />

Unklarheit darüber zu bestehen, auf welchen Grundlagen<br />

<strong>Medien</strong>-Priming beruht, wie der momentane<br />

Forschungsstand ist und was es noch zu erforschen<br />

gilt. Der vorliegende Artikel versucht, diese Unklarheit<br />

zu beseitigen, indem er (1) die (kognitions-)psychologischen<br />

Grundlagen des <strong>Medien</strong>-Priming-Konzeptes<br />

darstellt, (2) die wesentlichen Befunde der empirischen<br />

Forschung mit Bezug zu den Grundlagen<br />

des Konzeptes systematisiert und (3) ausgehend von<br />

Tendenzen, aber auch Defiziten in der aktuellen Forschung<br />

ein Programm für zukünftige Forschung erarbeitet.“<br />

Zeitschriftenlese<br />

Seibold, Balthas: Die flüchtigen Web-Informationen<br />

einfangen: Lösungsansätze für die Online-Inhaltsanalyse<br />

bei dynamischen Inhalten im<br />

Internet. – S. 45 – 56<br />

„Das Internet wird durch einen neuen Publikationsstil<br />

geprägt, bei dem die Inhalte dynamisiert, multimedialisiert,<br />

entgrenzt und partikularisiert werden. Dies<br />

stellt die Inhaltsanalyse vor neue Aufgaben. Über<br />

Jahrzehnte hinweg hat sie sich als zentrale Methode<br />

der <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong> erwiesen. Nun<br />

sollte sie erweitert werden, um den neuen Gegebenheiten<br />

des Internets gerecht zu werden. Als Beitrag<br />

dazu werden fünf neue theoretische und vier praktische<br />

Besonderheiten der Online-Inhaltsanalyse dargestellt.<br />

Darauf aufbauend werden Lösungsansätze<br />

aufgezeigt, mit denen man auch die flüchtigen Informationen<br />

des Webs inhaltsanalytisch einfangen kann.<br />

Insbesondere wird argumentiert, dass die Inhaltsanalyse<br />

von dynamischen Netzinhalten auch die Nutzungsanalyse<br />

integrieren sollte. Ein viel versprechender<br />

Ansatz dazu ist die Logfile-Analyse, die die Nutzerpfade<br />

durch Web-Angebot transparent macht. Für<br />

die <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong> ergeben sich große<br />

Chancen: Inhaltsanalyse und Rezeptionsanalyse können<br />

im Internet so miteinander verknüpft werden,<br />

dass die Zusammenhänge von Inhalten, Rezipient und<br />

Auswahl sichtbar, messbar und überprüfbar werden.“<br />

Laurien, Ingrid: Zeitschriftenlandschaft Nachkriegszeit:<br />

zu Struktur und Funktion politischkultureller<br />

Zeitschriften 1945-1949. – S. 57 – 82<br />

Jg 47 (2002) Nr 2<br />

Ludwig, Johannes: Lizenzverleger zwischen<br />

Monopol und Wettbewerb: Interessen und<br />

Motive, Unternehmensziele und langfristige Sicherung<br />

des publizistisch-ökonomischen Konzepts<br />

1949 bis 1999. – S. 135 – 169<br />

„Die Stunde Null war für die medienpolitische Entwicklung<br />

in Deutschland von einer außergewöhnlichen<br />

Situation geprägt: nicht Kapitalbesitz oder ererbte<br />

Verfügungsrechte entschieden darüber, wer als<br />

Zeitungsmacher den publizistischen Neuanfang prägen<br />

durfte, sondern 1) Ideale und moralische Überzeugung,<br />

2) Courage und gelebte Überzeugung in<br />

Form von Resistenzverhalten im „Dritten Reich“ sowie<br />

3) journalistisch-publizistische und/oder managementmäßige<br />

Qualifikation. In dieser seltenen – medial<br />

gesehen: ausgesprochen idealen – Konstellation<br />

konnten sich die so genannten Lizenzverleger in vielen<br />

<strong>Medien</strong>- bzw. Tageszeitungsregionen großen publizistischen<br />

und ökonomischen Einfluss sichern, bis<br />

sie sich ab 1949 dem Wettbewerb mit den „Altverlegern“<br />

stellen mussten. Inwieweit sie ihre publizistischen<br />

Ideale und Unternehmensphilosophien langfristig<br />

(ab)sichern konnten, hing vor allem davon ab,<br />

inwieweit sich Lizenz- und Altverleger arrangierten<br />

und imstande waren, auf journalistische wie ökonomische<br />

Herausforderungen zu reagieren. Die Unterschiedlichkeit<br />

solcher Lösungen in der damaligen<br />

Wendezeit prägen die bundesdeutsche Zeitungslandschaft<br />

bis heute ins 21. Jahrhundert.“<br />

Blöbaum, Bernd: Journalismus während der<br />

619


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

Besatzungszeit. – S. 170 – 199<br />

„Während der Besatzungszeit von 1945 bis 1949 wurden<br />

in Deutschland vor allem durch die Pressepolitik<br />

der Alliierten wichtige Anstöße für eine Modernisierung<br />

des Journalismus gegeben – allerdings gab es<br />

nach 1945 keinen durchgängigen Neubeginn des deutschen<br />

Journalismus. In drei Strukturbereichen des<br />

Journalismus – auf den Ebenen der journalistischen<br />

Organisationen, Rollen und Programme – wird auf<br />

der Basis vorliegender Studien untersucht, welche<br />

Merkmale eines Neubeginns und einer Modernisierung<br />

und welche Elemente einer Kontinuität während<br />

der Besatzungszeit im Journalismus zu identifizieren<br />

sind. Auf der Ebene der journalistischen Darstellungsformen<br />

etwa bedeutet die von den westlichen Alliierten<br />

verschriebene Trennung von Nachricht und<br />

Meinung einen wichtigen Schritt zur Modernisierung<br />

des Journalismus. Er zieht die Lösung von politischen<br />

Bindungen nach sich, die im deutschen Journalismus<br />

Tradition hatten. Zu einem guten Teil noch den Traditionen<br />

der Weimarer Republik und der NS-Zeit verhaftet,<br />

werden während der Besatzungszeit wichtige<br />

Weichen für einen unabhängigen und leseorientierten<br />

Journalismus gestellt. Damit wird zwischen 1945 und<br />

1949 in Deutschland eine Modernisierung des Journalismus<br />

nachgeholt, die in anderen Ländern schon realisiert<br />

war. Für die Journalisten eröffnet der in der Besatzungszeit<br />

eingeleitete Prozess Chancen, ihre Berufsrolle<br />

als autonome Vermittler von Information zu<br />

interpretieren.“<br />

Meyen, Michael: Kollektive Ausreise?: zur<br />

Reichweite ost- und westdeutscher Fernsehprogramme<br />

in der DDR. – S. 200 – 220<br />

„Die Bedeutung des Westfernsehens in der DDR ist<br />

überschätzt worden. Das Fernsehen der DDR hat mit<br />

seinen 20-Uhr-Angeboten zumindest bis Ende 1988<br />

im Jahresdurchschnitt stets etwas mehr ostdeutsche<br />

Zuschauer erreicht als die bundesdeutschen Programme.<br />

Diese Aussage stützt sich auf die Ergebnisse der<br />

Zuschauerforschung in der DDR. Der vorliegende<br />

Beitrag arbeitet mit der Methode der Historischen<br />

Datenanalyse, bei der Meinungsforschungsresultate in<br />

einem theoretischen Bezugsrahmen verortet, mit anderen<br />

Quellen (Umfragen in der Bundesrepublik,<br />

nichtrepräsentative Quellen aus der DDR, biografische<br />

Interviews) verglichen und so überprüft und erklärt<br />

werden können, und zeigt die überragende Bedeutung<br />

der Alltagsstrukturen für die <strong>Kommunikations</strong>bedürfnisse<br />

der DDR-Bürger sowie die Dominanz<br />

des Wunsches nach Unterhaltung. Das DDR-Fernsehen<br />

war oft besser zu empfangen als die Westprogramme<br />

und offenbar nicht so langweilig, wie ihm oft<br />

nachgesagt wird: Es ermöglichte Alltagsfluchten, parasoziale<br />

Beziehungen und die Arbeit an der eigenen<br />

Identität, es lieferte Gesprächsstoff, Vorbilder und<br />

Verhaltensmodelle.“<br />

Studies in Communication Sciences<br />

Jg 2 (2002) Nr 2<br />

Burger, Marcel: Identities at stake in social interaction:<br />

the case of media interviews. – S. 1 –<br />

20<br />

Gauthier, Gilles: L’Argumentation éditorial. –<br />

S. 21 – 46<br />

620<br />

Mondada, Lorenza: Interactions et pratiques<br />

professionelles: un regard issu des „studies of<br />

work“. – S. 47 – 82<br />

Seiler, Hansjakob: Object, language, and communication.<br />

– S. 83 – 108<br />

Hacken, Pius Ten: Chomskyan linguistics and<br />

the science of communication. – S. 109 – 134<br />

TelevIZIon<br />

Jg 15 (2002) Nr 1<br />

Gruber, Thomas: Wie viel Fantasie braucht die<br />

Zukunft?. – S. 4 – 6<br />

Klemm, Ruth Etienne: Zur Entstehung innerer<br />

Bilder: ein Überblick. – S. 6 – 11<br />

Taylor, Marjorie: Die unsichtbaren Freunde<br />

der Kinder. – S. 12 – 16<br />

Neuß, Norbert: Leerstellen für die Fantasie in<br />

Kinderfilmen: Fernsehen und Rezeptionsästhetik.<br />

– S. 17 – 23<br />

Götz, Maya; Lemish, Dafna; Aidman, Amy et<br />

al.: Kinderfantasien und Fernsehen im mehrnationalen<br />

Vergleich. – S. 24 – 36<br />

Kinderfantasien und Programmgestaltung:<br />

Statements von Programmverantwortlichen<br />

zum Verhältnis von Fantasien und Kinderprogramm.<br />

– S. 37 – 40<br />

Herrmann, Dorothee: Die „Traumgeschichten“.<br />

– S. 41 – 43<br />

Gerhardt, Ralf: Die „Fantastische Filmfabrik“:<br />

TV-Geschichten von Kindern. – S. 44 – 46<br />

Cole, Charlotte: Stell dir vor !. – S. 46 – 49<br />

Rogge, Jan Uwe: Fantasie, Emotion und Kognition<br />

in der Sesamstraße. – S. 50 – 56<br />

TMR<br />

Jg 54 (2002) Nr 3<br />

Rosenthal, Michael: Neue Antworten auf Fragen<br />

der Konvergenz: Entwicklungen des <strong>Kommunikations</strong>rechts<br />

in Europa und den USA. –<br />

S. 181 – 194<br />

Beschluss des Bundeskartellamts vom 22. Februar<br />

2002 mit den Versagungsgründen der Kabelübernahme<br />

von VIOLA und DTAG durch<br />

Liberty Media. – S. 92 – 125<br />

Koenig, Christian: Powerline und die Anforderungen<br />

an die elektromagnetische Verträglichkeit<br />

nach europäischem Gemeinschaftsrecht. –<br />

S. 195 – 213


Tolley’s Communications Law<br />

Jg 7 (2002) Nr 2<br />

Wiese, Henning: The justification of the copyright-system<br />

in the digital age. – S. 39 – 45<br />

McDermott, Jennifer: The media’s right to be<br />

wrong when reporting matters of public interest.<br />

– S. 46 – 48<br />

Sloan, Martin: Institutional web sites and accessibility<br />

by the disabled. – S. 49 – 51<br />

Jg 7 (2002) Nr 3<br />

Sloan, Martin: E-Learning and accessibility by<br />

the disabled. – S. 75 – 77<br />

Clarke, Linda: Privacy, breach of confidence<br />

and the press: where are we now?. – S. 78 – 84<br />

Hörnle, Julia: Internet service provider liability:<br />

let’s (not) play piggy in the middle. – S. 85 –<br />

88<br />

Trends in Communication<br />

Jg 31 (2001) Nr 9<br />

Ballon, Pieter et al: Business models for nextgeneration<br />

wireless services. – S. 7 – 30<br />

Aasman, Jans et al: The mobile in-home user<br />

experience. – S. 31 – 50<br />

Heres, Jeroen; Mante-Meijer, Enid; Pires,<br />

Dóris: Factors influencing the adoption of broadband<br />

mobile Internet. – S. 51 – 80<br />

Kar, Els van de; Bouwman, Harry: The development<br />

of location-based mobile transaction<br />

services. – S. 99 – 122<br />

Zeitschrift für <strong>Medien</strong>psychologie<br />

Jg 14 (2002) Nr 2<br />

Utz, Sonja; Jonas, Kai J.: MUDs: Ergänzung<br />

oder Ersatz traditioneller Bindungen bei jungen<br />

Erwachsenen?. – S. 52 – 59<br />

„In der Diskussion über die Auswirkungen der Partizipation<br />

an virtuellen Gemeinschaften haben sich<br />

zwei entgegengesetzte, empirisch jedoch jeweils kaum<br />

überprüfte, Positionen herauskristallisiert, die man<br />

grob als die kulturpessimistische und die kulturoptimistische<br />

bezeichnen kann. Beide postulieren Auswirkungen<br />

auf politisches und gesellschaftliches Engagement,<br />

Bedeutung der Region und Wertorientierung.<br />

Diese Studie vergleicht Mitglieder eines Typs<br />

virtueller Gemeinschaften (multi-user-dungeons,<br />

MUDs) mit einer bezüglich soziodemografischer<br />

Charakteristika parallelisierten Stichprobe von Personen<br />

ohne Erfahrung mit virtuellen Gemeinschaften.<br />

Innerhalb der Gruppe der MUDer wurde geprüft, ob<br />

Zeitschriftenlese<br />

sich Unterschiede zwischen niedrig und hoch mit virtuellen<br />

Gemeinschaft Identifizierter ergeben. Aus den<br />

Ergebnissen wird deutlich, dass virtuelle Gemeinschaften<br />

dem Trend zur Individualisierung und freien<br />

Wählbarkeit von Bindungen entgegenkommen. Das<br />

gesellschaftliche Engagement selbst der hoch identifizierter<br />

MUDer lässt nicht nach. Die Generalisierbarkeit<br />

der Ergebnisse auf andere virtuelle Gemeinschaften<br />

wird diskutiert.“<br />

Bilandzic, Helena: Genrespezifische Kultivierung<br />

durch Krimirezeption. – S. 60 – 67<br />

„Die Studie geht von zwei kontraintuitiven Befunden<br />

zur Kultivierung aus: Die Nutzung von Krimis hat einen<br />

geringeren Einfluss auf Kultivierung als das Gesamtfernsehen;<br />

aktive Rezeption schwächt Kultivierungseffekte<br />

ab. Shrum (1995) nimmt an, dass Fernsehinformationen<br />

nur dann in Ansichten über die reale<br />

Welt einfließen, wenn die Quelle der Information<br />

vergessen wird. Es wird daher postuliert, dass eine<br />

häufige Rezeption verbrechensbezogener Kultivierungsindikatoren<br />

in Krimis, Aktivität sowie die Lebhaftigkeit<br />

der Darstellung ein besseres Behalten der<br />

Quelle bewirken und damit niedrigere Kultivierungseffekte.<br />

In einer Befragung von 319 Personen stellt<br />

sich heraus, dass Kriminutzung mit fast allen Kultivierungsmaßen<br />

entweder schwächer als das Fernsehen<br />

korreliert oder aber negativ. Lebhafte Kultivierungsmaße<br />

hängen negativ mit Kriminutzung zusammen.<br />

Ein Inhibitionseffekt von Aktivität kann jedoch nicht<br />

festgestellt werden. Die Befunde werden in Hinblick<br />

auf Kausalität diskutiert.“<br />

Preston, Joan M.; Eden, Michael: Viewing music<br />

videos: emotion and viewer interpretation. –<br />

S. 69 – 79<br />

„Die Erfassung von sexuell expliziten oder gewalthaltigen<br />

Inhalten von Musikvideos beruht in der Regel<br />

auf der Einschätzung der Forscher. In der vorliegenden<br />

Studie wurde eine Einschätzung von 168 Studierenden<br />

zu neun Mainstream-Musikvideos bzgl. dieser<br />

Variablen erhoben. Dabei stellte sich heraus, dass die<br />

von den Rezipienten beurteilte Auftretenshäufigkeit<br />

von Sex und Gewalt nicht mit deren Bewertung der<br />

Videos als sexuell explizit oder gewalthaltig übereinstimmt.<br />

Die geschätzte Auftretenshäufigkeit kann<br />

durch andere Rezipientenvariablen erklärt werden als<br />

die Bewertung. Eine als hoch beurteilte Auftretenshäufigkeit<br />

von Sex und Gewalt geht mit höherem Alter,<br />

stärkerer individueller Ausprägung in Expressivität,<br />

geringerer Instrumentalität und der Abfolge der<br />

präsentierten Videos einher (gewalthaltige und sexuell<br />

expressive zuerst). Die Bewertung von Sex und Gewalt<br />

im Video geht mit höherem Alter und einer geringen<br />

individuellen Ausprägung von Instrumentalität<br />

einher. Rezipienten mit weniger Erfahrung mit<br />

sexuell expliziten Video-Inhalten schätzen die Auftretenshäufigkeit<br />

dieser Inhalte höher ein und bewerteten<br />

sie insgesamt als sex- und gewalthaltiger als erfahrene<br />

Zuschauer. Es wird angenommen, dass bei der<br />

Bewertung der Musikvideos die Rezipienten vor allem<br />

die gewalthaltigeren Fernsehinhalte als Vergleich benutzten.“<br />

Eichstaedt, Jan: <strong>Medien</strong>psychologische Methoden:<br />

Das Internet als Medium zur verzerrungsfreien<br />

Erfassung von Reaktionszeiten im Rahmen<br />

web-basierten Experimentierens. – S. 80 –<br />

83<br />

621


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

Jg 14 (2002) Nr 3<br />

Rössler, Patrick; Bacher, Julia: Transcultural<br />

effects of product placement in movies: a comparison<br />

of placement impact in Germany and<br />

the USA. – S. 98 – 108<br />

Product placement represents an alternative strategy<br />

of advertisers to overcome restrictions of traditional<br />

commercial communication. The paper describes different<br />

types of placement and resumes the small body<br />

of research in the field, both serving as a starting point<br />

for empirical research. As a matter of fact, placements<br />

which have become part of top movies will be distributed<br />

in cinemas and on screens all over the world. A<br />

quasi-experimental study carried out in Germany and<br />

the USA was designed in order to detect awareness<br />

and attitude effects of the respective placements as<br />

well as general evaluations. The results indicate small<br />

but noteworthy differences between the American<br />

and the German audience: To a certain degree, product<br />

placement was more effective on the awareness<br />

dimension in Germany, and more effective on the<br />

evaluative dimension in the USA (a result that may be<br />

traced back to the perceived function of creating a realistic<br />

impression). High placement awareness led to<br />

smaller attitude effects in Germany, while a lower degree<br />

of awareness in America should have enhanced<br />

the impact on product assessment.<br />

Konradt, Udo; Marsula, Andre; Rakuljic, Marijana:<br />

Eine Längsschnittstudie zur Motivation<br />

und Kommunikation beim netzbasierten Lernen<br />

in einem virtuellen Seminar. – S. 109 – 117<br />

Döring, Nicola: „1 x Brot, Wurst, 5 Sack Äpfel<br />

I. L. D.“: kommunikative Funktionen von<br />

Kurzmitteilungen (SMS). – S. 118 – 128<br />

Zeitschrift für Urheber- und <strong>Medien</strong>recht<br />

Jg 46 (2002) Nr 4<br />

Kuch, Hansjörg: <strong>Medien</strong>rechtliche Vorgaben<br />

für Kabelnetzbetreiber. – S. 248 – 251<br />

In dem Beitrag werden die medienrechtlichen Regelungen<br />

dargestellt, die für die Weiterverbreitung von<br />

Rundfunkprogrammen in Kabelanlagen und für so<br />

genannte Zusatzdienste zum Digitalen Fernsehen<br />

(Conditional Access, Navigatoren, Programmpakete)<br />

gelten.<br />

Ladeur, Karl-Heinz: Aktuelle Rechtsfragen der<br />

Einspeisung digitaler Fernsehprogramme in<br />

Kabelnetze, insbesondere: Anspruch auf Netzzugang,<br />

Bündelung von Programmen, Entgeltregulierung,<br />

„Durchleitungspflicht“. – S. 252 –<br />

260<br />

Der Autor setzt sich mit folgenden Fragen auseinander:<br />

Folgt aus den Vorschriften des Telekommunikationsgesetzes<br />

ein Anspruch der Anbieter von Fernsehprogrammen<br />

auf Zugang zum Breitbandkabel?<br />

Wie kann bei der Entgeltkontrolle sichergestellt werden,<br />

dass Programme, die nicht in Programmpakete<br />

aufgenommen werden, nicht diskriminiert werden?<br />

Welche Probleme bestehen bei der Abstimmung von<br />

Entscheidungen der Regulierungsbehörde für Post<br />

622<br />

und Telekommunikation und der Landesmedienanstalten?<br />

Besteht ein Anspruch auf die „Durchleitung“<br />

von Programmpaketen aus Kabelnetzen Dritter?<br />

Können die Landesmedienanstalten den Netzbetreibern<br />

die Verpflichtung auferlegen, den MHP-Standard<br />

zu verwenden? Und schließlich: Sollten Kabelnetzbetreiber<br />

von der Verbreitung eigener Inhalte<br />

ausgeschlossen werden?<br />

Wille, Karola: Kabelrundfunk aus Sicht der<br />

öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. –<br />

S. 261 – 266<br />

In dem Beitrag wird untersucht, ob das für die Weiterverbreitung<br />

geltende Recht sichergestellt, dass die<br />

Rundfunkanstalten ihrem Auftrag auch in diesem Bereich<br />

nachkommen können. Es werden „reale sowie<br />

potentielle Gefährdungen für die Auftragserfüllung<br />

sowie rechtliche Defizite und ordnungspolitische Lösungsansätze<br />

aus Sicht des öffentlich-rechtlichen<br />

Rundfunks dargestellt“. Die Autorin ist Juristische<br />

Direktorin des MDR.<br />

Bauer, Andreas: Kabelrundfunk zwischen urheber-<br />

und medienrechtlicher Regelungsdichte:<br />

Diskussionsbericht der gleich lautenden Arbeitssitzung<br />

des Instituts für Urheber- und <strong>Medien</strong>recht<br />

am 7. Dezember 2001. – S. 267 – 270<br />

König, Michel: Was bringt eine neue GATS-<br />

Runde für die audiovisuellen <strong>Medien</strong>?. – S. 271<br />

– 282<br />

Gercke, Marco: Die Entwicklung der Rechtsprechung<br />

zum Internetstrafrecht in den Jahren<br />

2000 und 2001. – S. 283 – 288<br />

Jg 46 (2002) Nr 5<br />

Bullinger, Martin: Vom Urheberrecht zum<br />

Rundfunkrecht. – S. 325 – -328<br />

Flechsig, Norbert P.: Gerichtliche Vertragsanpassung<br />

zum Zwecke der Inanspruchnahme<br />

angemessener Nutzung: Anmerkung zum<br />

Urteil des OLG München ZUM-RD 2002, 77.<br />

– S. 328 – 332<br />

Castendyk, Oliver: Neue Ansätze zum Problem<br />

der unbekannten Nutzungsart in § 31<br />

Abs. 4 UrhG. – S. 332 – 348<br />

Winghardt, Stefan: Kopiervergütung für den<br />

PC. – S. 349 – 361<br />

Goldmann, Bettina; Liepe, Andreas: Vertrieb<br />

von kopiergeschützten Audio-CDs in Deutschland:<br />

urheberrechtliche, kaufrechtliche und<br />

wettbewerbsrechtliche Aspekte. – S. 362 – 375<br />

Hepach, Stefan: Anmerkung zu OLG München<br />

ZUM 2002, 392. – S. 376 – 378


Jg 46 (2002) Nr 6<br />

Manz, Friederike; Ventroni, Stefan; Schneider,<br />

Inge: Auswirkungen der Schuldrechtsreform<br />

auf das Urheber(vertrags)recht. – S. 409 – 422<br />

Flechsig, Norbert; Hendricks, Kirsten: Konsensorientierte<br />

Streitschlichtung im Urhebervertragsrecht:<br />

die Neuregelung der Findung<br />

gemeinsamer Vergütungsregeln via Schlichtungsverfahren.<br />

– S. 423 – 432<br />

Eberl, Walter: ICC-Schiedsverfahren versus<br />

AFMA-Schiedsverfahren. – S. 433 – 439<br />

Erlmeier, Erich; Reinwald, Gerhard: Rechtsfragen<br />

bei Eigenwerbekanälen nach § 45 b<br />

Rundfunkstaatsvertrag. – S. 440 – 445<br />

Tabastajewa, Julianna: Das russische <strong>Medien</strong>recht:<br />

Überblick über die wesentlichen Rechtsgrundlagen.<br />

– S. 446 – 450<br />

Zecher, Jan: Die Umsetzung der EU-Richtlinie<br />

in deutsches Recht II: Diskussionsbericht der<br />

gleich lautenden Arbeitssitzung des Instituts<br />

für Urheber- und <strong>Medien</strong>recht am 22. März<br />

2002. – S. 451 – 456<br />

Zeitschriftenlese<br />

Jg 46 (2002) Nr 7<br />

Schack, Haimo: Schutz digitaler Werke vor privater<br />

Vervielfältigung: zu den Auswirkungen<br />

der Digitalisierung auf § 53 UrhG. – S. 497 –<br />

510<br />

Beucher, Klaus; Frentz, Wolfgang Raitz von:<br />

Kreditsicherung bei Filmproduktionen: Verpfändung<br />

und Sicherungsabtretung durch den<br />

Filmhersteller. – S. 511 – 524<br />

Alpert, Frank: Zum Werk- und Werkteilbegriff<br />

bei elektronischer Musik: Tracks, Basslines,<br />

Beats, Sounds, Samples, Remixes und DJ-Sets.<br />

– S. 525 – 533<br />

Wimmer, Norbert: Kabelrundfunk aus der<br />

Sicht eines regionalen Kabelnetzbetreibers. –<br />

S. 534 – 544<br />

623


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

Literaturverzeichnis<br />

11 Bibliographien. Lexika<br />

12 Jahrbücher. Geschäftsberichte<br />

21 <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong> und -forschung<br />

22 Journalismus. <strong>Medien</strong>berufe<br />

23 Publizistische Persönlichkeiten<br />

24 <strong>Medien</strong>institute<br />

31 Kommunikation<br />

32 <strong>Kommunikations</strong>politik<br />

33 Lokalkommunikation. Bundesländer<br />

41 Massenkommunikation Politik<br />

42 Massenkommunikation Gesellschaft<br />

43 Massenkommunikation Kultur<br />

11 Bibliographien. Lexika<br />

ABC der ARD. – Baden-Baden: Nomos, 2002.<br />

– 218 S.<br />

Der NDR von A-Z/Lenz-Krämer, Marion;<br />

Ohmstedt, Holger (Hrsg.). – Hamburg: NDR,<br />

o. J. – 194 S.<br />

Schlüsselwerke für die <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong>/Holtz-Bacha,<br />

Christina; Kutsch, Arnulf<br />

(Hrsg.). – Wiesbaden: Westdeutscher<br />

Verl., 2002. – 451 S.<br />

Ubbens, Wilbert: Jahresbibliographie Massenkommunikation<br />

2000: systematisches Verzeichnis<br />

der im Jahre 2000 innerhalb und<br />

außerhalb des Buchhandels veröffentlichten<br />

Literatur zu Presse, Rundfunk, Hörfunk, Fernsehen,<br />

Film, Tele- und Netzkommunikation<br />

und angrenzenden Problemen. – Berlin: Spieß,<br />

2002. – 471 S.<br />

12 Jahrbücher. Geschäftsberichte<br />

Allensbacher Jahrbuch der Demoskopie Bd 11:<br />

1998-2002/Noelle-Neumann, Elisabeth; Köcher,<br />

Renate (Hrsg.). – München: Saur, 2002. –<br />

1065 S.<br />

Forschungsbericht 2001/2002. – Hamburg:<br />

Hans-Bredow-Institut, 2002. – 83 S.<br />

Jahrbuch 2002: die Wirtschaftslage des audiovisuellen<br />

Sektors in Europa. – Baden-Baden: Nomos,<br />

2002. – 144 S.<br />

Fünfter Jahresbericht der Kommission zur<br />

Ermittlung der Konzentration im <strong>Medien</strong>bereich<br />

(KEK): Berichtszeitraum 1. Juli 2001 bis<br />

zum 30. Juni 2002. – Potsdam: KEK, 2002. –<br />

624<br />

51 Telekommunikation. Informationsgesellschaft<br />

52 Neue Technologien. Multimedia<br />

61 Internationale Kommunikation<br />

62 Europa Kommunikation<br />

71 Massenmedien, allgemein<br />

72 <strong>Medien</strong> Bildung<br />

73 <strong>Medien</strong> Ökonomie<br />

74 <strong>Medien</strong> Recht<br />

75 Rundfunk<br />

76 Werbung<br />

81 Publikum. <strong>Medien</strong>nutzung<br />

82 Rezeptionsforschung<br />

83 Kinder Jugendliche <strong>Medien</strong><br />

91 Literatur zu einzelnen Ländern<br />

253 S.<br />

Geschäftsbericht 1999/Landesanstalt für Kommunikation<br />

Baden-Württemberg, LfK (Hrsg.).<br />

– Baden-Württemberg: LfK, 1999. – 75 S.<br />

Geschäftsbericht 2001. – Köln: GEZ, 2002. –<br />

48 S.<br />

Jaarverslag 2001. – Hilversum: NCRV, 2002. –<br />

39 S.<br />

NHK Broadcasting Studies: an international<br />

annual of broadcasting science. – Tokyo: NHK<br />

Broadcasting Culture Research Institute, 2002.<br />

– 154 S.<br />

Wirtschaftsplan 2002/Radio Bremen, RB<br />

(Hrsg.). – Bremen: RB, 2002. – getr. S.<br />

ZDF Jahrbuch 01/Zweites Deutsches Fernsehen<br />

(Hrsg.). – Mainz: ZDF, 2002. – 402 S.<br />

21 <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong> und<br />

-forschung<br />

Applications of computer content analysis/<br />

West, Mark D. (Hrsg.). – Westport: Ablex<br />

Publ., 2001. – 195 S. (Progress in communication<br />

sciences; 17)<br />

Bühl, Achim; Zöfel, Peter: SPSS 11: Einführung<br />

in die moderne Datenanalyse unter Windows. –<br />

München: Addison-Wesley, 2000. – 757 S.<br />

Feministische <strong>Kommunikations</strong>- und <strong>Medien</strong><strong>wissenschaft</strong>:<br />

Ansätze, Befunde und Perspektiven<br />

der aktuellen Entwicklung/Dorer, Johanna;<br />

Geiger, Brigitte (Hrsg.). – Wiesbaden:<br />

Westdeutscher Verl., 2002. – 378 S.<br />

A Handbook of media and communication research:<br />

Qualitative and quantitative methodo-


logies/Jensen, Klaus Bruhn (Hrsg.). – London:<br />

Routledge, 2002. – 332 S.<br />

Keyton, Joann: Communication research: asking<br />

questions, finding answers. – London:<br />

Mayfield Publ., 2001. – 408 S.<br />

Schnell, James A.: Qualitative method interpretations<br />

in communication studies. – Lanham:<br />

Lexigton Books, 2001. – 174 S.<br />

Systemtheorie und Konstruktivismus in der<br />

<strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong>/Scholl, Armin<br />

(Hrsg.). – Konstanz: UVK, 2002. – 336 S.<br />

Theory, method, and practice in computer content<br />

analysis/West, Mark D. (Hrsg.). – Westport:<br />

Ablex. Publ., 2001. – 189 S. (Progress in<br />

communication sciences; 16)<br />

22 Journalismus. <strong>Medien</strong>berufe<br />

Bloom-Schinnerl, Margarete: Der gebaute Beitrag:<br />

ein Leitfaden für Radiojournalisten. –<br />

Konstanz: UVK, 2002. – 221 S. (Praktischer<br />

Journalismus; 45)<br />

Burns, Lynette Sheridan: Understanding journalism.<br />

– London: Sage, 2002. – 186 S.<br />

Eckoldt, Matthias; Hofmann, Stefanie; Pörksen,<br />

Bernhard: Schreiben lehren und Schreiben<br />

lernen an der Universität. – Greifswald: Universität,<br />

2002. – 37 S.<br />

Hafez, Kai: Die Politische Dimension der Auslandsberichterstattung<br />

Bd 1; Theoretische<br />

Grundlagen. – Baden-Baden: Nomos, 2002. –<br />

211 S.<br />

Hofert, Svenja: Berufe mit Zukunft – Internet-<br />

Jobs; Karriere mit Internet und Multimedia. –<br />

Frankfurt: Eichborn, 2001. – 182 S.<br />

Kepplinger, Hans Mathias: Die Kunst der<br />

Skandalierung und die Illusion der Wahrheit. –<br />

München: Olzog, 2001. – 174 S.<br />

<strong>Medien</strong>qualifikation für Kulturberufe II: ein<br />

Wegweiser für die Aus- und Weiterbildung/<br />

Keuchel, Susanne; Wiesand, Andreas Johannes<br />

(Hrsg.). – Bonn: ARCult-Media, 2002. – 397 S.<br />

(<strong>Medien</strong>kultur; 6)<br />

Meier, Klaus: Ressort, Sparte, Team: Wahrnehmungsstrukturen<br />

und Redaktionsorganisation<br />

im Zeitungsjournalismus. – Konstanz: UVK,<br />

2002. – 493 S. (Forschungsfeld Kommunikation;<br />

14)<br />

Neuberger, Christoph: Journalistikstudium<br />

und Arbeitsmarkt: Erfahrungen und Urteile<br />

der Eichstätter Journalistik-Absolventen. –<br />

Literaturverzeichnis<br />

Eichstätt: Katholische Universität, 2002. – 60 S.<br />

(Eichstätter Materialien zur Journalistik; 16)<br />

Pelizäus-Hoffmeister, Helga: Mobilität: Chance<br />

oder Risiko?: Soziale Netzwerke unter den<br />

Bedingungen räumlicher Mobilität – das Beispiel<br />

freie JournalistInnen. – Opladen: Leske &<br />

Budrich, 2001. – 177 S. (Forschung Soziologie;<br />

149)<br />

Political journalism: new challenges, new practices/Kuhn,<br />

Raymond; Neveu, Erik (Hrsg.). –<br />

London: Routledge, 2002. – 249 S.<br />

Rehberg, Frank; Stöger, Ursula; Sträter, Detlev:<br />

Frauen in der <strong>Medien</strong>wirtschaft: Chancen und<br />

Hemmnisse für Frauenerwerbstätigkeit in einer<br />

prosperierenden Zukunftsbranche. – München:<br />

Fischer, 2002. – [282] S. (BLM-Schriftenreihe;<br />

69)<br />

Wheeler, Thomas H.: Phototruth or photofiction?:<br />

ethics and media imagery in the digital<br />

age. – London: LEA, 2002. – 218 S.<br />

23 Publizistische Persönlichkeiten<br />

Gerbner, George: Against the mainstreem: the<br />

selected works of George Gerbner/Morgan,<br />

Michael (Hrsg.). – New York: Lang, 2002. –<br />

515 S. (Media & culture; 1)<br />

31 Kommunikation<br />

Berger, Arthur Asa: The mass comm murders:<br />

five media theorists self-destruct. – Lanham:<br />

Rowman & Littlefield, 2002. – 146 S.<br />

Hoffmann, Claus: Das Intranet: ein Medium<br />

der Mitarbeiterkommunikation. – Konstanz:<br />

UVK, 2001. – 329 S. (<strong>Medien</strong> und Märkte;<br />

9)<br />

Wireless world: social and international aspects<br />

of the mobile age/Brown, Barry; Green, Nicola;<br />

Harper, Richard (Hrsg.). – London: Springer,<br />

2002. – 229 S.<br />

33 Lokalkommunikation. Bundesländer<br />

BLM-Symposion <strong>Medien</strong>recht 2001; Zwischen<br />

Intendantenbefugnis und Zensurverbot: Jugendschutz<br />

in privaten Rundfunkangeboten in<br />

Bayern. – München: Fischer, 2002. – 144 S.<br />

(BLM-Schriftenreihe; 71)<br />

Lange, Bernd-Peter: Expertise zum Umstieg<br />

vom analogen zum digitalen Fernsehen: die<br />

Rolle Nordrhein-Westfalens. – Düsseldorf,<br />

625


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

2002. – 90 S. (LfR-Dokumentation; 22)<br />

<strong>Medien</strong>pädagogischer Atlas Niedersachsen. –<br />

Berlin: Vistas, 2002. – 349 S. (Schriftenreihe der<br />

NLM; 14)<br />

<strong>Medien</strong>wirtschaft Schleswig-Holstein; Dokumentation<br />

der ULR-<strong>Medien</strong>werft am 26. November<br />

2001/Unabhängige Landesanstalt für<br />

das Rundfunkwesen (ULR) (Hrsg.). – Kiel:<br />

ULR, 2002. – 74 S.<br />

41 Massenkommunikation Politik<br />

Donges, Patrick: Rundfunkpolitik zwischen<br />

Sollen, Wollen und Können: eine theoretische<br />

und komparative Analyse der politischen<br />

Steuerung des Rundfunks. – Wiesbaden:<br />

Westdt. Verl., 2002. – 309 S.<br />

Plake, Klaus; Jansen, Daniel; Schuhmacher,<br />

Birgit: Öffentlichkeit und Gegenöffentlichkeit<br />

im Internet: Politische Potentiale der <strong>Medien</strong>entwicklung.<br />

– Wiesbaden: Westdt. Verl., 2001.<br />

– 199 S.<br />

Politische Akteure in der <strong>Medien</strong>demokratie:<br />

Politiker in den Fesseln der <strong>Medien</strong>?/Schatz,<br />

Heribert; Rössler, Patrick: Nieland, Jörg-Uwe<br />

(Hrsg.). – Wiesbaden: Westdt. Verl., 2002. –<br />

375 S.<br />

42 Massenkommunikation Gesellschaft<br />

Curran, James: Media and power. – London:<br />

Routledge, 2002. – 308 S.<br />

43 Massenkommunikation Kultur<br />

Fahlenbrach, Kathrin: Protest – Inszenierungen:<br />

Visuelle Kommunikation und kollektive<br />

Identitäten in Protestbewegungen. – Wiesbaden:<br />

Westdt. Verl., 2002. – 271 S.<br />

Gutenbergs Folgen: von der ersten <strong>Medien</strong>revolution<br />

zur Wissensgesellschaft. – Baden-Baden:<br />

Nomos, 2002. – 316 S.<br />

Handbuch der Kulturpreise 4: Preise, Ehrungen,<br />

Stipendien und individuelle Projektförderungen<br />

für Künstler, Publizisten und Kulturvermittler<br />

in Deutschland und Europa (1995-<br />

2000)/Wiesand, Andreas Johannes (Hrsg.). –<br />

Bonn: ARCult-Media, 2001. – 1606 S.<br />

Medialität und Gedächtnis: Interdisziplinäre<br />

Beiträge zur kulturellen Verarbeitung europäischer<br />

Krisen/Borso, Vittoria; Krumeich, Gerd;<br />

Witte, Bernd (Hrsg.). – Stuttgart: Metzler,<br />

626<br />

2001. – 291 S.<br />

Privatheit im öffentlichen Raum: <strong>Medien</strong>handeln<br />

zwischen Individualisierung und Entgrenzung/Weiß,<br />

Ralph; Groebel, Jo (Hrsg.). – Opladen:<br />

Leske + Budrich, 2002. – 628 S. (Schriftenreihe<br />

<strong>Medien</strong>forschung der LfR; 43)<br />

51 Telekommunikation. Informationsgesellschaft<br />

Alkas, Hasan: Die Neue Investitionstheorie der<br />

Realoptionen und ihrer Auswirkungen auf die<br />

Regulierung im Telekommunikationssektor. –<br />

Bad Honnef: WIK, 2002. – 84 S. (Diskussionsbeiträge;<br />

234)<br />

Anwenderfreundliche <strong>Kommunikations</strong>systeme/Reichwald,<br />

Ralf (Hrsg.); Plang, Manfred. –<br />

Heidelberg: Hüthig, 2000. – 376 S.<br />

Internet@Future: Technik, Anwendungen und<br />

Dienste der Zukunft/Kubicek, Herbert;<br />

Klumpp, Dieter; Roßnagel, Alexander (Hrsg.).<br />

– Heidelberg: Hüthig, 2001. – 537 S. (Jahrbuch<br />

Telekommunikation und Gesellschaft; 2001)<br />

Kiesewetter, Wolfgang: Mobile Virtual Network<br />

Operators – Ökonomische Perspektiven<br />

und regulatorische Probleme. – Bad Honnef:<br />

WIK, 2002. – 62 S. (Diskussionsbeiträge; 233)<br />

Monitoring Informationswirtschaft: 3. Faktenbericht<br />

2001: eine Sekundärstudie von NFO<br />

Infratest. – München: NFO Infratest, 2001. –<br />

getr. S.<br />

Neumann, Karl-Heinz: Resale im deutschen<br />

Festnetzmarkt. – Bad Honnef: WIK, 2002. – 50<br />

S. (Diskussionsbeiträge; 235)<br />

Neumann, Karl-Heinz: Volkswirtschaftliche<br />

Bedeutung von Resale. – Bad Honnef: WIK,<br />

2002. –72 S. (Diskussionsbeiträge; 230)<br />

52 neue Technologien. Multimedia<br />

The digital divide: facing a crisis or creating a<br />

myth/Compaine, Benjamin M. (Hrsg.). – Cambridge:<br />

MIT Pr., 2001. – 357 S.<br />

E-trends: making sense of the electronic communication<br />

revolution/Beck, Barbara (Hrsg.).<br />

– London: Economist, 2001. – 402 S.<br />

Das Fernsehen geht neue Wege. – o.O.: Westdeutsche<br />

Landesbank, 2001. – 21 S.<br />

Das Jahrbuch der Interaktiven <strong>Medien</strong> 2002;<br />

Agenturen, Dienstleister und Produzenten. –<br />

München: HighText Verl., 2002. – 1098 S.


Knauth, Michael: Zugang zu Internet und Digitalem<br />

Fernsehen: Technische Grundlagen,<br />

Wettbewerbsstrategien und Regulierungsansätze.<br />

– Wiesbaden: DUV, 2001. – 194 S.<br />

Kroh, Michael: Marktchancen von Internet-<br />

Radioanbietern. – Köln: IRÖ, 2002. – 109 S.<br />

(Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie<br />

an der Universität zu Köln; 154)<br />

Lenhard, Erik: Die Regulierung des Mobilfunks<br />

dritter Generation: Ökonomische Analyse<br />

und Optimierung. – Wiesbaden: DUV,<br />

2002. – 229 S.<br />

Messmer, Siegbert: Digitales Fernsehen in<br />

Deutschland: eine industrieoekonomische<br />

Analyse des wirtschaftspolitischen Handlungsbedarfs.<br />

– Frankfurt: Lang, 2002. – 352 S.<br />

Older adults, health information, and the world<br />

wide web/Morrell, Roger W. (Hrsg.). – London:<br />

LEA, 2002. – 219 S.<br />

Perpetual contact: mobile communication, private<br />

talk, public performance/Katz, James E.;<br />

Aakhus, Mark (Hrsg.). – Cambridge: Cambridge<br />

Univ. Pr., 2002. – 391 S.<br />

Rinke, Claudia: Zugangsprobleme des digitalen<br />

Fernsehens. – Berlin: Duncker & Humblot,<br />

2002 (Schriften zu <strong>Kommunikations</strong>fragen; 33)<br />

Smit, Hilke: Auswirkungen des e-Commerce<br />

auf den Postmarkt. – Bad Honnef: WIK, 2002.<br />

– 90 S. (Diskussionsbeiträge; 237)<br />

Stritzl, Peter: Der Deutsche TV-Kabelmarkt:<br />

Spiele ums Netz; Dynamik und Strategien. –<br />

Berlin: Springer, 2002. – 197 S.<br />

61 internationale Kommunikation<br />

Becker, Jörg: Beitrag der <strong>Medien</strong> zur Krisenprävention<br />

und Konfliktbearbeitung: eine Analyse<br />

der internationalen Diskussion und Implementierungsmöglichkeiten<br />

mit Empfehlungen<br />

für die Technische Zusammenarbeit. – Darmstadt:<br />

GTZ, 2002. – 70 S. (GTZ Arbeitspapier;<br />

1/02)<br />

Global media policy in the new millennium/<br />

Raboy, Marc (Hrsg.). – Luton: Univ. of Luton<br />

Pr., 2001. – 282 S.<br />

Media and globalization: why the state matters/Morris,<br />

Nancy; Waisbord, Silvio (Hrsg.). –<br />

Lanham: Rowman & Littlefield, 2001. – 197 S.<br />

71 Massenmedien, allgemein<br />

Literaturverzeichnis<br />

Braun, Achim; Fischer, Anne: Under Attack;<br />

der 11. September und die Folgen in der Berichterstattung<br />

der <strong>Medien</strong>: eine Dokumentation.<br />

– Marl: Adolf Grimme Inst., 2001. – 37 S.<br />

Choi, Kyung-Jin: <strong>Medien</strong>-Selbstberichterstattung<br />

als <strong>Medien</strong>journalismus: Selbstreferentielle<br />

Themen der <strong>Medien</strong>seiten in überregionalen<br />

Tages- und Wochenzeitungen. – Münster: Lit<br />

Verl., 1999. – 199 S. (Beiträge zur <strong>Kommunikations</strong>theorie;<br />

17)<br />

Hafez, Kai: Die Politische Dimension der Auslandsberichterstattung<br />

Bd 2; das Nahost- und<br />

Islambild der deutschen überrregionalen Presse.<br />

– Baden-Baden: Nomos, 2002. – 400 S. (Materialien<br />

zur interdisziplinären <strong>Medien</strong>forschung;<br />

41)<br />

Mass media and drug prevention: classic and<br />

contemporary theories and research/Crano,<br />

William D.; Burgoon, Michael (Hrsg.). – London:<br />

Erlbaum, 2002. – 303 S.<br />

The Media: an introduction/Briggs, Adam; Cobley,<br />

Paul (Hrsg.). – New York: Longmann,<br />

2002. – 449 S.<br />

Media History: Theories, Methods, Analysis/Brügger,<br />

Niels; Kolstrup, Sören (Hrsg.). –<br />

Aarhus: Aarhus Univ., Press, 2002. – 196 S.<br />

Rajewsky, Irina O.: Intermedialität. – Tübingen:<br />

Francke, 2002. – 216 S.<br />

Sport und Sportrezeption/Roters, Gunnar;<br />

Klingler, Walter; Gerhards, Maria (Hrsg.). –<br />

Baden-Baden: Nomos, 2001. – 215 S. (Schriftenreihe<br />

Forum <strong>Medien</strong>rezeption; 5)<br />

Zöllner, Oliver: „Sagt die Warheit: die bringen<br />

uns um!“; zur Rolle der <strong>Medien</strong> in Krisen und<br />

Kriegen. – Berlin: Vistas, 2001. – 157 S. (DW-<br />

Schriftenreihe; 3)<br />

72 <strong>Medien</strong> Bildung<br />

<strong>Medien</strong>kompetenz: Voraussetzungen, Dimensionen,<br />

Funktionen/Groeben, Norbert; Hurrelmann,<br />

Bettina (Hrsg.). – Weinheim: Juventa,<br />

2002. – 318 S.<br />

<strong>Medien</strong>kompetenz zwischen Bildung, Markt<br />

und Technik: 5. Buckower <strong>Medien</strong>gespräche/<br />

Felsmann, Klaus-Dieter (Hrsg.). – München:<br />

kopaed, 2002. – 160 S. (Buckower <strong>Medien</strong>gespräche;<br />

5)<br />

627


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

73 <strong>Medien</strong> Ökonomie<br />

Bauder, Marc: Der deutsche Free-TV-Markt:<br />

Chancen für neue Anbieter?. – Köln: IRÖ,<br />

2002. – 119 S. (Arbeitspapiere des Instituts für<br />

Rundfunkökonomie an der Universität zu<br />

Köln; 153)<br />

Der deutsche VHS- und DVD-Markt 2001/<br />

2002. – Hamburg: BVV-Bundesverband audiovisuelle<br />

<strong>Medien</strong> e.V., 2002. – 22 S. (BVV-Business-Report;<br />

2001/2002)<br />

Doyle, Gillian: Media ownership: the economics<br />

and politics of convergence and concentration<br />

in the UK and European media. – London:<br />

Sage, 2002. – 192 S.<br />

KEF-Bericht 13/Kommission zur Ermittlung<br />

des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten,<br />

KEF (Hrsg.). – Mainz: KEF Geschäftstselle,<br />

2002. – 225 S.<br />

Kiesewetter, Wolfgang; Nett, Lorenz; Stumpf,<br />

Ulrich: Regulierung und Wettbewerb auf europäischen<br />

Mobilfunkmärkten. – Bad Honnef:<br />

WIK, 2002. – 36 S. (Diskussionsbeiträge; 236)<br />

Krätke, Stefan: <strong>Medien</strong>stadt: Urbane Cluster<br />

und globale Zentren der Kulturprouktion. –<br />

Opladen: Leske + Budrich, 2002. – 267 S.<br />

<strong>Medien</strong>management – Grundlagen und Fallstudien:<br />

Ergebnisse eines Projektseminars/Rosenberger,<br />

Bernhard (Hrsg.); Meinzolt, Artur;<br />

Dangel, Joachim. – Eichstätt: Katholische Universität,<br />

2001. – 64 S. (Eichstätter Materialien<br />

zur Journalistik; 15)<br />

Schumann, Matthias; Hess, Thomas: Grundfragen<br />

der <strong>Medien</strong>wirtschaft. – Berlin: Springer,<br />

2002. – 273 S.<br />

Smit, Hilke: Reform des UPU-Endvergütungssystems<br />

in sich wandelnden Postmärkten. –<br />

Bad Honnef: WIK, 2002. – 98 S. (Diskussionsbeiträge;<br />

238)<br />

Usadel, Jan: Target costing für TV-Produktionsunternehmen.<br />

– Köln: IRÖ, 2002. – 70 S.<br />

(Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie<br />

an der Universität zu Köln; 155)<br />

74 <strong>Medien</strong> Recht<br />

Baur, Jürgen F.; Henk-Merten, Katrin: Kartellbehördliche<br />

Preisaufsicht über den Netzzugang.<br />

– Baden-Baden: Nomos, 2002. – 107 S.<br />

Bornemann, Roland: Ordnungswidrigkeiten in<br />

Rundfunk und <strong>Medien</strong>diensten: ein Handbuch<br />

für die Praxis. – Heidelberg: Verl. Recht und<br />

628<br />

Wirtschaft, 2001. – 221 S. (Schriftenreihe Kommunikation<br />

& Recht; 6)<br />

Brand, Torsten: Rundfunk im Sinne des Artikel<br />

5 Abs. 1 Satz 2 GG: eine Analyse der Reichweite<br />

des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs<br />

unter besonderer Berücksichtigung neuerer<br />

medialer Angebotsformen. – Berlin:<br />

Duncker & Humdlot, 2002. – 332 S. (Schriften<br />

zu <strong>Kommunikations</strong>fragen; 32)<br />

Breith, Christopher: Die Fernsehschutzliste:<br />

Übertragungen von Großereignissen nach § 5a<br />

RfStV. – Frankfurt: Lang, 2002. – 178 S.<br />

Dargel, Christian: Die Rundfunkgebühr: Verfassungs-,<br />

finanz- und europarechtliche Probleme<br />

ihrer Erhebung und Verwendung. –<br />

Frankfurt: Lang, 2002. – 333 S.<br />

Dittmann, Armin: Analoger Switch-off ohne<br />

Gesetz?: Rechtsstaatliche Voraussetzungen der<br />

Einführung digitalen terrestrischen Fernsehens<br />

(DVB-T); Rechtsgutachten erstattet im Auftrag<br />

von ARD und ZDF. – Baden-Baden: Nomos,<br />

2002. – 76 S. (Beiträge zum Rundfunkrecht; 50)<br />

Eifert, Martin; Stapel-Schulz, Claudia; Schreiber,<br />

Lutz: Media@Komm; Die Startphase der<br />

Preisträgerkonzepte: erste Einschätzungen,<br />

Handlungsbedarfe und offene Fragen. – Berlin:<br />

Deutsches Institut für Urbanistik, 2000. – 55 S.<br />

(Media@Komm Arbeitspapiere aus der Begleitforschung;<br />

3/00)<br />

Ethik als Schranke der Programmfreiheit im<br />

<strong>Medien</strong>recht: eine Festschrift für Günter Herrmann<br />

zum 70. Geburtstag/Rehbinder, Manfred<br />

(Hrsg.). – Baden-Baden: Nomos, 2002. – 219 S.<br />

(UFITA; 197)<br />

Geppert, Martin; Ruhle, Erst-Olaf; Schuster,<br />

Fabian: Handbuch Recht und Praxis der Telekommunikation:<br />

EU, Deutschland, Österreich,<br />

Schweiz. – Baden-Baden: Nomos, 2002.<br />

– 1023 S.<br />

Gola, Peter; Müthlein, Thomas:TDG,<br />

TDDSG: Teledienstegesetze, Teledienstedatenschutzgesetze;<br />

Kommentierung für die Praxis.<br />

– Frechen: Datakontext Fachverl., 2000. –<br />

293 S.<br />

Greiner, Arved: Die Verhinderung verbotener<br />

Internetinhalte im Wege polizeilicher Gefahrenabwehr.<br />

– Hamburg: Kovac, 2001 (Recht<br />

der neuen <strong>Medien</strong>; 3)<br />

Holznagel, Bernd: Die Erhebung von Marktdaten<br />

im Wege des Auskunftsersuchens nach<br />

dem TKG: Befugnisse der Regulierungsbehör-


de für Telekommunikation und Post. – München:<br />

Beck, 2001. – 111 S. (Information und<br />

Recht; 15)<br />

Holzporz, Stefan: Der Rechtliche Schutz des<br />

Fernsehshowkonzepts. – Münster: Lit, 2002. –<br />

184 S. (Juristische Schriftenreihe; 180)<br />

Kameras statt Gerichtszeichner: die Rechtslage<br />

nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts;<br />

2. LfR-Kolloquium <strong>Medien</strong>recht,<br />

März 2001. – Berlin: Vistas, 2001. – 34 S. (LfR-<br />

Dokumentation; 16)<br />

Korte, Benjamin: Das Recht auf Gegendarstellung<br />

im Wandel der <strong>Medien</strong>. – Baden-Baden:<br />

Nomos, 2002. – 259 S. (Materialien zur interdisziplinären<br />

<strong>Medien</strong>forschung; 41)<br />

Krüger, Roland; Weghaus, Berthold: Media@Komm;<br />

E-Government: grundlegende<br />

Aufgaben der Kommunen aus sicherheitstechnischer<br />

Sicht. – Berlin: Deutsches Institut für<br />

Urbanistik, 2001. – 37 S. plus Anhang (Media@Komm<br />

Arbeitspapiere aus der Begleitforschung;<br />

5/01)<br />

Laukemann, Mark: Fernsehwerbung im Programm:<br />

die zunehmende Kommerzialisierung<br />

des Fernsehprogramms im Zeitalter einer Ökonomisierung<br />

der Aufmerksamkeit als verfassungs-,<br />

wettbewerbs- und rundfunkrechtliches<br />

Problem. – Frankfurt: Lang, 2002. – 377 S.<br />

Media@Komm; Ausgangssituation, Rahmenbedingungen<br />

und Hintergründe für die Umsetzung<br />

der Media@Komm-Projekte. – Berlin:<br />

Deutsches Institut für Urbanistik, 2000. – 112<br />

S. (Media@Komm Arbeitspapiere aus der Begleitforschung;<br />

2/00)<br />

Media@Komm; rechtliche Rahmenbedingungen<br />

für das virtuelle Rathaus: Anpassung der<br />

Formvorschriften am Beispiel der Bremischen<br />

Landesbauordnung und Bauvorlagenverordnung.<br />

– Berlin: Deutsches Institut für Urbanistik,<br />

2001. – 45 S. (Media@Komm Arbeitspapiere<br />

aus der Begleitforschung; 4/01)<br />

Olbertz, Klaus: Fernsehöffentlichkeit von Gerichtsverfahren<br />

unter verfassungsrechtlichen<br />

Gesichtspunkten: zur Frage der Verfassungsmäßigkeit<br />

des §169 S. 2 GVG. – Frankfurt:<br />

Lang, 2002. – 140 S.<br />

Popp, Martin: Die strafrechtliche Verantwortung<br />

von Internet-Providern. – Berlin:<br />

Duncker & Humblot, 2002. – 236 S.<br />

Schulz, Wolfgang; Jürgens, Uwe: Die Regulierung<br />

von Inhaltediensten in Zeiten der Konver-<br />

Literaturverzeichnis<br />

genz: rundfunkrechtliche Überlegungen zu einer<br />

dienstespezifisch diversifizierten Ausgestaltung<br />

der Sicherung von Vielfalt, Zugangschancengerechtigkeit<br />

und Publizistik. – Berlin:<br />

Vistas, 2002. – 184 S. (Schriftenreihe der Landesmedienanstalten;<br />

23)<br />

Siebert, Sabine: Die Auslegung der Wahrnehmungsverträge<br />

unter Berücksichtigung der digitalen<br />

Technik: Erläutert am Beispiel der<br />

GEMA, GVL, VG WORT und VG BILD<br />

KUNST. – München: Beck, 2002. – 162 S.<br />

(Schriftenreihe des Instituts für Rundfunkrecht<br />

an der Universität zu Köln; 82)<br />

Siegfried, Christine: Media@Komm; Beschreibung<br />

der Preisträgerkonzepte: Kurzdarstellung<br />

und Vergleich. – Berlin: Deutsches Institut für<br />

Urbanistik, 2000. – 45 S. (Media@Komm<br />

Arbeitspapiere aus der Begleitforschung;<br />

1/00)<br />

Stapel-Schulz, Claudia; Eifert, Martin; Siegfried,<br />

Christine: Media@Komm; Organisations-<br />

und Kooperationstypen kommunaler Internetauftritte.<br />

– Berlin: Deutsches Institut für<br />

Urbanistik, 2002. – 35 S. (Media@Komm Arbeitspapiere<br />

aus der Begleitforschung; 6/02)<br />

Steuerung medienvermittelter Kommunikation:<br />

Theorie, Praxis, Perspektiven/Rossen-<br />

Stadtfeld, Helge; Wieland, Joachim (Hrsg.). –<br />

<strong>Medien</strong> Recht: Nomos, 2001. – 134 S.<br />

Tätigkeitsbericht (18.) des Hamburgischen Datenschutzbeauftragten:<br />

zugleich Tätigkeitsbericht<br />

der Aufsichtsbehörde für den nicht-öffentlichen<br />

Bereich 2000/2001. – Hamburg: Datenschutzbeauftragter,<br />

2002. – 230 S.<br />

Telekommunikationsgesetz (TKG): Kommentar/Scheurle,<br />

Klaus-Dieter; Mayen, Thomas<br />

(Hrsg.). – München: Beck, 2002. – 1429 S.<br />

Wernicke, Nina: Rechtsschutz bei grenzüberschreitenden<br />

Verletzungen des Privatlebens<br />

durch die Presse in Frankreich: ein Vergleich<br />

mit deutschem Recht. – Frankfurt: Lang, 2002.<br />

– 279 S.<br />

75 Rundfunk<br />

Feldmann, Valerie: Markenstrategien von TV-<br />

Sendern dargestellt an ausgewählten Beispielen.<br />

– Berlin: Verlag für Wirtschaftskommunikation,<br />

2001. – 144 S.<br />

Der öffentliche Rundfunk im Netzwerk von<br />

Politik, Wirtschaft und Gesellschaft: eine komparative<br />

Studie zu Möglichkeiten der Absiche-<br />

629


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

rung des Public Service. – Baden-Baden: Nomos,<br />

2001. – 217 S.<br />

Das Private in der öffentlichen Kommunikation:<br />

Big Brother und die Folgen/Schweer, Martin;<br />

Schicha, Christian (Hrsg.). – Köln: Halem,<br />

2002. – 446 S. (Fiktion und Fiktionalisierung; 5)<br />

Schiller, Dietmar: Brennpunkt Plenum: die<br />

Präsentation von Parlamenten im Fernsehen;<br />

Britisches House of Commons und Deutscher<br />

Bundestag im Vergleich. – Wiesbaden: Westdt.<br />

Verl., 2002. – 482 S.<br />

Schmid, Josef: Ein Geschenk wird zerpflückt:<br />

zur Teilung des NWDR in WDR und NDR. –<br />

Hamburg: Verl. Hanse. Merkur, 2002 (Hamburger<br />

Wirtschafts-Chronik; 3)<br />

Zukunftsmusik für Kulturwellen: Neue Perspektiven<br />

der Kulturvermittlung/Blaes, Ruth;<br />

Richter, Arnd; Schmidt, Michael (Hrsg.). –<br />

Berlin: Vistas, 2002. – 207 S.<br />

76 Werbung<br />

Gerken, Gerd: Cyber-Manipulation: der Tod<br />

der Werbung im Internet. – Düsseldorf: Metropolitan<br />

Verl., 2001. – 382 S.<br />

Heinrich, Jürgen; Pätzold, Ulrich; Röper,<br />

Horst: Werbepotentiale für die privaten elektronischen<br />

<strong>Medien</strong> in Nordrhein-Westfalen. –<br />

Opladen: Leske + Budrich, 2002. – 255 S.<br />

(Schriftenreihe <strong>Medien</strong>forschung der LfR; 42)<br />

Recency Planning und Selektivseher: die Doppelstrategie<br />

zur Wirkungsoptimierung in der<br />

TV-Planung/ZDF Werbefernsehen (Hrsg.),<br />

2002. – 24 S.<br />

Schäfer, Stephan: Das professionelle 1x1: Event-<br />

Marketing. – Berlin: Cornelsen, 2002. – 189 S.<br />

81 Publikum. <strong>Medien</strong>nutzung<br />

Alles easy – Super prima?: wie viel Fernsehen<br />

braucht der Mensch?; Dokumentation des 16.<br />

Hessischen Gesprächsforums <strong>Medien</strong> der LPR<br />

Hessen am 7. November 2001 in Frankfurt am<br />

Main. – München: KoPäd, 2002. – 89 S.<br />

Das Image von Fernsehsendern 2000. – Unterföhring:<br />

MediaGruppe München, 2002. – 26 S.<br />

McDevitt, Michael; Chaffee, Steven H.: The<br />

Family in a sequence of political activation:<br />

why civic Interventions can succeed. – Columbia:<br />

AEJMC, 2002. – 42 S. (Journalism Communication<br />

monographs; 02/1)<br />

630<br />

82 Rezeptionsforschung<br />

a/effektive Kommunikation: Unterhaltung und<br />

Werbung/Schmidt, Siegfried J.; Westerbarkey,<br />

Joachim; Zurstiege, Guido (Hrsg.). – Münster:<br />

Lit, 2001. – 284 S. (Beiträge zur <strong>Kommunikations</strong>theorie;<br />

19)<br />

Firmstone, July: Discerning eyes: viewers on<br />

violence. – Luton: Univ. of Luton Pr., 2002. –<br />

104 S.<br />

Lipschultz, Jeremy Harris; Hilt, Michael L.:<br />

Crime and local television news: dramatic, breaking<br />

and live from the scene. – Mahwah: Erlbaum,<br />

2002. – 173 S.<br />

Media effects: advances in theory and research<br />

/ Bryant, Jennings; Zillmann, Dolf (Hrsg.). –<br />

Hillsdale: Erlbaum, 2002. – 634 S.<br />

Schenk, Michael: <strong>Medien</strong>wirkungsforschung. –<br />

Tübingen: Mohr Siebeck, 2002. – 752 S.<br />

83 Kinder Jugendliche <strong>Medien</strong><br />

Feilitzen, Cecilia von; Bucht, Catharina: Outlooks<br />

on children and media; children and media<br />

violence: Yearbook 2001. – Göteborg: Nordicom,<br />

2001. – 177 S.<br />

Jugendschutzbericht 2000/2001 der Landesmedienanstalten:<br />

Bestandsaufnahme und Perspektiven.<br />

– Berlin: Vistas, 2002. – 203 S. (Schriftenreihe<br />

der Landesmedienanstalten; 25)<br />

Sander, Ekkehard: Common Culture und neues<br />

Generationsverhältnis: die <strong>Medien</strong>erfahrungen<br />

jüngerer Jugendlicher und ihrer Eltern im<br />

empirischen Vergleich. – Opladen: Verlag Dt.<br />

Jugendinstitut, 2001. – 296 S. (<strong>Medien</strong>erfahrung<br />

von Jugendlichen; 3)<br />

91 Literatur zu einzelnen Ländern<br />

Cheung, Anne S. Y.: One step forward two<br />

steps back: a Study of Press law in Post-Colonial<br />

Hong Kong. – Columbia: AEJMC, 2002. –<br />

226 S. (Journalism communication monographs;<br />

02/4)<br />

Haaß, Mareike: Rundfunk in Schweden: Historie<br />

und Gegenwart – <strong>Medien</strong>politik und Anbieterstruktur.<br />

– Hamburg: Lit, 2002. – 404 S.<br />

(<strong>Medien</strong> und Politik; 19)<br />

Holzweißig, Gunter: Die schärfste Waffe der<br />

Partei: eine <strong>Medien</strong>geschichte der DDR. –<br />

Köln: Böhlau, 2002. – 295 S.<br />

Lacey, Nick: Media institutions and audiences:


key concepts in media studies. – Basingstoke:<br />

Palgrave, 2002. – 235 S.<br />

McKee, Alan: Australian television: a genealogy<br />

of great moments. – Melbourne: Oxford<br />

Univ. Press, 2001. – 361 S.<br />

Media in China: Consumption, content and<br />

crisis/Hemelryk Donald, Stephanie; Keane,<br />

Michael; Hong, Yin (Hrsg.). – Richmond: Curzon<br />

Pr., 2001. – 240 S.<br />

Media trends 2001 in Denmark, Finland, Iceland,<br />

Norway and Sweden: Statistics and Analyses/Carlsson,<br />

Ulla; Harrie, Eva (Hrsg.). –<br />

Göteborg: Nordicom, 2001. – 276 S. (Nordic<br />

Media Trends; 6)<br />

Napoli, Philip M.: Foundations of communication<br />

policy: principles and process in the regulation<br />

of electronic media. – Cresskill:<br />

Hampton Pr., 2001. – 344 S.<br />

Ohm, Britta: Ist dies eine Invasion?: Transnationale<br />

Sender und Nationales Fernsehen in Indien.<br />

– Hamburg: Lit, 2001. – 153 S. (Spektrum;<br />

78)<br />

Ollig, Stefan: Rahmenbedingungen und Entwicklungsmöglichkeiten<br />

ausländischer Fernsehprogrammanbieter<br />

in der VR China. – Köln:<br />

Literaturverzeichnis<br />

IRÖ, 2002. – 78 S. (Arbeitspapiere des Instituts<br />

für Rundfunkökonomie an der Universität zu<br />

Köln; 156)<br />

Das Schriftgut des DDR-Fernsehens: eine Bestandsübersicht/Salhoff,<br />

Sabine (Hrsg.). –<br />

Frankfurt: Stiftung Deutsches Rundfunkarchiv,<br />

2001. – 478 S.<br />

Stiehler, Hans-Jörg: Leben ohne Westfernsehen:<br />

Studien zur <strong>Medien</strong>entwicklung und <strong>Medien</strong>nutzung<br />

in der Region Dresden in den 80er<br />

Jahren. – Leipzig: Leipziger Univ.-Verl., 2001.<br />

– 126 S. (Media-Studien; 9)<br />

Tzankoff, Michaela: Der Transformationsprozess<br />

in Bulgarien und die Entwicklung der<br />

postsozialistischen <strong>Medien</strong>landschaft. – Hamburg:<br />

Lit, 2002. – 196 S.<br />

Vogelsang, Ingo: Theorie und Praxis des Resale-Prinzips<br />

in der amerikanischen Telekommunikationsregelung.<br />

– Bad Honnef: WIK,<br />

2002. – 50 S. (Diskussionsbeiträge; 231)<br />

Vozar, Jozef; Rittler, Robert: Das Recht der<br />

Rundfunkunternehmen in der Slowakei: Stand<br />

1.3.2002. – Wien: Bundesministerium für auswärtige<br />

Angelegenheiten, 2002. – 152 S. (Arge,<br />

Rundfunkrecht in den Reformstaaten)<br />

631


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

English Abstracts<br />

Helge Rossen-Stadtfeld: Perspectives of the dual broadcasting system under constitutional<br />

law (Verfassungsrechtliche Perspektiven des dualen Rundfunksystems),<br />

pp. 481 – 497<br />

The changing structures of communication in society are also influencing the<br />

development perspectives of the German dual broadcasting system. Two proposals<br />

for the reorganisation of the broadcasting system that are grounded in constitutional<br />

law respond to this fact. One of the proposals seeks to combine a deregulated commercial<br />

market broadcasting system with a public cultural broadcasting system. The<br />

other concept seeks to fundamentally dispense with broadcasting-specific regulation,<br />

yet at the same time specifically promote cultural diversity. Both approaches fail<br />

to satisfy the normative precepts that were developed in the legal decisions made<br />

by Germany’s Federal Constitutional Court in accordance with Art. 5, para. 1, p. 2<br />

of the Basic Law; they are unable to replace the model on which these precepts are<br />

based.<br />

Keywords: broadcasting law, dual system, broadcasting system, convergence, market<br />

broadcasting, cultural broadcasting<br />

Manuela Pietrass: Means of structuring as interpretive indications. A frame analysis<br />

look at infotainment in accordance with E. Goffman (Gestaltungsmittel als Interpretationshinweise.<br />

Eine rahmenanalytische Betrachtung des Infotainment nach<br />

E. Goffman), pp. 498 – 509<br />

Through the “frame analysis” Erving Goffman presents an interaction theory approach<br />

to the organisation of social reality and its experience. Frames represent scripted instructions,<br />

to which all persons involved in an interaction must comply in order to communicate<br />

in a common context of understanding. The recipience of media products can<br />

also be understood as a frame context of interaction. The media product contains interpretive<br />

indications of which frames respectively are applicable. How recipients understand<br />

is based on their correct comprehension. Frame indications are given by the respectively<br />

applied means and styles of structuring. The significance these factors assume<br />

for categorisation and understanding is outlined with reference to the example of infotainment.<br />

Keywords: Goffman, frame analysis, infotainment, means of structuring, reality and fiction,<br />

credibility, genre<br />

Mirko Marr: The end of commonalities? The effects of Internet use for the process<br />

of thematisation by the media (Das Ende der Gemeinsamkeiten? Folgen der Internetnutzung<br />

für den medialen Thematisierungsprozess), pp. 510 – 532<br />

The increase and progressive differentiation of media offerings is accompanied by the<br />

growing risk of a fragmented and individualised use of the media and a resultant impairment<br />

of the process of thematisation by the mass media. On the basis of an agendasetting<br />

design, the study conducted in Switzerland asks about the role of the Internet as<br />

a showpiece medium for the progressive differentiation of offerings and for individualised<br />

use in this process. It discovers clear differences between media and audience agen-<br />

632


das. At the same time, the use of the Internet as a cause of these agenda rifts can be ruled<br />

out on the basis of the data gathered.<br />

Keywords: disintegration, fragmentation, agenda-setting, media use, Internet use, online<br />

communication, media agenda, audience agenda<br />

Susanne Wolf / Helena Bilandzic: Chatting as a communication game (Chatten als<br />

<strong>Kommunikations</strong>spiel), pp. 633 – 550<br />

Working on the basis of Goffman’s frame concept, a game model of chatting is developed,<br />

which offers a more far-reaching explanation of the use of chatting. With the help<br />

of the model it can be shown why anonymity and non-commitment as the basic characteristics<br />

of chat communication do not lead to a complete disregard of the conventions<br />

of discussion and manners. The game model is based on the fundamental elements of<br />

conventional games and was concretised in an empirical study with a combination of observation<br />

and thinking out loud. The individual communications of the chatters are<br />

viewed as game plots. Controlling the presentation of one’s own identity and uncovering<br />

that of the other person can be perceived as a game-immanent goal. The aim is not<br />

so much the mere exposure of the partner in discussion, but rather an original and intellectually<br />

stimulating path to this goal – via the game plots – is decisive. Accordingly,<br />

the chatters develop game strategies in order to enhance their communication skills: activity,<br />

speed and originality make the player popular discussion partner. Those who fail<br />

to master these strategies or those who disregard the fundamental manners are ignored<br />

in the chat environment and excluded from the game – with the consequence that the enjoyment<br />

of the game is terminated.<br />

Keywords: chat, game, frame analysis, thinking out loud<br />

Olaf Schulte: “the next best thing to being there” – an overview of 25 years of videoconference<br />

research („the next best thing to being there“ – ein Überblick zu 25<br />

Jahren Videokonferenzforschung), pp. 551 – 570<br />

The videoconference has been the subject of (not only) communications research reflections<br />

for over 30 years. Up to now, however, no theory of audiovisual telecommunication<br />

has been elaborated that does justice to the characteristics of this independent<br />

form of communication. The article presented outlines the technological development<br />

and as well as research-based and theoretical study of videoconferencing during the past<br />

decades.<br />

Keywords: videoconference, state of research, social presence, telepresence<br />

633


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

Autorinnen und Autoren dieses Heftes<br />

Helena Bilandzic, M.A., Institut für <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong>, <strong>Kommunikations</strong>soziologie<br />

und -psychologie, Universität Erfurt, Nordhäuser Straße 63,<br />

99089 Erfurt, helena.bilandzic@uni-erfurt.de<br />

Prof. Dr. Joan Kristin Bleicher, Institut für Germanistik II, Universität Hamburg,<br />

Von-Melle-Park 6, 20146 Hamburg, fs5a097@rrz.uni-hamburg.de<br />

Roland Bornemann, Bayerische Landeszentrale für neue <strong>Medien</strong>, Heinrich-Lübke-<br />

Straße 27, 81737 München, Roland.Bornemann@BLM.de<br />

Jens Eder, M.A., Universität Hamburg, Institut für Germanistik II – <strong>Medien</strong>kultur,<br />

Von-Melle-Park 6, 20146 Hamburg, fs9a021@rrz.uni-hamburg.de<br />

Nina Hautzinger, M.A., IPMZ – Institut für Publizistik<strong>wissenschaft</strong> und <strong>Medien</strong>forschung,<br />

Universität Zürich, Kurvenstrasse 17, CH-8035 Zürich, n.hautzinger@ipmz.<br />

unizh.ch<br />

Prof. Dr. Klaus Hurrelmann, Fakultät für Gesundheits<strong>wissenschaft</strong>en, Universität<br />

Bielefeld, Postfach 100 131, 33501 Bielefeld, klaus.hurrelmann@uni-bielefeld.de<br />

HD Dr. Manfred Kammer, Sonderforschungsbereich 240, Universität-GH Siegen,<br />

57068 Siegen, kammer@sfb240.uni-siegen.de<br />

Mirko Marr, M.A., IPMZ – Institut für Publizistik<strong>wissenschaft</strong> und <strong>Medien</strong>forschung,<br />

Universität Zürich, Kurvenstrasse 17, CH-8035 Zürich, marr@ipmz.unizh.ch<br />

Prof. Dr. Michael Meyen, Institut für <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong> (ZW), LMU<br />

München, Oettingenstr. 67, 80538 München, meyen@ifkw.uni-muenchen.de<br />

PD Dr. Manuela Pietraß, Institut für Pädagogik der Universität München, Leopoldstraße<br />

13, 80802 München, ub23101@mail.lrz-muenchen.de<br />

Prof. Dr. Helge Rossen-Stadtfeld, Institut für Rechts<strong>wissenschaft</strong>, Universität<br />

der Bundeswehr München, 85577 Neubiberg, Helge.Rossen-Stadtfeld@unibw-muenchen.de<br />

Dr. Ekkehard Sander, Deutsches Jugendinstitut, Nockherstr. 2, 81541 München,<br />

sander@dji.de<br />

Olaf A. Schulte, M.A., DFG-Projekt „Audiovisuelle Fernkommunikation“,<br />

Universität Essen - R12 T03 E04, Universitätsstraße 12, 45117 Essen,<br />

Olaf.A.Schulte@uni-essen.de<br />

Prof. Dr. Gabriele Siegert, IPMZ – Institut für Publizistik<strong>wissenschaft</strong> und <strong>Medien</strong>forschung,<br />

Universität Zürich, Kurvenstrasse 17, CH-8035 Zürich,<br />

g.siegert@ipmz.unizh.ch<br />

Prof. Dr. Martin Stock, Universität Bielefeld, Fakultät für Rechts<strong>wissenschaft</strong>, Universitätsstr.<br />

25, 33615 Bielefeld, martin.stock@uni-bielefeld.de<br />

Prof. Dr. Thomas Vesting, Institut für Öffentliches Recht, Johann Wolfgang<br />

Goethe-Universität, Senckenberganlage 31-33, 60325 Frankfurt am Main,<br />

T.Vesting@jur.uni-frankfurt.de<br />

Carsten Winter, M.A., Institut für <strong>Medien</strong>- und <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong>, Universität<br />

Klagenfurt, Universitätsstraße 20, A-9022 Klagenfurt, carsten.winter@uniklu.ac.at<br />

Susanne Wolf, M.A., Institut für <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong> (ZW), LMU München,<br />

Oettingenstr. 67, 80538 München, wolf@ifkw.uni-muenchen.de<br />

634


Hinweise für Autorinnen und Autoren<br />

Die <strong>wissenschaft</strong>liche Vierteljahreszeitschrift „<strong>Medien</strong> & <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong>“<br />

(bis Ende 1999 „Rundfunk und Fernsehen – Zeitschrift für <strong>Medien</strong>- und <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong>“)<br />

wird seit 1953 vom Hans-Bredow-Institut herausgegeben<br />

und redaktionell betreut. Die Zeitschrift ist ein interdisziplinäres Forum für theoretische<br />

und empirische Beiträge aus der gesamten <strong>Medien</strong>- und <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong>.<br />

Für die Publikation in „<strong>Medien</strong> & <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong>“ kommen folgende<br />

Textsorten in Betracht:<br />

• Aufsätze sollen ein Moment originärer theoretischer Leistung beinhalten bzw. einen<br />

theoretisch weiterführenden Argumentationsgang bieten;<br />

• Berichte sollen Befunde zu einem ausgewiesenen Problem von theoretischer oder<br />

medienpraktischer Relevanz darstellen;<br />

• Unter der Rubrik Diskussion sollen Beiträge erscheinen, die innerhalb eines <strong>wissenschaft</strong>lichen<br />

Diskurses Position beziehen und die Diskussion voranbringen können.<br />

Dabei können auch spekulative Betrachtungen fruchtbar sein.<br />

• Literaturberichte/-aufsätze sollen Literatur bzw. ausgewählte Literatur zu bestimmten<br />

Problemstellungen systematisch und vergleichend zusammenfassen und<br />

eine Übersicht über den Stand der Theorie und/oder Empirie geben.<br />

Die Redaktion bietet außerdem die Möglichkeit zur Stellungnahme und Erwiderung zu<br />

publizierten Beiträgen der oben genannten Kategorien. Stellungnahmen und Erwiderungen,<br />

die den in „<strong>Medien</strong> & <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong>“ üblichen inhaltlichen und<br />

formalen Standards entsprechen und geeignet sind, die <strong>wissenschaft</strong>liche Diskussion zu<br />

fördern, werden im nächstmöglichen Heft publiziert. Die Redaktion räumt dabei dem<br />

Autor bzw. der Autorin des Beitrages, auf den sich die Stellungnahme bezieht, die Möglichkeit<br />

einer Erwiderung ein.<br />

Manuskripte, die zur Publikation in „<strong>Medien</strong> & <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong>“ eingereicht<br />

werden, dürfen nicht anderweitig veröffentlicht sein und bis Abschluss des Begutachtungsverfahrens<br />

nicht anderen Stellen zur Veröffentlichung angeboten werden.<br />

Im Sinne der Förderung des <strong>wissenschaft</strong>lichen Diskurses und der kumulativen Forschung<br />

sowie der Qualitätssicherung legt die Redaktion bei der Begutachtung von Beiträgen<br />

besonderen Wert darauf, dass größtmögliche Transparenz hinsichtlich der verwendeten<br />

Daten hergestellt wird. Autorinnen und Autoren empirischer Beiträge verpflichten<br />

sich mit der Einreichung des Manuskripts, dass sie die Art und Weise der Datenerhebung<br />

bzw. den Zugang zu Datenbeständen, die von Dritten (z. B. Datenbanken) zur<br />

Verfügung gestellt worden sind, ausreichend dokumentieren, um so die Voraussetzungen<br />

für Sekundäranalysen und Replikationen zu schaffen. Zugleich erklären sie sich bereit,<br />

die verwendeten Daten bei <strong>wissenschaft</strong>lich begründeten Anfragen im Rahmen der jeweils<br />

gegebenen Möglichkeiten für weitere Analysen zur Verfügung zu stellen.<br />

Formalien:<br />

• Manuskripte sind der Redaktion in dreifacher Ausfertigung zuzuschicken.<br />

• Da die eingereichten Manuskripte anonymisiert begutachtet werden, sind zwei Titelblätter<br />

erforderlich: eines mit Angabe des Titels und der Namen und Anschriften<br />

der Autorinnen und Autoren, eines ohne Anführung der Namen und Adressen. Das<br />

Manuskript selbst darf keine Hinweise auf die Autorinnen und Autoren enthalten.<br />

635


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

• Beizufügen ist eine kurze Zusammenfassung des Beitrags (max. 15 Zeilen), die dem<br />

Leser als selbständiger Text einen hinreichenden Eindruck vom Inhalt des jeweiligen<br />

Beitrags vermittelt.<br />

• Der Umfang der Beiträge soll 20 Manuskriptseiten (55.000 Zeichen) nicht überschreiten.<br />

• Die Manuskriptseiten müssen im DIN A4-Format (einseitig), anderthalbzeilig beschrieben<br />

und mit ausreichendem Rand versehen sein.<br />

• Gliederung des Textes: Jedes Kapitel und Unterkapitel sollte mit einer Überschrift<br />

(in Dezimalzählung) versehen sein.<br />

• Hervorhebungen im Text sind kursiv oder fett zu kennzeichnen.<br />

• Für Hinweise und Literaturbelege bestehen wahlweise zwei Möglichkeiten:<br />

a) durch Angabe von Autor, Erscheinungsjahr und Seitenziffer im fortlaufenden<br />

Text – z. B.: . . . (Müller, 1990: 37 – 40) . . . –, wobei der vollständige bibliographische<br />

Nachweis über ein Literaturverzeichnis im Anschluss an den Beitrag erfolgt;<br />

b) über durchnumerierte Anmerkungsziffern, wobei der Text der Anmerkung auf<br />

der entsprechenden Seite aufgeführt wird.<br />

Über eine Annahme des Manuskripts und den Zeitpunkt der Veröffentlichung entscheidet<br />

die Redaktion auf der Grundlage redaktionsinterner und externer Gutachten.<br />

Dem/der Autor/in wird die Redaktionsentscheidung schriftlich mitgeteilt. Im Falle einer<br />

Entscheidung für Überarbeitung, Neueinreichung oder Ablehnung legt die Redaktion<br />

die Gründe für ihre Entscheidung offen. Dazu werden die anonymisierten Gutachten,<br />

evtl. auch nur in Auszügen, zugesandt. Das Begutachtungsverfahren ist in der<br />

Regel sechs Wochen nach Eingang des Manuskripts abgeschlossen; falls die Begutachtung<br />

längere Zeit erfordert, werden die Autor/inn/en benachrichtigt.<br />

Von jedem Originalbeitrag werden 20 Sonderdrucke kostenlos zur Verfügung gestellt.<br />

Weitere Sonderdrucke können bei Rückgabe der Fahnenkorrektur an die Redaktion<br />

schriftlich gegen Rechnung bestellt werden.<br />

Verlag und Redaktion haften nicht für Manuskripte, die unverlangt eingereicht werden.<br />

Mit der Annahme eines Manuskripts erwirbt der Verlag von den Autorinnen und Autoren<br />

alle Rechte, insbesondere auch das Recht der weiteren Vervielfältigung zu gewerblichen<br />

Zwecken im Wege des fotomechanischen oder eines anderen Verfahrens.<br />

Anschrift der Redaktion: Hans-Bredow-Institut<br />

Heimhuder Straße 21, 20148 Hamburg (Tel. 0 40/45 02 17-41)<br />

<strong>Medien</strong> & <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong><br />

Herausgegeben vom Hans-Bredow-Institut für <strong>Medien</strong>forschung an der Universität Hamburg<br />

ISSN 1615-634X<br />

Die Zeitschrift sowie alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung,<br />

die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des<br />

Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und<br />

die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.<br />

Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden, 2002. Printed in Germany.<br />

Bezugsbedingungen: Die Zeitschrift erscheint vierteljährlich (4 Hefte jährlich), Jahresabonnement 64,–, Jahresabonnement<br />

für Studenten € 40,– (gegen Nachweis), Einzelheft € 20,–, jeweils zuzügl. Versandkosten (inkl.<br />

MwSt); Bestellungen nehmen der Buchhandel und der Verlag entgegen; Abbestellungen vierteljährlich zum<br />

Jahresende. Zahlung jeweils im Voraus an Nomos Verlagsgesellschaft, Postscheckk. Karlsruhe 736 36-751 und<br />

Stadtsparkasse Baden-Baden, Konto 5-002 266.<br />

Verlag und Anzeigenannahme: Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, 76520 Baden-Baden,<br />

Telefon: (0 72 21) 21 04-0, Telefax: 21 04 27.<br />

636


Inhaltsverzeichnis 50. Jahrgang 2002<br />

AUFSÄTZE<br />

Inhaltsverzeichnis 50. Jahrgang 2002<br />

Daniela Ahrens / Anette Gerhard „Doing Knowledge“. Neue Formen der Wissensorganisation<br />

durch den Einsatz neuer <strong>Medien</strong> . . . . 1/77<br />

Klaus-Dieter Altmeppen / Wer informiert uns, wer unterhält uns? Die Organi-<br />

Thorsten Quandt sation öffentlicher Kommunikation und die Folgen<br />

für <strong>Kommunikations</strong>- und <strong>Medien</strong>berufe . . . . . . . . 1/45<br />

Thomas Döbler / Birgit Stark Neue <strong>Medien</strong>: Berufliche Chancen für Frauen? . . . 1/63<br />

Kerstin Engels <strong>Kommunikations</strong>berufe im sozialen Wandel. Theoretische<br />

Überlegungen zur Veränderung institutioneller<br />

Strukturen erwerbsorientierter <strong>Kommunikations</strong>arbeit<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1/7<br />

Wolfgang Hoffmann-Riem <strong>Medien</strong>regulierung als objektiv-rechtlicher Grundrechtsauftrag<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2/175<br />

Gabriele Hooffacker / Irene Stuiber Ausbildung von Online-Journalisten: Journalismus,<br />

Technik, soziale Kompetenz. Ziele, Inhalte, Methoden,<br />

Finanzierung, Vermittlungsquote und Qualitätssicherung<br />

am Beispiel des Weiterbildungs-<br />

Lehrgangs „Online-Journalismus“ an der Journalistenakademie<br />

in München . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1/115<br />

Maria Lauber Italien als Eckpfeiler der Professionalisierungsforschung.<br />

Professionelle Defizite und Autonomiemangel<br />

trotz des gesetzlich geregelten Berufszugangs<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1/125<br />

Wiebke Loosen / Das Drehkreuz der Redaktion. Kompetenz-Dimen-<br />

Siegfried Weischenberg sionen des „Datenbank-Journalismus“ . . . . . . . . . . 1/93<br />

Lutz P. Michel Arbeitsmarkt für flexible Spezialisten. Berufsbilder<br />

und Qualifikationsanforderungen in der Konvergenzbranche<br />

Multimedia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1/26<br />

Christoph Neuberger Online-Journalismus: Akteure, redaktionelle Strukturen<br />

und Berufskontext. Ergebnisse einer Berufsfeldstudie<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1/102<br />

Manuela Pietraß Gestaltungsmittel als Interpretationshinweise. Eine<br />

rahmenanalytische Betrachtung des Infotainment<br />

nach E. Goffman . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4/498<br />

Helge Rossen-Stadtfeld Verfassungsrechtliche Perspektiven des dualen<br />

Rundfunksystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4/481<br />

Axel Schmidt Aggressiver Humor in den <strong>Medien</strong> – am Beispiel der<br />

Fernseh-Comedy-Show „TV total“ . . . . . . . . . . . . . 2/195<br />

637


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

BERICHTE<br />

Nicola Döring Klingeltöne und Logos auf dem Handy: Wie neue<br />

<strong>Medien</strong> der Uni-Kommunikation genutzt werden 3/376<br />

Silvia Knobloch / Grit Patzig / „Informational Utility“ – Einfluss von Nützlichkeit<br />

Matthias Hastall auf selektive Zuwendung zu negativen und positiven<br />

Online-Nachrichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3/359<br />

Edmund Lauf Freiheit für die Daten! Sekundäranalysen und Datenbestände<br />

in der deutschen <strong>Medien</strong>- und <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong><br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2/247<br />

Mirko Marr Das Ende der Gemeinsamkeiten? Folgen der Internetnutzung<br />

für den medialen Thematisierungsprozess<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4/510<br />

Helmut Scherer / Werner Wirth Ich chatte – wer bin ich? Identität und Selbstdarstellung<br />

in virtuellen <strong>Kommunikations</strong>situationen . . . 3/337<br />

Holger Schramm / Sven Petersen / Wie kommt die Musik ins Radio? Stand und Stellen-<br />

Karoline Rütter / Peter Vorderer wert der Musikforschung bei deutschen Radiosendern<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2/227<br />

Olaf A. Schulte „the next best thing to being there“ – ein Überblick<br />

zu 25 Jahren Videokonferenzforschung . . . . . . . . . 4/551<br />

Susanne Wolf / Helena Bilandzic Chatten als <strong>Kommunikations</strong>spiel . . . . . . . . . . . . . . 4/533<br />

LITERATUR<br />

Aufsatz Reihe „Klassiker der <strong>Kommunikations</strong>- und<br />

<strong>Medien</strong><strong>wissenschaft</strong> heute“<br />

Thomas Gebur Theodor W. Adorno: <strong>Medien</strong>kritik als Gesellschaftskritik<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3/402<br />

Hans W. Giessen Harold A. Innis: „Kommunikation“ als Schlüsselbegriff<br />

zum Verständnis der Menschheitsgeschichte? 2/261<br />

Besprechungen<br />

Daniela Ahrens Manfred Faßler: Netzwerke. Einführung in die<br />

Netzstrukturen, Netzkulturen und verteilte Gesellschaftlichkeit,<br />

München 2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3/423<br />

Ben Bachmair David Buckingham: After the Death of Childhood.<br />

Growing Up in the Age of Electronic Media, Cambridge<br />

2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2/274<br />

638


Inhaltsverzeichnis 50. Jahrgang 2002<br />

Barbara Berkel Daniel Rölle / Petra Müller / Ulrich W. Steinbach:<br />

Politik und Fernsehen. Inhaltsanalytische Untersuchungen,<br />

Wiesbaden 2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2/275<br />

Joan Kristin Bleicher David Gauntlett (Hrsg.): Web.Studies. Rewiring<br />

media studies for the digital age. London 2001 . . . . 3/425<br />

Joan Kristin Bleicher Jürg Häusermann (Hrsg.): Inszeniertes Charisma.<br />

<strong>Medien</strong> und Persönlichkeit, Tübingen 2001. . . . . . . 2/276<br />

Joan Kristin Bleicher Dieter Prokop: Der Kampf um die <strong>Medien</strong>. Das Geschichtsbuch<br />

der neuen kritischen <strong>Medien</strong>forschung.<br />

Hamburg 2001<br />

Jochen Hörisch: Der Sinn und die Sinne. Frankfurt<br />

2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4/571<br />

Roland Bornemann Urban Pappi: Teledienste, <strong>Medien</strong>dienste und<br />

Rundfunk. Ihre Abgrenzung im Recht der elektronischen<br />

<strong>Medien</strong>. Baden-Baden 2000 . . . . . . . . . . . . 4/573<br />

Johanna Dorer Susanne Keil: Einsame Spitze? Frauen in Führungspositionen<br />

im öffentlich-rechtlichen Rundfunk<br />

Münster/Hamburg/London 2000 . . . . . . . . . . . . . . 1/135<br />

Jens Eder Clemens Schwender: <strong>Medien</strong> und Emotionen. Evolutionspsychologische<br />

Bausteine einer <strong>Medien</strong>theorie.<br />

Wiesbaden 2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4/575<br />

Christiane Eilders Karsten Renkstorf / Denis McQuail / Nicholas Jankowski<br />

(Hrsg.): Television News Research. Recent<br />

European Approaches and Findings. Berlin 2001 . 3/426<br />

Andreas Hepp David Morley: Home Territories. Media, Mobility<br />

and Identity. London 2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1/136<br />

John Tomlinson: Globalization and Culture. Cambridge,<br />

Oxford 1999 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1/136<br />

Ernest W. B. Hess-Lüttich Jens Wernecken: Wir und die anderen … Nationale<br />

Stereotypen im Kontext des <strong>Medien</strong>sports, Berlin<br />

2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3/428<br />

Joachim R. Höflich Friedrich Krotz: Die Mediatisierung kommunikativen<br />

Handelns. Der Wandel von Alltag und sozialen<br />

Beziehungen, Kultur und Gesellschaft durch die<br />

<strong>Medien</strong>. Wiesbaden 2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3/430<br />

Werner Holly Bernhard Pörksen: Die Konstruktion von Feindbildern.<br />

Zum Sprachgebrauch in neonazistischen <strong>Medien</strong>.<br />

Wiesbaden 2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1/140<br />

Klaus Hurrelmann Stefan Aufenanger / Mike Große-Loheide / Claudia<br />

Lampert / Uwe Hasebrink: Alkohol – Fernsehen –<br />

Jugendliche. Hamburg 2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4/578<br />

639


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

Manfred Kammer Gebhard Rusch (Hrsg.): Einführung in die <strong>Medien</strong><strong>wissenschaft</strong>.<br />

Konzeptionen, Theorien, Methoden,<br />

Anwendungen. Wiesbaden 2002 . . . . . . . . . . . . . . . 4/579<br />

Matthias Kohring Martin K. W. Schweer (Hrsg.): Der Einfluss der <strong>Medien</strong>.<br />

Vertrauen und soziale Verantwortung, Opladen<br />

2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2/279<br />

Hans-Dieter Kübler Christian Grüninger / Frank Lindemann: Vorschulkinder<br />

und <strong>Medien</strong>. Eine Untersuchung zum <strong>Medien</strong>konsum<br />

von drei- bis sechsjährigen Kindern unter<br />

besonderer Berücksichtigung des Fernsehens,<br />

Opladen 2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2/280<br />

Wiebke Loosen Michael Kunczik/Astrid Zipfel: Publizistik. Ein<br />

Studienhandbuch. Köln/Weimar/Wien 2001 . . . . . 3/433<br />

Peter Ludes Mike Sandbothe / Winfried Marotzki (Hrsg.): Subjektivität<br />

und Öffentlichkeit. Kultur<strong>wissenschaft</strong>liche<br />

Grundlagenprobleme virtueller Welten. Köln<br />

2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1/141<br />

Michael Meyen Patrick Rössler / Susanne Kubisch / Volker Gehrau<br />

(Hrsg.): Empirische Perspektiven der Rezeptionsforschung,<br />

München 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4/581<br />

Rossen Milev Jürgen Wilke: Grundzüge der <strong>Medien</strong>- und <strong>Kommunikations</strong>geschichte.<br />

Von den Anfängen bis ins<br />

20. Jahrhundert, Köln/Weimar/Wien 2000 . . . . . . . 2/282<br />

Marion G. Müller Christina Holtz-Bacha: Wahlwerbung als politische<br />

Kultur, Parteienspots im Fernsehen 1957–1998,<br />

Wiesbaden 2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2/283<br />

Christoph Neuberger Hans-Jürgen Bucher / Ulrich Püschel (Hg.): Die<br />

Zeitung zwischen Print und Digitalisierung, Wiesbaden<br />

2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2/285<br />

Wolfram Peiser Michael Meyen: <strong>Medien</strong>nutzung. Mediaforschung,<br />

<strong>Medien</strong>funktionen, Nutzungsmuster, Konstanz<br />

2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2/286<br />

Juliana Raupp Annette Rinck: Interdependenzen zwischen PR und<br />

Journalismus. Eine empirische Untersuchung der<br />

PR-Wirkungen am Beispiel einer dialogorientierten<br />

PR-Strategie von BMW, Wiesbaden 2001 . . . . . . . . 2/288<br />

Peter von Rüden Manfred Rexin (Hrsg.): Radio-Reminiszenzen. Erinnerungen<br />

an RIAS Berlin. Berlin 2002 . . . . . . . . . 3/435<br />

Ekkehard Sander Eike Hebecker: Die Netzgeneration. Jugend in der<br />

Informationsgesellschaft. Frankfurt 2001 . . . . . . . . 4/583<br />

640


Inhaltsverzeichnis 50. Jahrgang 2002<br />

Bernd Schorb Thomas Eberle: Motivation des Fernsehverhaltens<br />

Jugendlicher. Grundlagen, Verhaltensanalysen,<br />

Selbstauskünfte und Beurteilung des Reality T. Bad<br />

Heilbronn 2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1/142<br />

Gabriele Siegert / Nina Hautzinger Bernd W. Wirtz: <strong>Medien</strong>- und Internetmanagement.<br />

2. voll. überarb. und erw. Auflage. Wiesbaden 2001 4/584<br />

Martin Stock Bernd Holznagel/Andreas Grünwald: Meinungsvielfalt<br />

im kommerziellen Fernsehen. <strong>Medien</strong>spezifische<br />

Konzentrationskontrolle in Deutschland,<br />

Großbritannien, Frankreich, Italien, den USA und<br />

auf der Ebene von Europarat und Europäischer Gemeinschaft,<br />

Berlin 2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2/290<br />

Martin Stock Claudia Roider: Perspektiven einer europäischen<br />

Rundfunkordnung. Eine Untersuchung der gemeinschaftsrechtlichen<br />

Direktiven unter besonderer<br />

Berücksichtigung des Pluralismusgebots. Berlin<br />

2001<br />

Jürgen Schwarze/Albrecht Hesse (Hrsg.): Rundfunk<br />

und Fernsehen im digitalen Zeitalter. Die Sicherung<br />

von <strong>Medien</strong>freiheit und <strong>Medien</strong>vielfalt im<br />

deutschen und europäischen Recht. Baden-Baden<br />

2000<br />

Nizza, die Grundrechte-Charta und ihre Bedeutung<br />

für die <strong>Medien</strong> in Europa. EMR-Fachtagung in Zusammenarbeit<br />

mit der Europäischen Rechtsakademie<br />

Trier vom 22.-23. März 2001 im ERA Kongress<br />

Zentrum, Trier. Baden-Baden 2001 . . . . . . . . . . . . . 4/586<br />

Thomas Vesting Christoph Degenhart: Der Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen<br />

Rundfunks in der „Digitalen<br />

Welt“. Heidelberg 2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4/592<br />

Gerhard Vowe Pippa Norris: A Virtuous Circle. Political Communications<br />

in Postindustrial Societies. Cambridge<br />

2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3/437<br />

Claudia Wegener Friederike Herrmann /Margret Lünenborg (Hrsg.):<br />

Tabubruch als Programm. Privates und Intimes in<br />

den <strong>Medien</strong>, Opladen 2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2/294<br />

Carsten Winter Ekkehard Sander: Common Culture und neues Generationenverhältnis.<br />

Die <strong>Medien</strong>erfahrungen jüngerer<br />

Jugendlicher und ihrer Eltern im empirischen<br />

Vergleich. München 2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4/597<br />

Rainer Winter Klaus Neumann-Braun / Stefan Müller-Doohm<br />

(Hrsg.): <strong>Medien</strong>- und <strong>Kommunikations</strong>soziologie.<br />

Eine Einführung in zentrale Begriffe und Theorien,<br />

München 2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3/439<br />

641


M&K 50. Jahrgang 4/2002<br />

Klaus Werner Wirtz Werner Susallek: Führungsinformationssysteme für<br />

öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten, Lohmar/<br />

Köln 2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2/296<br />

Wolfgang Wunden Felix Weil: Die <strong>Medien</strong> und die Ethik. Grundzüge<br />

einer brauchbaren <strong>Medien</strong>ethik. Freiburg 2001 . . . 3/441<br />

CHRONIK<br />

Hermann-Dieter Schröder Chronik der <strong>Medien</strong>entwicklung in Deutschland<br />

2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3/461<br />

Zeitschriftenlese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1/145, 2/298, 3/443, 4/599<br />

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1/158, 2/317, 3/455, 4/624<br />

642


M&K 2002/4 <strong>Medien</strong> & <strong>Kommunikations</strong><strong>wissenschaft</strong>

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