Download - BUND
Download - BUND
Download - BUND
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
TIPP<br />
FÜR DIE<br />
PRAXIS<br />
2.6. Querungshilfen: Biotopverbund über Verkehrswege<br />
Verkehrsinfrastrukturen durchkreuzen<br />
Wildtierkorridore oder bedeutsame Le-<br />
bensräume und bergen daher ein hohes<br />
Konfliktpotential. Wo im Zusammenhang mit<br />
dem Neubau oder Ausbau von Verkehrswegen<br />
eine Trennung der ökologischen Zusammen-<br />
hänge zu erwarten ist, hat der Verursacher des<br />
Eingriffs nach §15 des Bundesnaturschutzge-<br />
setzes die Verpflichtung, Beeinträchtigungen<br />
von Natur und Landschaft zu vermeiden oder zu<br />
mindern. Eine Minderung der Beeinträchtigung<br />
kann beispielsweise durch die Prüfung und Pla-<br />
nung des Verkehrs-Streckenverlaufs an anderer<br />
Stelle erreicht werden.<br />
In den meisten Fällen kann eine Durchlässigkeit<br />
für wildlebende Tiere nur noch durch künstlich<br />
geschaffene Querungsbauwerke erreicht wer-<br />
den. Diese können den Zerschneidungseffekt<br />
verringern und die Verkehrssicherheit für alle<br />
Verkehrsteilnehmer an Verkehrstrassen deutlich<br />
erhöhen, wenn sie optimal platziert, dimensio-<br />
niert, gestaltet und landschaftlich eingebunden<br />
sind. 24 Wildtier-Querungshilfen müssen daher<br />
integraler Bestandteil bei der Planung und dem<br />
Bau von Verkehrswegen werden. Eine fach- und<br />
ressortübergreifende Zusammenarbeit aller In-<br />
stitutionen – vom Naturschutzverband, dem<br />
Planer, dem Bauingenieur bis hin zu den Fach-<br />
behörden und Fachreferaten aus den Ministe-<br />
rien (Natur- und Umwelt sowie Verkehr) – ist<br />
hierfür unbedingt erforderlich.<br />
Spezielle Querungshilfen für Wildtiere sind<br />
Landschaftsbrücken, Grünbrücken, Talbrücken<br />
und Durchlässe. Diese eignen sich dann auch<br />
insbesondere, um die Zerschneidungseffekte von<br />
Straßen zu mildern, Lebensräume über Straßen<br />
hinweg miteinander zu verbinden und regionale,<br />
überregionale sowie nationale und internationa-<br />
le Wanderrouten zu sichern. Bei der Konzeption<br />
muss besonders auf wertgebende, gefährdete<br />
oder seltene und daher schutzbedürftige Arten<br />
oder repräsentative Anspruchstypen (Zielarten)<br />
geachtet werden. Anlagen, die für sensible Säu-<br />
getierarten wie Rothirsch, Luchs und Wildkatze<br />
ausgelegt sind, eignen sich bei fachgerechter<br />
Gestaltung gleichzeitig für die meisten anderen<br />
Kleintierarten (Kleinsäuger, Bodenvögel, Insek-<br />
ten, Reptilien, Amphibien).<br />
Wichtig bei allen Querungshilfen für Wildtiere<br />
sind neben der Wahl des richtigen Standorts eine<br />
gute Einbindung in die umgebende Landschaft,<br />
absolute Jagdruhe im unmittelbaren Umfeld<br />
(wichtige Vereinbarung mit Jagdpächter!) sowie<br />
die Vermeidung einer anthropogenen Nutzung.<br />
Der Einfluss von Licht- und Lärmquellen des<br />
Verkehrs spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Je<br />
besser der Licht- und Lärmschutz durch geeig-<br />
nete Gehölzpflanzung gegeben ist, desto eher<br />
wird die Querungshilfe von Wildtieren auch als<br />
Teil ihres Lebensraums angenommen.<br />
Der bayerische Wildbiologe Dr. Bertram Georgii<br />
warnt aber davor, Grünbrücken und andere Ver-<br />
bundelemente als Allheilmittel zu betrachten.<br />
Wie Krücken oder Prothesen könnten sie helfen,<br />
negative Folgeerscheinungen zu reduzieren und<br />
die Durchgängigkeit der Landschaft zumindest<br />
ein wenig erhalten. Planerische oder natur-<br />
schutzrechtliche Defizite seien durch sie aber<br />
nicht zu beseitigen. Das primäre Ziel des Natur-<br />
schutzes müsse nach wie vor in der Erhaltung<br />
und im Schutz ausreichend großer unzerschnit-<br />
tener Landschaftsräume gesehen werden. 25<br />
24. Barth W.-E., Glagla-Dietz S. (2005): Naturwalddynamik als<br />
Leitbild für ökologische Vernetzungen durch wildnisartige Grünbrücken<br />
und Natur- Korridore. In: Bundesamt für Naturschutz<br />
(Hrsg.), Lebensraumkorridore für Mensch und Natur. Naturschutz<br />
und biologische Vielfalt, 17: 127-148.<br />
25. Schulte R. (2000): Grünbrücken und andere Querungshilfen<br />
im Verkehrswegebau - Anforderungen aus Sicht des nationalen<br />
Biotopverbundes. Ergebnisse eines Seminars der NABU-Akademie<br />
Gut Sunder (16. bis 17.5.2000). www.nabu-akademie.de/<br />
berichte/00ecoduct.htm (2011-03-22).<br />
29