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Geographische Gesellschaftsforschung nach Wolfgang ... - TomBlog

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Universität Hamburg 24. November 2005Fachbereich 15: GeowissenschaftenMethodikseminar bei Dr. Armin OsmanovicReferat:<strong>Geographische</strong> <strong>Gesellschaftsforschung</strong> <strong>nach</strong><strong>Wolfgang</strong> HartkeReferenten:Thomas Langkamp (1. Teil), Nina Ebert (2. Teil)„Geographie betreiben soll heißen, die Fortsetzung der Politik mit friedlichen Mitteln zuermöglichen“ und die Politik „befähigen, eine angemessene Geographie zu machen“(Quelle: Hartke, 1962, zit. <strong>nach</strong> Werlen, 2000, S.143).So lautet Hartkes Leitlinie um die <strong>Gesellschaftsforschung</strong> zu begründen. Er wandte sich abvon der Landschaftsgeographie, wie sie Bobek formulierte und lenkte den Blick auf das Verhaltenvon Menschen und Gruppen im Raum.Der neue Fokus auf das menschliche Verhalten liegt darin begründet, dass der Mensch lautHartke nicht nur Geschichte sondern auch Geographie selbst macht und gestaltet. Das bedeutet,der Mensch prägt, beeinflusst und verändert die Landschaft um sich herum. Die Landschaft dienteHartke nur noch als so genannte „Registrierplatte“ für Spuren, die Menschen hinterließen. Erwollte die Spuren kartieren und so sichtbar zusammenfassen. Sie sollten als Indikatorenmenschlicher Aktivität gelesen, interpretiert und erforscht werden.Seine Idee eröffnete den Geographen neue Forschungsfelder. Eines stellte für Hartke dieFriedensforschung dar. Er erklärte sie als erster Geograph zu einem sozialgeographischen


Forschungsfeld. Und es sollten noch weitere Ideen der <strong>Gesellschaftsforschung</strong> in diewissenschaftliche Regionalisierung eingehen. Aus zwei von Hartkes Forschungsergebnissen,entwickelten Geographen <strong>nach</strong> und <strong>nach</strong> die Aktionsraumforschung und dasForschungsfeld der Sozialbrache. Die Sozialbrache ist ein gutes Beispiel für einen Indikatordes menschlichen Handelns und Verhaltens.Beispiel: SozialbracheDefinition: „Der Begriff Sozialbrache (1956 von <strong>Wolfgang</strong> Hartke aufgebracht)entstammt der Sozialgeografie und meint das Brachfallen landwirtschaftlicherNutzflächen infolge Nutzungsaufgabe aufgrund von Veränderungen im Sozialgefüge("Strukturwandel") der ländlichen Bevölkerung. [...] (Sie ist) mit einer Hebung desLebensstandards der ländlichen und der Gesamtbevölkerung verbunden. (Es kommt zurverstärkten) Landflucht in Industriestandorte [...]“(Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Sozialbrache)Die brachliegenden Felder zeigen dem Geographen, dass sich die Arbeitswelt der Menschenverändert. Die Größe der brachliegenden Nutzflächen und die Zahl der in Städte umsiedelndenMenschen sind die messbaren Indikatoren oder Spuren. Sie lassen Rückschlüsse auf begonneneund zukünftige Entwicklung zu.Fazit: Hartke will die Auswirkungen des Menschen auf die Natur und insbesondere die Bewertungder Natur durch den Menschen erforschen. Nicht umgekehrt.Historischer HintergrundHartke entwickelte seine Ideen vor dem Hintergrund der zunehmenden Industrialisierung imZeitraum zwischen 20er- und 60er-Jahren. Tiefe Einblicke in den Wandel der Arbeitswelt gewinnter in den 30er-Jahren, als er beim 'Internationalen Arbeitsamt' in Genf arbeitet. Politisch sind dasEnde des Kolonialismus und der zweite Weltkrieg die bedeutendsten Faktoren seiner Zeit. Siezeigten Hartke, wie überfordert die traditionellen wissenschaftliche Geographie damit war,sinnvolle Grenzen allein anhand räumlicher Indikatoren zu ziehen. Man konnte beispielsweise einenationalstaatliche Grenze nicht mehr sinnvoll allein an einem Fluss oder Gebirgszug festmachen.Fazit: Eine neue Herangehensweise an die Raumordnung, Infrastrukturplanung undRessourcennutzung war gefragt, die soziale Faktoren berücksichtigt und eine Politik mit friedlichenMitteln ermöglicht.


Aktionsraumforschung: Was ist eine sinnvolle Grenze?Um das herauszufinden, soll man sich laut Hartke fragen:„Welche Raumbeziehungen des täglichen Lebens wünscht man sich am wenigsten durcheine Grenze getrennt?“ (Quelle: Hartke, 1948, zit. <strong>nach</strong> Werlen, 2000, S.150).Die Reichweiten der Aktionskreise sollen als Kriterien für eine Abgrenzung administrativer,politischer etc. Regionen verwendet werden. Was aktionsräumlich zusammengehört, wie zumBeispiel „Bett und Arbeitsplatz“ (Quelle: Hartke, 1948, zit. <strong>nach</strong> Werlen, 2000, S.150) ist nicht zutrennen. Beispielsweise soll eine Stadtgrenze, die Vororte mit einbeziehen, denn dort wohnen vieleMenschen, die in der Stadt arbeiten.Fazit: Sinnvolle Grenzen gründen nicht auf physischen, sondern auf sozialen Faktoren.Sozialgeographische Theorie der Ökologie: Wer bestimmt die Handlungen derMenschen?Jeder Mensch wird in einen sozialen Kontext hineingeboren, wird also nicht nur durch die ihnumgebende Natur, sondern auch durch seine Mitmenschen beeinflusst. Seine Entwicklung undTätigkeit ist durch die Erwartungshaltung der Mitmenschen mitbestimmt. Dies nennt man denProzess der Sozialisation. Außerdem hängt auch die Bewertung und Interpretation desNaturraumes vom sozialen Umfeld ab. Ob Gold, Tropenholz oder Erdöl nun als wertvollerBodenschatz angesehen werden, hängt von den Wertvorstellungen der Gesellschaft ab. Somitbeeinflusst der soziale Kontext eines Menschen auch jeden seiner Eingriffe in die Natur. WirdErdöl nicht als wertvoll angesehen wird ein Unternehmer keinen Bohrturm aufstellen.Fazit: Hartke sieht nicht die Natur als bestimmenden Faktor menschlichen Handelns, sondernmehr das soziale Umfeld und dessen Wertvorstellungen. Es gilt die sozialen Verhältnisse vonMitgliedern verschiedener Gruppen zu erforschen.Analyse der sozialen Differenzierung von Mensch - Umwelt – BedingungenZentrales Element der Analyse: die Sozialgruppe- Hauptkriterium: Beruf bzw. Art der wirtschaftlichen Tätigkeit – die Sozialgruppe umfasstalle Personen, die die gleiche Berufsbezeichnung aufweisen (z. B. Bauern, Beamte, Arbeiter)- Sozialgruppen sind nur innerhalb bestimmter Aktionsräume aktiv, weisen also klareregionale Begrenzungen auf ( „Räume gleichen Verhaltens sozialer Gruppen“ )- Schwachpunkt: mangelnde Differenziertheit der Analysekriterien in sozialer Hinsicht


Die Sozialbrache als kulturlandschaftlicher Indikator- Abwendung von der Vorstellung, dass die naturräumlichen Gegebenheiten den Aktionsraumeines Menschen vorgeben: im Gegenteil sei bei den Mensch-Umwelt-Beziehungen vonzentraler Bedeutung, wie die Natur vom Menschen bewertet wird- Beobachtungen zur Brachlegung landwirtschaftlich genutzter Parzellen:1) Parzellen mit schlechten Böden fallen nicht zuerst brach2) Entfernung spielt keine entscheidende Rolle3) kein Zusammenhang mit einem Bevölkerungsrückgang, sondern – im Gegenteil –häufig mit einer starken Bevölkerungszunahme durch natürliches Bevölkerungswachstumaber auch durch sogen. Wanderungsgewinne wie z. B. Flüchtlingsströme- Hartke widerlegt also mit Hilfe des Indikators Sozialbrache alle Thesen der traditionellennaturalistischen Geographie:1) Offensichtlich liegt kein Naturdeterminismus vor2) Distanz als Erklärungsfaktor wird hinfällig3) Bevölkerungszunahme führt nicht zwingend zu stärkerer Boden<strong>nach</strong>frage- Grund: mit der Veränderung der sozialen Lage des Bodenbesitzers ändert sich auch die Artder Bodennutzung - unabhängig von den natürlichen Gegebenheiten; jeder Mensch greiftmit seinen Tätigkeiten immer in Bezug auf die in seiner Zugehörigkeitsgruppevorherrschenden Werte und Normen in die physische Welt ein- „Welche Parzelle brach fällt, darüber entscheidet die Zugehörigkeit eines Besitzers zu einerbestimmten Sozialgruppe“ (Hartke)Forschung: Ziele + Praxis- Beschreibung und Erklärung der Gliederung der Welt im sozialen Kontext (Erfassung undErklärung der räumlichen Kammerung der Gesellschaft)- Durch Erforschung dieser Aktionsräume sollen „Gesetze menschlichen Zusammenlebens“erkannt werden- Aus diesen Gesetzen sind im Rahmen der angewandten Geographie Aussagen für die Politikabzuleiten (z. B. Regionen sinnvoll voneinander abzugrenzen)Literaturangaben:Werlen, Benno (2000): Sozialgeographie: eine Einführung, Verlag Paul Haupt – Bern;Stuttgart; WienInternet: http://de.wikipedia.org/wiki/Sozialbrache

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