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Tropische Wirbelstürme - TomBlog

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Universität Hamburg 13. Dezember 2007Fachbereich 15: GeographieOberseminar „Georisiken“LV-Nr.: 15.095, WiSe 2007Dozent: Prof. Dr. Jürgen Böhner<strong>Tropische</strong> WirbelstürmeEntstehung, Verbreitung und ImpaktEine Hausarbeit vonNora ThiessenMatrikel: 5759688Kontakt: norathiessen@hotmail.comThomas LangkampMatrikel: 5417906Kontakt: Langkamp@<strong>TomBlog</strong>.deEinblick in Hurrikan Katrinas Auge,28.8.05, aus dem Cockpit des Forschungsflugzeugs WP-3D Orionwww.aoc.noaa.gov /Photos_Hurr_Katrina.html1


Inhaltsverzeichnis1. Einführung (erstellt von Langkamp ff)..................................................................41.1 Einordnung der Arbeit..........................................................................................................41.2 Definition: die große Namensverwirrung ............................................................................61.3 Klassifikation: Saffir-Simpson-Skala und meteorologische Namen.....................................72 Geographie und Historie tropischer Zyklone..............................................92.1 Lokalisation: Erfassung und Aufzeichnung..........................................................................92.2 Verortung: Entstehungsgebiete und häufige Zugbahnen....................................................112.3 Chronologie: Entstehungszeiten und Häufigkeiten aktuell und historisch.........................133 Die Physik des Sturms................................................................................153.1 Voraussetzungen für die Entstehung eines Wirbelsturms...................................................153.2 Wirkungszonen: Anatomie eines Wirbelsturms .................................................................204. Impakt und Schäden (Thiessen ff).................................................................254.1 Impakt auf offenem Gewässer............................................................................................264.2 Impakt bei Landfall.............................................................................................................274.3 Schäden...............................................................................................................................295. Umgang mit tropischen Wirbelstürmen..................................................365.1 Observation und Vorhersage...............................................................................................365.2 Maßnahmen.........................................................................................................................416. Zukunftsaussichten...................................................................................446.1 erkennbare Tendenzen des „Georisikos“?..........................................................................446.2 Klimaerwärmung: mögliche Auswirkungen auf Intensität (Langkamp)................................477. Bewertung und Fazit (Thiessen und Langkamp).................................................508. Quellen-, Abbildungs-, Abkürzungsverzeichnis.......................................513


1. Einführung (erstellt von Langkamp ff)„Stell Dir vor Du stehst in der Mitteeines 30 Kilometer breiten römischen Kolosseums,dessen Wände 15 Kilometer in den Himmel emporragen,gewaltige Wände,entlang deren blendend weißer OberflächeKaskaden von Eiskristallen herabregnen.So muss es sein,im Auge eines Hurrikans zu stehen.“[EMANUEL:übersetzt nach Umschlagtext, Einschlag]„Der Philisoph George Santayana merkte an, das „Jene die sich nicht an dasVergangene erinnern können, sind verdammt es zu wiederholen.“ Kerry Emanuelerinnert uns an den enormen Einfluss, den Hurrikane seit dem 13. Jahrhundert auf dieMenschheit hatten. Die heutige Entwicklung der Küstenbereiche in Kombination mitder Hurrikan-Amnesie setzt den Menschen der Neuzeit auf einen Kollisionskurs miteiner Katastrophe, wenn die Lehren der Vergangenheit ignoriert werden.“ - MaxMayfield, Direktor des National Hurricane Center[EMANUEL:übersetzt nach Umschlagtext, Rückseite]1.1 Einordnung der ArbeitDie vorangegangenen Seminarthemen „historische Hochwasserereignisse in Mitteleuropa“ (vonBrinkrolf & Wieding) und „Sturmfluten an der Nordseeküste“ (Kagel) behandeln vor allem hydrologischeProzesse, die gewichtige Teile des Phänomens „tropischer Wirbelsturm“ sein können.Im Vergleich soll in dieser Arbeit bei den physikalischen Grundlagen jedoch detaillierterauf atmosphärische anstatt hydrologische Prozesse eingegangen werden. Auch die Betrachtungdes Impakts kann deutlich abweichen, wenn man berücksichtigt, dass wir mit tropischen Zyklonen(wie der Name schon andeutet) unser Untersuchungsgebiet verlagern und zwar von denmittleren Breiten in die Tropen und Subtropen. Dort sind häufig finanziell schwächer gestellteMenschen betroffen. Getroffen werden sie dabei von einem Phänomen, dass wohl als schwerwiegendstesunter den atmosphärischen „Unwettern“ angesehen werden kann.Das nachfolgende Referatsthema „Tornados“ (Thürey & Westedt) taucht schon in dieser Hausarbeitals Begleiterscheinung tropischer Zyklonen auf; Tornados sind ein Phänomen mit lokalgesehen noch stärkerem Zerstörungspotenzial, das jedoch ein erheblich kleinräumigeres Sturmfeldaufweist, mit einem mittleren Wirkungsgebiets-Durchmesser von 1 km anstatt 400 km [vgl.KRAUS/EBEL:143ff]. Die Auswirkungen tropischer Wirbelstürme sind da schon eher vergleichbarmit dem, im weiteren Seminarverlauf folgenden, Thema „außertropische Stürme Mitteleuropas“(Stiborski & Baldi).4


Welche Bedeutung tropische Wirbelstürme für ganze Völker schon seit Jahrhunderten habenkönnen, zeigen beispielhaft die Überlieferung der Ereignisse aus dem mongolischen Reich des13. Jahrhunderts. Wären nicht zwei Taifune gewesen, Japan wäre heute möglicherweise ein Teilvon China:Im Jahre 1274 plante der mongolische Herrscher Kublai Khan, der Enkel vonDschingis Khan, die Invasion Japans, dass nur 150 km von Korea entfernt liegt.Die kürzlich eroberten Koreaner waren Meister in Schiffbau und Seefahrt. So setztenam 29. Oktober 40.000 Männer die Segel von 400 Schiffen gen Japan undüberrannten die im Kampf gegen die mongolische Kavallerie unerfahrenen Samuraiauf den vorgelagerten Inseln mühelos. Auch am 19. November, als sie die Häfenvon Kyushu erreichten, trafen sie auf geringen Widerstand. Doch als die Nachthereinbrach, witterten die koreanischen Steuermänner den aufkommenden Sturm.Sie hielten die mongolischen Kommandeure dazu an, ihre Schiffe vor den Felsender Küste ins offene Meer zu retten, damit man nicht in Japan gefangen bliebe. Amnächsten Morgen sahen die japanischen Streitkräfte zu, wie die mongolische Flottemitten im reißenden Sturm versuchte das offene Meer zu erreichen. Die Schiffe jenerZeit waren dem nicht gewachsen. 13.000 Mann kamen um.Sieben Jahre später suchte Kublai Khan die Revanche und ließ mehrere 100.000Mann in See stechen. Diesmal wollte er rechtzeitig vor Beginn der Sturmsaison imFrühjahr an Japans Küsten landen. Doch die Überfahrt verzögerte sich auf denspäten Juni. Sechs Wochen hielten die nun gut vorbereiteten Japaner die mongolischeStreitmacht in Schach, doch am 15. August wiederholte sich das Schicksal derMongolen und die Japaner hatten einen neuen Gott: Kamikaze, der göttliche Wind.Weitere 636 Jahre später machte ein anderer Marine-Kommandant den gleichenFehler erneut. Flugzeuge, Wetterkarten und stählerne Schiffe reichten nicht, umdie US-Flotte von Admiral William F. „Bull“ Halsey, vor der Gewalt zweier Taifunezu bewahren. (näheres in Emanuel, Kapitel 23)[vgl. Emanuel:3ff]Um aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen, versuchen Forscher heute mit allen Mitteln,das Phänomen Hurrikan zu entschlüsseln. Ein Weg dahin sind aufwendige Computermodelle,von denen eines auch auf dem heimischen PC einfach ausprobiert werden kann, siehe:www.wind.mit.edu/~emanuel/modelftp.html5


1.2 Definition: die große NamensverwirrungDas deutsche Wort „Zyklone“ (englisch: cyclone) kommt aus dem Griechischen[vgl. KRAUS/EBEL:143]:●●●kyklos = Kreiskyklein = drehen, sich im Kreis bewegenkiklónas (κυκλώνας) = der RotierendeHeutige Bedeutung und Anwendung in der Meteorologie: Zyklone = Tiefdruckgebiet.Das deutsche Wort „Hurrikan“ (englisch: hurricane) stammt aus der Mythologie derMaya: Huracan = Gott des Windes, des Sturmes und des Feuers und wurde im deutschenSprachgebrauch zuerst in das Wort Orkan portiert und später aus dem englischen als Hurrikanre-importiert; heutige Bedeutung: Hurrikan = tropischer Wirbelsturm.[vgl. EMANUEL:18ff und DEUTSCHE WIKTIONARY, Artikel „Hurrikan“]Weitere ländergebundene Namen sind z. B. „Willy-Willy“ in Australien, „Baguio“ auf denPhilippinen und „Cordonazo“ in Mexiko [vgl. KRAUS/EBEL:145].Die deutsche Wortkombination „tropischer Wirbelsturm“ (tropical cyclone) beschreibt„ein Tiefdrucksystem mit organisierter Konvektion, schweren Gewittern und einer geschlossenenBodenwindzirkulation um das Tiefdruckzentrum.“ [DEUTSCHE WIKIPEDIA, Artikel„<strong>Tropische</strong>r Wirbelsturm“]Auf der Nordhalbkugel rotiert das Tiefdrucksystem in seiner Hauptwindrichtung zyklonal (entgegendem Uhrzeigersinn), auf der Südhalbkugel antizyklonal (im Uhrzeigersinn). Die Rotation führt zurSpiral-Anordnung der Wolkenbänder. <strong>Tropische</strong> Wirbelstürme entstehen zumeist in den zwei Bändernzwischen 5 und 25 Grad nördlicher und südlicher Breite. Je nach Entstehungsort haben sie imVolksmund und auch in der Wissenschaft zusätzliche Namen: [vgl. EMANUEL:18ff]1. (tropischer) Zyklon: in Südostpazifik und Indischem Ozean (kurz: Indik); imBereich von Mauritius, La Réunion, Madagaskar und der afrikanischen Ostküstespricht man auch von Mauritius-Orkanen.2. Hurrikan: in Atlantik, Nordpazifik östlich der Datumsgrenze (180° Länge)und im Südpazifik östlich von 160° Ost ab einer maximalen Mittelwindstärkevon über 115 km/h (64 Knoten)3. Taifun (englisch typhoon): im nordwestlichen Teil des PazifikIm Folgenden wird das Wort Hurrikan aufgrund seiner Kürze und Geläufigkeit gegenüber denSynonymen „tropischer Wirbelsturm“, „tropische Zyklone“, „Taifun“ etc. analog verwendet.6


1.3 Klassifikation: Saffir-Simpson-Skala und meteorologischeNamenDie Einstufung eines tropischen Wirbelsturms in verschiedene Stärken erfolgt für den Atlantiküber die Saffir-Simpson-Skala. Sie wurde 1969 von Herbert Saffir und Bob Simpson (vom USamerikanischenNational Hurricane Center, NHC) erstellt und 1972 offiziell eingeführt. AlsKlassifizierungsgrundlage dienten die Auswirkungen speziell des Hurrikans Camille undweiterer. Die fünf Windgeschwindigkeits-Klassen wurden nach der Wellenhöhe und demLuftdruck im Zentrum (Auge) des Hurrikans erstellt. Die exakten Grenzen sind zugunsten derSeefahrt in die dort gängige Einheit Knoten festgesetzt. [vgl. NOAA NCDC]Sturm-KlasseWindgeschwindigkeit 1Knoten [mph] [km/h] BeaufortAnstieg desMeeresspiegelsin [m]Zentraldruckin [hPa] 2<strong>Tropische</strong>s Tief < 34 < 39 < 63 < 7 ≈ 0<strong>Tropische</strong>r Sturm 34 - 63 39 - 73 63 - 117 8 - 10 0,1 - 1,1Hurrikan Kat. 1 64 - 82 74 - 95 118 - 153 10 - 12 1,2 - 1,7 > 980Hurrikan Kat. 2 83 - 95 96 - 110 154 - 178 12 - 13 1,8 - 2,6 965 - 980Hurrikan Kat. 3 96 - 113 111 - 130 179 - 209 13 - 15 2,7 - 3,9 945 - 964Hurrikan Kat. 4 114 - 135 131 - 155 210 - 249 15 -17 4,0 - 5,5 920 - 944Hurrikan Kat. 5 > 135 > 155 > 249 > 17 > 5,5 < 920Tabelle 1.1: Die Saffir-Simpson-Hurrikan-Skala für den Atlantik, umgerechnete Werte je nachRundung und Quelle leicht unterschiedlich (±1) [zusammengefasst aus KRAUS/EBEL:166 und NOAANCDC und NOAA NHC]Für alle weiteren Klassifikationen durch nationale Organisationen für die übrigen Ozeanbeckenfindet man die ausführlichste und am besten zusammengefasste Tabelle in der englischen Wiki 3 .Zur internationalen Verständigung zwischen den unterschiedlichen Klassifizierungen hat mansich zumindest auf eine grobe dreistufige Aufteilung geeinigt. Darin sind „<strong>Tropische</strong>s Tief“ und„<strong>Tropische</strong>r Sturm“ wie in der Saffir-Simpson-Skala definiert und für die übrigen Windgeschwindigkeitenab 119 km/h spricht man nur von Hurrikan, Taifun, Zyklon etc. [vgl. KRAUS/EBEL:143]Welche mittlere Windgeschwindigkeit eines Sturms für die Einordnung in eine Kategorie herangezogenwird, ist nicht eindeutig geregelt. Einig ist man sich darin, eine anhaltende oberflächennaheHöchstgeschwindigkeit (englisch: maximum sustained surface wind) zu nehmen [vgl.1 maximum sustained surface wind = maximaler anhaltender Oberflächenwind im 1 min-Mittel2 Druck ist Kraft pro Fläche; international Einheit: 1 Pa = 1 kg/(m·s²) = 1 N/m².3 Die Tabelle aller Klassifikationen: en.wikipedia.org/wiki/Hurricane#Classifications.2C_terminology.2C_and_naming7


KRAUS/EBEL:144]. In der Regel wird „sustained“ nicht mit „anhaltender“ sondern mathematischermit „mittlerer“ Windgeschwindigkeit übersetzt. Das kann jedoch den ungerechtfertigten Eindruckeiner hohen Mess-Präzision erwecken:„Man darf nicht vergessen, wie schwierig es ist, wirklich die maximalen Werte ineinem so komplexen System (...) zu erfassen, und wie wenig genau die Beobachtungsmethodenoft sind.“ [ebd.: 144]Was nun unter anhaltendem Wind zu verstehen ist, darin ist man sich uneins. Die World MeteorologicalOrganization (WMO) empfiehlt ein 10-Minuten-Mittel entsprechend der Beaufort-Skala,an das sich die meisten halten. Die US-Amerikaner des NHC und des „Joint Typhoon WarningCenter“ (JTWC) nutzen hingegen 1 min-Mittel, was zu Komplikationen beim Vergleich vonHurrikan-Statistiken führt. Ist bekannt, welche Mittelung einer vorliegenden Statistik zugrundeliegt, kann man das in der Regel kleinere 10 min-Mittel mit dem groben Umrechnungsfaktorvon 1,2 multiplizieren und so in ein 1 min-Mittel transformieren. [ebd.]Meteorologen verschiedener nationaler Organisationen vergeben zur eindeutigen Identifikation undeinfacheren Kommunikation in der Öffentlichkeit Namen für Stürme. Dazu muss der Sturm aber eineanhaltende Windgeschwindigkeit von 63 km/h erreichen, also die Geschwindigkeit eines tropischenSturms nach der Saffir-Simpson-Skala. In den USA begann das NHC mit der systematischen Namensvergabe1950. Ursprünglich erhielten dort nur besondere Hurrikane einen Namen. Die Systematik derNamensgebung wechselte in den ersten Jahren mehrmals, bis sie 1960 in eine festgelegte Namenslistemündete. Darin fanden sich 21 englische Namen, festgelegt nach der Saison 1933, die bis 2005 die aktivsteSaison war. Reicht der Namensvorrat für ein Jahr nicht aus, werden die nachfolgenden tropischenStürme nach dem griechischen Alphabet benannt. Ab 1979 benutzte das NHC erstmals abwechselndmännliche und weibliche Namen, außerdem ergänzte man französische und spanische Namen.Die Anfangsbuchstaben der Hurrikane eines Jahres folgen dem Alphabet. Das NHC verwendet derzeitsechs Namenslisten im regelmäßigen Wechsel. In Ausnahmefällen hat das NHC schon Namen einerListe gegen Neue ersetzt. Zum Beispiel bei Ivan, der mehrere Rekorde gebrochen und besonders hohematerielle Schäden in den USA nach sich gezogen hatte, aber im Vergleich nicht außergewöhnlich vielenMenschen das Leben gekostet hatte. [vgl. DEUTSCHE WIKIPEDIA, Artikel „Hurrikan“]Die Namenslisten der einzelnen regionalen und nationalen Hurrikanzentren werden zentral von der„Welt Meteorologie Organisation“ (WMO) verwaltet und gesammelt. Ein vollständiger Überblick würdeden Rahmen der Arbeit sprengen 4 .4 Der vollständige Namenslistenüberblick: www.wmo.int/pages/prog/www/tcp/documents/FactShtTCNames1July05.pdf8


2 Geographie und Historie tropischer Zyklone2.1 Lokalisation: Erfassung und AufzeichnungUm Hurrikane weltweit lückenlos zu erfassen, bedarf es internationaler Koordination und Zusammenarbeit.Die WMO bündelt erst seit einigen Jahrzehnten die zahlreichen dahinter stehendenAufgaben im „World Weather Watch Programme“ und organisiert auch nationen-übergreifendeProjekte zur Verbesserung der Hurrikan-Erfassung, -Aufzeichnung und natürlich besondersder Observation und Vorhersage, auf die aber gesondert in 5.1 eingegangen wird. Die Arbeitder WMO umfasst z. B. auch das Sammeln und Koordinieren der Namenslisten, welche von insgesamt6 „Regional Specialized Meteorological Centres (RSMCs)“ und 5 „Tropical Cyclone WarningCentres (TCWCs)“ erstellt werden. Deren administrative Grenzen sind aus Abbildung 2.1 ersichtlich.Die regionalen Zentren arbeiten nach eigenen Jahres-Arbeitsplänen 5 .Abbildung 2.1: Administrative Grenzen der 6 RSMCs und der 5 TCWCs. Die TCWCs entstanden zu verschiedenenZeitpunkten zwischen 1968 und 1985, ähnliches gilt für die RSMCs. Alle Zentren teilen sich wiederum innationale Zentren auf, deren Auflistung und Erläuterung hier aber zu weit führen würde 6 . [WMO, Artikel „Organization“]5 Die Jahres-Arbeitspläne: www.wmo.int/pages/prog/www/tcp/operational-plans.html6 Eine Übersicht findet sich hier: www.wmo.int/pages/prog/www/tcp/National%20Warnings.html9


Ab dem Zeitraum der Entstehung dieser Zentren hat sich die globale Datenlage durch den Datenaustauschstark verbessert. Aber auch schon vorher, seit 1944, gab es dank erster Überwachungen durchFlugzeuge eine hohe Erfassungsdichte. In Kombination mit landgestützten Luftrduck-Messstationenund Medienberichten, die z. B. Hurrikan-Meldungen von Seefahrern zusammenfassten, ergab sich ab1944 ein von den meisten Hurrikan-Forschern als ausreichend betrachtetes Überwachungsnetz, sodass Hurrikan-Zeitreihen meist mit diesem Datum beginnen. Auf moderne Mess- und Überwachungsgerätesoll Kapitel 5.1 informieren.„This is why both Neumann et al. (1993) and Landsea (1993) recommend utilizing datasince 1944 for computing climatological statistics.“ [NOAA AOML]In jüngster Zeit werden in der Paleotempestologie 7 weitere Erfassungs-Methoden erforscht, welchenicht auf aktuelle Unwetter aus sind, sondern auf die vom Menschen nicht dokumentierte Historie derWirbelstürme abzielt. Korallen, Stalagmiten und See-Sedimente können (dort wo sie vorhanden sind)Informationen über lang vergangene Sturmereignisse speichern. Bei Korallen und Stalagmiten greifendie Forscher dabei auf die veränderten Kohlenstoff-C 13 - und Sauerstoff- O 18 -Isotopenverhältnisse zurück,denn die starken Regenfälle von Hurrikanen lassen vermehrt leichte Isotope zurück, welche indie Skelette der Korallen bzw. in die Stalagmiten eingebaut werden. [vgl. ENGLISCHE WIKIPEDIA, Artikel „TropicalCyclone Observation“]Die See-Sedimente enthalten manchmal Schichten von Küstensand, der durch die Hurrikane eingewehtwurde. Diese Schichten können über die C 14 -Methode 8 datiert werden. [vgl. EMANUEL:252f]Es ist klar, dass damit die Zeitreihen vor 1944 nicht lückenfrei werden. Deshalb sollten Statistiken, diefrühere Zeiträume einbeziehen und eine Aussage zur Sturmaktivitätsänderung machen wollen, immermit einer gesunden Portion Skepsis analysiert werden. Auch aus der ansteigenden Hurrikananzahlzwischen 1944 und 1960 wird man niemals vollständig die höhere Erfassungsdichte durch die erstenWettersatelliten herausrechnen können. Die Paleotempestologie kann aber möglicherweise eines TagesTrends und Schwankungen der Hurrikanaktivität in klimatischem Maßstäben nachweisen – fürZeiträume – die gänzlich ohne menschliche Wetteraufzeichnung auskamen, da die Erfassungsdichteauf konstant niedrigem Niveau liegen wird.7 Paleotempestologie: Das Studium längst vergangener Stürme / der Sturmhistorie8 C 14 ist ein radioaktives Kohlenstoffisotop. Da es gleichmäßig zerfällt, kann man über den Vergleich mit derKonzentration „normalen Kohlenstoffs“C 12 eine Altersbestimmung für alle Proben vornehmen, in denenKohlenstoff enthalten ist.10


2.2 Verortung: Entstehungsgebiete und häufige ZugbahnenHurrikane entstehen in Gebieten mit ausreichender Coriolisbeschleunigung und Wassertemperatur(s. 3.1), also in dem Tiefdruckgürtel der intertropischen Konvergenzzone (ITCZ, s. Abbildung2.2). Das heißt aber nicht, dass sie nur dort vorkommen. Sie ziehen aufgrund der Passatwindeüber weite Strecken über ihre Entstehungsgebiete hinweg. In der Regel bewegen sie sichvon Ost nach West mit einer Tendenz nach Norden (auf der Nordhalbkugel), welche durch dieCoriolisbeschleunigung verursacht wird (s. 3.1). Erreichen sie jedoch den subtropischen Hochdruckgürtelum 30° geographischer Breite kommen sie in den Einfluss der Westwindzone (Windeaus West nach Ost) und werden in der Regel nach Osten abgelenkt, wie in Abbildung 2.2 gutzu erkennen ist. [vgl. ENGLISCHE WIKIPEDIA, Artikel „Hurricane“]Abbildung 2.2: Exakte Zugbahnen tropischer Wirbelstürme von 1985 bis 2005. Die Farbgebung derPunkte (nur in hoher Auflösung erkennbar 9 ) orientiert sich an der Saffir-Simpson-Skala, Tabelle 1.1. DiePunkte zeigen die Positionen der Stürme in sechsstündigen Abständen. [DEUTSCHE WIKIPEDIA, Bild „GlobalTropical cyclone tracks edit2“]Im gesamten Südatlantik und im östlichen Südpazifik vor der Westküste Südamerikas tretennur sehr selten Hurrikane auf (s. zur jüngsten Entwicklung tropischer Zyklone in diesem Raumauch 6.2). Denn die ITCZ verläuft aufgrund der Land-Meer-Verteilung der Erde dort selten südlichdes Äquators (s. Abbildung 2.3). Außerdem verhindern hier die kalten MeeresströmungenBenguela- und Humboldtstrom eine ausreichend warme Wasseroberfläche.9 Datei mit höherer Auflösung verfügbar: de.wikipedia.org/wiki/Bild:Global_tropical_cyclone_tracks-edit2.jpg11


Abbildung 2.3: mittlere Lage derITCZ im Juli und im Januar[ENGLISCHE WIKIPEDIA, Bild „ITCZ january-july“]Entsprechend der Verteilung derZyklone sowie der unterschiedlichenNamensgebiete erfolgteeine Einteilung in sieben Entstehungsgebiete (s. Abbildung 2.4) an denen sich auch die administrativenGrenzen der 6 RSMCs und 5 TCWCs anlehnen [vgl. KRAUS/EBEL:144 nach Gray 1975]:* Nordostpazifik: Hawaii, Mexiko, USA* Nordatlantik: Karibisches Meer, Golf von Mexiko, USA, Mexiko* Nordindik: Golf von Bengalen, Arabisches Meer, Indien* Nordwestpazifik: Philippinen, Taiwan, Volksrepublik China, Japan* Südwestindik: Madagaskar, Ostafrika* Südostindik: Nord- und Westaustralien* Südwestpazifik: OstaustralienAbbildung 2.4: grobe Einteilung von Zugbahnen, Entstehungs- und Namensgebieten[nach SRH NOAA, Beschriftung ergänzt]12


2.3 Chronologie: Entstehungszeiten und Häufigkeiten aktuell undhistorischDie offizielle Sturmsaison im Atlantik beginnt laut der US-amerikanischen Behörde für Ozeanund Atmosphäre („National Oceanic and Atmospheric Administration, NOAA) am 1. Juni unddauert bis zum 30. November November an. Außerhalb der Saison treten nur vereinzelt Stürmeauf. Die Saison von Orkanen, Taifunen oder Zyklonen verläuft unabhängig voneinander. EinJahr kann gleichzeitig Hurrikanrekorde brechen und kaum Taifune bringen. Je nach Einflussvon Meeresströmungen, Scheerwinden, Phänomenen wie El Niño und weiteren Einflüssen, diein 3.1 erläutert werden, kann die Sturmaktivität von Saison zu Saison stark schwanken. Das(und weitere Aspekte, die im Verlauf der Arbeit erläutert werden) wird anhand der detailliertenÜbersichtstabelle für den Atlantik deutlich.Übersichtstabelle der Sturmsaisonfür den Atlantik1950 – 20051950 – 2007langjähriges Mittel2007(bis 13.Dez.)2006 2005 2004 1997extremerEl Niño1955extremeLa Niña* tropische Stürme(Vorhersage)1111,615(17)10(17)28(15)15(14)8 12* davon Hurrikane(Vorhersage)6,25,76(9)5(9)15(8)8(8)3 9* davon starke Hurrikane =Kategorie 3+ (Vorhersage)2,72,22(5)2(5)7(4)6(3)1 6ACE 10 [10 4 kt²]89,5 (Median)102,3 (Mittel)67,6 78,5 248,9 224,9 40,1 199,0** El Niño / La Niña = Anomalieder Meeresoberflächentemp. [°C]0 - 0,8 + 1,2 - 0,7 + 0,9 + 2,5 - 2,1*** offizielle Todesfälle ≥ 360 17 ≥ 2.280 ≥ 3.321 11 ≥ 1.518*** volksw. Schäden [Mrd. US-$] 4,1 0,5 124 44,9 0,13 8,2Tabelle 2.1: Eigene Zusammenstellung: Die jährlichen Vorhersagen (eingeklammert und jeweils vonEnde Mai) und das langjährige Mittel 1950 – 2005 nach NOAA, 1950 – 2007 selbst aktualisiert. Danebengibt z. B. auch das NHC gleichwertige Prognosen ab.*Die Zahlen der eingetregenen Stürme stammen vom NOAA KLIMADATENZENTRUM (NCDC).**Betrags-Maximum der über 3 Monate gemittelten Temperaturanomalie (El Niño, s. 3.1) innerhalb einesJahres, basierend auf der Basisperiode von 1971 bis 2000 nach NOAA***nach ENGLISCHER WIKIPEDIA bzw. NHC; Inflation bis 2005 berücksichtigtFußnote 10 s. Tabelle ACE 1010 Accumulated Cyclone Energy (ACE): Summe des Quadrat der geschätzten anhaltendenMaximalgeschwindigkeit der Stürme in 6-stündigen Intervallen. Die Zahlen werden zur Übersicht durch 10.00013


Die Daten für den Atlantik sind aufgrund der ergiebigen englischsprachigen Internetquellen derNOAA besonders vollständig und einfach zu beziehen, deshalb in Tabelle 2.1 nur die Übersichtfür den Atlantik. Für die übrigen Entstehungsgebiete stellt sich die Situation wie folgt dar:Sturmzahl-Mittelwerte des Zeitraums 1968 bis 1989 und Saisondauer<strong>Tropische</strong>r davon Hurrikan>Kat. 1 kan >Kat.davon Hurri-Gebiet Start EndeSturm3* Nordwestpazifik April Januar 26.7 16.9 8.5* + Südindik Oktober Mai 20.6 10.3 4.3* Nordostpazifik Mai November 16.3 9.0 4.1* Nordatlantik Juni November 10.6 5.9 2.0* Südwestpazifik Oktober Mai 10.6 4.8 1.9* Nordindik April Dezember 5.4 2.2 0.4Tabelle 2.2: Die Farben der Gebiete entsprechen denen in Abbildung 2.4. Eine detailliertereAufschlüsselung über den Saisonverlauf findet sich in Tabelle 5.1 nach GRAY 1975. [NOAA AOML]Aus den zwei in Kraus/Ebel:154 angegebenen statistischen Mittelwerten über je 20 Jahre nach Pielke(1990) und Gray (1978) ergibt sich ein jährliches Auftreten von 90 tropischen Wirbelstürmen ab72 km/h im 1 min-Mittel (alle 4 Tage ein Sturm). Davon entwickeln sich rund 62 % jährlich bzw. 56an der Zahl zu Hurrikanen. Die aufsummierten Mittel über die 22 Jahre aus Tabelle 2.2 ergeben wiezu erwarten ganz ähnliche Werte, da sie nur aus einem um rund 10 Jahre späteren Zeitintervallstammen.geteilt. Die Einheit kt 2 sind Quadrat-Knoten (1 Knoten = 1 Seemeile/Stunde = 1,852 km/h).14


3 Die Physik des Sturms3.1 Voraussetzungen für die Entstehung eines Wirbelsturms<strong>Tropische</strong> Zyklone und Mittelbreitenzyklone unterscheiden sich trotz ihrer (bei Aufsicht) rechtähnlichen Rotation stark. Das gilt für ihre Anatomie (s. 3.2) und Verortung (s. 2.2) als auch fürdie Physik ihrer Entstehung. <strong>Tropische</strong> Zyklone entstehen, wenn sich einige 100 km große Gewitter-und Schauergebiete mit konvektiven Zellen (englisch „cloud cluster“, kurz Wolkenhaufen)intensivieren. Mittelbreitenzyklone entstehen im Gegensatz dazu aus großskaligen (>1.000km) Fronten, dem Aufeinandertreffen von warmer subtropischer Luft und kalter polarer Luft 11 .[vgl. KRAUS/EBEL:156]Über die exakte Genese tropischer Zyklone herrscht noch wenig Einigkeit und Klarheit. Dennochlässt sich ein grobes qualitatives Bild der Entstehung zeichnen. Nach KRAUS/EBEL gibt eszwei entscheidende Voraussetzungen.1) Notwendig ist eine größere atmosphärische Störung wie z. B. der Trog einer tropischen Welle(englisch „easterly wave“ oder „tropical wave“). Sie fungiert als Keimzelle. 83 % der Hurrikane abKategorie 3 auf der Saffir-Simpson-Skala stammen von tropischen Wellen ab, von den schwächerenbis Kategorie 2 nur 57 % [vgl. LANDSEA]. In den meisten Fällen wird sie von cloud clustern begleitet.Unter einer tropischen Welle (s. Abbildung 3.1) wird eine großskalige atmosphärische Druckwellezwischen tiefem Druck der ITCZ und Subtropenhoch verstanden. [KRAUS/EBEL:116]Abbildung 3.1: Schema tropischer cloudcluster (schraffiert) in den Trögen einereasterly wave [ebd.]Die Welle entsteht meist vor der NordwestküsteAfrikas durch eine Instabilitätdes afrikanischen Ost-Jets [näheresin BURPEE]. Von dort aus zieht sie nach Westen über den Atlantik 12 , teils über Mittelamerika hinwegin den Pazifik hinein [vgl. AVILA AND PASCH]. Bewegt sie sich zu schnell, so kann sie sich nichtentwickeln, verlangsamt sie sich schließlich, bildet sich unter „günstigen“ Bedingungeneine Zirkulation heraus, die zu einem tropischen Zyklon heraufgestuft wird.11 Näheres in der im Referatsverlauf folgenden Arbeit „außertropische Stürme Mitteleuropas“ von Stiborski undBaldi12 Ein gut bebilderter Lebenszyklus findet sich hier:www.newmediastudio.org/DataDiscovery/Hurr_ED_Center/Easterly_Waves/Easterly_Waves.html15


2) Die zweite entscheidende Voraussetzung für das Entstehen eines Hurrikans ist ein ganzesPaket solcher „günstiger“ Bedingungen, welche die atmosphärischen Störung (z. B. dietropische Welle) von Ost nach West durchwandern muss. [vgl KRAUS/EBEL:156]●bedingt stabile/labile Schichtung: Die Druckunterschiede zwischen den gegenüberliegendenDruckgürteln einer tropischen Welle betragen nur 4 hPa, dafür konvergierendie Winde zwischen Hoch- und Tiefdruck aber recht stark. Sie weichen nach oben hinaus und bauen so eine Konvektion auf, die aber nur bei „bedingt stabiler/labiler“ Schichtungeinen cloud cluster ergibt. [ebd. 116, 118]Eine Schichtung ist bedingt stabil/labil, wenn die Umgebungstemperatur um ein trockenesLuftpaket mit der Höhe stärker abnimmt (trockenadiabatischer Temperaturgradient:1 °C/100 m) als die Eigentemperatur des tockenen Luftpakets beim Aufstieg – undgleichzeitig – wenn die Umgebungstemperatur eines mit Feuchtigkeit gestättigtenLuftpakets mit der Höhe weniger stark abnimmt (feuchtadiabatischer Temperaturgradient:0,65°C/100m) als die Eigentemperatur des gesättigten Luftpakets beim Aufstieg.Was passiert nun, wenn die beiden Bedingungen erfüllt sind, und wenn das Luftpaketnun durch eine kleine Störung ein kleines Stück auf- oder absteigt? Das feuchte Luftpaketwird beschleunigt, das trockene aber gebremst und zurück in seine Ausgangslage befördert.Das bedeutet für den Hurrikan: Ist die Konvektion feuchter Luft von der Ozeanoberflächein die Höhe zumcloud cluster hin erst einmal inGang gebracht, beschleunigt siesich. Immer mehr feuchte Luftspeist die Energie des cloud clustersbis er sich (wenn nichts dazwischenkommt) zu einem Hurrikangeformt hat.Abbildung 3.2: Stabilität oder Labilität einer Luftschichtung. Ausgangslage des Luftpakets z 0[ebd. 49]●warmes Wasser: Die Oberflächentemperatur des Ozeans muss mindestens 26 °C betragen.Sonst kann für die Konvektion nicht genug Wasserdampf zur Verfügung gestelltwerden. Und der Wasserdampf ist die primäre Energiequelle des Sturms. Wenn er eingesogenwird und aufsteigt, kondensiert er in der Höhe (beim Erreichen des Kondensationsniveaus)und setzt dort Wärme frei. Das Gegenteil kennen wir vom Schwitzen, wenndas Wasser auf unserer Haut nicht kondensiert sondern verdampft und uns Wärmeener-16


gie entzieht. Und je mehr Wasserdampf kondensiert, desto wärmer, desto leichter destoschneller wird dieLuft / der Windin der Gesamtzirkulationdes sichentwickelndenHurrikans.Auf der Erde befindetsich 26°Cwarmes OberflächenwasserimBereich von Ä-quator und ITCZ,teils ist es großflächigüber 29°warm (s. Abbildung 3.3). [ebd. 156]Abbildung 3.3: gemittelteOzeanoberflächentemperaturendes Jahres 2005(oben) sowie die Datenlageim gleichen Zeitraum (unten).Für die hier relevantenEntstehungsgebiete vonHurrikanen erscheint dieDatenlage sehr gut, mit geringenEinschränkungenauf dem offenen Ozean.Man erkennt häufig befahreneSchifffahrtrouten.[eigener Plot mittels 13 ]●geringe vertikale Windscherung: Die vertikale Windscherung (Änderung der Windgeschwindigkeitoder -Richtung mit der Höhe 14 ) darf nicht über rund 30 km/h betragen.Ist sie höher, kann sie einen ausgewachsenen tropischen Wirbelsturm sogar zu einer tro-13 Plot inkl. höher auflösender PDF-Version: www.nodc.noaa.gov/cgi-bin/OC5/WOA05F/woa05f.pl?parameter=t14 Vertikale Windscherung hat jeder schon einmal erlebt, der Turbulenzen im Flugzeug ertragen musste!17


pischen Welle zurückbilden, denn sie stört den Nachschub an Wasserdampf und blästdas Zirkulationssystem auseinander. Umgekehrt kann sich der Sturm ungestört entwickeln,wenn die Windscherung unter 20 km/h beträgt oder in höheren Lagen ganz abreißt.Ein wichtiger Einflussfaktor auf die Windscherung ist El Niño. In unregelmäßigenAbständen verändert sich die Temperaturverteilung im Ozean durch Veränderungen vonWind- und Meeresströmungen. Die bekannteste unter diesen Veränderungen ist sicherdie El Niño/Southern Oscillation (ENSO). Sie kann die Temperaturdifferenz zwischenden verschiedenen Ozeanbecken stark erhöhen, so dass sich die vertikale Windscherungvor allem im Atlantik verstärkt und die Hurrikanaktivität dort nachweislich abschwächt(s. Tabelle 2.1). Herrschen hingegen gegenteilige La Niña-Bedingungen vor, so verstärktsich die Hurrikanaktivität im Atlantik meist. Wohlgemerkt „meist“ - denn El Niño undLa Niña alleine sorgen noch nicht für hohe Temperaturdifferenzen zwischen den Ozeanbecken.Dazu müssen sozusagen alle Ozeane „mitspielen“ und ihre Temperaturen möglichstunterschiedlich gestalten. El Niño hilft dabei nur. [vgl. LATIF et al. 2007 sowieLANGKAMP in Spektrum d. Wissenschaft Juni 2007:16ff]● Entfernung vom Äquator: Die Entfernung zum Äquator muss mindestens 4 bis 5Breitengrade betragen. Dies liegt an der Coriolisbeschleunigung (auch Vorticity oderWirbelstärke), welche am Äquator nicht vorhanden ist und zu den Polen hin zunimmt.Die Wirbelstärke ist notwendig, damit sich der Hurrikan zu drehen beginnt. Sie lässt sichauf die Erdrotation zurückführen (s. Abbildung 3.4)Abbildung 3.4: QualitativeWirkung der Coriolisbeschleunigung.Bewegt sich ein Körper(z.B. ein Luftpaket) von einerBahn mit hoher Erdrotation aufeine Bahn mit niedrigerer Erdrotationso „überholt“ es die Luftpaketedort aufgrund seiner höherenAusgangsgeschwindigkeitund beschreibt anstatt einer geradenBahn eine gekrümmte.[vgl. KRAUS/EBEL:37]Die Wirbelstärke a c lässt sichauch ganz einfach berechnen:a c = f • v18


Wobei v die Geschwindigkeit und f der ausschlaggebende „Coriolisparameter“ ist. f istnur von der geographischen Breite φ abhängig, ändert sich also mit der Entfernung zumÄquator, und zwar wie folgt:Coriolisparameter f = 2 • ω • sin(φ)(ω = Winkelgeschwindigkeit der Erde = 7,3 • 10 -5 s -1 , φ = geographische Breite in °)Rechenbeispiel: f = 2 • 7,3 • 10 -5 s -1 • sin (45°) = 0,0001Bei 0° geographischer Breite, also am Äquator ist f = 0 wegen sin(0)=0. Man erkennt dasf und damit die Coriolisbeschleunigung selbst bei 45° geographischer Breite noch sehrklein ist (s. Rechenbeispiel), sie sich also nur über große Entfernungen bemerkbarmacht, was bei der immensen Ausdehnung eines tropischen Wirbelsturms der Fall ist.Somit initialisiert die Coriolisbeschleunigung einerseits die Drehung des Wirbelsturmsund trägt an dessen Rand (wo die Lufpakete große Strecken zurücklegen) außerdem zurIntensivierung der Rotation bei. Nimmt man noch die Reibung des Windes an der Meeresoberflächehinzu, die eine nach innen gerichtete Kraft erzeugt, versteht man auch,warum sich die Wolkenbänder eines Zyklons nicht nur um sich selbst drehen, sondernsich in Richtung des Zentrums hineindrehen. [vgl. KRAUS/EBEL:157ff]19


3.2 Wirkungszonen: Anatomie eines Wirbelsturms<strong>Tropische</strong> Zyklone erreichten bisher Durchmesser von 100 bis 2.200 km, betrachtet man allesich mitdrehenden Luftmassen, deren mittlere Windgeschwindigkeit noch mindestens 54 km/hbeträgt. Damit sind Hurrikane von der Gesamtzirkulation her etwa so groß wie Mittelbreitenzyklone.Der gut sichtbare Bereich der auffällig rotierenden Regenwolkenbänder ist jedoch deutlichkleiner, wie in Abbildung 3.5 gut zu erkennen ist. Das ist die für den Menschen bedeutsameWirkungszone. Sie hat einen Durchmesser von bis zu 400 km. Dort wehen die starken Windemit einem potenziellen 1 min-Mittel von mehr als 288 km/h und potenziellen Böen von mehrals 360 km/h. [vgl. KRAUS/EBEL:145, 148, 165, 172]Abbildung 3.5: Im Zentrum des Satellitenbildes hebt sich der Kategorie-5-Hurrikan Floyd hervor (13.Sept. 99, 19.45 Uhr UTC). Es folgen rechts ein noch schwacher cloud cluster, der sich bald zu einer <strong>Tropische</strong>nDepression nach der Saffir-Simpson-Skala entwickeln wird, sowie der Kategorie-2-Hurrikan Gert,im Abstand von etwa 3.400 km zu Floyd. Auffällig sind die durch ihre Wolkenausdehnung deutlich größerwirkenden Mittelbreitenzyklone über Kanada und an der Südspitze Grönlands am oberen Bildrand.Zur Konstruktion solcher Bilder werden Aufnahmen mehrerer Spektralbereiche wie Sichtbar und Infrarotübereinander gelegt. [NOAA OSEI]20


Bedenkt man die Abnahme der Coriolisbeschleunigung zum Äquator hin, lassen sich die Ausdehnungentropischer Wirbelstürme besser in Breitengraden anstatt in Kilometern angeben(s. Abbildung 3.6). Denn mit der Abnahme der Coriolisbeschleunigung wachsen sowohl die mittlereAusdehnung der Wirbel als auch die Breite (in km) der auseinanderlaufenden Breitengrade. Umgekehrtschrumpfen die Wirbel mit zunehmender Entfernung zum Äquator, da sie von der größerenCoriolisbeschleunigung hier besser „zusammengehalten“ werden können, gleichzeitig laufen dieBreitengrade zusammen. Die Größe der Mittelbreitenzyklone erklärt sich trotz der hohen Coriolisbeschleunigungdurch ihre deutlich andere Entstehung, wie in 3.1 kurz erklärt ist.Somit ergibt sich für das Wirkungsgebiet ein Durchmesser von rund 4 Breitengraden und für diegesamte Luftzirkulation ein Durchmesser von 16 Breitengraden. Etwa 6 Breitengrade im Durchmesser(oder rund 650 km, bei Äquatornähe) umfasst der aus Eiskristallen bestehende Cirrus-Wolkenschirm, der an der Tropopause, also an der oberen Begrenzung der Troposphäre im 200hPa-Niveau auf den konvektiven Regenbändern aufliegt. Im Querschnitt von Abbildung 3.6 erkenntman auch die „overshooting tops“ der konvektiven Wolkenbänder, welche durch ihre hohenAufstiegsgeschwindigkeiten durch die Tropopause hindurch bis in die untere Stratosphäre(bis 18 km) vordringen können [vgl. EMANUEL 2005:7ff].Abbildung 3.6: schematischerQuerschnitt eines tropischenWirbelsturms vom Zentrum (0)bis zur äußeren Zirkulation (8).Die Pfeile deuten die Strömungsrichtungenan. Kompositaus 248 Systemen, die 1961 –1970 im nordwestlichen Pazifikmit Radiosonden erfasst wurden;Verhältnis von Höhe zuBreite etwa 60:1 [KRAUS/EBEL:145 nach FRANK 1977]Im folgenden Satellitenbild Abbildung 3.7 lassen sich Verteilung und Bewegung der Bewölkunggenauer aufschlüsseln. Bläulich eingefärbt ist der aufliegende Cirrusschirm. Die darunterliegendenkonvektiven Wolkenbänder strömen spiralförmig zum Sturmzentrum oder Sturmkern hineinund heben sich von den herausdrehenden Cirren weiß ab. Das wolkenfreie „Auge“ im Kernmit einem Durchmesser von 12 bis 180 km ist hier durch seinen Schattenwurf gut erkennbar[KRAUS/EBEL:172 nach HOLLAND 2000].21


Abbildung 3.7: HurrikanFloyd gut 24 Stunden später,gegenüber Abbildung3.5. Er bewegt sich mit 20km/h weiter nach Nordwesten.Das 1 min-Mittelseiner Windgeschwindigkeitist auf 210 km/h gefallen.[NOAA OSEI]Im folgenden schematischenQuerschnitt (Abbildungen3.8 unten)wird durch die Schattierungder Gehalt an Niederschlagsteilcheninden Wolken angedeutet.Der untere Querschnittgibt die horizontale zurvertikalen Ausdehnungetwas maßstabsgetreuer wieder als Abbildung 3.6 aber immer noch stark verzerrt. Tatsächlichmaßstabsgetreu ist nur die obere gestauchte Kopie des Querschnitts 3.8. Aufgrund der Darstellungslimitierungenin der Breite (danke DIN A4 ;-) ist hier nur die Ausdehnung bis zum Endedes Cirrusschirms (rund 6° Durchmesser) abgebildet.Abbildungen 3.8: Unten ein schematischer Querschnitt der inneren und teils äußeren Regenbändereines tropischen Wirbelsturms im Maßstabsverhältnis von 5:1 (Höhe zu Breite). Darüber eine verzerrteKopie zur korrekten Darstellung der maßstäblichen Verhältnisse. [KRAUS/EBEL:149 nach SCORER 1972]22


Die schräge Aufsicht auf Abbildung 3.9 (links) zeigt ebenfalls nur den Bereich bis zum Rand desCirrusschirms und verdeutlicht die Zusammenhänge der Luftströmungen zwischen Cirrusschirm,Auge und Augenwand. Als Augenwand (englisch „eye-wall“) bezeichnet man die innerenWolkenbänder um das Auge. Dort wird die Luft zunächst zyklonal nach oben gesogen, um dannam Cirrusschirm antizyklonal auszutreten (umgekehrt für die Südhalbkugel). Im Zentrum desAuges hingegen strömt die Luft zum Erdboden, wird wegen des steigenden Luftdrucks adiabatisch(ohne Wärmeenergieaustausch mit der Umgebung) komprimiert und dadurch erwärmt.Die Erwärmung führt so zur Auflösung / Verdunstung der Wolken, da wärmere Luft mehrFeuchtigkeit aufnehmen kann.Abbildungen 3.9 und 3.10: schematische Querschnitte zur Verdeutlichung von Zirkulation und Tropopausenverlauf.[3.9 NOAA NWS, 3.10 ENGLISCHE WIKIPEDIA nach NASA EARTHOBSERVATORY]In der Augenwand und den konzentrisch angeordneten Wolkenbändern herrschen so starke interneVerwirbelungen, dass sich wie bei allen konvektiven Elementen mit hoher Vorticity (Wirbelstärke)mehrere Tornados innerhalb des tropischen Zyklons formen können. [vgl. KRAUS/EBEL:146]Die Konvergenz der Luftmassen in das Auge hinein und der daraus resultierende Tiefdruck imKern des Sturms, führt zu einer lokalen Absenkung der Tropopause, wie es Abbildung 3.10 verdeutlicht.Aus dem Bild nicht ersichtlich ist, dass die gegenläufige Konvergenz am Boden desAuges ebenfalls ein lokales Tief hervorruft. Je stärker dieses Tief, desto mehr wird der Meeresspiegelzum Sturmzentrum hin angehoben. Der Luftdruck kann im Zentrum um 10 % auf bis zu870 hPa fallen, was den Meeresspiegel mehrere Meter anheben kann (genauere Werte in Tabelle1.1 Saffir-Simpson-Skala). Die Kerndruckänderung pro Zeit ist mit bis zu 7 hPa/h sehr hoch. Mitdem Kerndruck unmittelbar zusammen hängen die maximalen Windstärken des Zyklons. Derfast lineare Zusammenhang wird aus Abbildung 3.11 ersichtlich. [vgl. KRAUS/EBEL:150, 172]23


Abbildung 3.11: Korrelation von Kerndruck und maximalerWindstärke (1 min-Mittel) in einer tropischenZyklone [KRAUS/EBEL:152 nach SIMPSON UND RIEHL 1981]Mit dem Windschub auf dem Wasser wächst wiederumdie Wellenhöhe. Der Verlauf von Wellenhöhe,Druck und Windgeschwindigkeit beimDurchzug eines Hurrikans ist in Abbildung 3.12zusammengefasst.Abbildung 3.12: Durchzug des Hurrikans Kate (20. Nov. 1985) über eine schwimmende Messboje imGolf von Mexiko. Auffällig ist der Abfall der Windgeschwindigkeit beim Durchzug des Hurrikan-Auges.Die Wellenhöhe reagiert jedoch sehr träge und passt sich erst verzögert dem Windabfall an.[KRAUS/EBEL:153 nach PIELKE 1990]24


4. Impakt und Schäden (Thiessen ff)Die Auseinandersetzung mit tropischen Wirbelstürmen erfolgt nicht in erster Linie mit der Begründung,dass es sich um ein interessantes Naturereignis handelt. Bei einem Naturereignisliegt noch nicht zwangsläufig ein Einfluss auf den Menschen und die Gegenstände seines Interessesvor. Grundsätzlich besteht aber bei einem Naturereignis wie tropischen Wirbelstürmen –wie auch bei anderen Extremereignissen der Natur – ein Risiko im Sinne einer Gefahr. DieseGefahr beinhaltet die Möglichkeit, dass das Georisiko einen Impakt ausübt. Das englische Wort„impact“ bedeutet „(Ein)wirkung“, „(starker) Einfluss“ [LANGENSCHEIDTS TASCHENWÖRTERBUCH ENGLISCH].Im Folgenden werden unter Impakt die für den Menschen negativen Auswirkungen des Extremereignisses– hier des tropischen Wirbelsturmes – verstanden.Gefährdet durch tropische Wirbelstürme sind alle menschlichen Einrichtungen auf den Ozeanenund in den Küstengebieten. Unter 2.2 wird auf die Verortung von Wirbelstürmen eingegangen.In Abbildung 4.1 lässt sich noch einmal die geographische Konzentration erkennen. Die Abbildungähnelt Abbildung 2.2, unterschiedlich ist der gewählte Untersuchungszeitraum, 3 statt 25Jahre. Es ist erkennbar, dass insbesondere in Ostasien viele Zugbahnen eingetragen sind, in derBucht von Bengalen, westlich und östlich Australiens bis weit in den Pazifik hinein, die OstküsteAfrikas bis weit in den Indik hinein, die Karibik und Ostküste der USA und dem Golf von Mexikosowie der östliche Pazifik mit Landfall in Mittelamerika. Es wird deutlich, dass sich tropischeWirbelstürme geographisch konzentrieren. Diese Konzentration spiegelt sich in der Folge auchin den Impakten wieder, wobei besonders küstennahe Regionen betroffen sind, auch wenn sichdie tropischen Wirbelstürme zum Großteil auf offenem Meer befinden. Dieses gilt sowohl für dieAuflistung der Impakte als auch den daraus resultierenden Schäden.Abbildung 4.1: Globale Verteilungvon Zugbahnen für eine3-Jahres-Periode[KRAUS/EBEL:155, nach GRAY 1978]Unabhängig von der Unterteilung zwischen Impakten auf offenem Gewässer und bei Landfall,die unter 4.1 und 4.2 folgen, kann generell unterschieden werden zwischen so genannten direkten(direct impacts), sekundären (secodary impacts) und übergeordneten Impakten (higher orderimpacts). Direkte Impakte sind direkt mit dem Ereignis gekoppelt, wie Beispielsweise der25


Gegenstandsverlust durch Wind oder die Zerstörung von Infrastruktur durch Sturmwellen. SekundäreImpakte sind zum Beispiel der Mangel an Trinkwasser. Zu übergeordneten Impaktengehört die Anhebung der Versicherungsbeiträge. [ELSNER/KARA:409] Diese übergeordneten Impaktewerden im Folgenden nicht einzeln angesprochen, da sie als generelle Folge von Naturkatastrophengesehen werden können und nicht spezifisch tropischen Wirbelstürmen zugeordnetwerden müssen.Vor der Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Arten von Impakten soll an dieser Stelleangemerkt werden, dass in den folgenden Abschnitten ein Schwerpunkt auf die UntersuchungUS-Amerikanischer Hurrikane gelegt wird. Diese Daten besitzen keine weltweite Repräsentativitätfür Impakte und Schäden durch Hurrikane, da die USA zu den wirtschaftsstärksten Länderngehören und Hurrikane im globalen Vergleich insbesondere wirtschaftsschwächere Länderbetreffen. Dieser räumliche Fokus wurde gewählt, da die Datenlage besser ist und dadurch konkreteVergleiche zwischen Impakten, Schäden und Umgang mit tropischen Wirbelstürmen angestelltwerden können. Als weitere Spezifizierung soll, soweit möglich, das Jahr 2005 genutztwerden, das Jahr von Hurrikan Katrina.4.1 Impakt auf offenem Gewässer<strong>Tropische</strong> Wirbelstürme entstehen über Gewässer (vgl. 3.1 für die Voraussetzungen zur Entstehungvon Wirbelstürmen). Dort erhalten sie nur von wenigen Personengruppen Aufmerksamkeit.Das ist darauf zurückzuführen, dass, obwohl das Ereignis des tropischen Wirbelsturmes aufoffenem Gewässer sogar stärker ist, die Auswirkungen für den Menschen geringer sind und eineunverhältnismäßig kleinere Gruppe an Menschen tangiert. Je mehr sich ein tropischer Wirbelsturmder Küste nähert, desto größer wird sein Impakt und dadurch auch die Aufmerksamkeit,die ihm von den Menschen geschenkt wird.Auf offenem Meer betrifft ein tropischer Wirbelsturm in der Regel wissenschaftliche und kommerzielleSchifffahrt und Flugverkehr. Allerdings ist der Impakt heutzutage vergleichsweise gering,da Gefahren, die von tropischen Wirbelstürmen ausgehen, dank der Observation und Vorhersagegemieden werden können (vgl. 5.1).Sobald sich ein tropischer Wirbelsturm auf eine Küste zubewegt steigt der potentielle Impaktrasch an. Offshore-Öl-, Gas- und Windkraft-Industrie sowie Küstenfischerei können Schädendavontragen. Hierbei ist generell der wirtschaftliche Verlust größer als der von Menschenleben.Bei Hurrikan Andrew (1992, insbesondere in der Karibik und Florida) wurden 200 Ölplattformenim Golf von Mexiko teilweise vollständig zerstört. [NIEDEK/FRATER: 105]26


Als indirekter Impakt für den Menschen kann die Zerstörung von Korallenriffen und Fischbrutstättengenannt werden, da beides die Fischereiwirtschaft beeinträchtigt. Beispielhaft sei hierauf die Arbeit von KNOWLTON/LANG/KELLER verwiesen, die die Auswirkungen eines Hurrikans aufKorallenriffe untersuchen.4.2 Impakt bei LandfallDie Auswirkungen bei Landfall sind für die Menschen in der Gesamtbetrachtung die gravierendsten,sowohl bezogen auf Personenschäden als auch im wirtschaftlichen Sinne. Betroffensind in Küstennähe besonders Siedlungen, industrielle Aktivitäten sowie Infrastruktur und Verkehr.Darüber hinaus gibt es auch Impakte auf die Umwelt, kilometerweit können landwirtschaftlichgenutzte Flächen durch Versalzung jahrelang unbrauchbar werden.<strong>Tropische</strong> Wirbelstürme weisen extreme Windstärken auf. Diese exakt zu bestimmen ist bislangnoch mit einigen Schwierigkeiten verbunden. Abgesehen davon, dass Uneinigkeit über denMesszeitraum besteht, (vgl. 1.3) gibt es heutzutage noch Probleme mit den Messfühlern, die oftnicht robust genug für die Stürme sind. Es wurden schon die Messgeräte selber oder die Häuserzerstört, in denen die Registriergeräte untergebracht waren. Unabhängig aber von diesen Ungenauigkeitensteht fest, dass die Windgeschwindigkeiten tropischer Wirbelstürme enorme Schädenanrichten (können). Die Windgeschwindigkeit nimmt zwar nach dem Landfall ab, trotzdemkönnen Winde noch weit ins Festland hinein schwere Schäden anrichten. Die Schäden durchWinde sind proportional zu der Energie der Luftbewegung.Der Schaden steigt also exponentiell entsprechendder Windgeschwindigkeit. (vgl. Abbildung 4.2) Ein Sturmmit einer Geschwindigkeit von 100 mph (etwa 160 km/h)richtet einen vier mal größeren Schaden an als ein Sturmmit der Geschwindigkeit von 50 mph.Abbildung 4.2: Verhältnis zwischen Windgeschwindigkeitund der Zerstörungskraft[PIELKE/PIELKE: 124]Für das Zerstörungspotenzial eines tropischen Wirbelsturmes ist nicht nur die mittlere und diemaximale Windgeschwindigkeit ausschlaggebend (vgl. 1.3), sondern auch die Schwankungendieser Größen. Schwankungen in bestimmten Frequenzen können zu sehr starken dynamischenBelastungen führen, wenn Schwingungen von „Hindernissen“ wie Bäumen, Häusern oder27


Brücken in den Eigenfrequenzen angeregt werden.[KRAUS/EBEL:165]Dieser Reibungswiderstand führt auch dazu, dass die Windstärkeüber Land abnimmt, generell kann man sagen, dassdie Windstärke über dem Meer um etwa dem Faktor 1,6 höherist als über Land. [KRAUS/EBEL:43, s. Abbildung 4.3]Abbildung 4.3: Änderung der mittleren horizontalenWindstärke über Land und über See bei Wind von 108 km/h[KRAUS/EBEL:43]Die durch die Stürme ausgelösten Flutwellen (engl. Storm surges) stellen beim Landfall die gefährlichstenErscheinungen dar. Die Flutwelle entsteht durch den schnellen starken Anstieg desMeeresspiegels wenn sich der Sturm der Küste nähert. Der Anstieg ist ist zum Einen auf dendeutlich tieferen Luftdruck im Kern des Sturmes (vgl. 3.1) und zum Anderen auf den Stau desWassers an der Küste bei stark auflandigem Wind zurückzuführen. Nach Elsner/Kara kann eineFlutwelle, die durch einen tropischen Wirbelsturm ausgelöst wird, eine Höhe von bis zu 10 Meternerreichen. [ELSNER/KARA:409] Die Flutwellenintensität hängt dann von unterschiedlichenFaktoren ab, unter Anderem davon, wie nah der Sturm der Küste ist, wie der Winkel zur Küsteist, ob sich der Sturm direkt auf die Küste zubewegt, welche Geschwindigkeit er dabei hat undob er mit einem Tidenhub zusammenfällt. [vgl. KRAUS/EBEL:164; ELSNER/KARA:409ff; PIELKE/PIELKE:120ff]Überschwemmungen treten im Zusammenhang mit tropischen Wirbelstürmen aber nicht nurdurch Flutwellen, sondern auch durch extremen Niederschlag auf, den die konvektiven Wolkenmit sich bringen. Dieser kann auch weiter im Land auftreten und wird teilweise als Gefahr unterschätzt.Durch Wassermassen, die von tropischen Wirbelstürmen mitgebracht werden, könnenHangrutschungen ausgelöst werden. Hurrikan Mitch (1998) ist ein Beispiel für die Folgenvon Dauerregen. Nach 10 Tagen Dauerregen brach im November 1998 ein Vulkankrater in Hondurasauseinander, 1500 Menschen wurden unter der Schlammlawine begraben. Dieses Beispielverdeutlicht, dass neben Fluss- und Meernähe ebenfalls steile Hänge zu den gefährdeten Regionengezählt werden müssen.Neben den direkten Impakten wie Flutwellen, Überschwemmungen oder Hangrutschungen gibtes auch sekundäre Impakte, wie veränderte Wasserverhältnisse. Durch überschwemmte Kanalisationenund Tierkadaver etc. können Seuchen verbreitet werden, so dass gesundheitliche Ge-28


fährdungen über den Zeitraum der Überschwemmung hinweg existieren.In diesen gewaltigen konvektiven Wolken kommt es zusätzlich zu elektrischen Phänomenen,und zur Bildung von Tornados. Dadurch wird das Gefährdungspotential tropischer Wirbelstürmenoch vergrößert. [vgl. KRAUS/EBEL:166] Ein Viertel aller Hurrikans wird von Tornados begleitet.[NIEDEK/FRATER:104] Die Bildung von Tornados und ihre Gefahren werden in diesem Rahmennicht weiter ausgeführt. 154.3 SchädenNach der Untersuchung von Impakten durch tropische Wirbelstürme soll sich der folgende Abschnittmit den daraus resultierenden Schäden befassen. Schäden sind zum Einen der Verlustvon Menschenleben, zum Anderen der Verlust von Wertgegenständen. Zweifelsfrei haben dieSchäden durch Wetterereignisse in den vergangenen Jahrzehnten zugenommen. Dies ist aberprimär auf die wachsende Weltbevölkerung und den Trend zum küstennahen Siedeln, die steigendenSachwerte sowie deren höhere Sensibilität zurückzuführen, durch die in Folge eines Naturereignissesein höherer Schaden entsteht.Abbildung 4.4: Tote durchnordatlantische Hurrikane inden USAWerte für 10-Jahresintervalle außerbei 1990-96[ELSNER/KARA:412]Für das 20. Jahrhundert zeigt sich die Tendenz, dass durch Hurrikane in den USA immer wenigerMenschen ums Leben kommen. Nach Elsner/Kara liegt das primär an verbesserten Warnsystemen.Der Trend wurde aber spätestens durch Hurrikan Katrina unterbrochen, bei dem1.836 Menschen starben. An dieser Stelle sei noch einmal darauf hingewiesen, dass der Fokusdieser Hausarbeit zwar auf der atlantischen Seite der USA liegt, das aber keinerlei Repräsentanzfür den Rest der Welt hat. Nimmt man für eine Übersicht der Opfer durch Hurrikane eine ande-15 Dieses Thema wird innerhalb dieses Seminars am 18.Dezember von Thürey/Westedt dargestellt.29


e Zeitspanne und erweitert die Region um die Karibik und Mittelamerika, sieht Trend wenigereindeutig aus. Insbesondere, wenn man wie Dias/Pulwarty einmal 10-Jahres und einmal 100-Jahres-Perioden zu Grunde legt. (vgl. Abbildung 4.5) Hier ist im 100-Jahresvergleich das 20.Jahrhundert am stärksten betroffen, bei der 10-Jahresperiode sind es die 80er-Jahre des 18.Jahrhunderts. Die Aussage über Opferzahlen von Hurrikanen ändert sich also bei unterschiedlichenZeitintervallen. Die regionale Erweiterung, hier für das 20. Jahrhundert zeigt, dass offensichtlichdie 40er-Jahre viele Opfer im gesamten Atlantik-Bereich forderten, während aus Abbildung4.4 zu entnehmen ist, dass für die USA die 40er-Jahre verhältnismäßig wenig Opfer forderten.Abbildungen 4.5 Tote durch atlantische tropischeWirbelstürme, regional erweitert um Karibik und Mittelamerika[DIAS/PULWARTY:104]Bei Schäden an Gegenständen muss man unterscheiden zwischen Gesamtschäden und versichertenSchäden. Versicherungen und Rückversicherungen haben ein besonderes Interesse ander Entwicklung der steigenden Schäden und zum Teil ist eine einseitige Darstellung der Schadenszunahmezu beklagen. Es sollte aber unterschieden werden zwischen atmosphärischen Änderungen,Änderungen in der Gesamtheit der Schäden und Änderungen der Aufwendungen vonden Versicherungen für entstandene Schäden. Die Erhöhung der Versicherungsaufwendungenist nicht gleich zu setzen mit grundlegenden Veränderungen in der Atmosphäre. Dadurch, dassin dem üblich gewählten Intervall der vergangenen 100 Jahre in vielen Regionen der Erde dieBevölkerung, der Wohlstand von Einzelnen, der Wert von technischen Installationen und deren30


Unwetterempfindlichkeit zugenommen hat, stiegen auch die aufgezeichneten Schäden drastischan. Ein Anstieg der atmosphärischen Schäden ist damit noch nicht bewiesen. [vgl. KRAUS/EBEL:6ff,166] Überlegungen, die den aktuell diskutierten Klimawandel in Zusammenhang mit dem Georisiko„tropische Wirbelstürme“ sehen und dem eventuellen Anstieg dieses Risikos werden in 6.2differenzierter dargestellt.Für das Jahr 2005 gibt die Swiss Re, die derzeit größte Rückversicherungsgesellschaft, Gesamtkatastrophenschädenvon 230 Milliarden US-$ an, 220 Mrd. US-$ seien auf Natur, 10 Mrd. US-$ auf Man-made-Katastrophen 16 zurückzuführen. Als Gesamtschäden oder volkswirtschaftlicheSchäden werden hier die finanziellen Schäden bezeichnet, die direkt einem Großereignis zugerechnetwerden können. Dazu zählen sowohl versicherte als auch nicht versicherte Schäden.Nicht berücksichtigt sind indirekte Schäden wie Einkommensausfall bei Zulieferern, Ausfall desBIP, Reputationsverlust oder Verlust der Lebensqualität. Der versicherte Sachwert von Katastrophenschädenlag 2005 bei 83 Mrd. US-$ weltweit, also bei etwa 36 % der gesamten Katastrophenschäden.Allein der volkswirtschaftliche Schaden von Hurrikan Katrina wird auf 135Mrd. US-$ geschätzt. [SIGMA SWISS RE NR. 2/2006:5ff] Der versicherte Schaden lag bei etwa 45 Mrd.US-$ , also war 1/3 der Gesamtschäden durch Versicherungen abgedeckt. [vgl. Tabelle 4.1, SIGMASWISS RE NR. 2/2006:5ff]Nach Schätzungen der Swiss Re [SIGMA SWISS RE NR. 2/2006:7] hat die Hurrikan-Saison der USA(und umliegender Länder, in dem Bericht nicht spezifiziert) im Jahre 2005 Schäden verursacht,die die Versicherungen 69 Mrd. US-$ gekostet haben, bei einem vermutlichen Gesamtschadenvon 170 Mrd. US-$ für die USA sowie umliegende Länder. Bemerkenswert ist hierbei, dass inTabelle 4.1 als gesamte versicherte Schäden über 72,6 Mrd. US-$ (für Nordamerika) angegebensind, also nur rund 3,6 Mrd. US-$ versicherte Schäden auf eine andere Ursache als Hurrikanezurückzuführen sind. Das bedeutet, dass 2005 nur etwa 5 % aller in Nordamerika versicherterSchäden nicht die Folge waren von US-Hurrikanen. Auch wenn die Rechnung so nicht hundertprozentigkorrekt ist, erfüllt sie ihren Zweck, einen Überblick über die Verhältnisse zu geben.Tabelle 4.1: Katastrophen2005 nach Regionen[SIGMA SWISS RENR. 2/2006:7]16 Unter Man-made-Katastrophen werden in der Studie von Swiss Re Großereignisse verstanden, die inZusammenhang mit menschlichen Aktivitäten stehen. Beispiele sind u.A. Großschäden, Minenunglücke,Einstrürze, Terrorismus31


Das Schadensausmaß lässt sich anhand dieser Tabelle nicht bestimmen. Stellt man die Opferzahlengegenüber (hier sind das Tote und Vermisste) hat Nordamerika 3.781 Menschen, somiteinen Anteil von 3,9 % der weltweiten Opfer zu beklagen. In Asien sind es 89.633 Menschen,92,4 % der weltweiten Opfer und somit fast 24 mal mehr Opfer als in Nordamerika. Ohne aufdie unterschiedlichen Bevölkerungszahlen eingehen zu wollen, anhand derer die Pro-Kopf-Angabenausgerechnet werden könnten, ist es doch bemerkenswert, dass der versicherte Schade inNordamerika über 27 mal höher liegt als der in Asien, die Opferzahlen Asiens knapp 24 höherals die von Nordamerika sind.Eine Gegenüberstellung der teuersten Versicherungsschäden 2005 und der opferreichsten Schäden2005 verdeutlichen diese Diskrepanz. In Tabelle 4.2 ist Kurrikan Katrina als teuerste Katastropheaufgeführt, bezogen auf den versicherten Schaden. Das Ausmaß von Katrina war in dieserKategorie 4,5 Mal so stark wie die in der Tabelle folgende Katastrophe (Hurrikan Rita). InTabelle 4.3 ist Katrina, bezogen auf die todesopferreichsten Katastrophen 20o5, auf Platz 4, daspakistanische Erdbeben vom Oktober des Jahres forderte mit 73.300 Opfern über 55 Mal mehrMenschenleben als Hurrikan Katrina. An dieser Stelle sei aber darauf hingewiesen, dass sowohlKatrina als auch das pakistanische Erdbeben hinsichtlich des Impaktes und der Schäden auffallendeEreignisse waren und keine Repräsentanz besitzen.Tabelle 4.2: Die 20 teuersten Versicherungsschäden 2005[SIGMA SWISS RE NR. 2/2006:15]32


Tabelle 4.3: Die 20 todesopferreichsten Schäden 2005[SIGMA SWISS RE NR. 2/2006:15]Dadurch, dass Hurrikan Katrina 2005 stattfand, die „klassische“ Hurrikan-Literatur aber großteilsvorher erstellt wurde, erscheint Katrina leider nicht in den historischen Vergleichen derUS-Hurrikane. Für das zwanzigste Jahrhundert wurden von unterschiedlichen Autoren Übersichtstabellenmit den teuersten US-Hurrikanen erstellt, um Schäden einer längeren Periodevergleichbar zu machen.Bei einem historischen Vergleich von Schäden durch tropische Wirbelstürme kann es zu sehrunterschiedlichen Darstellungen kommen. Generell ist es schwierig und mit Ungenauigkeitenverbunden, Vergleiche von Schadenskosten über Jahrzehnte hinweg anzustellen. Eine häufigangewandte Methode ist, die Kosten zu einem gemeinsamen Basisjahr anzupassen, dadurchwird Inflation berücksichtigt. Allerdings kann ein vergleichbarer Sturm in unterschiedlichenZeiten stark abweichende Schadenskosten verursachen, da sich die Bevölkerung und Infrastrukturändert, ohne dass man das einrechnen kann. Um dem zu entgehen werden mitunter Rechnungenangestellt, was für Schäden ein vergangener Hurrikan in der gleichen Region potenzielleinige Jahrzehnte später anrichten würde. Ein Beispiel ist Hurrikan King, der 1950 die Regionum Miami, Florida erreichte. Die zwischen 1950 und 1990 entstandenen Unterschiede wurdeneinkalkuliert. Die Gebäudekosten stiegen um den Faktor 5,7 an, die Bevölkerung um den Faktor6, so dass ein Änderungsfaktor von 34,2 entsteht. Multipliziert mit den ursprünglichen 28 MillionenUS-$ Schaden, hätte sich 1990 bei einem gleichen Hurrikan eine beachtlich höhere Schadenssummevon 958 Millionen US-$ ergeben. [ELSNER/KARA:421f] Dieses Beispiel verdeutlicht,dass die einfache Berücksichtigung von Geldentwertung nicht ausreicht, um Kosten von tropischenWirbelstürmen unterschiedlicher Epochen vergleichbar zu gestalten.33


Tabelle 4.4: Die teuersten US-Hurrikanezwischen 1900 und 1996in Mrd. US-$, inflationsbereinigt zu US-$ von 1990 (außer bei Andrew), Cat.steht für Kategorie auf der Saffir-Simpson-Skala[ELSNER/KARA:414]Tabelle 4.5: Die potenziell teuerstenUS-Hurrikane zwischen 1900und 1996in Mrd. US-$, inflationsbereinigt zu US-$von 1990, unter Berücksichtigung vonZunahme an persönlichem Besitz undKüstenbevölkerungszunahme, Cat. stehtfür Kategorie auf der Saffir-Simpson-Skala[ELSNER/KARA:422]Tabelle 4.4 und 4.5 unterstreichen diese Aussage. In Tabelle 4.4 sind die teuersten US-Hurrikanein Mrd. US-$ zwischen 1900 und 1996 aufgelistet mit inflationsbereinigten Werten zum Dollarvon 1990. Auffällig ist, dass Andrew und Hugo, die innerhalb von nur vier Jahren am Endedes 20. Jahrhunderts stattfanden, die Liste anführen. Unter Berücksichtigung von der Zunahmean persönlichem Besitz und dem Wachstum der Küstenbevölkerung sieht die Liste anders aus.Tabelle 4.5 wird von einem Hurrikan angeführt, der 1926 den Südosten Floridas betraf. Auffallendist, dass bei der zweiten Liste mehr Hurrikane aufgeführt sind, die in der ersten Hälfte des20. Jahrhunderts stattfanden, nämlich 8 von 20 Hurrikanen. Bei der ersten Liste unter ausschließlicherBerücksichtigung der inflationsbereinigten Schadenssummen sind nur 2 Hurrikanevor 1950 aufgeführt.34


In der Retrospektive lässt sich demnach kein Trend bezüglich der Schäden ausmachen, diedurch Hurrikane in den USA verursacht wurden, wenn man inflationsbereinigte Zahlen nutzt,die zudem Bevölkerungs- und Wohlstandsänderungen berücksichtigen. Dies sagt Tabelle 4.5schon aus und wird in Abbildung 4.6 noch einmal visuell verdeutlicht.Abbildung 4.6: jährliche Schädendurch tropische Zyklone inden USA von 1925 bis 1996inflationsbereinigt (auf Werte von1996), normiert mit Küstenbevölkerungund Wohlstand. Gerade Linie:gesamter Durchschnitt von 4,9 Mrd.US-$ jährlich, blaue Kurve: Verbindungder 5-Jahres-Mittel[KRAUS/EBEL:170]Auch wenn sich die Jahre von Ende der 1980er bis Mitte der 1990er über dem Durchschnitt der71 aufgeführten Jahre befinden darf das nicht als zukunftsweisend interpretiert werden. Denn esgab es auch vorher deutlich überdurchschnittliche Phasen. Wenn man sich überhaupt zu einerTendenzaussage verleiten lassen wollte, müsste man eingestehen, dass die erste Hälfte des untersuchtenZeitraumes mehr überdurchschnittliche Werte aufweist als die zweite, was zumindestdem Trend der zunehmenden Schäden widerspricht.Abschließend soll für das Schadensausmaß von US-Hurrikanen festgehalten werden, dass materielleVerluste absolut gesehen zunehmen. Die Summe der versicherten Schäden steigt. Die Gesamtheitder relativen Schäden (normiert auf Bevölkerungs- und Wohlstandsänderungen) weistkeinen eindeutigen Trend auf. Es lässt sich daraus keine Tendenz für atmosphärischer Änderungenableiten lassen. Dies soll unter Gliederungspunkt 6.2 noch eingehend diskutiert werden.35


5. Umgang mit tropischen WirbelstürmenDie bisherigen Erläuterungen haben verdeutlicht, dass an der Existenz eines tropischen Wirbelsturmsnichts geändert werden kann, zumindest nicht nach heutigem Wissensstand. Eine Gegenmaßnahmeim herkömmlichen Sinne kommt also nicht in Frage. Daraus ergibt sich dieÜberlegung, wie man mit einem tropischen Wirbelsturm optimal umgehen sollte, um Impaktund Schaden möglichst gering zu halten. <strong>Tropische</strong> Wirbelstürme lassen sich zwar nicht verhindern,aber vorhersagen. Als erster Schritt ist also ein möglichst genaues Wissen über Intensitätund vermutete Bahn des tropischen Wirbelsturms zu errechnen. Die Observation tropischerWirbelstürme ist Voraussetzung für die Vorhersage. Nach Observation und Vorhersage werdenMaßnahmen dargestellt, wie die Menschen mit diesen Informationen umgehen sollten.5.1 Observation und VorhersageBei tropischen Wirbelstürmen handelt es sich um saisonale Erscheinungen. Abschnitt 2.2 gabeine Einführung in diese Thematik. Da die saisonale Observation als Orientierung hilfreich seinkann und somit einen Rahmen für die später diskutierten Vorhersagen bilden wird an dieserStelle noch einmal genauer darauf eingegangen.Abbildung 5.1: Anzahl tropischerZyklone, jährliche Mittelwertefür Zeitraum 1952-1971,Berücksichtigung von Zyklonenmit Windstärken von mindestens72 km/h [KRAUS/EBEL:153, nachGRAY 1975]Abbildung 5.1 enthält die Anzahl der tropischen Zyklone, die sich im Mittel pro Jahr in den linksgenannten Meeresgebieten zu den oben genannten Monaten befinden. Die unterschiedlichenEntstehungsgebiete sind Abbildung 5.2 zu entnehmen.36Abbildung 5.2: sieben Entstehungsgebietetropischer ZykloneBerücksichtigung von Zyklonenmit Windstärken von mindestens72 km/h, die 1952-1971zum ersten Mal als tropische Zyklonebeobachtet wurden[KRAUS/EBEL:144]


Aus Abbildung 5.1 lässt sich entnehmen, dass von Januar bis März tropische Wirbelstürme insbesondereauf der Südhalbkugel auftreten, im dortigen Sommer. Zwischen Juli und September,dem Nord-Sommer, verschiebt sich der Schwerpunkt zu den Meeren der Nordhalbkugel. DieSaison des westlichen Nordpazifiks bleibt auf einem hohen Niveau von Oktober bis Dezember,hört aber nie ganz auf– wie bei den meisten anderen Meeren.Global betrachtet ist die Zeit zwischen Juli und September die aktivste mit durchschnittlich 33,6tropischen Zyklonen. Auf den Gewässern der Nordhalbkugel traten 1952 bis 1971 durchschnittlichjährlich 67 tropische Zyklone auf, über doppelt so viele wie auf der Südhalbkugel mit durchschnittlich28,2 Zyklonen. Diese saisonale und räumliche Verteilung kann als Grundlage für Observationengesehen werden, da sich dadurch jeweils der Fokus zu bestimmten Zeiten auf dieunterschiedlichen Regionen richten kann.Die generelle Schwierigkeit bei der Observation tropischer Wirbelstürme besteht darin, dass essich um ozeanische Phänomene handelt, wo kaum Wetterstationen zur Verfügung stehen. InLand- oder Schiffnähe kann eine Oberflächenobservation des tropischen Wirbelsturmes erfolgen.In weiterer Entfernung zum Land erfolgt die Observation seit 1960 per Wettersatelliten, diesowohl visuelle als auch infrarote Bilder aufnehmen, üblicherweise alle viertel bis halbe Stunde.Sobald der tropische Wirbelsturm sich dem Land nähert werden Radare wichtig, besonders bezüglichder Observation des Landfalls, da Radare minütlich die Verortung und Intensität darstellenkönnen, mit Hilfe des sogenannten Doppler Radars. Doppler Radare messen die Radialgeschwindigkeitin der Richtung der Antenne und die gemessenen Daten sind sehr akkurat. DerRadar kann Niederschlag und atmosphärische Bewegungen sowie Wind messen. WSR-88D istder technische Name für Weather Surveillance Radar 1988 Doppler, auch bezeichnet als NEX-RAD, was für Next Generation Radar, einem Netzwerk von 158 hochauflösenden Doppler Radaresteht. Die von ihm gelieferten Daten können als Mosaik dargestellt werden und bilden so eineKarte, auf der auch die Bewegung des Niederschlags sichtbar ist. [WMO TD-1129 11ff]Zur Observation tropischer Wirbelstürme gehört außerdem die Routineüberwachung mit Flugzeugen,die 1944 einsetzte. Um den tropischen Wirbelsturm direkt aus nächster Nähe untersuchenzu können fliegen die in den USA so genannte Hurricane Hunters in den Sturm hinein, ummöglichst genaue Daten zu erhalten. Auch seit dem Einsatz von Radaren ab 1954 wurde dieFlugüberwachung nicht abgeschafft, da von Flugzeugen und Raderen unterschiedliche Datengesammelt werden. Jüngst wurde an der Entwicklung ferngesteuerter Flugzeuge gearbeitet.2005 wurde erstmals eine solche Sonde in einen Hurrikan geschickt. Diese Entwicklung ist zukunftsweisend,da – neben dem geringeren Risiko für Piloten – Daten aus geringeren Flughöhengesammelt werden können. Die Dauer eines Fluges liegt derzeit bei maximal 30 Stunden.[KRAUS/EBEL:168; NIEDEK/FRATER: 108; WMO TD-1129]37


Derzeit werden täglich weltweit Schlüsselparameter der Atmosphäre, der Land- und Meeresoberflächegemessen. Dies wird durchgeführt von 10.000 bemannten und unbemannten Wetterstationen,1.000 Luftstationen, über 7.000 Schiffen, mehr als 100 festen und 1.000 driftendenBojen, Hunderten von Wetterradaren, und über 3.000 speziell ausgerüsteten kommerziellenFluggeräten. 17Für den tropischen Atlantik, den Golf von Mexiko und den Ostpazifik erfolgt die Observationunter Anderem im amerikanischen National Hurricane Center (NHC), welches in Miami, alsoselber in einer gefährdeten Region, gelegen ist. Das NHC gehört zum National Weather Service(NWC), welches wiederum eine der sechs Abteilungen der National Oceanic and AtmosthericAdministration (NOAA) der US-Regierung ist. Das NHC ist zuständig für die Überwachung tropischerWirbelstürme.Die Observation tropischer Wirbelstürme leistet einen großen Dienst für die Vorhersagen, da siedas Verständnis der Vorgänge eines Wirbelsturmes vergrößert und die gute Datenlage auchkurzfristige Vorhersagen ermöglicht. Vorhersagen erfolgen für die Bahn tropischer Wirbelstürme,für die Intensität, für den aus tropischen Wirbelstürmen oft resultierenden Flutwellen undden Regen sowie für Tornados. Die folgenden Darstellungen von Vorhersagemöglichkeiten beschränkensich weitestgehend auf die Vorhersagen des NHC.Die Vorhersage der Bahn tropischer Wirbelstürme kann als die wichtigste Vorhersage gesehenwerden, da alle anderen Vorhersagen auf ihr aufbauen und an Aussagekraft verlieren, je ungenauerdie Bahn-Vorhersage ist. Derzeit werden für alle im NHC erfassten tropischen Zykloneoffizielle Vorhersagen ausgegeben, sowohl für die Position des Hurrikan-Auges als auch für diemaximale 1-Minuten-Oberflächen-Windgeschwindigkeit. Diese Ausgabe erfolgt alle sechs Stundenund stellt eine Vorhersage für die kommenden 12, 24, 36, 42, 72, 96 und 120 Stunden dar.1954 wurde die erste 24-Stunden-Vorhersage getätigt, 2001 folgten die aktuellsten Erweiterungenauf Vorhersagen für 96 und 120 Stunden, also für vier bzw. fünf Tage, die ab 2003 auch veröffentlichtwurden. [NHC Verification Report 2005:1f]Am Ende einer jeden Saison werden die Vorhersagen mit der tatsächlichen Position des Hurrikan-Auges,den maximal gemessenen Windgeschwindigkeiten und weiteren Parametern derHurrikane verglichen. (vgl. Abbildung 5.3).17 vgl. weitergehende Informationen unter www.wmo.int/pages/themes/observationsund ein ausführliches, dreisprachiges Dokument zu Details der Observations- und Vorhersagetechnik:www.wmo.int/pages/prog/www/tcp/documents/doc/TD1129-science-forecasting.docunter www.wmo.int/pages/prog/www/tcp/Publications/listofpub.html38


Abbildung 5.3: Offiziellejährliche Abweichungzwischen denVorhersagen des NHCund tatsächlich eingetretenenatlantischenHurrikanen[NOAA NHC www.nhc.noaa.gov/verification/verify6.shtml]Aus Abbildung 5.3 lässt sich entnehmen, dass die Abweichung von Vorhersagen zu tatsächlichentropischen Wirbelstürmen abgenommen hat. Bei einer 24-Stunden-Vorhersage lag im Jahr2005 die Abweichung der Vorhersage vom tatsächlich eingetroffenen Ereignis („best track“) imDurchschnitt nur etwa 50 Meilen, also ungefähr 80 km entfernt. 1970 waren es noch etwa 125Meilen, also circa 200 km. Vorhersagen, die mehr als 24 Stunden vor dem Ereignis angefertigtwerden sind – dem Wesen einer Vorhersage entsprechend – ungenauer. Für die in 5.2 diskutiertenMaßnahmen im Verhalten in Hurrikan-gefährdeten Regionen sind diese trotzdem vongroßem Nutzen und der derzeitige Trend der Verbesserung von relativ kurzfristigen Vorhersagenlässt hoffen, dass sich auch die langfristigen Vorhersagen (96h und 120h) verbessern .Es gibt eine Vielzahl von Modellen zur Vorhersage der Bahnen von Hurrikanen. Generell kannman unterscheiden zwischen skill und no-skill Modellen, CLIPER5 (Climatology and Persistence,einem statistischen 5-Tage-Modell) ist ein bekanntes no-skill System. Es werden homogenePrüfungen von Basisüberwachungen durchgeführt. Bei einem auftretenden Hurrikan werdendiese Daten vergangener Hurrikane mit den neuen Daten abgeglichen. Bei ähnlichen Hurrikanenwerden ähnliche Bahnen prognostiziert. CLIPER5 berücksichtigt dabei keinerlei Informationenzum Zustand der Atmosphäre. Je geringer die Fehler von CLIPER5 während einer Saisonsind, desto „normaler“ haben sich die Stürme verhalten. Das CLIPER5-Modell kann als Basisliniefür andere Vorhersagen genutzt werden. CLIPER5, obwohl es als Modell ohne Fertigkeitenbezeichnet wird, war bis in die späten 1980er Jahre das akkurateste Modell. [NHC VerificationReport 2005:2f]Für die Vorhersagen der Intensität kann analog zu CLIPER5 SHIFOR5 (Statistical Hurricane IntensityForecast, ebenfalls ein 5-Tage-Modell) verwendet werden. Hier werden ebenfalls Durch-39


schnittswerte vergangener Stürme als Basis genommen und zusammen mit einer Hochrechnungdes Verhaltens des aktuell untersuchten Sturms galt dieses lange Zeit als das genaueste Modell.Das größte Problem bei diesem Modell ist, dass es kein Abklingen nach Landfall einkalkuliert,da es keine Wahrnehmung für Land hat. Ein SHIFOR-Modell, welches ein abklingendes Elementbeinhaltet, wird derzeit entwickelt. [NHC Verification Report 2005:3]Für beide Vorhersagen – also für Bahn und Intensität eines Wirbelsturmes – gibt es Hilfsmodelle,die die offizielle Vorhersage de NHC unterstützen können. Man unterscheidet hier frühe undspäte Modelle, abhängig davon, ob sie zur Zeit der Vorhersage verfügbar waren oder nicht.Mehrschichtige, dynamische Modelle sind meistens späte Modelle, hier kann sich aber damitbeholfen werden, dass so genannte interpolierte Modelle hergestellt werden. Ein kurz vorheraufgenommenes Modell, z.B. das GFS, kann in die Vorhersage eingebaut werden.Das Global Forecast System (GFS) ist ein Modell, welches vier mal täglich läuft. Da es das einzigefrei zugängliche Modell weltweit ist, wird es oft von weiteren Vorhersage-Anbieter als Basisgenommen. Horizontal wird die Erde bei diesem Modell in 35 bzw. 70 km²-große Gitter geteilt,vertikal wird die Atmosphäre in 64 Layer geteilt. Bei dynamischen Modellen wird die Vorhersageüblicherweise mit Hilfe physikalischer Gleichungen getroffen, wobei die Atmosphäre entwederals ein Layer, also zweidimensional dargestellt wird, oder mit mehreren Layern, wodurch dieAtmosphäre dreidimensional wird. Statistische Modelle beziehen sich auf historische Daten, indenen Sturmverhalten in ein Verhältnis zu anderen Parametern gesetzt wird. Konsens-Modellesind nicht immer Vorhersage-Modelle. Beispielsweise ist der Durchschnitt anderer Vorhersage-Modelle ein Konsens-Modell. Wenn dabei eine Gewichtung erfolgt steigt die Wahrscheinlichkeiteiner möglichst guten Vorhersage, das FSU-super-ensemble-Modell kann hier beispielhaft genanntwerden. [NHC Verification Report 2005:4f]Für das Jahr 2005 gibt das National Hurricane Center an, das die Vorhersagen bezüglich derBahnen genauer waren als in den vergangenen 10 Jahren, während dieser Zeit verbesserte sichdie Genauigkeit um etwa 50 %. Was die Intensität der Stürme der 2005-Saison betrifft warendie Vorhersagen aber schlechter als in der vergangenen Dekade. Das mag darauf zurückzuführensein, dass es eine überdurchschnittliche Anzahl an Kategorie-5- Hurrikanen gab, außerdemviele sich schnell intensivierende Stürme. [NHC Verification Report 2005:5ff]Vorhersagen für die Bahn der Hurrikane und die Intensität sind die bekanntesten. Im Zusammenhangzur Vorhersage tropischer Wirbelstürme stehen aber auch Niederschlag, Flutwellenund Tornados. Das für den US-atlantischen Raum bedeutendste Vorhersagesystem heißtSLOSH, was für Sea, Lake, Overland, Surge from Hurricanes steht. Als Grundlage werden hierwieder die Vorhersagen für die Bahn und Intensität der Hurrikane genutzt. Die Größe, Intensi-40


tät, Vorwärtsbewegung und die Topographie des Küstengebietes werden berücksichtigt, um dasAusmaß einer potentiellen Flutwelle vorhersagen zu können.Bezüglich der Vorhersagen kann festgehalten werden, dass sich die Methoden und die Genauigkeitstetig verbessern. Das hat im Optimalfall zur Folge, dass sich die Menschen entsprechendder Warnungen verhalten können und weniger Opfer an Menschenleben zu verzeichnen sind.5.2 MaßnahmenUnter Maßnahmen soll hier das Verhalten von Menschen in potentiell gefährdeten Regionen generell,im Warnungsfall und im Ernstfall verstanden werden. Mit generellem Verhalten sind dieRahmenbedingungen gemeint. Jahrhundertelang wurde entsprechend des Risikopotenzials gesiedelt.Heutzutage geht die Tendenz dahin, küstennahes Wohnen trotz hohen Risikos zu bevorzugen.Ein Grund für diesen Trend kann sein, dass sich viele große Städte in Küstennähe befindenund so für Beispielsweise bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt oder bessere Unterhaltungan die Küste migriert wird. Der Aspekt der zunehmenden Küstenbevölkerung wird in 6.2noch einmal aufgenommen.Unter generellen Maßnahmen fallen bei der Wahl einer Unterkunft bzw. beim Bau in Risikogebieten,dass gewisse Sicherheitsstandards eingehalten werden müssen. Auf einen geeignetenKeller, Fensterläden vor den Fenstern, einer gestärkten Verbindung von Hauswänden undDach, die das Abheben des Dachs verhindert und ein starkes Fundament, zum Beispiel auf Stelzen,sollte unter Anderem geachtet werden. [mehr dazu bei NIEDEK/FRATER:109]Dass die Vorsichtsmaßnahmen, die Niedek/Frater vorschlagen nicht immer befolgt werden, vergrößertdas Risiko, durch einen tropischen Wirbelsturm wirtschaftlichen oder gesundheitlichenSchaden davonzutragen. <strong>Tropische</strong> Wirbelstürme „wählen“ natürlich nicht nur die Gebiete zumLandfall, in denen die Menschen finanziell und technisch in der Lage sind, diese baulichen Maßnahmenin die Tat umzusetzen. Selbst in einem wirtschaftlich zu den stärksten zählenden Ländernwie den USA kommt es immer wieder zu katastrophalen Zerstörungen durch Naturkatastrophenwie zum Beispiel tropischen Wirbelstürmen. Zu trauriger Berühmtheit verhalf diesemUmstand New Orleans 2005, als Hurrikan Katrina unter Anderem weite Teile der Stadt zerstörte.An Hand von Beispiel Hurrikan Katrina lässt sich auch darstellen, dass das theoretisch optimaleVerhalten im Ernstfall oft weit entfernt von der Realität ist. Idealerweise wird die von NHC ausgesprocheneWarnung zum Anlass genommen, eine Evakuierung einzuleiten und durchzuführen.Am NHC werden für die Prognose für den atlantisch-karibischen Raum mindestens zehn41


numerische Modelle zur Berechnung der Zugbahnwahrscheinlichkeiten erstellt. (vgl. 5.1) Ausden Prognosen muss, wird der tropische Wirbelsturm für eine Region als Risiko eingeschätzt,als zweiter Schritt eine Warnung ausgesprochen werden. Diese wird für die Bevölkerung veröffentlicht,wenn für einen Ort die Wahrscheinlichkeit, dass der Wirbelsturm innerhalb der nächsten36 Stunden dort eintrifft, bei mindestens 50 % liegt. [Niedek/Frater:108]Die Schwierigkeit bei Warnungen besteht vor Allem darin, sie nicht zu großräumig und großzügigauszusprechen um zu verhindern, dass die Reaktion auf Warnungen abgenutzt wird. Gleichzeitigdarf auch nicht versäumt werden, im Fall eines wahrscheinlich eintreffenden Hurrikanseine Warnung auszugeben. Bei einem typischen Hurrikan mit Ausmaßen von 160 km wird eineWarnung ausgesprochen, die eine Distanz von 320 km abdeckt. Unter der Annahme, dass dieBevölkerungsdichte einer Küstenregion einheitlich ist, evakuieren sich 67 % der Bevölkerungumsonst. Dies hat den psychologischen Effekt zur Folge, dass die Betroffenen der Warnungenund der Evakuierungen müde werden (können). Ein weiteres Problem der „Über-Warnungen“ist, dass Evakuierungen mit hohen Kosten für die lokalen Regierungen verbunden sind. Für dieUSA kalkulieren Elsner/Kara mit Kosten pro evakuiertem Kilometer in Höhe von 100.000 US-$, womit der Preis einer „Über-Warnung“ bei 32 Millionen US-$ läge. [ELSNER/KARA:413]Hurrikan Katrina entwickelte sich sehr schnell zu einem tropischen Wirbelsturm, demnach entstanddie Vorhersage mit geringer Verzögerung. Nachdem sich Katrina am 23. August 2005über den Bahamas gebildet hatte erhielt er am Morgen des 24. August seinen Namen erhielt, dader Sturm den Status eines tropischen Sturmes erreichte. Am 25. August, im Golf von Mexiko,entwickelte sich Katrina zu einem Hurrikan der Kategorie 3. Eine aktualisierte Prognose desNHC sagte voraus, dass am 27. August Katrina auf die Küste Louisianas mit New Orleans imZentrum treffen würde. Der Notstand für Louisiana, Mississippi und Alabama wurde von nationalerEbene am 28. August ausgerufen. Schon im Vorwege wurde von einer möglichen Flutwelle,ausgelöst durch Katrina, gewarnt. Für New Orleans hatte diese Warnung besondere Brisanz,da 80 % der Stadt unter dem Niveau des Meeresspiegels liegen. Die durch den Hurrikan ausgelösteFlutwelle setzte dann auch große Teile der Stadt unter Wasser. Ohne auf die Details derZerstörung von New Orleans eingehen zu wollen, bietet das Beispiel für die Analyse des Verhaltensim Umgang mit einem Georisiko wie tropischen Wirbelstürmen gute Ansatzpunkte. DieEvakuierung lief nämlich nicht gut – viele Menschen blieben trotz Warnung in New Orleans. Diesozial sehr heterogene Bevölkerung weist einen hohen Anteil an sozial schwachen Menschenauf, die über keine privaten Möglichkeiten der Evakuierung verfügen. Außerdem wurde teilweisebei bisherigen Hurrikanen die Erfahrung gesammelt, dass man in den höheren Stockwerkender Hotels der Innenstadt Schutz suchen konnte und sich somit der aufwendigen Evakuierungentziehen konnte. Den Behörden war bekannt, dass die Stadt einem Hurrikan mit einer Stärke42


auf der Saffir-Simpson-Skala von über 3 (Katrina war vor bzw. nach Landfall ein Hurrikan derKategorie 5 bzw. 4) nicht standhalten könne. Bei einer Befragung durch die Universität von Luisianagaben 2003 21,3 % der Bevölkerung an, bei einem Hurrikan der Kategorie 4 nicht ihrHaus zu verlassen. 40 % derjenigen, die ihr Haus, aber nicht die Stadt verlassen würden, gabenan, in Notunterkünfte zu gehen. Die Evakuierung aus der Stadt heraus hat nur begrenzte Möglichkeiten,da die Stadt von Lake Ponchartrain und dem Mississippi umgeben ist. Durch die eingeschränkteStraßenanbindung verlief die Evakuierung im Vorfeld des Hurrikans langsam,nachdem Katrina durch New Orleans gezogen war, waren diese Anbindungen unter Wasser gesetzt,somit war die Evakuierung auf dem Landweg nicht mehr möglich. [science 9/11/2005]Dieses angeschnittene Beispiel zeigt, dass zum Einen die Logistik einer Evakuierung sehrschwierig ist und zum Anderen Menschen nicht unbedingt rational handeln, was den Umgangmit tropischen Wirbelstürmen weiter erschwert. Ob die Verantwortung des optimalen Verhaltensbei der Bevölkerung oder Regierung liegt wird unterschiedlich gesehen. Die Schwierigkeit,dass sich betroffene Menschen eventuell selber nicht in der Verantwortung sehen, korrekt zuhandeln erschwert den Umgang mit tropischen Wirbelstürmen. Auf der anderen Seite wurde imFall Katrinas der Regierung vorgeworfen, sich nicht genug für eine Evakuierung engagiert zu haben.Denn es darf nicht vergessen werden, dass nicht alle Menschen körperlich und finanziell inder Lage sind, sich zu retten oder zu schützen. Abschließend kann gesagt werden, dass das Potenzialbezüglich des optimalen Umgangs mit tropischen Wirbelstürmen noch sehr groß ist undin Zukunft weiter daran gearbeitet werden muss.43


6. Zukunftsaussichten6.1 erkennbare Tendenzen des „Georisikos“?Um eine Tendenz des Georisikos aufzuspüren müssen erstens mögliche Änderung des physischenRisikos und zweitens Änderungen des Menschen als Gegenspieler des Risikos untersuchtwerden. In 6.2 wird eine Darstellung des aktuellen Forschungsstandes bezüglich eines Zusammenhangeszwischen Klimawandel und der Intensivierung von tropischen Wirbelstürmen aufgeführt.Neben der Frage ob und wenn ja wodurch sich tropische Wirbelstürme in ihrer Intensitätverändern stellt sich zusätzlich die Frage, ob sie in ihrer Häufigkeit zunehmen. Als potentiellzukunftsweisend können Darstellungen vergangener Entwicklungen genutzt werden, da sieeinen Trend zeigen können.Abbildung 6.1 ist eine Übersicht über die Anzahl tropischer Wirbelstürme des nördlichen Atlantiks.Es lässt sich kein Trend ableiten, auch wenn der besonders hohe Balken von 2005 dazuverleiten mag. Vielmehr ist die Darstellung geprägt von großen jährlichen Schwankungen. Ausder Anzahl tropischer Stürme mit einer Mindestwindgeschwindigkeit lässt sich also kein Trendableiten.Abbildung 6.1: Anzahl tropischerStürme und Hurrikane im Atlantik2006/07 ergänzt, 2007 vorläufig[NOAA NCDC, Stand: 13. Sept. 07,lwf.ncdc.noaa.gov/oa/climate/research/2005/katrina.html]In Abbildung 6.1 ist ebenfalls dieAnzahl intensiver Hurrikane dargestellt.(s. Tabelle 1.1) Hier ist auffällig, dass die Schwankungen zwischen intensiveren undschwächeren Jahren geballter sind als bei den tropischen Stürmen insgesamt. Der Zeitraumvom Ende der 1940er bis zur Mitte der 1960er weist eine hohe Aktivität intensiver Hurrikaneauf, die 1970er bis frühen 1990er waren ruhiger. Ab Anfang der 1990er ist der Trend intensiverHurrikane wieder steigend, allerdings auch nicht auffallender als Ende der 40er-Jahre. Als aktuellerForschungsgegenstand wird untersucht, ob die jeweils zwei Dekaden langen Phasen hoher44


und niedriger Anzahl intensiver Hurrikane auf eine natürliche Klimaschwankung zurückzuführenist. Interessantere Trenduntersuchungen, bezogen auf die Physik des Sturmes, verspricht da6.2.An dieser Stelle soll der direkte anthropogene Beitrag zur Risikoänderung tropischer Wirbelstürmeuntersucht werden. Als wichtigster Aspekt soll jetzt das Augenmerk auf die Bevölkerungskonzentrationauf gefährdete Gebiete liegen. Denn neben dem Aspekt, dass die Bevölkerungwächst und dadurch generell mehr Menschen durch tropische Wirbelstürme beeinträchtigtwerden können, ist die statisch betrachtete Konzentration der Bevölkerung auf Küsten und zusätzlichdie überproportionale dynamische Migration zur Küste von großer Bedeutung.Diese Aussage lässt sich auch wieder an dem bisherigen Untersuchungsgegenstand, den USA,genauer untersuchen. Graphik 6.2 zeigt, dass die Küsten-Bevölkerung der USA seit 1960 steigt,und das stärker als die Gesamtbevölkerung. Im zeitlichen Vergleich ist die Bevölkerungsdichteder gesamten USA gestiegen, als logische Konsequenz einer wachsenden Bevölkerung bei gleichbleibendem Territorium. Bei einem Vergleich der Werte zwischen Nicht-Küstenregionen undKüstengebieten fällt auf, dass erstens die Dichte in zeitlicher Dimension an der Küste stärker zugenommenhat und zweitens die Dichte, betrachtet man die Werte für 2010 (Projektion), an derKüste mehr als vier mal so groß ist wie im Inland.Diese Bevölkerungskonzentration hat einen Einflussauf das Georisiko tropische Wirbelstürme, dadadurch potentiell mehr Menschen gefährdet sindund der zu erwartende Impakt steigt.Abbildung 6.2: Bevölkerungsdichte in den USAWerte für 2000 und 2010 sind Projektionen (Entstehungder Hochrechnungen: 1994)[ELSNER/KARA:436]45


Die Bevölkerungskonzentration auf Küsten lässt sich auch anhand der Lorenzkurve veranschaulichen.Die Lorenzkurve zeigt das Ausmaß an Ungleichheit einer statistischen Verteilung. Je höherdie Ungleichheit ist, desto weiter ist die Kurve von der Geraden entfernt. Bei einer Lorenzkurve,die exakt der Geraden entspricht, wäre der Untersuchungsgegenstand komplett gleichverteilt.Als Untersuchungsgegenstand wurden hier die Counties von Texas, Louisiana, Mississippi,Alabama und Florida gewählt, die in der Karte der Abbildung 6.3 eingetragen sind.Abbildung 6.3: Küsten-Counties von Texasbis Florida[ELSNER/KARA:400]Abbildung 6.4: Lorenzkurve für US- Bevölkerungund Landfläche[Elsner/Kara:400]Die Abweichung der Kurven von der Diagonalemacht eine räumliche Clusterung kenntlich. Dassdie Landfläche pro County entlang der Golfküsteeinheitlicher ist als die Bevölkerungsverteilung indiesen Counties wird durch die unterschiedlichen Entfernungen der Kurven zur Diagonale deutlich.Durch die uneinheitliche Bevölkerungsdichte sind zum Einen überdurchschnittlich vieleMenschen den Gefahren durch einen tropischen Hurrikan ausgesetzt, zum Anderen erhöht sichdadurch die Schwierigkeit von Warnungen. [ELSNER/KARA:399]Floridas Abteilung für Emergency Management schätzt, dass etwa ein Viertel der GesamtbevölkerungFloridas in Gebieten lebt, die ernsthaft beeinträchtigt wären, von einer Flutwelle durcheinen Hurrikan der Kategorie 3 oder stärker. Das südwestliche Florida, ab Pinellas County, hatdas größte Risiko, etwa 90 % der Anwohner lebt auf Land, das von einer starken Flutwelle überschwemmtwürde. [ELSNER/KARA:409]Die hohe und wachende Bevölkerungsdichte an Küsten trägt also zum Wachsen des Georisikostropische Wirbelstürme bei. Dies muss Berücksichtigung finden bei Fragen bezüglich des Engagements,das Risiko zu vermindern.46


6.2 Klimaerwärmung: mögliche Auswirkungen auf Intensität(Langkamp)„Am 26. März 2004 wurde der bislang (seit beginn der Aufzeichnungen 1851) einzigetropische Wirbelsturm im Südatlantik vor Brasilien beobachtet. Im Herbst 2005haben mit Vince und Delta erstmals zwei Tropenstürme die den Küsten Europasvorgelagerten kanarischen Inseln bzw. Azoren erreicht.Auf dem Mittelmeer werden manchmal Stürme beobachtet, die den tropischen Wirbelstürmenähnlich sind. Ein solcher Sturm wird Medicane genannt, eine Kombinationaus den Ausdrücken Mediterranean Sea (englisch für Mittelmeer) und Hurricane(englisch für Hurrikan).“ [DEUTSCHE WIKIPEDIA, Artikel „<strong>Tropische</strong>r Wirbelsturm“]Könnte das ein Vorgeschmack auf die befürchtete „Klimakatastrophe“ sein oder handelt es sichum natürliche Klimaschwankungen. Die Antwort gleich vorne weg: Man weiß es noch nicht.Zahlreiche Studien der letzten Jahre beschäftigten sich mit den Auswirkungen der faktischenErwärmung der Ozeane, besonders stark erwärmt sich ihre Oberfläche (s. Abbildung 6.5).Abbildungen 6.5: (links) Meeresoberflächentemperaturen der vier großen Ozeanbecken im Sommervon 1970–2003 und (rechts) über je ein Jahr gemittelter Wärmeinhalt (in 10 22 Joule) des Weltozeans, basierendauf 2 Mio. modellierten Temp.-Profilen von 1955–2005 für die Schichtdicken 0–300 und 0–700m und über je 5 Jahre geglättet für 0–3000 m. Für die obere Schicht (rot) ergibt sich eine Gesamt-Änderungvon etwa 11 • 10 22 Joule bzw. 0,27 °C, für die darunter (blau) 15,5 • 10 22 Joule bzw. 0,16 °C. Man beachtedie stärkere Streckung der y-Achse. [(links) HAMBURGER BILDUNGSSERVER verändert nach WEBSTER;(rechts) NOAA NODC]Die Ozeanerwärmung ist zweifelsohne ein wichtiger Faktor bei der Entstehung von Hurrikanen.Werden bisher zu kalte Meeresgebiete über 26 °C warm, bieten sie neuen Raum für die Entstehungvon Hurrikanen. Werden die jetzt schon warmen Ozeane noch wärmer, können sie den ohnehinentstehenden Hurrikanen mehr Energie liefern. Demnach könnte es mehr und oder intensivereHurrikane geben. Dazu aus der Stellungnahme der WMO 2006 und die Abbildungen 6.6:47


„Through the work of many researchers: Emanuel 1999 (& 2005), Emanuel et al.2004, Free et al. 2004, Holland 1987, Holland 1997, Tonkin et al. 2000, Persingand Montgomery 2003, Montgomery et al. 2006, there is a developing theory governingmaximum tropical cyclone intensity.“ [WMO Statement 2006 wmo.ch]Abbildungen 6.6:PDI-Index (ein Hurrikan-Intensitäts-Index, näheres s. Quelle) für (links) den Atlantik, (mitte) den Westpazifikund (rechts) deren Kombination. In allen Graphen ist ein Aufwärtstrend, zumindest von etwa 1975bis 2005 zu erkennen. Man beachte aber, dass dieser Trend wegen der recht ruhigen Jahre 2006 und2007 schon wieder einbrechen könnte, entsprechende Berechnungen stehen noch aus. [EMANUEL Nature2005]Man darf aber nicht allein die verstärkenden Faktoren (Ozeanerwärmung) betrachten. Ein klimatischerWandel verändert Meeresströmungen auch lokal. Das kann zur Erwärmung odereben auch Abkühlung bestimmter Ozeanbereiche führen oder Temperaturdifferenzen zwischenOzeanbecken verändern, welche die Hurrikanaktivität in die eine oder andere Richtung ziehenkann. Auch sich verändernde Windsysteme könnten die Entstehung von Hurrikanen erschwerenoder verbessern. Es gilt bei den Studien und Modellsimulationen (s. Abbildung 6.7) möglichstalle Faktoren zu beachten, die zur Entstehungeines Hurrikans direkt und indirekt beitragen,um Vorhersagen zu machen.Abbildung 6.7: Aggregat aus 9 Modellrechnungenvon 2004 für 80 Jahre im Voraus; Annahmen: CO 2 Gehaltder Luft steigt 1 % p.a., Verdopplung nach 70 Jahren;je nach Modell Ozean-Oberflächentemperatur 0,8– 2,4°C höher. [MPG ACCENT nach KNUTSON UNDTULEYA]48


Selbst dann wird es schwer bleiben Aussagen darüber zu treffen, welcher Faktor (z.B. Meerestemperatur)wieviel Prozent zur Hurrikan-Aktivität oder -Intensität beisteuert und vor allemwie viel Prozent dieses Faktors durch den menschengemachten Klimawandel verändert wurdeund wie viel Prozent durch natürliche saisonale Klimazyklen verändert wurde. Bei der Erforschungder natürlichen Schwankungen der Hurrikanaktivität steht man noch am Anfang. FürSchwankungen innerhalb weniger Jahre macht man zu einem großen Teil El Nino verantwortlich.Für multidekadische Schwankungen glaubt man inzwischen natürliche Zyklen (AtlanticMultidecadal Oscilation, AMO) erkannt zu haben. Aber absolut sicher über die Natürlichkeitdieser Schwankungen wird man erst sein, wenn man Zeitreihen von Beobachtungsdaten über einige100 Jahre hat. Was man heute schon tun kann, ist sich die Fakten aus den Beobachtungender letzten 47 - 60 Jahre anzuschauen und hoffentlich die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen.Zum Faktum erklärt der IPCC AR4 2007 der Working Group I (WGI) zum Beispiel, dass dieZahl der Hurrikane von Kategorie 4 und 5 seit 1970 bis 2005 stetig zugenommen hat (s. Zitat).Warum dieser Anstieg da ist, ist eine andere Frage, die noch nicht beantwortet werden kann.Clear (observational) evidence exists for increases in category 4 and 5 storms globallysince 1970 along with increases in the PDI due to increases in intensity andduration of storms. (...) The global view of tropical storm activity highlights theimportant role of ENSO in all basins (...) Based on a range of models, it is likelythat future tropical cyclones (typhoons and hurricanes) will become more intense,with larger peak wind speeds and more heavy precipitation. (...)For extratropical cyclones, positive trends in storm frequency and intensity dominatefor recent decades in most regional studies performed. Longer records for thenortheastern Atlantic suggest that the recent extreme period (of extratropicalstorms) may be similar in level to that of the late 19th century.[IPCC AR4 (2007) WG I, roter Absatz aus dem Summary for Policy Makers, übriges ausKapitel 3.8, www.ipcc.ch]Man beachte: Der zweite Absatz bezieht sich auf extratropische Stürme der mittleren Breiten.Eine gute Gelegenheit um an dieser Stelle das Thema an die Kollegen Stiborski und Baldi weiterzugeben,die sich in ihrer Hausarbeit soeben mit diesem Thema auseinandersetzen ;-).49


7. Bewertung und Fazit (Thiessen und Langkamp)Das Georisiko „tropische Wirbelstürme“ verdient unsere Beachtung mit der Begründung, dasses sich um eine natürliche, periodisch saisonal wiederkehrende Erscheinung handelt, die sehrviel Kraft und dadurch ein großes Risiko für den Menschen mit sich bringt. Das Risiko nimmtzu. Ob das auch an dem gefährlicher werdenden Naturereignis liegt wird derzeit mit besonderemFokus auf den Klimawandel diskutiert und unter 6.2 dargestellt. Fest steht, dass das Risikozunimmt, da sich eine stetig wachsende und auf die Küstenregionen konzentrierende Bevölkerungzunehmend dem Risiko aussetzt wie in 6.1 dargestellt wurde. Die Schäden nehmen zudemaufgrund wachsenden Besitzes und dessen Wert zu, wie unter 3.4 erörtert wurde. Dem Gegenübersteht die unter Gliederungspunkt 5 zu findende Verbesserung an Observationsmöglichkeiten,Vorhersagen und Warnsystemen.Als aktuelle Aufgabe in diesem Bereich darf demnach verstanden werden, an zwei Angelpunktenzu arbeiten. Der zunehmenden Vulnerabilität und den ansteigenden Schäden kann entgegengewirktwerden, indem unter Anderem für mehr Verständnis des Georisikos innerhalb der Bevölkerunggesorgt wird. Die Vorhersagen müssen sich zeitgleich verbessern, um Warnungen effizienterund genauer durchführen zu können, so dass bei dem Naturereignis tropische Wirbelstürmemöglichst wenig Menschen zu Schaden kommen. Hierin sehen wir auch das Potential derGeographie. Der Sturm ist das physisch-geographische Phänomen, welches es weiter zu untersuchengilt, ebenso wie die Menschen und ihr Umgang mit diesem Ereignis.Zudem sollten sowohl Regierungen als auch Zivilgesellschaft überlegen, ob es „günstiger“ ist,präventiv in „Klimaschutz“ zu investieren, um nicht die potenzielle Gefahr der Ozeanerwärmungzu riskieren oder ob es „günstiger“ ist, Klimaschutzanstrengungen zu unterlassen und das möglicherweisehöhere Risiko in Kauf zu nehmen.50


8. Quellen-, Abbildungs-, AbkürzungsverzeichnisBücher, Paper und ZeitschriftenBURPEE, R. W., (1972): The origin and structure of easterly waves in the lower troposphere of North Africa;J. Atmos. Sci., 29, S. 77-90DIAZ, HENRY F.; PULWARTY, ROGER S. (1997): Hurricanes – Climate and Socioeconomic Impacts; Springer-Verlag; Berlin, HeidelbergELSNER, JAMES B.; KARA, A. BIROL (1999): Hurricanes of the North Atlantic – Climate and Society; OxfordUniversity Press; New York, OxfordEMANUEL, KERRY (2005): DIVINE WIND – The History an Science of Hurricanes; Oxford University Press,New YorkKRAUS, HELMUT, U. EBEL (2003): Risiko Wetter – Die Entstehung von Stürmen und anderen atmosphärischenGefahren; Springer-Verlag, Berlin, HeidelbergLATIF, M., N. KEENLYSIDE UND J. BADER (2007): Tropical sea surface temperature, vertical wind shear, andhurricane development; Geophys. Res. Lett., L01710, doi:10.1029/2006GL027969.PIELKE, ROGER A. (1990): The Hurricane; Routledge, LondonPIELKE, ROGER A. JR; PIELKE, ROGER A. SR. (1997): Hurricanes – their Nature and Impacts on Society; JohnWiley & Sons Ltd; ChichesterSIMPSON, ROBERT H.; RIEHL, HERBERT (1981): The Hurricane ant Its Impact; Basil Blackwell; OxfordWILLMANN, TÜRCK, MESSINGER (1997): Langenscheidts Taschenwörterbuch Englisch; Langenscheidt, Berlinu.a.Internet (2007)AVILA, L. A.; PASCH, R. J. (1995): „Atlantic tropical systems of 1993“ Mon. Wea. Rev., 123, S.887-896,AMS Journals Online (l. Z. 2. Dez.)ams.allenpress.com/archive/1520-0493/123/3/pdf/i1520-0493-123-3-887.pdfDEUTSCHE WIKIPEDIA, Artikel „<strong>Tropische</strong>r Wirbelsturm“ (l. Z. 6. Nov.)de.wikipedia.org/wiki/<strong>Tropische</strong>r_WirbelsturmDEUTSCHE WIKITIONARY, Artikel „Hurrikan“ (l. Z. 6. Nov.)de.wiktionary.org/wiki/HurrikanENGLISCHE WIKIPEDIA, Artikel „Hurricane“(l. Z. 30. Nov)en.wikipedia.org/wiki/Hurricane#Movement_and_trackENGLISCHE WIKIPEDIA, Artikel „Tropical Cyclone Observation“ (l. Z. 3. Dez.)en.wikipedia.org/wiki/Tropical_cyclone_observationIPCC AR4 (2007) WG I, Kapitel 3.8, (l. Z. 4. Dez.)www.ipcc.ch/pdf/assessment-report/ar4/wg1/ar4-wg1-chapter3.pdfLANDSEA, C.W. (1993): „A climatology of intense (or major) Atlantic hurricanes“ Mon. Wea. Rev., 121, S.1703-1713, NOAA AOML (l. Z. 2. Dez.)www.aoml.noaa.gov/hrd/Landsea/climo/index.htmlNOAA AOML (l. Z. 1. Dez.)www.aoml.noaa.gov/hrd/tcfaq/E10.html51


NOAA NCDC (l. Z. 4. Dez.)www.ncdc.noaa.gov/oa/satellite/satelliteseye/educational/saffir.htmlNOAA NHC (l. Z. 4. Dez.)www.nhc.noaa.gov/aboutsshs.shtmlNOAA NHC: (l. Z.. 30.11.)www.nhc.noaa.gov/verification/NOAA Verification Report 2005: (l. Z.. 30.11.)www.nhc.noaa.gov/verification/pdfs/Verification_2005.pdfNOAA: Technical Report 2005: (l. Z.. 30.11.)www.ncdc.noaa.gov/oa/reports/tech-report-200501z.pdfWMO (Nov. 2006) „Statement on Tropical Cyclones and Climate Change“(l. Z. 4. Dez.)www.wmo.ch/pages/themes/wmoprod/documents/iwtc_state ment.pdfWMO: Observationen: (l. Z.. 01.12.)www.wmo.int/pages/themes/observationsWMO Technical Document No. 1136: The science and forecasting of tropical cyclones: (l. Z.. 29.11.)www.wmo.ch/pages/prog/www/tcp/Publications/listofpub.htmlScience: Vol. 309 no. 5741 pp. 1656-1659: Travis, John: Hurricane Katrina; Scientists' Fears Come True asHurricane Floods New Orleans (l. Z. 01.12.)www.sciencemag.orgSwiss Re Sigma:(l. Z. 25.11.)www.swissre.com/resources/72361a80455c69e8869fbe80a45d76a0-sigma1_2004_d_rev.pdfAbbildungenTitel: Katrinas Augewww.aoc.noaa.gov/Photos%20link/Hurr-Katrina-Eye-Aug-05.jpg vonwww.aoc.noaa.gov/Photos_Hurr_Katrina.htmlAbbildung 2.1: administrative Grenzenwww.wmo.int/pages/prog/www/tcp/organization.htmlAbbildung 2.2: exakte Zugbahnende.wikipedia.org/wiki/Bild:Global_tropical_cyclone_tracks-edit2.jpgAbbildung 2.3: ITCZen.wikipedia.org/wiki/Image:ITCZ_january-july.pngAbbildung 2.4: Entstehungs- und Namensgebietewww.srh.noaa.gov/srh/jetstream/tropics/tc_basins.htmAbbildung 3.1: easterly wave, KRAUS/EBEL:116Abbildung 3.2: Luftschichtung. KRAUS/EBEL:49Abbildung 3.3: Ozeanoberflächentemperaturenwww.nodc.noaa.gov/cgi-bin/OC5/WOA05F/woa05f.pl?parameter=tAbbildung 3.4: Coriolisbeschleunigung KRAUS/EBEL:37Abbildung 3.5: Nordhemisphärewww.osei.noaa.gov/Events/Tropical/Atlantic/1999/TRCflge256_G8.jpg vonwww.osei.noaa.gov/Events/Tropical/Atlantic/1999/52


Abbildung 3.6: Querschnitt über den Radius KRAUS/EBEL:145 nach FRANK 1977Abbildung 3.7: Floydwww.osei.noaa.gov/Events/Tropical/Atlantic/1999/TRCfloyd257A_N4.jpg vonwww.osei.noaa.gov/Events/Tropical/Atlantic/1999/Abbildung 3.8: Querschnitte über den Durchmesser KRAUS/EBEL:149 nach SCORER 1972Abbildung 3.9 und 3.10: Querschnitte mit Zirkulation nachwww.srh.noaa.gov/srh/jetstream/tropics/tc_structure.htm unden.wikipedia.org/wiki/Image:Hurricane_profile.svg nach zu kleiner, gerasterter Vorlage:earthobservatory.nasa.gov/Library/Hurricanes/Images/hurricane_section.gifAbbildung 3.11: Korrelation KRAUS/EBEL:152 nach SIMPSON UND RIEHL 1981Abbildung 3.12: Messboje KRAUS/EBEL:153 nach PIELKE 1990Abbildung 4.1: Globale Verteilung von Zugbahnen KRAUS/EBEL:155, nach GRAY 1978Abbildung 4.2: Verhältnis Windgeschwindigkeit und Zerstörungskraft PIELKE/PIELKE: 124Abbildung 4.3: Änderung der mittleren horizontalen Windstärke über Land und über See KRAUS/EBEL:43Abbildung 4.4: Tote durch atlantische Hurrikane in USA ELSNER/KARA:412Abbildung 4.5: Tote durch atlantische Hurrikane DIAS/PULWARTY:104Abbildung 4.6: jährliche Schäden durch tropische Zyklone in den USA KRAUS/EBEL:170Abbildung 5.1: Anzahl tropischer Zyklone KRAUS/EBEL:153Abbildung 5.2: sieben Entstehungsgebiete tropischer Zyklone KRAUS/EBEL S.144Abbildung 5.3: Abweichung Vorhersagenwww.nhc.noaa.gov/verification/verify6.shtmlAbbildung 6.1: Anzahl tropische Wirbelstürme und Hurrikanelwf.ncdc.noaa.gov/oa/climate/research/2005/katrina.htmlAbbildung 6.2: Bevölkerungsdichte in den USA ELSNER/KARA:436Abbildung 6.3: Küsten-Counties von Texas bis Florida ELSNER/KARA:400Abbildung 6.4: Lorenzkurve für US- Bevölkerung und Landfläche ELSNER/KARA:400Abbildung 6.5: (links) Meeresoberflächentemperaturenlbs.hh.schule.de/welcome.phtml?unten=/klima/klimafolgen/extreme/hurrikan/ trends.html verändertnach WEBSTER, P. J. , G.J. Holland, J.A. Curry, and H.-R. Chang (2005): „Changes in Tropical CycloneNumber, Duration, and Intensity in a Warming Environment“ Science 309, S. 1844-1846(rechts) Wärmeinhalt Weltozeanftp://ftp.nodc.noaa.gov/pub/data.nodc/woa/PUBLICATIONS/grlheat05.pdfAbbildung 6.6: PDI-Index EMANUEL: „Increasing destructiveness of tropical cyclones over the past 30years“, nature Vol. 436|4 August 2005|doi:10.1038/nature03906,ftp://texmex.mit.edu/pub/emanuel/PAPERS/NATURE03906.pdfAbbildung 6.7: 9 Modellrechnungen, MPG ACCENT nach THOMAS R. KNUTSON UND ROBERT E. TULEYA, J.Clim., 17, 3477 (2004)http://www.gfdl.noaa.gov/reference/bibliography/2004/tk0401.pdf53


TabellenTabelle 1.1: Saffir-Simpson-Hurrikan-Skala nach KRAUS/EBEL:166 undwww.ncdc.noaa.gov/oa/satellite/satelliteseye/educational/saffir.html und www.nhc.noaa.gov/aboutsshs.shtmlTabelle 2.1: Jährliche Vorhersagen nach hurricane.atmos.colostate.edu/Forecasts*Zahlen der eingetregenen Stürm nach www.ncdc.noaa.gov/oa/climate/research/tropical-cyclones.html.** Temperaturanomalie nach: www.cpc.ncep.noaa.gov/products/analysis_monitoring/ensostuff/ensoyears.shtml*** Todesfälle und volksw. Schäden nach en.wikipedia.org/wiki/List_of_Atlantic_hurricane_seasonsTabelle 2.2: Sturmzahl-Mittelwertewww.aoml.noaa.gov/hrd/tcfaq/E10.html , www.aoml.noaa.gov/hrd/tcfaq/G1.htmlTabelle 4.1: Katastrophen 2005 nach Regionen SIGMA SWISS RE NR. 2/2006:7Tabelle 4.2: Die 20 teuersten Versicherungsschäden 2005 SIGMA SWISS RE NR. 2/2006:15Tabelle 4.3: Die 20 todesopferreichsten Schäden 2005 SIGMA SWISS RE NR. 2/2006:15Tabelle 4.4: Die teuersten US-Hurrikane ELSNER/KARA:414Tabelle 4.5: Die potentiell teuersten US-Hurrikane ELSNER/KARA:422Häufig genutzte AbkürzungenACEAMSAOMLbzw.ebd.etc.fff= Accumulated Cyclone Energy= American Meteorological Society= Atlantic Oceanographic and Meteorologic Laboratory= beziehungsweise= gleiche Quelle wie die zuletzt angegebene (ebenda)= und weitere (et cetera)= und nächste Seite= und nachfolgende Seitenl. Z. = letzter Zugruff auf eine Internet-QuelleNCDCNHCNOAANWSOSEI= National Climatic Data Center= National Hurricane Center (US-amerikanisches Hurrikan-Zentrum)= National Oceanic and Atmospheric Administration (US-amerik. Behörde für Ozean und Atm.)= National Weather Service= Operational Significant Event Imagerys. = sieheWMO= World Meteorological Organisationz. B. = zum Beispiel54

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