numerische Modelle zur Berechnung der Zugbahnwahrscheinlichkeiten erstellt. (vgl. 5.1) Ausden Prognosen muss, wird der tropische Wirbelsturm für eine Region als Risiko eingeschätzt,als zweiter Schritt eine Warnung ausgesprochen werden. Diese wird für die Bevölkerung veröffentlicht,wenn für einen Ort die Wahrscheinlichkeit, dass der Wirbelsturm innerhalb der nächsten36 Stunden dort eintrifft, bei mindestens 50 % liegt. [Niedek/Frater:108]Die Schwierigkeit bei Warnungen besteht vor Allem darin, sie nicht zu großräumig und großzügigauszusprechen um zu verhindern, dass die Reaktion auf Warnungen abgenutzt wird. Gleichzeitigdarf auch nicht versäumt werden, im Fall eines wahrscheinlich eintreffenden Hurrikanseine Warnung auszugeben. Bei einem typischen Hurrikan mit Ausmaßen von 160 km wird eineWarnung ausgesprochen, die eine Distanz von 320 km abdeckt. Unter der Annahme, dass dieBevölkerungsdichte einer Küstenregion einheitlich ist, evakuieren sich 67 % der Bevölkerungumsonst. Dies hat den psychologischen Effekt zur Folge, dass die Betroffenen der Warnungenund der Evakuierungen müde werden (können). Ein weiteres Problem der „Über-Warnungen“ist, dass Evakuierungen mit hohen Kosten für die lokalen Regierungen verbunden sind. Für dieUSA kalkulieren Elsner/Kara mit Kosten pro evakuiertem Kilometer in Höhe von 100.000 US-$, womit der Preis einer „Über-Warnung“ bei 32 Millionen US-$ läge. [ELSNER/KARA:413]Hurrikan Katrina entwickelte sich sehr schnell zu einem tropischen Wirbelsturm, demnach entstanddie Vorhersage mit geringer Verzögerung. Nachdem sich Katrina am 23. August 2005über den Bahamas gebildet hatte erhielt er am Morgen des 24. August seinen Namen erhielt, dader Sturm den Status eines tropischen Sturmes erreichte. Am 25. August, im Golf von Mexiko,entwickelte sich Katrina zu einem Hurrikan der Kategorie 3. Eine aktualisierte Prognose desNHC sagte voraus, dass am 27. August Katrina auf die Küste Louisianas mit New Orleans imZentrum treffen würde. Der Notstand für Louisiana, Mississippi und Alabama wurde von nationalerEbene am 28. August ausgerufen. Schon im Vorwege wurde von einer möglichen Flutwelle,ausgelöst durch Katrina, gewarnt. Für New Orleans hatte diese Warnung besondere Brisanz,da 80 % der Stadt unter dem Niveau des Meeresspiegels liegen. Die durch den Hurrikan ausgelösteFlutwelle setzte dann auch große Teile der Stadt unter Wasser. Ohne auf die Details derZerstörung von New Orleans eingehen zu wollen, bietet das Beispiel für die Analyse des Verhaltensim Umgang mit einem Georisiko wie tropischen Wirbelstürmen gute Ansatzpunkte. DieEvakuierung lief nämlich nicht gut – viele Menschen blieben trotz Warnung in New Orleans. Diesozial sehr heterogene Bevölkerung weist einen hohen Anteil an sozial schwachen Menschenauf, die über keine privaten Möglichkeiten der Evakuierung verfügen. Außerdem wurde teilweisebei bisherigen Hurrikanen die Erfahrung gesammelt, dass man in den höheren Stockwerkender Hotels der Innenstadt Schutz suchen konnte und sich somit der aufwendigen Evakuierungentziehen konnte. Den Behörden war bekannt, dass die Stadt einem Hurrikan mit einer Stärke42
auf der Saffir-Simpson-Skala von über 3 (Katrina war vor bzw. nach Landfall ein Hurrikan derKategorie 5 bzw. 4) nicht standhalten könne. Bei einer Befragung durch die Universität von Luisianagaben 2003 21,3 % der Bevölkerung an, bei einem Hurrikan der Kategorie 4 nicht ihrHaus zu verlassen. 40 % derjenigen, die ihr Haus, aber nicht die Stadt verlassen würden, gabenan, in Notunterkünfte zu gehen. Die Evakuierung aus der Stadt heraus hat nur begrenzte Möglichkeiten,da die Stadt von Lake Ponchartrain und dem Mississippi umgeben ist. Durch die eingeschränkteStraßenanbindung verlief die Evakuierung im Vorfeld des Hurrikans langsam,nachdem Katrina durch New Orleans gezogen war, waren diese Anbindungen unter Wasser gesetzt,somit war die Evakuierung auf dem Landweg nicht mehr möglich. [science 9/11/2005]Dieses angeschnittene Beispiel zeigt, dass zum Einen die Logistik einer Evakuierung sehrschwierig ist und zum Anderen Menschen nicht unbedingt rational handeln, was den Umgangmit tropischen Wirbelstürmen weiter erschwert. Ob die Verantwortung des optimalen Verhaltensbei der Bevölkerung oder Regierung liegt wird unterschiedlich gesehen. Die Schwierigkeit,dass sich betroffene Menschen eventuell selber nicht in der Verantwortung sehen, korrekt zuhandeln erschwert den Umgang mit tropischen Wirbelstürmen. Auf der anderen Seite wurde imFall Katrinas der Regierung vorgeworfen, sich nicht genug für eine Evakuierung engagiert zu haben.Denn es darf nicht vergessen werden, dass nicht alle Menschen körperlich und finanziell inder Lage sind, sich zu retten oder zu schützen. Abschließend kann gesagt werden, dass das Potenzialbezüglich des optimalen Umgangs mit tropischen Wirbelstürmen noch sehr groß ist undin Zukunft weiter daran gearbeitet werden muss.43