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BGH VIII ZR 220/05 Zögerliche ... - Kanzlei-roth.de

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- 2 -Der <strong>VIII</strong>. Zivilsenat <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlungvom 5. Juli 2006 durch die Richter Ball, Dr. Leimert, Dr. Wolst und Dr. Frellesensowie die Richterin Hermannsfür Recht erkannt:Die Revision <strong>de</strong>r Beklagten gegen das Urteil <strong>de</strong>r Zivilkammer65 <strong>de</strong>s Landgerichts Berlin vom 30. August 20<strong>05</strong> wirdzurückgewiesen.Die Beklagte trägt die Kosten <strong>de</strong>s Revisionsverfahrens.Von Rechts wegenTatbestand:1Zwischen <strong>de</strong>n Parteien bestand aufgrund eines Mietvertrags vom 22. April1997 ab <strong>de</strong>m 15. Mai 1997 bis zum 30. Dezember 2003 ein Mietverhältnisüber eine Wohnung in B. . Nach <strong>de</strong>m Mietvertrag hatten die Kläger Nebenkostenvorauszahlungenzu leisten (§ 7 Abs. 1). Ferner enthielt <strong>de</strong>r Vertrag folgen<strong>de</strong>Bestimmung:"§ 15 BetriebskostenHierauf ist ein monatlicher Vorschuss an <strong>de</strong>n Vermieter neben <strong>de</strong>rMiete, wie in § 7 Abs. 1 beziffert, zu zahlen.1. Die laufen<strong>de</strong>n öffentlichen Lasten, insbeson<strong>de</strong>re Grundsteuer2. …


- 3 -Die Vorauszahlungen wer<strong>de</strong>n jährlich abgerechnet. Die Abrechnungerfolgt, sobald <strong>de</strong>m Vermieter die Abrechnungsunterlagenvorliegen…Soweit sich Betriebskosten - ggf. auch rückwirkend - erhöhen o<strong>de</strong>rneu entstehen, darf <strong>de</strong>r Vermieter die Erhöhung bzw. die neu entstan<strong>de</strong>nenBetriebskosten nach <strong>de</strong>n gesetzlichen Vorschriften anteiligumlegen ..."2 Nach<strong>de</strong>m die Betriebskosten für die Jahre 1998 bis 2001 von <strong>de</strong>r Beklagtenbereits abgerechnet waren, gingen ihr am 5. Dezember 2002 Grundsteuerbeschei<strong>de</strong><strong>de</strong>s Finanzamts mit Nachfor<strong>de</strong>rungen für die Jahre 1998 bis 2000und am 8. Januar 2003 ein weiterer Grundsteuerbescheid mit einer Nachfor<strong>de</strong>rungfür das Jahr 2001 zu. Die Beklagte beglich die nachträglich erhöhteGrundsteuer im Jahr 2003. Mit Schreiben vom 28. Oktober 2003 rechnete siedie Nachfor<strong>de</strong>rung gegenüber <strong>de</strong>n Klägern ab und verlangte anteilige Erstattung<strong>de</strong>r auf sie entfallen<strong>de</strong>n Grundsteuernachzahlung in Höhe von 165,41 €pro Jahr, insgesamt 661,64 €.3Mit <strong>de</strong>r Klage haben die Kläger Freigabe einer von ihnen als Mietkautionverpfän<strong>de</strong>ten Sparfor<strong>de</strong>rung verlangt, zuletzt in Höhe von 661,64 €. Die Beklagtehat - unter Anerkennung <strong>de</strong>s Freigabeanspruchs - ein Zurückbehaltungsrechtin <strong>de</strong>rselben Höhe wegen <strong>de</strong>r Grundsteuernachzahlung geltend gemacht. DasAmtsgericht hat die Beklagte verurteilt, Freigabe <strong>de</strong>s Mietkautionskontos in Höhevon 661,64 € zu erklären Zug um Zug gegen Zahlung von 661,64 € durchdie Kläger an die Beklagte. Auf die Berufung <strong>de</strong>r Kläger hat das Landgerichtdas angefochtene Urteil unter Zurückweisung <strong>de</strong>s Rechtsmittels im Übrigenteilweise - im Hinblick auf die Grundsteuernachfor<strong>de</strong>rung für das Jahr 2001 -abgeän<strong>de</strong>rt und die Beklagte verurteilt, die Freigabe <strong>de</strong>s Mietkautionskontos inHöhe von 165,41 € uneingeschränkt zu erklären. Mit ihrer vom Berufungsgerichtzugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wie<strong>de</strong>rherstellung <strong>de</strong>serstinstanzlichen Urteils.


- 4 -Entscheidungsgrün<strong>de</strong>:I.4 Das Berufungsgericht, <strong>de</strong>ssen Urteil in GE 20<strong>05</strong>, 1249 (mit AnmerkungenKinne, GE 20<strong>05</strong>, 1219 und v. Sel<strong>de</strong>neck, Info-M 2006, 12 f.) veröffentlichtist, hat - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - ausgeführt:5 Nach Beendigung <strong>de</strong>s Mietverhältnisses stehe <strong>de</strong>n Klägern ein uneingeschränkterAnspruch auf Freigabe <strong>de</strong>r Kaution in Höhe von 165,41 € zu. Fürdas Jahr 2001 bestehe kein Zurückbehaltungsrecht <strong>de</strong>r Beklagten, weil sie fürdieses Jahr keine Grundsteuernachfor<strong>de</strong>rung erheben könne. Maßgeblich seidie Regelung <strong>de</strong>s § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB, wonach eine Nachfor<strong>de</strong>rung durch<strong>de</strong>n Vermieter nach Ablauf <strong>de</strong>r Abrechnungsfrist ausgeschlossen sei, es sei<strong>de</strong>nn, er habe die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten.67Zumin<strong>de</strong>st nach <strong>de</strong>r Mietrechtsreform sei davon auszugehen, dass Betriebskostenfür diejenigen Jahre abzurechnen seien, für die sie angefallen seien(Zeitabgrenzungsprinzip). Das Abflussprinzip führe hingegen zu korrekturbedürftigenErgebnissen; konsequent angewen<strong>de</strong>t müsste einem MieterGrundsteuer, die <strong>de</strong>m Eigentümer nachberechnet wor<strong>de</strong>n sei, nämlich selbst fürJahre vor Beginn <strong>de</strong>s Mietverhältnisses in Rechnung gestellt wer<strong>de</strong>n. § 556Abs. 3 Satz 3 BGB gehe vom Zeitabgrenzungsprinzip aus, <strong>de</strong>nn eine zu vertreten<strong>de</strong>verspätete Geltendmachung sei beim Abflussprinzip (fast) nicht <strong>de</strong>nkbar.Die Fristenregelung <strong>de</strong>s § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB spreche für eine Verpflichtung<strong>de</strong>s Vermieters, möglichst schnell abzurechnen. Die Beklagte habezwar nicht auf einen geän<strong>de</strong>rten Grundsteuerbescheid hinwirken müssen. Sobald<strong>de</strong>r Vermieter nach Ablauf <strong>de</strong>r Abrechnungsfrist über die notwendigen Unterlagenverfüge, sei er jedoch zu einer unmittelbaren Abrechnung verpflichtet.


- 5 -Ob diesen Anfor<strong>de</strong>rungen nur "ohne schuldhaftes Zögern" (unverzüglich imSinne von § 121 Abs. 1 BGB) genüge getan wer<strong>de</strong>n könne o<strong>de</strong>r ob <strong>de</strong>r Vermieterentsprechend § 560 Abs. 2 BGB bis zu drei Monate nach Kenntnis von <strong>de</strong>rErhöhung nachfor<strong>de</strong>rn dürfe, könne dahinstehen. Denn die Beklagte sei <strong>de</strong>nAnfor<strong>de</strong>rungen je<strong>de</strong>nfalls nicht gerecht gewor<strong>de</strong>n, weil sie nach Erhalt <strong>de</strong>sGrundsteuerbescheids für das Jahr 2001 vom 8. Januar 2003 gut neun Monatemit <strong>de</strong>r Abrechnung zugewartet habe.II.891011Diese Ausführungen halten <strong>de</strong>r rechtlichen Nachprüfung im Ergebnisstand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.Die Beklagte kann <strong>de</strong>m von ihr gemäß § 307 Abs. 1 ZPO anerkanntenAnspruch <strong>de</strong>r Kläger auf Freigabe <strong>de</strong>r verpfän<strong>de</strong>ten Sparfor<strong>de</strong>rung kein Zurückbehaltungsrechtwegen eines Gegenanspruchs aus § 15 <strong>de</strong>s Mietvertragsauf Erstattung <strong>de</strong>r Grundsteuernachfor<strong>de</strong>rung in Höhe von 165,41 € auch fürdas - im Revisionsverfahren allein maßgebliche - Jahr 2001 entgegensetzen.Ein solcher Anspruch steht <strong>de</strong>r Beklagten nach § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB, <strong>de</strong>r in<strong>de</strong>r Fassung <strong>de</strong>s am 1. September 2001 in Kraft getretenen Mietrechtsreformgesetzesvom 19. Juni 2001 (BGBl I, 1149) ab <strong>de</strong>m Abrechnungszeitraum <strong>de</strong>sKalen<strong>de</strong>rjahrs 2001 Anwendung fin<strong>de</strong>t (Art. 229 § 3 Abs. 9 EGBGB), nicht zu.1. Dabei kann entgegen <strong>de</strong>r Auffassung <strong>de</strong>s Berufungsgerichts offenbleiben, wie die nach § 556 Abs. 3 Satz 1 BGB jährlich abzurechnen<strong>de</strong>n Betriebskosten<strong>de</strong>m jeweiligen Abrechnungszeitraum zuzuordnen sind.a) Nach <strong>de</strong>m vom Berufungsgericht für allein zulässig gehaltenen Leistungsprinzip(auch Zeitabgrenzungs- o<strong>de</strong>r Verbrauchsprinzip genannt) sind die-


- 6 -jenigen Betriebskosten abzurechnen, die für <strong>de</strong>n jeweiligen Abrechnungszeitraumangefallen sind (dafür LG Berlin, GE 1988, 463, 465; LG Berlin, GE 2000,813; LG Hamburg, WuM 2000, 197; LG Hamburg, NZM 2001, 806; Langenberg,Betriebskostenrecht <strong>de</strong>r Wohn- und Gewerberaummiete, 4. Aufl., GRdnr. 107; Lammel, Wohnraummietrecht, 2. Aufl., § 556 Rdnr. 132; Schnei<strong>de</strong>rin Müller/Walther, Miet- und Pachtrecht, Stand: März 2006, § 556 Rdnr. 308 ff.;Rips in Eisenschmid/Rips/Wall, Betriebskostenkommentar (2004), § 556Rdnr. 165; Weitemeyer in Emmerich/Sonnenschein, Miete, 8. Aufl., § 556Rdnr. 72). Sofern nicht die Heizkostenverordnung anwendbar sei, könne einan<strong>de</strong>res Abrechnungsprinzip zwar grundsätzlich vereinbart wer<strong>de</strong>n (zweifelndWeitemeyer aaO); sei eine solche Vereinbarung nicht getroffen wor<strong>de</strong>n, stehe<strong>de</strong>m Vermieter jedoch kein Wahlrecht zu (Schmid, Handbuch <strong>de</strong>r Mietnebenkosten,9. Aufl., Rdnr. 3198). Nach dieser Auffassung ist die Grundsteuernachfor<strong>de</strong>rungfür 2001 <strong>de</strong>n Betriebskosten 2001 zuzurechnen.12b) Nach <strong>de</strong>m sogenannten Abflussprinzip kann <strong>de</strong>r Vermieter dagegenalle Kosten, mit <strong>de</strong>nen er im laufen<strong>de</strong>n Abrechnungszeitraum belastet wird, indie Abrechnung für <strong>de</strong>n betreffen<strong>de</strong>n Zeitraum einstellen (dafür LG Wiesba<strong>de</strong>n,NZM 2002, 944; LG Berlin, GE 1999, 1129, 1131; LG Berlin, Urteil vom 2. August2004 - 62 S 151/04, zitiert nach juris = MM 2004, 374 LS; OLG Schleswig,NJW-RR 1991, 78; Kinne in Kinne/Schach/Bieber, Miet- und Mietprozessrecht,4. Aufl., § 556 Rdnrn. 55, 78a m.w.Nachw.). Sei ein an<strong>de</strong>res Abrechnungsprinzipnicht vereinbart, sei <strong>de</strong>r Vermieter berechtigt, das Abflussprinzip zu wählen(Kinne, GE 2003, 504, 5<strong>05</strong> f.). Dies gelte je<strong>de</strong>nfalls dann, wenn - wie im vorliegen<strong>de</strong>nFall - bis zur Abrechnung kein Mieterwechsel stattgefun<strong>de</strong>n habe, weileine Mehrbelastung <strong>de</strong>s Mieters dann ausgeschlossen sei (LG Düsseldorf,DWW 1990, 51; LG Berlin, GE 2006, 725; Geldmacher, DWW 1997, 165, 166;Ehlert in Bamberger/Roth, BGB (2003), § 556 Rdnr. 27; Blank, DWW 1992,65 f.; <strong>de</strong>rs. in Blank/Börstinghaus, Miete, 2. Aufl., § 556 Rdnr. 101 m.w.Nachw.).


- 7 -Wird <strong>de</strong>r Vermieter - wie hier - im Jahr 2003 zu einer Grundsteuernachzahlungfür das Jahr 2001 verpflichtet, die er auch noch im Jahr 2003 leistet, so kann erdie Belastung nach dieser Auffassung in die Betriebskostenabrechnung für <strong>de</strong>nAbrechnungszeitraum 2003 einbeziehen.13 c) Die Beklagte hat zwar vorgetragen, sie habe die Nebenkostenabrechnungenfür die Jahre 1998 bis 2000 nach <strong>de</strong>m Abflussprinzip erstellt, sie hataber je<strong>de</strong>nfalls die hier maßgebliche Grundsteuernachzahlung für <strong>de</strong>n Zeitraumbis En<strong>de</strong> 2001 gegenüber <strong>de</strong>n Klägern nicht auf <strong>de</strong>r Grundlage <strong>de</strong>s Abflussprinzips,son<strong>de</strong>rn nach <strong>de</strong>m Leistungsprinzip geltend gemacht. Denn sie hatdiese im Jahr 2003 erfolgte Nachzahlung nicht in die Betriebskostenabrechnung2003 eingestellt, son<strong>de</strong>rn sie von <strong>de</strong>n Klägern mit Schreiben vom 28. Oktober2003 unter <strong>de</strong>m Betreff „Grundsteuernachberechnung für abgelaufene Kalen<strong>de</strong>rjahre“und unter ausdrücklichem Hinweis auf <strong>de</strong>n Nutzungs- und Abrechnungszeitraumbis 31. Dezember 2001 gefor<strong>de</strong>rt. Damit hat sie eine Nachzahlungauf die Betriebskosten für das Jahr 2001 verlangt und nicht Betriebskostenfür 2003 abgerechnet. Es kann <strong>de</strong>shalb dahinstehen, ob die Beklagte alternativdie Grundsteuernachfor<strong>de</strong>rung auch <strong>de</strong>n Betriebskosten 2003 hätte zurechnendürfen.142. Die Abrechnungsfrist für die Betriebskosten 2001 war gemäß § 556Abs. 3 Satz 2 BGB mit En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Jahres 2002 abgelaufen. § 556 Abs. 3 Satz 3BGB schließt die Geltendmachung einer Nachfor<strong>de</strong>rung für einen - wie hier -bereits abgelaufenen Abrechnungszeitraum grundsätzlich aus; etwas an<strong>de</strong>resgilt nur dann, wenn <strong>de</strong>r Vermieter die verspätete Geltendmachung nicht zu vertretenhat (§ 556 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 2 BGB). Davon kann jedoch auf Seiten<strong>de</strong>r Beklagten nicht ausgegangen wer<strong>de</strong>n.


- 8 -151617a) Die Beklagte trifft zwar kein Verschul<strong>de</strong>n daran, dass sie dieGrundsteuernachzahlung für 2001 nicht bereits innerhalb <strong>de</strong>r Abrechnungsfrist<strong>de</strong>s § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB auf die Mieter umgelegt hat. Denn ihr ist <strong>de</strong>rzugrun<strong>de</strong> liegen<strong>de</strong> Bescheid vom 8. Januar 2003 selbst erst nach Ablauf dieserFrist zugegangen. Nach <strong>de</strong>r Begründung <strong>de</strong>s Gesetzentwurfs zum Mietrechtsreformgesetz(BT-Drucks. 14/4553, S. 51) ist die Ausnahmeregelung <strong>de</strong>s § 556Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 2 BGB gera<strong>de</strong> mit Rücksicht auf die Fälle eingefügtwor<strong>de</strong>n, in <strong>de</strong>nen Steuern o<strong>de</strong>r Abgaben erst nach Ablauf <strong>de</strong>r Abrechnungsperio<strong>de</strong>festgesetzt wer<strong>de</strong>n.b) Nach Sinn und Zweck <strong>de</strong>r Abrechungsfrist <strong>de</strong>s § 556 Abs. 3 Satz 2BGB darf <strong>de</strong>r Vermieter jedoch auch dann, wenn er die Jahresfrist für die Abrechnungzunächst unverschul<strong>de</strong>t nicht einhalten kann, nach Wegfall <strong>de</strong>s Abrechnungshin<strong>de</strong>rnissesnicht unbegrenzt warten, bis er die Abrechnung erstellto<strong>de</strong>r eine Nachfor<strong>de</strong>rung erhebt.aa) Wie <strong>de</strong>r Senat bereits entschie<strong>de</strong>n hat, sollen die Abrechnungsfrist<strong>de</strong>s § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB und <strong>de</strong>r durch § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB angeordneteAusschluss von Nachfor<strong>de</strong>rungen eine zeitnahe Abrechnung gewährleisten,damit <strong>de</strong>r Mieter in einem überschaubaren zeitlichen Zusammenhang mit<strong>de</strong>m Abrechnungszeitraum entwe<strong>de</strong>r über ein sich zu seinen Gunsten ergeben<strong>de</strong>sGuthaben verfügen kann o<strong>de</strong>r Gewissheit darüber erlangt, ob und in welcherHöhe er mit einer Nachfor<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Vermieters rechnen muss (Urteilvom 17. November 2004 - <strong>VIII</strong> <strong>ZR</strong> 115/04, NJW 20<strong>05</strong>, 219 unter II 1 b; Urteilvom 18. Januar 2006 - <strong>VIII</strong> <strong>ZR</strong> 94/<strong>05</strong>, NJW 2006, 903 unter II 1 b). Das gilt auchdann, wenn <strong>de</strong>r Mieter von <strong>de</strong>r auf ihn zukommen<strong>de</strong>n Nachfor<strong>de</strong>rung nichtsweiß und unter Umstän<strong>de</strong>n sogar einen gewissen Zinsvorteil erlangen mag,wenn er sie erst später begleichen muss. Eine zunächst entschuldigte Verspätungkann <strong>de</strong>shalb mit Rücksicht auf <strong>de</strong>n Sinn und Zweck von § 556 Abs. 3


- 9 -BGB nachträglich zu einer verschul<strong>de</strong>ten wer<strong>de</strong>n, wenn <strong>de</strong>r Vermieter sichauch dann noch unnötig viel Zeit bis zur Erstellung <strong>de</strong>r Abrechnung lässt, nach<strong>de</strong>mdie notwendigen Unterlagen vorliegen (Langenberg aaO, G Rdnr. 84; <strong>de</strong>rs.in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 8. Aufl., § 556 Rdnr. 473 a.E.; Staudinger/Weitemeyer,BGB, Neubearbeitung 2003, § 556 Rdnr. 109; Rips aaO, § 556Rdnr. 289; Ehlert aaO, § 556 Rdnr. 38; zweifelnd v. Sel<strong>de</strong>neck, Info-M 2006,12).1819bb) Die Frage, welcher Zeitraum <strong>de</strong>m Vermieter nach Wegfall <strong>de</strong>s Abrechnungshin<strong>de</strong>rnissesfür die Erstellung <strong>de</strong>r Abrechnung bzw. eine Nachfor<strong>de</strong>rungzuzubilligen ist, wird nicht einheitlich beantwortet. Die Verschul<strong>de</strong>nsregelung<strong>de</strong>s § 556 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 2 BGB spricht dafür, dass <strong>de</strong>r Vermietergehalten ist, <strong>de</strong>m Mieter die Abrechnung unverzüglich - das heißt gemäß § 121Abs. 1 Satz 1 BGB ohne schuldhaftes Zögern - nach Wegfall <strong>de</strong>s Abrechnungshin<strong>de</strong>rnisseszuzuleiten (so Schmid aaO, Rdnr. 3166; ebenso Palandt/Wei<strong>de</strong>nkaff, BGB, 65. Aufl., § 556 Rdnr. 12; Schnei<strong>de</strong>r aaO, § 556 Rdnr. 331).Eine daraus etwa abzuleiten<strong>de</strong> Frist von längstens zwei Wochen (vgl. Palandt/Heinrichs, aaO, § 121 Rdnr. 3; MünchKommBGB/Kramer, 4. Aufl., § 121Rdnr. 7; Erman/H. Palm, BGB, 11. Aufl, § 121 Rdnr. 3) wür<strong>de</strong> aber <strong>de</strong>n Vermieterzu einer äußersten Beschleunigung <strong>de</strong>r Abrechnung zwingen, die seinenInteressen nicht angemessen Rechnung trägt und zum Schutz <strong>de</strong>s Mietersnicht geboten ist.Der Gesetzgeber hat in <strong>de</strong>r auch vom Berufungsgericht in Betracht gezogenenVorschrift <strong>de</strong>s § 560 Abs. 2 BGB, die die rückwirken<strong>de</strong> Erhöhung vonBetriebskostenpauschalen betrifft, <strong>de</strong>m Vermieter einen Zeitraum von drei Monatenab Kenntnis von <strong>de</strong>r Betriebskostenerhöhung zugestan<strong>de</strong>n, innerhalb<strong>de</strong>ssen dieser eine rückwirken<strong>de</strong> Erhöhung <strong>de</strong>r Betriebskostenpauschale gegenüber<strong>de</strong>m Mieter herbeiführen kann. Eine ähnliche Regelung fin<strong>de</strong>t sich in


- 10 -§ 4 Abs. 8 Satz 2 Halbs. 2 <strong>de</strong>r Neubaumietenverordnung 1970 (NMV); danachkann <strong>de</strong>r Vermieter eine rückwirken<strong>de</strong> Erhöhung <strong>de</strong>r Kostenmiete bei preisgebun<strong>de</strong>nemWohnraum wegen einer Erhöhung <strong>de</strong>r laufen<strong>de</strong>n Aufwendungenauch für einen Zeitraum vor Beginn <strong>de</strong>s <strong>de</strong>r Erklärung vorangehen<strong>de</strong>n Kalen<strong>de</strong>rjahresfor<strong>de</strong>rn, wenn er die Nachfor<strong>de</strong>rung aus Grün<strong>de</strong>n, die er nicht zu vertretenhat, erst nach <strong>de</strong>m En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s auf die Erhöhung <strong>de</strong>r laufen<strong>de</strong>n Aufwendungenfolgen<strong>de</strong>n Kalen<strong>de</strong>rjahres geltend machen konnte und sie innerhalbvon drei Monaten nach Wegfall <strong>de</strong>r Grün<strong>de</strong> geltend macht. Bei <strong>de</strong>r Neubaumietenverordnunghan<strong>de</strong>lt es sich zwar um auslaufen<strong>de</strong>s, nur noch auf <strong>de</strong>n Altbestandim sozialen Wohnungsbau anzuwen<strong>de</strong>n<strong>de</strong>s Recht (Senatsurteil vom8. März 2006 - <strong>VIII</strong> <strong>ZR</strong> 78/<strong>05</strong>, NJW 2006, 1419 unter II A 1 a aa (1)). In Verbindungmit § 560 Abs. 2 BGB bietet die Regelung <strong>de</strong>nnoch einen Anhaltspunktdafür, wie lange <strong>de</strong>r Vermieter - nach <strong>de</strong>r Wertung <strong>de</strong>s Gesetzgebers in vergleichbarenFällen - mit <strong>de</strong>r Abrechnung bzw. einer Nachfor<strong>de</strong>rung nach Wegfalleines Abrechnungshin<strong>de</strong>rnisses, das zunächst eine unverschul<strong>de</strong>te Überschreitung<strong>de</strong>r Abrechnungsfrist <strong>de</strong>s § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB zur Folge hatte,längstens warten darf, ohne sich <strong>de</strong>m Vorwurf einer schuldhaft verspäteten Geltendmachungauszusetzen. Im Regelfall stellt es entgegen <strong>de</strong>r Auffassung <strong>de</strong>rRevision auch keine unzumutbare Belastung <strong>de</strong>s Vermieters dar, wenn er eineNachfor<strong>de</strong>rung innerhalb von drei Monaten nach Wegfall <strong>de</strong>s Abrechnungshin<strong>de</strong>rnisseserheben und <strong>de</strong>shalb bei verschie<strong>de</strong>nen Abrechnungshin<strong>de</strong>rnissenmöglicherweise wie<strong>de</strong>rholt Nachfor<strong>de</strong>rungen geltend machen muss.20cc) Die Beklagte hat die ihr am 8. Januar 2003 nachberechneteGrundsteuer gegenüber <strong>de</strong>n Klägern erst rund neun Monate später mit Schreibenvom 28. Oktober 2003 abgerechnet. Damit hat sie <strong>de</strong>n ihr nach <strong>de</strong>m obenAusgeführten zuzubilligen<strong>de</strong>n Zeitraum von drei Monaten <strong>de</strong>utlich überschritten.Dass ihr eine frühere Abrechnung nicht möglich gewesen wäre, hat die Beklagtenicht behauptet. Es ist <strong>de</strong>shalb davon auszugehen, dass sie die verspätete


- 11 -Geltendmachung zu vertreten hat; sie ist daher mit ihrer Nachfor<strong>de</strong>rung ausgeschlossen.Ball Dr. Leimert Dr. WolstDr. FrellesenHermannsVorinstanzen:AG Berlin-Hohenschönhausen, Entscheidung vom 09.03.20<strong>05</strong> - 8 C 214/04 -LG Berlin, Entscheidung vom 30.08.20<strong>05</strong> - 65 S 90/<strong>05</strong> -

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