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Brandenburgisches Ärzteblatt 7/1997 - qs- nrw

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Fortbildungtis C unter die meldepflichtigen „sonstigenHepatitiden“, und zwar als Meldepflicht beiakuter Hepatitis. Nur: bis zu ca. 80 % derHCV-Infektionen verlaufen primär chronisch.Damit hat sich im überwiegenden Teil der Fälledie Meldepflicht erledigt, da das BSeuchGauf Inzidenzen, also Zugangsraten reflektiert,nicht jedoch auf Prävalenz. Und was die übrigen,tatsächlich als akute Hepatitis verlaufendenFälle betrifft: wer diagnostiziert diese??Der ErregerDas HCV ist ein Virus, welches zur Gruppeder Flaviviren gehört. Es hat ein einsträngigesRNA-Genom, segmentiert in Core, Envelopeund fünf Nichtstrukturprotein-codierende Sequenzen,wie übrigens auch das Hepatitis G-Virus. Da das Virus eine Hülle besitzt, ist esrelativ wenig stabil. Die Übertragung erfolgtnach dem heutigen Stand des Wissens parenteral(Blut, Blutprodukte) und sexuell. DieÜbertragung soll (bis auf therapiebedingteparenterale Applikation) wenig effektiv sein,die Infektionsdosis muß deutlich höher seinals zum Beispiel beim Hepatitis-B-Virus. Dajedoch in bis 40 % aller HCV-Infektionen keinepotentielle Infektionsquelle gefunden werdenkonnte, spielen möglicherweise auch andereÜbertragungswege eine Rolle.DiagnostikDie Diagnostik der HCV-Infektion stützt sich inerster Linie auf den Antikörpernachweis. AlsAntigene dienen recombinante Proteine, diein Escherichia coli oder Hefen exprimiert werden.Zum Ausschluß falsch positiver Ergebnisseist es erforderlich, ähnlich wie bei HIV,Bestätigungstests einzusetzen. Hierbei werdenin Blot-Verfahren die Antikörperpopulationengegen die verschiedenen HCV-Proteinegetrennt nachgewiesen, aber auch die gegendie Fusionsproteine gerichteten Antikörper.Damit kann man zuverlässig falsch positiveErgebnisse eliminieren. Nachteilig bleibtdie erst spät nachweisbare Immunantwort. Einenserologischen Parameter wie zum Beispieldas anti-HBc-IgM als sicheren Frühmarkereiner Hepatitis B gibt es bisher nicht. Einanti-HCV-IgM-Test steht zwar zur Verfügung,jedoch ist dessen Wert umstritten. Mit demWestern blot oder Dot blot erhält man eine relativsichere Aussage in Bezug auf eine Virämieund damit Infektiosität des Blutes: Findetman Antikörper gegen alle auf dem Blot vorhandenenHCV-Proteine, ist mit hoher Wahrscheinlichkeitmit einer Virämie zu rechnen.Die PCR zum Nachweis der im Blut zirkulierendenVirus-RNA ist die Methode der Wahlbei frühen und akuten Infektionen. Ebensowird sie eingesetzt für die Stellung einer Therapieindikationund für die Therapiekontrolle.In diesem Fall ist es sinnvoll, die Virusmengezu quantifizieren, da ein Therapieerfolg ander Reduktion der Viruslast gemessen werdenkann.KlinikDie Inkubationszeit der HCV-Infektion beträgtmehrere Wochen bis Monate, im Mittel etwa40 Tage. Es kann danach eine akute Hepatitisauftreten, bei der es sich jedoch in etwa 70 %der Fälle um anikterische Formen handelt.Die klinischen Symptome sind dadurch relativuncharakteristisch und durch Übelkeit,Schwäche, unspezifische Oberbauchbeschwerden,Temperaturerhöhung gekennzeichnet.Die Transaminasenerhöhungenkönnen sehr unterschiedlich und auch bei einund demselben Patienten stark schwankendsein. Leider tritt eine faßbare akute Erkrankungbei der überwiegenden Zahl der Infiziertennicht auf, sondern die Erkrankungnimmt einen primär chronischen Verlauf. Eswird heutzutage angenommen, daß bis zu80% der HCV-Infektionen in eine chronischeVerlaufsform übergehen; die Chronifizierungsrateliegt damit deutlich über der derHepatitis B (5 bis 10 %).Ist es schon schwer, eine akute Hepatitis C zuerkennen, so ist dies bei der chronischen HepatitisC noch schwieriger. Die Patienten klagenüber Müdigkeit, Leistungsschwäche, verminderteLebensqualität, Oberbauchbeschwerden,gelegentliche Temperaturerhöhung.Die chronische Hepatitis C ist die einzigeForm, bei der nicht zwingend Transaminasenerhöhungenauftreten müssen, und trotzdemlassen sich histologisch deutliche bisschwere entzündliche Veränderungen nachweisen.Das erklärt auch, warum die Diagnoseder chronischen Hepatitis C so selten gestelltwird. Immerhin wird geschätzt, daß inDeutschland bis zu 0,4 % der Bevölkerung aneiner chronischen HCV-Infektion leiden, abernur ein Bruchteil ist bekannt. Bei dem Ursachenspektrumvon Lebererkrankungen wirdsicher auch ein großer Anteil als alkoholtoxischfehlinterpretiert (wobei auch beide Faktoreneine Rolle spielen können). Der Verlaufder chronischen Hepatitis C ist in den meistenFällen zunächst relativ blande, jedoch zeigennach durchschnittlich etwa 20 Jahren die meistenPatienten Zeichen einer chronisch-aktivenHepatitis; nach einer Untersuchung hatten51 % der Patienten zu diesem Zeitpunktbereits eine Leberzirrhose, und bei 5,3 % wareine hepatozelluläres Karzinom (HCC) nachweisbar.Nach internationalen Studien wirdangenommen, daß letztlich 20 bis 30 % allerPatienten mit chronischer Hepatitis C ein hepatozelluläresKarzinom entwickeln können.Damit zählt das HCV zu den Infektionserregernmit gesicherter onkogener Wirkung.Sehr selten können auch extrahepatischeManfestationen der HCV-Infektion auftreten;bekannt sind zum Beispiel Vaskulitiden mitKryoglobulinämie und chronische Glomerulonephritis.Diese Komplikationen werden insüdlichen Ländern wesentlich häufiger beobachtetund sind deshalb besonders bei Einwanderernnach Deutschland zu bedenken.TherapieDie therapeutischen Möglichkeiten sind leiderbeschränkt. Nach den Erfolgen, die durchden Einsatz von Interferon-alfa bei der chronischenHepatitis B erzielt wurden, lag es nahe,diese Substanz auch bei der chronischenHepatitis C einzusetzen. Nunmehr ist Interferon-alfadas einzige in Deutschland für dieBehandlung der chronischen Virushepatitis Czugelassene Medikament. Dennoch sind dieHeilungschancen eher gering. Zwar zeigenetwa 50 % der Behandelten eine Normalisierungvorher erhöhter Transaminasen unterder Behandlung, eine Viruselemination istaber nur bei etwa 20 bis 25 % möglich. Beiden anderen kommt es nach Ende der Behandlungwieder zum Anstieg der Transaminasen.Dabei ist die Kenntnis von Bedeutung,daß die verschiedenen Genotypen des Virusunterschiedlich gut auf die Behandlung ansprechen.Der in Deutschland häufigere Genotyp1b zeigt dabei die schlechteste Ansprechrate,während die Genotypen 2 und 3leichter durch die Behandlung zu beeinflussensind. Durch die Langzeitprognose der Erkrankung,auch wenn das Karzinom-Risiko nur30% der Patienten betrifft, wäre es jedoch beiFehlen besserer Behandlungsmöglichkeiten –abgesehen von möglichen rechtlichen Konsequenzen– unethisch, einem Infizierten dieseBehandlung nicht anzubieten, solange keineKontraindikationen bestehen. Die Erfahrungzeigt, daß das so früh wie möglich im Erkrankungsverlaufgeschehen soll, da mit der Dauerder Erkrankung die Chance der Viruseliminationweiter abnimmt. Andererseits konntegezeigt werden, daß auch bei Patienten mitschon bestehender Leberzirrhose zwar keineViruselimination erzielt, aber das Risiko, einHCC zu entwickeln, gesenkt werden konnte.In der Praxis wird man folgendermaßen vorgehen:Nach Sicherung der Diagnose einerchronischen Hepatitis C (Anti-HCV positiv,HCV-RNA-PCR positiv, Vorliegen der Leberhistologie– bei normalen oder niedrigen Transaminasenzwingend, falls keine Kontraindi-302 <strong>Brandenburgisches</strong> Ärzteblatt 7/97 • 7. Jahrgang

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