architecture - Alsecco
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aface<br />
Magazin alsecco aface<br />
alsecco GmbH<br />
www.alsecco.de<br />
Schutzgebühr 3 �<br />
DAS alsecco MAGAZIN ÜBER ARCHITEKTUR UND FASSADEN 012010<br />
ELEGANTER LÜCKENFÜLLER Kubusvilla im schwedischen Landskrona<br />
SÜDAFRIKA Umbau des Soccer-City-Stadions in Johannesburg<br />
ERNEUERBARE ENERGIEN Interview mit dem Journalisten Franz Alt<br />
BERGMANIE Porträt des Bergsteigers Hans Kammerlander<br />
mut
HELDEN WIE WIR<br />
WENN VON MUT die Rede ist, dann denken wir meist<br />
zuerst an Menschen, die unter Einsatz ihres Lebens besondere<br />
Taten vollbringen. Auf der anderen Seite muss sich<br />
Mut aber nicht zwingend auf eine Gefahr für Leib und Leben<br />
beziehen. Wer alte Wege verlässt und mit großer Zuversicht<br />
Neues wagt, wer beharrlich und trotz äußerer Widerstände<br />
seine Ziele verfolgt, weil er von deren Richtigkeit<br />
überzeugt ist, oder wer optimistisch Dinge anpackt, die auf<br />
den ersten Blick ziemlich kompliziert erscheinen, der beweist<br />
ebenfalls eine Menge Mut. Und genau solche Menschen<br />
möchten wir Ihnen in dieser Ausgabe von aface vorstellen.<br />
Einer von ihnen ist der 3-Sterne-Koch Raimund Ostendorp,<br />
der in Wattenscheid eine Pommesbude eröffnet hat. Die<br />
IMPRESSUM<br />
Herausgeber alsecco GmbH<br />
Adresse Kupferstraße 50, D-36208 Wildeck<br />
Telefon 03 69 22 / 88-252<br />
Fax 03 69 22 / 88-214<br />
Verantwortlich Jörg Lamprecht, joerg.lamprecht@alsecco.com<br />
Realisation Seligmann Unternehmens-Kommunikation, Oldenburg<br />
Redaktion Kathrin Marie Arlt, Ingo Seligmann, Robert Uhde<br />
Design filos editorial design & communication, Braunschweig<br />
Verwirklichung eines Lebenstraums mit Currywurst und<br />
„Pommes rot-weiß“. Konsequent seinen Weg verfolgt<br />
auch der bekannte Fernsehjournalist und Moderator Franz<br />
Alt. Seit Jahrzehnten engagiert er sich in unzähligen Vorträgen,<br />
Büchern und Fernsehsendungen für die Themen Klimaschutz,<br />
Menschenrechte und Energiewende. Aus tiefer<br />
Überzeugung und aus Leidenschaft, wie er uns im Gespräch<br />
verrät.<br />
Übrigens: Wir würden uns freuen, wenn Sie uns Ihre Meinung<br />
über aface mitteilen. Füllen Sie dazu einfach den Beileger<br />
aus und senden Sie ihn an uns. Viel Spaß beim Lesen!<br />
JÖRG LAMPRECHT<br />
Art Direction Pia Löfstedt, Silke Borchert<br />
Titelbild Isabel Engelhardt/plainpicture<br />
Lektorat Jens Flachmann, Tanja Moreno Avilés, Bielefeld<br />
Anzeigen Reinhilde Schwarz, reinhilde.schwarz@alsecco.com<br />
Produktion agentur mp 2<br />
Druck Grafisches Centrum Cuno, Calbe<br />
Erscheinungsweise 15. April, 15. Oktober<br />
Auflage 10.000 Exemplare<br />
foto Hanno Keppel<br />
EDITORIAL<br />
alsecco aface 03
INTRO<br />
JA, ICH WILL!<br />
YOU NEVER KNOW what you can do until you try. Du wirst nicht erfahren,<br />
was du kannst, wenn du es nicht versuchst. Ein schöner Spruch. Der<br />
einzige Haken: Oft verlässt einen der Mut, noch bevor es überhaupt losgeht.<br />
Denn natürlich bewegt man sich auf der sicheren Seite, wenn man<br />
selbst den kleinsten Zweifel berücksichtigt. Diese verflixte Berechenbarkeit,<br />
die wir der sagenumwobenen „Nummer sicher“ verdanken.<br />
Alle Vorbehalte einfach mal außer Acht lassen, den Zweifel beiseiteschieben,<br />
mal etwas wagen? Dazu bedarf es schon etwas Schneid. Kein Heldenmut,<br />
kein Wagemut, kein Übermut – lediglich ein beherztes „Ja, ich will!“.<br />
04 alsecco aface<br />
foto plainpicture / Isabel Engelhardt<br />
Und dann verändert sich mit einem Mal die Perspektive, die eigenen Grenzen<br />
werden neu ausgelotet und vielleicht sogar überschritten. Forsch und<br />
selbstbewusst: auf zu neuen Ufern, in ferne Länder, auf eine Wolke 7. Warum<br />
nicht? Den Mut zur Lücke suchen und leichtfüßig aus der Reihe tanzen,<br />
einen couragierten Schritt in Richtung Zukunft wagen, einem Traum Raum<br />
geben – oft ist es nur ein kleiner Moment, der alles verändert. Und nicht zu<br />
selten gibt es gerade dann ein Happy End. Alles ohne Garantie natürlich.<br />
Aber wer es nicht wagt, der wird es nie erfahren. ✱
16 24<br />
04 INTRO<br />
Mut.<br />
06 SHORT CUT<br />
Auf einen Blick.<br />
15 ALSECCO TOP 1<br />
Büro- und Gewerbegebäude<br />
in Baar.<br />
27 ALSECCO TOP 2<br />
Wohngebäude in Köln.<br />
33 STRAIGHT ANSWER<br />
Werner Mai, Leiter Bautechnik<br />
bei alsecco, über<br />
neue Technologien im<br />
Bereich hochwertiger<br />
Fassadendämmsysteme.<br />
34 RESEARCH<br />
Innovative Systemtechnik –<br />
die Sanierung des<br />
Okerhochhauses in<br />
Braunschweig.<br />
36 DIARY<br />
Sechs Monate alsecco –<br />
Ereignisse, Entwicklungen,<br />
Neuheiten.<br />
CONTENT<br />
08 MUT ZUR LÜCKE<br />
Im schwedischen Landskrona realisierten die Architekten Elding Oscarson eine moderne<br />
Kubusvilla in einem traditionellen Umfeld.<br />
12 KLEINE OBJEKTE, GUTE LAGE, INDIVIDUELLE GESTALTUNG<br />
Mit dieser Strategie positioniert sich die Volkswohnungswerk Bau- und Siedlungsgenossenschaft e. G.<br />
(VWW) in Nürnberg erfolgreich im Markt.<br />
16 FUSSBALL-WM 2010 IN SÜDAFRIKA<br />
Im Blickpunkt des vierwöchigen Spektakels steht das komplett umgebaute Soccer-City-Stadion<br />
in Johannesburg.<br />
20 MIT DER KRAFT DER SONNE<br />
Interview mit dem Journalisten und Buchautor Franz Alt über die Chancen des Umstiegs auf<br />
erneuerbare Energien.<br />
24 BERGMANIE<br />
Porträt des Extrembergsteigers Hans Kammerlander – eine der erfolgreichsten Alpinisten<br />
aller Zeiten.<br />
28 UNGEWÖHNLICHER PROFI<br />
In Wattenscheid betreibt der ehemalige Sterne-Koch Raimund Ostendorp eine Imbissstube.<br />
30 PERSPEKTIVEN DES MÄRKISCHEN VIERTELS<br />
Interview mit Georg Unger, Technikleiter der Gesobau in Berlin, über die umfassende<br />
Modernisierung der Großsiedlung mit rund 15.000 Wohnungen.<br />
foto 2010 FIFA World Cup Organising Committee<br />
08<br />
20<br />
alsecco aface 05<br />
foto Åke E:son Lindman<br />
foto Hanno Keppel<br />
foto Kammerlander
SHORT CUT<br />
Internet<br />
Paris 26 Gigapixels<br />
www.paris-26-gigapixels.com<br />
Ausstellung<br />
30. April bis 9. August 2010<br />
Frida-Kahlo-Retrospektive<br />
Martin-Gropius-Bau in Berlin<br />
www.gropiusbau.de<br />
Internet<br />
Internetplattform Utopia<br />
www.utopia.de<br />
06 alsecco aface<br />
SPAZIERGANG AN DER SEINE<br />
Vom Eiffelturm zum Louvre, vom Centre Pompidou zum Montmartre – wer Lust auf einen Kurzurlaub in der französischen<br />
Hauptstadt hat, der braucht ab sofort nicht mehr die Koffer zu packen, sondern benötigt lediglich noch einen Internetanschluss.<br />
Denn auf der Seite Paris-26-Gigapixels.com können Reisende in das derzeit größte Digitalfoto der Welt eintauchen und sich dort<br />
ganz einfach per Mausklick durch die Straßen der Metropole bewegen. Das gigantische Stadtpanorama mit einer Größe von<br />
über 26.000 Megapixeln setzt sich zusammen aus mehr als 2.300 Einzelfotos der beiden Fotografen Arnaud Frich und Martin<br />
Loyer, die die Stadt an der Seine in bestechender Detailtreue abbilden. Gute Reise!<br />
VOLLER LEBENSMUT<br />
Die 1907 in Mexiko geborene Malerin Frida Kahlo zählt zu<br />
den wichtigsten Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts.<br />
Nach ihrem tragischen Busunglück am 17. September<br />
1925 litt sie ihr Leben lang an Schmerzen und den Folgen<br />
ihrer häufigen Operationen. Immer wieder tauchen diese<br />
Erfahrungen daher auch in ihren Bildern auf. Aktuell sind<br />
über 170 Arbeiten von Frida Kahlo im Berliner Martin-<br />
Gropius-Bau zu sehen. Die bislang umfassendste Werkschau<br />
der Künstlerin präsentiert neben bekannten Werken<br />
auch zahlreiche bislang nicht gezeigte und verschollen<br />
geglaubte Arbeiten. Die künstlerische Entwicklung<br />
der Malerin wird dabei von der Neuen Sachlichkeit bis hin<br />
zum Surrealismus und zu ihrem ganz eigenen Realismus<br />
umfassend dargestellt.<br />
Selbstbildnis mit Dornenhalsband, 1940<br />
© Banco de México Diego Rivera & Frida<br />
Kahlo Museums Trust, México, D.F./VG<br />
Bild-Kunst, Bonn 2010<br />
Die gebrochene Säule, 1944<br />
© Banco de México Diego Rivera & Frida<br />
Kahlo Museums Trust, México, D.F./VG<br />
Bild-Kunst, Bonn 2010<br />
KOMPASS FÜR NACHHALTIGKEIT<br />
Trotz weltweit zunehmender Temperaturen und zunehmender Umweltkatastrophen<br />
ist die Bedeutung des Klimaschutzes noch immer nicht in allen Köpfen angekommen.<br />
Doch statt auf konsequentere politische Regelungen zu warten, kann jeder Einzelne<br />
bereits jetzt einen Beitrag für mehr Nachhaltigkeit leisten. Einen wichtigen Kompass<br />
dazu stellt die Internetplattform Utopia.de zur Verfügung. Das Portal bietet ausführliche<br />
ökonomische, ökologische und soziale Hintergrundinformationen zu Produkten<br />
aus unterschiedlichsten Branchen und will so dazu beitragen, dass Millionen Menschen<br />
ihr Konsumverhalten und ihren Lebensstil nachhaltig verändern. Und dass die Politik<br />
irgendwann mit aufspringt ...<br />
© Kolor - Arnaud Frich - Martin Loye
IN DIE RÖHRE GEBLICKT<br />
Jahrzehntelang hat uns der gute alte Röhrenfernseher die große weite Welt ins heimische Wohnzimmer gebracht. Jetzt,<br />
wo die Mattscheiben ausgedient haben und zunehmend durch moderne Flachbildschirme ersetzt werden, landen sie zu<br />
hunderttausenden auf dem Müll. Oder auf der Werkbank des jungen polnischen Designers Grzegorz Cholewiak. Denn der<br />
nutzt die alten Bildschirme, um sie im Wasserstrahlverfahren in elegante Glasobjekte zu verwandeln.<br />
Für seine Serie „Patery“ („Schale“) wurde ihm zuletzt der Herforder Recycling-Design-Preis verliehen.<br />
Zu beziehen sind die Schalen über das „Redesign“-Portal Zweitsinn, eine Plattform unabhängiger<br />
Partner, die Designprodukte aus Altmaterialien vermarktet.<br />
„TIPP-KICK“ FÜR FRAUEN<br />
Auf dem grünen Rasen ist Frauenfußball längst Alltag. Die<br />
deutsche Nationalmannschaft der Damen eilt seit Jahren von<br />
Erfolg zu Erfolg. Lediglich das Fußballspiel „Tipp-Kick“ war<br />
bislang noch reine Männersache. Jetzt ist die Emanzipation<br />
auch dort angekommen! Der Hersteller des 1924 entwickelten<br />
Spiels, die Edwin Mieg OHG aus Villingen-Schwenningen, hat<br />
soeben mitgeteilt, dass ab September auch Spielerinnen auf<br />
dem „Tipp-Kick“-Tisch auflaufen werden. Die Damenfiguren<br />
sollen in sämtlichen Trikots der teilnehmenden Teams der<br />
WM 2011 der Frauen erhältlich sein. Zum Start gibt es die<br />
Teams aus Brasilien und Deutschland.<br />
DAS BUCH DES WANDELS<br />
Ob Globalisierung, Terrorgefahr oder Klimawandel – viele von uns fürchten sich vor der<br />
Zukunft. Dabei sind wir viel besser darin, mit Veränderungen umzugehen und Neues auszuprobieren,<br />
als wir glauben. Das behauptet zumindest der bekannte Zukunftsforscher<br />
Matthias Horx. In seiner Auseinandersetzung mit der Geschichte des Wandels von<br />
Menschen und Gesellschaften zeigt er auf, dass gerade Krisenzeiten unseren Blick schärfen<br />
können. Um seine These zu untermauern, schlägt er einen Bogen von den Jäger-und-<br />
Sammler-Kulturen über die Maya bis zur hochkomplexen Welt von heute. Ein kluges,<br />
spannendes und höchst zeitgemäßes Buch gegen die Angst vor der Zukunft!<br />
SHORT CUT<br />
RecyclingBörse/Ralf Bittner<br />
Objekt<br />
Schale aus recycelten<br />
Bildschirmen<br />
www.zweitsinn.de<br />
Sportlich<br />
Tipp-Kick-Spielerinnen<br />
www.tipp-kick.de<br />
Buch<br />
DVA-Sachbuch<br />
Autor: Matthias Horx<br />
384 Seiten, gebunden<br />
ISBN 3-421-04433-4<br />
www.randomhouse.de<br />
alsecco aface 07
ARCHITECTURE<br />
01<br />
MUT ZUR LÜCKE<br />
EINFACH NUR MUTIG? ODER DOCH SCHON ÜBERMÜTIG? IM SCHWEDISCHEN LANDSKRONA<br />
HABEN DIE ARCHITEKTEN ELDING OSCARSON EINE STRAHLEND WEISSE KUBUSVILLA<br />
MITTEN IN EINE PITTORESKE FISCHERHAUS-ZEILE AUS DEM 19. JAHRHUNDERT PLATZIERT.<br />
SEITDEM HAT SICH DIE STRASSE ZUM ZIEL VON ARCHITEKTUR-INTERESSIERTEN AUS GANZ<br />
EUROPA ENTWICKELT.<br />
text Robert Uhde foto Åke E:son Lindman<br />
08 alsecco aface
01<br />
Die Bebauung der Straße<br />
Gamla Kyrkogatan ist von<br />
einem fließenden Wechsel<br />
der Gebäudehöhen<br />
geprägt.<br />
02<br />
Wie von einem anderen<br />
Stern: der Neubau<br />
zwischen seinen<br />
pittoresken Nachbarn.<br />
02<br />
DIE AM ÖSTLICHEN UFER des Öresund – unweit von<br />
Helsingborg und Malmö und direkt gegenüber von Kopenhagen<br />
– gelegene südschwedische Kleinstadt Landskrona<br />
ist Auswärtigen vor allem durch ihre gut erhaltene Backstein-Zitadelle<br />
aus dem 16. Jahrhundert bekannt. Nur einen<br />
Steinwurf von der mächtigen Befestigungsanlage entfernt,<br />
in einer fünf Meter schmalen Baulücke zwischen kleinteilig<br />
gegliederten Fischerhäusern, ist vor wenigen Monaten eine<br />
Neubauvilla der Stockholmer Architekten Jonas Elding und<br />
Johan Oscarson wie ein Ufo niedergegangen.<br />
Größer hätte der Kontrast zum Bestand dabei trotz der annähernd<br />
gleichen Gebäudehöhen kaum ausfallen können:<br />
Statt auf kunstvoll verzierte Holztüren, malerische Sprossenfenster<br />
und tief heruntergezogene Ziegeldächer trifft<br />
der Blick einigermaßen verblüfft auf einen strahlendweißen<br />
Quader mit streng geometrischen Formen und Öffnungen;<br />
auf eine betont moderne und klar konturierte Architektur,<br />
die statt von Wind und Wetter und von alten Seefahrerge-<br />
ARCHITECTURE<br />
»WIR WOLLTEN MIT WENIGEN<br />
MITTELN VIELE UNTERSCHIEDLICHE<br />
RAUMERLEBNISSE SCHAFFEN.«<br />
JONAS ELDING<br />
schichten vor allem von architektonischem Raum, von<br />
Material und von kunstvoll ausbalancierter Leichtigkeit erzählt.<br />
Deutlich sichtbar ist dabei der Einfluss des soeben mit<br />
dem Pritzker-Preis bedachten japanischen Architektenduos<br />
Sanaa, in dessen Büro Jonas Elding sieben Jahre gearbeitet<br />
hat.<br />
Ähnlich überraschend wie die äußere Hülle präsentiert<br />
sich auch das über eine einfache Glastür erschlossene Innere<br />
der Kubusvilla. Auf drei fließend miteinander verbundenen<br />
Ebenen, die lediglich durch eine offene Deckenkonstruktion<br />
aus weiß lackierten Stahlträgern unterteilt werden, haben<br />
die Architekten ein lichtdurchflutetes Raumkontinuum ohne<br />
jegliche Binnenwände und mit vielfältigen horizontalen und<br />
vertikalen Aus- und Durchblicken geschaffen. „Wir wollten<br />
auf eng begrenztem Raum viele unterschiedliche Raumerlebnisse<br />
erzeugen“, beschreiben die Planer ihr Konzept. Die<br />
homogene weiße Farbigkeit sämtlicher Deckenelemente,<br />
Außenwände, Stahltreppen und Brüstungsgeländer, gepaart<br />
alsecco aface 9
ARCHITECTURE<br />
03<br />
10 alsecco aface
03<br />
Spannende räumliche<br />
Inszenierung auf eng<br />
begrenztem Raum: Vom<br />
Essplatz aus bietet sich ein<br />
freier Durchblick über drei<br />
Ebenen hinweg.<br />
04<br />
Bei Dunkelheit erscheint<br />
der Neubau als überdimensionaler<br />
Lichtkörper in der<br />
Stadt.<br />
05<br />
Gelungene Materialcollage:<br />
Stahl und Glas im Kontrast<br />
zu verwittertem Mauerwerk.<br />
06<br />
Vom externen Büro aus<br />
haben die Bewohner<br />
Zugang zu der dicht<br />
begrünten Innenhoflandschaft<br />
im Viertel.<br />
04<br />
Objekt<br />
Wohnhaus in Landskrona,<br />
Schweden<br />
Planung<br />
Elding Oscarson, Stockholm<br />
Wohnfläche<br />
125 Quadratmeter<br />
Fertigstellung<br />
2009<br />
05 06<br />
mit dem einfachen Betonestrich im Erdgeschoss und dem<br />
hellen Holzfußboden im ersten Obergeschoss, sorgt gleichzeitig<br />
für einen schwerelosen, beinahe sphärischen Raumeindruck<br />
in der gesamten Wohnung.<br />
Im Erdgeschoss des Hauses integrierten die Planer eine<br />
offene Küche mit direktem Zugang zum Innenhof und<br />
einem separaten Arbeitszimmer, das dort als eingeschossiger<br />
„Schuppen“ eingestellt wurde. Auf der Galerie im<br />
ersten Obergeschoss schließt sich ein helles Wohnzimmer<br />
mit Bibliothek an, im zweiten Obergeschoss steht ein zum<br />
Garten hin orientiertes Schlafzimmer zur Verfügung. Über<br />
einen schmalen Steg, der frei über das darunterliegende<br />
Wohnzimmer führt, haben die Bewohner von dort aus Zugang<br />
zum Bad und der direkt angrenzenden Dachterrasse.<br />
Ähnlich viel Mut wie der Gang über die schmale Brücke<br />
erfordert auch der unmittelbare Kontakt mit dem Außenraum.<br />
Denn die großformatigen, bündig in die weiße Putzfassade<br />
eingelassenen Fensteröffnungen ermöglichen auf<br />
sämtlichen Ebenen einen beinahe nahtlosen Übergang zwischen<br />
innen und außen, der jederzeit erahnen lässt, was<br />
hinter der Fassade vor sich geht. „Auf subtile Weise wird so<br />
die Grenze zwischen privat und öffentlich verwischt und die<br />
Wohnung mit dem Straßenraum verbunden“, so Johan<br />
Oscarson. Im bewussten Kontrast zu den weitgehend geschlossenen<br />
Fischerhäusern in der Nachbarschaft. ✱<br />
ARCHITECTURE<br />
»AUF DER<br />
DACHTERRASSE<br />
HAT MAN BEINAHE<br />
DAS GEFÜHL, DEN<br />
HIMMEL BERÜHREN<br />
ZU KÖNNEN.«<br />
Jonas Elding und<br />
Johan Oscarson.<br />
JOHAN OSCARSON<br />
alsecco aface 11
INSIDE<br />
01<br />
KEINE FRAGE DER GRÖSSE<br />
KLEINE OBJEKTE, GUTE LAGE, INDIVIDUELLE GESTALTUNG: NACH DIESER ERFOLGSFORMEL<br />
HÄLT NORBERT SENNER, VORSTAND DER VOLKSWOHNUNGSWERK BAU- UND SIEDLUNGS-<br />
GENOSSENSCHAFT E.G. (VWW) IN NÜRNBERG, SEIN UNTERNEHMEN SEIT 26 JAHREN AUF<br />
KURS. EINE NAHE LIEGENDE STRATEGIE – WISSEN WIR HEUTE.<br />
text Ingo Seligmann foto Hanno Keppel<br />
01<br />
Alte Schlüssel, Schlösser,<br />
Schilder und vieles mehr<br />
in einer einzigartigen<br />
Collage – ein künstlerischer<br />
Streifzug durch die<br />
bewegte Unternehmensgeschichte<br />
der VWW.<br />
12 alsecco aface<br />
ES GAB ZEITEN, da hat ihn niemand so richtig verstanden,<br />
erinnert sich Norbert Senner. Damals, in den 1980er<br />
Jahren, als Wohnraum noch ein knappes Gut war, Mietinteressenten<br />
sich geduldig in Wartelisten eintrugen und die<br />
Wohnungswirtschaft vor der Herausforderung stand, die<br />
wachsende Nachfrage zu bedienen. Es wurde also weiter<br />
gebaut – und in städtischen Ballungsräumen überwiegend<br />
im großen Stil. Auch die VWW unternahm erhebliche<br />
Anstrengungen, um neuen Wohnraum zur Verfügung zu<br />
stellen. Allerdings konzentrierte sich das Unternehmen wie<br />
eh und je überwiegend auf kleinere Objekte. „Aus damaliger<br />
Sicht ein Weg, der vielen nicht nachvollziehbar erschien.<br />
Immerhin hatten wir in den urbanen Zentren noch immer<br />
einen Wachstumsmarkt“, erklärt Norbert Senner. Doch die
»FASSADEN<br />
TRANSPORTIEREN<br />
WIE KEIN ANDERES<br />
GEWERK PROFIL,<br />
CHARAKTER UND<br />
ÄSTHETIK EINES<br />
GEBÄUDES.«<br />
NORBERT SENNER<br />
Zeit gab ihm Recht. Tatsächlich veränderte sich der Mietwohnungsmarkt<br />
in den nachfolgenden Jahrzehnten dramatisch.<br />
Und heute ist Wohnraum – von wenigen Boom-Regionen<br />
abgesehen – auch nicht mehr knapp. Stattdessen sind<br />
die Ansprüche von Mietern in puncto Wohn- und Lebensqualität<br />
gestiegen. Der Trend zum Einfamilienhaus im Grünen<br />
und der demographische Wandel taten ihr Übriges. Hinzu<br />
kommt ein weiterer Aspekt: die vielerorts mangelnde<br />
Attraktivität des Immobilienbestandes. Viele Gebäude entsprechen<br />
nicht mehr dem elementaren Bedürfnis der Bewohner<br />
nach einem positiven, freundlichen Wohnumfeld<br />
– nach einer individuellen Adresse.<br />
Auch Norbert Senner sah diese Entwicklung und steuerte<br />
gegen. Die Gestaltung und Steuerung der Attraktivität von<br />
Wohnquartieren sei mehr denn je eine existenzielle Frage,<br />
betont er. VWW-Objekte sollten deshalb verstärkt durch<br />
Wohnkomfort und individuelle Gestaltungskonzepte der<br />
Fassaden überzeu gen. Ihn – und seine Mieter. Denn Fassaden<br />
transportierten wie kein anderes Gewerk Profil, Charakter<br />
und Ästhetik eines Gebäudes. Entsprechend engagiert<br />
geht Norbert Senner bis heute ans Werk. Besonders dann,<br />
wenn es um die Realisierung unkonventioneller, kreativer<br />
Gestaltungskonzepte geht.<br />
KLEINES GEBÄUDE – EXPONIERTE LAGE<br />
Ein aktuelles Beispiel ist die Sanierung eines Wohngebäudes<br />
mit 14 Wohneinheiten in zentraler Lage in der Nürnberger<br />
Pfeifergasse – ein kleines Gebäude mit bewegter Historie.<br />
Errichtet wurde es 1972 als typische Baulückenschließung<br />
in der Nürnberger Innenstadt. So weit nichts Besonderes.<br />
Allerdings befand sich das Baugrundstück inmitten<br />
des Nürnberger Rotlichtviertels. Die damaligen VWW-<br />
Verantwortlichen schreckte das jedoch nicht ab. Sie erwarben<br />
das Grundstück, bauten und vermieteten die Wohnungen.<br />
Trotz mehrfacher Anfragen allerdings nicht einschlägig<br />
gewerblich, stellt Norbert Senner unmissverständlich fest.<br />
Darauf achtete das Unternehmen sehr genau. Und inzwischen<br />
spielt sich Leben des Milieus auch nicht mehr<br />
direkt vor der Haustür ab. „Das kam uns natürlich entgegen“,<br />
so Senner. „Doch 2009 hatten wir längst eine andere<br />
Baustelle.“ Wohnkomfort, Bausubstanz und Erscheinungsbild<br />
des Gebäudes erfüllten nicht mehr moderne Standards.<br />
Zwei Wohnungen standen bereits über einen längeren Zeitraum<br />
leer.<br />
MODERNISIERUNG MIT WEITBLICK<br />
Im gleichen Jahr nahm die VWW die umfassende Sanierung<br />
in Angriff. Innen stand der Austausch der unwirtschaftlichen<br />
Nachtspeicheröfen ganz oben auf der Liste. Sie wurden<br />
durch eine moderne Gaszentralheizung ersetzt. Hausflure<br />
und Eingangsbereiche wurden ebenfalls neu gestaltet<br />
und auch die Modernisierung der Bäder stand auf dem Programm.<br />
Und außen? „Wir wollten dem Gebäude ein völlig<br />
neues Gesicht geben“, betont Norbert Senner. Mit Rat und<br />
Tat zur Seite stand ihm dabei Murat Baydemir, Geschäftsführer<br />
der Baydemir Stuck GmbH & Co. KG, eines mittelständischen<br />
Handwerksbetriebs aus dem nahen Oberasbach.<br />
Das Unternehmen hat sich auf die energetische Gebäudesanierung<br />
spezialisiert und entwickelte gemeinsam<br />
INSIDE<br />
Typische Wohngebäude der VWW<br />
mit individueller Fassadenoptik.<br />
Oben: das sanierte Gebäude in der<br />
Nürnberger Pfeifergasse.<br />
alsecco aface 13<br />
foto VWW foto VWW
INSIDE<br />
»WIR WOLLTEN DEM GEBÄUDE EIN<br />
VÖLLIG NEUES GESICHT GEBEN.«<br />
02<br />
mit der VWW ein tragfähiges Sanierungs- und Gestaltungskonzept.<br />
Die biederen Glasbausteine im Bereich des Treppenhauses<br />
werden entfernt und durch großzügige öffnende<br />
Fensterflächen ersetzt. Für die Dämmung der Gebäudehülle<br />
kam ein Wärmedämm-Verbundsystem mit Carbontechnologie<br />
zum Einsatz. Die Schlussbeschichtung erfolgte auf<br />
der Basis der Entwürfe des Farbplaners Karsten Butte mit<br />
einem dunklen, anthrazitfarbenen Putz. Die Fassade im Bereich<br />
des Treppenhauses akzentuierten die Handwerker<br />
durch ein kräftiges Rot. „Zugegeben: eine ausgesprochen<br />
DIE VWW IN ZAHLEN<br />
Die Volkswohnungswerk Bau- und Siedlungsgenossenschaft<br />
e.G in Nürnberg<br />
wurde 1951 von heimatvertriebenen<br />
Sudetendeutschen gegründet. Heute<br />
verwaltet das genossenschaftlich organisierte<br />
Unternehmen mit 845 Mitgliedern<br />
791 Wohneinheiten – darunter 392<br />
kleinere 2-Zimmer-Wohnungen. Die<br />
Wohnfläche des Bestandes beträgt<br />
insgesamt 42.200 Quadratmeter.<br />
14 alsecco aface<br />
03<br />
extravagante Lösung“, meint Murat Baydemir. Aber auch<br />
extrem dunkle Putzfassaden seien heute sehr sicher in<br />
hoher Qualität machbar. Norbert Senner jedenfalls war das<br />
nur recht. Auch bei Mietern überwiege der Wunsch nach<br />
Differenzierung. Und identifizieren könne man sich nicht mit<br />
dem Uniformen und Einfältigen, sondern nur mit Gebäuden,<br />
die Wiedererkennungswert besitzen und Profil und<br />
Charakter haben. „Daran haben wir uns gehalten“, so Senner.<br />
Und seine Mieter sehen das offensichtlich genauso. Alle<br />
Wohnungen sind vermietet. ✱<br />
DIE PFEIFERGASSE VORHER ...<br />
foto VWW<br />
... UND NACHHER<br />
02<br />
Konsequenter Wandel: Das<br />
sanierte Wohngebäude in<br />
der Nürnberger Pfeifergasse<br />
setzt durch die dunkle Putzfassade<br />
unverwechselbare<br />
Akzente.<br />
03<br />
Erfolgreiche Zusammenarbeit:<br />
Gemeinsam entwickelten<br />
Murat Baydemir (links)<br />
und Norbert Senner ein tragfähiges<br />
Sanierungs- und<br />
Gestaltungskonzept.<br />
foto VWW
foto Daniel Lupini<br />
INNEN UND AUSSEN komplett<br />
saniert und umgebaut<br />
wurde dieses in zentraler,<br />
verkehrstechnisch hervorragend<br />
erschlossener Lage<br />
befindliche Büro- und Gewerbegebäude<br />
in Baar im<br />
Kanton Zug in der Schweiz.<br />
Zielgerichtet setzte der<br />
Bauherr von Anfang an auf<br />
einen konsequenten Wandel.<br />
Gewünscht war insbesondere<br />
ein prägnantes<br />
und repräsentatives Erscheinungsbild,<br />
das bereits<br />
auf den ersten Blick auch<br />
auf die neuen inneren Qualitäten<br />
des Gebäudes nach<br />
der Modernisierung<br />
schließen lässt. Realisiert<br />
wurde schließlich eine sehr<br />
elegante und hochwertige<br />
Natursteinfassade aus<br />
schwarzem Granit. Allerdings<br />
erwies sich die von<br />
den Planern favorisierte<br />
Gestaltung mit Natursteinen<br />
als enorme konstruktive<br />
Herausforderung. Insbesondere<br />
das hohe Gewicht<br />
setzte deutliche technische<br />
Grenzen. Erst die Planung<br />
mit der Naturstein-Leichtfassade<br />
Airtec Stone eröffnete<br />
schließlich den notwendigen<br />
gestalterischen<br />
Spielraum, um den anspruchsvollen<br />
Entwurf<br />
systemsicher zu realisieren.<br />
Ausgeführt wurde die Natursteinfassade<br />
auf einer<br />
Fläche von insgesamt 3.100<br />
Quadratmetern mit einer<br />
hochwertigen Oberfläche<br />
aus geschliffenem, matt<br />
gebürstetem Granit. ✱<br />
Objekt<br />
Büro- und Gewerbegebäude in<br />
Baar, Schweiz<br />
Bauherr<br />
Westgate Investment AG, Baar<br />
Architekt<br />
van Merkesteyn & Partner,<br />
Zürich<br />
Fassade<br />
3.100 m 2<br />
Naturstein-Leichtfassade<br />
Airtec Stone, schwarzer<br />
Granit, geschliffen und matt<br />
gebürstet.<br />
Ausführung Fassade<br />
Hörmannshofer Fassaden Süd<br />
GmbH & Co. KG, Marktoberdorf<br />
ALSECCO TOP<br />
01<br />
alsecco aface 15
ARCHITECTURE<br />
UNTER<br />
DEN AUGEN<br />
DER WELT<br />
AM 11. JUNI WIRD IN JOHANNESBURG DAS<br />
ERÖFFNUNGSSPIEL DER FUSSBALL-WM 2010<br />
ANGEPFIFFEN. PRACHTVOLLE KULISSE IST DAS<br />
KOMPLETT UMGEBAUTE SOCCER-CITY-STADION MIT<br />
PLATZ FÜR RUND 95.000 ZUSCHAUER. BEIM<br />
ENTWURF DER SPEKTAKULÄREN ARENA LIESS SICH<br />
DAS SÜDAFRIKANISCHE BÜRO BOOGERTMAN +<br />
PARTNERS VON DER FORM EINER KALEBASSE<br />
INSPIRIEREN, DES TYPISCHEN AFRIKANISCHEN<br />
TRINKGEFÄSSES.<br />
text Robert Uhde<br />
VOM 11. JUNI bis zum 11. Juli findet erstmals eine Fußball-<br />
Weltmeisterschaft auf afrikanischem Boden statt. Im Blickpunkt<br />
des vierwöchigen Spektakels steht das komplett<br />
umgebaute Soccer-City-Stadion am Rande der mehr als drei<br />
Millionen Einwohner zählenden Metropole Johannesburg.<br />
Neben dem Eröffnungsspiel und dem Finale finden hier<br />
auch vier weitere Spiele in der ersten Runde, ein Achtelfinalspiel<br />
sowie ein Viertelfinalspiel statt. Die nach der Beseitigung<br />
der Laufbahn zum reinen Fußballstadion umgestaltete<br />
Arena bietet nach ihrem Umbau Platz für 94.700 Zuschauer<br />
und gehört damit zu den zehn größten Stadien der Welt. Zusätzlichen<br />
Komfort bieten 117 Logen, über 6.000 Business-<br />
Seats, mehrere Restaurants sowie ein modernes Sendezentrum.<br />
Das in unmittelbarer Nähe zum schwarzen Wohnviertel<br />
Soweto gelegene Stadion war 1987 mit einem offiziellen<br />
16 alsecco aface<br />
01<br />
Startklar: Im Soccer-City-<br />
Stadion wird erstmals eine<br />
WM in Afrika angepfiffen.<br />
01<br />
foto 2010 FIFA World Cup Organising Committee
03<br />
ARCHITECTURE<br />
alsecco aface 17
ARCHITECTURE<br />
02<br />
Blick auf die spektakuläre<br />
Außenhülle des Stadions.<br />
03<br />
Transparente Dachkonstruktion<br />
des Stuttgarter<br />
Büros Schlaich Bergermann<br />
und Partner.<br />
04<br />
Facettenreich: Die Außenhülle<br />
setzt sich aus 30.000<br />
Glasfaserbeton-Elementen<br />
zusammen.<br />
05<br />
18 alsecco aface<br />
02<br />
03<br />
04 foto © Boogertman Urban Edge and Partners in partnership with Populous<br />
»MIT UNSEREM ENTWURF WOLLEN WIR DEN CHARAKTER UND<br />
DIE KULTUR UNSERES KONTINENTS VERMITTELN.« BOB VAN BEBBER
foto © Boogertman Urban Edge and Partners in partnership with Populous<br />
Fassungsvermögen von seinerzeit 80.000 Zuschauern errichtet<br />
worden. Bereits damals war es das modernste und<br />
größte Stadion Südafrikas. Drei Jahre nach seiner Eröffnung,<br />
am 13. Februar 1990, wurde die Sportstätte zum weltweiten<br />
Symbol für den Widerstand gegen die Apartheid – mehr<br />
als 120.000 Menschen verfolgten damals Nelson Mandelas<br />
erste Massenkundgebung nach fast 28 Jahren Haft.<br />
Weitere 20 Jahre später soll das rundum neu gestaltete<br />
Soccer-City-Stadion nun erneut Geschichte schreiben. Mit<br />
dem Umbau der Arena zur Spielstätte der WM 2010 war<br />
2007 das südafrikanische Architekturbüro boogertman +<br />
partners beauftragt worden. Die umfangreichen Planungsund<br />
Umbauarbeiten glichen dabei weitgehend denen bei<br />
einem Stadionneubau, so umfassend waren die Auflagen<br />
der FIFA hinsichtlich Sicherheit und Komfort. In den Entwurf<br />
integriert wurde auch die Zentrale des Südafrikanischen<br />
Fußballverbandes, die während der Weltmeisterschaft die<br />
Leitstelle der FIFA beherbergen wird und außerdem als<br />
Museum über die Geschichte des südafrikanischen Fußballs<br />
dient.<br />
Im Zuge der rund 200 Millionen Euro teuren Umbaumaßnahmen<br />
wurde der vormals offene, in zwei Zuschauerränge<br />
untergliederte Bau großzügig ausgebaut und rundum durch<br />
eine elegante Dachkonstruktion aus transparenten Polykarbonat-Elementen<br />
überdeckt. Die Planung des aufwändig<br />
konstruierten Fachwerk-Kragdaches lieferte das international<br />
renommierte Stuttgarter Ingenieurbüro Schlaich Bergermann<br />
und Partner, das weltweit bereits zahlreiche andere<br />
Dachkonstruktionen für Großstadien realisiert hat.<br />
Um eine einheitliche organische Form zu schaffen, geht<br />
die Dachfläche des Stadions nach außen hin nahtlos über in<br />
die ebenfalls komplett neu gestaltete Außenhülle des Stadions<br />
aus Glasfaserbeton-Paneelen. Ganz bewusst erinnert<br />
die Fassade dabei in Form, Oberflächenstruktur und Farbigkeit<br />
an eine Kalebasse, das traditionelle afrikanische Trinkgefäß,<br />
das aus der ausgehöhlten und getrockneten Hülle<br />
eines Flaschenkürbisses hergestellt wird: Die Fußball-WM<br />
2010 soll nach dem Willen aller Beteiligten eine „afrikanische<br />
Weltmeisterschaft“ werden. „Deshalb wollten wir<br />
mit unserem Entwurf den Charakter und die Kultur unseres<br />
Kontinents vermitteln“, erklärt Projektarchitekt Bob van<br />
Bebber die ungewöhnliche Herangehensweise.<br />
Bei der Ausbildung der insgesamt fast 50.000 Quadratmeter<br />
umfassenden Außenhülle des Stadions wurden mehr<br />
als 30.000 rechteckige Glasfaserbeton-Paneele mit einer<br />
Kantenlänge von jeweils 1,2 mal 1,8 Metern und einer Stärke<br />
von jeweils 13 Millimetern auf die Unterkonstruktion aus<br />
Stahl montiert. Die Verwendung zweier unterschiedlicher<br />
Oberflächenstrukturen und sechs verschiedener Rot-, Braunund<br />
Grautöne erzeugt dabei einen mosaikartigen Schuppeneffekt,<br />
der eindrucksvoll den Facettenreichtum der Kalebasse<br />
nachahmt. An einigen Stellen wird die Betonhülle der<br />
Arena durch perforierte Platten oder durch transparente<br />
06<br />
Glaselemente unterbrochen, die einen optimierten Tageslichteinfall<br />
im Innenbereich des Stadions ermöglichen.<br />
„Darüber hinaus haben die Paneele hervorragende thermische<br />
Eigenschaften und sind wiederstandsfähig gegen<br />
unterschiedlichste Wettereinflüsse“, so Bob van Bebber.<br />
Während der rund zweijährigen Umbauphase des Stadions<br />
waren zeitweise mehr als 3.000 Arbeiter beschäftigt.<br />
Und die Mühen haben sich gelohnt, inzwischen steht das<br />
Soccer-City-Stadion unmittelbar vor der Fertigstellung. Die<br />
Menschen vor Ort können es kaum noch erwarten und<br />
fiebern dem Großereignis schon seit Monaten entgegen.<br />
Bis dann am 11. Juni endlich die Eröffnungsfeier beginnt<br />
und erstmals in der 80-jährigen WM-Geschichte ein Weltmeisterschaftsspiel<br />
auf afrikanischem Boden ausgetragen<br />
wird. ✱<br />
ARCHITECTURE<br />
foto © Boogertman Urban Edge and Partners in partnership with Populous<br />
»WIR WOLLEN EIN STADION<br />
SCHAFFEN, DAS ÜBERALL<br />
AUF DER WELT SOFORT<br />
WIEDERERKANNT WIRD.«<br />
05<br />
BOB VAN BEBBER<br />
Das erweiterte Stadion in<br />
Johannesburg bietet Platz<br />
für fast 95.000 Zuschauer.<br />
06<br />
Bei ihrem Entwurf ließen<br />
sich die Architekten von<br />
der Form einer Kalebasse<br />
inspirieren.<br />
alsecco aface 19
ONE HOUR<br />
MIT DER KRAFT DER SONNE<br />
OB PLUSENERGIEHAUS, OFFSHORE-WINDPARK ODER ELEKTROAUTO – DIE ENERGIEWEN-<br />
DE IST IN GREIFBARE NÄHE GERÜCKT. INNERHALB VON 30 JAHREN KÖNNTEN WIR DAHER<br />
KOMPLETT AUF ERNEUERBARE ENERGIEN UMSTEIGEN, BEHAUPTET DER BEKANNTE<br />
FERNSEHJOURNALIST UND BUCHAUTOR FRANZ ALT. NEBEN POLITISCHEM WILLEN IST<br />
DAZU DAS ENGAGEMENT JEDES EINZELNEN NÖTIG.<br />
foto Hanno Keppel<br />
AFACE: Herr Alt, in Ihren Vorträgen und Büchern plädieren<br />
Sie für einen raschen Komplettumstieg auf erneuerbare<br />
Energien. Wie sollte die Energiepolitik der Zukunft aussehen?<br />
FRANZ ALT: Wir verbrennen heute an einem Tag so viel<br />
Kohle, Gas und Öl, wie die Natur in einer Million Tagen angesammelt<br />
hat. Dass das keine Vision für die Zukunft sein<br />
kann, kann sich jeder leicht ausrechnen. Dieser riesige Verbrauch<br />
an fossilen Energieträgern führt nicht nur dazu, dass<br />
die weltweiten Vorräte in den nächsten Jahrzehnten weitgehend<br />
aufgebraucht sein werden, sondern er ist auch maßgeblich<br />
für den Treibhauseffekt verantwortlich. Atomenergie<br />
ist andererseits viel zu gefährlich. Außerdem weiß niemand,<br />
wo und wie der strahlende Müll entsorgt werden<br />
soll. Die heutige fossil-atomare Energiepolitik hat daher keine<br />
Zukunft!<br />
AFACE: Sie plädieren stattdessen für einen kompletten<br />
Umstieg auf erneuerbare Energien ...<br />
FRANZ ALT: Ja, das ist die einzige Alternative. Wind, Sonne,<br />
Wasser, Geothermie oder Biomasse sind ungefährlich,<br />
unbegrenzt vorhanden und bald preisgünstiger als die alte<br />
Energie. Je länger wir mit dem Umstieg warten, desto<br />
größere Probleme schaffen wir uns. Auch in finanzieller Hinsicht.<br />
Denn die Nachfrage nach Öl und Benzin wird weiter<br />
steigen. Nach den Gesetzen des Marktes werden wir in naher<br />
Zukunft gewaltige Benzinpreiserhöhungen bekommen.<br />
Ich kann mir gut vorstellen, dass der Preis für ein Liter Benzin<br />
in fünf, sechs Jahren bei fünf Euro liegen wird. Das<br />
schätzt zum Beispiel das amerikanische Finanzministerium.<br />
Wer sich schnell umstellt, der tut also nicht nur der Umwelt,<br />
sondern auch seinem Geldbeutel etwas Gutes. Deutschland<br />
hat in diesem Bereich ein riesiges Potenzial: Wir sind weltweit<br />
führend in Photovoltaik, Windenergie und Bioenergietechnologie<br />
und besitzen dementsprechend hervorragende<br />
Perspektiven für den Export der Zukunftstechnologien.<br />
20 alsecco aface<br />
AFACE: Das klingt recht hoffnungsvoll. Der Klimagipfel in<br />
Kopenhagen ist dennoch gescheitert. Muss man da nicht<br />
eher resignieren?<br />
FRANZ ALT: Als Journalist habe ich in den vergangenen<br />
20 Jahren alle internationalen Klimakonferenzen beobachtet.<br />
Die Ergebnisse waren jedes Mal ernüchternd. Wenn<br />
190 Regierungen zusammenkommen und jede von ihnen<br />
den Klimawandel ausschließlich als Last empfindet, dann<br />
wird es zwangsläufig immer nur um die Verteilung dieser<br />
Lasten gehen. Das kann nicht funktionieren. Stattdessen<br />
müssen wir begreifen, dass die Entwicklung neuer Umwelttechnologien<br />
nicht nur dem Klima, sondern auch der<br />
Wirtschaft nutzt und viele Arbeitsplätze schaffen kann.<br />
Wenn dieses Umdenken gelingt, wird Klimaschutz zum Gewinn<br />
für alle.<br />
AFACE: Und Sie sind optimistisch, dass das gelingen kann?<br />
FRANZ ALT: Ja, auf jeden Fall. Denn wir werden die Realität<br />
nicht auf Dauer ausblenden können. Auf der einen Seite<br />
gibt es die zunehmenden Katastrophen und die Schäden<br />
der Rückversicherer, auf der anderen Seite steht die Entwicklung<br />
des Arbeitsmarktes. Alle großen Branchen haben<br />
in den vergangenen Jahren Arbeitsplätze abgebaut. Die einzige<br />
Branche mit Wachstumspotenzial ist der Bereich der<br />
erneuerbaren Energien. Es ist also klar, wohin die Entwicklung<br />
weiter gehen wird.<br />
AFACE:Es soll jedoch demnächst die Umlage für Photovoltaikanlagen<br />
weiter gekürzt werden. Wie passt das zusammen?<br />
FRANZ ALT: Das Erneuerbare-Energien-Gesetz hat bislang<br />
hervorragende Arbeit dabei geleistet, der Solarindustrie<br />
den Weg zu ebnen. Als wir 1992 unsere erste Photovoltaikanlage<br />
auf dem Dach unseres Hauses montieren ließen, da<br />
war sie im Vergleich viermal so teuer wie heute. Allein<br />
im letzten Jahr sind die Preise um 30 Prozent gesunken. Der<br />
Markt wird die Kürzung der Einspeisevergütung also<br />
NAME Franz Alt<br />
WAS MIR WICHTIG IST<br />
Aufklärung, Aufklärung,<br />
Aufklärung<br />
BUCH FÜR DIE INSEL<br />
Viel zu viele, aber vor allem<br />
die Bergpredigt<br />
MUSIK Viel Klassik<br />
GRÖSSTER WUNSCH<br />
Dass es uns rasch gelingen<br />
möge, von heute zehn Prozent<br />
Intelligenznutzung auf elf Prozent<br />
zu kommen. Dann wären schon<br />
die größten Probleme der<br />
Welt gelöst<br />
MOTTO Es gibt nichts Gutes,<br />
außer man tut es
ONE HOUR<br />
»DER PREIS FÜR<br />
EINEN LITER BENZIN<br />
WIRD IN WENIGEN<br />
JAHREN BEI FÜNF<br />
EURO LIEGEN.«
ONE HOUR<br />
22 alsecco aface<br />
verkraften, zudem wird so der Wettbewerb gestärkt. Experten<br />
gehen inzwischen davon aus, dass der Solarstrom bis<br />
2013 den gleichen Preis haben wird wie sonstiger Strom.<br />
Dennoch wäre mir eine weniger starke Kürzung der Vergütung<br />
natürlich lieber gewesen. Dies hätte vor allem den kleineren<br />
und mittleren Betrieben genutzt.<br />
AFACE: Was halten Sie in diesem Zusammenhang von<br />
dem Projekt „Desertec“, mit dem Strom in der Sahara gewonnen<br />
werden soll?<br />
FRANZ ALT: Da bin ich eher skeptisch. Es ist doch viel<br />
intelligenter, die 20 Millionen Dächer in Deutschland für die<br />
Photovoltaik zu nutzen, als Strom aus Afrika zu beziehen.<br />
Statt Energie über tausende Kilometer zu importieren und<br />
uns von arabischen Ölscheichs, russischem Gas oder Gaddafis<br />
Sonne abhängig zu machen, sollten wir eher auf regionale<br />
Strukturen setzen. Neben der Sonne haben wir Wind,<br />
Wasser, Biogas, Resthölzer im Wald, landwirtschaftliche<br />
und forstwirtschaftliche Reststoffe und riesige Mengen an<br />
Bioabfall, die ebenfalls zur Stromerzeugung genutzt werden<br />
könnten. Hinzu kommt, dass Millionen von dezentralen Solardächern<br />
anders als eine riesige Großanlage in der Sahara<br />
kein Ziel für Terroristen darstellen können. Die großen politischen<br />
Alternativen des 21. Jahrhunderts heißen für mich<br />
Krieg um Öl oder Frieden durch die Sonne. Und dabei gibt es<br />
zahlreiche hoffnungsvolle Zeichen: Das Land Sachsen-Anhalt<br />
hat in diesem Winter zum Beispiel 36 Prozent seines<br />
Stroms über Windräder gewonnen. Wichtig ist aber, dass<br />
wir nicht auf eine einzige Energiequelle setzen, sondern<br />
dass nur der Mix aus Sonne, Wind, Bioenergie, Wasserkraft<br />
und Erdwärme eine hundertprozentige Energiewende<br />
möglich macht.<br />
AFACE: Zur Senkung der CO 2-Emission stehen drei konkrete<br />
Möglichkeiten zur Verfügung: die Erhöhung der Energieeffizienz,<br />
die Energieeinsparung und der Ausbau der<br />
erneuerbaren Energien. Wo sehen Sie hier die deutlichsten<br />
Fortschritte und was gibt es noch zu tun?<br />
FRANZ ALT: Beim Wärmebedarf sind wir technologisch<br />
betrachtet schon am Ziel. Wir können heute Häuser bauen,<br />
die aufgrund optimierter Dämmung und moderner Technologien<br />
ohne herkömmliche Energien auskommen. Anders<br />
sieht die Sache beim Strom aus, hier wird der Bedarf in den<br />
nächsten Jahrzehnten wahrscheinlich sogar noch ansteigen.<br />
Ich setze daher auf ein intelligentes Zusammenspiel<br />
der drei großen „E“, also Energieeffizienz, Energieeinsparung<br />
und erneuerbarene Energien.<br />
AFACE: Aber es gibt doch das Problem, den benötigten<br />
Strom zu speichern und permanent ohne Unterbrechung<br />
bereitzustellen ...<br />
FRANZ ALT: Nein, das Speicherproblem für Strom aus<br />
erneuerbaren Energien ist theoretisch längst gelöst und in<br />
der Praxis wird es so aussehen: Für den privaten Bereich<br />
gibt es Batterien im Auto oder Speicher im Keller, überregional<br />
können wir auf einen Mix von verschiedenen Energien<br />
und verschiedenen Standorten setzen. Ein gutes Beispiel<br />
dafür ist der Ausbau des Europäischen Stromverbundes.<br />
Denn irgendwo in Europa weht immer Wind oder es scheint<br />
die Sonne. Deshalb brauchen wir neben Windrädern an Land<br />
auch Windmühlen auf See.<br />
AFACE: Welcher Zeitrpunkt schwebt Ihnen für die komplette<br />
Umstellung auf erneuerbare Energien vor?<br />
FRANZ ALT: Die Europäische Kommission geht von 2050<br />
aus und auch China und Indien haben 2060 bzw. 2050 im<br />
Blick. Angesichts des technischen Fortschritts und der Effizienzsteigerungen<br />
der vergangenen Jahre bin ich allerdings<br />
davon überzeugt, dass wir den Umstieg in Deutschland und<br />
Europa schon bis 2040 schaffen können. Die Technik ist<br />
vorhanden, alles andere ist ausschließlich eine Frage des<br />
politischen Willens.<br />
AFACE: Angesichts der Finanz- und Wirtschaftskrise ist<br />
das Klimathema jedoch derzeit wieder etwas in den Hintergrund<br />
getreten.<br />
FRANZ ALT: Ja, viele Politiker meinen, wir müssten jetzt<br />
erst mal die Finanzen sanieren. Ich halte das für sehr kurzsichtig.<br />
Denn der Klimawandel wird uns nicht nur die nächsten<br />
vier Jahre beschäftigen, sondern ist ein Problem für die<br />
nächsten tausend Jahre. Das wird schnell vergessen. Mit<br />
schuld daran sind auch die Medien. Denn die meisten Journalisten<br />
sind ähnlich wie die meisten Politiker ausschließlich<br />
an Quoten, Auflagen und Wahlen interessiert und blenden<br />
langfristige Entwicklungen gerne aus.<br />
AFACE: Frau Merkel ist immerhin als Klimakanzlerin gestartet<br />
...<br />
FRANZ ALT: Als Physikerin hat sie im Gegensatz zu vielen<br />
anderen Regierungschefs immerhin begriffen, worum es<br />
geht. Was sie davon durchsetzt, ist allerdings eine andere<br />
Frage.<br />
AFACE: Was für weitergehende Maßnahmen würden Sie<br />
sich von der Politik wünschen?<br />
FRANZ ALT: In jedem Fall muss das Erneuerbare-Energien-<br />
Gesetz weitergeführt werden. Außerdem sollte die Debatte
»WIR HABEN DIE WAHL: KRIEG UM ÖL ODER FRIEDEN<br />
DURCH DIE SONNE.«<br />
um die längeren Laufzeiten für Atomkraftwerke beendet<br />
und der mit fadenscheinigen Begründungen betriebene Ausbau<br />
der Kohlekraftwerke in Deutschland wieder gestoppt<br />
werden!<br />
AFACE: Sie meinen, dieser Ausbau ist nicht nötig?<br />
FRANZ ALT: Wie unsinnig diese Politik ist, wird schnell<br />
klar, wenn wir uns vor Augen führen, dass die Sonne in<br />
jedem Augenblick 15.000 mal mehr Energie liefert, als alle<br />
Menschen auf dieser Erde zusammen benötigen! Wo ist<br />
also das Problem? Eine Solaranlage ist auf Ihrem Dach in<br />
drei Tagen installiert. Für ein AKW brauchen Sie bis zu 20<br />
Jahre. Es sieht eher danach aus, als hätte die Regierung<br />
Angst davor, die erneuerbaren Energien könnten am Ende<br />
zu erfolgreich sein. Albert Einstein sagte einmal, wir nutzen<br />
höchstens zehn Prozent unserer Intelligenz. Wenn es unserer<br />
Generation gelingt, von zehn auf elf Prozent zu kommen,<br />
dann ist das Energieproblem bereits gelöst! Und dazu kann<br />
jeder Einzelne von uns beitragen. Eine gute Lösung sind<br />
zum Beispiel auch eine Pelletheizung im Keller und eine<br />
Solaranlage auf dem Dach. Damit kann sich jeder energetisch<br />
unabhängig machen!<br />
AFACE: Sie selbst engagieren sich langem auf unterschiedlichste<br />
Weise für den Klimaschutz, wie man unter<br />
anderem auch auf Ihrer Website „www.sonnenseite.com“<br />
sehen kann. In den vergangenen Jahren haben Sie dabei<br />
regelmäßig pro Jahr bis zu 200 Vorträge über das Thema<br />
gehalten. Woher nehmen Sie die Kraft für dieses Engagement<br />
und warum lehnen Sie sich nicht einfach zurück?<br />
FRANZ ALT: Zurücklehnen? Nein, das Thema „Klimaschutz“<br />
ist meine Lebensaufgabe. Es macht mir einfach viel<br />
Freude, als ein Stellvertreter der Sonne auf Erden tätig zu<br />
sein. Und ich genieße es, den Vertretern der alten Energie<br />
zu sagen, wo die Zukunft liegt.<br />
AFACE: Herr Alt, wir bedanken uns für das Gespräch. ✱<br />
ONE HOUR<br />
Der bekannte Journalist und<br />
Autor Franz Alt (Jahrgang<br />
1938) gehört zu den engagiertesten<br />
Kämpfern für eine Energiewende.<br />
Von 1972 bis 1992<br />
moderierte er das politische<br />
Magazin „Report“, danach war<br />
er Leiter der Zukunftsredaktion<br />
„Zeitsprung“ im SWR und seit<br />
1997 zusätzlich Leiter des<br />
Magazins „Quer-Denker“ in<br />
3sat. Bis heute hält er Vorträge<br />
zu unterschiedlichen Themen<br />
und schreibt Gastkommentare<br />
und Hintergrundberichte für<br />
Zeitungen und Magazine. Franz<br />
Alt wurde mit zahlreichen Auszeichnungen<br />
geehrt – darunter<br />
der Bambi, der Adolf-Grimme-<br />
Preis, die Goldene Kamera, der<br />
Deutsche und Europäische<br />
Solarpreis sowie der Umweltpreis<br />
der Deutschen Wirtschaft.<br />
alsecco aface 23
SPORTS<br />
»ES IST WICHTIG,<br />
SICH ZIELE ZU<br />
SETZEN UND IM<br />
RICHTIGEN<br />
MOMENT RICHTIGE<br />
ENTSCHEIDUNGEN<br />
ZU TREFFEN.«
GIPFELSTÜRMER<br />
SPORTS<br />
AUCH WER MIT BERGSTEIGEN NICHT VIEL AM HUT HAT, HAT VERMUTLICH SCHON VON IHM<br />
GEHÖRT: HANS KAMMERLANDER. UND WER IHN EINMAL LIVE ERLEBT HAT, DER VERSPÜRT DEN<br />
UNVERMITTELTEN WUNSCH, IN DIE BERGE ZU GEHEN. DENN DER EXTREMBERGSTEIGER IST<br />
NICHT NUR FASZINIERT VON DEM, WAS ER TUT – ER VERMAG AUCH ZU FASZINIEREN.<br />
text Kathrin Marie Arlt foto Kammerlander<br />
HANS KAMMERLANDER zählt zu den erfolgreichsten<br />
Alpinisten aller Zeiten und wird in einem Atemzug mit seinem<br />
zeitweiligen Wegbegleiter Reinhold Messner genannt.<br />
Den Begriff „Bergsteigerikone“ schätzt er jedoch nicht so<br />
sehr: „Bergsteigen ist einfach ein wunderschöner Sport.<br />
Und mein Beruf. Das passt schon.“ Unaufdringlich, bescheiden<br />
und ausgesprochen ruhig wirkt der Mann, der weit über<br />
2.000 schwierige Bergtouren hinter sich hat – darunter 50<br />
Erstbegehungen. 13 der 14 Achttausender hat Hans Kammerlander<br />
bestiegen, mit Reinhold Messner hat er unter anderem<br />
den Gipfel des Annapurna (8091 Meter) erreicht und<br />
1996 bestieg er den Mount Everest (8848 Meter) ohne<br />
zusätzlichen Sauerstoff, um von dort – als sei es nicht<br />
genug – auf Skiern den Weg ins Tal zu wagen.<br />
Mit charmant weichem Dialekt erzählt der 53-jährige Südtiroler<br />
von seinen Erlebnissen, die für urbane Zeitgenossen<br />
allesamt wie Abenteuer klingen. „Die Berge sind wie ein<br />
Magnet. Als ich acht Jahre alt war, habe ich in meinem Südtiroler<br />
Heimatort Sand in Taufers auf dem Schulweg ein<br />
Ehepaar getroffen, das auf den Großen Moosstock wollte.<br />
Ich war einfach neugierig. Was wollten die da oben? Also<br />
bin ich ihnen heimlich nachgeschlichen. Das war’s. Wie ein<br />
Virus.“<br />
Die Erinnerung an seinen ersten Berg ist lebendig. Aber<br />
auch andere Erinnerungen sind tief verankert. 1991, beim<br />
Aufstieg auf den 8163 Meter hohen Manaslu im Himalaja,<br />
hat er zwei Freunde verloren. Einer, Friedl Mutschlechner,<br />
wurde vom Blitz getroffen. Er war sofort tot. Kammerlander<br />
stand nur wenige Meter neben ihm. „Das sind Erfahrungen,<br />
die werden dir einfach entgegengeschleudert. Damit musst<br />
du umgehen. Ich habe in den Jahren zehn enge Freunde in<br />
den Bergen verloren. Aber es ist auch der Berg, der dir dann<br />
weiterhilft.“ Für den ausgebildeten Berg- und Skiführer ist<br />
das, was er die meiste Zeit im Jahr tut, Beruf und Berufung.<br />
„Allein dieses Gefühl, wenn du ganz oben stehst. Du blickst<br />
hinab. Dir wird bewusst, was für einen Weg du hinter dich<br />
gebracht hast.“ Allerdings: „Du musst die Bewegungen<br />
beherrschen, jeden Schritt, jeden Handgriff.“ Nur dann sei<br />
das Risiko beherrschbar. „Es wäre reine Dummheit, wenn<br />
man eine Tour falsch einschätzten oder gar andere gefährden<br />
würde.“<br />
RUHE UND SELBSTVERTRAUEN<br />
Der Grat zwischen Mut und Übermut ist extrem schmal,<br />
weiß Kammerlander. Er aber ist sich seiner selbst – und seines<br />
Könnens – sicher. Und dieses Selbstvertrauen verleiht<br />
ihm auch die Ruhe, einfach mal umzudrehen oder ein Vorhaben<br />
abzubrechen, wenn er weiß: Ab hier wird es zu brenzlig.<br />
„Ich habe Jahre gebraucht, das zu lernen. Früher war da für<br />
mich immer nur die Wand oder der Gipfel. Jetzt weiß ich<br />
auch den Weg zu schätzen, meine Beobachtungen unterwegs.<br />
Selbst wenn ich den Gipfel nicht erreicht habe, kann<br />
ich die Reise genießen. Der Gipfel ist ja lediglich das i-Tüpfelchen.<br />
Aber kein Muss“, erzählt Hans Kammerlander.<br />
Erfahrungen, die er nicht nur in Bergsteiger-Lektüre, sondern<br />
gemeinsam mit Rainer Kurek auch in dem Buch „Direttissima<br />
zum Erfolg. Was (Automobil-) Manager vom Höhenbergsteigen<br />
lernen können.“ verarbeitet hat. „Es ist wichtig,<br />
sich Ziele zu setzen und im richtigen Moment richtige<br />
Entscheidungen zu treffen. Das ist existenziell – im Bergsteigen<br />
und auch im Management.“ Ein gehöriger Stolperstein<br />
auf dem Weg sei die eigene Angst. Die gelte es zu<br />
überwinden oder zu beherrschen. Kein Talisman, keine<br />
Rituale, kein Stoßgebet – die Beherrschung des eigenen<br />
Körpers und der Glaube an sich selbst. Das sei entscheidend.<br />
Diese Erkenntnis zu vermitteln, ob in Büchern oder<br />
NAME Hans Kammerlander<br />
WAS MIR WICHTIG IST<br />
Die Freiheit, aufzubrechen,<br />
wohin ich will<br />
MUSIK Hubert von Goisern<br />
BUCH FÜR DIE INSEL<br />
Etwas vom Dalai Lama<br />
DER FILM DER FILME<br />
Ich sehe nicht viele Filme<br />
WORAUF ICH VERZICHTEN<br />
KÖNNTE Auf das oft nichtssagende<br />
Geplapper vieler Politiker<br />
GRÖSSTER WUNSCH<br />
Der erste Tag auf Skiern mit<br />
meiner Tochter<br />
MEIN TIPP FÜR DAS NETZ<br />
Seiten über Oldtimer<br />
MEIN MOTTO<br />
Leben und leben lassen<br />
MEINE LIEBLINGSBERGE<br />
Die Dolomiten<br />
alsecco aface 25
SPORTS<br />
»FRÜHER WAR<br />
DA FÜR MICH<br />
IMMER NUR DIE<br />
WAND ODER DER<br />
GIPFEL. JETZT<br />
WEISS ICH AUCH<br />
DEN WEG ZU<br />
SCHÄTZEN.«<br />
26 alsecco aface<br />
auch Vorträgen vor Alpinisten und Managern, ist für ihn bis<br />
heute eine große Befriedigung: „Du spürst, wenn sie plötzlich<br />
ein Ziel vor Augen haben. Da geht das Herz a bisserl<br />
auf.“ Und speziell denen, die gerade im Begriff sind, ihre<br />
Leidenschaft für Berge und das Bergsteigen zu entwickeln,<br />
gibt er besonders einen Tipp mit auf den Weg: „Kleine<br />
Schritte machen.“ Unbesonnenheit oder Wagemut? „Da<br />
verspüre ich keine Bewunderung. Ich hatte das Glück, dass<br />
ich immer wieder Menschen begegnet bin, die mich begleitet<br />
haben. Schritt für Schritt.“<br />
Eine Schlüsselperson ist sicherlich Reinhold Messner.<br />
„An seiner Seite und von ihm zu lernen, das war einfach<br />
eine Riesenerfahrung“, betont Hans Kammerlander. Auch<br />
der Dalai Lama, dem er bereits zweimal begegnet ist, habe<br />
ihn ein Stück weitergebracht. „Er ist wohl der faszinierendste<br />
Mensch, den ich kenne. Ich war ehrlich beeindruckt, vor<br />
allem, weil er beharrlich seinen friedlichen Weg geht.“<br />
BERGMANIE<br />
Hans Kammerlander ist etwa acht Monate im Jahr unterwegs.<br />
Wenn er daheim ist und sich weder um seine Geschäfte<br />
noch um die Planung seiner nächsten Tour kümmert,<br />
beschäftigt er sich mit einer weiteren Leidenschaft:<br />
seinen Oldtimern. Nur zu gern fährt er eine gemütliche Runde<br />
über Land. Aber dann zieht es ihn schnell und immer wieder<br />
hinauf. Bergmanie – er kann nicht anders. Respekt vor der<br />
Natur, den hat er nach wie vor. Aber die Berge haben für ihn<br />
ihren Schrecken verloren. „Vieles ist einfach Routine.“<br />
Allein die Vorstellung, dass seine heute zweijährige Tochter<br />
einmal in seine Fußstapfen treten könnte, gibt ihm zu denken.<br />
„Ich würde mir vermutlich zu viele Sorgen um sie<br />
machen. Ich kenne ja die Risiken – aber ich weiß mit ihnen<br />
umzugehen.“ Das gilt auch für seine aktuellen Planungen:<br />
Second Seven Summits. Hans Kammerlander will die<br />
jeweils zweithöchsten Gipfel aller Kontinente besteigen.<br />
„Die sind oft viel schwerer als die höchsten, unerforschter,<br />
unberührter. Da gibt es noch keine Trampelpfade.“ Und<br />
dann? Wer weiß? Solange ihn seine Füße tragen, wird er<br />
sich vermutlich in die Berge begeben. Und auf die Frage<br />
„Warum willst du gerade auf den Berg?“ würde er vermutlich<br />
wie der englische Bergsteigerpionier George Mallory<br />
antworten: „Weil er da ist.“ ✱<br />
www.kammerlander.com<br />
WEITERLESEN<br />
Hans Kammerlander, Rainer Kurek<br />
„Direttissima zum Erfolg“<br />
Was (Automobil-)Manager vom<br />
Höhenbergsteigen lernen können.<br />
Frankfurter Allgemeine Buch,<br />
April 2008, 190 Seiten, ISBN: 3899811585<br />
Hans Kammerlander: „Bergsüchtig“ – Klettern und Abfahren in der Todeszone.<br />
„Malik National Geographic Taschenbuch“, Piper Verlag GmbH, Mai 2009,<br />
347 Seiten, ISBN: 3492403549
02<br />
DIESES WOHNHAUS im<br />
Kölner Stadtteil Marienburg<br />
zieht die Blicke der Betrachter<br />
auf sich. Allerdings ganz<br />
und gar nicht durch extravagante<br />
Stilmittel oder herausragende<br />
Größe, sondern<br />
vielmehr durch seine klaren<br />
Linien und die zur Straßenseite<br />
hin dezente Akzentuierung<br />
der leuchtend weißen<br />
Putzfassade durch die<br />
Materialien Naturstein und<br />
Holz. Hinzu kommt als einziger<br />
markanter Farbpunkt die<br />
rote Eingangstür. Dominant<br />
im Erscheinungsbild ist jedoch<br />
der weiße Putz. Verstärkt<br />
wird dieser Eindruck<br />
durch ein zurückgesetztes,<br />
natursteinverkleidetes<br />
Trennelement, das einen<br />
harmonischen Anschluss<br />
zum benachbarten Gebäude<br />
bildet. Gezielt erzeugen die<br />
Planer des Kölner Büros<br />
Thomas Kostulski Architekten<br />
so das Bild einer freistehenden<br />
weißen Skulptur.<br />
Den oberen Abschluss bildet<br />
ein zurückgesetztes<br />
Geschoss, das mit horizontalen<br />
Zedernholzlamellen<br />
verkleidet wurde.✱<br />
Objekt<br />
Wohnhaus in Köln-Marienburg<br />
Planung<br />
Thomas Kostulski Architekten, Köln<br />
Projektleiter<br />
Michael Limberg<br />
Fassade<br />
400 m2 Fassadendämmsystem<br />
basic mit Modellierputz<br />
Ausführung Fassade<br />
Heck GmbH, Kleinmaischeid<br />
ALSECCO TOP<br />
alsecco aface 27
DELIGHT<br />
Raimund Ostendorp weiß, was seinen Gästen<br />
schmeckt. Und er legt in seinem Imbiss in<br />
Wattenscheid Wert auf Qualität!<br />
28 alsecco aface<br />
UNGEWÖHNLICHER PROFI<br />
FORSCH GEHT ER ANS WERK – OB ALS DEMI-CHEF DE<br />
CUISINE IN EINER DÜSSELDORFER 3-STERNE-KÜCHE ODER<br />
WENN ES UM DIE CURRYWURST GEHT. ZWISCHEN DIESEN<br />
BEIDEN KULINARISCHEN POLEN LIEGEN FAST 20 JAHRE.<br />
RAIMUND OSTENDORP HAT 1991 SEINE WAHL GETROFFEN.<br />
text Kathrin Marie Arlt foto human image
IM HERZEN DES RUHRPOTTS betreibt der 42-Jährige<br />
eine Imbissstube. Eine Frittenbude, mit einer traditionellen<br />
Karte: Pommes, Currywurst, Schnitzel und Kurts Frikadelle,<br />
eine Reminiszenz an den Vorbesitzer der Wattenscheider<br />
Imbissstube, Kurt Kotzlowski. Würste wenden und Frikadellen<br />
braten statt Trüffel, Buttersößchen, Ruhm und Sterne?<br />
Für Raimund Ostendorp eine klare Entscheidung, zu der er<br />
nach wie vor steht. Auch wenn sie ihm damals, als 23-Jährigem,<br />
einiges an Courage abverlangte. „Der Sprung in die<br />
Selbständigkeit war ein Experiment. Aber bereut habe ich<br />
es nicht. Es hat sich gezeigt, dass das mein Weg zum Glück<br />
war.“<br />
Auf die Frage, ob er, wenn ein Sternerestaurant aus Köln,<br />
Berlin oder Hamburg anklopfen würde, seine Currywurst<br />
sein lassen würde, entgegnet er so schnell mit einem entschiedenen<br />
„Nee“, dass keine Zweifel bleiben. Er habe<br />
großen Respekt vor den Sterneköchen, aber ein Zurück<br />
käme für ihn nicht in Frage. „Außerdem: Wer in der Bundesliga<br />
spielt, muss auch in der Bundesliga trainieren. Ich bin<br />
nun doch eher Kreisliga“, resümiert der Koch leger. In einem<br />
3-Sterne-Restaurant müsse ein Koch viel Aufopferungsbereitschaft<br />
mitbringen. Das nehme unglaublich viel Zeit in<br />
Anspruch. Und die Gäste bekomme man eigentlich gar<br />
nicht zu Gesicht. „Hier wird mir mehr soziale Kompetenz<br />
abverlangt. Ich stehe ja im direkten Kontakt mit meinen Kunden.<br />
Und das macht richtig Spaß – das Menschliche.“<br />
Neben seiner Kreativität und einem hohen Maß an Disziplin<br />
kann Ostendorp bei der Zubereitung seiner Imbisskost<br />
das Faible für gutes Essen nicht verleugnen. Will er auch gar<br />
nicht. Wurst und Fleisch sind vom Metzger seines Vertrauens,<br />
der Weißkohl aus Vaters Garten, knackfrisches Gemüse<br />
vom Markt und Petersiliendeko auf dem Teller – so viel<br />
Zeit muss sein. Currywurst mit Blattgold oder andere<br />
Vom Sterne-Koch zum Imbiss-Chef: Raimund Ostendorp hat seine<br />
Wahl getroffen und diesen Schritt nicht bereut.<br />
DELIGHT<br />
»DER SPRUNG IN DIE SELBSTÄNDIG-<br />
KEIT WAR EIN EXPERIMENT. ABER<br />
BEREUT HABE ICH ES NICHT. ES HAT<br />
SICH GEZEIGT, DASS DAS MEIN WEG<br />
ZUM GLÜCK WAR.«<br />
Schickimicki-Eskapaden seien für ihn kein Thema. Ostendorps<br />
Prämisse: eine gute, solide Imbisskultur – es muss<br />
lecker sein, egal ob Kalbsbries oder Kartoffelsalat. ✱<br />
www.profi-grill.de<br />
ROTE SAUCE<br />
Alles bis auf die Würste und die Speisestärke zusammen<br />
aufkochen. Die Stärke mit etwas Wasser<br />
verrühren und damit die Sauce binden. Die Würste<br />
mehrmals leicht quer einschneiden und in einer<br />
Pfanne bei mittlerer Hitze für etwa fünf bis acht<br />
Minuten hellbraun braten. Zum Servieren in<br />
Scheiben schneiden, mit der Sauce übergießen<br />
und mit etwas Currypulver bestreuen.<br />
NAME Raimund Ostendorp<br />
WAS MIR WICHTIG IST<br />
Gesundheit und Glück<br />
MUSIK Etwas Flottes<br />
BUCH FÜR DIE INSEL<br />
Überlebenstipps<br />
FILM ALLER FILME<br />
Salz auf unserer Haut<br />
WORAUF ICH<br />
VERZICHTEN KÖNNTE<br />
Gespielt unzufriedene<br />
Mitmenschen<br />
GRÖSSTER WUNSCH<br />
Siehe „Was mir wichtig ist“<br />
FÜR DAS NETZ<br />
Ich bin bekennender Netzmeider<br />
MOTTO Genieße den Tag<br />
CURRYWURST A LA RAIMUND OSTENDORP<br />
Zutaten:<br />
4 Bratwürste<br />
1 Dose Tomaten<br />
200 g Tomatenmark<br />
60 g Bratenfond<br />
40 g mittelscharfer Senf<br />
750 ml Wasser<br />
30 g Zucker<br />
15 g Salz<br />
1 EL Currypulver<br />
1 EL scharfes Paprikapulver<br />
1 TL Paprikapulver, edelsüß<br />
eine Prise Muskatnuss<br />
50 g Speisestärke<br />
alsecco aface 29
ARCHITECTURE<br />
»WIR GEHEN DAVON AUS,<br />
DASS SICH DER ENERGIEBEDARF<br />
DER WOHNUNGEN HALBIEREN<br />
WIRD.«<br />
01<br />
02
DIE GESOBAU IST EINES DER WICHTIGSTEN<br />
WOHNUNGSUNTERNEHMEN IN BERLIN. DEN<br />
GRÖSSTEN ZUSAMMENHÄNGENDEN BESTAND DES<br />
UNTERNEHMENS BILDET DAS „MÄRKISCHE VIERTEL“<br />
IM NORDEN DER STADT MIT RUND 15.000 WOHNUNGEN. SEIT 2008 WIRD<br />
DIE GROSSSIEDLUNG AUS DEN 1960ER UND 1970ER JAHREN KOMPLETT<br />
MODERNISIERT. GEORG UNGER, TECHNIKLEITER DER GESOBAU,<br />
BETRACHTET DAS PROJEKT ALS WICHTIGE INVESTITION, UM DIE<br />
ATTRAKTIVITÄT DER WOHNUNGEN LANGFRISTIG ZU SICHERN.<br />
text Robert Uhde foto Hanno Keppel<br />
WOHNEN MIT<br />
WEITBLICK<br />
AFACE: Die im Jahr 1900 gegründete GESOBAU ist eines<br />
der führenden Wohnungsunternehmen in Berlin. Wie viele<br />
Wohnungen haben Sie aktuell in Ihrem Bestand?<br />
GEORG UNGER: Gegenwärtig verwalten wir etwa 37.000<br />
eigene Wohnungen. Dazu zählen Gründerzeithäuser in<br />
Pankow, Plattenbauten in Weißensee sowie Altbauten und<br />
Wohnanlagen in Wedding und Wilmersdorf. Unser größter<br />
zusammenhängender Bestand ist die Großsiedlung „Märkisches<br />
Viertel“ in Reinickendorf mit rund 15.000 Wohnungen<br />
und etwa 35.000 Bewohnern.<br />
AFACE: Eine regelrechte Stadt in der Stadt...<br />
GEORG UNGER: Ja, das Märkische Viertel ist in der Tat<br />
eine kleine Stadt für sich. Die Siedlung wurde zwischen<br />
1963 und 1974 als Modellvorhaben errichtet, um der damaligen<br />
Wohnungsnot in Berlin zu begegnen. Neben einer<br />
zeitgemäßen Architektur mit differenzierten Baukörpern und<br />
rund 1.000 unterschiedlichen Wohnungsgrundrissen wurde<br />
dabei auch eine hohe städtebauliche Qualität mit vielen<br />
Grünflächen und einer kompletten Infrastruktur umgesetzt.<br />
Neben einem kleinen Einkaufszentrum gibt es zum Beispiel<br />
13 verschiedene Schulen, die auch von Schülern anderer<br />
Stadtteile besucht werden. Darüber hinaus besteht eine<br />
optimale Anbindung über öffentliche Verkehrsmittel an die<br />
Innenstadt und ins Umland. Diese hohe Wohnqualität vor<br />
Ort sorgt dafür, dass die Fluktuation sehr gering ist und der<br />
Leerstand der Wohnungen lediglich bei fünf Prozent liegt –<br />
und damit deutlich unter der Quote anderer Großsiedlungen.<br />
AFACE: Dennoch haben Sie vor zwei Jahren damit begonnen,<br />
das Märkische Viertel grundlegend zu modernisieren...<br />
GEORG UNGER: Ja, nach 40 Jahren ist das jetzt nötig, um<br />
die Attraktivität der Wohnungen langfristig zu sichern und<br />
so die bestehenden Bewohner zu halten bzw. neue Mieter<br />
zu gewinnen. Das gesamte Projekt soll 2015 fertiggestellt<br />
sein, das Investitionsvolumen liegt bei 440 Millionen Euro.<br />
Die Maßnahme gilt damit als derzeit größtes Modernisierungsvohaben<br />
im deutschen Wohnungsbestand und gleichzeitig<br />
als Modell für den nachhaltigen Umbau von Großsiedlungen.<br />
AFACE: Welche Maßnahmen sind vor Ort geplant?<br />
GEORG UNGER: Ein ganz wichtiger Baustein ist die Steigerung<br />
der Energieeffizienz, um so die Nebenkosten der<br />
Wohnungen dauerhaft zu senken, die sich ja mehr und mehr<br />
zu einer „zweiten Miete“ entwickeln. Im Zuge der Maßnahme<br />
werden zum Beispiel die vorhandenen Einrohrheizungen<br />
durch moderne Zweirohrsysteme ersetzt. Gleichzeitig<br />
wird ein effektives Wärmedämmverbundsystem auf die<br />
Fassaden aufgebracht, um die Wärmeverluste durch die Gebäudehülle<br />
zu reduzieren. Darüber hinaus werden die<br />
Dächer sowie die Kellerdecken wärmegedämmt und die<br />
Fenster ausgetauscht.<br />
AFACE: Mit welchen Energieeinsparungen rechnen Sie<br />
nach Abschluss sämtlicher Maßnahmen?<br />
GEORG UNGER: Wir gehen davon aus, dass sich der Endenergiebedarf<br />
der Wohnungen halbieren wird. Das wird<br />
auch durch Messungen bei den bereits modernisierten<br />
Gebäuden am Eichhorster Weg bestätigt. Mit einem jährlichen<br />
Verbrauch von etwa 60 bis 80 Kilowattstunden je Quadratmeter<br />
werden die Wohnungen dann dem Standard<br />
ARCHITECTURE<br />
03<br />
01<br />
Die umfangreiche Modernisierung<br />
schafft für Georg<br />
Unger eine neue Perspektive<br />
für das Märkische<br />
Viertel.<br />
02<br />
Die zentrale Infobox<br />
informiert über sämtliche<br />
Modernisierungsmaßnahmen<br />
03<br />
Verwandelt: Am Eichhorster<br />
Weg wurden bereits<br />
die ersten Wohnungen<br />
fertiggestellt.<br />
alsecco aface 31
ARCHITECTURE<br />
Die neuen Hauseingänge<br />
schaffen eine<br />
deutliche Aufwertung<br />
der Wohnungen.<br />
KfW-Effizienzhaus 100 entsprechen. Bei dem zentralen<br />
Gebäuderiegel „Langer Jammer“, den wir als dena-Modellvorhaben<br />
umsetzen wollen, streben wir sogar den Standard<br />
KfW-Effizienzhaus 70 an.<br />
AFACE: Das bedeutet nicht nur deutlich geringere Nebenkosten,<br />
sondern auch enorme Entlastungen für die Umwelt...<br />
GEORG UNGER: Ja, insgesamt rechnen wir nach Abschluss<br />
der Maßnahmen mit einer Verringerung des jährlichen<br />
CO 2-Ausstoßes um über 20.000 Tonnen auf dann<br />
noch 17.000 Tonnen. In Kooperation mit unserem Wärmelieferanten,<br />
dem Fernheizwerk Märkisches Viertel, haben<br />
wir außerdem vereinbart, das bestehende Werk im nächsten<br />
Jahr zu einem Kraftwerk mit Wärmekopplung und Biomasse<br />
umzubauen. Dadurch wird die noch benötigte Heizwärme<br />
des Märkischen Viertels CO 2-neutral geliefert, womit<br />
wir auch unserer Selbstverpflichtung zur Reduktion des<br />
CO 2-Ausstoßes nachkommen, die wir im Januar 2009 mit<br />
dem Land Berlin unterzeichnet haben.<br />
AFACE: Müssen die Bewohner nach Abschluss der Maßnahme<br />
mit höheren Gesamtmieten rechnen, um die Kosten<br />
der Maßnahme zu decken?<br />
GEORG UNGER: Nur sehr begrenzt. Für die Mieter soll<br />
das gesamte Projekt weitgehend kostenneutral ablaufen,<br />
die Warmmiete wird sich also kaum ändern.<br />
AFACE: Welche weiteren Maßnahmen sind geplant?<br />
GEORG UNGER: Neben der Steigerung der Energieeffizienz<br />
werden wir die vorhandene Haustechnik modernisieren<br />
und die Ausstattung insbesondere der Badezimmer verbessern.<br />
Als viertes Defizit haben wir die Erschließung der<br />
einzelnen Häuser mit versteckten Eingängen ausgemacht.<br />
»UNSER ANSPRUCH IST ES, UNS<br />
AUCH UM DIE FAMILIÄREN UND<br />
SOZIALEN BELANGE UNSERER<br />
MIETER ZU KÜMMERN.«<br />
32 alsecco aface<br />
Deshalb sollen die Gebäude offene und hochwertig gestaltete<br />
neue Eingangsbereiche erhalten. Damit wollen wir<br />
einerseits mehr Sicherheit schaffen und gleichzeitig dem<br />
Bedürfnis nach Identität bildenden Eingangsbereichen Rechnung<br />
tragen.<br />
AFACE: In den nächsten Jahren werden die unterschiedlichen<br />
Modernisierungs- und Umbaumaßnahmen aber erst<br />
einmal einige Unannehmlichkeiten mit sich bringen. Wie<br />
stellen Sie die Bewohner auf diese Belastungen ein?<br />
GEORG UNGER: Wir kündigen die verschiedenen Maßnahmen<br />
ganz offensiv an, so dass sich die Bewohner frühzeitig<br />
auf alles einstellen können. Die annähernd gleichbleibenden<br />
Warmmieten bei steigendem Komfort schaffen<br />
dabei natürlich eine breite Akzeptanz des Projektes bei den<br />
Bewohnern. Zusätzlich haben wir eine Infobox eingerichtet,<br />
in der sich die Bewohner und andere Interessierte über alle<br />
Einzelheiten des Projektes informieren können. Als Ansprechpartner<br />
vor Ort stehen den Bewohnern außerdem<br />
spezielle Teams zur Verfügung.<br />
AFACE: Das fügt sich nahtlos ein in das starke soziale<br />
Engagement der GESOBAU....<br />
GEORG UNGER: Ja, unser Anspruch ist es, uns auch um<br />
die familiären und sozialen Belange unserer Mieter zu kümmern.<br />
Neben zahlreichen Bildungs-, Kultur- und Freizeitangeboten<br />
bieten wir daher auch Maßnahmen und Angebote<br />
zur Integration und Partizipation aller Bewohnergruppen an.<br />
Als erstes Wohnungsunternehmen haben wir zum Beispiel<br />
2007 die von Bundeskanzlerin Angela Merkel und der Integrationsbeauftragten<br />
der Bundesregierung initiierte „Charta<br />
der Vielfalt“ unterzeichnet. Parallel dazu haben wir in Kooperation<br />
mit sozialen Trägern vor Ort die so genannte Nachbarschaftsetage<br />
als Pilotprojekt für unterschiedlichste soziale<br />
und interkulturelle Aktivitäten geschaffen.<br />
AFACE: Im Rahmen des Sanierungsprojektes sollen auch<br />
seniorengerechte Wohnungen entstehen. Was ist hier geplant?<br />
GEORG UNGER: Ein Ansatz dazu ist das Konzept „Komfort<br />
50+“. Das bedeutet zum Beispiel, dass Dusche und<br />
Balkon mit barrierearmen Zugängen ausgestattet sind,<br />
Fahrzeuge in einem maximalen Abstand von 25 Metern<br />
zum Eingangsbereich geparkt werden und die Hauseingänge<br />
stufenlos erreicht werden können. Anders als bei vielen<br />
Altbauwohnungen haben wir außerdem natürlich den<br />
Vorteil, dass alle Einheiten mit dem Fahrstuhl erschlossen<br />
werden. Zusätzlich bieten wir auch Seniorenwohngemeinschaften<br />
an. Dazu bauen wir drei getrennte Wohnungen zu<br />
einer um, so dass drei Mietparteien auf einer Wohnfläche<br />
von insgesamt etwa 140 Quadratmetern gemeinsam leben<br />
können. Mit diesen unterschiedlichen Konzepten und Angeboten<br />
greifen wir die Wünsche unserer Bewohner auf<br />
und reagieren auf die weitere demographische Entwicklung<br />
unserer Gesellschaft.<br />
AFACE: Herr Unger, wir bedanken uns für das Gespräch. ✱
01<br />
Herr Mai, in den vergangenen<br />
Jahren hat es einen<br />
gewaltigen Innovationsschub<br />
im Bereich der<br />
Fassadentechnik gegeben,<br />
es sind zahlreiche neue<br />
Produkte auf den Markt gekommen.<br />
Wo sehen Sie die<br />
wichtigsten Aufgaben der<br />
Branche für die Zukunft?<br />
WERNER MAI<br />
Entscheidend wird sein,<br />
Bauherren angesichts der<br />
gestiegenen Anforderungen<br />
durch die Energieeinsparverordnung<br />
EnEV und der<br />
beabsichtigten weiteren<br />
Reduzierung der CO2-Emis sionen Lösungen anzubieten,<br />
die höchste Dämmwirkungen<br />
ermöglichen und<br />
dabei technisch so optimiert<br />
sind, dass sie sehr wirtschaftlich<br />
funktionieren.<br />
Die Fassade stellt dabei<br />
als äußere Hülle nicht nur<br />
einen entscheidenden Faktor<br />
für den Energieverbrauch<br />
dar, sondern bestimmt auch<br />
maßgeblich die Unterhaltungskosten<br />
und die Lebensdauer.<br />
Gleichzeitig ist<br />
sie die architektonische Visitenkarte<br />
eines Hauses.<br />
Die Branche muss also im<br />
Spannungsfeld zwischen erhöhten<br />
technischen Anforderungen,Kostenoptimierungszielen<br />
und architektonischen<br />
Ansprüchen interessante<br />
und innovative Lösungen<br />
suchen.<br />
02<br />
Wo gibt es gegenwärtig<br />
den größten Innovationsbedarf<br />
im Bereich der<br />
Fassade?<br />
WERNER MAI<br />
Die drei genannten Bereiche<br />
Energieverbrauch, Optik und<br />
Lebensdauer gehören letztlich<br />
eng zusammen. Durch<br />
die gestiegenen Energiepreise<br />
und die erhöhten Anforderungen<br />
der neuen<br />
EnEV wird sich energiesparendes<br />
Bauen auf breiter<br />
Front durchsetzen. Außerdem<br />
müssen in den kommenden<br />
Jahren hunderttausende<br />
Wohnungen energetisch<br />
modernisiert werden.<br />
Damit hat der Gesetzgeber<br />
klare Vorgaben geschaffen,<br />
den Energieverbrauch bei<br />
Neubauten und im Bestand<br />
nachhaltig zu senken. Mit<br />
modernen WDV-Systemen<br />
lassen sich in dieser Hinsicht<br />
große Einsparungen erzielen.<br />
Damit sich die geplanten<br />
Investitionen rechnen,<br />
sollten die Maßnahmen<br />
allerdings auch optischen<br />
Anforderungen genügen und<br />
für eine lange Lebensdauer<br />
ausgelegt sein. Nicht zu vergessen:<br />
Eine immer wichtigere<br />
Anforderung wird es in<br />
Zukunft sein, durch innovative<br />
Dämmstoffe die energetisch<br />
bestimmte erforderliche<br />
Dicke von Fassadensystemen<br />
zu begrenzen.<br />
03<br />
Wo liegen die Schwerpunkte<br />
der Entwicklungsarbeit<br />
bei alsecco?<br />
WERNER MAI<br />
Als Komplettanbieter rund<br />
um die Fassade sind wir seit<br />
Jahrzehnten intensiv mit der<br />
Entwicklung innovativer Systemkonzepte<br />
beschäftigt.<br />
Dabei arbeiten wir insbesondere<br />
daran, eine optimale<br />
Wärmedämmung mit einem<br />
dauerhaften Schutz vor Witterungseinflüssen<br />
zu verbinden.<br />
Unseren Kunden steht<br />
ein umfangreiches und leistungsfähiges<br />
Programm mit<br />
modernen Fassadendämmsystemen<br />
und vorgehängten,<br />
hinterlüfteten Fassaden<br />
zur Auswahl. Und wir eröffnen<br />
Architekten und Planern<br />
vielfältige Gestaltungsspielräume<br />
bei der Umsetzung<br />
verschiedener Gebäudetypen<br />
mit unterschiedlichsten<br />
Oberflächenmaterialien. Je<br />
nach Bauaufgabe bieten wir<br />
Lösungen mit Glas, Keramik,<br />
Naturstein, Klinker oder für<br />
klassische Putzfassaden in<br />
sämtlichen Farben bis hin zu<br />
Schwarz. Und natürlich<br />
arbeiten wir weiterhin daran,<br />
diese Vielfalt der Lösungen<br />
mit modernen Fassadensystemen<br />
immer wieder zu<br />
ergänzen.<br />
STRAIGHT ANSWER<br />
04<br />
WERNER MAI,<br />
Leiter der Bautechnik bei alsecco,<br />
über die Bedeutung von Innovationen<br />
im Bereich Bautechnik.<br />
Im Wohnungsbau geht<br />
es zumeist um klassische<br />
Putzfassaden. Welche<br />
Innovationen stehen hier<br />
im Vordergrund?<br />
WERNER MAI<br />
Ein Schwerpunkt unserer<br />
Entwicklungsarbeit in diesem<br />
Bereich ist die weitere<br />
Optimierung der Widerstandsfähigkeit<br />
von Putzfassaden.<br />
Denn herkömmlich<br />
verputzte Fassadendämmsysteme<br />
sind ohne zusätzliche<br />
Schutzmaßnahmen<br />
mechanisch nur wenig belastbar.<br />
Das führt oft schon<br />
nach kurzer Zeit zu sichtbaren<br />
Schäden an der Fassade,<br />
die auf lange Sicht auch die<br />
bauliche Substanz beeinträchtigen<br />
können und dann<br />
teure Instandhaltungsmaßnahmen<br />
nach sich ziehen.<br />
Unser Anspruch ist es daher,<br />
mit unseren Produkten<br />
Maßstäbe für den wirkungsvollen<br />
Schutz der Fassade zu<br />
setzen. Dazu gehören besonders<br />
schlagfeste Fassaden,<br />
ein wirkungsvoller<br />
Feuchteschutz, ein möglichst<br />
effektiver Schutz vor<br />
Algen- und Pilzbefall sowie<br />
Produkte, die intensive Farbtöne<br />
auch bei nichtbrennbaren<br />
Fassaden ermöglichen.<br />
Auf diese Weise leisten wir<br />
einen wichtigen Beitrag zum<br />
langfristigen Werterhalt von<br />
Immobilien.<br />
05<br />
Wie haben Sie den Anspruch<br />
auf eine optimierte<br />
Widerstandsfähigkeit der<br />
Fassade umgesetzt?<br />
WERNER MAI<br />
Um die Fassade dauerhaft<br />
vor äußeren Belastungen zu<br />
schützen, setzen wir verstärkt<br />
auf die Carbontechnologie.<br />
Auf dieser Basis haben<br />
wir das auf dem Markt einzigartige<br />
Produkt Alprotect<br />
Carbon und zuletzt das<br />
Systemkonzept Alprotect<br />
Nova entwickelt. Als erstes<br />
Fassadendämmsystem im<br />
Markt verbindet Alprotect<br />
Nova die positiven Eigenschaften<br />
organischer und<br />
mineralischer Bestandteile<br />
in einem System. Das Ergebnis<br />
ist ein äußerst wertbeständigesFassadedämmsystem,<br />
das zugleich durch<br />
die Einstufung in die Brandschutzklasse<br />
A2-s1,d0 nach<br />
DIN EN 13501-1 und als<br />
nichtbrennbares WDVS,<br />
auch nach den deutschen<br />
Landesbauordnungen, völlig<br />
neue Gestaltungsspielräume<br />
bietet. Wir sprechen bewusst<br />
von einem All-inclusive-Paket<br />
für die Fassade.<br />
alsecco aface 33
RESEARCH<br />
LEICHT WIE STEIN<br />
DAS OKERHOCHHAUS IN BRAUNSCHWEIG GILT ALS BEDEUTENDES BEISPIEL DER<br />
DEUTSCHEN NACHKRIEGSMODERNE. IM RAHMEN DER SANIERUNG WIRD DAS 1957<br />
NACH PLÄNEN VON PROFESSOR DIETER OESTERLEN ERRICHTETE GEBÄUDE MIT<br />
EINER NEUEN FASSADE AUS LEICHTEN NATURSTEINELEMENTEN AUSGESTATTET.<br />
text Robert Uhde<br />
MIT SEINER SCHLANKEN, hoch aufragenden Gestalt,<br />
seinen streng gegliederten Natursteinfassaden und seinem<br />
charakteristischen Flugdach prägt das Okerhochhaus seit<br />
mehr als fünf Jahrzehnten das Braunschweiger Stadtbild.<br />
Mit der Fertigstellung des 58 Meter hohen und lediglich<br />
zehn Meter breiten Scheibenhochhauses konnte seinerzeit<br />
die Wiederaufbauplanung des im Krieg zerstörten Hauptge-<br />
34 alsecco aface<br />
bäudes der Technischen Universität Braunschweig abgeschlossen<br />
werden. Zahlreiche Bauschäden an der Fassade<br />
hatten zuletzt eine umfassende Sanierung des denkmalgeschützten<br />
Gebäudes nötig gemacht. Die dazu vorgestellte<br />
Planung der Braunschweiger Architekten vahjen+partner<br />
hebt die gestalterischen Stärken des Entwurfs von Professor<br />
Dieter Oesterlen hervor und berücksichtigt gleichzeitig
Airtec-Stone-Platten bestehen aus einer acht<br />
bis zehn Millimeter starken Natursteinoberfläche<br />
auf einem maximal 19 Millimeter starken<br />
Leichtbetonträger. Durch diese leichte<br />
Konstruktion besitzen sie nur rund ein Drittel<br />
des Gewichtes einer vergleichbaren massiven<br />
Natursteinplatte. Als einzige bauaufsichtlich<br />
zugelassene Naturstein-Leichtfassade ermöglicht<br />
das System damit die Konstruktion hinterlüfteter<br />
Vorhangfassaden aus Naturstein.<br />
Die Tafeln werden objektbezogen und nach<br />
individuellem Kundenwunsch mit Steinsorten<br />
aus aller Welt gefertigt. Die rückseitigen Haltepunkte<br />
ermöglichen eine sichere Verankerung<br />
an der Fassade.<br />
Objekt<br />
Sanierung des Okerhochhauses,<br />
Braunschweig<br />
Bauherr<br />
Staatliches Baumanagement,<br />
Braunschweig<br />
Planung<br />
vahjen+partner, Braunschweig<br />
Ausführung<br />
Metallbau Kilimann GmbH,<br />
Braunschweig<br />
Fassade<br />
Airtec-Stone-Elemente<br />
moderne statische und bauphysikalische Anforderungen.<br />
Der Einsatz von vorgefertigten Modulelementen im Verbund<br />
mit einer speziellen Montage- und Transporttechnik ermöglichte<br />
zudem eine deutlich verkürzte Bauzeit und eine möglichst<br />
geringe Beeinträchtigung des regulären Studienbetriebs<br />
der TU Braunschweig.<br />
ALSECCO UND SCHÜCO SYSTEMTECHNIK<br />
KOMBINIERT<br />
Im Rahmen der umfangreichen Sanierungsmaßnahme mussten<br />
durch den beauftragten Metallbaubetrieb Kilimann GmbH<br />
aus Braunschweig zunächst die vorhandene Bekleidung<br />
und die alten Holzfenster entfernt werden. Anschließend<br />
erfolgte die Montage der neuen Fenstermodulfassade, zusammengesetzt<br />
aus Wärmedämmung, Feuchtigkeitsabdichtung<br />
und Fenstermodulen aus einzelnen Schüco-Profilen.<br />
Eine besondere Lösung erforderte anschließend die<br />
Bekleidung der Fenstermodule im Bereich der vertikalen<br />
und horizontalen Stöße sowie im Brüstungsbereich der<br />
Fenstermodule. Um hier eine denkmalgerechte, sichere<br />
und bauphysikalisch einwandfreie Rekonstruktion zu realisieren,<br />
wurde gemeinsam mit den alsecco Spezialisten für<br />
vorgehängte, hinterlüftete Fassaden eine individuell angepasste<br />
Lösung auf der Basis des Systems Airtec Stone entwickelt.<br />
Die großen Tafeln aus feinkörnigem Naturstein entsprechen<br />
exakt der denkmalgeschützten Fassadenoptik<br />
und erfüllen mit ihrem geringen Gewicht von weniger als 42<br />
Kilogramm je Quadratmeter gleichzeitig den Wunsch der<br />
Planer nach einer möglichst leichten Fassadenkonstruktion.<br />
Mit ihren horizontalen Tragprofilen konnten die Airtec-Stone-<br />
Elemente einfach und ohne sichtbare Befestigung in die<br />
Aluminium-Unterkonstruktion eingehängt und auf den Fensterelementen<br />
befestigt werden. Komplettiert wird das Fassadenbild<br />
durch den Einsatz von farbbeschichteten, 50 Millimeter<br />
breiten seitlichen Fräsungen zur Imitation der vorher<br />
vorhandenen breiten Fassadenfugen. Mit dem gewünschten<br />
Ergebnis, dass die grundlegend sanierte Fassade des<br />
Okerhochhauses optisch exakt dem Original entspricht. ✱<br />
RESEARCH<br />
Mit ihrem geringen Gewicht ermöglichen die Airtec-Stone-<br />
Elemente die Gestaltung von hochwertigen Natursteinfassaden.<br />
Für eine individuelle Planung stehen dem Planer unterschiedliche<br />
Natursteinsorten, Formate und Formteile zur Auswahl.<br />
alsecco aface 35
DIARY<br />
OKTOBER<br />
01<br />
NOVEMBER<br />
02<br />
ALSECCO CARBONTECHNOLOGIE<br />
Vom Einfamilienhaus bis hin zu Projekten im Hochhausbereich: Auf die<br />
vielen Vorteile von Alprotect Carbon und Alprotect Nova können Architekten<br />
und Bauherren bei jedem ihrer Projekte bauen. Auf einen Blick präsentiert<br />
die neue Broschüre Systemeigenschaften und Gestaltungsmöglichkeiten<br />
der Fassadendämmsysteme.<br />
03<br />
AUSGEZEICHNETE<br />
KOMMUNIKATION<br />
„Ausgezeichnete Kommunikation“ entschied eine Expertenjury und hat<br />
das von der Lindauer Agentur Lighthouse entwickelte Mailing zur Präsentation<br />
der alsecco Carbonsysteme in das Jahrbuch der Werbung 2010 aufgenommen.<br />
Botschaft: Die Revolution am Bau hat begonnen. Medium für<br />
dieses konspirative Vorhaben ist eine Revolutionsfibel, die vielschichtig,<br />
überraschend und humorvoll mit Motiven der 68er spielt. Publiziert wurde<br />
die Kampagne auch in Fischer´s Archiv.<br />
DEZEMBER<br />
04<br />
36 alsecco aface<br />
01<br />
NEU: ALPROTECT NOVA<br />
Nach der Markteinführung von Alprotect Carbon vervollständigt alsecco sein<br />
Systemprogramm im Premiumsegment mit der Neuentwicklung Alprotect<br />
Nova. Als erstes Fassadendämmsystem mit pastösen Systemkomponenten<br />
ist Alprotect Nova in die Brandschutzklasse A2-s1,d0 nach DIN EN 13501-1 und<br />
als nicht brennbar nach den deutschen Landesbauordnungen eingestuft. Durch<br />
die patentierte Carbontechnologie sind die Oberflächen enorm stoßfest und das<br />
System ermöglicht erstmals die Gestaltung extrem dunkler Putzfassaden bis<br />
zum Hellbezugswert 5.<br />
02<br />
03<br />
04<br />
ALLE SYSTEME AUF EINEN BLICK<br />
Ob klassisch, rustikal oder elegant, Oberflächen aus Putz, Glas, Keramik, Naturstein,<br />
Holz oder Klinker – die alsecco Fassadendämmsysteme und vorgehängten,<br />
hinterlüfteten Fassaden bieten für unterschiedlichste bauliche Anforderungen<br />
passende Lösungen. Einen kompletten Überblick über das umfangreiche<br />
Programm gibt diese neue Systembroschüre.
05<br />
MICHAEL WENDLER ÜBERNIMMT<br />
VORSITZ DER GESCHÄFTSFÜHRUNG<br />
Seit dem 1. Januar 2010 ist Michael Wendler (53) neuer Vorsitzender der<br />
Geschäftsführung von alsecco. Der ausgewiesene Fachmann und Kenner der<br />
Trockenmörtel- und WDVS-Branche war zuletzt Vorsitzender des Vorstandes<br />
bei der Fixit Trockenmörtel Holding AG und zuvor bis 2006 Geschäftsführer<br />
der Maxit Deutschland GmbH.<br />
06<br />
JAHRESAUSSENDIENSTTAGUNG<br />
IN ESSEN<br />
In Essen veranstaltete alsecco die Jahresaußendiensttagung 2010. Im Fokus<br />
stand die Präsentation zahlreicher Innovationen rund um die Fassade. Voraus<br />
ging ein ausführlicher Rückblick auf ein dynamisches und sehr erfolgreiches<br />
Geschäftsjahr 2009, das insbesondere geprägt war von weiterem Wachstum<br />
im Premiumsegment mit innovativen Carbonsystemen.<br />
07<br />
08<br />
NEUES VHF-SYSTEM AIRTEC<br />
GLASMOSAIK<br />
Ein besonders leistungsfähiges, elegantes und frei gestaltbares Systemkonzept<br />
ist das neue vorgehängte, hinterlüftete Fassadensystem Airtec Glasmosaik. Als<br />
Baustein der erweiterten edition alsecco überzeugt Airtec Glasmosaik durch<br />
seine besonders filigranen und lebendig reflektierenden Glasoberflächen. Dank<br />
seiner bauphysikalischen Eigenschaften ist das Fassadensystem zugleich eine<br />
besonders hochwertige Lösung für Alt- und Neubauten und bietet Architekten<br />
und Planern vielfältige Möglichkeiten für die individuelle Fassadengestaltung.<br />
07<br />
SCHWARZER KUBUS AUS<br />
NATURSTEIN UND GLAS<br />
DIARY<br />
JANUAR<br />
FEBRUAR<br />
Die Fassade der neuen Universitätsbibliothek in Potsdam überzeugt durch<br />
die einzigartige Kombination schwarzer Glas- und Granitelemente. Das<br />
neue Informations-, Kommunikations- und Medienzentrum (IKMZ) wird<br />
nach einem Entwurf des Berliner Büros Staab Architekten realisiert und ab<br />
Ende 2010 die neue Bibliothek mit über 470 Arbeitsplätzen beherbergen.<br />
Gemeinsam entwickelten alsecco und die Firma Steindl Glas aus Österreich<br />
die thermisch getrennte Leichtbau-Unterkonstruktion für die Fassade, die<br />
eine wirtschaftliche und technisch sichere Realisierung des Entwurfs<br />
ermöglichte. Dabei überzeugte die Vielseitigkeit der alsecco Naturstein-<br />
Leichtfassadenplatte in Kombination mit anderen Systemen.<br />
08<br />
06<br />
05 06<br />
MÄRZ<br />
alsecco aface 37
NEXT<br />
CHARAKTER<br />
DIE NÄCHSTE AUSGABE VON AFACE ERSCHEINT IM<br />
OKTOBER 2010. SCHWERPUNKTTHEMA: CHARAKTER.<br />
„Nichts ist schwerer und nichts erfordert mehr Charakter, als sich in offenem Gegensatz<br />
zu seiner Zeit zu befinden und laut zu sagen: Nein“, schrieb 1921 der Journalist und Schriftsteller<br />
Kurt Tucholsky. Charakter ist so gesehen zuallererst die Fähigkeit zum Querdenken,<br />
die Lust am Widerspruch. Und damit liegt Tucholsky ganz auf einer Linie mit der seit der<br />
Antike geläufigen Definition, nach der Charakterstärke Eigenschaften wie Mut, Ausdauer,<br />
moralische Konsequenz und das Eintreten für Überzeugungen umfasst. In unserer nächsten<br />
Ausgabe von alsecco aface halten wir die Augen offen nach Menschen mit diesen<br />
Tugenden. Nach Charakterköpfen, die ganz bewusst gegen den Strom schwimmen. Um<br />
letztlich vielleicht früher anzukommen.✱<br />
38 alsecco aface<br />
ZU SPÄT! DIESE KARTE IST BEREITS UNTERWEGS. ABER KEIN PROBLEM: WENN<br />
AUCH SIE IN ZUKUNFT DAS MAGAZIN aface ERHALTEN MÖCHTEN, SENDEN SIE<br />
UNS EINFACH EINE KURZE MAIL MIT IHRER ANSCHRIFT. STICHWORT: alsecco aface.<br />
E-MAIL kontakt@alsecco.com<br />
foto Maria Vaorin / photocase.com