Die Zeitschrift für Gymnasiallehrer in Sachsen - Philologenverband ...

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ProPhil Liebe Mitglieder, die Europameisterschaft im Fußball hat viele Schüler und auch viele von Ihnen in ihren Bann gezogen und schon steht das nächste sportliche Großereignis unmittelbar vor der Tür. Wenige Tage nach dem Beginn der Sommerferien beginnen die Olympischen Sommerspiele in London. Anlass, in diesem Heft das Sportgymnasium Dresden vorzustellen, eine Eliteschule des Sports. 2008 wurde dem Sportgymnasium Dresden und der Sportmittelschule Dresden weiterhin die Zertifizierungsurkunde „Eliteschule des Fußballs“ überreicht. Das Sportgymnasium Dresden ist nach der sächsischen Schulordnung ein Gymnasium mit vertiefter sportlicher Ausbildung, das besonders talentierten jungen Sportlern ermöglicht, leistungsorientiertes, intensives Training mit der Ausbildung an einem Gymnasium zu verbinden. So steht es sinngemäß auf der Homepage dieser Bildungseinrichtung. Wir erleben gerade in einigen Bundesländern, dass wieder einmal verstärkt der Versuch unternommen wird, die Schulart Gymnasium zugunsten einer Schule für alle zu opfern. Begriffe wie Elite und Leistungsorientierung sind heute in breiten Kreisen der Gesellschaft verpönte Wörter. Der deutsche Literaturhistoriker und Philosoph Ludwig Marcuse stellte den Zusammenhang zwischen beiden Begriffen her: „Es ist immer die Leistung, die bestimmt, wer zur Elite zählt.“ Und 1998 sagte Gerhard Schröder in seiner Regierungserklärung: „Auch unsere demokratische Gesellschaft braucht Eliten. Allerdings kommt es mir darauf an, was man unter Elite und ihrer Herausbildung versteht. Geprägt von eigener Erfahrung sage ich: Zur Elite gehört man nicht durch die Herkunft der Eltern; zur Elite gehört man durch Leistung.“ Dieser Zusammenhang muss wieder viel stärker in der Gesellschaft Platz finden. Leistung ist aber auch immer mit mehr Verantwortung verbunden. Es gilt, den Begriff Elite wieder positiv zu besetzen. Morali- 2 Inhaltsverzeichnis S. 3 Meine Oma Hilde hatte Weitsicht (Leitartikel von Frank Haubitz) S. 4 Das Sportgymnasium Dresden – Abitur und Leistungssport im Einklang S.7 Philologentag des PVS in Dresden Generationswechsel im Lehrerzimmer S.9 Philologen helfen – Sabbatjahr beendet, soziales Engagement für Schule in Nepal begonnen „Education for Pelmang“ S.10 Jahresterminplan für 2012/2013 S.12 Schulungsangebot für Personalräte Bericht aus dem Hauptpersonalrat S.13 Leipzig quo vadis anno 2012/2013? Wolken in Form von Lehrermangel ProPhil 2/2012 sche Integrität und Verantwortung für das Gemeinwohl müssen Leitlinien des Handels von Eliten sein, haben sie doch entscheidenden Einfluss auf die Gestaltung der gesellschaftlichen Entwicklung. Gerade jetzt müssen wir erleben, wie in Europa im Finanzbereich viele Führungskräfte sich in ihrem Handeln mehr durch Gewinnmaximierung als durch Übernahme von Verantwortung für die Gesellschaft haben leiten lassen. Diesem Personenkreis spreche ich die Zuordnung zur Elite ab. Um den zukünftigen Herausforderungen, vor denen Deutschland durch die Globalisierung und den demografischen Wandel steht, gerecht zu werden, brauchen wir Eliten. Mit ihren Leistungen schaffen sie die wissenschaftlichen, ökonomischen und politischen Voraussetzungen für eine Gesellschaft, die für einen gerechten sozialen Ausgleich steht und den Schwachen eine menschenwürdige Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ermöglicht. Am Sportgymnasium werden sportliche Eliten herausgebildet. Mit ihrem harten Training und Kampfeswillen in einem fairen Wettstreit sind sie auch Vorbild für viele junge Menschen, die auf anderen Gebieten tätig sind. Sie vermitteln Werte wie Beharrlichkeit, Leistungswillen, Fleiß, Disziplin und gerade in Mannschaftssportarten Teamgeist – Persönlichkeitseigenschaften, die unsere Gesellschaft braucht. Neben den Sportgymnasien mit der vertieften sportlichen Ausbildung gibt es auch noch Gymnasien mit vertiefter musischer, sprachlicher oder mathematischnaturwissenschaftlicher Ausbildung. Nicht vergessen darf man das Gymnasium „St. Afra“, das der Hochbegabtenförderung dient. Im Gymnasium St. Afra in Meißen sind ehrenamtliche Tätigkeiten im sozialen Bereich fester Bestandteil des Lebens der jungen Menschen. Auch diese Schulen sind Eliteschulen im besten Sinn. Die optimale Förderung eines jeden Kindes, unabhängig von seiner sozialen Herkunft, muss das Leitmotiv des Handels sein. Wir als Lehrer haben eine große Verantwortung für die Entwicklung von Eliten. Um Eliten herauszubilden und sie gezielt zu fördern, sind exzellente Bedingungen unabdingbar. verdunkeln zunehmend den Bildungshimmel des PISA-Siegers Sachsen S.14 Obleute aus der Region Bautzen und Dresden sorgen sich um die Zukunft im Bildungswesen Ein bildungspolitischer Osterspaziergang S.15 Aktuelles Recht – Korrektur einer Note Sie fragen – wir antworten Mehr Stellen für das Schuljahr 2012/13 S.16 In der Diskussion: Kompetenztests – Anspruch und Grenzen 10 Jahre Kreativunterricht am Landau- Gymnasium in Weißwasser – Soll's das bald gewesen sein? S.17 Machtvolle Schülerproteste in Sachsen – Bildet die Rettung, rettet die Bildung S.18 Grimma – ein Städtchen zum Verweilen S.19 Eine Bewerbung... Dazu benötigt man hervorragende und hoch motivierte Lehrer, die auch mit ihren Leistungen entsprechend in der Gesellschaft Anerkennung finden. Wir benötigen Lehrer, die Zeit haben, sich jedem Kind individuell zu widmen. Bisher blieb den sächsischen Lehrern die Anerkennung durch die Politik weitgehend versagt. Die aktuell unzureichende personelle Ausstattung an den sächsischen Schulen hat zu einer hohen Anzahl an Abordnungen geführt, die die Arbeitsbelastung der Lehrkräfte deutlich verstärkt. Im September entscheidet der Landtag über den nächsten Doppelhaushalt und beantwortet mit seinem Votum auch die Frage „Was ist UNS Bildung in Sachsen wert?“ Wir haben unsere Forderungen am 13. Juni in Dresden bereits den Abgeordneten des Sächsischen Landtages kundgetan und werden diese Forderungen auch weiterhin hörbar vertreten. Wenn Sie diese Zeitschrift in den Händen halten, sind es nur noch wenige Tage bis zu den Sommerferien. Ich wünsche Ihnen erholsame Tage, viele neue Erlebnisse, viel Spaß beim Zuschauen eines Sportwettkampfes oder noch besser bei der aktiven sportlichen Teilnahme und natürlich viel Kraft und Elan für das kommende Schuljahr. Ihr Steffen Pabst ProPhil 2/2012 IMPreSSuM Herausgeber: Frank Haubitz, Landesvorsitzender Philologenverband Sachsen e.V. redaktion: Steffen Pabst, Carmen Preißler PVS-Geschäftsstelle, Carmen Preißler, Königsbrücker Landstraße 79, 01109 Dresden, Tel. (0351) 8 02 52 47, Fax (0351) 8 02 52 41, Internet: www.phv-sachsen.de Bezugsbedingungen: Die Zeitschrift erscheint vierteljährlich. Für Mitglieder des PVS ist der Bezugspreis im Mitgliedsbeitrag enthalten. Der Abonnementpreis für Nichtmitglieder beträgt jährlich 7,16 EUR; Einzelpreis 1,79 EUR zzgl. Postgebühren Hinweis: Für den Inhalt verantwortlich: Herausgeber Mit dem Namen der Verfasser gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Der Herausgeber behält sich redaktionelle Kürzungen vor. Satz: ANIGRAFIK André Schmidt Druck: Maxroi Graphics GmbH Titelbild: Sportgymnasium Dresden redaktionsschluss für 3/2012: 24.8.2012
Meine Oma Hilde hatte Weitsicht In wenigen Tagen endet das Schuljahr und so überkamen mich in einer ruhigen Minute Erinnerungen an meine Sommerferien als Kind, die ich oft bei Oma Hilde verbrachte. Es waren stets wundervolle Wochen. Zu dieser Jahreszeit hatte meine Oma stets zu tun. Es war die Zeit, in der es frisches Obst und Gemüse gab und so konnte ich sie beim Einkochen von Erdbeeren, Kirschen, Äpfeln, Birnen, Bohnen und Gurken beobachten. Beeindruckt war ich von dem riesigen Arsenal von Eingemachtem im Keller, mit dessen Sortiment sie heute jedem Supermarkt Konkurrenz machen könnte und fragte ich sie, wozu sie solche Unmengen an eingekochtem Obst brauche, so bekam ich zur Antwort, dass jetzt im Sommer alles in Hülle und Fülle zu haben sei, wir aber in der kalten Jahreszeit diese Gläser brauchen, da es in den Geschäften dann selten etwas zu kaufen gibt. Das war einleuchtend und ich freute mich immer bei Familienfesten auf das liebevoll von Oma Hilde eingekochte Kompott. Und wenn meine Mutter mich abholte, schleppten wir stets zwei Taschen mit leckerem Eingekochten von Oma Hilde nach Hause. Nein, ich verfalle nicht in Nostalgie und möchte im Folgenden auch nicht Familienrezepte preisgeben. Nein, ich meine nur, was wäre heute, wenn einer der Kultusminister a. D. sich mal an seine Oma erinnert hätte? Dann hätte er bestimmt mit dem Ausbau von Stellen für die Lehrerausbildung an den Universitäten begonnen. Er hätte auf die Einführung der Zwangsteilzeit verzichtet und stattdessen eine Qualitätsoffensive an Sachsens Schulen gestartet. Er hätte keine Mittelschullehrer an die Gymnasien versetzt, sondern diese Kolleginnen und Kollegen mit ihren Erfahrungen und ihrem Wissen zur Weiterentwicklung dieser Schulart eingesetzt. Meine Oma Hilde wäre wohl ein sehr guter Finanzminister. Denn mit ihren gezielten Investitionen zur rechten Zeit hat Oma Hilde unser Haushaltbudget in den schlechten Zeiten spürbar entlastet, wir mussten nicht im „Delikat“ die Pfirsiche für die Silvesterbowle für teures Geld kaufen und sparten durch Hildes Weitsicht so manchen Schein. Eine weitsichtige, nachhaltige Haushaltplanung im Bereich der Bildung haben wir in den vergangenen Jahren in Sachsen vermisst. Das Schlimme ist nur, dass sich die Zeit nicht wie in einem meiner Lieblingsfilme, dem „Märchen von der verlorenen Zeit“ zurückdrehen lässt. Heute sind mutige, kostenintensive und schnell wirksame Maßnahmen notwendig, um die Qualität des sächsischen Schulsystems zu sichern. Mit der Bestellung von Brunhild Kurth zur Kultus- ministerin steht dem Kultusministerium endlich eine Person vor, die das Schulwesen aus allen Perspektiven kennt. Sie war als Lehrerin, als Schulleiterin und in der Schulaufsicht tätig und weiß somit, wovon sie spricht. Ich wünsche ihr, dass sie die in diesen Tätigkeiten gewonnenen Erfahrungen dazu nutzen kann, das sächsische Schulwesen wieder in sicheres und ruhiges Fahrwasser zu steuern. Mit der Übernahme des Amtes als Kultusministerin trat Frau Kurth ein schweres Erbe an. Sie konnte nicht die traditionelle 100-tägige Kritik-Schonfrist für sich in Anspruch nehmen. Sie musste sofort handeln. Die ersten getroffenen Maßnahmen gehen in die richtige Richtung, sind aber bei Weitem nicht ausreichend. Für das kommende Schuljahr sollen an den sächsischen Schulen über 1.000 Stellen zur Absicherung des Unterrichts und der Referendarausbildung zur Verfügung gestellt werden. Davon will man über 650 Stellen durch Neueinstellungen realisieren, wovon die Gymnasien nur in einem geringen Umfang profitieren werden, da das Personalproblem in den anderen Schularten noch gravierender ist. Problematisch ist hierbei aus meiner Sicht, ausreichend qualifizierte Bewerber für alle Schularten und Fächer zu finden. Gute Lehrer gibt es nun mal nur noch für teures Geld. Ohne eine sofortige Erhöhung der Attraktivität des Lehrerberufs in Sachsen werden wir den Wettbewerb mit den anderen ostdeutschen Bundesländern um dringend benötigte junge Lehrer nicht gewinnen können. Ein deutlich geringes Nettoeinkommen als tarifbeschäftigter Lehrer in Sachsen gegenüber einem verbeamteten Kollegen in Brandenburg, Thüringen oder Sachsen-Anhalt und dazu noch schlechtere Arbeitsbedingungen werden wohl nur wenige Bewerber nach Sachsen strömen lassen. Ich möchte mich an dieser Stelle bei allen Mitgliedern bedanken, die sich an dem Protest am 13. Juni in Dresden beteiligt haben. Gemeinsam mit der GEW, dem SLV und dem LVBS haben wir an diesem Tag Verbesserungen für unsere sächsischen Lehrer gefordert. Alle vier Lehrervertretungen einte an diesem Tag das gemeinsame Ziel: Mehr Lehrerstellen, keine übervollen Klassen, finanzielle Besserstellung unserer sächsischen Lehrer und eine effiziente schulartspezifische Lehrerausbildung in Sachsen. Das Abwandern von gut ausgebildeten sächsischen Lehrern in andere regionen muss endlich gestoppt werden. Unserem Verband ist es wichtig, dass die tarifbeschäftigten Lehrkräfte ein Entgelt erhalten, das dem Gehalt ihrer verbeamteten Kolleginnen und Kollegen mit gleicher Ausbildung und Tätigkeit entspricht. Hier erwarten wir endlich ein deutliches Signal von der Regierungskoalition. Der Lehrerberuf ist eine anspruchsvolle und hochprofessionelle Tätigkeit. Lücken dürfen zukünftig im Interesse eines hohen Qualitätsstandards an unseren Schulen nicht mit für diesen Beruf ungeeigneten Personen ohne vorherige Qualifizierung geschlossen werden. ProPhil Weitsicht hat in den letzten Jahren auch im Bereich der Lehrerausbildung gefehlt. Die bisher ausgewiesenen Studienplätze für ein Lehramt und die entsprechenden Plätze für Lehramtsanwärter und Referendare sind zur Deckung des Ersatzbedarfes durch in den Ruhestand wechselnde Lehrer an den sächsischen Schulen völlig unzureichend. Erst jetzt beginnt man, die Anzahl der Studienplätze zu erhöhen. Wenn Kinder geboren werden, weiß man, dass sie in 6 Jahren die Grundschule besuchen und nach 10 Jahren auf eine weiterführende Schule wechseln werden. Somit kann man den zukünftigen Lehrerbedarf langfristig ermitteln und die Ausbildung von Lehrern in dem notwendigen Umfang planen, denn man sollte nun noch beachten, dass ein Studienanfänger frühestens nach sechs Jahren unterrichtswirksam wird. Diese Weitsicht ließ man in den letzten Jahren vermissen. Dies führte zu dem sich abzeichnenden akuten Lehrerbedarf, der aus eigenen Ressourcen nicht mehr gedeckt werden kann. Wir werden in Größenordnungen Bewerber aus anderen Bundesländern brauchen. Verständlich ist die Rückführung von 290 Lehrerstellen aus den Ganztagesangeboten in den Unterricht als kurzfristige, notwendige Sofortmaßnahme zur Unterrichtsabsicherung. Die qualitativ hohen und breit gefächerten Angebote in der Ganztagsbetreuung sollen im kommenden Schuljahr mithilfe von Honorarmitteln weiterhin aufrechterhalten werden. Ich habe die Befürchtung, dass viele Kolleginnen und Kollegen, die bisher die Stunden für das Ganztagesangebot aus ihrem Unterrichtsdeputat erhalten haben, aufgrund der hohen Belastung und zunehmenden Arbeitsverdichtung dies dann neben dem Unterricht nicht mehr leisten können. Hier sollte man mit Weitsicht wieder Lehrerstunden für das Schuljahr 2013/2014 in den Haushalt einstellen. Meine Oma Hilde hat immer gesagt, dass das Tafelsilber in der Familie bleibt und nur im äußersten Notfall versetzt wird. Ich hoffe, meine große Tochter hält sich daran. So sollte es auch das SMK mit den GTA-Stunden halten. Weitsicht ist gefragt. Wir brauchen keinen Aktionismus, sondern eine verlässliche, in die Zukunft gerichtete Personalplanung. Dies wird nicht ohne finanzielle Mehraufwendungen zu realisieren sein. Vor zukünftigen Entscheidungen in Sachen Bildung sollte ein jeder Abgeordnete im Landtag kurz die Augen schließen und sich fragen, wie seine Oma entscheiden würde. Auf Oma Hildes Weitsicht war und ist heute noch Verlass. Liebe Mitglieder, das neue Schuljahr wird uns wieder vor große Herausforderungen stellen. Das sind wir gewohnt. Wir werden sie wie die Jahre zuvor, im Interesse unserer Schüler meistern. Doch jetzt wünsche ich Ihnen einen wohlverdienten, erholsamen Urlaub. Tanken sie viel Kraft und Energie, um die vor ihnen liegenden Aufgaben im kommenden Schuljahr mit Weitsicht bewältigen zu können. Ihr Frank Haubitz Vorstandsvorsitzender des PVS ProPhil 2/2012 3
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