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Heft 2/2008

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Rezensionenner, der auf das „So’n Schiet“ einesdeutschen Gastes mit „Dat segg ickook“ antwortet, und mit der Dame ausLüdingworth, die auf wundersamenWegen im Harem eines arabischenScheichs landet und diesen „du ooleBullerballer“ schimpft. Die Geschichtenhaben sooo einen Bart, trotzdemliest man sie immer wieder gern. Dafür Christenmenschen alle Geschichtemit Adam und Eva anfängt, geht esdann mit der plattdeutschen Genesisund Boy Lornsens „Sien Schöpfung unwat achterna keem“ weiter.Auf Seite 44 geht es dann aber richtigzur Sache: mit altsächsischen Glaubensbekenntnissenund dem wichtigstenaltsächsischen Sprachdenkmal,der Dichtung „Heliand“. Die SprachenAlthochdeutsch, Altsächsisch und Angelsächsischwaren sich so ähnlich,dass man sich gegenseitig verstehenkonnte und die Sprachen auch mal vermischte.In: „Gelobistu in halogan gast– ec gelobo in halogan gast“ ist „hâlogangâst“ angelsächsisch, vermutlichbeeinflusst durch Missionare, die vonden britischen Inseln kamen. Das Hildebrandsliedist bekanntlich einSprachcocktail aus Althochdeutschund Altsächsisch.Aus der mittelniederdeutschen Zeitdürfen natürlich der Sachsenspiegelund „Reinke de Voss“ nicht fehlen. Wasaber die „Clumbumbus“-Gedichtehier zu suchen haben, ist mir schleierhaft.Zum Abschnitt mittelniederdeutschhätte ich Originaltexte erwartet,aber nicht heutige Lyrik oder Prosaüber das Mittelalter. Gleiches gilt fürdie Eulenspiegel-Geschichten, die im16. Jahrhundert auf Hochdeutsch niedergeschriebenund erst viel späterauf Plattdeutsch nacherzählt oderübersetzt wurden. Martens präsentiertuns einen Eulenspiegel von WillyKrogmann, der angeblich „Meckelborgsch“sein soll. Mien leiwe Martens,wenn dat Fritzing to weiten kricht,denn kladdert hei von’n Himmel up’eIerd runner un versahlt di dat Fell.Dann endlich wieder ein Urtext: dieWeihnachtsgeschichte aus der Bugenhagen-Bibel.Es ist bewusst eine Wortfür-Wort-Übersetzung,denn Bugenhagenwollte, dass man auch auf Plattdeutschden Luther wiedererkennt.Vor den neuniederdeutschen Textenmuss etwas zum Niedergang des Plattdeutschenund dessen Ursachen gesagtwerden. Martens nennt LuthersBibelübersetzung den Verfall der Hanseund das von den Europäern entdeckteAmerika, wodurch sich derSchwerpunkt des Handels in Europa anden Atlantik verlagerte. Hinzufügenmuss man gesellschaftliche Ursachen.Die Patrizierherrschaft der Hanse hattesich überlebt. Der Fortschritt kamvon den Städten des aufstrebendenBürgertums im Süden und mit ihm kamenWissenschaft, Kultur und dasHochdeutsche. Der Sprachverfallmacht sich laut Martens auch in zeitgenössischenniederdeutschen Textenbemerkbar, indem mehr und mehr falschesPlatt und hochdeutsche Ausdrückein die Sprache eindringen, etwa indie Brockes-Texte aus dem 18. Jahrhundert.Martens nennt Formen wie„satt“ (saß) statt „seet“ und die Vorsilbege beim zweiten Partizip. Hier irrtder Professor. Das alte Niederdeutschkannte noch eigenständige Konjunktiv-Formen:„ik seet“ (ich säße) neben„ik satt“ (ich saß). Beim Verschwinden57

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