Sozialraumverankerte Schulsozialarbeit
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sene“ (Mack 1999: 55). Auch wenn dies noch utopisch<br />
scheint und durchaus kontrovers: Öffnungsprozesse<br />
von Schulen hin zur Lebenswelt von Schülerinnen<br />
und Schülern und lebenslagenadäquate<br />
Unterstützungen aus der Jugendhilfe könnten aus<br />
dieser Perspektive zu einem tragfähigen Teil einer<br />
‘sozialen Infrastruktur des Heranwachsens’ für potentiell<br />
alle Schülerinnen und Schüler weiterentwickelt<br />
werden. Unsere Ergebnisse belegen, dass die<br />
von uns betrachteten Hauptschulen sich mitten in<br />
diesem Prozess einer lebensweltsensiblen, sich dem<br />
Stadtteil öffnenden Schulentwicklung befanden.<br />
Wissenschaftliche Begleitung als Praxisentwicklung<br />
und Praxisforschung<br />
Die von unserer Forschungsgruppe übernommene<br />
wissenschaftliche Begleitung in Stuttgart ist der<br />
sozialpädagogischen Praxisforschung (vgl. Schone<br />
1995; Munsch 2002) zuzurechnen. Als „handlungsorientierte<br />
Praxisforschung“ zielt sie darauf, „die<br />
Nahtstelle zwischen sozialpädagogischer Theoriebildung,<br />
Ausbildung und Handlungspraxis zu schließen“<br />
(Thole 1999: 234). Praxisforschung operiert<br />
also an der „Schnittstelle zwischen Wissenschaftssystem<br />
und Praxissystem“ (Moser 1995: 9) ohne dass<br />
sie die Funktionsdifferenzen beider Systeme (Forschung<br />
zielt auf Erkenntnisgewinn, Praxis auf Problemlösung)<br />
einseitig einebnen darf. Ihr Beitrag zur<br />
Praxisentwicklung besteht nicht zuletzt darin, „das<br />
Wissen der ‚Praxis‘ (...) immer wieder (zu) irritieren<br />
und (zu) transzendieren, ohne jedoch die Orientierung<br />
an den Möglichkeiten – und Unmöglichkeiten –<br />
‚guter‘ Praxis aufzugeben“ (Schefold 2002: 878).<br />
Moser (1995) verweist deshalb auf eine doppelte<br />
Transferleistung von Praxisforschung, die auf die<br />
Erweiterung und Präzisierung sowohl des praktischen<br />
Handlungswissens wie des disziplinären Theoriebestands<br />
zielt; im vorliegenden Kontext wurde<br />
dies wie folgt umgesetzt (ausführlich: Bolay 2003b).<br />
• Um den kontinuierlichen Transfer der (Zwischen)-<br />
Ergebnisse in die Praxis zu ermöglichen, waren<br />
im Forschungsgang mehrere Fachtagungen eingeplant<br />
worden, die dem Austausch über das Forschungsprogramm,<br />
der Ergebnisdiskussion und<br />
der Präzisierung und Weiterentwicklung der Abschlussempfehlungen<br />
der wissenschaftlichen Begleitung<br />
dienen sollten (vgl. Kap. 2). Diese Fachtagungen<br />
mit ihren Möglichkeiten der ‚kommunikativen<br />
Validierung‘ der Ergebnisse und der<br />
weiter gehende inhaltliche Austausch zwischen<br />
Praxis und Forschung schon während des Forschungsverlaufs<br />
dienten zugleich dem Transfer<br />
12<br />
<strong>Sozialraumverankerte</strong> <strong>Schulsozialarbeit</strong><br />
der Ergebnisse in die Praxis. In einem weiteren<br />
Schritt wurden nach Abschluss des Forschungsvorhabens<br />
alle Zwischenberichte, die Auswertung<br />
der Fachtage, die Handlungsempfehlungen und<br />
die Forschungsevaluation strukturiert zusammengefasst<br />
und inhaltlich gerahmt allen Beteiligten<br />
am Modellprojekt sowie den kommunal-,<br />
jugendhilfe- und schulpolitischen Steuerungsund<br />
Leitungsebenen zugeleitet.<br />
• Die Forderung, Praxisforschung müsse neben<br />
dem Transfer der Erkenntnisse zur Praxis hin auch<br />
den zur Theoriebildung betreiben, scheitert allzu<br />
oft an den prekären Entstehungsbedingungen<br />
solcher Forschungsvorhaben. Mit Unterstützung<br />
des Landesjugendamts des LWV Württemberg-<br />
Hohenzollern und aus Eigenmitteln haben wir<br />
den Abschlußbericht intensiv überarbeitet und<br />
die theorierelevanten Aspekte heraus präpariert<br />
(vgl. Kap. 5), um die verallgemeinerbaren Ergebnisse<br />
dieser Untersuchung der Praxis wie auch<br />
dem wissenschaftlichen Diskurs zugänglich zu<br />
machen.<br />
Inhaltlicher Überblick<br />
Im ersten Kapitel werden die spezifischen Ausgangsbedingungen<br />
des ‚Stuttgarter Modells: Sozialarbeit<br />
an Hauptschulen‘ erläutert, deren Kenntnis für den<br />
weiteren Argumentationsgang grundlegend sind.<br />
Das zweiten Kapitel skizziert den Forschungsauftrag,<br />
die Etappen der wissenschaftlichen Begleitung und<br />
gibt Hinweise zu den Erhebungsmethoden.<br />
Im Untersuchungsprozess wie in der analytischen<br />
Auswertung orientierten wir uns an einer möglichst<br />
präzisen Rekonstruktion des Implementierungsverlaufs<br />
des Modellvorhabens. Auf diese Weise wird<br />
auch für Leserinnen und Lesern in anderen Arbeitskontexten<br />
die Vielfalt der fachlichen Entwicklungsschritte,<br />
die Debatten um die handlungspraktische<br />
Ausrichtung der Praxen an den einzelnen Schulstandorten,<br />
sowie die Spezifika einer sozialraumverankerten<br />
<strong>Schulsozialarbeit</strong> nachvollziehbar. Im dritten<br />
Kapitel werden deshalb zunächst die Implementierung<br />
und kommunikative Klärung der Kooperationsformen<br />
analysiert, dann die standortspezifischen<br />
Ausdifferenzierungen des Angebots der <strong>Schulsozialarbeit</strong><br />
beleuchtet und anschließend der gesamte<br />
zweieinhalbjährige Entwicklungsprozess resümiert.<br />
Die Kapitel 4 und 5 versammeln Ergebnisse und<br />
Analysen, die über den unmittelbaren Stuttgarter