30 Ruprecht ZieglerDie Städte bzw. die verantwortlichen Magistrate in denselben hatten dafürzu sorgen, daß genügend Getreide vorhanden und somit für den Bürgerzu einem erschwinglichen Preis zu erstehen war. Daran änderte sich auch inder römischen Kaiserzeit im Prinzip nichts. Die Einmischung der Kaiserin innerstädtische Belange beschränkte sich im Normfall auf eine Überwachungdurch die Statthalter 8 bzw. staatliche Kommissare in den Städten- durch die wenigstens ursprünglich vom Kaiser ernannten curatores reipublicae, die in den Quellen seit dem letzten Jahrzehnt des ersten Jahrhundertsn. Chr. erwähnt werden 9. Im griechischen Osten entsprachen ihnendie Äoyicrtat". Die Aufgabe dieser curatores war es vor allem, die städtischenFinanzen zu überwachen, auf denen ja weitgehend die Solidität derReichsfinanzen aufbaute ". Auch in der Frage der Getreideversorgung derStädte können wir die Aufsichtsfunktion des curator rei publicae beobachten.Er hatte unter anderem auf die richtige Verwendung der Gelder derGetreidekasse zu achten '%. Neben diesen curatores rei publicae (bzw.loyterai) gab es auch andere Sonderbeauftragte des Kaisers für die Städte,etwa die correctores (Sicewtat) " und legati ". Letztere dürften vor allemfür die freien Städte zuständig gewesen sein 15.8 Ulp. Dig. 50, 8, 2, 3. Vgl. Plin. ep. 10, 17 und 18 (Finanzkontrolle der Städte); Plin.ep. 10, 43 (Streichung unnützer Ausgaben für Gesandtschaften). Weitere Belege beiLiebenam, Curator 312. - Bisweilen scheinen auch die Statthalter bei Hungersnot helfendeingegriffen zu haben, wie es für L. Antistius Rusticus bezeugt ist, der unter Domitianin Antiochia in Pisidien die Preise dadurch stabilisierte, daß er das vorhandene Getreideeinzog und dann zum festen Preis den attgivat. verkaufte (AE 1925, Nr. 126;1926, Nr. 19. Rostovtzeff, SEHRE 700 Anm. 21; B. Levick, Roman Colonies in SouthernAsia Minor. Oxford 1967, 96, Anm. 10 mit weiterführender Literatur). Vgl. auchUlp. Dig. 7, 1, 27, 3; Arcad. Charis. Dig. 50, 4, 18, 25. Von einem Eingreifen einesStatthalters bei einer Hungersnot in Aspendos in Pamphylien schreibt auch Philostr. v.Apoll. 1, 15. Der Statthalter machte danach diejenigen ausfindig, die Getreide eingeschlossenhielten, um es anderswo teurer zu verkaufen.9 Zu diesen curatores rei publicae siehe vor allem Nörr, Imperium 19 ff.; W. Langhammer,Die rechtliche und soziale Stellung der Magistratus municipales und der Decuriones.Wiesbaden 1973, 165 ff.; Liebenam, Curator, passim; S. Cassarino, Curatorrei publicae nella storia dell' Impero Romano, Annali del Seminario Giuridico dell' Universitädi Catania, N. S. 2, 1947/48, 338 ff.; A. H. M. Jones, Rome and the ProvincialCities, Tijdschrift voor Rechtsgeschiedenis 39, 1971, 543 ff.1° Nörr, Imperium 19 f.; Liebenam, Curator 312 f. Anm. 99 und Magie, Asia Minor 1454 f.Anm. 13 mit vielen Belegen.11 Nörr, Imperium 20.12 Ulp. Dig. 50, 8, 2, 4; vgl. 50, 8, 2, 6; vgl. auch CIL VIII 11332 (Sufetula). Siehe dazuLiebenam, Curator 301 und 317. Vgl. ferner den loyicrrii; scriv azircovixdiv xpillichcovin Prusias ad Hypium (IGRom III 1422).13 Plin. ep. 8, 24; Dess ILS 8826. Dazu Nörr, Imperium 20 und Liebenam, Curator 311Anm. 93 (mit weiteren Belegen).14 Dess ILS 1067. Nörr, Imperium 20.18 Nörr, Imperium 20; Liebenam, Curator 311. Hier zitiert Arrian diss. Epict. 3, 7:oLOOCOAc twv UsouBeecov nascov und Herod. Philostr. 1, 25, 6: Tag neveepiagtitiv 7c6Xecov cni-rög &What°.
Münzen Kilikiens 31Anders als in Rom, wo die „cura annonae" zu den vordringlichsten Aufgabendes Kaisers als „Beamter" Roms gehörte, hören wir von direktenkaiserlichen Hilfsmaßnahmen im Bereich der Getreideversorgung der StädteItaliens und des Reichs in der Prinzipatszeit nur sehr selten etwas. Meistenshandelt es sich dann um Genehmigungen, Getreide aus dem Kornland Ägypten,dem „kaiserlichen Privatbesitz", exportieren zu dürfen. Für dieseAusfuhrgenehmigungen wurden vom Kaiser bzw. seinem Stellvertreter, dempraefectus annonae, eine Art Bedürfnis- oder Gunstkatalog erstellt, wiedies aus einer von M. Wörrle in Revision veröffentlichten Inschrift ausEphesos hervorgeht ". An erster Stelle stand immer die (3aciA,615ovaa 316)4,also Rom 17. Erst wenn die Getreideversorgung der Hauptstadt völlig gesichertwar, konnten andere große Städte eventuell mit einer Exportgenehmigungrechnen. Es muß aber betont werden, daß sowohl das Getreide alsauch die anfallenden Transportkosten von der betreffenden Stadt bzw.ihrem artdrvilc bezahlt werden mußten. Auch die Beschaffung und die Beförderungmußten von der Stadt aus organisiert werden ".Noch seltener sind uns Getreidegeschenke oder Ausgaben verbilligten Ge-16 Getreide bes. 329. Die Inschrift wurde zuerst veröffentlicht durch D. Knibbe, JUAI 47,1964/5, Beiblatt 6 ff. Die Exportgenehmigungen wurden zuletzt zusammengestellt vonWörrle, Getreide 334 ff. So konnte Herodes der Große 25/4 eine schwere Hungersnotdurch Getreide aus Ägypten erfolgreich bekämpfen. Für die Ausfuhr bedurfte es derErlaubnis des praefectus Aegypti, der aber wohl kaum ohne Rückfrage beim Kaiser entscheidenkonnte. Einen sehr ausführlichen Bericht liefert Joseph. ant. 15, 299-316 und318, bes. 305 ff. Dazu Wörrle, Getreide 334. Die Behandlung solcher Ausfuhrkonzessionendürfte im übrigen zur Routinetätigkeit des praefectus annonae gehört haben,wie dies Rostovtzeff (SEHRE 700, Anm. 21) und ihm folgend Wörrle, Getreide 337aus Epiktet 1, 10 schließt. Getreideausfuhrerlaubnis aus Ägypten wurde durch Hadrianden Städten Ephesos (Sylloge3 839) und Tralles (CIG 2927) erteilt (Wörrle, Getreide335 mit weiterführender Literatur). Von Tralles wissen wir, daß es sich um60 000 Modien handelte. Vgl. dazu die numismatischen und epigraphischen Zeugnissefür diese Stadt (BMC Lydia 346, Nr. 136 und Papakonstantinou, Al TQCOaerg, Athen1895, Nr. 113 und 147), in denen Hadrian >criarge bzw. croydie >cal x-rio-rrig genanntwird. Dazu Magie, Asia Minor 619 und 1480 Anm. 32. Wahrscheinlich war es derselbeKaiser, der Sparta antonipparier dx"ALyüzrou gewährte (A. M. Woodward,ABSA 27, 1925/6, 231; siehe auch ebd. 26, 1923/4, 179 f.; Wörrle, Getreide 336). Nichtsicher zu datieren sind die Getreideankäufe der Städte Tralles (CIG 2930 undJ. R. S. Sterrett, MDAI(A) 8, 1883, 328 f., Nr. 10) und Ephesos aus Ägypten (Forsch.in Ephesos III 106, Nr. 16; Wörrle, Getreide 337). Möglicherweise gehört die vonSterrett edierte Inschrift in das beginnende 3. Jahrhundert oder in eine etwas frühereZeit, wie K. Buresch, MDAI(A) 19, 1894, 112 f., meint. Auch die letztgenannte Inschriftaus Ephesos stammt nach dem Herausgeber Keil etwa aus dem beginnenden3. Jahrhundert n. Chr. (Material zusammengestellt bei Wörrle, Getreide 337, Anm. 50).Es ist anzunehmen, daß die von Wörrle, Getreide 325, in berichtigter Lesung veröffentlichteInschrift aus Ephesos auch in das 2. oder spätestens frühe 3. Jh. zu datieren ist.Unter Julian II. erhielt Antiochia in Syrien Getreide aus Ägypten (Iulian. Misop. 369D-370 A).17 Wörrle, Getreide 325, Z. 8.18 Wörrle, Getreide 336.
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