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Erwachsen werden im Glauben - Landeskirchlicher ...

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theologisch lehrmäßige Festigkeit.<br />

Vor allem aber bewirkt die<br />

Jesusgemeinschaft eine selbständige<br />

und gleichzeitig gemeinschaftsfähigeLebensgestaltung.<br />

Eine Lebensgestaltung,<br />

die Jesus entspricht und<br />

die anderen Menschen hilft.<br />

2. Das Zeugnis<br />

der Psychologie<br />

Es ist interessant, wie sich diese<br />

biblischen Aussagen mit Beobachtungen<br />

z.B. der Entwicklungspsychologie<br />

decken. Für<br />

E.H.Erikson, einen ihrer bekanntesten<br />

Vertreter, ist erwachsen,<br />

wer „Ich-Identität in<br />

Gemeinschaft“ leben kann. Dazu<br />

gehören u.a.:<br />

> ein persönliches Wertesystem<br />

mit Zukunftsperspektive,<br />

> Selbstannahme mit dem Ja<br />

zur eigenen körperlichen Erscheinung<br />

und dem gelebten<br />

Ja zur Rolle als Mann oder<br />

Frau,<br />

> emotionale und wirtschaftliche<br />

Unabhängigkeit von Eltern<br />

und anderen <strong>Erwachsen</strong>en,<br />

> grundlegende Kenntnisse in<br />

Beruf, Ehe, Familie und Gesellschaft,<br />

> eine offene Kommunikation<br />

<strong>im</strong> menschlichen Miteinander.<br />

Eigentlich wird hier mit weltlichen<br />

Begriffen nicht viel anderes<br />

gesagt, als was uns die<br />

biblischen Zeugen auch sagen.<br />

Nicht verwunderlich. Wie sollten<br />

ehrliche und wirklich kritische<br />

Forscher letztlich anderes<br />

entdecken können als das, was<br />

der Schöpfer nun mal an Strukturen<br />

in seine Menschen hineingelegt<br />

hat.<br />

3. Kennzeichen erwachsenen<br />

<strong>Glauben</strong>s<br />

<strong>Erwachsen</strong>er Glaube ist also<br />

grundsätzlich größtmögliche<br />

Jesusnähe: „Erkennen, wie ich<br />

erkannt bin“,1.Kor.13,12. „Hingelangen<br />

zur Erkenntnis des<br />

Sohnes Gottes“, Eph.4,13. Jesus-Gemeinschaft,<br />

das ist unser<br />

Wertesystem mit Zukunftsperspektive.<br />

Manche meinen,<br />

erwachsene Jesusgemeinschaft<br />

müsste sich in erreichten <strong>Glauben</strong>sstufen,<br />

in besonderen theologischen<br />

Einsichten, in außerordentlichenGeisteserfahrungen<br />

oder in besonderen<br />

Gehorsamsleistungen zeigen:<br />

z.B. Endzeitfahrpläne kennen,<br />

in Zungen reden oder außergewönliche<br />

Verzichtsopfer bringen.<br />

Hinter solchen Vorstellungen<br />

steht nicht selten ein<br />

eher unreifer, selbstbezogener<br />

Glaube. Wenn dadurch nämlich<br />

nicht anderen Menschen<br />

wirklich geholfen wird und<br />

nicht wirklich die Liebe zu Jesus<br />

wächst. <strong>Erwachsen</strong> macht<br />

und ist, was Jesus großmacht.<br />

Je mehr ich sehe, wie einzigartig<br />

Jesus ist und wie gut er<br />

mit mir und uns Menschen umgeht,<br />

desto freier und erwachsener<br />

werde ich. Freier von Anerkennungsgier<br />

und überzogener<br />

Selbstdarstellung, freier<br />

von Besitz- und Machtstreben,<br />

freier von Ängsten vor anderen<br />

und vor Verlusten, freier von<br />

Lüge und Schlechtmachen anderer.<br />

Denn <strong>Glauben</strong>swachstum<br />

ist eben ein ständiges Erneuern<br />

und Vertiefen der Gemeinschaft<br />

mit Jesus und den Mitchristen,<br />

Eph.4,15, und nicht<br />

nur ein Abrechnen von Sonderleistungen.<br />

<strong>Erwachsen</strong>er Glaube zeigt sich<br />

darum in einer realistischen<br />

Selbst- und Weltwahrnehmung.<br />

Er ist fähig zu ehrlicher<br />

Selbstkritik. Er weiß um die<br />

unverbesserliche eigene Bosheit<br />

und die unserer gefallenen<br />

Schöpfung. <strong>Erwachsen</strong>er Glaube<br />

verschließt nicht die Augen<br />

vor den Gemeinheiten und<br />

Grenzen auch der Mitchristen.<br />

Er belügt nicht sich und andere<br />

durch Übertreibungen und<br />

Schönrederei. Aber er sieht<br />

auch nicht schwarz und macht<br />

alles schlecht. Gerade die illussionslose<br />

Wahrnehmung von<br />

Glanz und Elend unseres Lebens<br />

treibt uns zu Jesus.<br />

Denn nur Jesus macht eine<br />

Selbstannahme, unabhängig<br />

von den ganzen Enttäuschungen<br />

an uns und anderen, möglich.<br />

<strong>Erwachsen</strong>er Glaube kann<br />

es sagen: Ja, so bin ich. So<br />

begabt und begrenzt. So böse<br />

und verloren. Und doch durch<br />

den Opfertod Jesu gutgemacht<br />

für Gott und die Menschen. Ich<br />

weiß wohin mit meinen Sünden.<br />

Deshalb höre ich nie auf<br />

zu kämpfen mit meinen Sünden.<br />

Deshalb kann ich mein<br />

Aussehen und meine Unvollkommenheiten<br />

bejahen und<br />

das Beste daraus machen. Denn<br />

Jesus steht zu mir.<br />

Das ist die Basis für eine men-<br />

schenfreundliche und offene<br />

Umgangsweise. <strong>Erwachsen</strong>er<br />

Glaube zeichnet sich aus durch<br />

Gemeinschaftsfähigkeit. Er<br />

hat ehrliches Interesse am Anderen.<br />

Er sucht die Begegnung,<br />

und er gibt Zuwendung. Dabei<br />

gesteht er anderen zu, anders<br />

zu sein. Er denkt wohlwollend<br />

und fördernd für sie. Er führt<br />

sich nicht mit angeblichen, supergöttlichen<br />

Erfahrungen oder<br />

etwas anderem als überlegen<br />

vor. Denn die Geborgenheit bei<br />

Jesus n<strong>im</strong>mt uns die Angst um<br />

uns selbst. Auch die Angst vor<br />

dem Neuen.<br />

<strong>Erwachsen</strong>er Glaube ist nämlich<br />

lern- und denkfreundlich. Er<br />

kann nicht genug bekommen<br />

an Einsichten über Jesus und<br />

sein Wort, die Bibel; aber auch<br />

über das, was in der Welt und<br />

in uns Menschen abgeht. Allein<br />

schon gründliche und vergleichende<br />

Bibelkenntnis würde<br />

jede Menge Kleingeistigkeit<br />

in vielen unserer Christenstreitereien<br />

offenkundig machen.<br />

Es macht auch nachdenklich,<br />

dass nur so wenige in unserem<br />

Verband an biblisch-theologischen<br />

Schulungen teilnehmen.<br />

Wir sind zu wenig geübt darin,<br />

unseren <strong>Glauben</strong> mit eigenen<br />

Worten zu vertreten.<br />

Denn erwachsener Glaube bedeutet<br />

Mut zum Urteil und zur<br />

Entscheidung. Ja und Nein sagen<br />

wir zwar pausenlos stumm<br />

und gefühlsgesteuert. Aber<br />

Jesus und sein Wort ermutigen<br />

uns, das bewusst zu tun.<br />

Nicht der „kinder“-leichte Weg<br />

der Anpassung hilft uns. Argumentatives<br />

und nachprüfbares<br />

Handeln sollen wir einüben. <strong>Erwachsen</strong>er<br />

Glaube bezieht Position<br />

und stellt sich der Prüfung<br />

durch die Mitmenschen. In der<br />

festen Jesus-Beziehung finden<br />

wir dafür unseren Halt und unsere<br />

Maßstäbe.<br />

Paul-Ludwig Böcking<br />

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