STADION - VfB Stuttgart
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Mythos <strong>VfB</strong><br />
Die goldene Generation<br />
Teil der „goldenen Generation“: Erwin Waldner<br />
Der <strong>VfB</strong> <strong>Stuttgart</strong> hätte mehrere Male<br />
gute Gründe im Verlauf seiner Geschichte<br />
von einer „goldenen Generation“ zu sprechen,<br />
so beispielsweise 1929, als eine verjüngte<br />
Mannschaft in eine unerwartet erfolgreiche<br />
Saison startete oder die Elf der<br />
frühen dreißiger Jahre, die langsam, aber<br />
beständig den regionalen Horizont hinter<br />
sich ließ und zunächst in Süddeutschland<br />
arrivierte, bis sie sich gar ins deutsche Endspiel<br />
vorkämpfte. Gewiss aber kann man<br />
es sagen von der kreativen Mischung der<br />
fünfziger Jahre. Pikanterweise auch der<br />
heutige <strong>VfB</strong>-Gegner: Der 1.FC Nürnberg<br />
erzielte in den 18 Jahren Süddeutsche<br />
Oberliga sechsmal die Meisterschaft und<br />
besaß mit Weltmeister Max Morlock eine<br />
ebenso herausragende Persönlichkeit des<br />
Nachkriegsfußballs wie der <strong>VfB</strong> <strong>Stuttgart</strong><br />
mit Robert Schlienz. Beide aber konnten<br />
nur deshalb so erfolgreich sein, weil um<br />
sie herum außergewöhnlich veranlagte<br />
Fußballer agierten. Zu denen gehörte im<br />
Dress mit dem roten Brustring insbesondere<br />
der 1952 mit 19 Jahren aus Neckarhau-<br />
30<br />
sen zum <strong>Stuttgart</strong>er Starensemble aufrückende<br />
Erwin Waldner. Ein weiterer Coup<br />
des Trainers Georg Wurzer. Ein Stürmer,<br />
schnell, sicher am Ball, technisch versiert,<br />
mit Blick für das Spiel. Waldner brauchte<br />
keine Eingewöhnungszeit, er war gleich<br />
zu Beginn Stammspieler. Nach dem ersten<br />
Jahr holte er am 4. April 1954 mit seinen<br />
Mannschaftskameraden die Süddeutsche<br />
Meisterschaft und zwei Wochen später,<br />
am 17. April, die erste deutsche Pokalmeisterschaft<br />
nach <strong>Stuttgart</strong>.<br />
Das Finale gegen Köln fand in Ludwigshafen<br />
statt, ein gutes Terrain für den <strong>VfB</strong>,<br />
der dort zwei Jahre zuvor gegen Saarbrücken<br />
Deutscher Meister geworden war.<br />
Das Spiel selbst war weitgehend ausgeglichen,<br />
bis Erwin Waldner in der 5. Minute<br />
der Verlängerung seine ganze Klasse aufblitzen<br />
ließ. Alle seine Qualitäten ergänzten<br />
sich binnen Sekunden für den Augenblick<br />
eines Tores, das die Zuschauer von<br />
den Sitzen riss. Zuspiel von Schlienz, Waldner<br />
auf Halblinks führt den Ball wenige<br />
Schritte, sieht, dass der Kölner Torwart zu<br />
weit entgegen gekommen ist und hebt<br />
den Ball, obwohl bedrängt von einem Kölner<br />
Abwehrspieler, mit aller Ruhe und gefühlvoll<br />
am Kölner Keeper vorbei ins Tor.<br />
Die Rheinländer erholten sich von diesem<br />
Tor nicht mehr und die Schwaben nahmen<br />
den Pokal mit nach Hause.<br />
Waldner schoss noch viele Tore für den <strong>VfB</strong>,<br />
bis er 1960 den <strong>VfB</strong> Richtung Zürich verließ.<br />
Er war einer der ersten, die ihr Glück im Ausland<br />
versuchten. Von Zürich wechselte er ein<br />
Jahr später nach Italien zu Spal Ferrara.<br />
Doch auch in Deutschland drehte sich die<br />
Fußballwelt weiter. Die Bundesliga wurde<br />
eingeführt. Der <strong>VfB</strong> erreichte mit einer guten<br />
Mannschaft, ohne die Stars von einst,<br />
ohne Schlienz, Steimle, Barufka und wie sie<br />
alle hießen, und ohne Waldner, ohne Geiger<br />
– was für ein starker Umbruch – die Qualifi -<br />
kation im Mai 1963 auf den letzten Drücker.<br />
Ein Wagnis, doch es gibt gute Anzeichen:<br />
Während der DFB im Juli auf dem Killesberg<br />
seine Jahrestagung abhält und in der luftigen<br />
theoretischen Diskussion das künftige<br />
Verhältnis von Profi und Amateur abklärt,<br />
freut man sich unten auf dem Wasen über<br />
die deutsche Amateurmeisterschaft der<br />
Truppe von Franz Seybold, der dem <strong>VfB</strong> mit<br />
seiner engagierten Arbeit nicht in der Theorie,<br />
sondern in der Praxis den vielversprechenden<br />
Unterbau garantiert: 1:0 in Kassel<br />
über den VfL Wolfsburg. Und unaufgeregt<br />
bringt man die Rückkehr des im Ausland<br />
weiter gereiften Erwin Waldner über die<br />
Bühne. Der Heimkehrer spielte noch bis<br />
1967 für den <strong>VfB</strong>. Mit seiner bemerkenswerten<br />
Laufbahn überbrückt er wie kein anderer<br />
<strong>VfB</strong>-Spieler die große Spanne von der<br />
legendären Zeit der 50er Jahre bis hin zu<br />
dem völlig Neuen der Bundesliga und ist damit<br />
ein seltenes Beispiel personeller Kontinuität,<br />
die mit ihrem Schatz an Geschichten,<br />
d.h. der Weitergabe von Erfahrung an die<br />
nachfolgenden Generationen, mögen sie<br />
„golden“ sein oder nicht, für einen Verein<br />
von sowohl existenzieller als auch mythischer<br />
Bedeutung ist.