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Die Terminologie der Onomastik, ihre Koordinie - Namenkundliche ...

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Natalija Vasil’eva, Moskau<strong>Die</strong> <strong>Terminologie</strong> <strong>der</strong> <strong>Onomastik</strong>, <strong>ihre</strong> <strong>Koordinie</strong>rungund lexikographische DarstellungKurze Problemdarstellung 1Abstract: The paper deals with some aspects of terminological coordinination which belongstoday to the most actual problems in onomastics. Two approaches are analyzed:the lexical and the lexicological one. The former focuses on terminus as a lexical unit, thelatter on specialized dictionaries as special knowledge representation models. Of the twoinvestigated approaches to the coordination activity, the second one is to be preferredas it reflects system relations of termini. Two operations prove to be useful for terminologicalcoordination: construction of lexical-semantic network and semantic mapping.Both of them deal with semantic space in terminology, thus two or more terminologicalsystems represented in one or the other way might be coordinated without much complications.Zusammenfassung: <strong>Die</strong> vorliegende Untersuchung behandelt Aspekte <strong>der</strong> <strong>Koordinie</strong>rung<strong>der</strong> onomastischen <strong>Terminologie</strong>, die z. Z. zu einer <strong>der</strong> aktuellsten Aufgaben fürdie Namenforscher gehört. Zwei Richtungen bzw. Verfahren werden beschrieben: dielexikalische (auf einzelne Termini orientierte) und die lexikographische (auf Fachwörterbuchals Repräsentationsmodell von Fachwissen orientierte Richtung). Von den beidenin dem Beitrag betrachteten <strong>Koordinie</strong>rungsrichtungen muss die lexikographischeVorrang haben, weil sie die systemhaften Verbindungen <strong>der</strong> Termini wi<strong>der</strong>spiegelt. Hierkann als Hilfsmittel für die <strong>Koordinie</strong>rung die Methode des Aufbaus von lexikalischsemantischenNetzen für jeden Terminus-Deskriptor genutzt werden. Als Instrument <strong>der</strong><strong>Koordinie</strong>rung wird auch <strong>der</strong> Begriff „terminologische Karte“ behandelt: <strong>Die</strong> auf dieseWeise beschriebenen Terminussysteme (zwei o<strong>der</strong> mehrere) können im weiteren ohneKomplikationen koordiniert werden.1 Es handelt sich um die etwas verän<strong>der</strong>te Fassung meines Vortrages auf dem ICOS-Kongress in Barcelona, dessen Erstdruck in den Kongressmaterialien erfolgen wird.Ich danke den Herausgebern <strong>der</strong> Zeitschrift „<strong>Namenkundliche</strong> Informationen“ für dieAuffor<strong>der</strong>ung, die Thematik „<strong>Koordinie</strong>rung <strong>der</strong> <strong>Terminologie</strong>“ einem breiteren Interessentenkreisim deutschsprachigen Raum vorzustellen.<strong>Die</strong>ses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons-BY 3.0 Deutschland Lizenz. http://creativecommons.org/licenses/by/3.0/de/


32 Natalija Vasil'eva1 EinleitungIn dem internationalen Wissenschaftsbereich <strong>Onomastik</strong> sind viele Sprachenund viele nationale onomastische Schulen vertreten. Daher spielt diesystematische Bearbeitung bestehenden, also vorhandenen Fachwortschatzesfür die internationale Kommunikation eine wesentliche Rolle. <strong>Die</strong> dreiSchlüsselbegriffe <strong>Koordinie</strong>rung, <strong>Terminologie</strong> und Lexikographie, die im Titeldieses Beitrags auftreten, können für die mo<strong>der</strong>ne europäische <strong>Onomastik</strong>nicht hoch genug eingeschätzt werden. <strong>Die</strong> Namenforscher sind sichim Hinblick auf <strong>ihre</strong> <strong>Terminologie</strong> und <strong>der</strong>en Rezeption <strong>der</strong> Problemenicht nur hinsichtlich des metasprachlichen Aspekts, son<strong>der</strong>n auch bzgl.<strong>der</strong> kog nitiven Situation in <strong>ihre</strong>r Wissenschaft durchaus bewusst gewordensind. Das zeigt die Zahl wissenschaftlicher Beiträge zu Problemen <strong>der</strong><strong>Terminologie</strong> in <strong>der</strong> <strong>Onomastik</strong>, die gegenwärtig zusehends wächst (Harvalík2007 mit Bibliographie). <strong>Die</strong> von Milan Harvalík und Enzo Caffarellidurchgeführte Umfrage konnte eine Vielfalt von Meinungen überterminologische Probleme in <strong>der</strong> europäischen <strong>Onomastik</strong> demon strieren(Caffarelli, Harvalík 2007). <strong>Die</strong> Arbeit <strong>der</strong> Terminologischen Gruppedes ICOS, die 2004 gegründet wurde, ist auf die Koordination von mehrerenonomastischen Metasprachen ausgerichtet. In diesem Arbeitsprozessgibt es erste Ergebnisse, vgl. die Liste Onomastischer Schlüsseltermini inEnglisch, Französisch und Deutsch (http://www.icosweb.net/index.php/terminology.html). Sie bietet eine standardisierte Zusammenstellung onomastischerSchlüsseltermini. Damit ist ein gut nutzbares Arbeitsmittel vorhanden.Doch es ist noch vieles zu bewältigen.Mein Anliegen besteht nun darin, auf einige theoretische Probleme einzugehen,die die <strong>Koordinie</strong>rung in <strong>der</strong> <strong>Terminologie</strong> betreffen. Zugleichmöchte ich einige Beobachtungen und Schlussfolgerungen vorstellen, dieetwas zu dem aktuellen Thema „Wissenstransfer in <strong>der</strong> <strong>Onomastik</strong>“ beitragenkönnen.2 Terminologische <strong>Koordinie</strong>rung: zwei Richtungen bzw. VerfahrenIn <strong>der</strong> <strong>Koordinie</strong>rung <strong>der</strong> onomastischen <strong>Terminologie</strong>, die zur Zeit zueiner <strong>der</strong> dringenden Aufgaben für die Namenforscher gehört, sind zweiRichtungen bzw. Verfahren zu unterscheiden. <strong>Die</strong> erste Richtung kannman als lexikalische, die zweite als lexikographische bezeichnen.


<strong>Die</strong> <strong>Terminologie</strong> <strong>der</strong> <strong>Onomastik</strong>33<strong>Die</strong> lexikalische Richtung kann schematisch auf folgende Weise charakterisiertwerden:− sie ist auf einzelne Termini als lexikalische Einheiten orientiert;− sie kann als erste Phase im <strong>Koordinie</strong>rungsprozess betrachtetwerden;− die innere Form des Terminus wird beson<strong>der</strong>s beachtet;− bei den Internationalismen wird großer Wert auf die Homogenität<strong>der</strong> Komponenten gelegt;− bei <strong>der</strong> Auswahl <strong>der</strong> Termini spielt die Semantik des Etymons einewichtige Rolle;− die kategorielle Semantik des Wortbildungsmodells ist zu berücksichtigen;− auch die ästhetische Funktion wird beachtet (so die allgemeineKlangform und das Fehlen von negativen Assoziationen).<strong>Die</strong> lexikographische Richtung kann schematisch etwa so charakterisiertwerden:− sie erfolgt begriffsorientiert (vom Begriff zur Benennung);− sie kann als zweite Phase im <strong>Koordinie</strong>rungsprozess betrachtet werden;− sie ist auf ganze Terminus-Systeme als Repräsentationsmodelle vonFachwissen orientiert;− die Position des Terminus im Terminus-System wird beson<strong>der</strong>s beachtet;Dazu eine kurze historisch-bibliographische Bemerkung: Alle Terminologenkennen recht gut das Hauptprinzip <strong>der</strong> allgemeinen <strong>Terminologie</strong> lehreund <strong>Terminologie</strong>arbeit (vgl. Arntz e. a. 2002), das lautet: Ein Terminusist wesentlich bestimmt durch seine Stellung im Begriffssystem. Hierzumöchte ich die Formel des russischen Linguisten (Orientalisten und Interlinguisten)Nikolaj Vladimirovič JuŠmanov (1896‒1946) anführen, die er inseinem Werk „Grammatika inostrannych slov“ [Fremdwörtergrammatik]angeführt hat (JuŠmanov 1937: 703):{Kennt man die Position eines Terminus im System, so kennt man den Terminus.Kennt man den Terminus, so kennt man seine Position im System}


34 Natalija Vasil'evaDaraus folgt:− Es wird nicht nur großer Wert auf Termini als lexikalische Einheitengelegt, son<strong>der</strong>n auch auf die zwischen den Termini entstehenden semantischenRelationen;− als Basis für den <strong>Koordinie</strong>rungsprozess kann <strong>der</strong> Aufbau von lexikalisch-semantischenNetzen für jeden Terminus-Deskriptor genutztwerden.3 Das Wesentliche bei <strong>der</strong> lexikalischen <strong>Koordinie</strong>rungIm Großen und Ganzen vollzieht sich <strong>der</strong> lexikalische <strong>Koordinie</strong>rungsprozessmit beson<strong>der</strong>er Aufmerksamkeit für die innere Form des Terminusharmonisch. Es gibt aber verborgene Klippen, auf die ich in diesem Abschnittetwas aufmerksam machen möchte. Es geht um folgende Problemeim Einzelnen.a) Pseudointernationalismen o<strong>der</strong> scheinbare Internationalismen:Es gilt allgemein als selbstverständlich, dass für die erste Richtung, bei <strong>der</strong>die Form des Terminus beson<strong>der</strong>s beachtet wird, eben die sogenannten InternationalismenPräferenz besitzen. Es ist aber lei<strong>der</strong> auch gut bekannt,dass auch die <strong>ihre</strong>r Form nach internationalen Termini in verschiedenenSprachen durchaus verschiedene Bedeutungen haben können. Ein Paradebeispieldafür ist, wie M. Harvalík gezeigt hat (2007), <strong>der</strong> Terminus Chrematonym.Der Terminus Chrematonym gilt in den slavischen Sprachen undim Deutschen als ‚Sachname’. Aber mit noch viel weiterreichenden undnicht ganz übereinstimmenden Differenzierungen. In <strong>der</strong> kanadischen Namenforschunghingegen hat <strong>der</strong> Terminus eine ganz spezialisierte Bedeutung.So betrachten H. Dorion und J. Poirier (1975) chrématonymes völligabweichend als ‚Namen von Verkehrsmitteln’.Ein an<strong>der</strong>es und zugleich weiteres Beispiel ist das terminologische PaarInstitutionym – Ergonym. In <strong>der</strong> Metasprache <strong>der</strong> russischen <strong>Onomastik</strong>kommt <strong>der</strong> Terminus Institutionym überhaupt nicht vor. Stattdessen verwendetman den Terminus Ergonym. Und Ergonym bedeutet im russischenSprachgebrauch das, was Institutionym im Deutschen zum Inhalt hat. Ergonymkann aber im Russischen auch für Benennungen von großen o<strong>der</strong>kleineren kommerziellen Objekten wie Einkaufscenters, Geschäften undLäden sowie auch von Firmen verwendet werden (Vasil'eva 2004: 605 f.).


<strong>Die</strong> <strong>Terminologie</strong> <strong>der</strong> <strong>Onomastik</strong>35Der in <strong>der</strong> russischen onomastischen <strong>Terminologie</strong> verwendete TerminusErgonym besitzt gegenwärtig einen deutlich breiteren Bedeutungsumfangals <strong>der</strong> im Deutschen verwendete Terminus Institutionym.b) Entstehung von terminologischen Reservaten (o<strong>der</strong> man könnte sie auchExklaven nennen):Es handelt sich dabei hier um metasprachliche Isolierung als Resultat desStrebens nach möglichst großer etymologischer Exaktheit. Von diesem„terminologischen Virus“ werden meistens die Linguisten betroffen, diesehr gut klassische Sprachen beherrschen. Als Beispiel kann ich eine ganzeReihe verwendete Fach-Termini aus dem Werk des ukrainischen PhilologenAndrej Aleksandrovič Beleckij (1911‒1995) anführen (Beleckij 1972:159 ‒173):Eidonym – GenonymAnthroponym – MonadonymIdionym – KoinonymPhilonym – Oikistonym – Ethnonym – PolitonymAnchistonym – Genethlonym – Paroikonym – KatoikonymKosmonym – Toponym – Ergonym – Epochonym<strong>Die</strong>se absolut individuell verwendeten Fachausdrücke lassen sich auf folgendeWeise dechiffrieren:Eidonym = EigennameGenonym = AppellativumMonadonym = Name eines einzelnen Objekts, Fakts, einer ErscheinungIdionym = individueller PNKoinonym = Name einer Gruppe von LeutenPhilonym = Name einer Familie o<strong>der</strong> SippeOikistonym = BewohnernamePolitonym = Name von StaatsbürgernAnchistonym = FamiliennameGenethlonym = SippennameParoikonym = Name von Bewohnern einer SiedlungKatoikonym = Name von Bewohnern irgendeines TerritoriumsErgonym = Name eines Werkes (eines Buches)Epochonym = Name einer historischen Epoche


36 Natalija Vasil'evaNur vier Termini im Beleckij-Terminussystem bieten semantische und formelleParallelen mit den allgemein anerkannten: das sind Anthroponym,Ethnonym, Kosmonym und Toponym. Aber absolut übereinstimmend mitden gängigen Termini ist vielleicht nur Anthroponym als Personenname.<strong>Die</strong> Beson<strong>der</strong>heit von den an<strong>der</strong>en drei merkt man aber nur dann, wennman das ganze System analysiert. Im Beleckij-Terminussystem nehmennämlich diese Termini an<strong>der</strong>e Positionen ein. Ethnonym ist ein Hyponymvon Koinonym (Name einer Gruppe von Leuten); Toponym und Kosmonymhaben als Hyperonym Monadonym (Name eines einzelnen Objekts,Fakts, einer Erscheinung). <strong>Die</strong> obengenannte Formel von JuŠmanov („Kenntman die Position eines Terminus im System, so kennt man den Terminus.Kennt man den Terminus, so kennt man seine Position im System“) mussalso für dieses terminologische Idiosystem neu erstellt bzw. gelernt werden.Als terminologisches Homonym (o<strong>der</strong> auch als „falscher Freund“) erweistsich im Beleckij-System <strong>der</strong> Terminus Ergonym, <strong>der</strong> den Namen einesWerkes (eines Buches, wie z.B. „Krieg und Frieden“) bezeichnet.Man kann aus <strong>der</strong> Aufzählung leicht erkennen, wie in einer personenbezogenen<strong>Terminologie</strong> bekannte Termini doch ganz unterschiedlichinterpretiert verwendet werden. Und außerdem werden auch noch neueTermini geschaffen, bei denen das Prinzip <strong>der</strong> etymologischen Exaktheitim Wi<strong>der</strong>spruch zum existierenden metasprachlichen Usus steht. Das onomastischeTerminussystem von A. Beleckij (per se eigentlich sehr logisch)verbleibt in <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> slavischen <strong>Onomastik</strong> als Beispiel einesganz opaken terminologischen Idiolektes.c) Das Fusions-Prinzip in <strong>der</strong> Terminus-Bildung.Fusions-Stil ist aus <strong>der</strong> Architektur sowie auch in <strong>der</strong> Gastronomie vertrautund gut bekannt. Für die <strong>Terminologie</strong> bedeutet das Fusions-Prinzip denAbschied von <strong>der</strong> Homogenität <strong>der</strong> Terminus-Elemente (also z. B. nur Bestandteile<strong>ihre</strong>r Herkunft nach als griechisch + griechisch aneinan<strong>der</strong>fügen).<strong>Die</strong> Realisierung des von <strong>der</strong> Homogenität abweichenden Fusions-Prinzipsin <strong>der</strong> <strong>Terminologie</strong> <strong>der</strong> <strong>Onomastik</strong> erfor<strong>der</strong>t von den Namenforschern bei<strong>der</strong> Terminus-Bildung ein beson<strong>der</strong>es sprachliches Feingefühl.So wird in <strong>der</strong> Reihe von synonymen Termini für ‚Ereignisname’ {Eventonym(lat.+ griech.) – Symbantonym (griech.+ griech.) – Phänomenonym (griech.+ griech.)} <strong>der</strong> Terminus Eventonym aus pragmatisch-ästhetischen Gründen


38 Natalija Vasil'evamie / Hyponymie und Teil-Ganzes-Beziehung (Meronymie). Als weitereRelationen sind Quasisynonymie, Funktion, Parameter, Implikation, Anwendungsbereichzu nennen, wie sie in sog. Recherche-Thesauri verwendetwerden (Nikitina 1978). Ein Beispiel dafür, wie das terminologische Netzals eine Menge von Schlagwörtern und vordefinierten Relationen funktioniert,ist bei Christian Lehmann im Beitrag „Linguistische <strong>Terminologie</strong>als relationales Netz” zu finden (Lehmann 1996). Der Verfasser beschreibtinsgesamt zwölf unterordnende und querverweisende Relationen, die demBenutzer die Orientierung in <strong>der</strong> <strong>Terminologie</strong> erleichtern können (z. B. „xist ein y“, „x ist eine Klasse von y“, „x ist ein Teil von y“, „x ist ein Aspekt/Eigenschaft von y“, „x hängt zusammen mit y“ u. a.). Es ist natürlich klar,dass die onomastische <strong>Terminologie</strong> für <strong>ihre</strong> systemhafte Repräsentationnur eine reduzierte Zahl von <strong>der</strong> für die Begrifflichkeit <strong>der</strong> „großen“ Linguistikerarbeiteten terminologischen Relationen benötigt.Für die terminologische <strong>Koordinie</strong>rung in den Humanwissenschaften(„soft sciences“) wichtig ist eine solche Relation wie die Quasisynonymie.Durch diese Beziehung werden ähnliche, aber eben nicht ganz synonymeTermini aus verschiedenen Terminus-Systemen verknüpft. Für die Disziplin,die durch verschiedene nationale Schulen gekennzeichnet ist, ist dieseRelation metasprachlich relevant. So kann man das russ. poreonim ‚Namevon Verkehrsmitteln’ mit dem kanadischen chrématonyme durch diese Relationverknüpfen.Werfen wir nun einen schnellen Blick darauf, wie sich diese Systemhaftigkeit<strong>der</strong> Termini in drei lexikographischen Werken reflektiert, die <strong>ihre</strong>rseitsbereits Resultate <strong>der</strong> <strong>Koordinie</strong>rungsbemühungen im Bereich <strong>der</strong>onomastischen <strong>Terminologie</strong> sind.a) Osnoven sistem i terminologija na slovenskata onomastika. Osnovnaja sistemai terminologija slavjanskoj onomastiki. Grundsystem und <strong>Terminologie</strong> <strong>der</strong> slawischen<strong>Onomastik</strong> (Скопје, 1983):In diesem Wörterbuch enthält je<strong>der</strong> Eintrag hierarchische Notationen –sichtbar gemacht durch Codierung mittels Zahlen. Aus <strong>der</strong> Notation lassensich hierarchische Beziehungen ableiten. Je<strong>der</strong> Eintrag enthält eine Definitionin drei Sprachen. Als fakultative Informationen gibt es einen Kommentarin freier Form und Beispiele.


<strong>Die</strong> <strong>Terminologie</strong> <strong>der</strong> <strong>Onomastik</strong>39<strong>Die</strong>se Darstellung hat Vorteile: Es ist eine computergeeignete Darstellung,zugleich sehr informativ für ein multilinguales Nachschlagewerk.Aber es gibt auch Nachteile: <strong>Die</strong> Relationstypen erscheinen dabei nichtdifferenziert. <strong>Die</strong> Codierung mittels Zahlen lässt eigentlich nur Verhältnissevon Unter- zu Oberbegriffen (o<strong>der</strong> vice versa) deutlich werden (z. B. 1-Bionym, 11- Anthroponym, 1111 – Männername) o<strong>der</strong> aber Kohyponyme‒ die Unterbegriffe eines gemeinsamen Oberbegriffs (z. B. 1111- Männername,1112 – Frauenname).b) Glossary of Terms for the Standardization of Geographical Names. Edited byNaftali Kadmon. New York, 2002 (375 Einheiten je in 6 Sprachen):Als lexikographischen Angaben findet man hier folgende:− exempla− cross-references (innerhalb <strong>der</strong> Definitionen mit Kennzeichnungen→ und Fettdruck)− ‘see’− ‘see also’− ‘referring to →’ für Adjektive (diglossic - referring to → diglossia)− complementary terms: z. B. feature, man-made complementaryterm: → feature, natural.<strong>Die</strong> Mehrsprachigkeit unterliegt in diesem Wörterbuch im Vergleich zudem vorher angeführten „Grundsystem” einer ganz an<strong>der</strong>en Organisation.Es sind gleichsam sechs Lexika, jedes einsprachig, unter einem Dachzusammengefügt worden. <strong>Die</strong> <strong>Koordinie</strong>rung vollzieht sich durch eineLemmaliste und durch zweisprachige Indices.Man sieht, dass in diesem Nachschlagewerk mehrere semantische Relationenrepräsentiert sind. Der Grund dafür ist klar: Ein einsprachigesWörterbuch gibt mehr Spielraum für die Darstellung von begrifflichen Beziehungen.c) List of Key Onomastic Terms (auf <strong>der</strong> ICOS-Seite im Internet - 70 Terminiin Englisch, z. Z. aber auch in Französisch und Deutsch):In diesem Wörterbuch erscheinen nur zwei Angaben: see für alle verwandtenBegriffe und NOTE – hierin wird eine zusätzliche Information gegeben.Man kann wohl konstatieren, dass dieses Wörterbuch ein neues Genre darstellt,nämlich eine einsprachige koordinierende lexikographische Quelle.


<strong>Die</strong> <strong>Terminologie</strong> <strong>der</strong> <strong>Onomastik</strong>432.3.Das ist ein ewiges Dilemma und erfor<strong>der</strong>t zwingend, nach Wegen<strong>der</strong> <strong>Koordinie</strong>rung zu suchen.<strong>Koordinie</strong>rung <strong>der</strong> <strong>Terminologie</strong> im Bereich von Geisteswissenschaftengehört zu dem Bereich <strong>der</strong> <strong>Terminologie</strong>arbeit, für den keine Präskriptionenexistieren. <strong>Koordinie</strong>rung kann nicht durch irgendwelcheNormenanausschüsse reguliert werden. <strong>Die</strong>se Arbeit liegt vollund ganz in den Händen <strong>der</strong> Wissenschaftler selbst.Von den beiden in diesem Beitrag betrachteten <strong>Koordinie</strong>rungsrichtungen– <strong>der</strong> lexikalischen und <strong>der</strong> lexikographischen – muss dielexikographische Vorrang haben. Als Ergebnis des <strong>Koordinie</strong>rungsprozessessollte ein Wörterbuch entstehen, das die systemhaften Verbindungen<strong>der</strong> Termini wi<strong>der</strong>spiegelt ‒ ein Thesaurus. Der Thesaurusals Typ des Wörterbuches bedeutet, dass <strong>der</strong> Wörterbuchartikelnicht nur aus dem Terminus als Stichwort und aus <strong>der</strong> Definitionbesteht, son<strong>der</strong>n auch die semantischen Relationen des Terminus-Stichwortes mit den an<strong>der</strong>en Termini präsentiert. <strong>Die</strong> Liste <strong>der</strong> semantischenRelationen soll eine für alle onomastischen Termini seinund kann als tertium comparationis bei <strong>der</strong> Harmonisierung <strong>der</strong> <strong>Terminologie</strong>gelten.LiteraturArntz, R., Picht, H., Mayer, F. 2002. Einführung in die <strong>Terminologie</strong>arbeit. Hildesheim/ Zürich / New York: Olms.Bauer, Gerhard. 2 1998. Deutsche Namenkunde. Berlin: Weidler.Beleckij, Andrej A. 1972. Лексикология и теория языкознания: Ономастика [Lexikologieund Theorie <strong>der</strong> Sprachwissenschaft: <strong>Onomastik</strong>]. Киев: Изд-во Киевского гос.университета.Brendler, Andrea / Brendler, Silvio. 2004. Naturereignisnamen. In: Andrea Brendler,Silvio Brendler (Hg.), Namenarten und <strong>ihre</strong> Erforschung. Ein Lehrbuch für das Studium<strong>der</strong> <strong>Onomastik</strong>. Anlässlich des 70. Geburtstages von Karlheinz Hengst, 623 ‒ 653.Hamburg: Baar.Caffarelli, Enzo, Harvalík, Milan. 2007. Onomastic terminology: an international survey= Terminologia onomastica: un’inchiesta internazionale. Rivista Italiana di Onomastica8 (1), 181‒220.Donec, Pavel N. 2002. Zum Begriff des Eventonyms. Das Wort. Germanistisches Jahrbuch<strong>der</strong> GUS. Moskau: Metatext. 35 ‒ 42.


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