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415 Rezensionen und Neuerscheinungen Deutschland, unter ...

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<strong>Rezensionen</strong> <strong>und</strong> <strong>Neuerscheinungen</strong><br />

<strong>415</strong><br />

<strong>Deutschland</strong>, <strong>unter</strong> denen bekanntlich<br />

eine beträchtliche Anzahl ursprünglich<br />

polnischer Familiennamen nachgewiesen<br />

ist.<br />

Inge Bily, Leipzig<br />

Der Südwesten im Spiegel der Namen.<br />

Gedenkschrift für Lutz Reichardt. Hg.<br />

von Albrecht Greule <strong>und</strong> Stefan Hackl.<br />

Stuttgart: W. Kohlhammer 2011 (Veröffentlichungen<br />

der Kommission für<br />

geschichtliche Landesk<strong>und</strong>e in Baden-<br />

Württemberg. Reihe B: Forschungen.<br />

Bd. 184), VIII + 263 S.<br />

Nachdem die baden-württembergische<br />

Namenforschung am 29. April 2009<br />

mit Lutz Reichardt einen ihrer Protagonisten<br />

verloren hat, widmen seine<br />

Fre<strong>und</strong>e, Kollegen <strong>und</strong> Schüler ihm nun<br />

eine Gedenkschrift: „Auf diese Weise<br />

sollten sowohl Werk <strong>und</strong> Verdienst des<br />

Verstorbenen gewürdigt werden als<br />

auch durch die Aufnahme von Beiträgen<br />

zu Forschungsperspektiven, die direkt<br />

oder indirekt durch Lutz Reichardt angeregt<br />

wurden, dokumentiert werden,<br />

dass seine Leistungen vorbildlich waren.“<br />

(VII) Die Reihe „Veröffentlichungen<br />

der Kommission für geschichtliche<br />

Landesk<strong>und</strong>e in Baden-Württemberg“<br />

ist sicher der richtige Ort für diese Würdigung<br />

von Lutz Reichardts Werk. Im<br />

Vorwort (VI-VII) skizzieren die Herausgeber<br />

kurz die wichtigsten Forschungsbeiträge<br />

des Verstorbenen <strong>und</strong> schaffen<br />

so einen gelungenen Einstieg in den<br />

vorliegenden Sammelband.<br />

Mit dem ersten Beitrag bietet Martina<br />

Winner einen einleitenden Forschungsüberblick<br />

über „Baden-Württemberg in<br />

Ortsnamenbüchern“ (1– 9). Zuerst werden<br />

die bisherigen Forschungsarbeiten<br />

beschrieben (inklusive einer Auflistung<br />

von Reichardts Ortsnamenbüchern);<br />

wo ältere Forschungsansätze kritisiert<br />

werden, finden sich allerdings keine<br />

neuen Vorschläge zur Etymologie<br />

des jeweiligen Siedlungsnamens. Die<br />

folgenden Punkte stellen aktuelle Forschungsprojekte<br />

<strong>und</strong> zukunftsweisende<br />

Projektplanungen vor, die sich mit dem<br />

Raum Baden-Württemberg befassen.<br />

Einen richtungsweisenden Beitrag<br />

liefern Anja Makrutzki <strong>und</strong> Jörg Riecke<br />

mit den Ausführungen „‚Südwestdeutscher<br />

Ortsnamenatlas‘ – eine Projektskizze“<br />

(11–23). Nach der Anerkennung<br />

des Beitrags von Lutz Reichardt zur<br />

baden-württembergischen Ortsnamenforschung,<br />

präsentieren sie eine sehr<br />

genaue Projektbeschreibung, die eine<br />

Möglichkeit aufzeigt, bereits verfügbares<br />

Datenmaterial vergleichend auszuwerten,<br />

<strong>und</strong> über Baden-Württemberg<br />

hinaus den gesamten südwestdeutschen<br />

Sprachraum mit einbezieht. Als Vorbild<br />

für den geplanten Atlas dient der Deutsche<br />

Familiennamenatlas (dfa): Angepasst<br />

an die Bedürfnisse der Ortsnamenforschung<br />

soll der Atlas zunächst einen<br />

grammatischen (Graphematik <strong>und</strong> Phonematik,<br />

Morphematik <strong>und</strong> Derivation,<br />

Syntagmatik sowie Translation) <strong>und</strong><br />

Dieses Werk ist lizenziert <strong>unter</strong> einer Creative Commons-BY 3.0 <strong>Deutschland</strong> Lizenz. http://creativecommons.org/licenses/by/3.0/de/


416 <strong>Rezensionen</strong> <strong>und</strong> <strong>Neuerscheinungen</strong><br />

einen lexikalischen Teil umfassen. Die<br />

gr<strong>und</strong>sätzlichen Überlegungen zu der<br />

Umsetzung eines derartigen Atlasses<br />

sind auf andere Untersuchungsgebiete<br />

übertragbar <strong>und</strong> bieten überdies Anregungen<br />

für weitere Forschungsfragen.<br />

Abschließend befassen sich Makrutzki<br />

<strong>und</strong> Riecke mit Auswahl, Gestaltung<br />

<strong>und</strong> Konzeption der Karten für den<br />

Atlas; hier liegt der Schwerpunkt vor<br />

allem auf notwendigen Abänderungen<br />

im Vergleich zum dfa. Ein weiterer Aspekt<br />

ist die Frage nach den Bedürfnissen<br />

der Benutzer. Für eine Druckversion<br />

ist selbstverständlich eine Auswahl<br />

an bestimmten Karten zu treffen, eine<br />

angedachte zusätzliche online-Version<br />

würde durch user-generierte Karten<br />

bestmögliche Informationsoptionen anbieten.<br />

Eine baldige Realisierung des<br />

Vorhabens wäre überaus wünschenswert,<br />

da derartige Überblickswerke für<br />

vergleichende Forschungsarbeiten unabdingbar<br />

sind.<br />

Wolfgang Janka thematisiert in seinen<br />

„Anmerkungen zur Gestaltung von<br />

Namenartikeln in historischen Ortsnamenbüchern“<br />

(25–33) das Präsentationsschema<br />

von Reichardts Ortsnamenbüchern<br />

<strong>und</strong> würdigt dessen Einfluss<br />

auf die heute übliche Forschungspraxis,<br />

z. B. bei der herausgehobenen Positionierung<br />

der M<strong>und</strong>artform. Anschließend<br />

werden gut begründete Verbesserungsvorschläge<br />

für den Aufbau von<br />

Ortsnamenartikeln <strong>unter</strong>breitet, etwa<br />

zur genaueren Kennzeichnung der Entstehungszeit<br />

historischer Quellen oder<br />

zur Verwendung des Kursivdrucks. Da<br />

zum Abschluss auf die Möglichkeiten<br />

der Internetpublikation verwiesen wird,<br />

hätte auch bei den Hinweisen zur Anlage<br />

eines Belegkommentars auf die Vorzüge<br />

<strong>und</strong> Andersartigkeit dieses Mediums<br />

verwiesen werden können, da sich<br />

im Netz einfach <strong>und</strong> übersichtlich Informationsbuttons<br />

hinter dem fraglichen<br />

Beleg realisieren lassen, durch die sich<br />

der Belegkommentar per Mausklick in<br />

einem eigenen Fenster öffnet.<br />

Die Frage „Heidelberg – ein Heidelbeerberg“<br />

(35–51) stellt Jürgen Udolph,<br />

wobei er nach der Erstellung der Belegreihe<br />

<strong>unter</strong> Berücksichtigung der umfangreichen<br />

Forschungsliteratur sämtliche<br />

bisher vorgeschlagenen Deutungsansätze<br />

ausführlich präsentiert <strong>und</strong><br />

kommentiert. Berechtigt wird etwa die<br />

volksetymologische „Ziegen“-Theorie<br />

abgelehnt, die als Erstelement dialektales<br />

Hed(d)el/Heidel ‚Ziege’ eindeutet, was<br />

jedoch ohne lautgesetzliche Gr<strong>und</strong>lage<br />

ist. Unter Heranziehen von Vergleichs<strong>und</strong><br />

Parallelnamen, kommt Udolph zu<br />

dem Fazit, dass als Gr<strong>und</strong>wort eher die<br />

Heide als die Heidelbeere anzusetzen ist.<br />

Einen Einblick in die Praxis der Namenvergabe<br />

für neu gebildete Großgemeinden<br />

in Baden-Württemberg verschafft<br />

Stefan Hackl durch „Die Ortsnamen<br />

Keltern, Neulingen, Remchingen<br />

<strong>und</strong> Straubenhardt im Enzkreis“ (53–72),<br />

deren historische Überlieferung <strong>und</strong><br />

Etymologie er ausführlich darstellt.<br />

Aufgabe der Sprachwissenschaft ist es<br />

dabei nicht, die vergebenen Namen zu


<strong>Rezensionen</strong> <strong>und</strong> <strong>Neuerscheinungen</strong><br />

417<br />

bewerten, sondern sie – wie hier geschehen<br />

– einer eingehenden Analyse<br />

zu <strong>unter</strong>ziehen. Im Falle von Remchingen<br />

lässt sich auf diese Weise ein bisher<br />

nicht belegter Personenname *Ramicho<br />

rekonstruieren.<br />

Zu dem Schluss, dass „die gegenwärtige,<br />

auf Baden-Württemberg bezogene<br />

Ortsnamenforschung stagniert“ (73),<br />

kommt Albrecht Greule, wobei er die<br />

vorab durch Winner, Hackl, Makrutzki<br />

<strong>und</strong> Riecke beschriebenen Projekte<br />

außer Acht lässt. „Zwischen Acher <strong>und</strong><br />

Oos. Mittelbaden im Spiegel der Namen“<br />

(73– 83) befasst sich mit einigen<br />

typisch mittelbadischen Erscheinungen<br />

in Siedlungsnamen sowie abschließend<br />

mit der Frage nach der dortigen Siedlungskontinuität<br />

nach dem Zerfall des<br />

römischen Reiches. Dass die Siedlungsnamenforschung<br />

in dieser Frage wichtige<br />

Erkenntnisse erbringen kann, ist<br />

unbestritten, fraglich ist mit Greule, ob<br />

tatsächlich von einem „mittelbadischen<br />

Kontinuitätsloch“ (78) gesprochen werden<br />

kann. Notwendig wäre hier eine<br />

umfassende, vergleichende, den gesamten<br />

süddeutschen Raum einbeziehende<br />

Untersuchung zu Namenkontinuität<br />

<strong>und</strong> -überlieferung im ehemals römisch<br />

besetzten Gebiet sowie in den daran<br />

angrenzenden Regionen. Ein weiteres<br />

Forschungsdesiderat spricht Greule<br />

mit einem zu schaffenden „Historischen<br />

Ortsnamenbuch Baden-Württemberg“<br />

an.<br />

„Die (h)lar-Namen im badischen Hanauerland“<br />

(83– 90) sind der Untersuchungsgegenstand<br />

von Ewald M. Hall.<br />

Er stützt sich dabei auf seine Flurnamensammlung<br />

aus den Jahren 1988 –2000<br />

<strong>und</strong> behandelt die Frage nach niederländischen<br />

Reliktwörtern im badischen<br />

Oberrheingebiet. Einen vollständigen<br />

Forschungsüberblick über die ebenfalls<br />

angesprochenen -tung <strong>und</strong> -hurst-Namen<br />

(88f.) erhält man durch einen Vergleich<br />

mit den Ausführungen Albrecht<br />

Greules (77f).<br />

Wolfgang Kleiber <strong>und</strong> Rudolf Post<br />

stellen nach einem forschungsgeschichtlichen<br />

Überblick <strong>und</strong> methodischen<br />

Vorüberlegungen „Zur Namenwelt<br />

im Elztal <strong>und</strong> im Oberen Kinzigtal.<br />

Ein Überblick“ (91–118) eine ausführliche<br />

„Liste der Toponyme fremden Ursprungs“<br />

(96) zusammen. Bei einigen<br />

Beispielen könnten historische Belege<br />

zum besseren Verständnis beitragen, so<br />

z. B. bei den <strong>unter</strong>schiedlichen Erklärungen<br />

von Pfotsch (107). Die genannte<br />

Liste dient als Ausganspunkt für<br />

weitere Forschungen: Zum einen wird<br />

die Aussagekraft der in den Siedlungsnamen<br />

enthaltenen Ethnonyme <strong>unter</strong>sucht,<br />

zum anderen eine Schichtung<br />

der behandelten Toponyme vorgenommen.<br />

Die onomasiologische Gliederung<br />

spiegelt den <strong>unter</strong>suchten Naturraum<br />

wider <strong>und</strong> der Exkurs „Nordwörter“<br />

(115–117) bietet wichtige Argumente<br />

für diese Forschungsfrage. Insgesamt<br />

gelingt mithilfe des Kartenmaterials<br />

ein Überblick über den <strong>unter</strong>suchten<br />

germanisch-romanischen Interferenzraum.


418 <strong>Rezensionen</strong> <strong>und</strong> <strong>Neuerscheinungen</strong><br />

„Alte Ortsnamen mit Personennamen<br />

im Landkreis Neu-Ulm“ (119–128)<br />

verhandelt Wolf-Armin von Reitzenstein.<br />

Er bietet in gewohnt sorgfältiger<br />

Weise stets eine historische Belegreihe<br />

<strong>und</strong> eine etymologische Erklärung zu<br />

dem jeweiligen Namen. Das Fehlen der<br />

M<strong>und</strong>artform ist bei der Größe seines<br />

Betätigungsfeldes nachvollziehbar, jedoch<br />

wäre diese Angabe z. B. im Falle<br />

des Siedlungsnamens Matzenhofen (124)<br />

von großem Interesse.<br />

Mit einer umfangreichen Zusammenstellung<br />

von Ortsnamen inklusive<br />

historischer Belege beginnen Wolfgang<br />

Haubrichs Ausführungen zum Thema<br />

„Ethnogene Siedlungsnamen auf -heim<br />

<strong>und</strong> andere im theodisken Sprachraum<br />

– Zeugnisse merowingischer Siedlung“<br />

(129–152). Sein Fazit lässt sich in drei<br />

Punkten zusammenfassen: Die genannten<br />

-heim-Orte gehören einer spätmerowingischen<br />

Zeitschicht an <strong>und</strong> wurden<br />

vor dem 8. Jahrh<strong>und</strong>ert gegründet, sie<br />

entsprechen der territorialen Ausbreitung<br />

des Merowingerreichs <strong>und</strong> kommen<br />

folglich z. B. in den Gebieten südlich<br />

des Rheins oder südlich der Donau<br />

nicht bzw. kaum vor, eine genauere Datierung<br />

könnte mithilfe archäologischer<br />

F<strong>und</strong>e möglich sein.<br />

„Fernwegenamen einer Kaiserurk<strong>und</strong>e<br />

von 823 vor ihrem rhein-mainischen<br />

Hintergr<strong>und</strong>. Zu Aktionen <strong>und</strong><br />

Akteuren des Landesausbaus jenseits<br />

Mainz <strong>und</strong> Worms seit der Spätantike“<br />

(153–170) <strong>unter</strong>sucht Ernst Erich Metzner,<br />

insbesondere den „Geroldspfad“,<br />

den „Tal-Anweg“ <strong>und</strong> den „Wisigardaweg“.<br />

Der Aufsatz verweist zudem auf<br />

ausführliche, weiterführende Literatur<br />

des Autors zum Rhein-Main-Neckarraum.<br />

Hans Ramge würdigt das Verdienst<br />

des Verstorbenen, dessen Dissertation<br />

noch immer ein Standardwerk der hessischen<br />

Onomastik darstellt (171) <strong>und</strong><br />

schließt den Aufsatz „Wüstungsflurnamen<br />

im Kreis Gießen. Eine Ergänzung<br />

zu Lutz Reichardts ‚Siedlungsnamen der<br />

Kreise Gießen, Alsfeld <strong>und</strong> Lauterbach<br />

in Hessen‘“ (171–184) an. Die Untersuchung<br />

erweitert Reichardts Ausführungen<br />

um 30 Wüstungsflurnamen, deren<br />

historische Belege <strong>und</strong> Etymologie hier<br />

nun zusammengestellt sind. Das Aufspüren<br />

zahlreicher wüst gefallener -heim<br />

<strong>und</strong> -hausen-Siedlungen vermag das<br />

bisher angenommene Siedlungsnamenmodell<br />

in diesem Gebiet zu verschieben<br />

<strong>und</strong> lässt auf eine Zusammenschau aller<br />

Forschungsergebnisse hoffen.<br />

Mit den Namen „Túricum – Turegum<br />

– Zürich“ (185–193) beschäftigt sich Rolf<br />

MÜller, wobei er ausführlich zu den<br />

Kritikpunkten von Andreas Kristol zu<br />

einer früheren Veröffentlichung zu dieser<br />

Thematik Stellung nimmt. Beispielhaft<br />

zeigt MÜllers Aufsatz die Bedeutung<br />

der Archäologie für onomastische<br />

Forschungen.<br />

„Birtis, Rattis, Rämpis. Neue Erkenntnisse<br />

zur Besiedlung des oberen<br />

Lüsseltals“ (195–211) ist der Beitrag<br />

von Rolf Max Kully überschrieben.<br />

Ausgehend von der Datenbank „Solo-


<strong>Rezensionen</strong> <strong>und</strong> <strong>Neuerscheinungen</strong><br />

419<br />

thurnisches Orts- <strong>und</strong> Flurnamenbuch“<br />

werden Belegreihen, historische <strong>und</strong><br />

geographische Informationen sowie<br />

entsprechendes Bildmaterial zu den<br />

Namen angeboten. Auf Gr<strong>und</strong>lage der<br />

umfangreichen Vor<strong>unter</strong>suchungen<br />

können die verhandelten Namen auf<br />

romanische Appellative zurückgeführt<br />

werden, was einen wichtigen Beitrag<br />

zur Besiedlungsgeschichte der <strong>unter</strong>suchten<br />

Gegend darstellt.<br />

Hubert Klausmann <strong>unter</strong>sucht „Die<br />

Übereinstimmung von Dialektgrenze<br />

<strong>und</strong> Familiennamengrenze am Beispiel<br />

des Ostschwäbischen“ (213–222). Er<br />

stützt sich dabei auf Daten aus seinen<br />

beiden Atlanten zu Familiennamen in<br />

Bayern <strong>und</strong> Baden-Württemberg. Das<br />

Hauptaugenmerk liegt auf kleinräumig<br />

verbreiteten Familiennamen, da überregionale<br />

Namen keine Aussagekraft<br />

für diese Fragestellung besitzen. Positiv<br />

hervorzuheben sind das Einbeziehen<br />

der historischen Dimension sowie die<br />

anschaulichen Verteilungskarten; interessant<br />

wäre eine weiterführende Darstellung<br />

von Bezügen der Familiennamen<br />

zur Lexik der jeweiligen Dialekte.<br />

Den Ausführungen „Ein Schwabe<br />

schreibt 1393/94 in Wien. Johannes<br />

Höchstetter von Nördlingen als Schreiber<br />

des Heinrich von Langenstein zugeschriebenen<br />

Traktats ‚Erkenntnis der<br />

Sünde‘“ (223–239) stellt Peter Wiesinger<br />

einen Punkt „Zum Gedächtnis“ (223f.)<br />

voran. Danach geht er auf die Überlieferung<br />

des genannten Textes ein <strong>und</strong><br />

charakterisiert präzise den Schreiber Johannes<br />

Höchstetter. Die vergleichende<br />

Darstellung der schwäbischen <strong>und</strong> der<br />

bairischen Schreibsprache weist über<br />

den Titel des Aufsatzes hinaus.<br />

Die letzten beiden Beiträge befassen<br />

sich mit Firmen- bzw. Markennamen:<br />

Mit der Überschrift „Mercedes: Vorname<br />

– Markenname – Prestigewort. Firmennamen<br />

in Baden-Württemberg im Spiegel<br />

der Publizistik“ (241–251) umreißt<br />

Gerhard Koß sein Thema, das sich auch<br />

auf andere klangvolle Namen wie Benz,<br />

Daimler oder Porsche ausweitet <strong>und</strong> die<br />

jüngsten Entwicklungen in der Besitzgeschichte<br />

der Autohäuser berücksichtigt.<br />

Der letzte Beitrag „Der Markenname<br />

UHU im Kontext der Vogelarten-<br />

Namen bei Büro- <strong>und</strong> Schreibwaren“<br />

(253–263) von Sandra Reimann ist eine<br />

detaillierte Analyse zu Namenwahl <strong>und</strong><br />

-vergabe im Bereich der Schreibwaren:<br />

Die Branche orientiert sich weitgehend<br />

an der erfolgreichen Pioniermarke Pelikan.<br />

Die Untersuchung führt eindrucksvoll<br />

die bekannte Nachbenennungsmotivik<br />

im Bereich der Marken- <strong>und</strong> Produktnamen<br />

vor Augen.<br />

Die Gedenkschrift für Lutz Reichardt<br />

zeigt damit zweierlei: Zum einen<br />

werden in beinahe allen Beiträgen Bezüge<br />

zu Reichardts Publikationen fassbar,<br />

die als Ausgangspunkt, Anregung<br />

oder Teil der Studien dienen <strong>und</strong> so<br />

anschaulich seine enorme Forschungsleistung<br />

auf dem Gebiet der Onomastik<br />

Baden-Württembergs <strong>und</strong> weit darüber<br />

hinaus demonstrieren. Zum zweiten erlauben<br />

die in dem Band beschriebenen


420 <strong>Rezensionen</strong> <strong>und</strong> <strong>Neuerscheinungen</strong><br />

Forschungen einen vorsichtig optimistischen<br />

Blick in die Zukunft der badenwürttembergischen<br />

Namenk<strong>und</strong>e.<br />

Den Herausgebern ist für die Zusammenstellung<br />

des abwechslungsreichen<br />

Bandes zu danken, der Einblick in verschiedenste<br />

Aspekte der Onomastik<br />

bietet <strong>und</strong> nicht nur für Forschungen<br />

im Bereich Baden-Württemberg unumgänglich<br />

ist, da viele gr<strong>und</strong>legende<br />

Überlegungen auf andere Gebiete<br />

übertragbar sind. Der Band hilft, dem<br />

verstorbenen Lutz Reichardt ein ehrenvolles<br />

Gedächtnis zu bewahren – so wie<br />

er auch durch seine eigenen Forschungen<br />

in Erinnerung bleiben wird. Zusammenfassend<br />

bleibt zu konstatieren: „Die<br />

Arbeiten Lutz Reichardts haben den<br />

Gr<strong>und</strong> gelegt, der neue Forschungen<br />

zur südwestdeutschen Namenwelt erst<br />

möglich macht“ (23).<br />

Sabina Buchner, Regensburg<br />

Namen des Frühmittelalters als sprachliche<br />

Zeugnisse <strong>und</strong> als Geschichtsquellen.<br />

Hrsg. von Albrecht Greule<br />

<strong>und</strong> Matthias Springer. Berlin, New<br />

York: Walter de Gruyter 2009, VII + 277<br />

S. (= Ergänzungsbände zum Reallexikon<br />

für Germanische Altertumsk<strong>und</strong>e, hrsg.<br />

von Heinrich Beck, Dieter Geuenich,<br />

Heiko Steuer, Band 66).<br />

Mit dem vorliegenden Band wird eine<br />

internationale Tagung aus dem Jahr<br />

2007 an der Universität Magdeburg mit<br />

ihren Ergebnissen geboten. Die Herausgeber,<br />

der germanistische Sprachhistoriker<br />

Albrecht Greule (Regensburg)<br />

<strong>und</strong> der Mittelalterhistoriker Matthias<br />

Springer (Magdeburg), vermerken<br />

im Vorwort dazu: „Die Veranstaltung<br />

vereinte Teilnehmer aus sieben europäischen<br />

Ländern. Sie fügte sich in die<br />

jahrelange Arbeit der Forschergruppe<br />

„Nomen et gens“ ein“ (S. VII). Der Verlag<br />

setzt damit die für die Onomastik<br />

wertvolle Publikationsreihe fort, in der<br />

auch als Band 63 „Die Frühzeit der Thüringer“<br />

als Tagungsprodukt erschienen<br />

ist. 1<br />

Insgesamt kommen in dem Band 18<br />

Autoren in 14 Beiträgen zu Wort. Die<br />

Ausführungen sind getragen von einer<br />

breiten Interdisziplinarität innerhalb<br />

der Philologien wie auch der Historischen<br />

Wissenschaften. Leider ist dem<br />

Werk kein spezielles Verfasserverzeichnis<br />

beigeben, das etwas Auskunft zu<br />

den jeweiligen Arbeitsgebieten geben<br />

könnte. Nur im Eröffnungsvortrag von<br />

M. Springer finden sich dazu einige<br />

Angaben <strong>und</strong> Aufschlüsse. Mit den<br />

europaweit gespannten Einzelthemen<br />

werden Gewässernamen (GewN), ON,<br />

GauN <strong>und</strong> PN erfasst. Das Spektrum<br />

reicht dabei von Skandinavien bis Nordafrika<br />

<strong>und</strong> von England bis ins südöstliche<br />

Mitteleuropa.<br />

In der Rolle des Hausherrn eröffnet<br />

Matthias Springer mit dem so gehalte-<br />

1 Vgl. dazu die Rezension von Hans Walther in<br />

Namenk<strong>und</strong>liche Informationen 95/96 (2009)<br />

281–284.

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