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GL 6/2004 - der Lorber-Gesellschaft eV

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<strong>GL</strong> 6/<strong>2004</strong> Die erste Gabe 61war ihr Gesicht. Aus den Falten ihres Gewandes aber strömte solcheGrabeskälte, dass Maria sich erschrocken über ihr Kind neigte, um es zuschützen, denn Angst befiel sie ob <strong>der</strong> unheimlichen Erscheinung und <strong>der</strong>Totenstille, die sie umgab. Nichts war zu hören, als das Rascheln desStrohs und <strong>der</strong> ruhige Atem von Ochs und Esel.Langsam kam die Alte näher und näher, langsam hob sie den Kopf undblickte Maria an mit Augen voller Trauer und Verzweiflung, dass es <strong>der</strong>Gottesmutter ans Herz griff. Da schwand alle Furcht von ihr, dennvertraut waren ihr diese Augen, weit zurück ins Vergangene führte siedieser Blick. Sie fühlte ein Band sich schlingen um die Frau, um sich, umdas Kind - konnte nicht begreifen, wes Band es war, noch wer esgeschlungen, und in ihrer Verwirrung bat sie die Fremde zu bleiben.Schlurfend schob sich die Alte zur Krippe, mühsam bog sie das Knie,dann zog sie etwas aus <strong>der</strong> Weite ihres Kleides, etwas, das sie wie einKleinod barg - und da sie die Hand öffnete, sah Maria, dass es ein Apfelwar. Ein Apfel, welk, voller Runzeln, und nicht einmal vollständig - esfehlte ein Stück. Geneigten Hauptes reichte die Greisin die Frucht demKind, und <strong>der</strong> Knabe griff freudig danach.Kaum aber hatte er den Apfel berührt, stieg ein Leuchten aus seinenkleinen Händen auf und erfüllte den ganzen Raum. Himmlische Musikerklang und unter dem Jubel <strong>der</strong> Engelchöre, die lobsangen dem Sieg <strong>der</strong>Liebe über die Qual <strong>der</strong> Schuld, erhob sich das Weib, Glück strahlte ausihren Augen und in jugendlicher Anmut schritt sie aus dem Stall als eineGesegnete.Da erkannte Maria, dass es Eva gewesen, die Gestrauchelte, dieSün<strong>der</strong>in und doch die Urmutter <strong>der</strong> Menschheit, die Schwester allerFrauen, die nun gelöst hinüberging in die Welt <strong>der</strong> seligen Geister,heimgekehrt zu dem, <strong>der</strong> sie geschaffen. Der Apfel aber, die erste Gabe,lag rund, unversehrt und sonnengolden in den Händen des göttlichenKindes.Manch alter Meister wusste um das Geheimnis und hat das Christkindgemalt im Schoß <strong>der</strong> Mutter, die Händchen feierlich geschlossen um einengoldenen Apfel, als ewiges Zeichen des neuen Bundes.„Vergib deinen Brü<strong>der</strong>n, wenn sie auch noch so arg an dirgehandelt hätten, so werde auch Ich dir deine Torheitvergeben und dich heilen zum ewigen Leben!“[Haushaltung Gottes Bd. 1, Kap. 1734,12]

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