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re_report 4/05 - Residenz am Dom

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12<br />

IM GESPRÄCH<br />

Bewegt sein – mit Sinn!<br />

Interview mit Dr. Günter Schmale<br />

Wer um jeden P<strong>re</strong>is fit sein will, schadet oft seiner Gesundheit,<br />

behauptet Dr. Günter Schmale, Apotheker, Allgemeinmediziner<br />

und Spezialist für Naturheilverfah<strong>re</strong>n in Köln. Er setzt dagegen:<br />

Wenn Bewegung F<strong>re</strong>ude macht, ist sie auch sinnvoll.<br />

?<br />

RESIDENZ-Report: Sie stehen der<br />

Fitnessbewegung kritisch gegenüber.<br />

Warum?<br />

Dr. Günter Schmale: Weil Fitness und<br />

Gesundheit zwei unterschiedliche Dinge<br />

sind. Fitness geht oft zu Lasten der<br />

Gesundheit. Die F<strong>re</strong>izeitindustrie <strong>re</strong>det<br />

uns ein, dass Sport zwangsläufig zu<br />

Gesundheit füh<strong>re</strong>. Dies ist ih<strong>re</strong> Marketingstrategie<br />

– offensichtlich eine sehr<br />

erfolg<strong>re</strong>iche. Wenn ich mir anschaue, wie<br />

verbissen die Menschen durch den Wald<br />

joggen oder walken, kann ich nur den<br />

Kopf schütteln. Warum genießen die<br />

Menschen nicht lieber die Natur, statt<br />

ih<strong>re</strong> Gelenke zu ruinie<strong>re</strong>n?<br />

?<br />

RESIDENZ-Report: Aber gerade<br />

Nordic Walking soll doch eine besonders<br />

gelenkschonende Sportart sein.<br />

Dr. Günter Schmale: Wenn demnächst<br />

jeder Bürger zwei Nordic-Walking-Gehstützen<br />

besitzt, wird meiner Meinung nach<br />

die Er<strong>re</strong>gungsindustrie, wie der Philosoph<br />

Peter Sloterdijk die Medien nennt, als neueste<br />

Erkenntnis publizie<strong>re</strong>n, dass Nordic<br />

Walking nicht gelenkschonend ist und sich<br />

die hochkarätigen Sportwissenschaftler<br />

geirrt haben. Gleichzeitig werden sie etwas<br />

sensationell Neues präsentie<strong>re</strong>n …<br />

?<br />

RESIDENZ-Report: Wie muss Bewegung<br />

für Sie aussehen, wenn sie<br />

der Gesundheit dienen soll?<br />

Dr. Günter Schmale: Wenn sie von<br />

Körper, Geist und Seele befürwortet wird,<br />

dient sie der Ganzheit und d<strong>am</strong>it der<br />

Gesundheit. Den Körper z. B. zu einem<br />

Marathon zu quälen, empfinde ich als<br />

geist- und seelenlos. Ich möchte er<strong>re</strong>ichen,<br />

dass Bewegung wieder altersge<strong>re</strong>cht<br />

und sinnvoll ist. Das ist beispielsweise<br />

der Fall, wenn ich meine Einkäufe<br />

zu Fuß erledige oder die T<strong>re</strong>ppen zu meiner<br />

Wohnung hochsteige.<br />

?<br />

RESIDENZ-Report: Ein kluger Kopf<br />

hat mal gesagt, es komme nicht nur<br />

darauf an, dem Leben Jah<strong>re</strong> zu geben,<br />

sondern auch den Jah<strong>re</strong>n Leben zu<br />

geben. Welchen Stellenwert hat der<br />

D<strong>re</strong>iklang aus Körper, Geist und Seele<br />

unter diesem Aspekt?<br />

Dr. Günter Schmale: Mit zunehmendem<br />

Alter verschieben sich die Prioritäten.<br />

Wir nehmen langs<strong>am</strong> Abschied vom<br />

Körperlichen – Sexualität, Bewegung und<br />

auch ein jugendliches Aussehen verlie<strong>re</strong>n<br />

an Bedeutung. Stattdessen vermögen<br />

Geist und Seele stärker in den Vordergrund<br />

zu t<strong>re</strong>ten. Deshalb bin ich strikt<br />

dagegen, Menschen etwas aufzwingen<br />

zu wollen, was nicht ih<strong>re</strong>m Lebensabschnitt<br />

entspricht. Würde, Erfahrung und<br />

Weisheit charakterisie<strong>re</strong>n das Alter. Leider<br />

spielen diese Werte in unse<strong>re</strong>r Gesellschaft<br />

eine eher untergeordnete Rolle.<br />

?<br />

RESIDENZ-Report: Demnach beg<strong>re</strong>ifen<br />

Sie den demografischen<br />

Wandel als Chance?<br />

Dr. Günter Schmale: Unbedingt! Der<br />

Jugendwahn wird ein Ende haben. Durch<br />

den demografischen Wandel werden wir<br />

gezwungen sein, älte<strong>re</strong> Menschen wieder<br />

in Gesellschaft, Politik und Arbeitswelt<br />

einzubinden, weil die Jungen die anstehenden<br />

Aufgaben nicht mehr alleine<br />

bewältigen können. Dann erfah<strong>re</strong>n die<br />

Älte<strong>re</strong>n endlich die Wertschätzung, die<br />

ihnen zusteht. Wer die Möglichkeit erhält,<br />

eine sinnvolle Aufgabe zu verfolgen, ist<br />

sicherlich motiviert, gesund zu bleiben.<br />

Und d<strong>am</strong>it komme ich wieder auf den<br />

Sport zurück: Wenn jemand geistig und<br />

sozial engagiert ist, drückt sich das seelisch<br />

in Begeisterung aus und er kommt<br />

auch körperlich in Bewegung. Denken Sie<br />

an einen mit<strong>re</strong>ißenden Vortragenden, der<br />

mit Händen und Füßen <strong>re</strong>det. In diesem<br />

Sinne befürworte ich Bewegung.

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