M.A. Thesis - senior street art

Blick hoch auf Fassade, Oranienstrasse, Kreuzberg, August 005
Verortungen
Zu meiner Orientierung will ich versuchen, das Projekt senior street art
in Beziehung zum Begriff der Partizipation, der Kunst im öffentlichen
Interesse und der Öffentlichkeit zu bringen. Der gegenwärtigen
Diskussion um Graffiti gehe ich anhand eines aktuellen Beispiels aus
der Medienöffentlichkeit nach.
Zwischen partizipatorischen Kunstpraxen
Ich wählte das Format des Workshops, um herauszufinden, was Graffiti
sprühen und ähnliche Praxen älteren Menschen bringen könnten. Dafür
brauchte ich ihre Partizipation, im Gegenzug gab ich die Möglichkeit,
etwas Neues auszuprobieren und spielerisch zu erlernen, das war der
Deal. Es gab meinerseits noch Intentionen, die ich zwar manchmal offen
aussprach, aber nicht aggressiv verfolgte: Ich wollte ältere Menschen auf
„dumme“ Gedanken bringen, sie anstiften zum zivilen Ungehorsam. Ich
wollte sie auf Möglichkeiten hinweisen, wie sie illegal Aufmerksamkeit
auf sich und ihre Themen lenken könnten und sich damit direkt und
auf eigene Verantwortung an der Gestaltung des öffentlichen Raumes
beteiligen, dass heißt partizipieren könnten.
Der Kunstkritiker Christian Kravagna grenzt den Begriff der Partizipation
in der Kunst ab von Interaktivität (als dem Zulassen von einen oder
mehreren Reaktionen) und vom kollektiven Handeln (in dem es keine
Unterschiede im Status der Handelnden gibt) 6 . In der Partizipation gibt
es einerseits einen erkennbaren Unterschied zwischen Produzierenden
und Rezipienten, und es wird letzteren ein wesentlicher Anteil am Verlauf
bzw. schon der Konzeption der Arbeit eingeräumt. Historisch sieht er
6
Kravagna, Christian: Arbeit an der Gemeinschaft Modelle partizipatorischer Praxis, in
„Die Kunst des Öffentlichen“, Hrsg. Marius Babias, Achim Könnecke, Verlag der Kunst,
Dresden, 998