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Sparkasse Schopfheim-Zell - Freie Waldorfschule Schopfheim

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30 l Aus dem Umkreis 31 l Aus den Kindergärten<br />

Bericht zur Integrationstagung an der evangelischen Akademie Bad Boll<br />

Erst wenn auch „Nichtbehinderte“ in der<br />

vollständigen Einbeziehung von Menschen<br />

mit Behinderung eine für sie selbst erstrebenswerte<br />

Normalität erkennen und nicht<br />

einen altruistischen, karitativen Akt, ist<br />

ein Paradigmenwechsel vollzogen, der<br />

eine Befreiung von entfremdenden<br />

„Normalitäten“ auch als Befreiung erleben<br />

lässt. (Sabine Knauer)<br />

Seit mehreren Jahren werden auch an<br />

einigen Regelschulen in Baden-Württemberg<br />

Versuche mit der Integration von<br />

Kindern mit besonderem Förderbedarf<br />

gemacht. Um den Austausch über die<br />

Erfahrungen zu ermöglichen veranstaltete<br />

die ev. Akademie in Bad Boll im Mai 03<br />

eine Tagung zu dem Thema „Gemeinsamer<br />

Unterricht ; mit dem Willen zum<br />

Erfolg – ein streitbares Thema gemeinsam<br />

lösen“. Hierbei sollten sich Eltern,<br />

Lehrer und Vertreter der Schulbehörden<br />

gemeinsam mit diesen Thema auseinandersetzen.<br />

Dabei ging es v.a. um organisatorische<br />

und rechtliche Fragen, es gab<br />

aber auch mehrere interessante Vorträge<br />

mit sehr grundlegendem Inhalt.<br />

Besonders drei Vorträge, die auch einen<br />

Bezug zur Waldorfpädagogik haben,<br />

möchte ich hier kurz zusammenfassen:<br />

Frau Dr. Knauer, Lehrbeauftragte der FU<br />

Berlin, sprach zu den Grundlagen und der<br />

Ethik der Integrationspädagogik, ein<br />

Übergangsbegriff, der seine Selbstüberwindung<br />

in Form einer Reintegration von<br />

Regel- und Sonderpädagogik zu einer<br />

„Allgemeinen Pädagogik“ anstrebt. Sie<br />

will eine Brücke sein zwischen partikularen<br />

Pädagogiken und einer künftigen<br />

allgemeinen, inklusiven Pädagogik.<br />

Aus Sicht der integrationspädagogischen<br />

Anthropologie steht nicht die Behinderung<br />

eines Menschen im Vordergrund,<br />

sondern der jeweilige Mensch - mit oder<br />

ohne "Behinderung" in seiner Ganzheit.<br />

Eine Behinderung im medizinischen<br />

Sinne wird pädagogisch nicht als Behinderung<br />

betrachtet.<br />

In einer immer komplexer werdenden<br />

Welt der Postmoderne wird es zur Überlebensfrage<br />

werden, ob es gelingt eine<br />

Ethik der Heterogenität zu entwickeln,<br />

die Unterschiede thematisiert und in<br />

Gleichberechtigung dialektisch aufhebt.<br />

BRAUN wirft der Pädagogik vor, sich<br />

vor ihrem eigentlichen Gegenstand, der<br />

unteilbaren und komplexen Ganzheit des<br />

Menschen zu drücken: “Die Frage nach<br />

der Existenz des Menschen und ihrer<br />

immer neuen Explikation ist daher nichts<br />

für diejenigen, die ein für alle Mal wissen<br />

wollen, wo sie dran sind; sie ist keine<br />

starre Formel, die man einmal beantwortet<br />

und dann „besitzt“, sie ist vielmehr<br />

eine ständige Anfrage an das Sein, der<br />

man zwar ausweichen, ihr aber dennoch<br />

nicht entgehen kann. Die Sinnkrise der<br />

Gegenwart zeigt das deutlich.... Die<br />

gegenwärtige Pädagogik hat darauf keine<br />

Antwort, darum ist sie nicht mehr<br />

gefragt. Sie hat sich vom Humanismus<br />

der Human- und Sozialwissenschaften<br />

überrumpeln lassen und dabei das<br />

Humane verloren.“<br />

Die Integrationpädagogik will eine Normalität<br />

in der Vielfalt. Das Vorliegen<br />

einer „Behinderung“ im medizinischen<br />

Sinne hat mit schulischer Integration nur<br />

so viel zu tun, als die Betroffenen bislang<br />

weitgehend vom Regelunterricht ausgeschlossen<br />

waren; die Frage von Aussonderung<br />

und Einbeziehung stellt sich in<br />

der Schule auch ohne diese spezielle<br />

Problematik. In Klassen mit separierender<br />

Sozialdynamik werden Mitschüler für<br />

„blöde“ und „behindert“ erklärt, stigmatisiert<br />

und ausgegrenzt, z.B. weil sie die<br />

falschen Turnschuhe tragen. Wer aber<br />

wollte Kindern und Jugendlichen, die<br />

selbst einer Aussonderung ausgeliefert<br />

sind, die psychische Kraft abverlangen,<br />

sich Schwächeren und Benachteiligten<br />

gegenüber tolerant und verständlich zu<br />

verhalten?<br />

Gehen wir einen Schritt weiter: die ganz<br />

alltägliche Schulpraxis mit Zensuren und<br />

Zeugnissen – nicht selten auch als Disziplinierungsmittel<br />

gebraucht – erzeugt<br />

Anpassungsdruck, Angst vor Aussonderung<br />

und Konkurrenz. Integration kann<br />

nur dann in Inklusion münden, wenn von<br />

den Schülern die Bedrohung des Verstoßens<br />

aus ihrem sozialem Umfeld genommen<br />

wird, wenn Lernergebnisse im<br />

lernzieltechnischen Sinne nicht mehr zum<br />

Maßstab für Verbleib oder Verlassen der<br />

Klasse herangezogen werden.<br />

In keinem anderen europäischen Land<br />

werden Schüler so früh und mit vergleichbar<br />

dramatischen Folgen kontrolliert,<br />

klassifiziert und kategorisiert.<br />

Prof. em. Dr. Kautter (PH Reutlingen) hat<br />

über die Notwendigkeit und die Gefahr<br />

von Diagnosen gesprochen.<br />

Diagnosen von speziellen Beeinträchtigungen<br />

sind als Ausgangsmaterial<br />

für den Unterricht notwendig und<br />

wichtig, wenn anerkannt wird, dass es<br />

sich um einen Zustandsbericht ohne<br />

langfristige Prognosen handelt, und<br />

wenn bei der Erstellung der Diagnose<br />

mit Liebe und ohne den Glaube an<br />

Objektivität vorgegangen wird.<br />

Die Diagnose darf sich aber nicht in den<br />

Dienst der pädagogischen Ausleseentscheidungen<br />

stellen lassen.<br />

Die Feststellung sonderpädagogischen<br />

Förderbedarfes, die (auch rechtlich)<br />

Grundlage für eine Integration ist, hält<br />

weiterhin am Alltag der Anderstartigkeit<br />

fest. Es darf, laut Herr Kautter, nicht so<br />

weit kommen, dass zu den bisherigen<br />

Kategorisierungen noch die der integrierbaren<br />

bzw. nicht integrierbaren Kinder<br />

kommt. Pädagogische Diagnostik wäre<br />

als Steuerungsmittel für Schulprozesse<br />

für alle Kinder wichtig, um ein individualisiertes<br />

Lernangebot realisieren zu<br />

können, aber nicht um zu bewerten.<br />

Nachdem zwei Tage über die rechtlichen<br />

und ideologischen Beschränkungen der<br />

Integration in Deutschland und v.a. in<br />

Baden-Württemberg diskutiert wurde,<br />

hielt Frau Trotta vom „Centro Diaconale<br />

Valdese“ in Palermo einen Vortrag über<br />

Integration in Italien. Dort wurden 1971<br />

alle Sonderschulen, bis auf die Schule für<br />

seh- und hörgeschädigte Kinder abgeschafft.<br />

97,5 % der behinderten Kinder<br />

sind integriert, seh- und hörgeschädigte<br />

Kinder können auf Wunsch der Eltern auf<br />

die speziellen Schulen gehen. Nach<br />

anfänglichen Schwierigkeiten wurde<br />

inzwischen ein System entwickelt, wie<br />

man allen Schülern durch die Unterstützung<br />

durch Sonderpädagogen gerecht<br />

werden kann. Es gibt keine Diskussionen<br />

über für und wider der Integration, sie ist<br />

Normalzustand. Während des Vortrages<br />

von Frau Trotta wurde es unter den<br />

beeindruckten Zuhörern immer stiller!!<br />

Nach dieser Tagung war ich frustriert,<br />

weil die rechtliche Rahmenbedingungen<br />

für Integration einfach schlecht sind und<br />

wohl auch nicht so schnell besser<br />

werden.<br />

Mir kam aber bei den Vorträgen, in denen<br />

eine Vision für die Zukunft entwickelt<br />

wurde bzw. über deren Umsetzung in<br />

Italien, oft der Gedanke „Wie an der<br />

<strong>Waldorfschule</strong>“. Die <strong>Waldorfschule</strong>n<br />

könnten mit ihrem Menschenbild<br />

richtungsweisend sein.<br />

Beate Engeser<br />

Kindergarten Hausen<br />

Der Waldorfkindergarten <strong>Schopfheim</strong> mit<br />

seinen beiden Gruppen stellt sich seit<br />

neuestem in einer kleinen Broschüre vor.<br />

Nach einem einleitenden Vorwort und dem<br />

geschichtlichen Rückblick auf die Entstehung<br />

des „Waldorfkindergarten<br />

<strong>Schopfheim</strong> e.V.“ folgt die Vorstellung der<br />

zwei Gruppen Hausen und <strong>Schopfheim</strong>.<br />

Danach werden Tagesablauf und Wochenrhythmus<br />

beschrieben, sowie die zur Zeit<br />

tätigen Erzieherinnen kurz vorgestellt. Die<br />

Ausführungen über das Feste feiern im<br />

Jahreskreis seien nun noch im Wortlaut<br />

angefügt:<br />

Die Jahreszeiten waren die großen „Festordner“<br />

der frühen Menschheit. In unseren<br />

Breiten ist der Wechsel von Frühjahr,<br />

Sommer, Herbst und Winter deutlich erlebbar.<br />

Dies kommt unseren Jahresfesten,<br />

die mit ihrem Rhythmus verschiedene<br />

Höhepunkte im Jahr bilden, sehr entgegen.<br />

Das Verhältnis der Erde zur Sonne<br />

ändert sich rhythmisch und bestimmt den<br />

Jahreskreislauf. Wir alle erleben dies an<br />

den Veränderungen der Lichtverhältnisse<br />

und dem dadurch beding ten Wandel der<br />

Natur unserer Erde.<br />

Die Feste korrespondieren mit den<br />

Jahreszeiten und zeigen die natürlichen<br />

Entwicklungen auf. Das Osterfest passt<br />

zur sich entfaltenden Frühlingsnatur,<br />

Michaeli zum Verwelken und Absterben<br />

der Natur im Herbst, Weihnachten liegt<br />

im Win terdunkel und Johanni bildet das<br />

Tor zur lichten Sommerzeit.<br />

Aber auch die anderen Feste im Jahreslauf<br />

verfügen über eigene Qualitäten: Im<br />

Herbst findet das Laternen fest statt, bei<br />

dem die Kinder stolz ihre im Kindergarten<br />

gebastelten Laternen zei gen. Zum<br />

Eintauchen in die vorweihnachtliche<br />

Stimmung bietet das Adventsgärtlein Geegenheit,<br />

bei dem die Eltern die feier liche<br />

Stimmung mit Liedern unterstreichen.<br />

Das Christ-Geburtsspiel vor Weihnachten<br />

hinterlässt bei den Kindern einen hoffnungsvollen<br />

Eindruck. Sie nehmen diese<br />

Stimmung mit in die Weihnachtsferienzeit.<br />

Ein aufregendes Ereignis für die<br />

Kinder im neuen Jahr ist das zur<br />

Fasnachts zeit stattfindende Handwerkerfest<br />

für die Kinder in Hausen und das<br />

Zirkusfest in <strong>Schopfheim</strong>.<br />

Das Mitgestalten, Mitwirken und Helfen<br />

bei den verschiede nen feierlichen Anlässen<br />

im Kindergarten ist auch für die<br />

Eltern ein bleibendes Erlebnis.<br />

Heute werden Feste nicht mehr so selbstverständlich<br />

gefeiert wie in früheren<br />

Zeiten. Früher hingegen lebten die Menschen<br />

intensiver mit der Natur und ihren<br />

Gesetzen, was uns die vie len überlieferten<br />

Sitten und Gebräuche zeigen. So<br />

brachten die Feste Farbe, Abwechslung<br />

und innere Bereicherung in manch karges<br />

Leben.<br />

Die wiederkehrenden Feste stärkten das<br />

Erleben der Zeit und übernahmen die<br />

Funktion eines Kalenders. Der heutige<br />

Mensch braucht in seiner technisierten<br />

Welt ein viel genaueres „Zeit empfinden“,<br />

das ihm durch Uhren, Kalender und<br />

Medien ermög licht wird. Manch innere<br />

Uhr wird durch eine äußere ersetzt.<br />

Durch die Verstädterung, Industrialisierung<br />

und Technisie rung sind die Pflege<br />

des Gemeinschaftsleben, viele Sitten und<br />

Bräuche verloren gegan gen. Auf dem<br />

Lande ging dieser Prozess etwas langsamer<br />

von statten.<br />

Oft müssen die Feste heute bewusst neu<br />

belebt werden und es bedarf einer inneren<br />

Auseinandersetzung, um einer Veräußerlichung<br />

in einer materialistischen Zeit zu<br />

entkommen.<br />

Farbe und Abwechslung können Feste<br />

auch heute noch ins All tagsleben bringen.<br />

Sie lassen uns auf Erlebtes zurückschauen,<br />

und auch auf etwas vorausblicken.<br />

Die Vorfreude kann helfen z.B.<br />

eine schwierige Zeit zu überbrücken.<br />

Feste können, auch als geistiger Pol, Sinn<br />

für das Leben geben. So wie die Mahlzeiten<br />

Nahrung für den Leib sind, so sind<br />

Jah resfeste Nahrung für die Seele.<br />

Die Seele des Kindes lässt sich von<br />

seiner Grundstimmung mit der sommerlichen<br />

Hingabe an die Welt vergleichen.<br />

Das Kind lebt in den Gedanken und<br />

Empfindungen der Umgebung. Der<br />

Erwachsene kann durch sein Vorbild eine<br />

Beziehung zum natürlichen Jahreskreis-<br />

lauf und den Festen schaffen. Die Offenheit<br />

und Hingabefähigkeit bringt das<br />

Kind mit, es bedarf der Aufmerksamkeit<br />

des Erwachsenen diese zu pfle gen.<br />

Was ist dem Kind nach wesensgemäß? Es<br />

sind die intensiven Sinneswahrnehmungen,<br />

die ein Kind mit dem Fest verbindet.<br />

Die Sinne sind die Tore zur Welt. So<br />

sollen die Feste auch der Sinnesfreude<br />

dienen.<br />

Das Kindergartenkind lebt in der Nachah<br />

mung und im Tun. Es lernt die Welt<br />

über sein Handeln zu verstehen und nicht<br />

über das Bewusstsein. So ist es für die<br />

Kinder am schönsten, wenn sie an den<br />

Vorberei tungen teilhaben dürfen (Willenschulung<br />

durch das Mittun). Kinder leben<br />

mit Bildern, die sich bis ins Erwachsenenalter<br />

tief einprägen, Erinnerungen, die<br />

uns ein Leben lang erhalten bleiben.<br />

Das Miterleben des Jahreslaufes ist ein<br />

wesentlicher Bestandteil unseres Kindergartenalltags,<br />

es ist wie ein Reigen, der<br />

durch das ganze Jahr tanzt!<br />

Es sind die kleinen Dinge<br />

die uns brauchen<br />

denn wir hauchen<br />

alle Lebensringe in sie ein<br />

drum ergreife sie<br />

meine Hände<br />

voller Liebe<br />

so als bleibe<br />

ohne Euch am Ende<br />

jedes Ding allein.<br />

Karlfried Graf Dürckheim (1896-1988)<br />

Iris Trefzer, Kindergärtnerin in Hausen<br />

Die Broschüre ist bei Thomas Peither 07622-<br />

6668686 oder tpeither@gmp-verlag.de erhältlich.

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