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innenpolitik · November 2011

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www.bmi.bund.de<strong>innenpolitik</strong>ISSN 0179-4108Informationen des Bundesministeriums des Innern | <strong>November</strong> <strong>2011</strong>THW UND EHRENAMTIm Einsatzfür die Gesellschaft


THW UND EHRENAMTDIE „BLAUEN ENGEL“ 4IM AUSLANDSEINSATZ 16UNWETTER, ÜBERSCHWEMMUNGEN, WINTERDIENSTJeder Handgriff sitztIn Deutschland verursachen Unwetter jedes Jahr Schäden in Milliardenhöhe. Polizei,Feuer wehr und Rettungsdienste sind bei extremen Wetterverhältnissen im Dauer einsatz.Fast immer vor Ort dabei: die Ehrenamtlichen des Technischen Hilfswerks (THW).ImpressumHerausgeber:Bundesministerium des InnernAlt-Moabit 101 D10559 BerlinGesamtkoordination:Referat G I 6 (BMI)Redaktion, Gestaltung, Produktion:MEDIA CONSULTA Deutschland GmbHWassergasse 3, 10179 Berlin<strong>innenpolitik</strong>@media-consulta.comRedaktion: Petra Grampe (pg),Sebastian Lambeck (sel), Tim Schnabel (ts);Maik Baumgärtner (freier Autor, mbg),Sandra Ketterer (freie Autorin, sk)Gestaltung: Sylvia Bahr, Claudia SteckelLektorat: André BundeProduktion: René HanhardtBildnachweis:BMI (S. 10, 11, 19), THW (S. 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 12,13, 14, 16, 17, 18), Arndt Bertelsmann (S. 15),Verena Bommes (S. 20), Gemeinde Fürth (S. 19)Druck:Silber Druck oHG, NiestetalAuflage:43.000 ExemplareErscheinungsweise:bis zu 6 Ausgaben pro JahrVertrieb:Die <strong>innenpolitik</strong> wird kostenfrei geliefert.Bestellungen und Adressänderungen bitte an:Publikationsversand der Bundes regierungPostfach 48 10 09, 18132 Rostockpublikationen@bundesregierung.deArtikelnummer:BMI11021InhaltEHRENAMTLICHES ENGAGEMENT IM BEVÖLKERUNGSSCHUTZDie „Blauen Engel“ des THW 4WERBEN UM MITGLIEDERMit neuen Konzepten zum Erfolg 8JUGENDARBEIT IM THWSpielend helfen lernen 9EHRENAMT FÖRDERN„Geübte Kräfte behalten im Chaos einen kühlen Kopf“ 10BASISARBEIT VOR ORTHelfen als Passion 12AUSBILDUNG BEIM THWZum beiderseitigen Nutzen 14EHRENAMT UND BERUFPositiv für Work-Life-Balance 15IM AUSLANDSEINSATZVon Deutschland aus in die Welt – das THW 16KURZ NOTIERT 18EINE HELFERIN BERICHTET„Es macht einfach riesigen Spaß“ 20Rückblick: Anfang September hattenin Bayern, Hessen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Brandenburgund im Saarland Tornados, Regenund Hagel weite Teile der Länderverwüstet und schwere Schädenhinterlassen. Durch das THW wurdenFlussufer mit Sandsäcken gesichert,umgestürzte Bäume be -seitigt und vollgelaufene Kellerab gepumpt. Nicht nur die Arbeit derFreiwilligen war während der Einsätzegefragt, sondern auch schweresGerät. So ermöglichten die Lichtanlagendes THW den Hilfskräften,die ganze Nacht durchzuarbeiten.Mehr als 300 Aktive aus verschiedenenLandesverbänden und mehrals 20 Ortsverbänden waren imEinsatz. Um den reibungslosen Ablaufund die vielfältigen Einsätzebewerkstelligen zu können, bündeltdas THW sein Personal sowie seineFahrzeuge und Geräte in unterschiedlichenEinheiten.Ortswechsel: Auch bei einem starkenSommergewitter, das sich überder Gemeinde Veldenz (Rheinland-Pfalz) entlud, war die Hilfe desTHW dieses Jahr gefragt. HühnereigroßeHagelkörner und Platzregenhatten den kleinen Ort mitseinen 300 Häusern in ein Katastrophengebietverwandelt. KeinGebäude blieb von dem Unwetterverschont, fast alle Dächer warenbeschädigt worden.Große BandbreiteZwei Tage war der THW-OrtsverbandWittlich im Einsatz und erhieltdabei Unterstützung aus den THW-Ortsverbänden Bitburg und Daun/Vulkaneifel. Im Akkord wurdenDächer abgedichtet und die Gebäudegesichert. Vielfach drohtenDächer einzustürzen. Dies konntedurch Sicherungsmaßnahmen derTHWler verhindert werden. Damitim Einsatz jeder Handgriff sitzt,werden solche Einsturzszenarienund entsprechende Gegenmaßnahmenregelmäßig geprobt.Vielerorts blicken die Frauen undMänner des THW jetzt schon auf diekommende kalte Jahreszeit undhaben dabei die harte Wintersaison2010/<strong>2011</strong> vor Augen. Schnee, Eisund Kälte hatten Deutschland festim Griff, und die THW-Kräfte warenbundesweit im Dauereinsatz. Dabeibefreiten sie überlastete Dächer vonSchneemassen, räumten vereisteStraßen, versorgten liegengebliebeneAutofahrer und Passagiere infestsitzenden Zügen. Die Bandbreiteder möglichen Leistungen des THWist groß. Die Technik, das Know-howund die unermüdliche Arbeit derEhrenamtlichen sind eine wichtigeStütze bei Hilfseinsätzen – nicht nurim Inland. Was dieser Winter anHerausforderungen bringt, bleibtabzuwarten.(mbg)2 INNENPOLITIK | NOVEMBER <strong>2011</strong>NOVEMBER <strong>2011</strong> | INNENPOLITIK3


Im In- un Ausland sind die ehrenamtlichen Helferinnen undHelfer des THW für den Schutz der Bevölkerung im Einsatz.THW UND EHRENAMTEHRENAMTLICHES ENGAGEMENT IM BEVÖLKERUNGSSCHUTZDie „Blauen Engel“des THWHilfe in Krisensituationen und Dienst für die Gesellschaft leisten die rund 80.000 ehrenamtlichenHelferinnen und Helfer des THW. Und dies seit dem nunmehr 61-jährigen Bestehen derBundesanstalt. Der Zivilschutz und die Katastrophenhilfe des Bundes würden ohne sie nichtfunktionieren. Im In- und Ausland erfüllen sie verschiedenste Aufgaben.Sommer <strong>2011</strong>: Bilder von hungerndenKindern und staubtrockenenWeiten schrecken Deutschland undandere wohlhabende Nationen auf.Etwa zwölf Millionen Menschenam Horn von Afrika sind vom Hungertodbedroht. Flüchtlingscampsan der Grenze zu Somalia sind überfüllt.Die Bundesregierung entsendetzunächst fünf Experten desTHW, um Möglichkeiten für wei tereCamps zu prüfen – in Zusammenarbeitmit anderen Helfern der VereintenNationen. Wenige Wo chenspäter fliegt erneut ein Team nachÄthiopien, um dort unter anderemdie Sanitärversorgung in Campszu verbessern.Aber die Einsatzkräfte des THWsind bei weitem nicht nur im Auslandunterwegs. Beispiel Loveparadein Duisburg 2010: Aufgrundeiner Massenpanik starben 21 Menschen,zahlreiche wurden verletzt.Ehrenamtliche Helferinnen undHelfer des THW unterstützten beiden Bergungsarbeiten, leuchtetenEinsatzstellen großflächig aus. InHamburg richtete das THW im vergangenenDezember einen Bunkermit Strom und sanitären Anlagenals Notunterkunft für Obdachloseher, im sächsischen Plauen befreitees 17 Kilometer Straßenbahnschienenvon Eis, und im hessischenWetterau versorgte es 1.200 Menschenfünf Wochen lang mit Trinkwasser,weil ein Brunnen mikrobiologischverseucht war.Etwa 850.000 Einsatzstunden ha -ben die rund 80.000 Ehrenamtlichen– davon knapp die Hälfteaktive Einsatzkräfte – 2010 geleistet.Lediglich etwa 800 hauptamtlicheMitarbeiterinnen und Mitarbeitersind beim THW angestellt.Es besteht also zu 99 Prozent ausFreiwilligen und ist in 668 Ortsverbändenorganisiert. Die Hauptamtlichenarbeiten in den 66 Geschäftsstellen,den acht Landesverbänden,der THW-Bundesschuleund der Leitung in Bonn. Bei denOrtsverbänden sind nur Ehrenamtlichetätig.Grundlage EhrenamtDie „Blauen Engel“, wie die Helferinnenund Helfer auch genanntwerden, engagieren sich freiwilligfür den Schutz der Bevölkerung imIn- und Ausland – eine humanitäreMission. Im Gesetz über den Zivilschutzund die Katastrophenhilfedes Bundes ist das Ehrenamt alsGrundlage dieses wichtigen Ar -beitsbereiches – nicht nur für dasTHW – ausdrücklich festgehalten.Im August 1950 wurde das TechnischeHilfswerk gegründet, weil esin dieser Zeit kaum Strukturen imBevölkerungsschutz gab. Ein „zivilerOrdnungsdienst“ wurde eingerichtetund dem Bundesministeriumdes Innern unterstellt. Seit 1993ist das THW eine eigenständigeBundesoberbehörde. Die Arbeitdes THW – die größte Behörde imGeschäftsbereich des Bundesministeriumsdes Innern – finanziertder Bund <strong>2011</strong> mit fast 178 MillionenEuro.Außerdem fördert die „Bundesvereinigungder Freunde und Fördererdes THW“ dessen Arbeit. Sie vertrittdie Organisation gegenüber derPolitik, wirbt Gelder und Sachmittelfür die Arbeit des THW ein undfördert die Jugendarbeit. Die Vereinigungist der Zusammenschlussder Landesvereinigungen beziehungsweiseder örtlichen Fördervereine.Jeder THW-Ortsverbandhat zudem einen örtlichen Helferverein,in dem neben den Helferinnenund Helfern möglichst zahlreicheUnterstützer Mitglieder seinsollen, um etwa Geld für neueGe räte zu haben. Die Bundesvereinigunghat zudem 2004 eine Stiftunggegründet. Sie soll die ArbeitNOVEMBER <strong>2011</strong> | INNENPOLITIK5


THW UND EHRENAMTTHW UND EHRENAMTdes THW, der ehrenamtlichen Helferinnenund Helfer sowie der Ju -gendlichen durch finanzielle Mittelfördern, zum Beispiel spezielle Maßnahmenfür die Katastrophenhilfeim Ausland unterstützen. Im Vorstandund Kuratorium engagierensich unter anderem zahlreiche Bundestagsabgeordnete.Schneller Einsatz durcheinheitliche StrukturDie Organisation des THW ist bundeseinheitlichstrukturiert, miteinem einheitlichen OrganisationsundFührungssystem auf Bundesebene.Daher können im Ernstfallalle Einsatzkräfte sofort zusammengezogenwerden und gemeinsamarbeiten, egal in welchem Ortsverbandsie ausgebildet wurden. JederOrtsverband ist nach dem gleichenMuster organisiert: ein Ortsbeauftragterals Leiter, feste Beauftragtefür die Instandhaltung der Geräte,Ausbildung und anderes. Zudemverfügt jeder Ortsverband mindestensüber einen Technischen Zug, indem die Kräfte eingeteilt sind.Wichtig sind die Jugendgruppen.Die THW-Jugend e. V. wurde alsselbstständiger Jugendverband inden 1980er-Jahren gegründet. Fast14.700 10- bis 17-Jährige waren 2010Mitglied der THW-Jugend. Sie sollenTechnik und Solidarität spielerischkennenlernen, um genugBegeisterung für eine spätere Mitarbeitals erwachsene Helferinnenund Helfer zu entwickeln. DerNachwuchs übt Stegebau, denTransport von Verletzten oder auchdas Ausleuchten von Einsatzstellen.Darüber hinaus steht das Gemeinschaftsgefühlim Vordergrundbei ge meinsamen Spieleabendenoder Ausflügen. Bei Wettbewerbenmessen sich die Jugendgruppen aufLandes- und Bundesebene. Zumdritten Mal gab es in diesem Jahreine Jugendakademie für 40 jungeMenschen. Die 15- bis 21-Jährigenwurden in Seminaren darauf vorbereitet,in ihren eigenen JugendgruppenVerantwortung zu übernehmen.Ausbildung und stete Fortbildungspielen beim THW eine große Rolle.Erwachsene werden in zwei Stufenausgebildet. Sie nehmen an derGrundausbildung in den Ortsverbändenteil, die sie mit einer Prüfungabschließen. Anschließendfindet die Spezialisierung für dieunterschiedlichen Fachgruppenstatt oder auch für Auslandseinsätze.Das Fachwissen dafür erhaltensie an der THW-Bundesschule. ImVordergrund steht technisches Wissenwie Elektroversorgung, Trinkwasseraufbereitung,Brü cken bauund die Ausbildung für die BereicheGefahrgut oder Ölschaden. Zudemwird auf die Aus- und Weiterbildungvon Führungskräften Wertgelegt.Das THW ist eine feste Größe inder Strategie von Bund, Ländernund Kommunen zum Katastrophenschutzin Deutschland. ZumHilfeleistungssystem des Bevölkerungsschutzeszählen noch dieFeuer wehren sowie die fünf FreiwilligenorganisationenDeutschesRotes Kreuz, Arbeiter-Samariter-Bund, Deutsche Lebens-Rettungs-G esel l sc ha f t , Jo ha n n iter Un fa l l-H i l feund Malteser Hilfsdienst. Die Aufgabender Feuerwehren sind durchLändergesetze geregelt. Auch in diesenOrganisationen engagieren sichvor allem Ehrenamtliche, in den Feuerwehrensind es beispielsweise etwa1,3 Millionen. Nach Angaben desBundesamtes für Be völke rungsschutzund Katastrophenhilfe sind1,8 Millionen ehrenamtliche Helferinnenund Helfer für den Katastrophenschutzausgebildet.Werben um neueMitgliederDie Zahlen sind allerdings rückläufig.Auch wenn freiwillig undunbezahlt arbeitende Menschenfür den Schutz der Bevölkerungunerlässlich sind, engagieren sichimmer weniger ehrenamtlich indiesem Bereich. Die Gründe dafürsind vielfältig. Darunter fälltnatürlich die demografische Entwicklung.Je nach Region ist derSchwund an Nachwuchs schonjetzt deutlich zu spüren. Gegenden,aus denen viele Menschenaufgrund von Arbeitsplatzmangelfortziehen, sind ebenfalls betroffen.Hinzu kommt die Aussetzungder Wehrpflicht seit dem 1. Juli<strong>2011</strong>. Bisher ließen sich zehntausendejunger Männer vom Wehrdienstfreistellen und verpflichtetensich als Gegenleistung, fürmehrere Jahre bei einer der KatastrophenschutzorganisationenDienst zu tun.Das THW will diesem Problemdurch eine ver stärkte Ansprachebisher unterrepräsentierter Bevölkerungsgruppenbegegnen. Nuretwa neun Prozent der Ehrenamtlichensind Frauen – genauso übrigensbei den Freiwilligen Feuerwehren–, und noch weniger habeneinen Migrationshintergrund. Dasist ein grundsätzlicher Mangel. Insgesamtist nur etwa ein Prozent derMenschen mit Migrationshintergrundim BevölkerungsschutzEhrenamtliches Engagement in ZahlenHeute engagieren sich ehrenamtlich im Bevölkerungsschutz schätzungsweiseengagiert, heißt es beim Bundesamtfür Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe.Viele wissen zu wenigüber das Sys tem des Bevölkerungsschutzesin Deutschland. Neben diesenbeiden Gruppen hat das THWauch ältere Menschen im Blick. Mitspeziellen Programmen sollen auchdiejenigen zur Mitarbeit motiviertwerden, die bisher wenig erfolgreichangesprochen wurden. Damit dieHilfe im In- und Ausland weiterhinso gut funktioniert wie bisher. (sk)rund 600.000 Freiwillige bei den großen Hilfsorganisationen Arbeiter-Samariter-Bund,Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft, Deutsches Rotes Kreuz, Johanniter-Unfall-Hilfe undMalteser Hilfsdienst,circa 1,1 Millionen freiwillige Feuerwehrleute sowiegut 80.000 ehrenamtlich tätige Helferinnen und Helfer beim Technischen Hilfswerk.>> Werden auch Sie aktiv! Informationen finden Sie auf den folgenden Internetpräsenzen oder der Websiteder Freiwilligen Feuerwehr Ihrer Stadt oder Gemeinde:www.asb.de, www.dlrg.de, www.drk.de, www.johanniter.de, www.malteser.de, www.thw.de6 INNENPOLITIK | NOVEMBER <strong>2011</strong>NOVEMBER <strong>2011</strong> | INNENPOLITIK7


THW UND EHRENAMTTHW UND EHRENAMTWERBEN UM MITGLIEDERMit neuen Konzepten zum ErfolgJUGENDARBEIT IM THWSpielend helfen lernenAuch das THW rechnet mit sinkenden Mitgliederzahlen.Mit neuen Ideen sollen insbesonderebisher unterrepräsentierte Gruppenfür eine ehrenamtliche Tätigkeit gewonnenwerden. Im Fokus stehen Frauen, Seniorenund Menschen mit Migrationshintergrund.Im April dieses Jahres machten 14 Mädchen im bayerischenBad Aibling „blau“. Statt in die Schule zu gehen,zogen sie robuste blaue Jacken an, sägten Holz undbearbeiteten mit einem Bohrhammer Gestein. Die13- bis 16-Jährigen hatten sich für den Girls’ Day beimOrtsverband des Technischen Hilfswerks angemeldet.Sie waren nicht die Einzigen. Seit Jahren nehmenviele Ortsverbände an dem bundesweiten Tag zurBerufsorientierung teil. Denn die Aktion ist ein gutesMittel, um auf sich aufmerksam zu machen. Die Mitgliederzahlender Bundesanstalt Technisches Hilfswerksinken. Frauen sind mit neun Prozent allerMitglieder immer noch unterrepräsentiert. AuchMenschen mit Migrationshintergrund und ältereMenschen sind wenig vertreten. Seit diesem Jahr istder Druck, sich neue Zielgruppen zu erschließen, weitergewachsen. Anfang Juli wurde die Wehrpflichtausgesetzt. Bisher nutzten viele junge Männer dieMöglichkeit, sich für mehrere Jahre beim THW zuverpflichten, statt Wehr- oder Zivildienst zu leisten.Baukasten für HelferentwicklungNeue Konzepte sind also dringend nötig. „Wir sinddabei, die Ideen zusammenzutragen und eine ArtBaukastenprinzip zusammenzustellen, um das denOrtsverbänden an die Hand zu geben“, berichtetSigrid Bessler, Beauftragte für das Konzept Helferentwicklungbei der THW-Leitung. Bis Ende des Jahressolle ein erster „Baukasten“ fertig sein. Daraus kannsich jeder Ortsverband zielgerichtet nach seinen eigenenBedürfnissen die geeigneten Komponentenzusammenstellen.Ideen sammeln die THWler schon seit Jahren. 2003fand die erste sogenannte Zukunftswerkstatt zumThema Mädchen und Frauen statt. In Zusammenarbeitmit der Universität Mainz erhob das THW späterwissenschaftlich fundierte Daten. Das Ergebnis:Während für Männer die Geräte oftmals im Vordergrundstehen, interessieren sich Frauen eher für diesozialen Auswirkungen von Technik. Mit Mentorenwollen die Ortsverbände Frauen die Eingewöhnungins THW erleichtern.Auch am Thema Senioren wird seit Jahren gearbeitet.Schon 2005 trafen sich THWler beispielsweise zueinem ersten Workshop, um zu prüfen, wie hauptundehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,die nicht mehr als Einsatzkräfte aktiv sind, weitereingesetzt werden können. Schließlich haben sie eineMenge Wissen angesammelt, von dem das THW profitierenkann.Menschen mit Migrationshintergrund sollen künftigebenfalls stärker angesprochen werden als bisher.Viele kennen das ehrenamtlich getragene System desBevölkerungsschutzes in Deutschland nicht. Das THWsetzt hier an und hat in mehreren Ortsverbänden Pilotprojektegestartet, etwa Kooperationen mit Schulenoder Migrantenvereinen. Dabei muss sich auch dasTHW kulturell öffnen und einen toleranten Umgangmit kultureller Vielfalt in der eigenen Organisationfördern. Ein interkultureller Leitsatz und die Unterzeichnungder „Charta der Vielfalt“ zeigen, dass dasTHW hier bereits erste Schritte unternommen hat. (sk)Immer mehr junge Menschen finden bei der THW-Jugend eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung.Sie erlernen dort Fähigkeiten, die für ihr späteres Leben wie auch für die Gesellschaft vonunschätzbarem Wert sind. Teamfähigkeit und Verantwortungsbewusstsein sind nur zwei davon.Kinder und Jugendliche, die in derTHW-Jugend aktiv sind, verbringenihre Freizeit nicht nur mit Sportund Spiel. Sie erlernen Fähigkeitenund Kenntnisse, um ihren Mitmenschenin Notsituationen zu helfen.Beinahe in jedem THW-Ortsverbandexistiert eine Jugendgruppe,in der sich Mädchen und Jungen imAlter von 10 bis 17 Jahren treffen.Ihnen werden auf kind- und jugendgerechteArt die Rettungsmethodenund die technische Ausrüstungdes THW nähergebracht.So führen die Ortsverbände Workshopsund Rettungsübungen durch,aber veranstalten auch Ausflügeund Grillabende. Die Jugendlichenwerden dabei von ausgebildetenJugendbetreuern angeleitet. Abhängigvon den jeweiligen örtlichenGegebenheiten bieten die Jugendgruppenindividuelle Aktionen an.So wird beispielsweise die Eigensicherungan steilen Ufer hängenerprobt oder der Umgang mit Notstromaggregatengeübt.Gemeinsam technischeFähigkeiten trainierenAlle zwei Jahre treffen sich dieTHW-Jugendgruppen in einer deutschenStadt zum Bundesjugendlager.Mehr als 3.000 Teilnehmerinnenund Teilnehmer kommen füracht Tage zusammen, um bei Ausflügen,Sportturnieren, Workshopsund Besichtigungen gemeinsamihre Freizeit zu verbringen. Einerder Höhepunkte ist dabei der Bundeswettkampfder THW-Jugend,bei dem 16 Mannschaften gegeneinanderantreten. In Vorentscheidenauf Landes- und Bezirksebenequalifizieren sich die Teams, umfür ihr Bundesland an dem Wettbewerbteilzunehmen.Kinder und Jugendliche trainierenbei den lokalen und länderübergreifendenAktionen und Wettbewerbender THW-Jugend ge -meinsam ihre technischen undhandwerk lichen Fähigkeiten undentwickeln sie kontinuierlich weiter.Das fördert sowohl die Teamfähigkeitals auch das Zusammengehörigkeitsgefühl.Zudem lernensie in einer Gruppe, Verantwortungzu übernehmen. Das THWstärkt damit die Führungsqualitätender Jugendlichen und ermutigtsie zu sozialem Engagement. Fürdas Ehrenamt in Deutschland istdie THW-Jugend damit von besonderemWert. Dies schlägt sich auchin Zahlen nieder: Die Anzahl derJunghelferinnen und Junghelferhat sich in den letzten zehn Jahrenverdoppelt.(sel)THW-Jugend e. V.Die THW-Jugend e. V. ist der Zusammenschluss aller Jugendgruppendes Technischen Hilfswerks. Bereits seit über 25 Jahren gibt es denursprünglich in Rheinland-Pfalz gegründeten Verband. Bundesweitsind mittlerweile rund 15.000 Ju gendliche aktiv. Höchstes Gremiumist der Bundesjugendausschuss. Er tagt in der Regel jährlich, um unteranderem den ehrenamtlichen Bundesjugendleiter zu wählen. DerBundesjugendleiter und seine Stellvertreter bilden zusammen mit denLandes jugend leitern den Bundesvorstand der THW-Jugend. Diese istin insgesamt 13 Landes jugenden untergliedert. Eine Landesjugendstellt jeweils den Zusammenschluss aller Ortsjugenden in einem odermehreren Bundesländern dar.8 INNENPOLITIK | NOVEMBER <strong>2011</strong>NOVEMBER <strong>2011</strong> | INNENPOLITIK9


THW UND EHRENAMTTHW UND EHRENAMTDr. Hans-Peter Friedrich, geborenam 10. März 1957 in Naila (LandkreisHof), ist seit dem 3. März <strong>2011</strong> Bundesministerdes Innern. Der studierteJurist und Diplom-Ökonombegann 1988 seine berufliche Laufbahnals Regierungsrat in der Industrieabteilungim Bundesministeriumfür Wirtschaft in Bonn. 1991wurde er Mitarbeiter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und 1998 selbstzum Mitglied des deutschen Bundestagesgewählt. Als Abgeordnetergehörte er unter anderem der FöderalismuskommissionI und II an.EHRENAMT FÖRDERN„Geübte Kräftebehalten im Chaoseinen kühlen Kopf“Ohne die zahlreichen ehrenamtlichen Helferinnen und Helferwürde der Bevölkerungsschutz in Deutschland nicht funktionieren.Bundesinnenminister Dr. Hans-Peter Friedrich erläutertim Interview mit „<strong>innenpolitik</strong>“ die staatliche Unterstützung.<strong>innenpolitik</strong>: Der demografischeWandel und die Aussetzung derWehrplicht führen zu sinkendenHelferzahlen und gefährden dasbestehende Hilfeleistungssystemim Bevölkerungsschutz. WelchePläne gibt es, diesem Trend entgegenzuwirken?Dr. Hans-Peter Friedrich: DasTHW versucht, diesem Trend durchverschiedene Maßnahmen entgegenzuwirken.OrganisationsinterneAktivitäten und Helferentwicklungsplanungenzielen auf einelangfristige Helferbindung. DasEngagement soll attraktiver werden,beispielsweise durch ein Ausbildungsangebotmit Doppelnutzenfür den Beruf und mehrFamilienfreundlichkeit. Nach außenwill das THW noch unterrepräsentierteZielgruppen wie Frauen,Menschen mit Migrationshintergrundund ältere Mitbürger ansprechen.Dabei gehen wir auch aufSchulen und Hochschulen zu.<strong>innenpolitik</strong>: Wie können insbesondereFrauen und Menschen mitZuwanderungsgeschichte für einehrenamtliches Engagement gewonnenwerden?Dr. Friedrich: Das THW implementiertgerade ein Projekt, das jungeMädchen und Frauen beim Übergangzur aktiven Helferin begleitetund betreut. Dabei kümmern sichausgebildete Mentorinnen in ganzbesonderem Maße um diese Zielgruppe.Daneben versucht dasTHW, mit außenwirksamen Maßnahmenwie zum Beispiel der Beteiligungam Girls’ Day Schülerinnenfür technische Herausforderungenzu begeistern.Um mehr Menschen mit Migrationshintergrundfür das THW zugewinnen, wurde das Projekt„Interkulturelle Öffnung“ initiiert.Zum einen geht es um VerhaltensundEinstellungswandel bei denjetzigen Mitgliedern der Organisation;zum anderen bei denpotenziell Interessierten um Informationund Orientierung. EinigeOrts verbände haben bereits Pilotprojektebegonnen.<strong>innenpolitik</strong>: Über 90 Prozentaller Helferinnen und Helfer imBevölkerungsschutz arbeiten ehrenamtlich.Wie fördert das Bundesministeriumdes Innern ihr Engagement?Dr. Friedrich: Zur Ausbildung undQualifizierung von leitenden Einsatzkräftenund Entscheidungsträgernunterhält der Bund ein Fortbildungs-und Übungsangebot ander Akademie für Krisenmanagement,Notfallplanung und Zivilschutz(AKNZ). Der Bund ergänzt die(Fahrzeug-)Ausstattung der Ländermit hochmodernen Einsatzfahrzeugen,die von den Ländern über dieKommunen auch den Hilfsorganisationenzugeteilt werden. Das dientneben der Verbesserung der technischenAusstattung auch der Steigerungder Motivation des Einsatzpersonalsund Sicherstellung derherkömm lichen Ehrenamtsstrukturen.Außerdem finanziert dasBundesministerium des Innern mitrund 2,9 Millionen Euro jährlich fürcirca 81.000 Schülerinnen und Schülerdie sogenannte „Erste-Hilfe-Ausbildungmit Selbsthilfeinhalten“.Um die Leistungen der Helferinnenund Helfer im Bevölkerungsschutzanzuerkennen und stärker ins Lichtder Öffentlichkeit zu rücken, vergibtdas Ministerium seit 2009öffentlichkeitswirksam den Förderpreis„Helfende Hand“. In einerKategorie wird ein Ehrenpreis anArbeitgeber verliehen, die ehrenamtlicheAktivitäten ihrer Beschäftigtenin besonderem Maßeunterstützen. Das Bundesamt fürBe völkerungsschutz und Katastrophenhilfestellt den Hilfsorganisationenfür ihre Öffentlichkeits arbeitPoster, Broschüren und Werbe filmeüber das ehrenamtliche Engagementim Bevölkerungsschutz zurVerfügung. Seit kurzem ist außerdemein eigenes Kinder internetangebotfreigeschaltet.Mit dem Ziel, die ehrenamtlicheStruktur im Bevölkerungsschutznachhaltig zu sichern, wird dasBundesministerium des Innernaußerdem ein Forschungsprojektinitiieren. Alle Akteure im Bevölkerungsschutzsollen hierzu Fragestellungenbeisteuern – insbesondereLänder, Kommunen und Hilfsorganisationen.Denn sie sind es, dienahe an den praktischen Problemendran sind und wissen, „wo der Schuhdrückt“. Im Vorfeld muss nochgeklärt werden, was an Forschungenund Erkenntnissen bereits vorliegt.Wir fangen nicht bei null an.<strong>innenpolitik</strong>: Die Helferinnen undHelfer müssen bei den Einsätzen„In Deutschland haben wir eingewachsenes Hilfeleistungssystemmit vielen Ehrenamtlichen.“auch Risiken eingehen. Wieso setztdie Politik auf Ehrenamtliche undnicht auf Angestellte?Dr. Friedrich: In Deutschlandhaben wir ein gewachsenes Hilfeleistungssystemmit vielen Ehrenamtlichen,um flächendeckend denSchutz der Bevölkerung sicherzustellen.Dies wäre nur mit dem Einsatzvon Hauptamtlichen nicht leistbar.Möglicherweise müssen wirin Zukunft diese ehrenamtlichenStrukturen aber mehr als bisher mitHauptamtlichen ergänzen.<strong>innenpolitik</strong>: Wie würden Sie einenArbeitgeber überzeugen, seine Mitarbeiterinnenund Mitarbeiter fürehrenamtliche Arbeit freizustellen?Dr. Friedrich: Es gibt drei Argumente:Erstens pflegen viele Arbeitgeberihr Image auch mit einemBekenntnis zur Corporate SocialResponsibility, kurz CSR, der Verantwortungfür die Gemeinschaft.Die Freistellung von Helferinnenund Helfern kann als „angewandteCSR“ imagefördernd wirken.Zweitens können im Bevölkerungsschutzerworbene Fähigkeitenberuflich verwertet werden: Ausbildung,Einsatzerfahrung, Führungsfähigkeit,Teamarbeit, vielleichtsogar Auslandserfahrung – vielesdavon bringen unsere Freiwilligenbereits mit.Und drittens kann jede ausgebildeteHelferin und jeder ausgebildeteHelfer im betrieblichen Katastrophenschutzeingesetzt werden.Geübte Kräfte behalten im Chaoseinen kühlen Kopf. Je technischerder Betrieb ausgelegt ist, umsomehr kann ein THW-Ausbildungshintergrundvon Vorteil sein.Chefsache: Bundesinnenminister Dr. Hans-Peter Friedrich entscheidet über die neuenDienstanzüge für das THW – in „Friedrichsblau“.10INNENPOLITIK | NOVEMBER <strong>2011</strong>NOVEMBER <strong>2011</strong> | INNENPOLITIK11


THW UND EHRENAMTTHW UND EHRENAMTBASISARBEIT VOR ORTHelfen als PassionSpaß an der Sache, das Miteinander und zu wissen, wie anderen geholfen werden kann,bringen Alt und Jung beim THW zueinander. Ohne die Arbeit der Ortsverbände wie denin Berlin-Mitte gäbe es das Technische Hilfswerk nicht.Die Jungen und Mädchen drängensich vor einem dunkelblauen Transporter.Dessen hintere Plane isthochgeklappt. Im Inneren sind langeRegale an den Seiten zu sehen.In ihnen stapeln sich Holzlattenund -bretter, Metallstangen und-stege. Eine junge Frau steht auf derLadefläche: „Wer von euch hat dennjetzt das Sagen?“ Ein kleiner Jungemit dunklen Haaren wird schließlichbestimmt. Er soll ihr sagen, wasfür Material die Gruppe braucht.Nacheinander nehmen die Kinderund Jugendlichen Metallstangenund stapeln sie ein Stück weiterentfernt nach ihrer Länge.Der THW-Ortsverband Berlin-Mittehat seine Hallen auf dem Geländeeines Busunternehmers in Reinickendorf,einem Ortsteil im Westender Stadt. 42 aktive Erwachsenezählen zum Ortsverband, darunterfünf Frauen. Zwölf Jugend liche,davon zwei Mädchen, sind in derJugendgruppe. Das jüngste Mitgliedfeiert an diesem Tag seinenelften Geburtstag, die drei ältestenHelfer sind jeweils 72 Jahre alt.An diesem Mittwochabend – mittwochsist immer Übungsabend –bauen die Jugendlichen unter denwachsamen Augen erwachsenerund ausgebildeter Helfer sowiedenen des Gruppenleiters AndreasWeber ein Gerüst von zwei maldrei Metern bis unter das Dach derFahrzeughalle.Der Transporter mit dem Materialsteht im Eingang, mehrere Lastkraftwagensind in den Eckengeparkt. Im Nebenraum stapelnsich Material und Werkzeuge inden Regalen. An einer Werkbankbearbeiten zwei Männer Metall. Ineinem zweiten Nebenraum lagertdie Ausrüstung für eine Feldküche,einschließlich mehrerer RiesendosenKartoffelsuppe.Die Jugendlichen sortieren weiter.Ausgerüstet mit wetterfester blauerHose und blauer Jacke, auf denenneben dem THW-Abzeichen nochein Aufnäher mit Deutschlandfahneund neongelbe Reflektorbänderzu sehen sind, gelbenSchutzhelmen, Arbeitshandschuhenund dicken schwarzen Arbeitsstiefelnstehen sie vor dem Übungsleiterdes Abends: „Arne, dürfenwir schon die Böden holen?“ Erstals er zustimmt, gehen einige zumTransporter, geben die Anweisungweiter und stapeln die Metallstegeauf einem neuen Haufen.„Das Miteinander findeich am schönsten“In der Gruppe steht Mattias Gunkel.Der 14-Jährige ist seit drei Jahrenin der Jugendgruppe und möchteunbedingt später die Ausbildungzum Helfer machen. Durch einenFreund ist er zum THW gekommen.„Das Miteinander finde ich amschönsten“, sagt er. Zwei Jugendlagerhat er bisher mitgemacht.Dort hat er andere Gruppen aus denLandesverbänden Berlin, Brandenburgund Sachsen-Anhalt kennengelernt.Am Ende der Halle, gutsichtbar für alle, steht der stolzeBeweis für das Können der Jugendlichen:Eine aus groben Holzbalkengezimmerte Hollywoodschaukel,eine der Aufgaben im letzten Lager,bei dem sie als Sieger der Wettkämpfehervorgegangen sind.Inzwischen hämmert TruppführerArne mit einem Helfer den Bodender ersten Etage des Gerüstes fest.Würde es nicht hier in der Halleaufgebaut, könnte es bei einem Einsatzneben einem Gebäude hochgezogenwerden, um in mehrerenMetern Höhe zu arbeiten. Die zweiErwachsenen tragen rote Sicherheitsgurteum ihre Körper und sinddurch riesige Karabinerhaken mitdem Gerüst verbunden. Auch siehaben Schutzhelme auf dem Kopf.Kurze Besprechung mit dem Chefdes Abends, Andreas Weber. WelcheSchritte sind als nächstes dran?Schnelle Prüfung mit der Wasserwaage,ob alles gerade ist.Nebenan im Bürogebäude tippt derOrtsbeauftragte Thomas NeumannDaten in einen Computer. Währendseine Kameraden üben, leiteter die Verwaltung. Im Flur hängteine blaue Metalltafel mit Magnetschildern.Jedes trägt einen Namen,darüber steht ein Schild mit derBezeichnung einer Funktion oderGruppe. Ganz oben steht NeumannsName, als Ortsbeauftragterleitet er den Verband. Darunter istder Ortsverbandsstab. Unter manchenFunktionen fehlt ein Name.„Nicht immer finden wir für jedenPosten einen einzelnen Vertreter“,erklärt Neumann.„Nicht immer finden wirfür jeden Posten eineneinzelnen Vertreter“„Technischer Zug“ kommt als nächstes,darunter die Namen der Einheiten,aus denen der Zug besteht.Ein Zugtrupp, drei Bergungsgruppen,eine Fachgruppe Brücken -bau, ein Verpflegungstrupp. „Mitder Feldküche versorgen wir dieEinsatzkräfte. Ist natürlich nichtimmer so spannend, wenn man beieinem Hochwasser Schnitzel brät,statt einen Damm zu verstärken“,sagt Neumann. Aber seine Kameradenund er übernähmen die Aufgabegern.In der großen Halle steht ÜbungsleiterArne mit seinem Kollegeninzwischen fast unter dem Dach.Draußen ist es dunkel geworden.An der Laderampe des Materialtransportersleuchtet eine langeNeonröhre ins Wageninnere. EinigeFrauen und Männer haben sichin eine Ecke der Halle zurückgezogen.Einer schüttelt eine großeDecke. Sie bereiten sich auf die Prüfungam Ende ihrer Grundausbildungvor. Dazu gehört auch dasWissen, wie sie einen brennendenMenschen löschen können.Andreas Weber beobachtet weiterdie Jugendlichen. Seit 1993 ist erbeim THW. Mit 16 ist er beigetreten,als Alternative zur Bundeswehr.Inzwischen ist er 34, Gruppenführerund hat verschiedeneZu satzausbildungen, darunter Brückenbauerund den IHK-geprüfenAusbilderschein. „Der Spaß an derSache, der Umgang mit den Menschenund das Wissen, dass manweiß, wie man helfen kann“, nennter als seine Motivation. Sein letztergroßer Einsatz war das Hochwasserin der Spree bei Cottbus. Drei Tagekochte er für die anderen Helferinnenund Helfer. Nein, sein Arbeitgebersei nicht begeistert, wenn ersich wegen eines Einsatzes abmelde.Aber letztlich wisse sein Chef,dass es seinem Unternehmen, dasbundesweit tätig ist, auch nütze,wenn etwa Schäden durch Unwetterschnell beseitigt werden. (sk)12 INNENPOLITIK | NOVEMBER <strong>2011</strong>NOVEMBER <strong>2011</strong> | INNENPOLITIK13


THW UND EHRENAMTTHW UND EHRENAMTAUSBILDUNG BEIM THWZum beiderseitigen NutzenÜbung macht den Meister. Das gilt auch beim THW. Durch Seminare und Fortbildungen wirddas Wissen der Ehrenamtlichen geschult. Hiervon profitiert nicht nur das THW, sondern auchder Einzelne. So helfen die beim THW vermittelten Kenntnisse auch im Berufs- und Privatleben.Die Einsätze des Technischen Hilfswerks sind keineSpaßveranstaltungen. In Haiti haben HilfskräfteTrinkwasser aufbereitet und Notlager ausgebaut.Nach dem Erdbeben in Japan unterstützten Helferinnenund Helfer die Rettungs- und Bergungsarbeiten.Wenn im Winter wieder Gleise in Deutschland zufrieren,werden auch THWler am Einsatzort sein. Dieehrenamtlichen Helferinnen und Helfer riskierenmitunter ihr Leben.Entsprechend viel Wert legt die Bundesanstalt auf dieAus- und Fortbildung ihrer Haupt- und Ehrenamtler.Interessierte, die mindestens 17 Jahre alt und körperlichnormal belastbar sind, erhalten eine Grundausbildungin den Ortsverbänden. Die ist überall gleichund beinhaltet den richtigen Umgang mit Werkzeugenund Geräten sowie Wissen über das THW, denBevölkerungsschutz und das Verhalten im Einsatz.Danach folgt eine Fachausbildung. Hier lernen dieTHWler alles, was sie für Einsätze mit ihren Einheitenwissen müssen, beispielsweise Schweißen, Sprengenoder den Umgang mit Pumpen. Außerdem können siesich zu Führungskräften ausbilden lassen oder für Auslandseinsätze.Die Ehren amtlichen gehen ein öffentlich-rechtlichesDienstverhältnis mit der Bundesrepublikein, inklusive sechs Monaten Probezeit und Urlaub.Eine deutliche Verpflichtung also.Über die Jahre müssen sich die Helferinnen und Helferweiter fortbilden. Durch Übungen und Seminare haltensie ihr Wissen auf dem neuesten Stand. Mit diesenRegeln trägt die Bundesanstalt dazu bei, dass inDeutschland immer genug THWler für die Beseitigungvon Schäden durch Stürme, Überschwemmungenoder andere Katastrophen bereitstehen. Dazuerklärt Dr. Ole Schröder, Parlamentarischer Staatssekretärbeim Bundesminister des Innern: „Für einenfunktionierenden Bevölkerungsschutz ist eine guteAusbildung der Einsatzkräfte die wichtigste Grundlage.Das THW hat dies erkannt und legt großen Wertauf die Aus- und Fortbildung seiner Helferinnen undHelfer. 570 Lehrgänge an der THW-Bundesschule undmehr als 340.000 Übungsstunden 2010 belegen dies.“Persönliche Vorteile für den BerufDie beim THW vermittelten Kenntnisse dienen nichtnur der Allgemeinheit. Aus den Fortbildungen könnendie Helferinnen und Helfer auch persönliche Vorteileziehen. Zum einen legt das Hilfswerk großen Wert aufTeamarbeit. Die Einheiten sind strukturiert, Führungskräftefestgelegt. Zum anderen sind die technischenFähigkeiten, die die Frauen und Männer erlernen können,oft im Beruf nützlich. So enden einige Kurse mitzertifizierten Ab schlüssen, wie die IHK-geprüfte Ausbildereignung.Trotz dieser Vorteile sind viele Arbeitgeber nichtimmer begeistert, wenn sie ihre Angestellten oderArbeiter für mehrere Tage oder Wochen freistellen sollen.Allerdings können sie sich die Kosten vom THWerstatten lassen. Der Lohn wird fortgezahlt. Selbstständigeerhalten ebenfalls einen Ausgleich. Positiv fürden Ruf des Unternehmens ist die Freistellung allemal.Und am Schluss profitieren alle Beteiligten von dembeim THW vermittelten Wissen.(sk)Umgang mit schwerem Gerät gehört zur Arbeit. Ole Schröder, ParlamentarischerStaatssekretär (2. v. l.), besuchte die THWler vor Ort.EHRENAMT UND BERUFPositiv für Work-Life-BalanceKatastrophen kündigen sich selten an. Schnelle Hilfe ist inNotsituationen gefordert. Im Interview mit „<strong>innenpolitik</strong>“erläutert W. Arndt Bertelsmann, welche Folgen der Dienstfür die Allgemeinheit für Arbeitgeber hat.<strong>innenpolitik</strong>: Herr Bertelsmann, in ihrem Fachverlagist zurzeit ein freiwilliger Feuerwehrmannbeschäftigt. Wenn er zu Einsätzen gerufen wird,müssen Sie ihn von seinem Dienst freistellen. Washalten Sie als Arbeitgeber von dieser Regelung?W. Arndt Bertelsmann: Grundsätzlich ist dieseRegelung sinnvoll. Sie gibt dem Arbeitnehmer dasRecht, seinen Arbeitsplatz zu Einsätzen und wichtigenAusbildungen zu verlassen, bei garantierterLohnfortzahlung. Dem Arbeitgeber wird im Gegenzugder Ersatz der Lohnfortzahlung zugesichert.<strong>innenpolitik</strong>: Einige Arbeitgeber haben immernoch Bedenken, wenn es um ein Ehrenamt ihrerAngestellten geht. Können Sie erklären warum?Bertelsmann: Die Erstattung der Lohnkosten decktnicht alle Kosten, wenn zum Beispiel Maschinenstillstehen und Umsatzeinbußen entstehen. DenKunden sind Terminverzögerungen oder liegengebliebene Arbeit nur schwer zu erklären.<strong>innenpolitik</strong>: Sind diese Bedenken begründet?Bertelsmann: Vordergründig ja, wobei die Unternehmendurch den plötzlichen oder zusätzlichenAusfall sehr unterschiedlich betroffen sind. DerKostendruck und die Erwartungen der Kundenerlauben keine großen Spielräume in der Personalplanung.<strong>innenpolitik</strong>: Welchen Einfluss haben ehrenamtlichengagierte Angestellte auf die Reputation einesUnternehmens?Bertelsmann: Das ist die andere Seite. Im Allgemeinenhat ehrenamtliches Engagement einen hohenStellenwert und die humanitäre Hilfe ganz besonders.Die Unternehmen sollten daher das ehrenamtlicheEngagement ihrer Mitarbeitenden nach außenkommunizieren, auch ihren Kunden.<strong>innenpolitik</strong>:Welche weiteren Vorteilehaben Unternehmervom ehrenamtlichenEngagement ihrerBeschäftigten?Seit 1993 führt W. Arndt Bertelsmannden W. Bertelsmann Verlag in fünfterGeneration als geschäftsführenderGesellschafter.Bertelsmann:Ich habe die Erfahrung gemacht, dass ehrenamtlichengagierte Menschen nicht nur in ihrer Freizeitmehr tun als sie müssen. Sie können auch imBeruf tendenziell mehr leisten und verantworten.<strong>innenpolitik</strong>: Sind Beruf und Ehrenamt miteinandervereinbar?„Ehrenamtliches Engagement hateinen hohen Stellenwert undhumanitäre Hilfe ganz besonders.“Bertelsmann: Im Sinne der Work Life Balancegehören sie sogar zusammen. Menschen, die außerhalbvon Beruf und Familie Erfüllung und Anerkennungerfahren, sind weniger anfällig für Überlastung;sie sind nicht grenzenlos verfügbar. Ihnengelingt es, nicht nur abzuschalten, sondern auchumzuschalten.<strong>innenpolitik</strong>: Sie selbst haben beim THW eineAusbildung absolviert. Welche Erfahrungen habenSie dort gemacht?Bertelsmann: Die technische Ausbildung war gutfür mein Ingenieurstudium, zumindest für dastechnische Verständnis. Durch meine Ausbildungund Tätigkeit beim THW habe ich viel gelernt inpuncto Führung und Ausbildung. Ich musste michin Einsatzsituationen sehr schnell mit anderenMenschen verständigen und Lösungen erreichen.14 INNENPOLITIK | NOVEMBER <strong>2011</strong>NOVEMBER <strong>2011</strong> | INNENPOLITIK15


THW UND EHRENAMTIM AUSLANDSEINSATZVon Deutschland ausin die Welt – das THWNicht nur in Deutschland, sondern auch international sind die „Blauen Engel“ des THW imEinsatz. Seit über 50 Jahren unterstützt die Organisation bei Soforthilfeeinsätzen, Projektenund Hilfsgütertransporten. In über 120 Ländern war das THW bereits vor Ort aktiv.Im Januar 2010 bebte für 60 Sekundenin Haiti die Erde – 230.000Men schen kamen ums Leben,1,5 Millionen wurden obdachlos.Das Technische Hilfswerk sendetezunächst ein Erkundungs- undUnterstützungsteam für die DeutscheBotschaft und dann Trinkwasser-und Logistikexperten. Über75 Millionen Liter Wasser bereitetedie „Schnell-Einsatz-EinheitWasser Ausland“ (SEEWA) in denfolgenden Monaten für die Bevölkerungauf. Zudem baute das THWzur Verbesserung der Situation inden Notlagern im Auftrag derEuropäischen Union Sanitäranlagen.18 Monate später – im Juli diesesJahres – endeten die Hilfsmaßnahmendes THW erfolgreich. 150Einsatzkräfte waren bis dahin vorOrt aktiv gewesen, um den Menschenim Land zu helfen. „Die nichtimmer ungefährlichen Einsätzedes THW verdienen Dank und Anerkennungfür alle Helferinnenund Helfer“, so Staatssekretär imBundesministerium des InnernKlaus-Dieter Fritsche.Wasser für FlüchtlingeDoch es gibt auch weniger bekannteHilfsaktionen, an denen sich dieDeutschen beteiligen. So ist dasTHW derzeit im Auftrag des AuswärtigenAmtes zur Unterstützungdes Hohen Flüchtlingskommissarsder Vereinten Nationen(engl. United Nations High Commissionerfor Refugees, UNHCR) inÄthiopien im Einsatz.Ziel ist es, die Situation der knapp120.000 Flüchtlinge, die dort in verschiedenenLagern leben, zu verbessern.Das THW kooperiert hierfürinsbesondere mit dem UNHCR unddem Welternährungsprogrammder Vereinten Nationen (engl. UNWorld Food Programme, WFP), aberauch mit anderen internationalenOrganisationen wie der unabhängigenHilfs- und EntwicklungsorganisationOxfam. In einer THW-Werkstatt werden nicht nur Fahrzeugeund Generatoren, sondernauch Wasserpumpen der Hilfsorganisationenrepariert, um dieWasserversorgung der Flüchtlingesicherzustellen. Der Einsatz in Äthiopienwird durch Spezialisten dersogenannten „Standing EngineeringCapacity“ (SEC) durchgeführt,einer Unterstützungseinheit desTHW für die Vereinten Nationen(engl. United Nations, UN). Die SECist eine von sechs Einheiten innerhalbdes THW, die speziell für Einsätzeaußerhalb der Bundesrepublikkonzipiert sind. Erst im Jahr2010 gegründet, ist sie auf den Auf-,Aus- und Rückbau von Camps fürUN-Organisationen und Einsatzteamsspezialisiert, kann aber auchfür die Versorgung und Unterbringungvon Flüchtlingen und notleidenderBevölkerung nach Katastrophen eingesetzt werden. Imzehnt größten Land Afrikas bautdie SEC-Einheit Wassertanks und-ver teil sys teme, repariert defekteLeitungen und ist am Bau sowie derPlanung von Latrinen und Sanitäranlagenbeteiligt.Nicht alle Einsätze führten dasTHW in entlegene Winkel der Erde.Auch bei unseren europäischenPartnern kam es zum Einsatz. Sohalfen die spezialisierten Einheitenzum Beispiel beim Herbsthochwasserin Polen und im Januar beimWinterhochwasser in Holland. Dorterfolgte die Hilfe im Rahmen desEuropä ischen Gemeinschaftsverfahrens,das die Kompetenzen allerEU-Mitgliedsstaaten im Bereich desBevölkerungsschutzes seit 2001bündelt und in dem das THW einewich tige Rolle spielt.Internationale ÜbungenDie enge Vernetzung und der Erfahrungsaustauschtreiben deneffektiven Schutz der Bevölkerungvoran. In simulierten Übungen werdenSituationen wie der Umgangmit anderen Sprachen, anderenStrukturen und anderen Standardstrainiert. So soll garantiert werden,dass die grenzübergreifende Zusammenarbeitder Hilfsorganisationenim Ernstfall reibungslos funktioniert.„Unser Ziel ist es, un sere Serviceleistungenim Rahmen voninternationalen Einsätzen zu standardisierenund unsere Position alsPartner zu vertiefen“, erklärt THW-Präsident Albrecht Broemme.Hier beteiligt sich das TechnischeHilfswerk auch an europäischenGroßübungen. So nahmen rund 70THW-Einsatzkräfte der „Schnell-Einsatz-Einheit Bergung Ausland“(SEEBA) im vergangenen Jahr inGroßbritannien an einer Übungteil, an der auch Rettungskräfte ausacht anderen Nationen mitwirkten.Drei Tage lang wurde die Suchenach Verschütteten nach einemschweren Erd beben trainiert.Spezielle Ausbildung fürAuslandseinsätzeJeder Einsatz benötigt eine strukturierteOrganisation und eineVielzahl von gut ausgebildeten freiwilligenHelferinnen und Helfern.Deren Ausbildung und Qualifikationist die Basis der Arbeit des TechnischenHilfswerks. Daher habenalle Mitglieder eine Grundausbildungabsolviert, in deren Anschlusseine Fachausbildung in den Ortsverbändenund Lehrgänge an derTHW-Bundesschule folgen. Für denEinsatz im Ausland sind weitereSpezialisierungen notwendig undbestimmte Grundvoraussetzungenwie gesundheitliche Eignung, einumfangreicher Impfschutz undgute Fremdsprachenkenntnisse zuerfüllen. In der Ausbildung fürAuslandseinsätze werden die Teilnehmerinnenund Teilnehmer aufverschiedene Situationen und möglicheSchwierigkeiten vorbereitetund bekommen Kenntnisse überinternationale Strukturen, Logistikund Sicherheit vermittelt. Im Hinblickauf die vielseitigen Anforderungenführt Staatssekretär Fritscheaus: „Die internationale Arbeitdes Technischen Hilfswerks wird inden kommenden Jahren an Bedeutunggewinnen und fordert vonallen Verantwortlichen und Beteiligtenhöchste Leistungen.“ (mbg)Gemeinsam mit den Menschen und anderen Hilfsorganisationen leistet das THW im AuslandHilfe in Notsituationen wie hier in Haiti nach dem verheerenden Erdbeben 2010.16 INNENPOLITIK | NOVEMBER <strong>2011</strong>NOVEMBER <strong>2011</strong> | INNENPOLITIK17


THW UND EHRENAMTTHW UND EHRENAMTMdB und THW – Helfen rund um die UhrDas Labyrinth ist besonders beliebt: Hier müs sendurch geschickte Bewegung der gewaltigen Labyrinth-PlatteBälle in Öffnungen hinein manövriertwerden. Bundesinnenminister Dr. Hans-Peter Friedrich, BundesverbraucherministerinIlse Aigner und der Präsident der THW-Bundesvereinigung,Stephan Mayer (MdB), haben offensichtlichSpaß an dem Geschicklichkeitsspiel. DasNeues Forschungsvorhaben geplantDer Bevölkerungsschutz ist eine wesentliche Säule derSicherheitsarchitektur der Bundesrepublik Deutschland.Rund 90 Prozent der im Bevölkerungsschutz aktivenMenschen sind Freiwillige, insgesamt mehr als1,8 Millionen Menschen. In den kommenden Jahrenwird sich jedoch der demografische Wandel zunehmendauch auf die Hilfeleistungssysteme auswirken.Überalterung, die Veränderung von Arbeitswelt undMobilität sowie die zunehmende Bedeutung von Menschenmit Migrationshintergrund im Bevölkerungsschutzsind Themen, um die sich die Debatte zurZukunftssicherheit dieser Systeme drehen muss – auchvor dem Hintergrund einer möglichen Häufung vonKlima- und Umweltrisiken in künftigen Jahren.Um neue Möglichkeiten zur nachhaltigen Sicherungder ehrenamtlich geprägten Hilfeleistungsstrukturensowie zur mittel- und langfristigen Anpassung desBevölkerungsschutzsystems an die demografischevon der Berliner THW-Jugend aufgebaute Labyrinthist eines der Objekte, an denen Bundestagsabgeordneteam 27. September in THW-Zeltendirekt vor dem Reichstagsgebäude in Berlin ihreTatkraft als Helfer unter Beweis stellten. Aberauch das Auftakt element der Imagekampagne –die THW-Wetterstation –, der Sandsack-Verbausowie der Einsatz von Hebekissen zur Trümmerbeseitigungoder die Bedienung eines Kameraroboterszur Ortung von Verschütteten konnten beider Aktion „MdB und THW – Helfen rund um dieUhr“ vor Ort ausprobiert werden.Rund 300 Abgeordnete und drei Bundesministersind nach ihren Fraktionssitzungen in die Zeltegekommen. „Der Erfolg ist riesig“, würdigt StephanMayer die Aktion: „Es gibt kaum eine Organisation,die fraktionsübergreifend ein derartighohes An sehen im Bundestag genießt wie dasTechnische Hilfswerk.“ Gerade angesichts des Aussetzensder Wehrpflicht müsse das THW mehrtun für die Helferbindung und die Helferneugewinnung,erklärt Mayer den Hintergrund derneuen bundesweiten Imagekampagne „Raus ausdem Alltag. Rein ins THW!“(tn)Bundesinnenminister Dr. Hans-Peter Friedrich (3. v. r.) beimAuftakt der neuen THW-Kampagne.Entwicklung zu finden, hat das Bundesministeriumdes Innern ein umfassendes Forschungsprojekt angestoßen.Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz undKatastrophenhilfe erhielt vom Bundesministerium desInnern den Auftrag, das Vorhaben in enger Zusammenarbeitmit dem Ministerium, dem TechnischenHilfswerk sowie Vertretern der Länder, der kommunalenSpitzenverbände, der Feuerwehren und der Hilfsorganisationenvorzubereiten und durchzuführen.Die ständige Konferenz der Innenminister und -senatorender Länder begrüßte die Entscheidung undbestätigte diese in entsprechenden Beschlüssen. NachSichtung und Auswertung vorhandener Studien undErkenntnisse, Konkretisierung des Forschungsbedarfs,Entwurf einer Forschungsprojektskizze undFestlegung der Vergabemodalitäten für das Projektkann dieses im Verlauf des Jahres 2012 in Angriffgenommen werden.(ts)Förderpreis „Helfende Hand“ wird verliehenKnapp 1,8 Millionen ehrenamtliche Helferinnen undHelfer sind deutschlandweit im Bevölkerungsschutzaktiv. Durch den demografischen Wandel und dieAussetzung der Wehrpflicht gewinnen jedoch Helfererhaltungund Helferwerbung künftig zunehmend anBedeutung. Um mehr Menschen für ein Ehrenamt imBevölkerungsschutz zu begeistern und ihr Engagementzu würdigen, verleiht das Bundesministeriumdes Innern seit 2009 in jedem Jahr den Förderpreis„Helfende Hand“. Damit werden Initiativen und Akteureim Bereich des Bevölkerungsschutzes ausgezeichnet,die sich mit überzeugenden Ideen und Konzeptenfür ehrenamtliches Engagement hervorgetan haben.Der Preis ist mit insgesamt 27.000 Euro dotiert undwird in drei Kategorien verliehen:Nachwuchs- und Jugendarbeit zur Förderungund zum Erhalt des Ehrenamtes im BevölkerungsschutzNeue, innovative Konzepte zur Steigerung derAttraktivität des EhrenamtesVorbildliches Arbeitgeberverhalten zur Unterstützungder Ausübung des Ehrenamtes imBe völkerungsschutzIn diesem Jahr wird Bundesinnenminister Dr. Hans-Peter Friedrich den Förderpreis am 2. Dezember inBerlin verleihen.(sel)Soziales Engagement für die KleinstenNachwuchsförderung beim Ehrenamt fängt bereitsbei den Kleinsten an. Seit 2009 gibt es in der GemeindeFürth eine eigene Feuerwehr für Kinder. „Mirmacht am meisten Spaß, wenn wir uns gegenseitignassspritzen“, erklärt Feuerwehr-Mädchen Silja.Mit einem Feuerwehrnachmittag in der Schule, Malwettbewerben,Ausflügen und Zeltlagern wurdenKinder zwischen sechs und zehn Jahren, Lehrer undEltern für die Bambini-Feuerwehr begeistert: Inzwischensind über 130 Grundschüler der jüngstenFeuerwehrgemeinschaft Deutschlands beigetreten –rund 20 Eltern helfen bei der Betreuung. Einmal imMonat üben die Kinder, wie man ein Feuer löscht undsich und andere vor Bränden schützt. So macht sozialesEngagement Spaß – das ist die zentrale Botschaft.Die Bambini-Gruppe der Fürther Feuerwehren wurdeim April 2009 von den Ortsteilfeuerwehren derGemeinde gegründet und gliedert sich in insgesamtvier Übungsgruppen. „Die Bambini-Feuerwehr wurdedurch eine Gesetzesänderung möglich gemacht.Jetzt können Kinder schon mit sechs Jahren in dieFeuerwehr eintreten. Das ist eine Reaktion auf dendemografischen Wandel, der auch bei der Feuerwehrzu spüren ist“, erläutert der stellvertretendeGemeindebrandinspektor Frank Schepula. Für dasinnovative Bambini-Projekt wurde die freiwilligeFeuerwehr Fürth 2010 mit dem Ehrenamtspreis„Helfende Hand“ in Bronze geehrt.Hoffnung, dass das demografische Nachwuchsproblemder Feuerwehr durch die Bambini-Gruppe eineLösung findet, macht der achtjährige Giuliano zumindestteilweise: „Ich würde schon gerne Feuerwehrmannwerden, aber ich bin noch nicht ganzsicher. Vielleicht werde ich auch lieber Zahnarzt.“ (ts)18 INNENPOLITIK | NOVEMBER <strong>2011</strong>NOVEMBER <strong>2011</strong> | INNENPOLITIK19


THW UND EHRENAMTBundesministerium des Innern, Publikationsversand der Bundesregierung,Postfach 48 10 09, 18132 Rostock, Postvertriebsstück DPAG, Entgelt bezahlt, B8258EINE HELFERIN BERICHTET„Es macht einfach riesigen Spaß“Gute Ausbildung und Zusammenhalt: Die Beweggründe und Motivationen der ehrenamtlichenTHW-Helferinnen und Helfer sind ebenso unterschiedlich wie die Einsätze und Aufgabenbereiche,in denen sie tätig sind. Eine der Engagierten ist Verena Bommes aus Hessen.Wird Verena Bommes gefragt, wiesie zum THW gekommen ist, lachtsie und fasst die Antwort in knappeWorte. „Eher durch Zufall, vomHörensagen. Dann hab ich mir dasangeschaut und bin dabeigeblieben.“Die 27-jährige Studentin derUmwelt- und Sicherheitstechnikengagiert sich bereits seit siebenJahren im THW-Ortsverband Bensheim.Als sie im Jahr 2004 anfing,war nur eine Frau in ihrem Ortsverbandaktiv. Mit einer weiterenabsolvierte sie ihre Grundausbildung.„Heute sind wir vierzehnFrauen“, so die Hessin.Verena Bommes ist eine Frau mitgroßem Herzen und einem ansteckendenLachen, die nicht sichselbst, sondern ihre Arbeit beimTHW, ihr Studium und ihren Nebenjobwichtig nimmt. Seit April diesesJahres ist sie Zugführerin der TechnischenEinheit in Bensheim undfür die taktisch-organisatorischeAbwicklung von Einsätzen verantwortlich.In dieser Position ist sie dieSchnittstelle zur Einsatzleitung derBehörde, die um Hilfe gebeten hat.Am Einsatzort entscheidet sie, welcheFachgruppen in welcher Stärkebenötigt werden.Pauschal kann sie nicht sagen, wieviel ihrer Freizeit die Arbeit beimTHW in Anspruch nimmt – es gehtihr nicht um Zeit. Engagement,Zusammenhalt und Hilfe zu leisten,sind ihre Beweggründe. Nebenden Einsätzen stehen regelmäßigeÜbungen, Lehrgänge und Veranstaltungenam Wochenende aufdem Programm von Verena Bommes.„Es macht einfach riesigenSpaß“, sagt sie. „Man lernt viel undarbeitet mit anderen Menschenzusammen.“Ein starkes TeamverbindetVerena Bommes im Kreis ihrer Kollegen und mit Bundesinnenminister Dr. Hans-Peter Friedrich.Doch das alles reicht der jungenFrau noch nicht. Sie ist auch Bergungshelferinin der SEEBA, derFachgruppe „Schnell-Einsatz-EinheitBergung Ausland“, und warzuletzt in Japan im Einsatz. Von solchenHilfsaktionen bringe man sehrviel Erfahrung wieder mit nachHause und die Gewissheit, sich aufdie anderen im Team verlassen zukönnen. „Natürlich macht man sichvor solchen Einsätzen Gedanken“,erklärt sie auf die Frage, was in ihrvorgeht, bevor sie mit ihren Kollegenzu einem Auslands einsatz aufbricht.Aber Angst habe sie dabeinicht. „Wir sind ein starkes Team,sind sehr gut ausgebildet und haltenzusammen.“(mbg)20 INNENPOLITIK | NOVEMBER <strong>2011</strong>

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