<strong>Katholischer</strong> <strong>Bezirk</strong> <strong>Hochtaunus</strong><strong>Bezirk</strong>sinfo (<strong>Nr</strong>. <strong>84</strong>/<strong>Juni</strong> <strong>2013</strong>)Neue Chancen für engagierte LaienPodiumsdiskussion in Wehrheim zur Zukunft der KirchePastoralreferent Thomas Klix, li) hatte zu Recht spannende Stunden versprochen: mit Professor Ebertz, Ingrid Peterknecht,Moderator Meinhard Schmidt-Degenhard, Gregor Sommer und Paul Lawatsch, v.l.n.r. Foto: ReichweinWEHRHEIM. – Die katholische Kirche befindet sich derzeit in einem gewaltigenTransformationsprozess, der enorme Chancen für eine Aufwertung der Laien birgt.Diese These hat der Freiburger Religionssoziologe und Theologe Michael Ebertz amDienstag, 14. Mai, im Rahmen einer Podiumsdiskussion in der katholischen PfarreiSt. Michael in Wehrheim vertreten. Die Kirche verändere gerade revolutionär ihreSozialgestalt hin zu einem laienorientierten Christentum, sagte Ebertz. Unter derÜberschrift „Lasst die Kirche im Dorf!?“ lag der Fokus der Diskussion anlässlich des300-jährigen Bestehens der Kirche St. Michael auf den bevorstehenden konkretenstrukturellen Veränderungen. Aus den bisher elf Gemeinden des pastoralen Raumssoll in Zukunft eine große Pfarrei „neuen Typs“ entstehen.Dass diese Entwicklung bei den Betroffenen teilweise auf gemischte Gefühle stößt,war auch bei der Besetzung des Podiums abgebildet. Während <strong>Bezirk</strong>sdekan PaulLawatsch die positiven Aspekte der Neuordnung unterstrich, für die Bildung kleiner6
<strong>Katholischer</strong> <strong>Bezirk</strong> <strong>Hochtaunus</strong><strong>Bezirk</strong>sinfo (<strong>Nr</strong>. <strong>84</strong>/<strong>Juni</strong> <strong>2013</strong>)christlicher Gemeinschaften warb und die Gemeindemitglieder zu lebhaftemEngagement ermutigte, machte der Wehrheimer Bürgermeister Gregor Sommerkeinen Hehl aus seiner Ablehnung der Planungen. Er halte das Signal für falsch,sagte er, und plädierte stattdessen dafür, an kirchlichen Traditionen festzuhalten undzugleich nach neuen Wegen zu suchen, um Menschen wieder an die Kirche heranzu führen. Gelassen beurteilte dagegen die einzige Frau in der Runde den Wandel:Als sie mit einem Kreis junger Mitstreiterinnen vor 35 Jahren die Ortsgruppe derkatholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) gegründet habe, „haben wirauch nicht erst den Pfarrer gefragt“, sagte Ingrid Peterknecht, „sondern die Sacheselbst in die Hand genommen.“ Es sei Zeit für den Abschied vom Anspruchsdenken.Zu Beginn des Abends hatte Professor Ebertz in einer Kurzfassung die Ergebnisseder Studie „Was glauben die Hessen?“ vorgestellt, die er im Auftrag des HessischenRundfunks im vergangenen Jahr erstellt hat. Danach ist das Glaubensleben derHessen ambivalent. Fast dreiviertel der Befragten stimmten zwar dem Satz zu, dassdie Kirche keine Antworten habe auf die Fragen, die sie bewegten. Zugleich aberfinden es ebenso viele Hessen immerhin „gut, dass es die Kirchen gibt“. DieserBefund müsste zum Ansatzpunkt werden, sagte der Religionssoziologe, der zueinem konstruktiven Umgang mit der Krise aufrief: Es gelte, nicht nur auf denNiedergang, sondern auf das „Licht des Morgens“ zu schauen. Er stelle sich die neueGroßpfarrei als ein charismatisches Netzwerk vor, weswegen es jetzt CharismenförderlicheBedingungen brauche.Der Pfarrer als Manager und der Bürgermeister als Seelsorger: So pointiert brachteProfessor Ebertz eines der überraschenden Ergebnisse der Gesprächsrunde auf denPunkt. Während zum Beispiel Pfarrer Lawatsch in den alten Strukturen unteranderem an den Sitzungen von elf Pfarrgemeinderäten und elf Verwaltungsrätenkraft Amtes teilnehmen muss, berichtete Gregor Sommer von zunehmendenProblemlagen vieler Menschen, die dringend Ansprechpartner in allen Belangensuchten und in der Bürgersprechstunde „einfach nur mal reden“ wollten. Seelsorgesei der wichtigste Punkt im Leben einer Kommune, betonte er und warb um guteZusammenarbeit: „Wir müssen im Team spielen.“ Und dazu wiederum brauche esengagierte Laien, so Professor Ebertz abschließend, die verstanden hätten, dass „wirnicht nur Seelsorge, sondern auch Gesellschaftssorge betreiben müssen.“ (rei)7