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Ordnungsmuster im modernen Wohlfahrtsstaat

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lationen und durch diese best<strong>im</strong>mter Problemwahrnehmungen 117 . Auch sie stehen konzeptuell<br />

<strong>im</strong> Schatten des Semantikdachs aus Staat und Gesellschaft, dem hierauf aufbauenden<br />

Verständnis von öffentlichem Recht und Privatrecht 118 und gründen somit<br />

auch auf den in diesem Rahmen gemachten Erfahrungen. 119 Gleichwohl stellen diese<br />

Erfahrungen den Lernbestand dar, den sich die Rechtstheorie von morgen vergegenwärtigen<br />

muß. Denn die allenthalben geforderte Anpassung des Rechts an die Wirklichkeit<br />

ist ein höchst fragwürdiges Unterfangen, solange das semantische Instrumentarium ohne<br />

die Zurkenntnisnahme seiner historischen und konzeptuellen Bedingtheit bestätigt<br />

oder verabschiedet werden soll.<br />

4.3 Das neue Gesicht der Politik<br />

Soweit die Bühne dieses Schauspiels der sich <strong>im</strong> Um- oder Abbau befindende <strong>Wohlfahrtsstaat</strong><br />

ist, drängt sich unabweisbar die Frage nach den zukünftigen Formen von<br />

Recht, Politik, Wirtschaft, aber auch Kultur und Erziehung auf. Welche Formeln können<br />

nachhaltige Wirkungskraft entfalten und eine adäquate Problembeschreibung gewährleisten?<br />

Supervisionsstaat? Wissengesellschaft? Neue Ökonomie? Soll es zur Ausbildung<br />

tragfähiger Institutionalisierungen gesellschaftlicher Konsolidierung kommen,<br />

muß auf dem mit "Staat" und "Gesellschaft" gemachten Erfahrungsbestand aufgebaut<br />

und gleichzeitig der Mut dafür gefunden werden, sich von bekannten Interpretationsund<br />

Beschreibungsschemata gegebenenfalls zu verabschieden. Schon vor diesem Hintergrund<br />

stellt sich das Problem des Sozialstaats nicht länger allein als eines von Finanzierungsengpässen<br />

dar. Ebensowenig besteht die Aufgabe sozialer Sicherung lediglich<br />

in der Bereit- und Sicherstellung einer materiell verstandenen Grundversorgung. Im<br />

Rahmen einer kulturell sich <strong>im</strong>mer weiter ausdifferenzierenden pluralistischen Gesellschaft<br />

120 und der Ausbildung weltweit vernetzter Produktions- und Absatzreg<strong>im</strong>e kommen<br />

dem Sozial- wie auch dem Wirtschaftsrecht neue Rollen zu, die sich dem Nationalstaatsparadigma<br />

nicht mehr ohne weiteres unterordnen lassen. 121<br />

In dem Maße, in dem die deutsche Sozialstaatsdebatte jedoch vor dem Hintergrund der<br />

Wechselseitigkeit von Privatisierung auf der einen und neuer und feinerer Steuerungsformen<br />

– Stichwort: Verantwortungsteilung – auf der anderen Seite geführt wird, muß<br />

der Blick auf die Kapazitäten des öffentlichen Rechts und des Privatrechts zum „Auffangen“<br />

des unbestrittenermaßen weiterhin bestehenden sozialen Drucks, aber auch der<br />

neuen Anforderungen unter dem Ungewißheitsparadigma gerichtet werden.<br />

Aus dieser Perspektive stehen die drei Begriffe - Staat, Gesellschaft, Vertrag - in einem<br />

wechselseitigen Bezugsverhältnis. Die Erfahrungen des einen <strong>Ordnungsmuster</strong>s werden<br />

117 Siehe aus jüngerer Zeit vortrefflich Damm, Privatautonomie und Verbraucherschutz, 129 ff.<br />

118 Pointiert jetzt de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften <strong>im</strong> Verwaltungsrecht,<br />

6 ff.<br />

119 Siehe jüngst Ladeur, Die rechtswissenschaftliche Methodendiskussion und die Bewältigung des<br />

gesellschaftlichen Wandels, 65 f.<br />

120 Siehe etwa Nickel, Gleichheit und Differenz in der vielfältigen Republik.<br />

121 Siehe Treutner, Soziale Sicherheit zwischen Globalisierung und Europäisierung; Berthold, Der<br />

Sozialstaat <strong>im</strong> Zeitalter der Globalisierung; Seeleib-Kaiser, Wohlfahrtssysteme unter Bedingungen<br />

der Globalisierung: Divergenz, Konvergenz oder divergente Konvergenz?<br />

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